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Zukunft Forschung 01/2017

Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck

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PATENTE & SPIN-OFFS

JEANS SAGT GIFT ADE

Bekleidungsmarken setzen verstärkt auf nachhaltige Produkte.

Das Spin-off Acticell hilft den Herstellern beim umweltfreundlichen Aufhellen von Jeansstoff.

J

ährlich gehen weltweit rund drei Milliarden

Jeans über den Ladentisch. Viele

davon gebraucht – zumindest was den

Look angeht. Der „used Look“ mit den

typischen hellen Stellen an Knien, Oberschenkeln

oder Gesäß ist „in“. Um die

Beinkleider so aussehen zu lassen, als wären

sie schon jahrelang getragen worden,

treibt die Industrie einen erheblichen Aufwand.

Früher wurde der Jeansstoff in den

Fabriken mit Sandstrahlern bearbeitet,

dann setzen die Jeanshersteller auf chemische

Verfahren. Mit Kaliumpermanganat,

einem starken Oxidationsmittel, wird

der indigoblaue Stoff gebleicht. Während

das Sandstrahlen bei den Fabrikarbeitern

zu gefährlichen Staublungen führen kann,

hinterlässt die chemische Bleiche Schwermetalle

im Abwasser.

Am Forschungsinstitut für Textilchemie

und Textilphysik der Uni Innsbruck

in Dornbirn entwickelten Christian

Schimper und Thomas Bechtold eine

alternative Methode: mit biologischen

Enzymen gelang es ihnen, Jeansstoffe

umweltfreundlich aufzuhellen. Das Verfahren

wurde patentiert, und zur Weiterentwicklung

und Vermarktung wurde

das Spin-off Acticell gegründet. Die Universität

Innsbruck beteiligte sich über

die Uni-Holding an dem Unternehmen,

die Geschäftsführung übernahm Christian

Schimper. In der Zusammenarbeit

mit den Jeansherstellern zeigt sich allerdings,

dass das neue Verfahren zwar den

Jeansfarbstoff Indigo ablöst, aber nicht

den Stoff selbst bleicht. „Um die gängigen

Bleicheffekte zu erzielen, war das

den Herstellern zu wenig“, erzählt Acticell-Chef

Schimper. „Wir haben unser

Produkt nun weiterentwickelt und dabei

auf einem neuen Verfahren aufgesetzt,

das sich in der Industrie gerade durchzusetzen

beginnt.“

Laser ersetzt Handarbeit

Die manuelle Herstellung wird zusehends

durch Laserautomaten ersetzt.

Diese zeichnen die gewünschten Effekte

auf den Stoff. Allerdings ist dieses Verfahren

sehr zeitaufwendig, die Effekte

wirken nicht so natürlich und Materialien

wie Stretch können nicht behandelt

werden, weil der Stoff zu heiß wird. „Alle

großen Herstellen haben heute solche

Maschinen im Einsatz“, sagt Schimper.

„Rund zehn bis 15 Prozent der Weltproduktion

wird bereits gelasert.“ Mit der

vorhandenen Maschinenkapazität könnte

die halbe weltweite Jahresproduktion auf

diese Weise gebleicht werden. Und hier

kommt das österreichische Start-up Acticell

wieder ins Spiel. Den Textilforschern

ist es gelungen, ein Produkt zu entwickeln,

das die Nachteile des Laserverfahrens

aufhebt: Eine vom Unternehmen

patentierte wässrige Lösung wird auf

den Stoff aufgesprüht, und der Laser entwickelt

das Produkt an jenen Stellen, wo

gebleicht werden soll. Die Produktionsgeschwindigkeit

steigt um mindestens 20

Prozent und auch Stretchstoffe können

damit behandelt werden, weil weniger

Laserintensität benötigt wird.

Weltweiter Vertrieb

„Damit kann das giftige Kaliumpermanganat-Verfahren

kostenneutral ersetzt

werden“, zeigt sich Schimper zufrieden.

Er kooperiert eng mit einem Entwickler

der Lasertechnologie, dem amerikanischen

Unternehmen Revolaze, und hat

das Verfahren bereits in Fabriken in Mexiko,

Indien und China eingeführt. „In

der nächsten Runde folgen Firmen in Kolumbien,

Peru, der Dominikanischen Republik,

Pakistan, Bangladesch, Malaysia,

Argentinien und Russland“, erzählt

Schimper. „Inzwischen erfüllen wir alle

Industriestandards, und Zertifikate bestätigen

die giftfreie Produktion.“ Da die

Bekleidungsindustrie immer stärker auf

solche zertifizierten Produkte setzt, sieht

Schimper die Zukunft rosig. Er lässt sein

Produkt in Österreich produzieren und

verschickt es weltweit. Weitere Unternehmen

vertreiben es als Lizenznehmer.

„Damit wollen wir die weltweite Verbreitung

sicherstellen.“

cf

34 zukunft forschung 01/17

Foto: colourbox.de

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