MATERIALWISSENSCHAFTMASSGESCHNEIDERTERSPEZIALBETONSeit sechs Jahren widmet sich der Materialtechnologe Roman Lacknerin einem Christian Doppler Labor der Mikrostruktur von Beton.Gemeinsam mit den Unternehmenspartnern Schretter, Doka und FibreC wird anmaßgeschneiderten Lösungen gearbeitet, um den optimalen Beton fürdie jeweilige Anwendung zu finden.30 zukunft forschung 02/16Fotos: Andreas Friedle
MATERIALWISSENSCHAFTSO WIE DAS Christian Doppler Labor greiftauch das Material Center Tyrol MCT auf dievorhandene Laborinfrastruktur des NanoLabsan der Universität Innsbruck zurück. DieseInfrastruktur ermöglicht die Konzeption undDurchführung innovativer Forschungsprojekteauf dem Gebiet der Materialtechnologie.Gemeinhin verbindet man mit Beton diemoderne Architektur des 20. Jahrhunderts,doch Beton ist schon um einigesälter. „Opus caementitium“ nannten vor rund2000 Jahren die Römer ihren Baustoff, derbereits eine ähnliche Zusammensetzung wieder Beton unserer Tage hatte. Die Römer bautenbekanntlich für die Ewigkeit, einige ihrer„Betonbauten“ stehen noch heute. Mit demUntergang des römischen Reiches ging auchviel Wissen um den harten Baustoff verloren,erst im 19. Jahrhundert führte die Erfindungdes modernen Zements zur Renaissance desBetons. Rund 200 Jahre später habe man heuteden „Massenbaustoff“ im Griff, sagt der MaterialtechnologeRoman Lackner, viel an Entwicklungsarbeitpassiere aber im Bereich derSpezialbetone. Geforscht wird unter andereman Hochleistungsbetonen, die für große, sehrdünne Fassadenplatten eingesetzt werden.Oder an Sichtbetonen, für die mit speziellenSchalungsoberflächen dekorative Betonoberflächengeneriert werden. Oder an Betonen,die z.B. ihre Zugfestigkeit nicht Stahl, sondernGlasfasern verdanken. Fragen, mit denen sichauch Roman Lackner beschäftigt – unter anderemauch im Innsbrucker Christian DopplerLabor für Anwendungsorientierte Optimierungder Bindemittelzusammensetzungund Betonherstellung (zu Christian DopplerLabors siehe Seite 32). „Unser Anliegen war esvon Anfang an, Beton im mikroskopischen Bereichbesser zu verstehen“, beschreibt Lacknerden Ansatz des 2010 gestarteten Labors. DerBlick ins mikroskopische Detail war je nachUnternehmenspartner ein anderer.Betonfragen„Mit Doka, einem Komplettanbieter von Schalungslösungen,konzentrierten wir uns auf denHaftverbund von Schalung und Betonoberfläche“,berichtet der Leiter des ArbeitsbereichsMaterialtechnologie am Institut für Konstruktionund Materialwissenschaften. Mit dem AußerfernerMineralstoffproduzenten Schretterwiederum ging es um faserverstärkten Betonfür den Tunnelbau, der Fokus in der Zusammenarbeitmit FibreC, ein Tochterunternehmender Riedergruppe, lag auf der Materialoptimierungvon dünnen Betonplatten. Wobei, räumtLackner ein, sich die Arbeitsthemen in densechs Jahren seit Laborstart geändert haben:„Die Laufzeit des Doppler Labors entsprichtsozusagen zwei Dissertationsgenerationen.Die zweite Generation bearbeitet Themen, diein der ersten Phase noch ‚geschlummert‘ haben.“Fragen der Zemententwicklung (Schretter),des richtigen Geleges bzw. der optimalenOberflächenbeschichtung (FibreC) oder der Betonhärtung(Doka) wären in den Mittelpunktgerückt, auch durch Synergien, die sich aus derZusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaftergeben haben. „Ein für Schretter neuentwickelter Zement ist auch für Doka interessant,nämlich wie schnell der neue ZementFestigkeit generiert – das hat Auswirkungenauf den Ausschalzeitpunkt“, hält Lackner fest.Die Innsbrucker Betonforschung, so Lackner,habe mit dem Labor in den letzten Jahrenjedenfalls einen Aufschwung erfahrenund könne wieder dort anschließen, wo siein den 1990er Jahren schon einmal war. Daszeigt sich auch durch andere Beton-Arbeiten.In einem Early-Bridge-Projekt der FFG z.B. be-ROMAN LACKNER (geboren1971) studierte an der TUWien Bauingenieurwesen. Von1995 bis 2006 arbeitete eram Institut für Mechanik derWerkstoffe und Strukturen ander TU Wien. 1999 dissertierteer auf dem Gebiet dernumerischen Simulation vonStahlbetontragwerken. In denfolgenden Jahren widmetesich Lackner vorrangig derMaterialcharakterisierung und-modellierung. Seine Habilitationim Jahr 2002 befasstesich mit der thermochemomechanischenModellierungzementgebundener Materialien.Von 2006 bis 2008war Lackner als Professor fürComputational Mechanics ander TU München tätig, 2008wurde er an die UniversitätInnsbruck berufen, wo erseither den Arbeitsbereich fürMaterialtechnologie leitet.zukunft forschung 02/16 31