Zukunft Forschung 01/2017
Das Forschungsmagazin der Universität Innsbruck
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PSYCHOLOGIE
Faktoren wurde mittlerweile in zahlreichen
wissenschaftlichen Studien gut belegt.
ZUKUNFT: Die Vorteile Ihres wissenschaftlichen
Hintergrunds für die Praxis liegen auf der
Hand. Profitieren Sie auch als Wissenschaftlerin
von Ihrer praktischen Tätigkeit?
JUEN: Ja, absolut und vielmehr, als ich anfangs
dachte. Es ist sehr zielführend, vor Ort genau
beobachten zu können, wo die Probleme der
Menschen liegen. Gleichzeitig können wir
unsere Ergebnisse wieder direkt in die Praxis
fließen lassen. In den vergangenen Jahren ist
in diesem Bereich sehr viel passiert, wir haben
in der Umsetzung sehr viel gelernt und der
Bereich der psychosozialen Unterstützung von
Menschen nach traumatischen Ereignissen hat
sich zu einem enorm großen Forschungs- und
Praxisbereich entwickelt.
ZUKUNFT: Inwiefern hat sich die Wissenschaft
im Bereich der Krisenintervention in den letzten
20 Jahren verändert?
JUEN: Während wir am Anfang der Forschungsarbeit
ganz allgemein eher Hypothesen-generierend
geforscht haben, sind die wissenschaftlichen
Fragestellungen inzwischen
viel spezifischer: Heute werden beispielsweise
verschiedene Zielgruppen – zum Beispiel
Kinder oder alte Menschen – und deren unterschiedliche
Bedürfnisse verstärkt in den Blick
genommen.
ZUKUNFT: Warum ist die Krisenintervention
ein im Vergleich zur medizinischen Versorgung
durch die Einsatzorganisationen so junges
Gebiet. Wurde der Bedarf vor 20 Jahren
nicht gesehen oder gab es ihn nicht?
JUEN: Ich denke, im Bereich der Einzeleinsätze
haben die Sozialstrukturen früher einfach besser
funktioniert. Wenn jemand gestorben ist,
wusste das ganze Dorf, was zu tun ist, und
hat auch die Angehörigen begleitet, sie bei der
Organisation der Trauerfeier unterstützt, mit
Essen versorgt und auch die Kinder betreut.
In den Städten haben diese gesicherten Rituale
und die soziale Unterstützung viel schneller
aufgehört. Wir hatten auch von Anfang an
in den Städten mehr Einsätze als am Land
und es ist auch heute noch so, dass wir am
Land höherschwellige Einsätze haben. Auch
bei Katastrophen hat man früher mehr auf
dörfliche Strukturen gezählt. Im Rahmen unserer
EU-Projekte zeigten sich auch immer
wieder Unterschiede innerhalb Europas: In
den ressourcenärmeren Ländern Europas
spielt die Resilienz – also die Fähigkeit, Krisen
zu bewältigen – der Bevölkerung und die
Nutzung dieses Wissens eine viel größere Rolle.
Die Resilienz der Bevölkerung wieder besser
einzubinden, ist im Moment auch ein Bereich,
auf den sich die Forschung konzentriert.
sr
„Im Rahmen unserer
Forschungsarbeit
wurden fünf Kriterien
definiert, nach denen
Kriseninterventions-
Teams arbeiten.“
zukunft forschung 01/17 33