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Zukunft Forschung 01/2017

Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck

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NEUBERUFUNG

VON WAHLEN

UND GEWÄHLTEN

Marcelo Jenny wagt als Professor für Politische Kommunikation und Wahlverhalten

mit seinen Studierenden den „Blick über den Tellerrand“.

Was gibt es Spannenderes als Politik,

soll Cicero gesagt haben.

Desinteresse sei ihm unbegreiflich

gewesen, „genauso könne man sagen,

das Leben sei langweilig“, heißt es in Robert

Harris Roman „Imperium“. Marcelo

Jenny kann dem nur zustimmen. Er bewundert

Cicero, mag Harris' Romane und

glaubt an die Demokratie. Das oftmals

beliebig gewählte Wort „Politikverdrossenheit“

ist ihm zuwider. Er schätzt den

Vergleich Österreichs mit anderen politischen

Systemen – wer kritisiert, sollte wissen,

wie es andere machen. Das möchte

Marcelo Jenny als Professor für Politische

Kommunikation und Wahlverhalten auch

seine Studierenden in Innsbruck lehren.

Im März hat Jenny die Nachfolge von

Fritz Plasser am Institut für Politikwissenschaft

angetreten, obgleich mit anderem

Schwerpunkt: „Mein Fokus liegt auf dem

Angebot, das politische Parteien dem

Wähler machen.“ Mit Angebot meint er

vor allem das personelle. Jenny interessieren

dabei speziell die Kandidatinnen und

Kandidaten, die häufig im Schatten der

Spitzenkandidaten der Parteien stehen.

MARCELO JENNY ist in Bolivien geboren

und in Österreich aufgewachsen. Er studierte

in Wien – mit mehreren Studienaufenthalten

in England – Politikwissenschaft

sowie Publizistik und Kommunikationswissenschaft.

Ab 1999 forschte und lehrte er

in Wien, später für sechs Jahre in Mannheim.

Nach seiner Promotion zum Thema

Regionalisiertes Wahlverhalten war er ab

2009 Post-Doc-Wissenschaftler am Institut

für Staatswissenschaft der Uni Wien. Seit

März ist Jenny Professor für Politische Kommunikation

und Wahlforschung am Institut

für Politikwissenschaft der Uni Innsbruck.

„Es gibt 183 Mandate bei den Nationalratswahlen,

aber fast 4.000 Personen haben

dafür bei der Nationalratswahl 2013

kandidiert,“ erklärt der Politikwissenschaftler.

Ihr Beitrag zum Wahlergebnis

wird oft übersehen. Dabei leisten diese

Kandidaten einen beachtlichen Teil der

Wahlkampfarbeit. Jenny, ursprünglich

Parlamentarismusforscher, hat dazu als

Co-Autor des preisgekrönten Werks „Die

Österreichischen Abgeordneten“ publiziert

– „ein Buch, das wohl am meisten

von Abgeordneten selbst gelesen wird“,

schmunzelt er.

Beschäftigt hat sich Jenny auch mit

Wahlprogrammen. Wie man weiß, lesen

tatsächlich nur wenige Wähler die Programme

der Parteien. Bislang unbekannt

war aber, ob die Kandidaten das Programm

lesen und wie sehr sie sich daran

halten. Tatsächlich gebe es große Variationen

zwischen den Parteien, weiß Jenny,

etwa wie diszipliniert deren Inhalte im

Wahlkampf kommuniziert werden.

Ein weiteres Interessengebiet ist die

Sentimentanalyse von Texten, zu der politische

Kommunikation breite Anwendungsfelder

liefert, etwa beim Negative

Campaigning. Eines der nächsten Projekte

ist die Kooperation mit den Universitäten

Wien und Salzburg bei der Vorbereitung

der Datensammlung zur nächsten

Nationalratswahl. So erfahre man, „wo

die Wähler stehen und wo die Parteien.“

Wie spannend das sein kann, haben die

Präsidentschaftswahlen 2016 gezeigt. Politik

ist eben doch alles andere als langweilig.

je

6 zukunft forschung 01/17

Foto: Andreas Friedle

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