MinD-Mag148
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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Juni 2022<br />
MAGAZIN 148<br />
Anders<br />
sein<br />
Hochbegabte<br />
im Alltag<br />
Reportage im ZDF<br />
Diskussion<br />
ums Gendern<br />
Sara Köser, Jana Schleske<br />
Eindrücke vom<br />
Nicht-JT<br />
Unterwegs in Nürnberg
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Auf der Suche nach<br />
netten Overachievern<br />
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EDITORIAL<br />
Interessante Ms<br />
gibt's überall<br />
Von Erwin Klein<br />
Von der Regisseurin bis zum Begleiter von Flüchtlingszügen: die bunte Welt des<br />
Mensa-Universums.<br />
D<br />
ie meisten Reaktionen auf Beiträge im Mag erhalten<br />
wir regelmäßig für die „Ms von nebenan“.<br />
Wir haben intern eine Liste von potenziellen<br />
Kandidatinnen und Kandidaten, die wir für interessant<br />
halten und für ein längeres Interview ansprechen.<br />
(Wir erhalten immer mal wieder „Bewerbungen“<br />
von Ms, die sich für ein Gespräch anbieten,<br />
um irgendetwas zu verkaufen oder zu verbreiten<br />
– die ignorieren wir meist).<br />
Diesmal lief das anders. Keine großen Planungen,<br />
keine Interviews. Stattdessen überraschte<br />
uns die bunte Welt des Mensa-Universums.<br />
Samuel Balog fragte nach Mag-Ausgaben und<br />
Informationsmaterial und schrieb ganz nebenbei,<br />
dass er als Elfjähriger einen eigenen Stand beim<br />
„Jugend-forscht“-Wettbewerb hat. Vivien Claire<br />
Bergjann erkundigte sich sehr vorsichtig, ob wir<br />
vielleicht Interesse an einem persönlichen Text<br />
über das Gefühl des „Andersseins“ hätten. Unsere<br />
Film-Expertin Karin Polz berichtete von Natja<br />
Brunckhorst, die als „Christiane F.“ in „Wir Kinder<br />
vom Bahnhof Zoo“ bekannt wurde und jetzt als<br />
Regisseurin (und Mensanerin) ihren ersten Kinofilm<br />
herausbrachte.<br />
Dreimal Ms von nebenan, dreimal beeindruckende<br />
Texte. Vivien Claire, die keine Fotos von<br />
sich gedruckt sehen wollte, schickte stattdessen<br />
einige Bilder und Illustrationen, die uns so gefielen,<br />
dass eins davon Titel dieser Ausgabe wurde.<br />
Und dann ist da noch Christian Rosenkranz<br />
– M von nebenan vor einem Jahr in der Ausgabe<br />
141 – der mit dem Zug Ukraine-Flüchtende von<br />
Przemyśl in Polen nach Hannover transportiert.<br />
Es ist einfach schön, diese sehr unterschiedlichen<br />
M-Geschichten zu lesen. Und auf die Art sehr konkret<br />
die Bandbreite und das Potenzial unseres Vereins<br />
zu erfahren.<br />
Von diesem Potenzial ist auch nach der Mitgliederversammlung<br />
und der Vorstandswahl oft die<br />
Rede. Das Gruppeninterview mit dem neuen Vorstand<br />
auf den Gelben Seiten hat die Überschrift<br />
„Was sind wir für ein cooler Verein!“ – die Botschaft<br />
dahinter: Nach den Aufregungen des vergangenen<br />
Jahres mit angedachten Umstrukturierungen<br />
und übergestülpten Leitbildern wollen wir<br />
(der Vorstand) wieder mehr Ruhe reinbringen und<br />
die Ms machen lassen. Prädikat: lesenswert.<br />
Dazu passt, was Kee Aun Tan, als Direktorin zuständig<br />
für die kleineren Mensas, schreibt: Die<br />
nationalen Mensas blühen nach zwei Jahren Pandemie<br />
weltweit auf. Endlich wieder Präsenz-Veranstaltungen.<br />
Endlich wieder andere Ms treffen.<br />
Endlich wieder normales Leben (mehr oder weniger).<br />
Termine gibt es genug – ich erwähne nur die<br />
KiJu-Camps und das EMAG.<br />
Deswegen: Genießt den Sommer,<br />
ob beim Stammtisch oder<br />
international. Interessante Ms<br />
gibt's überall, nicht nur im Mag.<br />
Erwin ist Chefredakteur des <strong>MinD</strong>-Mag.<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 3
INHALT<br />
MAGAZIN 148<br />
Editorial<br />
Interessante Ms gibt's überall<br />
Die bunte Welt des Mensa-Universums 3<br />
Schwarzes Brett<br />
Neues aus Stuttgart 6<br />
Aus der Redaktion 6<br />
Das Klamotten-Wechsel-Projekt7<br />
Termine7<br />
Die Camp-News8<br />
Ehrenamtsbörse 9<br />
M sucht M 9<br />
Ein M von nebenan<br />
„Ich will sehen, was die<br />
Welt im Innersten<br />
zusammenhält.“<br />
Samuel Balog: Mit elf an<br />
der Uni und bei<br />
Jugend forscht.22<br />
Engagement<br />
Ein Mensa-Brunnen in Burkina Faso<br />
3.880,56 Euro sind bereits eingegangen26<br />
Eine M von nebenan<br />
Vom Zuviel und Zuwenig<br />
Natja Brunckhorst – die vom „Bahnhof Zoo“ – hat<br />
ihren ersten Kinofilm fertig gestellt 10<br />
Fernsehen<br />
Schlauer als der Rest – Hochbegabte im Alltag<br />
Antje Diller-Wolff drehte 37-Grad-Reportage16<br />
Ukraine-Hilfe<br />
Es fährt ein Zug …<br />
Christian Rosenkranz bringt Flüchtende aus der<br />
Ukraine nach Hannover28<br />
Ein Schreibtisch für Geflüchtete<br />
Coworking-Plätze in ganz Deutschland30<br />
Diskussion Gendern<br />
Sara Köser: Wir sind nicht alle Mensaner<br />
Mein Weg zur gendergerechten Sprache als<br />
Wissenschaftsdisziplin und darüber hinaus 18<br />
Jana Schleske: Die Widerspenstige<br />
Warum die Bezeichung „generisches Maskulinum“<br />
ein Missverständnis ist20<br />
Rezension<br />
Mobbing, ADHS, Ritalin,Totalabsturz<br />
„Verlorenes Lächeln“ – über die Schwierigkeiten<br />
der Hochbegabung32<br />
Eine M von nebenan<br />
Es ist wie eine unsichtbare Wand<br />
Vivien Claire Bergjann: Über das Gefühl der<br />
Ablehnung und das „Anderssein“34<br />
4 | mind magazin 148/juni 2022
INHALT<br />
Prismenfernglas<br />
Steinerne Wortwurzeln<br />
… und sehr dünner Wein 37<br />
Nicht-Jahrestreffen 2022<br />
Spielwaren, Stifte und Spezialitäten<br />
Eindrücke vom Nicht-Jahrestreffen in Nürnberg38<br />
Bloomsday 2022<br />
Der Roman, in dem es aussieht wie im Kopf von<br />
manchem M<br />
James Joyces „Ulysses“ wird 10052<br />
Mind-Akademie<br />
Wir feiern die „Verbindungen“<br />
20 plus 1 Jahre Mind-Akademie55<br />
Filmkunst<br />
Die Rollen ihres Lebens<br />
Die Kino-Kolumne mit Extra-Fakten für Besserwisser56<br />
Naturphänomene<br />
Über dem Regenbogen<br />
Von bunten Bögen und weißen Kreisen58<br />
Mensa Sight<br />
Abenteuer für Anfängerinnen<br />
Wanderungen auf Gozo60<br />
Rätsel<br />
Wurmlöcher65<br />
Wissenschaft & Forschung<br />
Wenn Alex zwei Mütter hat und Sophie<br />
jetzt Ben heißt<br />
Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt –<br />
Dimensionen von Heterogenität44<br />
Unprominente Prominente<br />
Murphy, seine Kollegen und ihre Gesetze<br />
Belege, Bürokratie, Wunder und<br />
andere Vorkommnisse46<br />
Information66<br />
Vorstand, Impressum68<br />
Scheer Ware<br />
Macht doch mal nichts!<br />
Also wirklich gar nichts!70<br />
Titelillustration: Vivien Claire Bergjann<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 5
Schwarzes Brett<br />
Neues aus Stuttgart<br />
E<br />
s gibt Neuigkeiten aus Stuttgart:<br />
Der Startschuss für die<br />
Hotelbuchungen für das Jahrestreffen<br />
2023 fiel kurz nach der Online-MV.<br />
Wir freuen uns, dass wir das Maritim<br />
Hotel Stuttgart als Tagungshotel<br />
für unser JT23 gewinnen<br />
konnten. Es liegt in der Seidenstraße<br />
34, relativ zentral in der Innenstadt.<br />
Das Hotel bietet uns mit<br />
drei Restaurants und vielen Vortragsräumen<br />
ausreichend Platz<br />
für ein großes JT. Zusätzlich sind<br />
weitere Kontingente in anderen<br />
Stuttgarter Hotels für euch reserviert<br />
und ab sofort buchbar. Auch<br />
für günstige Übernachtungsmöglichkeiten<br />
ist gesorgt mit einem<br />
Kontingent in der Jugendherberge<br />
Stuttgart International. Alle Infos<br />
auch auf der JT23-Webseite.<br />
Zwischendurch ein Gedicht:<br />
Ich bin glücklich und zufrieden<br />
mit allem, wie es mir beschieden –<br />
meinem Wesen, meinen Gaben.<br />
Glücklich sein ist gar nicht schwer!<br />
(Perfekt wär die Zufriedenheit<br />
jedoch, wenn ich ein andrer wär,<br />
in andrem Land, zu andrer Zeit –<br />
nun ja, man kann nicht alles haben.)<br />
Axel Fröscher<br />
Die an das Hotel angeschlossene<br />
Alte Reithalle bietet zudem einen<br />
beeindruckenden Rahmen für das<br />
Galadinner, das wir für das JT23<br />
dort ausrichten werden.<br />
Nach zwei Jahren ohne Jahrestreffen<br />
rechnen wir mit großem<br />
Interesse und bieten ein entsprechend<br />
vielseitiges und breites Angebot<br />
an Vorträgen, Besichtigungen<br />
und anderen Events. Wir freuen<br />
uns auf großen Zulauf und arbeiten<br />
weiterhin fleißig (wir in<br />
Schwaben können ja nicht anders)<br />
an einem tollen Programm für<br />
euch. In den nächsten Mind-Mags<br />
gibt es dann mehr Infos dazu, auf<br />
was ihr euch beim JT23 freuen<br />
könnt. Stuttgart kann mehr als<br />
Autos und Bahnhof – lasst euch<br />
überraschen.<br />
Euer JT23-Orgateam<br />
<strong>MinD</strong>-Mag im<br />
Netz lesen<br />
Das Mag ist abrufbar unter:<br />
www.mensa.de/about/mindmagazin/<br />
und auf der Magazin-<br />
Plattform „Yumpu“. Zu finden<br />
auf Yumpu.com, Suchbegriff:<br />
Mind-Magazin.<br />
Aus der Redaktion<br />
Mitgliederversammlung und<br />
Wahl sind gelaufen, es gibt vier<br />
neue Vorstandspersonen und<br />
eine wiedergewählte (Mel). Ein<br />
sechstes Vorstandsmitglied<br />
muss noch per Nachwahl ermittelt<br />
werden.<br />
Das heißt für den gesamten<br />
Verein wie auch für das Mag:<br />
Neue Zuständigkeiten, eventuell<br />
veränderte Ausrichtung, andere<br />
Abläufe. Insofern war der<br />
Interview-Termin mit den fünf<br />
Neuen (siehe in den Gelben<br />
Seiten) mehr als ein Pflichttermin.<br />
Wir wollten natürlich auch<br />
wissen, wie die Pläne für die<br />
Redaktion und allgemein den<br />
Pressebereich des Vereins aussehen.<br />
Beruhigende Antwort:<br />
Es soll keine Revolution angezettelt<br />
werden. Das schließt<br />
natürlich Veränderungen und<br />
Weiterentwicklungen keineswegs<br />
aus.<br />
Dauerthema Gendern: Die<br />
Diskussion ist Jahre alt, gefühlt<br />
sind alle Argumente mehrfach<br />
ausgetauscht, ein entsprechender<br />
Antrag zur MV hatte im<br />
Vorfeld bei weitem die meisten<br />
Stellungnahmen. Da über diesen<br />
Antrag aus Zeitgründen<br />
nicht abgestimmt wurde, wird<br />
die Debatte weitergehen. Auch<br />
hier im Mag. Mit Sara Köser<br />
und Jana Schleske äußern sich<br />
zwei anerkannt kompetente<br />
Stimmen kontrovers zum Thema.<br />
Wir freuen uns auf zahlreiche<br />
Stellungnahmen zu diesen<br />
Texten und räumen in der August-Ausgabe<br />
schon mal einige<br />
Seiten dafür frei.<br />
Übrigens: Beim Mag gendern<br />
wir seit etwa zwei Jahren.<br />
Weitgehend unbemerkt, da wir<br />
auf typographische Hilflosigkeiten<br />
wie Sternchen, Doppelpunkte,<br />
Unterstriche und Ähnliches<br />
(weitgehend) verzichten.<br />
Das bedeutet zwar deutlich<br />
mehr Korrekturarbeit, aber<br />
wir finden, dass sich die Mühe<br />
lohnt. Und interne Diskussionen<br />
zu dem Thema gibt es natürlich<br />
weiterhin. ek
Siebenmal Mel, sieben verschiedene<br />
Shirts und Hoodies.<br />
Mensa-Bekleidung<br />
bei boutique.mensa.de.<br />
Fotos: Mel Jäger<br />
Das Klamotten-Wechsel-Projekt<br />
Mel und ihre Oberteile bei der Mitgliederversammlung.<br />
Liebe MV-Ms,<br />
wie viel Hirnkapazität hattet<br />
ihr neben den Anträgen auf<br />
der MV übrig? Offenbar ging<br />
noch was – denn einige haben<br />
gemerkt, dass ich während der<br />
MV mehrfach das Oberteil gewechselt<br />
habe.<br />
Die Quizfrage lautet:<br />
Wie viele verschiedene<br />
sichtbare Oberteile hat Mel<br />
getragen?<br />
Bonusfrage:<br />
Welche waren das?<br />
Die Antworten bitte an<br />
boutique@mensa.de.<br />
Wer der Anzahl am nächsten<br />
kommt, erhält einen 25-Euro-Gutschein<br />
für die BoutIQue.<br />
Bei gleichermaßen korrekter<br />
Anzahl entscheidet die beste<br />
Motivbeschreibung, danach<br />
das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Eure Mel<br />
Terminkalender<br />
Datum Uhrzeit Titel Ort Veranstalter<br />
13.06.2022 19:00 bis 20:30 ONLINE Journal-Club zum Thema Intelligenz<br />
und Hochbegabung | WiFo<br />
online<br />
Alexander Kessner<br />
28.06.2022 19:00 bis 23:30 Spieleturnier Nordwest (Shifting Stones) online Lothar Becks<br />
27.07.2022 bis 31.07.2022 European Mensa Annual Gathering (EMAG) Strasbourg Mensa Frankreich<br />
07.08.2022 19:00 bis 22:00 Virtuell: um30-Stammtisch online Florian Haftmann<br />
21.08.2022 bis 29.08.2022 MY-Camp im Feriendort Dorado, Marienwerder bei Berlin Mensa Youth
Schwarzes Brett<br />
N<br />
ach aktueller Planung ist für<br />
alle KiJu-Camps nach Ostern<br />
kein 2G-Nachweis für Teilnehmende<br />
erforderlich. Ein negativer<br />
Test reicht für die Teilnahme<br />
aus. Nur für die Betreuenden gilt<br />
weiterhin 2G. Sollten sich die Corona-Situation<br />
oder die gesetzlichen<br />
Vorgaben ändern, werden<br />
wir die Situation wieder neu bewerten<br />
und euch informieren.<br />
Anmeldungen<br />
Alle Sommercamps sind ausgebucht.<br />
Ein Teilnahme ist in der Regel<br />
nur noch über die Wartelisten<br />
möglich.<br />
Die nächsten buchbaren<br />
Veranstaltungen sind:<br />
Mensa Juniors Herbstseminar<br />
28.10. – 01.11.2022<br />
Ort: Regensburg<br />
Anmeldebeginn: 14.08.2022<br />
Zielgruppe: 14 – 19 Jahre<br />
Teilnahmekosten: etwa 230 Euro<br />
Mensa Juniors Silvestercamp<br />
28.12.2022 – 02.01.2023<br />
Ort: Mannheim<br />
Anmeldebeginn: wird noch angekündigt<br />
Zielgruppe: 12 – 17 Jahre<br />
Teilnahmekosten: etwa 250 Euro<br />
Formulare<br />
Die Camp-News<br />
Wenn ihr euch bei unseren<br />
Camps anmeldet, werdet ihr<br />
in Zukunft eine Änderung im<br />
schriftlichen Formular bemerken.<br />
Die Teilnahmebedingungen,<br />
Datenschutzhinweise, Stornobedingungen<br />
et cetera sind in die<br />
Online-Anmeldung umgezogen.<br />
Stattdessen gibt es nur noch eine<br />
einseitige Einverständniserklärung,<br />
die von Minderjährigen und<br />
einer gesetzlichen Vertretung unterschrieben<br />
werden muss.<br />
Das neue Formular findet ihr als<br />
Link in jeder Online-Anmeldung.<br />
Spielekiste<br />
Unsere Ausrüstung und Logistik<br />
werden immer ausgefeilter<br />
und moderner. Aktuell haben<br />
wir zwei große rote Spielekisten<br />
– eine für die Juniors, eine für die<br />
Kids. Nun erweitern wir um eine<br />
dritte Kiste für die Family Camps.<br />
Die drei robusten Transportkisten<br />
werden in den Farben des<br />
entsprechenden Formats lackiert<br />
und teilweise neu ausgestattet.<br />
Dank eingeworbener Fördermittel<br />
konnten wir etwa in neue Drucker,<br />
Funkgeräte, Teambuilding-<br />
Equipment, Sanitätsmaterial, Noten,<br />
Spiele und Moderationsmaterial<br />
investieren.<br />
Camp-UFo<br />
Der KiJu Camps Unterstützungsfonds<br />
(UFo) ist dafür da, allen Interessierten<br />
eine Teilnahme an<br />
den Camps zu ermöglichen, unabhängig<br />
von ihrer finanziellen<br />
Situation.<br />
Sollten die Kosten einer Veranstaltung<br />
zu hoch sein, kann man<br />
sich vertrauensvoll an das UFo-<br />
Komitee unter ufo@mensa.de<br />
wenden. Wir bemühen uns, möglichst<br />
zeitnah über eine Unterstützung<br />
in Höhe von 50 Prozent oder<br />
100 Prozent zu entscheiden. Auch<br />
eine Übernahme der Reisekosten<br />
ist möglich.<br />
Bisher haben wir mehr Mittel<br />
zum Vergeben als Anfragen bekommen.<br />
Nähere Informationen dazu auf:<br />
mensa.de/camps/ufo<br />
Chat-Gruppen<br />
Zu den Angeboten für Mensa<br />
Kids & Juniors haben wir auf Signal<br />
zwei Kanäle.<br />
Signal ist ein etablierter Messaging-Dienst,<br />
der großen Wert<br />
auf Privatsphäre, Nutzerfreundlichkeit<br />
und Sicherheit legt.<br />
Kanal 1: Ankündigungen<br />
Auf diesem Kanal informieren wir<br />
euch über anstehende Camps und<br />
den Beginn der Online-Registrierung,<br />
über virtuelle Spielenachmittage<br />
und mehr. Nur Mitglieder<br />
des Orga-Teams haben Schreibrechte.<br />
https://mind-mag.de/link/signal1<br />
Kanal 2: Diskussion<br />
Auf diesem Kanal können alle<br />
mitreden. Hier kann über Camp-<br />
Themen geredet und geplant werden.<br />
Die Gruppe ist von uns moderiert.<br />
Es können nur Teilnehmende<br />
und Interessierte bis 19<br />
Jahren sowie Betreuende beitreten.<br />
Deshalb bestätigen wir eure<br />
Anfragen manuell und werden<br />
hierfür gegebenenfalls Kontakt<br />
aufnehmen.<br />
https://mind-mag.de/link/signal2
Ehrenamtsbörse<br />
Zeit und Lust, bei <strong>MinD</strong> aktiv mitzumachen?<br />
Noch unsicher, was passen könnte?<br />
Wir freuen uns immer über Ms, die sich im<br />
Verein einbringen wollen. Melde dich gerne<br />
unter ehrenamtsboerse@mensa.de – oder stöbere<br />
unter:<br />
link.mensa.de/ehrenamtsboerse<br />
Einige aktuelle Gesuche:<br />
• Eddis für: Düsseldorf, Hamburg/Mecklenburg-Vorpommern,<br />
OWL, Sachsen-Anhalt<br />
und Thüringen ...<br />
• Finanzen: Ressortleitung<br />
• IT - Pool<br />
• KiJu Camps: Betreuung, Campleitung, Projektmanagement,<br />
etc.<br />
• KiJu Regional: Treffen organisieren und Ansprechpartner<br />
für Eltern sein<br />
• Kooperationen – Ressortleitung<br />
• Marketing – Grafik-Fachkräfte<br />
• Mensa Youth: MYSecs, Betreuung für Whats-<br />
App, Organisatoren für MY-Weekends<br />
• <strong>MinD</strong>-Magazin: neue Redaktionsmitglieder<br />
• Recht - Expertenpool<br />
• Technische Unterstützung: Videoschnitt,<br />
Webdesign, GoTo-Webinar<br />
M sucht M<br />
Charmante Akademikerin aus NRW, warmherzig,<br />
humorvoll, kulturell interessiert und sportlich<br />
möchte dich, Akademiker, 30-40 Jahre, bodenständig,<br />
beruflich etabliert, niveauvoll und integer gerne<br />
kennenlernen.<br />
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der sich durch Dornen nicht abschrecken<br />
läßt! Altruismus, Tierliebe und (mindestens) ein<br />
Studium (oder sonstwie ausgeprägte Bildung) sowie<br />
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Details verrät 58j. Ärztin gern auf Anfrage;-)) Ziel:<br />
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EINE M VON NEBENAN<br />
Vom Zuviel und Zuwenig<br />
Mensanerin Natja Brunckhorst – die vom „Bahnhof<br />
Zoo“ – hat ihren ersten Kinofilm fertig gestellt.<br />
Von Karin Polz<br />
Natja Brunckhorst ist Schauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin und Mensanerin. Ihr<br />
Regie-Debüt „Alles in bester Ordnung“ ist gerade in die Kinos gekommen – Grund genug, um<br />
mit ihr über ihren Film, ihre Karriere und ihre Mensa-Erfahrungen zu sprechen.<br />
E<br />
s gibt einige Dinge im Leben<br />
von Natja Brunckhorst, die<br />
hatte sie so nicht geplant: mit<br />
14 Jahren zum Filmstar zu werden,<br />
zum Beispiel. Oder knapp<br />
40 Jahre später Mensa beizutreten.<br />
Und dann gibt es Dinge, bei<br />
denen hat Natja lieber nichts<br />
dem Zufall überlassen – wie bei<br />
ihrem Debütfilm als Regisseurin.<br />
Am 26. Mai kommt „Alles<br />
in bester Ordnung“ in die Kinos.<br />
„Eine Komödie über das Zuviel<br />
und das Zuwenig“, kündigt das<br />
Kinoplakat an; einen „Arthouse-Feelgood-Movie“<br />
nennt ihn<br />
Natja Brunckhorst.<br />
Es geht um Marlen und Fynn<br />
– Nachbarn, die unterschiedlicher<br />
kaum sein könnten. Marlen,<br />
gespielt von Corinna Harfouch,<br />
ist eine leidenschaftliche<br />
Sammlerin. Ihre Wohnung<br />
ist vollgestellt mit Gegenständen.<br />
Alles ist zu wertvoll, zu bedeutend,<br />
um es wegzuschmeißen.<br />
Fynn (Daniel Sträßer) dagegen<br />
will mit nur hundert Dingen<br />
durch die Welt gehen. Wegen eines<br />
Rohrbruchs bittet Fynn um<br />
Quartier in Marlens Wohnung.<br />
Dort prallen nun zwei Welten<br />
aufeinander. „Ordnung ist das<br />
halbe Leben“, sagt Fynn. „Willkommen<br />
in der anderen Hälfte“,<br />
erwidert Marlen.<br />
„Alles in bester Ordnung“ ist<br />
ein Film über die Konsumgesellschaft,<br />
die Wegwerfkultur und<br />
über den Aufräum-Hype, der<br />
sich in Ratgebern und Aufräum-<br />
Services ausdrückt. Für Natja<br />
Brunckhorst ist der Film aber<br />
vor allem eine Hommage an<br />
ihre Mutter. „Meine Mutter war<br />
hübsch, intelligent, mit sehr viel<br />
Humor“, erzählt Natja. Wie bei<br />
Marlen im Film gab es auch ein<br />
Zuviel: „Sie hatte zu viele Dinge.“<br />
Liebeserklärung<br />
an Mama<br />
Weil Natja mit diesem Film ihrer<br />
Mama eine Liebeserklärung<br />
machen wollte, war ihr wichtig,<br />
dass sie als Regisseurin alles gestalten<br />
kann, dass alles passt –<br />
vor allem, dass eine tolle Schauspielerin<br />
die Hauptrolle spielt.<br />
Corinna Harfouch, die Natja<br />
schon lange kennt, war ihre ers-<br />
10 | mind magazin 148/juni 2022
EINE M VON NEBENAN<br />
Schauspielerin,<br />
Drehbuchautorin,<br />
Regisseurin und<br />
Mensanerin:<br />
Natja Brunckhorst.<br />
Foto: Regina Recht<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 11
EINE M VON NEBENAN<br />
Die Hauptpersonen des<br />
Films: Fynn (Daniel Sträßer)<br />
und Marlen (Corinna<br />
Harfouch).<br />
©FILMWELT,<br />
Foto: LICHTBLICK/Niklas Lindschau<br />
te und einzige Besetzungsidee<br />
für die Rolle der Marlen.<br />
Eine genaue Vorstellung hatte<br />
Natja auch vom „heimlichen<br />
Hauptdarsteller“ – den Wohnräumen<br />
von Marlen. „Mir war<br />
klar: Wenn wir die Wohnung<br />
nicht hinbekommen, dann<br />
brauchen wir mit dem Film<br />
gar nicht anfangen“, sagt Natja.<br />
Denn die Wohnung ist ein<br />
Abbild von Marlen. „Und Marlen<br />
hat eine schöne Seele, eine<br />
liebe Seele, sie will die Dinge<br />
wertschätzen.“ Das bedeutet für<br />
die Wohnung: vollgestellt, aber<br />
trotzdem schön, sauber, optisch<br />
attraktiv.<br />
Viel Vergnügen<br />
und viel Arbeit<br />
Szenenbildnerin Zazie Knepper<br />
hatte die passenden Ideen<br />
– und Lust, die Dinge zusammenzutragen:<br />
Unter anderem<br />
kauften sie und Natja auf Flohmärkten<br />
ein, immer mit genauen<br />
Vorstellungen, welche Farben<br />
die Sachen haben sollten.<br />
Viel Vergnügen, aber auch viel<br />
Arbeit. Erst recht, als alles an<br />
den Drehort verfrachtet wurde,<br />
in die fünfte Etage eines alten<br />
Krankenhauses, in dem die<br />
Fahrstühle nicht mehr in Betrieb<br />
waren. Definitiv ein Zuviel<br />
– zu viele Treppenstufen.<br />
Ihre erste Regiearbeit hat Natja<br />
spürbar Spaß gemacht. So<br />
sehr, dass sie plant, bei ihrem<br />
nächsten Projekt wieder Regie<br />
Als Christiane F. in „Wir Kinder<br />
vom Bahnhof Zoo“. Foto: Verleih<br />
zu führen. „Für mich ist es eine<br />
natürliche Entwicklung“, sagt<br />
Natja.<br />
„Ich bin da so<br />
reingerutscht“<br />
In der Vergangenheit hat sie<br />
vor allem Drehbücher geschrieben.<br />
Beides, Regie und Drehbuchschreiben,<br />
hat sie sich<br />
selbst angeeignet: „Beim Film<br />
haben auch Universaldilettanten<br />
einen Platz“, witzelt sie –<br />
und überlegt im nächsten Moment,<br />
dass diese Aussage auch<br />
zu Mensa perfekt passt. Natja<br />
hat zwar eine Schauspielschule<br />
besucht, allerdings erst,<br />
nachdem sie durch die Rolle der<br />
Christiane F. bekannt geworden<br />
ist. 1981 wurde das biografische<br />
Buch „Wir Kinder vom Bahnhof<br />
Zoo“ über die Drogenszene<br />
in Berlin verfilmt, mit Natja<br />
Brunckhorst in der Titelrolle.<br />
12 | mind magazin 148/juni 2022
EINE M VON NEBENAN<br />
Zeitlos und<br />
kraftvoll<br />
Kein Wunder, „Wir Kinder<br />
vom Bahnhof Zoo“ ist ein Klassiker,<br />
ein Zeitdokument. Bis<br />
heute beantwortet Natja auf ihrer<br />
Facebook-Seite (siehe Link<br />
unten) Fragen zu ihrer Rolle als<br />
Christiane F.; „Wir Kinder vom<br />
Bahnhof Zoo“ findet sie selbst<br />
bis heute faszinierend: „Der<br />
Film ist zeitlos, auch wenn der<br />
Schnitt-Rhythmus heute ein<br />
anderer ist. Es ist ein kraftvoller<br />
Film“, bestätigt Natja. Sie<br />
ist dankbar, dass sie diese Rolle<br />
spielen durfte: „Dadurch habe<br />
ich meinen Beruf gefunden.“<br />
Eigentlich ganz<br />
andere Pläne<br />
Natja Brunckhorst während der Dreharbeiten. Foto: Robin Stumm<br />
„Ich bin da so reingerutscht“,<br />
sagt Natja. In eine Branche, in<br />
der sie sich aber bis heute wohl<br />
fühlt. Am Drehbuchschreiben<br />
reizt sie der Austausch, zu sehen,<br />
wie andere mit ihrer Arbeit<br />
weiterarbeiten. Schauspielern<br />
möchte sie nicht ausschließen,<br />
auch wenn sie schon länger<br />
keine Rolle mehr angenommen<br />
hat. „Ich bin nicht so gut, wenn<br />
ich nur eine Tagesrolle habe“,<br />
sagt Natja. Sie sei eher schüchtern<br />
und brauche ein paar Tage,<br />
um am Set ihr Herz zu öffnen.<br />
Auf Christiane F. wird sie bis<br />
heute angesprochen – mal seltener,<br />
mal öfter, wenn zum Beispiel<br />
wie 2021 eine Amazon-Serie<br />
die Geschichte neu erzählt<br />
oder in New York ein Modedesigner<br />
mit Szenen aus dem Film<br />
den Zeitgeist der 1970er-Jahre in<br />
Berlin aufleben lässt.<br />
Eigentlich hatte sie ganz andere<br />
Pläne: Natja wollte Mathematik<br />
studieren. Ihre Eltern hatten<br />
sie auf eine Gesamtschule geschickt,<br />
wo sie unterfordert war.<br />
Eines der wenigen Zuwenig in<br />
Natjas Leben – zu wenig Herausforderung.<br />
Das bemerkten auch<br />
die Lehrer – ihre Begabung war<br />
also zu Schulzeiten schon ein<br />
Thema, das jedoch in den Hintergrund<br />
geriet, als Natja den<br />
Film drehte und danach wegen<br />
des Medienrummels – auf jeden<br />
Fall ein Zuviel – nach London<br />
und Paris zog.<br />
Viele Jahre verschwendete<br />
Natja wenig Gedanken an Hochbegabung<br />
und Intelligenz. „Ich<br />
wusste, dass ich schnell im Kopf<br />
bin“, sagt Natja. Außerdem lerne<br />
sie schnell, das habe sie zum<br />
Beispiel im Schnitt-Raum be-<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 13
EINE M VON NEBENAN<br />
merkt. Als Regisseurin habe ihr<br />
das sehr geholfen, denn da sei<br />
es ihre Aufgabe, jedem im Team<br />
– Kameramann, Schauspieler<br />
und so weiter – das zur Verfügung<br />
zu stellen, was er braucht,<br />
um das Beste draus zu machen.<br />
„Ich habe gemerkt, dass ich das<br />
Filmemachen tief innerlich begreife“,<br />
sagt Natja.<br />
Marlen (Corinna<br />
Harfouch) in ihrer Welt.<br />
©FILMWELT,<br />
Foto: LICHTBLICK/Bernd Spauke<br />
Wie kamst du<br />
zu Mensa?<br />
Breitgefächerte Interessen,<br />
Wissbegierde, steile Lernkurven<br />
– für viele Hochbegabte sind<br />
das bekannte Themen. Für Natja<br />
war aber etwas anderes ausschlaggebend,<br />
um sich für Mensa<br />
zu interessieren: „Ich bin zu<br />
Mensa gekommen, weil ich gerne<br />
spiele.“<br />
Zusammen mit einer Freundin<br />
hatte sie einen Mensa-Kennenlern-Stammtisch<br />
besucht<br />
und sich sofort wohlgefühlt.<br />
„Da kriege ich jetzt noch Gänsehaut,<br />
wenn ich dran denke.“ Sie<br />
hat sich an diesem Abend gut<br />
unterhalten, die schnellen Themenwechsel,<br />
der Humor – Natja<br />
war bei Mensa sofort zu Hause.<br />
Später, nach einem Umzug,<br />
suchte sie Anschluss am neuen<br />
Wohnort und fand eine Spielgruppe<br />
von Mensa, absolvierte<br />
den Test, bestand ihn und<br />
wurde Mensa-Mitglied. Ziemlich<br />
ungeplant, genauso wie der<br />
Start ihrer Karriere in der Filmbranche.<br />
Fürs Mensa-Vereinsleben<br />
wird Natja erst nach der Kinotour<br />
wieder genügend Zeit haben.<br />
Die Tour ist Abschluss einer<br />
langen Zeit, in der sich Natja<br />
mit „Alles in bester Ordnung“<br />
beschäftigt hat: Vor acht Jahren<br />
hat sie die ersten Ideen und Sätze<br />
fürs Drehbuch aufs Blatt gebracht.<br />
Gedreht wurde an 23<br />
Tagen im März und Juli 2020.<br />
Der Filmstart zwei Jahre später,<br />
am 26. Mai, und anschließend<br />
kommt die Kinotour, für die<br />
sich Natja eine Überraschung<br />
überlegt hat: Sie hat 200 Sachen<br />
aus Marlens Filmwohnung gerettet,<br />
die sie während der Kinotour<br />
verlosen wird.<br />
„Einige Kinobesucher werden<br />
also mit mehr Sachen heimgehen,<br />
obwohl sie vor dem Film sicher<br />
sagen würden, dass sie sowieso<br />
schon zu viel haben“, sagt<br />
Natja verschmitzt.<br />
14 | mind magazin 148/juni 2022
EINE M VON NEBENAN<br />
Tipp für ein<br />
Mensa-Event<br />
Die Stationen, auf denen Natja<br />
– teils alleine, an einigen Terminen<br />
mit Teammitgliedern –<br />
ihren Film „Alles in bester Ordnung“<br />
vorstellen wird, finden<br />
sich auf Natjas Facebook-Seite<br />
(https://mind-mag.de/link/natja)<br />
und auf der Film-Homepage<br />
(http://allesinbesterordnungderfilm.de).<br />
Dort gibt es übrigens<br />
auch einen Trailer zu sehen.<br />
Schaut ihn doch mal an –<br />
vielleicht macht ihr aus dem Kinobesuch<br />
ein Mensa-Event?<br />
Letzte Veränderungen: Natja mit Szenenbildnerin Zazie Knepper.<br />
Foto: Sara Juric<br />
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FERNSEHEN<br />
Schlauer als der Rest –<br />
Hochbegabte im Alltag<br />
Mensanerin Antje Diller-Wolff drehte 37-Grad-Reportage.<br />
Scheitern, nie dazugehören, verzweifeln, Perfektionismus, aber auch Überflieger,<br />
Ausnahme-Talent, Genie.<br />
Mit Thorsten Heitzmann in dessen<br />
Büro.<br />
H<br />
ochbegabte können zu<br />
Schul-Abbrechern werden<br />
und jeden Kontakt zur Außenwelt<br />
abbrechen, sie können aber<br />
auch mit 14 Jahren Abitur machen<br />
und den Nobelpreis gewinnen<br />
– mit dem gleichen IQ! Diese<br />
besonderen Menschen haben<br />
im Beruf und Alltag mit Vorurteilen<br />
zu kämpfen. Typisch für<br />
Hochbegabung sind Fülle, Dichte,<br />
Tempo, Komplexität und<br />
Gleichzeitigkeit des Denkens<br />
auf allen Ebenen. Die Menschen<br />
haben einen Hochleistungsmotor<br />
im Gehirn.<br />
Ob dieser mit angezogener<br />
Handbremse in der Garage steht<br />
oder auf einer freien Rennstrecke<br />
so schnell fährt, wie er kann,<br />
entscheidet die Förderung.<br />
Journalistin Antje Diller-Wolff<br />
zeigt in ihrer Reportage, für die<br />
sie zwei Jahre recherchierte und<br />
drehte, die Realität Hochbegabter<br />
für die ZDF-Reihe 37 Grad.<br />
Ihre Protagonistinnen und<br />
Protagonisten: Rüdiger Gamm<br />
aktiviert beim Rechnen Areale<br />
seines Hirns, die andere Menschen<br />
nicht bewusst nutzen<br />
können. So kann er in rasanter<br />
Geschwindigkeit schwindelerregend<br />
hohe Zahlen berechnen<br />
und ausspucken. Mit diesem<br />
Talent wurde Rüdiger Gamm<br />
deutschlandweit bekannt. Dass<br />
Rüdiger Gamm einmal ein Rechengenie<br />
werden würde, war<br />
jedoch lange Zeit unvorstellbar.<br />
„Ich habe in Mathe und in Physik<br />
regelmäßig eine Fünf bekommen.“<br />
Pia Beyer-Wunsch, Mensanerin,<br />
weiß erst seit wenigen Jahren<br />
von ihrer Hochbegabung,<br />
wurde im Zuge der Untersuchung<br />
der Tochter mitgetestet.<br />
Sie sagt von sich selbst, sie sei<br />
Underachieverin. Endlich promoviert<br />
sie im Fach Medizinische<br />
Informatik. Sie fand Doktorväter,<br />
die um ihre Besonderheiten<br />
wissen, sie fördern und<br />
ihr helfen, durch Struktur zum<br />
Ziel zu kommen, dem Doktortitel.<br />
Thorsten Heitzmann ist<br />
schlauer als 99,9 % der Weltbevölkerung,<br />
er ist Chef der<br />
weltweiten Triple Nine Society.<br />
Thorsten Heitzmann ist Mediziner,<br />
hatte nie das Durchhaltevermögen,<br />
seine Doktorarbeit<br />
zu schreiben, und arbeitet<br />
im Back Office in der Augen-<br />
16 | mind magazin 148/juni 2022
FERNSEHEN<br />
Antje Diller-Wolff mit<br />
Rechengenie Rüdiger<br />
Gamm (zweiter von links)<br />
und TV-Team im Fitness-<br />
Studio. Alle Fotos: ZDF<br />
arztpraxis seiner Frau. Sein<br />
wichtigstes Ziel für sein Leben:<br />
glücklich zu sein.<br />
37 Grad begleitet drei Hochbegabte,<br />
von denen keiner besondere<br />
Höchstleistungen vollbringt.<br />
Ihr größtes Ziel ist es,<br />
im Alltag und mit den Mitmenschen<br />
zurecht zu kommen. Sie<br />
möchten ein „normales“ Leben<br />
führen, obwohl sie selbst<br />
außergewöhnlich sind. Die<br />
hohe Intelligenz erleichtert ihnen<br />
nicht das Leben, im Gegenteil,<br />
sie kämpfen und hadern<br />
damit im Alltag. Der Film geht<br />
der Frage auf den Grund, warum<br />
überdurchschnittliche Begabung<br />
nicht automatisch zu<br />
überdurchschnittlicher Leistung<br />
führt und welchen Kampf<br />
Hochbegabte oft führen: gegen<br />
Vorurteile und mit sich selbst –<br />
ein Leben lang.<br />
Antje Diller-Wolff: „Ich wollte<br />
keinen Klischeefilm machen,<br />
keine Reportage über schachspielende<br />
Wunderkinder, über<br />
Fünfjährige, die so Chopin spielen,<br />
dass es für die Elbphilharmonie<br />
reichen würde …“<br />
Sendetermin 5.7.2022, ZDF, 22:15<br />
Gruppenfoto: Antje Diller- Uhr und in der Mediathek<br />
Wolff, Pia Beyer-Wunsch,<br />
Tochter Beatrice, Psychologin<br />
Dr. Karin Joder und<br />
Team (v.l.). mind magazin 148/juni 2022 | 17
DISKUSSION GENDERN<br />
Wir sind nicht alle Mensaner<br />
Mein Weg zur gendergerechten Sprache als<br />
Wissenschaftsdisziplin und darüber hinaus.<br />
Von Sara Köser<br />
„Alles klar, Frau Duden?“ fragte<br />
2009 die Titelseite des <strong>MinD</strong>-<br />
Magazins 71 und bezog sich damit<br />
auf meinen Artikel zur gendergerechten<br />
Sprache. Seitdem<br />
habe ich viel dazugelernt und<br />
bleibe dabei: Bevor ich die empirische<br />
Befundlage zu gendergerechter<br />
Sprache kannte, konnte<br />
ich mich gut damit anfreunden,<br />
wenn bei „Schülern“ auch<br />
ich gemeint war. Seitdem nicht<br />
mehr.<br />
Generische Maskulina<br />
gibt es nicht<br />
Im Psychologiestudium führte<br />
mich das Los-Glück dazu,<br />
eine Studie zur gendergerechten<br />
Sprache durchzuführen. Wir<br />
entwarfen und adaptierten viele<br />
Sätze, um Blickbewegungen zu<br />
messen: Mal wurde auf „die Erzieher“<br />
mit „diese Männer“ referenziert,<br />
mal mit „diese Frauen“,<br />
mal waren es „die Elektriker“,<br />
mal „diese Nachbarn“.<br />
Wir sprachen wildfremde Personen<br />
in der Fußgängerzone<br />
an, ließen sie im Labor lesen<br />
und maßen dabei ihre Blickbewegungen.<br />
Dann saßen wir<br />
mit großen Augen vor großen<br />
Auswertungstabellen. All diese<br />
Zahlen sagten uns, was Personen<br />
durchschnittlich schnell<br />
und gemütlich lasen und wo sie<br />
im Lesefluss stolperten, zurücksprangen,<br />
länger brauchten.<br />
Das Fazit, das auch alle bisherigen<br />
Studien in diesem Bereich<br />
zeigten: Wir stocken bei Inkongruenzen.<br />
Das betrifft zum einen<br />
das stereotype Geschlecht<br />
von Personenbezeichnungen<br />
(weiblich: „Erzieher/-innen“,<br />
männlich: „Elektriker/-innen“,<br />
neutral: „Lehrer/-innen“), aber<br />
eben auch ihr grammatisches<br />
Geschlecht (feminin: „Lehrerin“,<br />
maskulin: „Lehrer“, neutral:<br />
„Lehrkraft“).<br />
Das heißt, dass maskuline Formen<br />
nicht generisch, also für<br />
alle gültig, sind. Neben den Studien<br />
zum Denken gibt es auch<br />
viele Studien zum Handeln<br />
und Entscheiden. Teilweise behandeln<br />
sie pressewirksam Gerichtsurteile<br />
und Schulkinder,<br />
teilweise kennt man sie nur in<br />
der Fachcommunity. Auch hier<br />
zeigt sich einhellig: Mit Beidnennungen<br />
(„Lehrerinnen und<br />
Lehrer“) und neutralen Formen<br />
(„Lehrkräfte“) werden Frauen<br />
stärker berücksichtigt als bei<br />
rein maskulinen Formen („Lehrer“).<br />
Woher kommt die<br />
Ablehnung?<br />
Diese Datenlage überzeugte<br />
mich. Aber viele andere nicht.<br />
Ich war irritiert, warum diese<br />
sachlichen Argumente in Diskussionen<br />
kaum halfen. Also<br />
suchte ich dazu einen Zugang<br />
in meiner Doktorarbeit. Ich versuchte,<br />
die Argumentationen<br />
wissenschaftlich zu greifen, zu<br />
katalogisieren, mit Modellen zu<br />
erklären.<br />
Letztendlich belegte ich mit<br />
akribischen Argumentlisten<br />
empirisch, dass beliebige Argumente<br />
für gendergerechte Sprache<br />
zu mehr Gebrauch dieser<br />
Formen führen, aber weder Kognition<br />
noch Einstellung verändern.<br />
Außerdem zeigen meine<br />
Daten, dass allein das Lesen<br />
von gendergerechten Formen<br />
dazu führt, dass Leute sie direkt<br />
im Anschluss mehr verwenden<br />
– Frauen immer, Männer nur,<br />
wenn man sie auf diese Formen<br />
hinweist (ohne sie zu bewerten).<br />
Spannend war es, aber die Frage<br />
der massiven Ablehnung blieb<br />
und bleibt offen.<br />
Seit der Promotion führte<br />
mich mein Weg an verschiede-<br />
18 | mind magazin 148/juni 2022
DISKUSSION GENDERN<br />
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ne Universitäten. Das Thema<br />
gendergerechte Sprache taucht<br />
immer mal wieder auf und immer<br />
wieder frage ich mich: Was<br />
soll dieser Widerstand gegen<br />
gendergerechte Sprache? Die<br />
Diskussionen darum nehme ich<br />
inzwischen sehr gelassen, ich<br />
kenne ja schon alle Argumente.<br />
Für und Wider<br />
Wer sagt, dass gendergerechte<br />
Sprache kompliziert oder unnötig<br />
sei, ignoriert die empirische<br />
Datenlage. Im Gegenteil:<br />
Es ist kompliziert, wenn wir Personenbezeichnungen<br />
weglassen,<br />
auch wenn wir sie mitmeinen.<br />
Auch wenn jemand selbst<br />
glaubt, bei maskulinen Bezeichnungen<br />
alle mitzudenken, funktioniert<br />
das im Durchschnitt<br />
eben nicht. Wer gendergerecht<br />
schreiben und sprechen will,<br />
findet sehr viele Handlungsanregungen<br />
und -optionen im Internet<br />
oder auf Papier 1 2 3 4 .<br />
Auf dem Weg stolpert man<br />
aber schnell über Webseiten,<br />
die krude Annahmen über die<br />
Sprachstruktur verbreiten. Eigentlich<br />
ist es einfach: Die meisten<br />
Personenbezeichnungen im<br />
Deutschen sind geschlechtsmarkiert<br />
wie „Lehrer – Lehrerin“<br />
oder „Mensaner – Mensanerin“.<br />
Das gilt nicht für Objekte und es<br />
gibt Ausnahmen („die Person“,<br />
„der Mensch“), aber die Grundregel<br />
bleibt.<br />
Also hängen grammatisches<br />
und biologisches/soziales Geschlecht<br />
bei Personenbezeichnungen<br />
zusammen; auf Schlau:<br />
Genus-Sexus-Kongruenz. Andere<br />
Sprachen sind anders, aber<br />
die Tendenz zu „male as norm“<br />
zeigt sich überall.<br />
Je generalisierter die Aussagen,<br />
umso tiefer der Blick in den<br />
Widerstand, der mich nach wie<br />
vor reizt: Verwahrlosung der<br />
Sprache, Bevorzugung der Frauen,<br />
unnütze Rücksichtnahme<br />
auf alle (oder „auf jedermann“,<br />
wenn mich jemand ärgern will).<br />
All das deutet eher auf eine<br />
konservative Haltung von privilegierten<br />
Personen hin. Sozialpsychologisch<br />
ist klar, dass<br />
wir uns wehren, wenn jemand<br />
unsere statushohe Gruppe angreift<br />
– was hier auf abstraktem<br />
Level durchaus passiert. Das<br />
würde erklären, warum der Widerstand<br />
so massiv ist, obwohl<br />
es eigentlich nur darum geht,<br />
möglichst faire diskriminierungsfreie<br />
Worte zu wählen.<br />
Das möchte ich diskutieren,<br />
durchdenken und erforschen.<br />
Ebenso die neueren Formen,<br />
denn der Nutzen von Sternchen<br />
und Unterstrich ist politisch<br />
begründet, jedoch noch<br />
nicht wissenschaftlich untermauert.<br />
Aber auch die Grundlagenforschung<br />
geht weiter. Und<br />
sie zeigt: Maskuline Personenbezeichnungen<br />
funktionieren<br />
nicht generisch. Also sollten wir<br />
uns dazu passend verhalten.<br />
Zur Autorin:<br />
Sara Köser ist Professorin für<br />
Sozial- und Wirtschaftspsychologie<br />
an der Hochschule Fresenius<br />
Heidelberg. Das angesprochene<br />
Psychologiestudium absolvierte<br />
sie von 2003 bis 2009<br />
an der Universität Heidelberg;<br />
die weiteren Stationen umfassten<br />
die Universitäten in Bern,<br />
Trondheim, Hagen, Mannheim<br />
und Karlsruhe.<br />
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DISKUSSION GENDERN<br />
Die Widerspenstige<br />
Warum die Bezeichung „generisches<br />
Maskulinum“ ein Missverständnis ist.<br />
Von Jana Schleske<br />
Wenn die Mathematik ein Ergebnis<br />
durch einen falschen Rechenweg<br />
findet, akzeptiert sie es<br />
nicht. Ganz ähnlich verhält sich<br />
die Sprache. Sie stellt sich quer.<br />
Macht einfach nicht mit.<br />
Der Irrtum, auf dem die Genderdebatte<br />
fußt, ist die Annahme,<br />
dass es in der deutschen<br />
Sprache maskuline und feminine<br />
Wortformen gibt, die entsprechend<br />
Personen und Dinge<br />
bezeichnen. Doch die Sprache<br />
verweigert uns eine verlässliche<br />
Geschlechterordnung. Die<br />
Grammatik versteht den Menschen<br />
als maskulin, die Person<br />
als feminin und das Mitglied als<br />
keines von beiden.<br />
Semantisch können die drei<br />
am ehesten dem genus commune<br />
1 zugeordnet werden, einem<br />
Geschlecht, das den indoeuropäischen<br />
Sprachen entsprang<br />
und dort seit mehr als 5.000<br />
Jahren produktiv ist. Noch heute<br />
wird es zur Bildung neuer<br />
Wörter herangezogen. Auch bei<br />
den bestimmten Artikeln finden<br />
wir höchstens im Nominativ<br />
Singular geordnete Verhältnisse<br />
vor: der (m.), die (f.), das<br />
(n.). Bereits im Genitiv der femininen<br />
Form (zum Beispiel<br />
„das Buch der Schwester“) hätten<br />
wir es, der Logik einer strikten<br />
Zuordnung folgend, mit einem<br />
nicht erklärbaren maskulinen<br />
Artikel zu tun. Der Plural<br />
benutzt in allen drei Geschlechtern<br />
bereits im Nominativ den<br />
weiblichen Artikel.<br />
Dieselbe Endung für<br />
Mutter und Vater<br />
Sexus und Genus einmal zusammengeworfen,<br />
verfingen<br />
sich Fachfremde in dem Irrtum,<br />
die Endung -er sei maskulin.<br />
Aufdecken lässt sich das durch<br />
die Herleitung der Wörter Vater<br />
und Mutter.<br />
nhd. Mutt-er (f) < idg. *meh2t-ér<br />
(diejenige, die säugt)<br />
nhd. Vat-er (m) < idg. *ph2t-ér<br />
(derjenige, der beschützt)<br />
Die Endung -er trägt folglich<br />
nicht das Geschlechtsmerkmal<br />
„männlich“. Sie ist erst einmal<br />
geschlechtslos (commun)<br />
und kennzeichnet lediglich eine<br />
Handlungsfähigkeit.<br />
Die Linguistik bezeichnet diese<br />
Substantive als nomina agentis.<br />
Sie entstehen aus Ableitung<br />
eines Verbalstammes mit<br />
dem Zusatz des Tätersuffixes -er.<br />
Für den Fall, dass eine explizite<br />
Markierung des weiblichen Geschlechts<br />
nötig wird, hat das Indogermanische<br />
das Motionssuffix<br />
*-ih2 > nhd. -in verwendet.<br />
Es verwandelt die unmarkierte,<br />
bis dahin geschlechtslose Form<br />
in eine ausschließlich weibliche<br />
und etabliert so den Kontrast<br />
männlich – weiblich, beschränkt<br />
auf diesen einen Kontext.<br />
Steht sie allein, bleibt sie<br />
geschlechtslos. Diese Regel ist<br />
komplex und sicher nicht für<br />
alle auf Anhieb verständlich.<br />
Äußerlich sind die commune<br />
und die maskuline Form<br />
gleich und führten zu der weiteren<br />
Fehlannahme, Frauen seien<br />
nicht „mitgemeint“. Die Folge<br />
dieser Sichtweise war der Aufruf<br />
zur Vermeidung der communen<br />
Formen zum Beispiel bei<br />
Berufsbezeichnungen.<br />
Dieser Boykott ist aus linguistischer<br />
Sicht nicht nur unnötig,<br />
er verstärkt das vermeintliche<br />
Problem. Die Beidnennung<br />
und alle Formen, die mit einer<br />
Trennung der beiden grammatikalischen<br />
Formen arbeiten, ma-<br />
1 Die in der öffentlichen Argumentation oft verwendete Bezeichnung „generisches Maskulinum“ ist verwirrend. Sie impliziert, dass<br />
männliche Formen grundlegend waren. Das ist falsch. Das Indogermanische kannte lange nur zwei Geschlechter: uter (commun)<br />
und neuter (neutrum).<br />
20 | mind magazin 148/juni 2022
nifestieren erst die Binarität der<br />
Geschlechter und führen zu einer<br />
semantischen Vermännlichung<br />
der bislang unmarkierten<br />
Form. Eine Folge davon ist<br />
eine Bedeutungsveränderung<br />
eigentlich communer Personenbezeichnungen<br />
zu wirklich maskulinen<br />
Formen.<br />
Kognitive Dissonanzen entstehen<br />
in der Folge bei der Verwendung<br />
von Komposita wie Lehrerzimmer<br />
oder Bürgerinitiative,<br />
die fortan Frauen und Diverse<br />
ausschließen würden. Auch<br />
entgendernde Formen entspringen<br />
dieser falschen Prämisse<br />
und erzeugen gleiche und weitere<br />
Probleme.<br />
Die empirische Studienlage<br />
zum sogenannten generischen<br />
Maskulinum präsentiert Ergebnisse,<br />
die mit der historischen<br />
Sprachwissenschaft nicht ausreichend<br />
diskutiert wurden. Für<br />
einen künstlichen Eingriff in die<br />
Gestaltung eines Systems ist das<br />
Verständnis seiner Entstehung<br />
unabdingbar. Oftmals wird in<br />
diesen Studien in einer Laborsituation<br />
ein Kontext erzeugt, der<br />
in der Sprachwirklichkeit nicht<br />
vorkommen würde. Manchmal<br />
wird anstatt der communen versehentlich<br />
die maskuline Form<br />
abgefragt (zum Beispiel „Nenne<br />
mir deinen liebsten Romanhelden!“).<br />
Eine gemeinsame<br />
Form für alle<br />
Die Inklusion aller Geschlechter<br />
in die commune Form würde<br />
ein Ergebnis mit korrektem Rechenweg<br />
erzeugen. Die Sprache<br />
würde sich willig fügen. Sie liebt<br />
Vereinfachungen. Nicht nur<br />
sprachökonomisch wäre das<br />
die elegantere Lösung. Wenn<br />
wir die communia mit Diversität<br />
füllen, könnten sich auch<br />
zukünftig in Komposita alle gemeint<br />
fühlen.<br />
Bei Mensa verteilen sich die<br />
Geschlechter aktuell auf 65,6<br />
Prozent Männer und 34,4 Prozent<br />
Frauen. Unsere Energie<br />
könnten wir der Frage widmen:<br />
Wie erreichen wir eine Balance<br />
zwischen den Geschlechtern in<br />
unserem Verein, damit wir im<br />
Außen eine adäquate Repräsentanz<br />
von Hochbegabung darstellen?<br />
Frauen sind ja nicht minder<br />
intelligent. Hochbegabung wird<br />
bei ihnen oft spät oder gar nicht<br />
erkannt, weil sie sich aufgrund<br />
stereotyper Erziehung eher an<br />
vorgefundene Gegebenheiten<br />
anpassen und nicht auffallen.<br />
Eine Wirklichkeit, in der es bei<br />
DISKUSSION GENDERN<br />
Mensa genauso viele männliche<br />
wie weibliche Ms gäbe, würde<br />
eine Botschaft in die Schulen<br />
und in die Wirtschaft senden<br />
und Mädchen und Frauen Mut<br />
machen. Wie stellen wir das an?<br />
Hat jemand eine Idee?<br />
Literatur zum Thema:<br />
Sprache – Genus/Sexus, Reihe:<br />
Dokumentation germanistischer<br />
Forschung, Heinz Sieburg<br />
(Hrsg.): Peter Lang; Frankfurt/M.,<br />
Berlin, Bern, New York,<br />
Paris, Wien, 1997, 386 S.<br />
Zur Autorin:<br />
Jana Schleske ist freiberufliche<br />
Unternehmerin. Sie unterstützt<br />
Unternehmen bei der Beschreibung<br />
und Optimierung von Prozessen,<br />
Verbesserung der Unternehmenskommunikation<br />
und<br />
dem Coaching von Führungskräften.<br />
Sie hat Wirtschaftspsychologie<br />
an der PFH Göttingen<br />
studiert und zusätzliche Ausbildungen<br />
in Qualitätsmanagement,<br />
Projektmanagement und<br />
Coaching absolviert. An der<br />
Humboldt-Universität zu Berlin<br />
widmete sie sich nebenberuflich<br />
viele Jahre dem Studium<br />
der historisch-vergleichenden<br />
Sprachwissenschaft.<br />
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Ihr Dr.-Ing. Christoph Sturm Berufung finden Sinn finden zufriedener sein
EIN M VON NEBENAN<br />
„Ich will sehen,<br />
was die Welt im Innersten<br />
zusammenhält.“<br />
Mit elf an der Uni und bei Jugend forscht.<br />
Von Samuel Balog und der Redaktion<br />
Ms sind neugierig,<br />
forschen und nehmen an<br />
Wettbewerben teil. Manche<br />
sind noch sehr jung, aber das<br />
stört ja keinen großen Geist.<br />
Dies ist die Geschichte von<br />
Samuel Balog.<br />
M<br />
it einer Mail im Februar<br />
fing alles an:<br />
„Mein Name ist Samuel Balog<br />
(elf Jahre) und ich bin Mitglied<br />
(04921118) des Ortsbereichs<br />
München.<br />
In Frankfurt gehe ich auf eine<br />
Schule für Hochbegabte und<br />
habe gerade den Regionalwettbewerb<br />
von Jugend forscht/<br />
Schüler experimentieren in der<br />
Sparte Arbeitswelt gewonnen<br />
(Auswirkung von FFP2-Masken<br />
auf die Sauerstoffsättigung<br />
des Blutes von Kindern). Im April<br />
nehme ich am Landeswettbewerb<br />
Hessen in Kassel teil und<br />
habe einen eigenen Stand. Hier<br />
kann ich meine Arbeit und mich<br />
als Person präsentieren. Bei dieser<br />
Gelegenheit hätte ich die<br />
Möglichkeit, Werbung für Mensa<br />
zu machen. Ich finde Mensa<br />
toll und möchte deswegen etwas<br />
Werbung machen, wenn ihr<br />
wollt. Die Presse ist auch da.<br />
Falls ihr Interesse habt, könnte<br />
ich Flyer et cetera an meinem<br />
Stand auslegen.“<br />
Es gibt Angebote, die kann<br />
man nicht ablehnen. Natürlich<br />
erhielt Samuel <strong>MinD</strong>-Mag-Exemplare<br />
und Flyer (siehe Foto).<br />
Und natürlich wollten wir mehr<br />
über ihn und sein Forschungs-<br />
Interesse wissen.<br />
Fasziniert von<br />
Quantenphysik<br />
Er schreibt über sich:<br />
„Wie bin ich dazu gekommen?<br />
Die Arbeit ist bei einer Projektphase<br />
in der Schule entstanden.<br />
Damals konnte man verschiedene<br />
Projekte machen, auch Jugend-forscht-Projekte.<br />
Die Idee<br />
ist einfach aus der Situation<br />
entstanden. Forschen kann man<br />
am besten über das, was einen<br />
betrifft. Bei guter Betreuung ist<br />
eine Jugend-forscht-Arbeit mit<br />
einer „richtigen“ Forschungsarbeit<br />
verbunden.<br />
Man lernt sehr viel und will<br />
eine perfekte Arbeit abliefern.<br />
Eine Teilnahme ist sehr zu empfehlen,<br />
wenn man mit Wissenschaft<br />
zu tun haben will.<br />
Für mich war es ein Sprungbrett<br />
zu anderen Veranstaltungen.<br />
Diese haben mich nun<br />
zum Frühstudium der Physik in<br />
Mainz gebracht. Quantenphysik<br />
hat mich immer schon fasziniert.<br />
Ich will sehen, was die<br />
Welt im Innersten zusammenhält.<br />
Mit elf zu studieren war ein<br />
Traum von mir. Die Schule hat<br />
mich nie richtig herausgefordert,<br />
und nun habe ich etwas,<br />
22 | mind magazin 148/juni 2022
EIN M VON NEBENAN<br />
Samuel Balog an seinem Stand beim Jugendforscht-Landeswettbewerb<br />
in Kassel.<br />
Mensa-Informationsmaterial (rundes Foto)<br />
inklusive.<br />
Foto: Balog<br />
das meine volle Aufmerksamkeit<br />
erfordert.<br />
In Frankfurt habe ich vorher<br />
am Hochbegabtenzentrum viele<br />
Kurse belegt und wollte später<br />
was mit Naturwissenschaften<br />
und Mathematik machen.<br />
Vor einiger Zeit waren wir in<br />
den USA, und ich kann mir vorstellen,<br />
etwas bei der NASA oder<br />
SpaceX zu machen.<br />
Der Weltraum ist in seiner<br />
Komplexität, Perfektion, Ausgewogenheit,<br />
Energie, Materie,<br />
Gravitation, Zeit und Dimension<br />
am wenigsten erforscht und<br />
ich wünsche, einen kleinen Teil<br />
beitragen zu können. Das ist<br />
mein Traum. Ob das wahr wird,<br />
steht noch in den Sternen.<br />
Ich spiele gerne Schach<br />
im Verein und habe Capoeira<br />
gemacht. Wegen<br />
der Pandemie<br />
war das nur online<br />
möglich und ist damit<br />
etwas eingeschlafen.<br />
Onlineunterricht<br />
hat mich aber<br />
zum Programmieren<br />
und Arbeiten am Rechner<br />
gebracht, was ich nun sehr gerne<br />
mache.<br />
Auch reisen konnte ich nicht<br />
mehr. Das war auch eine meiner<br />
Lieblingsbeschäftigungen und<br />
ich durfte einiges von der Welt<br />
sehen. Ich war sogar für zwei<br />
Monate an einer australischen<br />
Schule, was natürlich sehr viel<br />
Spaß gemacht hat.“<br />
Zweiter Platz im<br />
Regionalwettbewerb<br />
Und natürlich erhielten wir<br />
Nachricht, wie der Regionalwettbewerb<br />
für ihn gelaufen ist:<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 23
EIN M VON NEBENAN<br />
„Ich habe den zweiten Platz<br />
gemacht. Das Thema war wohl<br />
nicht mehr aktuell und die Jury<br />
entscheidet nach persönlichen<br />
Kriterien und war diesmal nicht<br />
so sehr an der Arbeit interessiert.<br />
Das haben auch meine Betreuer<br />
gesagt. Die Veranstaltung<br />
war in der Fakultät für Elektrotechnik<br />
und es waren 27 Projekte<br />
mit Ständen dabei.<br />
Es gab sieben Teilbereiche mit<br />
unterschiedlichen Themen und<br />
viele der Projekte wurden von<br />
Schülerteams bearbeitet. Zusätzlich<br />
zu den Preisen für die<br />
Plätze 1 bis 3 gab es auch Sonderpreise.<br />
Ich habe einen für<br />
„Mensch und Maschine“ bekommen.<br />
Manche der Sonderpreise waren<br />
Zeitschriften für ein Jahr.<br />
Ich habe für den 2. Platz 100<br />
Euro und 150 Euro Sonderpreis<br />
gewonnen. Am Stand habe ich<br />
die Hefte von Mensa und die<br />
Postkarten ausgelegt. Ich bekam<br />
einige Nachfragen und<br />
habe es auch an meine Mitbewerberinnen<br />
und Mitbewerber<br />
verteilt, es sind nur noch wenige<br />
Postkarten übrig. Danke für<br />
das Werbematerial, das mir zugeschickt<br />
wurde!<br />
Ich habe zumindest viel gelernt<br />
beim Projekt und habe<br />
auch viele neue Kontakte geknüpft.<br />
In der Zwischenzeit<br />
habe ich an einer Veranstaltung<br />
der Masterclass in Physik<br />
teilgenommen und Professor<br />
Fiedler aus Mainz hat mich<br />
dazu gebracht, ein Frühstudium<br />
der Physik an der Uni zu beginnen.<br />
Ab jetzt studiere ich zusätzlich<br />
zur 8. Klasse der KPS-Schule<br />
auch an der Uni Mainz. Das geht<br />
sogar mit elf, das hat Professor<br />
Fiedler organisiert.<br />
Der Wettbewerb ist jetzt zu<br />
Ende und ich werde wohl auch<br />
nächstes Jahr daran teilnehmen<br />
und denke mir gerade neue Themen<br />
aus. Meine Betreuer und<br />
auch einige Professoren der Uni<br />
Kassel haben mir gesagt, ich soll<br />
unbedingt weitermachen.“<br />
Ein paar Fotos erhielten wir<br />
auch, ihr seht sie hier im Artikel.<br />
Und dann ist da noch die eigentliche<br />
Forschungsarbeit von<br />
Samuel. Weil der gesamte Bericht<br />
zu umfangreich für das<br />
Mag gewesen wäre, baten wir<br />
um eine Kurzfassung.<br />
Die erhielten wir prompt:<br />
Kurzfassung der<br />
Forschungsarbeit<br />
„Die vorliegende Arbeit untersucht<br />
die Auswirkungen von<br />
FFP2-Masken für Erwachsene<br />
auf die Sauerstoffsättigung des<br />
Blutes von schulpflichtigen Kindern.<br />
In verschiedenen Versuchen<br />
und Berechnungen<br />
aus den gesammelten<br />
Daten<br />
konnte festgestellt<br />
werden, dass durch<br />
begrenztes Tragen<br />
mit Pausen dazwischen<br />
und einer<br />
gut gelüfteten Umgebung<br />
die Auswirkungen<br />
minimiert<br />
werden können.<br />
Spezielle Kindermasken zeigen<br />
keine Vorteile. Eine geeignete<br />
Maske sollte vielmehr durch einen<br />
Vergleich von Masken verschiedener<br />
Hersteller gefunden<br />
werden.<br />
Die Leistungsfähigkeit und<br />
die Konzentration werden beim<br />
Maskentragen beeinflusst. Für<br />
den Unterricht sollte dies berücksichtigt<br />
werden und ebenso<br />
die verminderte Leistungsfähigkeit<br />
und die subjektive<br />
Abneigung, Masken zu tragen.<br />
Wir brauchen zudem für die Zukunft<br />
verbesserte Infektionsschutzmasken,<br />
die auch als solche<br />
entwickelt werden.<br />
Einleitung<br />
Masken sind wichtig für die<br />
Bekämpfung von Sars-CoV-2<br />
und zum Aufhalten einer Verbreitung.<br />
Wie sind aber die Auswirkungen<br />
von FFP2-Masken<br />
für Erwachsene auf die Sauerstoffsättigung<br />
des Blutes von<br />
schulpflichtigen Kindern?<br />
Wegen der Nachrichten um<br />
Corona und die Maskenpflicht<br />
habe ich mich gefragt, ob es<br />
Auswirkungen hat, eine Maske<br />
über längere Zeit zu tragen.<br />
Sauerstoffsättigung kommt in<br />
den Berichten über die Pandemie<br />
häufig vor. Daraus schließe<br />
ich, dass eine niedrige Sauerstoffsättigung<br />
gefährlich<br />
ist, und wie<br />
sieht es denn aus,<br />
wenn man eine Maske<br />
trägt? Es gibt auch<br />
FFP2-Kindermasken,<br />
soll man besser diese<br />
tragen? Der Unterschied<br />
zwischen<br />
diesen Masken soll<br />
herausgefunden<br />
werden. Durch verschiedene<br />
Experimente will ich<br />
sehen, ob sich die Sauerstoffsättigung<br />
verändert, wenn man<br />
eine Maske trägt. Der verwendete<br />
Versuchsaufbau und die Datenerfassung<br />
sollten mit schon<br />
vorhandenen oder zu beschaffenden<br />
Mitteln erfolgen. Ein Basisdatensatz<br />
von Kindern und<br />
24 | mind magazin 148/juni 2022
Samuel im Kennedy-<br />
Space-Center in Florida.<br />
Foto: Balog<br />
Erwachsenen soll mit Hilfe von<br />
morphologischen Gesichtsdaten<br />
(Gipsabdruck) und Daten<br />
zur Sauerstoffsättigung des Blutes<br />
gesammelt werden.<br />
Anschließend werden die<br />
Daten für einen Versuchsaufbau<br />
genutzt, der unterschiedliche<br />
Passformen und Materialien<br />
von Gesichtsmasken verwendet.<br />
Es soll geklärt werden, ob es<br />
Unterschiede zwischen Masken,<br />
die einem Kindergesicht angepasst<br />
wurden, und handelsüblichen<br />
Masken gibt.<br />
Schlussfolgerung<br />
Die Blutsauerstoffsättigung<br />
ist Schwankungen ausgesetzt,<br />
die abhängig von den Aktivitäten<br />
der Trägerin oder des Trägers<br />
und dem verfügbaren Sauerstoffangebot<br />
sind. Dieses Angebot<br />
kann auch durch geänderten<br />
Luftdruck (Berge) oder<br />
bei schlechter Belüftung in geschlossenen<br />
Räumen niedriger<br />
sein. Beim Maskentragen wirkt<br />
sich dieses verminderte Angebot<br />
ebenfalls aus.<br />
Der Körper gleicht dies mit höherer<br />
Atemfrequenz und höherem<br />
Atemminutenvolumen aus.<br />
Die gemessenen Werte für die<br />
Blutsauerstoffsättigung liegen<br />
aber bei allen Messungen noch<br />
im vertretbaren Bereich. Anders<br />
könnte es aber bei Menschen<br />
mit Lungenfunktionsstörungen<br />
(zum Beispiel Asthma) sein.<br />
Bei der CO₂-Konzentration,<br />
die für die Atemluft ermittelt<br />
wurde, sind die Werte aber<br />
deutlich höher als in anderen<br />
Quellen angegeben. Sie erreichen<br />
teilweise kritische Werte.<br />
Die CO₂-Konzentration im Blut<br />
scheint trotzdem nicht beeinflusst<br />
zu werden und somit keine<br />
direkt nachweisbaren Krankheiten<br />
zu verursachen. Eine erhöhte<br />
CO₂-Konzentration in der<br />
Atemluft wirkt sich nach neuesten<br />
Untersuchungen aber auf<br />
die Leistungsfähigkeit und die<br />
Konzentration aus.<br />
Die größere Kraftanstrengung<br />
beim Atmen und die feuchte,<br />
warme Luft unter einer Maske<br />
empfinde ich auch als unangenehm.<br />
Ausblick, Lösungen,<br />
weitere Entwicklungen<br />
Ich denke, dass das Maskentragen<br />
in der heutigen Situation<br />
notwendig ist. Die festgestellten<br />
Nebenwirkungen können durch<br />
begrenztes Tragen mit Pausen<br />
dazwischen und einer gut gelüfteten<br />
Umgebung abgeschwächt<br />
werden. Für den Unterricht<br />
sollte dies berücksichtigt werden<br />
und ebenso die verminderte<br />
Leistungsfähigkeit und die<br />
subjektive Abneigung, Masken<br />
zu tragen. Manche Masken sind<br />
deutlich angenehmer zu tragen<br />
als andere. Hier sollte jede und<br />
jeder mehrere ausprobieren, bis<br />
die angenehmste gefunden ist.<br />
Menschen mit Atemproblemen<br />
können dadurch motiviert werden,<br />
Masken nicht zu fürchten.<br />
Die Hersteller der vorhandenen<br />
Feinstaubschutzmasken sollten<br />
diese nun nach anderen Kriterien<br />
entwickeln. Wir brauchen Infektionsschutzmasken,<br />
die auch<br />
als solche entwickelt werden.“<br />
Wir denken, von Samuel werden<br />
wir noch einiges lesen und<br />
hören.<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 25
ENGAGEMENT<br />
Beispiel Uganda: Hier<br />
holen sich die Menschen<br />
ihr Wasser zum Teil<br />
noch aus Tümpeln.<br />
Foto: Wulf-Stiftung<br />
Ein Mensa-Brunnen in<br />
Burkina Faso<br />
A<br />
uch während zur Zeit Spenden<br />
und Hilfsmaßnahmen<br />
vor allem in Richtung Ukraine<br />
gehen, bleiben weitere weltweite<br />
Probleme leider bestehen.<br />
Immer noch haben rund zwei<br />
Milliarden Menschen keinen<br />
Zugang zu frischem Trinkwasser!<br />
Zugang heißt, sie können<br />
sich kein sauberes Wasser besorgen,<br />
sondern nur verseuchtes<br />
verunreinigtes Wasser aus<br />
Tümpeln oder Gewässern.<br />
Im letzten <strong>MinD</strong>-Mag hatte<br />
M Günter Wulf angeregt, mit<br />
Spenden über seine Stiftung einen<br />
Mensa-Brunnen zu bauen.<br />
Nach letzten Informationen<br />
wird der Brunnen in Burkina<br />
3.880,56 Euro sind bereits eingegangen.<br />
Faso gebaut. Er wird dort im<br />
Dorf Koloko 1.050 Personen mit<br />
frischem Trinkwasser versorgen,<br />
insbesondere die Kinder der<br />
Grundschule. Die geschätzten<br />
Gesamtkosten betragen 5.500<br />
Euro. Wenn dieser Betrag nicht<br />
durch Spenden erreicht werden<br />
sollte, trägt die Wulf-Stiftung<br />
die Differenz.<br />
Um der Diskussion zu entgehen,<br />
ob zu unserem Vereinsziel<br />
gehören sollte, Intelligenz zum<br />
Wohl der Menschheit einzusetzen,<br />
wird auf dem Schild am<br />
Brunnen nun Folgendes stehen:<br />
„Donated by Mensans from<br />
Germany“.<br />
Bis zum 18. Mai 2022 sind<br />
Spenden in Höhe von 3.880,56<br />
Euro eingegangen.<br />
Wer sich ebenfalls beteiligen<br />
möchte:<br />
WULF-Stiftung<br />
Bank für Sozialwirtschaft<br />
IBAN:<br />
DE96 7002 0500 5020 3270 00<br />
BIC: BFSWDE33MUE<br />
(als Betreff bitte „Mensabrunnen“<br />
angeben)<br />
Weitere Angaben zur Arbeit der<br />
Stiftung auf<br />
www.wulf-stiftung.de.<br />
Günter Wulf<br />
26 | mind magazin 148/juni 2022
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UKRAINE-HILFE<br />
Es fährt ein Zug …<br />
Christian Rosenkranz bringt Flüchtende<br />
aus der Ukraine nach Hannover.<br />
Von Erwin Klein<br />
Ankunft des erstes Flüchtlingszuges in München am 12. März. Foto:privat<br />
V<br />
om Bahnhof Hannover Messe/Laatzen<br />
nach Przemyśl<br />
an der polnisch-ukrainischen<br />
Grenze. Mit dem Zug – einen<br />
Tag hin, am nächsten zurück.<br />
Abfahrt ist immer um 22.30 Uhr,<br />
Ankunft irgendwann zwischen<br />
18.30 und 20.30 Uhr.<br />
Ab Przemyśl um 22:20 Uhr<br />
wieder los, Ankunft Hannover<br />
zwischen 14:00 und 19:00 Uhr.<br />
In Richtung Polen ist der Zug<br />
fast leer, auf dem Weg Richtung<br />
Westen ist er voll mit Flüchtenden<br />
aus der Ukraine.<br />
Christian Rosenkranz, LocSec<br />
aus München, ist mit an Bord.<br />
Als Zugführer. Für Nicht-Eisenbahnkundige:<br />
Der Zugführer ist<br />
der mit der Kelle und der roten<br />
Armbinde – nicht der Lokführer.<br />
Wir haben Christian im vergangenen<br />
Jahr im Mag 141 als M von<br />
nebenan und als Eisenbahn-Aficionado<br />
vorgestellt. Jetzt stellt<br />
er sein Wissen und seine beruflichen<br />
Fähigkeiten in den Dienst<br />
der Ukraine-Hilfe. Er bringt seit<br />
dem 25. März Menschen aus der<br />
Kriegszone nach Deutschland in<br />
Sicherheit.<br />
Angefangen hatte alles kurz<br />
nach Kriegsausbruch mit einer<br />
privaten Initiative seines<br />
Arbeitgebers, einer kleinen Eisenbahn-Gesellschaft.<br />
Die wollte<br />
helfen, als die erste Flüchtlingswelle<br />
aus der Ukraine heranrollte<br />
und Hunderttausende<br />
Richtung Polen drängten.<br />
Im Wagenpark des holländischen<br />
Firmen-Ablegers standen<br />
16 Liegewagen des „Alpen-Express“,<br />
der normalerweise Skifahrer<br />
von Holland in die Alpen<br />
bringt, wegen Corona nutzlos<br />
herum. Die Firmenleitung entschied,<br />
diese Waggons als Liegewagenzug<br />
nach Dorohusk an<br />
die polnisch-ukrainische Grenze<br />
zu bringen, um von dort Geflüchtete<br />
nach Deutschland zu<br />
transportieren.<br />
Von Holland aus ging es über<br />
Berlin nach Warschau, Christian<br />
war als Zugführer dabei. In Warszawa<br />
Centralna war die Reise<br />
zu Ende: Die polnischen Behörden<br />
erteilten keine Genehmigung<br />
zur Weiterfahrt.<br />
Diskutieren, Warten, die Aufforderung<br />
zur Rückfahrt mit leeren<br />
Waggons. Dann kam nach<br />
16 Stunden doch noch die Einwilligung:<br />
Der Zug durfte nicht<br />
an die Grenze fahren, aber bereits<br />
in Warschau angekommene<br />
Ukrainerinnen und Ukrainer<br />
weiter nach Deutschland bringen.<br />
Voll besetzt mit 650 Personen<br />
verließ der Zug am 12.<br />
März um 0.30 Uhr die polnische<br />
28 | mind magazin 148/juni 2022
UKRAINE-HILFE<br />
Der Bahnhof in Przemyśl.<br />
Christian Rosenkranz.<br />
Ankunft aus Przemyśl in Hannover<br />
kurz vor 14 Uhr: Bitte nicht<br />
einsteigen. Alle Fotos: Christian Rosenkranz<br />
Hund und Katze müssen mit. Eindrücke<br />
auf dem Gang des Flüchtlingszuges.<br />
Hauptstadt. 18 Stunden später<br />
kam er in München an, begleitet<br />
von heftigem Medien-Interesse:<br />
der erste Ukraine-Flüchtlings-<br />
Sonderzug in Bayern! Agenturen,<br />
TV-Stationen, Zeitungen<br />
von Bild bis Süddeutsche, alle<br />
waren da. Und Christian Rosenkranz<br />
mittendrin.<br />
Damit kam die spontane, private<br />
Hilfsaktion zu einem guten<br />
Ende, und das hätte es gewesen<br />
sein können.<br />
Aber weil gelungene Aktionen<br />
selten unbeobachtet bleiben,<br />
rief ein paar Tage später<br />
das Bundesamt für Güterverkehr<br />
(BAG) an. Ob man nicht<br />
weiter Flüchtende von der ukrainischen<br />
Grenze (diesmal wirklich!)<br />
nach Deutschland – genauer:<br />
nach Hannover Messe/<br />
Laatzen – bringen wolle. Der<br />
Rest ist Routine und fast schon<br />
Gewohnheit.<br />
Messe/Laatzen – Przemyśl<br />
Główny – Messe/Laatzen –<br />
Przemyśl Główny – und immer<br />
so weiter. Täglich eine Strecke.<br />
Zunächst bis zum 11. Mai, Verlängerung<br />
gut möglich. Mit jedem<br />
Zug werden bis zu 400<br />
Flüchtende nach Hannover gebracht,<br />
von dort wird nach Registrierung<br />
und Corona-Test die<br />
kostenlose Weiterfahrt oder die<br />
Unterbringung vor Ort organisiert.<br />
Christian: „Die Organisation<br />
funktioniert perfekt. Wenn<br />
wir in Messe/Laatzen einfahren,<br />
stehen genügend Helfende<br />
bereit, die sich um alles<br />
kümmern. Die Menschen werden<br />
möglichst schnell an ihre<br />
Wunsch-Orte gebracht, meist zu<br />
Verwandten und Bekannten, die<br />
schon in Deutschland oder Europa<br />
leben.“<br />
In Przemyśl Główny ist die Situation<br />
anders. Hier kommen<br />
die Züge aus Kiew, Lwiw und<br />
Odessa an, und niemand weiß<br />
vorher, ob sie einigermaßen<br />
pünktlich durchkommen werden.<br />
Deswegen fährt der Zug an<br />
manchen Tagen halb leer Richtung<br />
Hannover los – die Abfahrzeiten<br />
müssen einigermaßen<br />
eingehalten werden, damit die<br />
Strecken-Logistik und der Umlauf<br />
weiter funktionieren. Mehr<br />
als 90 Minuten „Warten auf Anschlussreisende“<br />
sind nicht drin.<br />
Wieviel Tausend Flüchtende<br />
Christian auf diese Art bereits<br />
nach Deutschland gefahren hat,<br />
weiß er nicht. Nur soviel: „Es<br />
sind viele. Und niemand weiß,<br />
wie viele noch kommen werden.<br />
Wir fahren weiter, so lange das<br />
nötig ist.“<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 29
UKRAINE-HILFE<br />
Ein Schreibtisch für<br />
Geflüchtete<br />
Coworking-Plätze in ganz Deutschland.<br />
„Als die EU am 3. März 2022 beschloss,<br />
dass ukrainische Geflüchtete<br />
als Kriegsflüchtlinge<br />
eine sofortige Arbeitserlaubnis<br />
bekommen, wussten wir, was<br />
wir tun können und was vielleicht<br />
nur wir können,“ erzählt<br />
M Uwe Weinreich, einer der beiden<br />
geschäftsführenden Gesellschafter<br />
von independesk. Uwes<br />
Firma bietet Coworking- und<br />
Meetingräume in ganz Deutschland<br />
an.<br />
Das independesk-Team hatte<br />
die Situation in der Ukraine<br />
hautnah miterlebt: Ein Coworker<br />
aus der Ukraine teilte<br />
Nachrichten von Freundinnen,<br />
Freunden und Familie. Zu einer<br />
Frontend-Entwicklerin, die<br />
remote in der Ukraine arbeitet,<br />
verlor das Unternehmen über<br />
Nacht jeden Kontakt.<br />
Am Tag nach dem EU-Beschluss<br />
trafen die Geschäftsführer<br />
Uwe Weinreich und Karsten<br />
Kossatz eine Entscheidung: Wir<br />
öffnen unseren Service kostenfrei<br />
für Geflüchtete. Mit mehr<br />
als 1.500 Locations in mehr als<br />
250 Orten verfügt die Firma<br />
über ein großes Netz von Coworking-Möglichkeiten.<br />
„Wir sind nicht diejenigen, die<br />
Wohngelegenheiten, Essen oder<br />
Karsten Kossatz (links) und M Uwe Weinreich, geschäftsführende Gesellschafter<br />
von independesk, starteten die Workplace-Initiative.<br />
Kleidung bereitstellen können.<br />
Was wir bieten können, sind<br />
professionell ausgestattete Arbeitsorte“,<br />
erklärt Uwe.<br />
Neue Möglichkeiten<br />
Damit ist nicht allen geholfen,<br />
aber jenen, die online arbeiten<br />
oder denen der Arbeitgeber Remote-Arbeit<br />
ermöglicht, eröffnet<br />
dieses Angebot neue Möglichkeiten.<br />
Temporäre Unterkünfte<br />
sind in der Regel zu beengt,<br />
um darin zu arbeiten. Ein<br />
professionelles Umfeld nutzen<br />
zu können, erhöht nicht nur die<br />
Produktivität, sondern gibt den<br />
Betroffenen auch Halt und Würde<br />
zurück.<br />
Soweit die Idee. Für die Umsetzung<br />
brauchte es mehr. Das<br />
Team entwickelte innerhalb<br />
von drei Tagen für die Initiative<br />
eine Internet-Seite mit einem<br />
dahinter liegenden Validierungsprozess.<br />
Das Entwicklerteam<br />
programmierte in nur<br />
acht Tagen die notwendigen<br />
Adaptionen der App. Das Sales-<br />
und Marketingteam startete<br />
30 | mind magazin 148/juni 2022
UKRAINE-HILFE<br />
Schöne neue Arbeitswelt: Für<br />
Geflüchtete aus der Ukraine<br />
kostenlos zur Verfügung gestellt.<br />
Alle Fotos: independesk<br />
eine groß angelegte Kampagne,<br />
um die Betreiberinnen und Betreiber<br />
der auf der Plattform gelisteten<br />
Spaces zu motivieren,<br />
eine gewisse Zahl ihrer Schreibtische<br />
kostenfrei bereitzustellen.<br />
Die Resonanz war durchweg positiv.<br />
Es waren zwar nicht überall<br />
freie Plätze verfügbar, aber<br />
weitere Unternehmen waren<br />
aufmerksam geworden und boten<br />
spontan zusätzliche Plätze<br />
an. Dieses Netz wächst von Woche<br />
zu Woche weiter.<br />
Bereits in den ersten Tagen<br />
kamen etliche Anfragen von<br />
Geflüchteten. Einige nutzen das<br />
Angebot für eine spontane Session,<br />
andere haben darüber einen<br />
festen Platz zum Arbeiten<br />
gefunden. Bisher sind es nur<br />
wenige, die davon profitieren,<br />
aber Uwe geht davon aus, dass<br />
die Nachfrage steigen wird: „Einerseits<br />
sehen wir, dass unser<br />
Angebot durch Weiterempfehlung<br />
in der ukrainischen<br />
Exil-Community weitergetragen<br />
wird, und andererseits<br />
ist uns schon bewusst, dass es<br />
zuerst um Nahrung, Unterkunft<br />
und Sicherheit geht.“<br />
Viel Anerkennung<br />
So einfach es klingt, war es<br />
doch ein Kraftakt. Als Start-up,<br />
das nicht über eine üppige Kapitaldecke<br />
verfügt, ist jede ungeplante<br />
Arbeit eine Beanspruchung.<br />
Es hat sich aber gelohnt,<br />
wie Uwe berichtet. Das Unternehmen<br />
erntete viel Anerkennung<br />
– das schönste Feedback<br />
kam aus dem Team selbst, als<br />
einer der Sales-Mitarbeiter im<br />
internen Chat schrieb: „Ich war<br />
noch nie so stolz, für ein Unternehmen<br />
zu arbeiten.“<br />
Einer der größten Vorteile<br />
neuer Arbeitsformen<br />
wie Remote- und<br />
Coworking liegt darin,<br />
dass die Entfernung<br />
zwischen Wohnort, Arbeitsort<br />
und Unternehmen<br />
nur noch<br />
eine untergeordnete<br />
Rolle spielt<br />
– das zeigt sich<br />
nicht nur im Fall<br />
der ukrainischen<br />
Arbeitskräfte.<br />
Uwe formuliert<br />
es so: „Einer der<br />
größten Stressfaktoren<br />
unserer<br />
Zeit ist das Pendeln. Coworking<br />
macht Mobilität überflüssig, wo<br />
es geht.“<br />
Jenseits der Hilfe für ukrainische<br />
Geflüchtete arbeitet independesk<br />
daran, Flexibilität in<br />
den Umgang mit Arbeitsorten<br />
zu bringen, unnötiges Pendeln<br />
zu vermeiden und professionelles<br />
Arbeiten in Laufweite zu ermöglichen.<br />
Ein Arbeitsplatz, der sich genau<br />
dort befindet, wo er gut erreichbar<br />
ist, schafft – in jeder<br />
Lebenssituation – neue Möglichkeiten<br />
für Produktivität und<br />
Lebensqualität.<br />
Ms können<br />
unterstützen<br />
Ms können bei dieser Ukraine-Aktion<br />
mithelfen!<br />
Habt ihr in eurem Büro freie<br />
Schreibtische? Wollt ihr sie<br />
für eine gewisse Zeit Ukraine-<br />
Flüchtlingen als kostenfreien<br />
Arbeitsplatz anbieten?<br />
Dann stellt sie ein unter<br />
workplace-initiative.com.<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 31
REZENSION<br />
Mobbing, ADHS, Ritalin,<br />
Totalabsturz<br />
„Verlorenes Lächeln“ – über die<br />
Schwierigkeiten der Hochbegabung.<br />
Von Erwin Klein<br />
B<br />
ücher im Selbstverlag sind oft eine zwiespältige<br />
Angelegenheit: Die Autorin, der Autor<br />
wollen der Welt etwas mitteilen, ihr Geschriebenes<br />
veröffentlicht sehen – aber die Welt in Form<br />
von herkömmlichen Verlagen interessiert das<br />
herzlich wenig.<br />
Das kann an der Engstirnigkeit dieser Verlage<br />
liegen (Auch J. K. Rowling, die Autorin<br />
der „Harry Potter“-Reihe, kassierte für<br />
den ersten Band ein Jahr lang nur Absagen)<br />
oder doch an der mangelnden<br />
Qualität des Geschriebenen.<br />
Das vorliegende Buch „Verlorenes Lächeln“<br />
von Hans-Dirk Seppelfricke erweckt<br />
durchaus solche Gefühle. Selbst<br />
geschrieben, selbst gesetzt und gestaltet,<br />
gedruckt bei Amazon Fulfillment,<br />
ist es sicherlich kein verkappter Bestseller.<br />
Dazu ist die Sprache zu holprig, sind die Dialoge<br />
zu konstruiert und die ganze Geschichte über<br />
das Drama des hochbegabten Erstgeborenen eine<br />
chronologische Aneinanderreihung von Pleiten,<br />
Pech und Pannen. Das schmerzt beim Lesen<br />
fast körperlich: Jan Niklas, der Sohn, um den es<br />
in dem Buch geht, eckt im Kindergarten, in der<br />
Schule und sogar in der Urlaubs-Animationsgruppe<br />
an. Wird gemobbt, ausgeschlossen, attackiert.<br />
Und immer, immer sind die anderen<br />
Schuld oder verstehen den Sohn des Autors nicht.<br />
Das Lehrerkollegium, der Psychologe, der Animateur<br />
– laut Beschreibung wird Jan Niklas nirgendwo<br />
adäquat behandelt oder gar gefördert und gerät<br />
so immer mehr in eine Außenseiterrolle. Das<br />
Anderssein ist neben dem Unglücklichsein sein<br />
Dauer-Seelenzustand.<br />
Ausführlich beschrieben wird, was alles schief<br />
läuft – verschuldet und unverschuldet; etliche<br />
Male möchte man förmlich dazwischenrufen:<br />
Macht das nicht!<br />
Der Versuch,<br />
dazuzugehören<br />
Doch daneben ist es eine anrührende<br />
Beschreibung, wie sehr Jan Niklas<br />
versucht dazuzugehören, in diversen<br />
Schulklassen oder beim Sport. Das geht<br />
so weit, dass er sogar Geld unterschlägt,<br />
um damit Dinge zu kaufen, die er verschenken<br />
kann. Alles nur, um endlich Anerkennung<br />
und Freunde zu gewinnen.<br />
Hans-Dirk Seppelfricke schreibt selbst: „Das<br />
Buch erzählt aus Sicht von mir als Vater aus dem<br />
Leben des hochbegabten Sohnes. Massives Mobbing<br />
in der Schule, Anpassungsdruck, ADHS-<br />
Verdacht, medikamentöse Behandlung mit Ritalin<br />
und Underachievement haben seine Kindheit<br />
und Jugend geprägt. Erst nach dem schulischen<br />
Totalabsturz in der Mittelstufe wurde beim<br />
ADHS-Spezialisten die Hochbegabung erstmalig<br />
diagnostiziert.<br />
32 | mind magazin 148/juni 2022
Erst nach dieser Diagnose und auch Treffen<br />
bei Mensa in Deutschland hat der Sohn<br />
langsam zu sich gefunden, die Altlasten abwerfen<br />
können und sein Leben in die Hand<br />
nehmen können.<br />
Diese Lebensgeschichte ist kein Einzelschicksal,<br />
sondern typisch für eine größere<br />
Gruppe von hochbegabten Kindern und Jugendlichen.“<br />
Der erwähnte schulische Totalabsturz passierte<br />
in der achten Klasse – fast nur Fünfen<br />
im Halbjahreszeugnis, Krisen-Sitzung mit<br />
den Lehrern, und dann endlich durch einen<br />
Psychiater die Testung und Feststellung der<br />
Hochbegabung.<br />
Halt und Anerkennung<br />
bei Mensa<br />
Dadurch bekam das Problem zwar einen<br />
Namen, aber es war noch nicht gelöst.<br />
Die schulische Krise hielt weiter an, die Einnahme<br />
von Ritalin kam hinzu und die Diskussion<br />
um einen Wechsel auf ein Internat<br />
mit spezieller Hochbegabten-Förderung.<br />
Allmählich stabilisierten sich Jan Niklas'<br />
Schulleistungen, es gab allerdings weiter<br />
Vorfälle, bei denen er als Außenseiter und<br />
Unerwünschter „draußen“ blieb. Aber, und<br />
das ist das Tröstliche auch für unseren Verein,<br />
nachdem er Mensa-Mitglied geworden<br />
war, fand er bei den lokalen Treffen in Münster<br />
Halt und wirkliche Anerkennung.<br />
Schöner Jan-Niklas-Satz nach einem Treffen:<br />
„Ich hatte auch das Gefühl, dass ich noch<br />
der Normalste von den Jugendlichen war.“<br />
Und heimlich denkt man als durchaus strapazierter<br />
Leser: „Endlich!“<br />
„Verlorenes Lächeln“ erzählt von den Mühen,<br />
die ein hochbegabtes und schwieriges<br />
Kind sich selbst und seiner Umgebung machen<br />
kann. Trotz aller sprachlichen Längen<br />
und Holprigkeiten – und eines ausführlichen<br />
Ausbreitens auch sehr privater Details – kann<br />
es für ähnlich betroffene Eltern hilfreich sein.<br />
Allein das Wissen: „Es gibt auch andere mit<br />
ähnlichen Problemen“ hilft schon.<br />
Erhältlich ist das Buch bei Amazon als Taschenbuch<br />
für 14,55 Euro.<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 33<br />
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EINE M VON NEBENAN<br />
Es ist wie eine<br />
unsichtbare Wand<br />
Über das Gefühl der Ablehnung und das „Anderssein“.<br />
Von Vivien Claire Bergjann<br />
Wenn sich Bekannte von mir treffen, bin ich meistens nicht<br />
dabei. Mich einzuladen wurde vergessen; ich ging unter in<br />
der Peripherie. Dieses Gefühl von anderen, irgendetwas<br />
vergessen zu haben, das bin ich. Man weiß, das irgendetwas<br />
nicht beachtet wurde, aber was es ist, oder „wer“, darauf<br />
kommt man nicht. Man kommt nicht auf mich.<br />
Zumindest sage ich mir das.<br />
Ich erkläre mir gerne diese seltsame<br />
Distanz zwischen Leuten<br />
meines Alters und mir mit meinem<br />
„Anderssein“. Ich habe das<br />
Gefühl, dass meine Hochbegabung<br />
mich von anderen distanziert.<br />
Diese Distanz baut sich auf,<br />
ohne dass ich von meiner Hochbegabung<br />
erzähle, dass jemand<br />
davon weiß.<br />
Vielleicht ist das auch das Problem:<br />
Vivien ist anders, nett,<br />
aber irgendwie keine von uns.<br />
Warum das so ist, ist unklar,<br />
und bevor man sich näher damit<br />
auseinandersetzt, verdrängt<br />
man es lieber; und mich verdrängt<br />
man gleich mit.<br />
Aber manchmal, wenn sich<br />
Bekannte von mir treffen, dann<br />
bin ich dabei.<br />
Anders anwesend<br />
Ich bin eher anwesend, als<br />
„dabei“ – aber immerhin anwesend.<br />
Ich fühle mich manchmal<br />
nicht verstanden und meine Gegenüber<br />
empfinden mich als unverständlich.<br />
Wir sprechen miteinander,<br />
aber die Worte wechseln ihre<br />
Bedeutung, bevor sie den anderen<br />
erreichen. Ich bin da, aber<br />
meine Präsenz ist derer meiner<br />
Gegenüber nicht ähnlich; der<br />
Grund ist nicht zu sehen.<br />
Es ist wie eine unsichtbare<br />
Wand. Sie macht es schwer, meine<br />
Worte zu verstehen und mich<br />
richtig zu sehen. Sie ist da, man<br />
spürt ihre Anwesenheit, aber<br />
34 | mind magazin 148/juni 2022
EINE M VON NEBENAN<br />
niemand kann sie visuell erfassen.<br />
Für mich ist meine Hochbegabung<br />
wie eine unsichtbare<br />
Wand, die mich von intensiver<br />
Berührung mit der Außenwelt<br />
abhält. An manchen Tagen<br />
ist sie kein Gefängnis und auch<br />
keine Mauer, ist sie flexibel und<br />
dünn wie ein Vorhang. An diesen<br />
Tagen kann ich meine Hand<br />
ausstrecken und den Wind an<br />
den Fingerspitzen fühlen, am<br />
Leben von anderen teilhaben.<br />
Doch an anderen Tagen, wenn<br />
ich in meine Umwelt hineinrennen<br />
und dabei sein möchte –<br />
nicht nur anwesend –, dann renne<br />
ich manchmal gegen sie, als<br />
wäre sie aus Beton. Ich pralle an<br />
ihr ab, und je stärker ich versuche<br />
sie zu durchdringen, desto<br />
massiver und undurchlässiger<br />
wird sie.<br />
Diese Metapher hat mir sehr<br />
geholfen mein „Anderssein“,<br />
welches meine Hochbegabung<br />
mir bescherte, besser verstehen<br />
zu können. Lange verstand<br />
ich die ständige Ablehnung von<br />
Gleichaltrigen nicht und suchte<br />
einen Fehler oder Grund bei mir.<br />
Als sich jedoch meine Wand<br />
endlich für mich materialisierte,<br />
wurde mir klar, dass nicht<br />
ich als Mensch das Problem war.<br />
Meine Wand erschwerte nur die<br />
Kommunikation, machte nicht<br />
nur meine Worte, sondern auch<br />
mich schwer zu verstehen. Niemand<br />
unterhält sich gerne mit<br />
jemandem, den er oder sie nicht<br />
verstehen kann.<br />
Die einfachste Lösung wäre<br />
natürlich, die Wand einzureißen,<br />
sie in Trümmer zu schlagen<br />
und über die Scherben in<br />
den Rest der Welt zu rennen.<br />
Das funktioniert nur leider<br />
nicht, die Wand bleibt da und<br />
egal wie durchlässig sie an manchen<br />
Tagen ist, sie verschwindet<br />
nie komplett. Sie lässt sich<br />
nicht einreißen. Eine Hochbegabung<br />
lässt sich nicht verstecken,<br />
selbst wenn man nicht<br />
darüber spricht. Keine und keiner<br />
meiner Bekannten weiß davon,<br />
die Angst, dass die Ablehnung<br />
mir gegenüber wächst, ist<br />
zu groß. Ich erzähle also nichts,<br />
sie wissen nichts von der Wand,<br />
sie spüren sie nur.<br />
Was also tun mit dieser Wand?<br />
Was soll man mit dieser Hochbegabung<br />
anfangen, die manchmal<br />
mehr Bürde als Geschenk<br />
ist?<br />
Man steht vor dieser Wand<br />
und hat nur eine Wahl: Die<br />
Wand zu akzeptieren; sie anzunehmen<br />
und sie zu gestalten.<br />
Sie ist unsichtbar, muss aber<br />
nicht kahl bleiben. Die Wand ist<br />
da um bespielt zu werden, wie<br />
eine leere Bühne; sie will genutzt<br />
werden.<br />
Individuelle<br />
Metaphern<br />
Für jeden hochbegabten Menschen<br />
will die Wand anders eingebunden<br />
und integriert werden.<br />
Jeder und jede Einzelne hat<br />
eine andere Wand, keine gleicht<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 35
EINE M VON NEBENAN<br />
der anderen und alle haben sie<br />
ihre individuellen Funktionen.<br />
Selbst wenn mir die Existenz<br />
meiner Wand schon länger bewusst<br />
ist, wird mir erst langsam<br />
klar, wie meine Wand bespielt<br />
werden möchte. Ich merke,<br />
dass meine Kreativität und<br />
der Durchmesser meiner Wand<br />
zusammenhängen. Durch mein<br />
künstlerisches Schaffen wird<br />
meine Wand durchlässiger und<br />
es wird leichter mich zu verstehen;<br />
ich kann durch sie kommunizieren.<br />
Mir persönlich gelingt das<br />
durchs Malen, Schreiben und<br />
auch durch Arbeit am Theater.<br />
Ich schaffe und suche Projekte<br />
für mich, um durch meine<br />
Wand in Kontakt mit der Welt<br />
zu treten, um nicht mehr das zu<br />
sein, was man vergisst.<br />
Jeden Tag versuche ich meine<br />
Wand nicht mehr als Barriere<br />
zu sehen, sondern als Teil von<br />
mir. Auch wenn sie Interaktion<br />
oftmals erschwert und mich<br />
manchmal vom Rest der Welt zu<br />
entfernen scheint, will sie mich<br />
nicht isolieren. Vielmehr dient<br />
sie dazu, mir meinen individuellen<br />
Blick auf die Welt zu wahren<br />
und mir aufzuzeigen, wie<br />
ich mit anderen in Interaktion<br />
treten kann. Sie erinnert mich<br />
an meine Weise, mich der Welt<br />
mitzuteilen und verständlich zu<br />
machen.<br />
Natürlich kann das frustrierend<br />
sein und an manchen Tagen<br />
arbeite ich mich stundenlang<br />
mit dem Vorschlaghammer<br />
an meiner Wand ab, ohne<br />
jeglichen Erfolg. Trotzdem wird<br />
das „Anderssein“ nicht weggehen,<br />
auch nicht die Kommunikationsprobleme.<br />
Die Hochbegabung<br />
und die Wand werden<br />
bleiben, daher sollte man lernen,<br />
sie zu akzeptieren und sie<br />
zu verstehen. Wie will meine<br />
Wand aussehen und wie kann<br />
ich sie bespielen? Nur durch die<br />
Arbeit mit ihr wird sie weniger<br />
einengend, und vielleicht kann<br />
man mit genügend Zeit sogar<br />
ein kleines Fenster zur Außenwelt<br />
einbauen.<br />
Die Autorin über sich:<br />
Ich bin 20 Jahre alt und studiere<br />
momentan Kunst- und Kulturgeschichte.<br />
Für kreativen oder textbezogenen<br />
Austausch gerne unter<br />
vivienclaire@bergjann.net melden.<br />
Alle Bilder:<br />
Vivien Claire Bergjann<br />
36 | mind magazin 148/juni 2022
PRISMENFERNGLAS<br />
Steinerne Wortwurzeln<br />
… und sehr dünner Wein.<br />
Von Hartmut Blessing<br />
„Ob i, ob a, es ist ein Stein, doch<br />
mehr wert wird der zweite sein.“<br />
Dieses Rätsel war einst im Jugendbuch<br />
„Das neue Universum“.<br />
Später wird es hier aufgelöst.<br />
Die indogermanische Wurzel<br />
des Wortes „Stein“ war „stai“,<br />
was für „sich verdichten, gerinnen,<br />
hart werden“ steht und mit<br />
„Stearin“ („stear“, altgriechisch<br />
für „Talg“) verwandt ist.<br />
Steine bestehen hauptsächlich<br />
aus Mineralien, das wichtigste<br />
chemische Element ist<br />
hierbei das „Silicium“, dessen<br />
Name vom lateinischen „silicia“,<br />
„Kieselerde“ und „silex“, „Kieselstein,<br />
Fels“ kommt, womit sich<br />
der Kreis schließt. Die Herkunft<br />
von „Kies, Kiesel“ ist nicht geklärt,<br />
„Fels“ dagegen ist aus germanischen<br />
Wörtern für „Stein,<br />
Berg“ entstanden, wie in „fjeldfross“,<br />
nordisch für „Bergkater“,<br />
was zu „Vielfraß“ umgedeutet<br />
wurde.<br />
PRISMENFERNGLAS<br />
Warum Prismenfernglas?<br />
Prismenfernglas steht für die<br />
Buntheit des Lebens, vor allem der<br />
Sprache — das Fernglas steht für den<br />
Blick über den Tellerrand.<br />
Unter dieser Rubrik erscheinen<br />
regelmäßig Beiträge zu Sprachspielen<br />
und Etymologie.<br />
Besonders interessant sind<br />
die „Edelsteine“. Das sind seltene<br />
Mineralien und andere Stoffe,<br />
die eine sogenannte Mohshärte<br />
größer als 7 aufweisen,<br />
also Quarz ritzen und transparent<br />
sind. Dazu gehören die Korundarten<br />
„Rubin“ und Saphir“.<br />
„Rubin“ ist eine gelehrte Neubildung<br />
zu lateinisch „rubeus“,<br />
„rot“ und auch mit dem deutschen<br />
Wort verwandt. „Saphir“<br />
kommt, über altgriechisch „sáppheiros“<br />
wohl von einem untergegangenen<br />
semitischen Wort.<br />
„Korund“ kommt von tamilisch<br />
„kuruntam“ und dies von einem<br />
indischen Wort speziell für den<br />
Rubin.<br />
Auch der „Topas“ ist vielleicht<br />
indischen Ursprungs, denn im<br />
Sanskrit steht „tapas“ für „Feuer,<br />
Leuchten“. Der „Diamant“ ist<br />
zwar altgriechischen Ursprung,<br />
doch die Vorsilbe „dia-“ (eigentlich<br />
„durch-“) täuscht, denn hier<br />
liegt eine Umdeutung von „adámas“,<br />
„der Unbezwingbare“ vor.<br />
Wie bei den Korunden, gibt es<br />
auch bei den Beryllen mehrere<br />
Arten, zum Beispiel den „Aquamarin“<br />
(lateinisch, „der Meerwasserblaue“)<br />
und den „Smaragd“,<br />
von altgriechisch „smáragdos“,<br />
„grüner Stein“ und dies<br />
wiederum von einer semitischen<br />
Wurzel, die „glänzen, blitzen“<br />
bedeutet. „Beryll“ kommt<br />
wiederum von gleichbedeutend<br />
altgriechisch „beryllos“ durch<br />
Lautverschiebung wohl von einem<br />
indischen Ort namens „Belur“.<br />
Über Lesesteine aus diesem<br />
Material, die „Berylle“, kam die<br />
sehr ähnliche „Brille“ zu ihrem<br />
Namen.<br />
Aber auch nicht ganz so wertvolle<br />
Steine sind etymologisch<br />
interessant, beispielsweise der<br />
„Granit“ und der „Granat“ aus<br />
dem Eingangsrätsel. Beider Namen<br />
stammen, im Sinne von<br />
„gekörnter Stein“, von lateinisch<br />
„granum“, „Korn“, das mit dem<br />
deutschen Wort und auch dem<br />
„Kern“ verwandt ist.<br />
In diese Verwandtschaft gehören<br />
zudem die „Granate“, der<br />
„Granatapfel“ und der „Grenadier“.<br />
Der „Amethyst“, von altgriechisch<br />
„améthystos“, „nicht<br />
berauschend“, ähnelt von seiner<br />
Farbe her einem sehr dünnen<br />
Wein, weshalb man im Altertum<br />
glaubte, er würde vor dem<br />
Rausch schützen.<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 37
NICHT-JAHRESTREFFEN 2022<br />
Spielwaren, Stifte und<br />
Spezialitäten<br />
Eindrücke vom Nicht-Jahrestreffen in Nürnberg.<br />
W<br />
isst ihr, was „Verschluckzylinder“<br />
sind? Oder der „Euro-Arsch“?<br />
Tja, wer bei der Führung<br />
durch die Prüfhallen des<br />
TÜV Rheinland war, der ist nun<br />
um einiges schlauer.<br />
Bei diesem Selbstmach-Jahrestreffen<br />
gab es neben den<br />
Prüfhallen am Ende mehr als 30<br />
von allen Teilnehmenden organisierte<br />
Events: Schnitzeljagd<br />
durch die Stadt, Segway-Touren,<br />
Führungen durch Bunker und<br />
Felsengänge, Escape Rooms,<br />
Wanderungen im schönen fränkischen<br />
Umland, viele Museen,<br />
Abendveranstaltungen, lange<br />
Nächte in diversen Bars und<br />
so weiter. Zwar kommt auch ein<br />
Nicht-JT nicht ohne Programmausfälle<br />
aus, trotzdem haben es<br />
sich knapp 150 Ms und Freunde<br />
vom 20. bis 24. April 2022 in<br />
der Stadt der Spielwaren, Stifte<br />
und Spezialitäten gutgehen lassen.<br />
Im Folgenden ein paar Eindrücke<br />
und Zitate von Teilnehmenden<br />
– vielen Dank an alle!<br />
Es waren großartige Tage und<br />
das schönste Nicht-JT, das es jemals<br />
gegeben hat!<br />
Euer Orgateam Jahrestreffen<br />
Nürnberg 2020/2022<br />
Der berühmte JT-Staffelstab.<br />
Bei der Burgturm-Besteigung.<br />
Auch ein schönes Mensa-Leitmotiv.<br />
38 | mind magazin 148/juni 2022
NICHT-JAHRESTREFFEN 2022<br />
Spotting the<br />
Nuremberg-Nerdschutz-Area.<br />
Links: Das Kern-Orga-Team feiert.<br />
Orga-Team mit Tunnelblick.<br />
Braucht jemand Beißholz?<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 39
NICHT-JAHRESTREFFEN 2022<br />
Bahn-Führung.<br />
Stimmungsvolle Pegnitz.<br />
Säulenhalle um das<br />
Kollosseum.<br />
Beschilderung.<br />
Segway-Tour Cora und Ralf Köhler.<br />
40 | mind magazin 148/juni 2022
NICHT-JAHRESTREFFEN 2022<br />
Die Herren der Stifte: Faber-Castell.<br />
Philosophische Gespräche zwischendurch.<br />
Matratzenprüfung beim TÜV Rheinland. Schöne Typo. Wer ist wer?<br />
Das Orga-Team bei<br />
Faber-Castell.<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 41
NICHT-JAHRESTREFFEN 2022<br />
MV gab's auch.<br />
Gefährliche Stofftiere beim TÜV Rheinland.<br />
Ein schöner Blick in die<br />
sonnige Altstadt.<br />
Frühankommer-Stammtisch im<br />
Tucher Mautkeller.<br />
Sitzmöbel-Prüfung beim<br />
TÜV Rheinland.<br />
42 | mind magazin 148/juni 2022
NICHT-JAHRESTREFFEN 2022<br />
Klare Ansage.<br />
See in truth!<br />
Der Akkustik-Raum beim<br />
TÜV Rheinland.<br />
Freundliche Online-Reaktionen<br />
nach der Abreise.<br />
Fotos von:<br />
Annette Schlüter, Cora Köhler,<br />
Stefan Hansen, Elena Bail,<br />
Susanne Stöck, Carl-Robert Werth,<br />
Eike Totter, Ulrike Dürnfeld,<br />
Michael Nikolay, Sandra Hartl<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 43
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
Wenn Alex zwei Mütter hat<br />
und Sophie jetzt Ben heißt<br />
Artikelreihe Inklusion: Sexuelle und geschlechtliche<br />
Vielfalt – Dimensionen von Heterogenität.<br />
Von Corina Rohen<br />
M<br />
enschen haben verschiedene<br />
Geschlechter und unterschiedliche<br />
geschlechtliche Orientierungen.<br />
In der schulischen<br />
Diskussion ist das bereits angekommen:<br />
Der Start einer Studie<br />
der Bremer Bildungsbehörde,<br />
in der Kinder und Jugendliche<br />
der 7.–12. Klasse online dazu<br />
befragt werden sollen, wie das<br />
Thema an ihren Schulen behandelt<br />
wird und ob sie selbst schon<br />
Diskriminierung erfahren haben,<br />
hatte sich zum Redaktionsschluss<br />
leider verzögert.<br />
Ergebnisse einer ähnlichen<br />
Studie aus Schleswig-Holstein<br />
aus dem Jahr 2019 zeigen allerdings,<br />
dass 51 Prozent der Teilnehmenden<br />
der Online-Umfrage<br />
von Diskriminierungserfahrungen<br />
berichteten 1 .<br />
Im frühkindlichen Bereich<br />
haben die Bildungsinitiative<br />
Queerformat und das Sozialpädagogische<br />
Fortbildungsinstitut<br />
Berlin-Brandenburg 2018<br />
die Handreichung „Murat spielt<br />
Prinzessin, Alex hat zwei Mütter<br />
und Sophie heißt jetzt Ben“ 2<br />
herausgegeben. Nach der Veröffentlichung<br />
wurde das Team mit<br />
einer üblen Schmutz- und Desinformationskampagne<br />
überzogen;<br />
die Handreichung wurde<br />
gar als „Sex-Broschüre für Kita-Kinder“<br />
betitelt. Offenbar haben<br />
sich die Kritisierenden aber<br />
gar nicht erst bemüht, die Inhalte<br />
genauer anzugucken: Es geht<br />
darum, pädagogische Fachkräfte<br />
fachlich fundiert aufzuklären,<br />
wie sie mit sexueller und<br />
geschlechtlicher Vielfalt umgehen<br />
können – nicht um Frühsexualisierung!<br />
Aber warum sollte man sich<br />
mit dem Thema überhaupt befassen?<br />
Dafür gibt es verschiedene<br />
Gründe. Mehr und mehr<br />
Kinder kommen mittlerweile<br />
nicht mehr aus traditionellen<br />
Familienformen, sondern auch<br />
aus Regenbogenfamilien, das<br />
heißt Familien, in denen mindestens<br />
ein Elternteil lebt, das<br />
zum Beispiel lesbisch, schwul,<br />
bisexuell oder transident ist. Es<br />
gibt geschlechtsvariante Kinder,<br />
bei denen das Geschlechtsrollenverhalten,<br />
das biologische<br />
Geschlecht oder die Geschlechtsidentität<br />
anders ist als<br />
bei der Mehrheit. Und außerdem<br />
gibt es Kinder, die sich vielleicht<br />
später einmal als lesbisch,<br />
schwul, bisexuell et cetera identifizieren.<br />
Für ihre Persönlichkeitsentwicklung<br />
ist es bedeutsam,<br />
mit einem positiven Selbstverständnis<br />
aufzuwachsen und<br />
nicht auf Ablehnung oder Diskriminierungen<br />
zu stoßen, nur<br />
weil sie nicht der gesellschaftlichen<br />
Norm entsprechen.<br />
Biologisches und<br />
soziales Geschlecht<br />
Zu den Grundlagen, was Geschlecht<br />
überhaupt ist, muss<br />
grob zwischen dem biologischen<br />
(‚sex‘) und dem psychosozialen<br />
Geschlecht (‚gender‘)<br />
unterschieden werden. Das<br />
biologische Geschlecht äußert<br />
sich durch typische körperliche<br />
Merkmale, das psychosoziale<br />
Geschlecht durch das geschlechtliche<br />
Selbstbild, die<br />
1 https://mind-mag.de/link/lsbtiq 2 https://link.mensa.de/queer1<br />
44 | mind magazin 148/juni 2022
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
geschlechtliche Identität. Geschlechtsrollenkonformität<br />
liegt vor, wenn das biologische<br />
Geschlecht dem binärgeschlechtlichen<br />
Status (männlich<br />
vs. weiblich) entspricht. In diesem<br />
Fall ist das psychosoziale<br />
Geschlecht cisgender, das heißt<br />
die Geschlechtsidentität stimmt<br />
mit dem im Geburtenregister<br />
eingetragenen Geschlecht überein.<br />
Körperliche Abweichungen<br />
von diesen Festlegungen wären<br />
zum Beispiel Intersex*Personen<br />
3 , die nicht eindeutig der<br />
medizinischen Normenkategorie<br />
‚männlich‘ oder ‚weiblich‘<br />
zugeordnet werden können.<br />
Vielfältige Identitäten kommen<br />
aber auch beim psychosozialen<br />
Geschlecht vor. Bei Transsex*Personen<br />
3 stimmen die körperlichen<br />
Merkmale nicht damit<br />
überein, welchem Geschlecht<br />
man sich zugehörig empfindet<br />
(Feldmann 2021, S. 63f.). Zur<br />
Häufigkeit verschiedener Geschlechtsidentitäten<br />
gibt es<br />
kaum übereinstimmende Aussagen,<br />
da die Zahlen schlicht<br />
nicht exakt bestimmbar sind. In<br />
Bezug auf Trans*Personen 3 geht<br />
die Deutsche Gesellschaft für<br />
Transidentität und Intersexualität<br />
e. V. von 0,35 % betroffener<br />
Personen in unserer Bevölkerung<br />
aus, das entspricht etwa<br />
290.000 Menschen (die Dunkelziffer<br />
wird deutlich höher angesetzt).<br />
Demnach handelt es<br />
sich also um eine Minderheit;<br />
aber Andrea Geier, Professorin<br />
für neuere deutsche Literaturwissenschaft<br />
und Genderforschung<br />
an der Universität Trier,<br />
sagt, dass Prozentzahlen für die<br />
gesellschaftspolitische Bedeutung<br />
gar nicht so entscheidend<br />
sind. Vielmehr ist der Umgang<br />
der Gesellschaft mit Minderheiten<br />
ein Gradmesser für demokratische<br />
Werte.<br />
In diesem Zusammenhang ist<br />
auch genderneutrale Sprache<br />
zu sehen. Im Sinne eines inklusiven<br />
Miteinanders, in dem Vielfalt<br />
als Normalfall angesehen<br />
wird, erscheint es daher eigentlich<br />
gar nicht so schwer, sexuelle<br />
und geschlechtliche Vielfalt<br />
im Sinne von LGBTIQ* 3 (Lesbians,<br />
Gays, Bisexuals, Transgender,<br />
Intersex & Queers* 3 ) in der<br />
Sprache zu berücksichtigen, damit<br />
sich alle Menschen angesprochen<br />
und mitgenommen<br />
fühlen. Nichts anderes bedeutet<br />
es!<br />
Literatur<br />
Feldmann, D. (2021): Das Spiel mit<br />
Geschlechtergrenzen – bei Shakespeare<br />
und heute. In: Freiburg, R.<br />
(Hrsg.): Grenzen. Erlanger Universitätstage<br />
2020. FAU Forschungen, Reihe<br />
A, Geisteswissenschaften 17. Erlangen:<br />
FAU University Press, S. 59–82.<br />
Bager, K. & Göttsche, A. L. (2015):<br />
Kinder, Eltern, Staat. Rechtliche<br />
Konflikte im Zusammenhang<br />
mit minderjährigen Inter*- und<br />
Trans*Personen. In: Schmidt, F.,<br />
Schondelmayer, A.-C. & Schröder, U.<br />
B. (Hrsg.): Selbstbestimmung und Anerkennung<br />
sexueller und geschlechtlicher<br />
Vielfalt. Lebenswirklichkeiten,<br />
Forschungsergebnisse und Bildungsbausteine.<br />
Wiesbaden: Springer VS, S.<br />
119–141.<br />
Team-Leitung<br />
gesucht<br />
T<br />
reppe im Weg? Reizüberflutung?<br />
Wir wollen unsere Veranstaltungen<br />
inklusiver gestalten<br />
und unsere Orga-Teams sowie<br />
Aktiven vor Ort für das Thema<br />
Inklusion sensibilisieren.<br />
Deswegen hatten wir in den<br />
Mensa-News von November bereits<br />
einen Aufruf für ein Team<br />
gestartet, worauf sich schon einige<br />
Ms beworben haben. Aktuell<br />
fehlt noch eine Person, die<br />
hier gerne die Leitung übernehmen<br />
würde. Wenn du es dir vorstellen<br />
kannst, melde dich gerne!<br />
Und wenn du noch unsicher<br />
bist, schauen wir auch gerne gemeinsam,<br />
ob es passen könnte.<br />
Ansonsten suchen wir weiterhin<br />
betroffene Ms, die Input geben<br />
können und auch Lust hätten,<br />
anderen Aktiven mit Rat<br />
zur Seite zu stehen. Wir möchten<br />
ein möglichst breites Spektrum<br />
von Besonderheiten abbilden,<br />
das heißt, wir suchen Ms<br />
mit Geh-, Seh- oder auch Hörbehinderung,<br />
Autismus, ... Da wir<br />
selbst nicht vom Fach sind, freuen<br />
wir uns auch über Input jeder<br />
Art, was wir noch beachten sollten,<br />
wenn wir ein solches Team<br />
aufbauen.<br />
Bewerbungen bitte an<br />
inklusion@mensa.de.<br />
Alex Kessner und Mel Jäger<br />
3 Mit „Inter*“ und „Trans*“ wird ein größeres Spektrum an Identitäten, Lebensweisen und Konzepten erfasst. Die Begriffe „transsexuell“<br />
und „intersexuell“ werden häufig als pathologisierend empfunden. Der Stern ist ein Platzhalter für weitere Identitäten (Bager &<br />
Göttsche 2015, S. 119).<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 45
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
Murphy, seine Kollegen<br />
und ihre Gesetze<br />
Belege, Bürokratie, Wunder und andere Vorkommnisse.<br />
Von Lars-Hendrik Schilling<br />
Der Autor von Murphys<br />
Gesetz, Edward A. Murphy<br />
Jr., war nicht der einzige<br />
Unprominente, dessen<br />
Name durch einen<br />
weisen Ausspruch in die<br />
Annalen einging. Wir<br />
präsentieren hier eine<br />
Reihe solcher Gesetze – in<br />
alphabetischer Reihenfolge<br />
der Namensgeber.<br />
John Emerich Edward<br />
Dalberg-Acton<br />
gab uns Actons<br />
Diktum:<br />
„Macht korrumpiert,<br />
absolute<br />
Macht<br />
korrumpiert absolut. Große<br />
Männer sind fast immer<br />
böse Männer.“<br />
Amaras Gesetz geht auf den Futuristen<br />
Roy Amara zurück:<br />
„Wir neigen dazu, den Effekt<br />
von Technologie auf<br />
kurze Sicht zu überschätzen<br />
und auf lange Sicht zu<br />
unterschätzen.“<br />
Der Autor Gregory Benford formulierte<br />
Benfords Streitgesetz:<br />
„Aufregung ist antiproportional<br />
zur vorhandenen<br />
Menge an echten Informationen.“<br />
Ebenfalls die Medien betreffend<br />
ist das Betteridge’sche Gesetz<br />
der Schlagzeilen: „Jede<br />
Schlagzeile mit einem Fragezeichen<br />
am Ende kann<br />
mit ‚Nein‘ beantwortet<br />
werden.“ Es stammt von Ian<br />
Betteridge. Ich bin mir aber<br />
nicht sicher, ob es stimmt.<br />
Meistens kann eine Schlagzeile,<br />
die eine Frage darstellt, bloß<br />
nicht mit „Ja“ beantwortet werden.<br />
Oft genug ist die Antwort<br />
auch nicht negativ, sondern<br />
eher: „Wir wissen es nicht.“<br />
Der Programmierer Alberto<br />
Brandolini bemerkte über Diskurse<br />
im Internet: „Der Aufwand,<br />
Unsinn zu widerlegen,<br />
ist eine Größenordnung<br />
höher, als ihn zu<br />
schreiben.“ Wir kennen es als<br />
Brandolinis Gesetz und leider<br />
ist es nur allzu wahr.<br />
Vorsicht im<br />
Elektronikmarkt<br />
Das Claasen’sche Gesetz solltet<br />
ihr auf jeden Fall beachten,<br />
wenn ihr das nächste Mal ein<br />
Stück Elektronik kauft. Theo<br />
A. C. M. Claasen, der damalige<br />
Chefentwickler von Philips<br />
Semiconductors, bemerkte:<br />
„Nützlichkeit ist der Logarithmus<br />
von Technologie.“<br />
(Auch geschrieben als:<br />
„Nützlichkeit = log(Technologie)“.)<br />
Soll heißen: Leicht bessere<br />
Technologie hat einen winzigen<br />
Effekt auf die Nützlichkeit<br />
und man muss die Menge<br />
an technologischer Raffinesse<br />
(und damit oft auch die Kosten)<br />
46 | mind magazin 148/juni 2022
massiv erhöhen, damit sich ein spürbarer<br />
Effekt einstellt.<br />
boutique.mensa.de<br />
Ebenfalls mit Technologie und technischem<br />
Fortschritt befasste sich der Science-Fiction-Autor<br />
(und Entwickler des<br />
Konzepts des geostationären Satelliten)<br />
Arthur C. Clarke, als er seine drei Gesetze<br />
formulierte.<br />
Clarkes erstes Gesetz: „Wenn ein etablierter,<br />
aber älterer Wissenschaftler<br />
sagt, etwas sei möglich, hat er<br />
fast immer Recht. Sagt er, etwas<br />
sei unmöglich, liegt er sehr wahrscheinlich<br />
falsch.“<br />
Clarkes zweites Gesetz: „Der einzige<br />
Weg, die Grenzen des Möglichen<br />
zu entdecken, ist, etwas jenseits<br />
von ihnen das Unmögliche zu versuchen.“<br />
Clarkes drittes Gesetz: „Jede hinreichend<br />
fortschrittliche Technologie<br />
ist ununterscheidbar von Magie.“<br />
Nicht mehr<br />
alle Tassen<br />
im Schrank?<br />
Wir haben<br />
Nachschub!
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
Cunninghams Gesetz von Ward<br />
Cunningham: „Der beste<br />
Weg, im Internet die richtige<br />
Antwort zu kriegen, ist<br />
nicht, eine Frage zu stellen,<br />
sondern die falsche Antwort<br />
zu behaupten.“<br />
Doctorows<br />
Gesetz. Der<br />
Blogger<br />
und Journalist<br />
Cory<br />
Doctorow<br />
kommentierte<br />
damit<br />
Kopierschutz<br />
und ähnliche Cyberschlösser:<br />
„Wann immer<br />
jemand gegen deinen Willen<br />
ein Schloss vor etwas<br />
hängt, was du besitzt, und<br />
dir nicht den Schlüssel<br />
gibt, tut er es nicht zu deinem<br />
Wohl.“<br />
Abstrakter ist da die Erkenntnis<br />
des Autors, Kinderarztes und<br />
Kritikers der Systemtheorie<br />
John Gall. Das Gall’sche Gesetz<br />
besagt: „Ein komplexes System,<br />
das funktioniert, stellt<br />
sich stets heraus als entwickelt<br />
aus einem einfachen<br />
System, das funktionierte.“<br />
Will heißen: Man kann komplexe<br />
Systeme nicht in einem<br />
Schritt von Null entwickeln.<br />
Das Vergessen<br />
des Scheiterns<br />
Der Autor Michael Crichton benannte<br />
den Gell-Mann-Amnesie-Effekt<br />
nach dem Physiker<br />
und Populärwissenschaftler<br />
Murray Gell-Mann. Er beschreibt<br />
folgendes Phänomen:<br />
Wenn man in einem Medium<br />
einen Artikel über ein Thema<br />
liest, mit dem man sich gut auskennt,<br />
fallen einem manchmal<br />
horrende Fehler und vollkommenes<br />
Unverständnis des Journalisten<br />
auf. Dann blättert man<br />
weiter und hält den Rest der Artikel<br />
für glaubwürdig, weil er<br />
sich um Gebiete dreht, die man<br />
weniger gut kennt. Man hat das<br />
Scheitern der Redaktion beim<br />
nächsten Artikel schon wieder<br />
vergessen.<br />
Schon 1990, bevor die meisten<br />
von uns Internet hatten, bemerkte<br />
der Anwalt Mike Godwin:<br />
„Wenn eine Diskussion<br />
im Netz länger wird, geht<br />
die Wahrscheinlichkeit eines<br />
Vergleichs mit Nazis<br />
oder Hitler gegen 1.“ Wir<br />
nennen dieses Phänomen Godwins<br />
Gesetz und es scheint mit<br />
der Zeit abgenommen zu haben.<br />
Allerdings ist es schwer zu<br />
beurteilen, ob das eher am Fortschritt<br />
der Netikette liegt oder<br />
an dem Rückschritt, dass mehr<br />
und mehr<br />
Leute im<br />
Netz die Nazis<br />
und Hitler<br />
als nicht<br />
so schlimm<br />
empfinden.<br />
Der Ökonom Charles Goodhart<br />
gab uns Goodharts Gesetz:<br />
„Wenn ein Maß zum Ziel<br />
wird, ist es kein gutes Maß<br />
mehr.“ Das klassische Beispiel<br />
ist eine Firma, die die Effizienz<br />
ihres Telefonsupports daran bemisst,<br />
wie schnell die Kunden<br />
bedient werden können. Das ergibt<br />
Sinn. Doch sobald die Firma<br />
es zum Ziel für ihre Angestellten<br />
erklärt, Kunden möglichst<br />
schnell abzuwickeln, wird<br />
sie sehr wütende Kunden haben,<br />
weil das bloß dafür sorgt,<br />
dass die Mitarbeiter die Kunden<br />
möglichst schnell abspeisen<br />
wollen. Im öffentlichen Diskurs<br />
kennen wir das von der Arbeitslosenstatistik.<br />
Man kann ökonomische<br />
Gerechtigkeit etwas<br />
an der Arbeitslosigkeit abschätzen.<br />
Seit wir es aber zum Ziel erklärt<br />
haben, die Arbeitslosenzahl<br />
zu minimieren, ist dieses<br />
Maß unsinnig geworden. Jetzt<br />
tut die Politik alles, um diese<br />
Kennzahl zu reduzieren, indem<br />
48 | mind magazin 148/juni 2022
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
mehr und mehr Leute nicht berücksichtigt<br />
werden.<br />
Böser Wille und<br />
Dummheit<br />
Auf wen Hanlons Prinzip zurückgeht,<br />
ist unklar. Vermutlich<br />
war es Robert J. Hanlon,<br />
aber andere schreiben es einer<br />
Verballhornung des Science-<br />
Fiction-Autors Robert A. Heinlein<br />
zu. In jedem Falle besagt<br />
es: „Führe nie auf Böswilligkeit<br />
zurück, was adäquat<br />
durch Dummheit erklärbar<br />
ist.“ Es geschieht einfach viel<br />
mehr Unheil in der Welt aufgrund<br />
von Dummheit, Denkfaulheit<br />
oder Pech als aufgrund<br />
von böser Absicht. Hanlons<br />
Prinzip ist besonders wichtig<br />
für den Umgang mit Verschwörungstheorien.<br />
Vergleichbar damit ist vielleicht<br />
Hitchens' Pinzip. Der Autor und<br />
Journalist Christopher Hitchens<br />
formulierte damit, warum die<br />
Belegpflicht bei jenem liegt,<br />
der eine Behauptung aufstellt:<br />
„Was ohne Belege behauptet<br />
wird, kann ohne Belege<br />
verneint werden.“<br />
Immer dauert<br />
alles länger<br />
Jeder, der schon einmal einen<br />
Zeitplan erstellen musste, kann<br />
vermutlich Hofstadters Gesetz<br />
bestätigen: „Man braucht<br />
immer länger, als man<br />
denkt, selbst wenn man<br />
Hofstadters Gesetz berücksichtigt.“<br />
Der Wissenschaft-<br />
Anzeige
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
dass uns häufig auch sehr unwahrscheinliche<br />
Dinge passieren.<br />
Nur weiß man eben vorher<br />
nicht, welche, sonst wäre die<br />
Lotterie leicht zu gewinnen.<br />
Parkinson: Arbeit<br />
dehnt sich aus<br />
ler Douglas Hofstadter stellte<br />
dieses selbstreferenzielle Gesetz<br />
auf.<br />
Der Mathematikprofessor<br />
John Edensor<br />
Littlewood<br />
brachte uns<br />
Littlewoods<br />
Gesetz: „Man<br />
sollte erwarten, etwa einmal<br />
im Monat ein Wunder<br />
zu erleben.“ Die Aussage basiert<br />
darauf, wie viele separate<br />
Ereignisse man in einem Monat<br />
erlebt. Littlewood schätzte<br />
die Zahl auf etwa eine Million.<br />
Wenn man also annimmt, ein<br />
Wunder sei ein Ereignis mit einer<br />
Wahrscheinlichkeit von ein<br />
zu 1.000.000, dann sollte man<br />
pro Monat circa ein Wunder erleben.<br />
Es geschieht einfach so<br />
viel in unserem Leben, dass<br />
es wenig überraschen sollte,<br />
Murphy's berühmtes Law:<br />
„Wenn es mehrere Möglichkeiten<br />
gibt, eine Aufgabe<br />
zu erledigen, und eine davon<br />
in einer Katastrophe<br />
endet oder sonstwie unerwünschte<br />
Konsequenzen<br />
nach sich zieht, dann wird<br />
es jemand genau so machen.“<br />
Oder kürzer: „Alles, was<br />
schiefgehen kann, wird irgendwann<br />
auch schiefgehen.“<br />
Das Pareto-Prinzip<br />
ist nach dem<br />
Ökonomen Vilfredo<br />
Pareto benannt,<br />
auch<br />
wenn es von Joseph<br />
M. Juran in<br />
die Welt gesetzt wurde. Es besagt:<br />
„80 Prozent der Effekte<br />
kommen von 20 Prozent<br />
der Ursachen.“ Ein sehr abstraktes<br />
Konzept, das sich in viele<br />
Praxisfälle übertragen lässt:<br />
„80 Prozent der Kunden erzeugen<br />
20 Prozent des Aufwands,<br />
und umgekehrt.“ „20 Prozent<br />
der Kunden bringen 80 Prozent<br />
der Einnahmen.“ „80 Prozent<br />
der Aufgaben erzeugen<br />
20 Prozent der Arbeit, und umgekehrt.“<br />
„80 Prozent der Fälle<br />
kann man mit 20 Prozent der<br />
Gesetze abdecken.“ Und so fort.<br />
Sehr viel salopper ist da das Parkinson’sche<br />
Gesetz: „Arbeit<br />
dehnt sich aus, um die Zeit<br />
auszufüllen, die für ihre<br />
Erledigung bereitsteht.“ Es<br />
geht auf Cyril Northcote Parkinsons<br />
Beschreibung von Bürokratie<br />
zurück.<br />
Ebenfalls in diese Richtung<br />
geht das Peter-Prinzip nach<br />
Laurence Johnston Peter: „In<br />
einer Hierarchie neigt jeder<br />
dazu, zu seinem persönlichen<br />
Rang der Inkompetenz<br />
aufzusteigen.“ Wer<br />
seinen Job noch gut macht,<br />
wird befördert, bis er auf einer<br />
Stufe ankommt, auf der er überfordert<br />
ist. Bei genügend langer<br />
Entwicklungszeit erreicht jede<br />
Hierarchie also ein Maximum,<br />
in dem fast jeder Mitarbeiter<br />
überfordert ist.<br />
50 | mind magazin 148/juni 2022
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
Der Astronom Carl Sagan formulierte<br />
den Anspruch eines<br />
guten Wissenschaftlers, bevor<br />
er eine Aussage glaubt:<br />
„Außergewöhnliche Behauptungen<br />
fordern außergewöhnliche<br />
Belege.“<br />
Wir nennen dieses Prinzip auch<br />
den Sagan-Standard. Er gilt übrigens<br />
auch für einen selbst:<br />
Laut Sagan kann man nicht verlangen,<br />
dass einem irgendwer<br />
glaubt, wenn man keine guten<br />
Belege vorzuweisen hat. Und<br />
vielleicht sollte man die eigenen<br />
Überzeugungen ablegen,<br />
wenn man sie nicht gut belegen<br />
kann. Sagan verwies zurecht<br />
darauf, wie fehlbar menschliche<br />
Beobachter sind.<br />
Probleme erhalten<br />
statt lösen<br />
Clay Shirky formulierte das<br />
Shirky-Prinzip: „Institutionen<br />
versuchen die Probleme<br />
zu erhalten, die sie lösen<br />
sollen.“ Damit, so Shirkys<br />
pessimistische Sichtweise, verhindere<br />
die Institution ihre eigene<br />
Abschaffung. Man beachte,<br />
dass dies nur für dauerhaft<br />
lösbare Probleme gilt. Institutionen,<br />
die Probleme lösen sollen,<br />
die aufgrund der Gesellschaft<br />
und/oder der menschlichen<br />
Natur immer wieder auftreten,<br />
brauchen diese Eigenschaft<br />
nicht. Die Polizei muss beispielsweise<br />
nicht damit rechnen,<br />
bald alle Verbrechern permanent<br />
bekämpft zu haben.<br />
William Anthony Twyman gab<br />
uns Twymans Gesetz, das unerlässlich<br />
für den Umgang<br />
mit großen Datenmengen ist:<br />
„Jede Zahl, die interessant<br />
oder anders aussieht, ist<br />
für gewöhnlich falsch.“ Bei<br />
besonders extremen Ergebnissen<br />
ist die Wahrscheinlichkeit<br />
eines Messfehlers eben oft höher<br />
als die Wahrscheinlichkeit<br />
eines besonderen Datenpunkts<br />
oder einer bahnbrechenden Erkenntnis.<br />
Da sollte man besser<br />
noch einmal prüfen, denn möglich<br />
wäre es natürlich trotzdem<br />
(siehe oben unter Littlewoods<br />
Gesetz). Konsequenz: Weil Medien<br />
bevorzugt von besonderen<br />
Ergebnissen berichten, liegen<br />
diese leider oft falsch.<br />
Alle Fotos: wikimedia commons<br />
Anzeige<br />
Vielbegabtencoach und Intuitionsmentorin<br />
Magst du deine vielen Interessen uneingeschränkt<br />
leben und dich dabei stimmig fühlen?<br />
"Ich habe schon mehrere Erfahrungen mit Coaches<br />
gemacht, die mal mehr, mal weniger gewinnbringend<br />
waren. Von Christines Coaching hatte ich zunächst einmal<br />
erwartet, dass sie mich als M besonders klug abholt. Dass<br />
sie mich aber dazu bringt, dass ich mich mit meinen<br />
eigenen Vorstellungen selbst klug abhole, hätte ich so nicht<br />
erwartet. Möglich wurde dies durch..."<br />
Fortsetzung auf:<br />
christinekleinert.de/<br />
vielbegabt/
BLOOMSDAY 2022<br />
Der Roman, in dem es<br />
aussieht wie im Kopf von<br />
manchem M<br />
James Joyces „Ulysses“ wird 100.<br />
von Eckart Wiegräbe<br />
G orgonzolasandwich<br />
mit Senf.<br />
Dazu ein Glas Burgunder. Am<br />
16. Juni werden das wieder viele<br />
zu sich nehmen. Stilecht bei<br />
Davy Byrne´s (21 Duke Street,<br />
Dublin).<br />
Erster Treff am Martello-Turm,<br />
dann ein Bad am Forty Foot, Zitronenseife<br />
bei Sweny´s kaufen.<br />
Die ganz „Harten“ essen noch<br />
eine leicht angebrannte Niere<br />
und geben sich am Strand von<br />
Sandymount unanständigen<br />
Dingen hin.<br />
Ich schreibe diesen Artikel<br />
am Pi Day (14. März). Bald ist<br />
Handtuchtag (25. Mai). Doch<br />
es gibt noch einen Tag, der für<br />
uns wichtig, richtig und richtig<br />
gut ist:<br />
Der feiert einen Roman, in<br />
dem es so aussieht, wie in meinem/deinem/eurem<br />
(?) Kopf:<br />
Voll, bunt, sehr planvoll, chaotisch,<br />
Gedankenstrom, Hochkultur<br />
neben Zote – und voller<br />
Lust, immer mehr zu entdecken.<br />
Natürlich, ihr habt es längst<br />
erkannt, geht es um „Ulysses“<br />
von James Joyce. Dieses Jahr am<br />
2. Februar jährte sich die Veröffentlichung<br />
bei „Shakespeare<br />
and Company“ zum 100. Mal.<br />
Und dieses Jahr haben wir die<br />
Möglichkeit, den dazu passenden<br />
Bloomsday am 16. Juni zu<br />
begehen.<br />
Zögerlicher Zugang<br />
zum Werk<br />
Mein Zugang zum Werk war –<br />
zögerlich:<br />
Als Student in Erlangen bei<br />
Nürnberg (oder doch Bamberg?<br />
– Jahrzehnte her …) in einem<br />
Vortrag von Wollschläger.<br />
„Dem“ Hans Wollschläger,<br />
der den Ulysses nicht nur im<br />
Original gelesen hat, sondern<br />
auch übersetzt hat ins Deutsche.<br />
Nichts verstanden, aber begeistert<br />
von der Schönheit der Sprache.<br />
Viel später: Sonderausgabe<br />
zum 100. Jahrestag des<br />
„Bloomsday“ am 16. Juni 2004<br />
gekauft, angelesen …<br />
Noch viel später: In diesem<br />
Jahr (2022) 100 Jahre Veröffentlichung.<br />
James Joyce 1918 in Zürich. Oben:<br />
die Erstausgabe des „Ulysses“.<br />
Fotos: Wikimedia Commons<br />
Suhrkamp macht eine Aktion:<br />
30 Tage James-Joyce-Newsletter<br />
mit fortlaufenden Leseabschnitten<br />
aus dem 1. Kapitel. Bin<br />
dabei. Geht zu langsam. Hole<br />
meine Ausgabe dazu.<br />
Schlage nach: „Introibo ad altare<br />
Dei“, „Epi oinopa ponton“?<br />
„Thalatta! Thalatta!“ kenne ich<br />
dann mal.<br />
52 | mind magazin 148/juni 2022
BLOOMSDAY 2022<br />
Davy Byrneʼs Pub, in dem Bloom ein Gorgonzola Cheese Sandwich und ein Glas Burgunder verzehrt, auf einem<br />
Foto von 1946. <br />
Fotos: Wikimedia Commons<br />
Welcher Turm? Warum Panther?<br />
Geborstener Spiegel? Parnell?<br />
O´Connell?<br />
Kaufe die Studienausgabe von<br />
Suhrkamp – ahh: Der Turm, dort<br />
geht er längs (Strand, Bibliothek<br />
(ist das die?)), darum der Spiegel.<br />
Das hilft! – Ein neues Feld<br />
zum „Tieferbohren“.<br />
Beeindruckend<br />
mit Eschenstock<br />
Suhrkamp empfiehlt Sylvia<br />
Beach „Shakespeare and<br />
Company – Ein Buchladen in<br />
Paris”. Ideal für den Urlaub.<br />
Klatsch und Tratsch und Stimmung<br />
im Paris der 20-er Jahre.<br />
(auch: https://youtu.be/<br />
R1Zbw39MCm4)<br />
Auftritt: Hemingway, Valéry<br />
(liebe ihn – lest nur mal den<br />
ersten Satz von „Monsieur Teste“.<br />
Der ist für uns geschrieben.)<br />
und natürlich James Joyce:<br />
Fehlsichtig, beeindruckend mit<br />
Eschenstock wie Stephen Dedalus,<br />
immer höflich.<br />
Neuübersetzung? Wollschläger<br />
gut, aber noch Verbesserungen<br />
möglich? Gescheitert wegen<br />
„mensch“? Original gekauft.<br />
Umfangreiche Website (https://<br />
www.ulyssesguide.com) empfiehlt:<br />
„The Gabler Edition“.<br />
Erst deutsch, dann englisch:<br />
Wow! Sprachmelodie, Rhythmus,<br />
Fluss!<br />
Die Odyssee: Lesen. Shakespeare:<br />
Nochmal nachschauen.<br />
Griechische Philosophen. Dantes<br />
„Göttliche Komödie“: „Ed<br />
egli avea del cul fatto trombetta.“<br />
Hochkultur? Übersetzung: „and<br />
he made a trumpet of his arse.“<br />
Die „Ulysses“-Sammlung des Autors.<br />
Auch Spazierstock und Kartoffel<br />
haben eine Bedeutung.<br />
Fotos: Wiegräbe<br />
Online-Audio-Guide von Ralf<br />
Schlüter (https://www.ulysseslesen.de/courses).<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 53
BLOOMSDAY 2022<br />
Sandymount Strand in Dublin – im „Ulysses“ der Ort der unanständigen Dinge, weswegen das Buch in den<br />
USA lange verboten war.<br />
Fotos: Wikimedia Commons<br />
Bin noch lange nicht am Ende<br />
(ein Zwischenstand im Foto) –<br />
Futter für Jahre – Yes!<br />
Zur Erholung Woody Allens<br />
„Midnight in Paris“ mit dem fabelhaften<br />
Owen Wilson ansehen.<br />
(Owen Wilson kennen die<br />
Birdnerds aus „The Big Year“.)<br />
Und dann:<br />
Wenn wir uns schon auf den<br />
Bloomsday vorbereiten: Was<br />
machen – essen – lesen – anziehen?<br />
Welcher Eschenstock,<br />
welcher Hut, Mütze? Bei Gastrock<br />
gibt es einen rindenechten<br />
Eschenstock – aber auf den Fotos<br />
sieht Joyces Stock glatt aus.<br />
Es soll tatsächlich Menschen<br />
geben, die statt Niere oder Gorgonzola-Sandwich<br />
Würstchen<br />
essen. (Also: Das Mädchen<br />
vom Nachbarhaus hat bei Dlugacz<br />
anderthalb Pfund Denny´s<br />
Würstchen gekauft. Bloom dagegen<br />
nahm die Hammelniere,<br />
stippte später den Saft mit Brotwürfeln<br />
auf.)<br />
Das versaute<br />
Kapitel 13<br />
Was lesen? Von Anfang an,<br />
aus dem versauten Kapitel 13,<br />
oder das wunderbare Ende. Das,<br />
Bloomsday 2009: Der Schauspieler<br />
Barry McGovern liest auf dem<br />
James Joyce Tower aus „Ulysses“.<br />
Fotos: Wikimedia Commons<br />
in dem Molly ihren berühmten<br />
Gedanken-Monolog ohne Punkt<br />
und Komma hat.<br />
Da ist sie ganz Nora Barnacle<br />
(kommt als Barnacle Goose,<br />
Weißwangengans sogar früher<br />
namentlich vor), Joyces Frau.<br />
Die Geliebte Nora Barnacle (16.<br />
Juni!): „Yes“ – das berühmteste<br />
„Ja“ der Literaturgeschichte.<br />
Für mich mindestens ein überzeugtes<br />
„Ja“ zum inzwischen<br />
9. Kapitel – aber das Jahr ist ja<br />
noch lang. Ja.<br />
Und es braucht frohe Momente,<br />
da leider gerade wieder gilt:<br />
„Die Geschichte (sagte Stephen)<br />
ist ein Albtraum, aus dem ich zu<br />
erwachen versuche.“<br />
Was macht ihr am 16. Juni<br />
2022?<br />
54 | mind magazin 148/juni 2022
Wir feiern die „Verbindungen“<br />
20 plus 1 Jahre Mind-Akademie.<br />
MIND-AKADEMIE<br />
Dass 2022 die 20. Mind-Akademie begangen wird, ist für<br />
das Programmteam ein guter Grund, die „Verbindungen“,<br />
die seit 2002 jedes Jahr auf der Hauptveranstaltung des<br />
Mind-Hochschul-Netzwerks (MHN) geknüpft und gepflegt<br />
werden, zu würdigen. Folgerichtig sind sie das Oberthema<br />
der diesjährigen Akademie.<br />
A<br />
uch für viele Mensa-Mitglieder<br />
ist das erste Oktoberwochenende<br />
Jahre im Voraus fest<br />
reserviert und das Super-Sparpreis-Ticket<br />
nach Mannheim<br />
Hauptbahnhof schon im April<br />
gebucht: Vom 30. September<br />
bis 3. Oktober findet auch in diesem<br />
Jahr wieder zuverlässig die<br />
Mind-Akademie in der Jugendherberge<br />
an der Mannheimer<br />
Rheinpromenade statt, die exklusiv<br />
für die MHN-Großveranstaltung<br />
reserviert ist. Zusammen<br />
mit dem Team der Jugendherberge<br />
kümmert sich das Orgateam<br />
darum, dass euch auch<br />
2022 wieder eine sichere und<br />
bestimmt großartige Akademie<br />
erwartet.<br />
Wieder dabei: Malte Fiebing-<br />
Petersen, hier mit der Lego-Titanic,<br />
war 2021 einer der beliebtesten<br />
Referenten. Foto: Fiebing-Petersen<br />
Wer glaubt im 21. Jahrhundert noch<br />
an Verbindungen mit dem Teufel,<br />
und wie gestalten verschiedene<br />
Religionsgemeinschaften<br />
Exorzismen?<br />
Freut euch auf bis zu vier Vorträge<br />
und Workshops gleichzeitig,<br />
denn wie üblich ist die Palette<br />
der Themen auch in diesem Jahr<br />
wieder äußerst abwechslungsreich<br />
und reicht von Kernfusion<br />
und Seiltechnik bis zu internationalen<br />
Verträgen oder Wundverbänden,<br />
um nur ein paar Appetithäppchen<br />
zu nennen.<br />
Wie beeinflusst die<br />
Schlafqualität die Verbindungen<br />
in unserem Gehirn?<br />
Neben bekannten und beliebten<br />
Referentinnen wie der Astronomin<br />
Prof. em. Dr. Kathrin Altwegg<br />
und Malte Fiebing-Petersen<br />
vom Deutschen Titanic-Verein,<br />
der in diesem Jahr die deutschen<br />
Verbindungen zur Titanic<br />
beleuchten wird, können sich<br />
die Akademieteilnehmerinnen<br />
und -teilnehmer auf viele neue<br />
hochkarätige Redner und zum<br />
Teil weltbekannte Forscherinnen<br />
freuen.<br />
Was sollten Betroffene, Angehörige<br />
und Therapierende beachten,<br />
wenn Hochbegabung mit einer<br />
anderen Diagnose verbunden ist?<br />
Dazu kommt erstmals die neue<br />
Kategorie der MHN-Kurzvorträge,<br />
in der sich das MHN auf seine<br />
Wurzeln als studentisches<br />
Mitmachnetzwerk besinnt und<br />
das Mikrofon für Jung-Akademikerinnen<br />
und angehende Forscher<br />
frei macht, die noch Weltklasse<br />
werden möchten. Zwanzig<br />
Minuten lang sind die Kurzvortragsslots,<br />
in denen ganz<br />
ohne Promotionsprojekt das<br />
Thema der Bachelorarbeit oder<br />
des letzten Referats endlich mal<br />
vor einem externen, interdisziplinären<br />
Publikum präsentiert<br />
werden kann.<br />
Wer einen MHN-Kurzvortrag<br />
beisteuern möchte, kann das<br />
einfach als Option bei seiner<br />
Anmeldung anklicken.<br />
Wie verbinden sich Bild und<br />
Musik im Videospiel zum<br />
unvergesslichen Erlebnis?<br />
Natürlich gibt es auch Zeit zum<br />
persönlichen Austausch: zwischen<br />
den Vortragsslots, beim<br />
Essen, bei den Rahmenveranstaltungen<br />
wie Bücherschaulaufen,<br />
Buntem Abend und Table-Quiz<br />
und in den Abendstunden,<br />
die viele gerne in der<br />
Lounge und im Spielezimmer<br />
verbringen.<br />
Mehr Infos unter www.mindakademie.de.<br />
Tina Zejewski<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 55
FILMKUNST<br />
Die Rollen ihres Lebens<br />
Die Kino-Kolumne mit Extra-Fakten für Besserwisser.<br />
Von Karin Polz<br />
So, und jetzt alle mal<br />
kurz überlegen: Denkt an<br />
einen Film, bei dem die<br />
Hauptfigur auch im Film<br />
von Beruf Schauspieler<br />
oder Schauspielerin ist!<br />
Welcher ist euch als Erstes<br />
eingefallen?<br />
B<br />
ei mir ist es „Notting Hill“,<br />
bei dem die bezaubernde Julia<br />
Roberts die Schauspielerin<br />
Anna Scott spielt. Ich bin mir<br />
allerdings sicher, dass ihr auf<br />
die Frage mindestens ein Dutzend<br />
verschiedener Antworten<br />
findet. Denn Schauspieler spielen<br />
offenbar gerne Schauspieler<br />
– und bei den Schauspielerinnen<br />
scheint es nicht anders<br />
zu sein. Warum das so ist? Vielleicht,<br />
weil Filmstars oft schön<br />
und reich sind, ihre Glamourwelt<br />
die richtige Kulisse für Intrigen<br />
und Romanzen ist. Und<br />
ein nicht mehr erfolgreicher<br />
Filmstar gibt eine besonders tragische<br />
Figur ab. Viele Klischees,<br />
aus denen sich gute Geschichten<br />
wie diese spinnen lassen.<br />
AEIOU – Das schnelle<br />
Alphabet der Liebe<br />
(ab 16. Juni)<br />
F<br />
ilmstars haben die heißesten<br />
Dates und natürlich jede<br />
Menge Verehrer und Verehrerinnen<br />
– soweit die Erwartungen.<br />
Bei Anna (Sophie Rois)<br />
sind sowohl das Schauspielern<br />
als auch wilde Lebensphasen<br />
vorbei. Die 60-jährige ehemalige<br />
Schauspielerin ist eher spröde<br />
und hat wenig Kontakt, ihr<br />
engster Vertrauter ist Nachbar<br />
Michel (Udo Kier).<br />
Doch dann trifft Anna auf den<br />
17-jährigen Waisenjungen Adrian<br />
(Milan Herms): Er rempelt<br />
sie an und klaut ihre Handtasche.<br />
Wenig später stehen sie einander<br />
erneut gegenüber: Denn<br />
Anna soll ihm Unterricht geben,<br />
damit er seine Sprachstörung<br />
überwinden kann. Die beiden<br />
verstehen sich gut – zu gut. Bald<br />
wird der Unterricht zu Abendessen,<br />
Spaziergängen und gemeinsam<br />
gerauchten Zigaretten.<br />
Bis die beiden beschließen, zusammen<br />
abzuhauen, ans Meer<br />
zu fahren.<br />
Endlich mal eine ältere Schauspielerin<br />
als Filmfigur, die nicht<br />
in Verzweiflung darüber versinkt,<br />
dass Schönheit, Ruhm<br />
und gut aussehende Lover vergänglich<br />
sind. Sonst sieht man<br />
Schauspielerinnen eher auf bedrückende<br />
Art mit ihrem Alter<br />
hadern, wie Juliette Binoche in<br />
„Die Wolken von Sils Maria“ oder<br />
Hannelore Elsner in „Mein letzter<br />
Film“.<br />
Massive Talent<br />
(ab 23. Juni)<br />
I<br />
n „Massive Talent“ spielt Nicolas<br />
Cage nicht nur einen<br />
Schauspieler, nein, er spielt<br />
den Schauspieler Nicolas Cage.<br />
Einen Superstar, der zu viele<br />
schlechte Filme gedreht hat, to-<br />
56 | mind magazin 148/juni 2022
© 2021 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH; MARVEL and all related character names: © & 2021 MARVEL<br />
tal pleite ist und Ärger mit seiner<br />
Tochter hat. Kurz gesagt: Er<br />
ist ganz unten und muss seine<br />
Karriere dringend wiederbeleben.<br />
Da kommt dieses Angebot<br />
gerade richtig: Milliardär Javier<br />
Gutierrez (Pedro Pascal) engagiert<br />
ihn, um bei seiner Geburtstagsparty<br />
auftreten. Eigentlich<br />
unter Nicolas Cages Würde –<br />
aber es gibt nun mal eine Million<br />
Dollar Gage.<br />
Seine Schauspielkünste sind<br />
außerdem gefragt: Denn die CIA<br />
bekommt Wind von der Einladung<br />
und will, dass Cage auf<br />
der Party undercover Informationen<br />
beschafft. Und natürlich<br />
kommen noch die einen oder<br />
anderen Verstrickungen und<br />
Hindernisse hinzu. Der Trailer<br />
ist schon mal recht witzig – wie<br />
es aussieht, spielt Nicolas Cage<br />
sich mit einer großen Portion<br />
Selbstironie. Und das war auch<br />
bisher das Erfolgsgeheimnis,<br />
wenn Schauspieler sich selbst<br />
gespielt haben, wie Bruce Willis<br />
in „Inside Hollywood“ oder Bill<br />
Murray in „Zombieland“.<br />
Der beste Film<br />
aller Zeiten<br />
(ab 30. Juni)<br />
W<br />
ie macht man sich unvergesslich?<br />
Indem man den<br />
besten Film aller Zeiten dreht.<br />
Ein milliardenschwerer Unternehmer<br />
hegt genau diesen<br />
Plan und benötigt dafür natürlich<br />
auch die beste Crew. Und<br />
weil die Besten manchmal auch<br />
die Schwierigsten sind, liegt die<br />
Umsetzung des Wunschprojekts<br />
nun in den Händen der exzentrischen<br />
Filmemacherin Lola<br />
Cuevas (Penélope Cruz), die das<br />
Optimum aus Hollywood-Frauenschwarm<br />
Félix Rivero (Antonio<br />
Banderas) und dem Enfant<br />
Terrible der Theaterwelt Iván<br />
Torres (Oscar Martínez) herauskitzeln<br />
soll.<br />
Um die Dreharbeiten nicht zu<br />
gefährden, stellt Lola die beiden<br />
auf immer seltsamere Proben.<br />
Ob sie dadurch ihre Eitelkeiten<br />
ablegen oder sich das temperamentvolle<br />
Regie-Schauspiel-<br />
Trio stattdessen gegenseitig in<br />
den Wahnsinn treibt, wird sich<br />
im besten Film aller Zeiten zeigen.<br />
Der Film im Film ist ein beliebtes<br />
Thema – schließlich prallen<br />
an so einem Filmset Egos aufeinander.<br />
Zeit und Geld sind<br />
meist knapp, die Erwartungen<br />
dafür hoch – eine explosive Mischung!<br />
Typisches Beispiel für<br />
einen Film-im-Film sind „Living<br />
in Oblivion“, „Hail, Caesar!“ und<br />
„Hitchcock“.<br />
Extra-Fakten<br />
FILMKUNST<br />
Na, habt ihr das Dutzend Filme<br />
schon zusammen? Falls nicht,<br />
hier noch ein paar weitere Filme,<br />
in denen die Hauptcharaktere<br />
dem Schauspiel nachgehen:<br />
• Being John Malkovich<br />
(John Malkovich)<br />
• Der Tod steht ihr gut<br />
(Meryl Streep)<br />
• America’s Sweethearts<br />
(Catherine Zeta-Jones)<br />
• The Humbling (Al Pacino)<br />
• Boulevard der Dämmerung<br />
(Gloria Swanson)<br />
• The Artist (Jean Dujardin)<br />
• Once Upon a Time in Hollywood<br />
(Leonardo Di Caprio)<br />
• Liebesdings (Elyas M'Barek,<br />
startet am 7. Juli)<br />
Fröhliches Weiterüberlegen<br />
– ich bin mir sicher, euch fällt<br />
noch einiges ein!<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 57
NATURPHÄNOMENE<br />
Über dem Regenbogen<br />
Von bunten Bögen und weißen Kreisen.<br />
Von Peter Schmidt<br />
Klassischer Regenbogen: Die Farben<br />
entstehen durch Brechung<br />
des Lichts in den Wassertropfen.<br />
Links: Nebenregenbogen mit umgekehrter<br />
Farbfolge.<br />
Alle kennen ihn, diesen<br />
Ohrwurm, in unser<br />
aller Leben geholt von<br />
Israel Kamakawiwoʻole:<br />
„Somewhere over the<br />
rainbow, way up high – what<br />
a wonderful world!“<br />
G<br />
anz genau das fühlte ich<br />
auf dem Weg zum Gipfel<br />
des Kilimanjaro. Denn dort war<br />
ich wortwörtlich über dem Regenbogen.<br />
Aber dieser Regenbogen<br />
war ganz anders als ich<br />
ihn aus dem heimischen Alltag<br />
kannte. Zum einen stand er unter<br />
mir über dem tropischen Regenwald.<br />
Und zum anderen war<br />
er unbunt. Er war nicht farblos,<br />
sondern einfarbig weiß! Das<br />
machte mich neugierig, bekannte<br />
und weniger bekannte optische<br />
Phänomene rund ums Sonnenlicht<br />
neu zu verstehen.<br />
Fangen wir mit dem Klassiker<br />
an: dem Regenbogen. Damit M<br />
den sehen kann, braucht es bekanntlich<br />
zwei Dinge gleichzeitig,<br />
die sich eigentlich eher ausschließen.<br />
Sonne und Regen.<br />
Trivial, Ms wissen das.<br />
Weniger bekannt ist, dass jeder<br />
„Regenbogen“ ein ganzer<br />
Kreis ist. Der verläuft im Winkel<br />
von 42 Grad um den Gegenpunkt<br />
der Sonne, den Mittelpunkt,<br />
der sich aus der Verlängerung<br />
der Linie Sonne-Beobachter<br />
in Richtung Erde ergibt.<br />
Regenbögen sind bei hohem<br />
Sonnenstand flach, weil man<br />
nur den obersten Bogen des<br />
Kreises sehen kann, Regenbögen<br />
bei tief stehender Sonne<br />
steigen dagegen steil vom Horizont<br />
auf und zeigen fast die<br />
Hälfte dieses Kreises. Oft gesellt<br />
sich aufgrund zweifacher Brechung<br />
des Lichtes zum Hauptnoch<br />
ein lichtschwacher Nebenregenbogen<br />
mit umgekehrter<br />
Farbfolge. Eine besondere Form<br />
ist der sogenannte Nebelbogen,<br />
der ist weiß!<br />
Die Farben des klassischen<br />
Regenbogens entstehen durch<br />
Lichtbrechung in den Wassertropfen,<br />
die wie ein Prisma wirken<br />
und das Licht in Abhängigkeit<br />
von der Wellenlänge unterschiedlich<br />
stark ablenken. Als<br />
Verstärker kommen Reflexionen<br />
an den Wassertropfen hinzu.<br />
58 | mind magazin 148/juni 2022
NATURPHÄNOMENE<br />
Links: Nebelbogen am Kilimandscharo, rechts: Sonnenhalo über Palmen. <br />
Alle Fotos: Peter Schmidt<br />
Der weiße Regenbogen entsteht,<br />
wenn die Tröpfchen kleiner<br />
als etwa 50 Mikrometer sind.<br />
Denn dann kommt es auch zur<br />
Beugung des Lichtes. Es überlagern<br />
sich die gebrochenen und<br />
reflektierten Strahlen so, dass<br />
in Summe wieder weiß rauskommt!<br />
Zu den Bögen, die auch als<br />
Vollkreis beobachtet werden<br />
können, gehören die Glorien<br />
und Halos. Glorien entstehen<br />
durch rückwärtige Streuung des<br />
Lichts an fein verteilten, kugelförmigen<br />
Tröpfchen. Der Beobachter<br />
steht als Schatten im Zentrum<br />
des bunten Kreises.<br />
So beobachtete Goethe sich<br />
selbst als „Brockengespenst“,<br />
und das Flugzeug, in dem man<br />
selbst sitzt, zeigt seinen Schatten<br />
im bunten Kreis beim Erreichen<br />
der Wolkenobergrenze.<br />
Halos brauchen im Gegensatz<br />
zu Glorien nicht Wassertropfen,<br />
sondern Eiskristalle, um sich zu<br />
zeigen. Es sind hauchdünne Cirruswolken,<br />
die in großen Höhen<br />
um zehn Kilometer über der<br />
Erdoberfläche auftreten, die aus<br />
solchen Eiskristallen bestehen.<br />
Wenn die Eiskristalle auch<br />
noch klar, möglichst regelmäßig<br />
sechseckig gewachsen und<br />
durchsichtig sind, dann liegen<br />
die besten Voraussetzungen<br />
für Halos vor. Scheint die Sonne<br />
oder der Mond dann durch<br />
die milchige Eisschicht, kommt<br />
es aufgrund der Brechung des<br />
Lichtes an der sechseckigen<br />
Kristallstruktur im Abstand<br />
von 22 Grad zur kreisförmigen<br />
Halobildung. Darüber hinaus<br />
kann es zur Ausbildung von Nebensonnen<br />
oder Nebenmonden<br />
kommen, die auf dem Halo liegen.<br />
Die oder der eine schaut jetzt<br />
vielleicht bewusster gen Himmel.<br />
Last but not least, auch im<br />
Home-Office lassen sich zum<br />
Beispiel mit einer CD bunte Bögen<br />
erzeugen!<br />
Links: Glorie mit Flugzeug in der Mitte, rechts: selbstgemachter Regenbogen im Homeoffice.<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 59
MENSA SIGHT<br />
B<br />
evor ich mich zu diesem Urlaub<br />
entschloss, war ich lange<br />
nicht so richtig verreist gewesen.<br />
Die Hintergründe dürften<br />
den meisten bekannt sein. Ich<br />
hatte Lust, mal wieder rauszukommen<br />
und Sonne zu tanken;<br />
da kam das Angebot von M Andrea<br />
Schwelm gerade recht, sie<br />
auf Gozo zu besuchen.<br />
Andrea hat dort mittelfristig<br />
ihre Zelte aufgeschlagen, und<br />
lädt Ms aus aller Welt ein, sie für<br />
kurz oder auch länger auf „Zahle-was-du-willst“-Basis<br />
zu besuchen.<br />
Man erhält dann – je nach<br />
Verfügbarkeit – ein eigenes Zimmer<br />
(hatte ich) oder, wenn es<br />
mal voller sein sollte, ein Bett<br />
im „Mashram“ (auf Malta haben<br />
alle Häuser Namen!), Anschluss<br />
an eine mehr oder weniger große<br />
Truppe Ms und vor allem Andreas<br />
Insidertipps und ihr Organisationstalent.<br />
Ich hatte es mir also denkbar<br />
leicht gemacht, das Urlaubsziel<br />
quasi auf dem Silbertablett<br />
der SIG „Gemeinsam reisen“<br />
serviert bekommen und dann<br />
unbedarft einen Flug gebucht.<br />
Nicht nach Gozo, sondern nach<br />
Abenteuer für<br />
Anfängerinnen<br />
Wanderungen auf Gozo.<br />
Von Christiane Zehrer<br />
Immer dabei: Der kleine Löwe, wie immer selbstverständlich mit<br />
„Eintracht“-Schal. <br />
Alle Fotos: C. Zehrer<br />
Malta, der Hauptinsel des kleinen<br />
Staates gleichen Namens.<br />
Das liegt etwa 100 Kilometer<br />
südlich von Sizilien und auf der<br />
geografischen Breite von Sousse<br />
in Tunesien. Und jetzt wisst<br />
ihr auch schon, mit wem sich<br />
die Tempelritter als maltesische<br />
Zwischen-Ureinwohner so bevorzugt<br />
gepelzt haben.<br />
Ankommen<br />
Wir, der kleine Löwe und ich,<br />
wurden aber wie gesagt herzlich<br />
empfangen und an Tag eins<br />
nach unserer Ankunft (der eigentlich<br />
Tag null war, nach spätem<br />
Flug, längerer Linienbusfahrt<br />
und Fährtransfer nach<br />
Gozo) gemächlich an die Attraktionen<br />
von Gozo herange-<br />
60 | mind magazin 148/juni 2022
Valetta-Besuch am Ruhetag.<br />
führt. Andrea wusste gleich ein<br />
lohnendes Ausflugsziel für ihren<br />
anderen Gast und mich: ein<br />
Strandrestaurant und natürlich<br />
ein Geocache der Kategorie 4.<br />
Letzteren fanden die beiden<br />
zwar nicht, hatten aber, glaube<br />
ich, Spaß beim Suchen, und die<br />
gar nicht mal so falschen Ausreden,<br />
dass a) das Meer den Cache<br />
vielleicht seit der letzten Sichtung<br />
hinweggetragen haben<br />
könnte und b) ein bis zwei Höhenmeter<br />
am felsigen Meeresrand<br />
einen Riesenunterschied<br />
bezüglich des abzusuchenden<br />
Terrains ausmachen.<br />
Das Restaurant fanden wir<br />
im Vergleich hierzu ohne Probleme,<br />
und das Essen war mehr<br />
als schmackhaft. Es gab – alle<br />
Tierliebende müssen jetzt ganz<br />
tapfer sein – „Spaghetti Rabbit“.<br />
Das ist genau das, was herauskommt,<br />
wenn mensch es in<br />
Google Translate eingibt (oder<br />
die Englischkenntnisse aus der<br />
Mittelstufe zu Hilfe nimmt) und<br />
sieht aus wie stinknormale Bolognese.<br />
So gestärkt, ermutigt und<br />
erstmalig mit Einheimischen in<br />
Kontakt gekommen, hätten wir<br />
Christiane noch optimistisch bei der Inselumrundung.<br />
uns eigentlich einen ruhigen<br />
Urlaub gönnen können. Wären<br />
da nicht die Markierungen an<br />
den Felsen gewesen, manchmal<br />
auch direkt auf dem Pfad, fast<br />
verwaschen, aber aufgebracht<br />
in jedem Fall in Blutrot. Als Andrea<br />
dann noch erzählte, dies<br />
seien die Streckenmarkierungen<br />
des einmal jährlich stattfindenden<br />
Traillaufs, war es um<br />
uns (naja, eigentlich mehr um<br />
Christiane) geschehen.<br />
Nach einem Ruhetag in Valletta<br />
mit den üblichen touristischen<br />
Ks (Kirchen, Craft Bier,<br />
Kreuzfahrer-Romantik) stürzte<br />
ich mich ins Abenteuer.<br />
„Einfache“ Wanderung<br />
50 Kilometer? Ha! Ein Witz,<br />
wer das nicht an einem Tag<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 61
MENSA SIGHT<br />
Unterwegs zwischen riesigen Findlingen und scharfkantigen Oberflächen.<br />
macht. Was allerdings vorausgesetzt<br />
hätte, dass frau den Tag<br />
recht früh beginnt. Als ich dann<br />
an jenem Samstag um neun Uhr<br />
im Esszimmer stand, schaute<br />
mich Andrea nur wissend an.<br />
„Bin ja schließlich im Urlaub“,<br />
verteidigte ich mich, frühstückte,<br />
packte Wasser, Proviant und<br />
Handy ein und lieh mir von ihr<br />
zwei Taschenlampen. Da war<br />
schon klar: Ganz rum würde ich<br />
es nicht schaffen.<br />
Unterdessen landete in L-Imgarr,<br />
wo sich auch Andreas Domizil<br />
und der Fähranleger befinden,<br />
der Papst an. Seiner Stellung<br />
würdig, hatte er an jenem<br />
Tag einen quasi umfassenden<br />
Einfluss auf alles, was wir und<br />
ich taten. Denn genau wie meine<br />
Wanderung nichts als eine<br />
Flucht vor dem zu erwartenden<br />
Menschenauflauf war, sollten<br />
die anderen beiden dem nicht<br />
entkommen. Und dann erst das<br />
Pub Quiz!<br />
Wo war ich stehengeblieben?<br />
Seht ihr, das ist das Problem,<br />
ich weiß es nicht. Ein GPS hatte<br />
ich nämlich – „eigentlich“ keine<br />
Abenteuer planend – nicht<br />
dabei und musste bald zweierlei<br />
feststellen: Das Gelände ist<br />
erstens vielfach ganz anders als<br />
alles, was ich je in meinem Leben<br />
gesehen und durchwandert<br />
habe. Das gilt zum Beispiel für<br />
die „Schlammberge“ (hier an<br />
der Südküste von Gozo), die gerade<br />
so un-steil und wenig bröckelig<br />
sind, dass mensch sich<br />
mit viel Bewegungsgeschick auf<br />
sie hochserpentinen kann.<br />
Und zweitens: Auf solch einem<br />
morschen Untergrund hält<br />
natürlich auch keine Markierung<br />
lange.<br />
Dementsprechend dauerte<br />
meine Inselumrundung, der<br />
so langsam sowohl die Eigenschaften<br />
„um“ als auch „rund“<br />
abhandenkamen. Nachdem es<br />
14, 15, 16 Uhr wurde und noch<br />
immer kein Ende in Sicht war,<br />
gab ich auf. Das war in den Mistra-Rocks.<br />
Zuvor hatte sich meine<br />
Fortbewegungsart vom Wandern<br />
immer mehr zum Klettern<br />
entwickelt, dazu noch zwischen<br />
und über riesige Findlinge, an<br />
deren scharfkantigen Oberflächen<br />
die Profile meiner Trailschuhe<br />
ebenso hängen blieben<br />
wie meine Kleidung und überhaupt<br />
alles an mir in den sich<br />
rankenden Dornen.<br />
Einer Klettergruppe begegnete<br />
ich irgendwann „auf halber<br />
Höhe“ (= drei bis fünf Meter<br />
über dem Boden). Wenig heldinnenhaft<br />
frage ich nach, ob<br />
mich jemand unter den Einpackenden<br />
aus dem Gebiet führt.<br />
Es kommt besser:<br />
62 | mind magazin 148/juni 2022
MENSA SIGHT<br />
Abkürzung?!<br />
Der Kletterer nimmt mich<br />
auch im Auto mit und setzt<br />
mich am nächsten Zwischenziel,<br />
der Ramla-Bay, wieder ab.<br />
Den Rest der Strecke – nur noch<br />
nach Marsalforn will ich heute,<br />
dort findet am Abend ein Pub<br />
Quiz statt – beschreibt er mir als<br />
leicht und zeigt mir sogar den<br />
Einstieg. Auf sanften und später<br />
weniger sanften Hügeln gehe<br />
ich über dem Meer entlang bis<br />
…, ja, bis sich der Pfad einmal<br />
mehr verliert.<br />
Untergrund unergründlich,<br />
Vegetation geht mir bis sonst<br />
wohin. Dennoch halte ich erstmal<br />
Kurs. Und werde unversehens<br />
von hinten seitlich gerufen.<br />
Ein älterer Mann. Ich rufe<br />
zurück, keine Antwort. Also<br />
weiter, mehr oder weniger unbeirrt,<br />
mehr oder weniger Kurs<br />
halten. Da sehe ich den Mann<br />
wieder, ganz klar kommt er mir<br />
entgegen. Was tun?<br />
Da die Malteser ja zum Glück<br />
den bewaffneten Kampf gegen<br />
Bunte Blumenwiesen zwischen Tafelbergen und Cliffs.<br />
Eindringlinge aufgegeben haben,<br />
versuche ich es mit Zivilisiertheit.<br />
Entschuldige mich,<br />
dass ich auf seinem Land rumstapfe.<br />
Er lächelt nachsichtig<br />
und geht entschieden vor durch<br />
den niedrigen Weizen, über einen<br />
kleinen Bach. Bald stehen<br />
wir in etwas, das mein an deutsche<br />
Ordentlichkeit gewohntes<br />
Auge erst auf den zweiten<br />
Blick als Zitrusplantage ausmacht.<br />
Der Mann greift nach einer<br />
Orange, öffnet sie, reicht mir<br />
die Hälfte, isst die andere.<br />
Noch einmal, dann schenkt<br />
er mir zwei Orangen (eine sauer,<br />
eine süß) und pflückt dann<br />
noch Zitrusfrüchte von einem<br />
Baum, die ich bis dahin noch<br />
nicht kannte, und so ohne weiteres<br />
auch nicht probiert hätte.<br />
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Coaching und Beratung für Hochbegabte und Hochsensible<br />
•Perspektive wechseln<br />
• Orientierung finden<br />
•Handbremse lösen<br />
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MENSA SIGHT<br />
Das Know-how, dass diese essbar<br />
und auch sehr erfrischend<br />
sind, war übrigens sogar für Andrea<br />
neu – und wird jetzt wohl<br />
weiter mit der M-Community<br />
geteilt.<br />
Nach einer freundlichen Verabschiedung<br />
(vor allem gemessen<br />
an dem Eindringling, der<br />
ich war), reicht es mir an Abenteuern,<br />
und ich trotte die steile,<br />
aber immerhin eindeutig sichtbare,<br />
da geteerte Straße nach<br />
Marsalforn hinunter.<br />
Andere Action<br />
Das Pub Quiz werden wir an<br />
diesem Abend gewinnen. Vor<br />
allem wegen unseres herausragenden<br />
Wissens über Päpste,<br />
was sich bei drei eher kirchenfernen<br />
Personen schon seltsam<br />
ausnimmt. Die Fragen bezüglich<br />
der Kardashians und „Girls“<br />
verhauen wir dafür gründlich.<br />
Oder könntet ihr die nach ihrem<br />
Geburtsdatum sortieren?<br />
Nach dieser gemischten Erfahrung<br />
mit einem selbst erschwerten<br />
Abenteuer hatte ich die Insel-Umrundung<br />
natürlich nicht<br />
satt. Sondern habe gleich den<br />
zweiten Teil auch noch erwandert.<br />
Dabei war das Spannende,<br />
wie so oft, nicht das einzelne<br />
Highlight, sondern die Wege<br />
dazwischen mit Landschaften,<br />
wie es sie sonst kein zweites Mal<br />
gibt. Das gilt für antike Salinen<br />
unter aus Sand gepressten „Felsen“<br />
oder für bunte Blumenwiesen<br />
zwischen Tafelbergen und<br />
Cliffs.<br />
Falls es anstrengend geklungen<br />
haben sollte, das war es nur<br />
ein bisschen. Eben ein Abenteuer<br />
für Anfänger:innen: Selbst<br />
verschuldet, selbst gewählt,<br />
selbst gemacht und mit der<br />
Option, an jeder Straßenecke<br />
schnell ein günstiges Taxi zu bekommen.<br />
Dafür, dass auch an den übrigen<br />
Tagen die Zeit nicht lang<br />
wurde, sorgte einmal mehr Andrea,<br />
unter anderem mit dem<br />
gemeinsamen Besuch des Musicals<br />
„Sister Act“ (fantastische<br />
Inszenierung!) und eines Konzerts<br />
in der prächtigen Kathedrale<br />
von Ir-Rabat, der „Hauptstadt“<br />
von Gozo. Und dann blieb<br />
ja auch noch Zeit zum Relaxen<br />
am Pool.<br />
Relaxen am Pool mit Zeit zum Lesen gab es auch. <br />
Foto: Andrea Schwelm<br />
64 | mind magazin 148/juni 2022
D<br />
iesmal geht es um<br />
die Rätselart Wurmlöcher.<br />
Es ist eine Rundweg-Variante,<br />
die im<br />
Sommer 2021 von Jürgen<br />
Blume-Nienhaus<br />
erfunden wurde, zusammen<br />
mit dem Monoblock,<br />
den wir letztes<br />
Jahr im August-Mag<br />
vorgestellt haben.<br />
Wurmlöcher<br />
Anleitung:<br />
Zeichne entlang der gepunkteten<br />
Linien einen<br />
geschlossenen Weg<br />
ein, wobei nicht alle<br />
Gitterpunkte durchlaufen<br />
werden müssen.<br />
Die Zahlen innerhalb<br />
der Felder geben an,<br />
wie viele der benachbarten<br />
Kanten für den<br />
Weg verwendet werden.<br />
Der Weg darf sich nicht<br />
RÄTSEL<br />
selbst kreuzen oder berühren.<br />
An den Gitterpunkten,<br />
die mit einer<br />
umkreisten Zahl markiert<br />
sind, macht der<br />
Rundweg einen Sprung<br />
zu der anderen Stelle,<br />
die die gleiche Zahl enthält.<br />
Die Zahlen müssen<br />
in aufsteigender Reihenfolge<br />
durchlaufen<br />
werden, und nach der<br />
höchsten Zahl wieder<br />
die 1 erreichen.<br />
Auflösungen<br />
Ausgabe 147<br />
Auflösungen im nächsten Heft<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 65
ORGANISATION<br />
Wer weiß mehr?<br />
Organisatoren lokaler Treffen.<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
01… Dresden / SAMIR KÖCKRITZ / 01520 – 7 070 090<br />
04… Leipzig / MARIO STOLL / 0341 – 3 038 020<br />
06… Halle / MARCUS HILLMANN / 0162 – 4 968 254<br />
07… Jena / WOLFGANG KLINGHAMMER / 0176 – 39 649 614<br />
Chemnitz / STEFANIE WEBER / 01525 – 3 442 810<br />
09…<br />
Annaberg / ALMUT NITZSCHE / 03733 – 289 418<br />
10…<br />
Berlin / MATTHIAS KRIBBEN / 0172 – 5 656 004<br />
Brandenburg / PETER OEHLKE / 030 – 41 999 861<br />
19… Schwerin/Mecklenburg-Vorpommern /<br />
KARSTA LINKE / 03883 – 723 338<br />
20… Hamburg / HENNING SCHRAMM / 0171 – 3 411 543<br />
Hamburg-Harburg / HEIKE HARNACK /<br />
21… 0162-4 291 482<br />
Lüneburg / JÜRGEN REIMERS / 04131 – 37 887<br />
22…<br />
Ahrensburg / HERBERT ZUR NEDDEN /<br />
0152 – 51 364 568<br />
23… Lübeck / MARISA HAUFE / 0173 – 6 019 490<br />
Kiel / SIGRID UND UDO SCHULTZ / 0431 – 521 269<br />
Flensburg / GERD BORCHERS / 0461 – 79 501 322<br />
24…<br />
Bad Bramstedt / ULRIKE SANDER-HOYER /<br />
0170 – 6 053 874<br />
Pinneberg / ANDREA BAHRENFUSS / 04123 – 929 934<br />
25…<br />
Heide/Husum / LARS MEYER / 0162 – 5 273 363<br />
26… Oldenburg / DIRK BOSHOVEN / 0151 – 15 311 785<br />
28… Bremen / NICOLE RETAT / 0176 – 56 799 944<br />
30… Hannover / RAINER NEUSÜSS / 05108 – 9 217 686<br />
32… Minden / CHRISTOPHER KRAUS / 0571 – 3 851 868<br />
Paderborn / DANIEL KEYHANI / 0173 – 6 955 510<br />
33… Ostwestfalen/Lippe / ANNETTE FRANZ /<br />
0521 – 42 826 586<br />
34… Kassel / NORBERT FAULSTICH / 0160 – 4 281 179<br />
Marburg / BETTINA BAGUNK / 06421 – 51 403<br />
35… Gießen / FRANK BRANDT / 0 64 03 – 926 543<br />
Wetzlar / MARKUS MATTZICK / 06441 – 446 970<br />
36… Fulda / KARSTEN ASSMANN / 0661 – 9 600 083<br />
37… Göttingen / NORBERT FAULSTICH / 0160 – 4 281 179<br />
Braunschweig / TIMO WEIL / 0177 – 4 131 826<br />
38… Clausthal-Zellerfeld / GUNNAR KAESTLE /<br />
05323 – 997 724<br />
39… Magdeburg / GUNNAR HENDRICH / 01 76 – 42 095 828<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
40… Düsseldorf / MARC-ANDRÉ KAISER / 0211 – 2 393 676<br />
41… Mönchengladbach / BODO SCHNELL / 02433 – 525505<br />
42… Wuppertal / ACHIM WAGENKNECHT / 0179 – 4 517 387<br />
44…<br />
45…<br />
Dortmund / KERSTIN PAUL-KRUMMRICH /<br />
0231 – 9 586 387<br />
Essen / SANDRA BAUMANN-TRAMPE / 0201 – 782 983<br />
Mülheim/Ruhr / JENS HELLBING / 01575 – 5 786 932<br />
Marl / ROBERT KLOSE / 0173 – 7 144 636<br />
46… Wesel / BURKHARD HOCHSTRASS / 0163 - 90 69 570<br />
47…<br />
48…<br />
Duisburg / INA PAULS / 0203 – 593 214<br />
Kevelaer / ROLF EGGING / 02832 – 4 557<br />
Kleve / HANS-GERD THEUNISSEN / 0 28 21 – 29 404<br />
Münster / MELANIE JÄGER / 0171 – 2 190 967<br />
Münster / SIMON SIEBERS / 0151 – 22 602 621<br />
49… Osnabrück / BIRGIT WIPPERMANN / 01 77 – 2 608 004<br />
Köln / KLAUS BAUMHAUER / 0157 – 73 808 128<br />
50…<br />
Köln / FRAUKE RIEKEN / 0221 – 8 231 808<br />
52… Aachen / NINA GRAVES / 0176 – 47 330 036<br />
53… Bonn / SVETLA KNÖSCHKE / 0160 – 7 082 153<br />
55… Mainz / KAI GEHRETH / 01577 – 3 969 315<br />
56… Koblenz / MARTIN SCHULZE / 0261 – 309 382<br />
57… Siegen / SABINE SCHIRM-SPRINGOB / 02761 – 7 039 911<br />
58… Hagen / ANDREA SCHÖNEBERG / 0172 – 9 367 921<br />
59… Soest / DIETER PIPER / 02381 – 948 666<br />
60… Frankfurt / JENS SCHROBBACK / 0173 – 9 807 687<br />
61… Bad Homburg / JESSICA JOHN<br />
63… Aschaffenburg / JAN ZBIKOWSKI / 0162 – 8 492 917<br />
64… Darmstadt / BEHROUZ CHAGHERI / 0173 – 3 103 633<br />
65… Wiesbaden / SILKE HANSEN / 069 – 1 553 676<br />
66… Saarbrücken / PETER MOOG / 0171 – 3 787 722<br />
67…<br />
68…<br />
69…<br />
Kaiserslautern und Pfalz / CRISTINA KRAUSS / 0162 –<br />
2 701 102 / MARC HILLER / 0176 – 81 687 948<br />
Mannheim / KATJA WALDORF UND MARTIN VITEK /<br />
06221 – 3016 66<br />
Heidelberg / KATJA WALDORF UND MARTIN VITEK /<br />
06221 – 3016 66<br />
70… Stuttgart / MARTIN JÄKLE / 0151 – 72 712 329<br />
72… Tübingen / JÜRGEN SCHAICH / 0176 – 96 358 274<br />
75… Pforzheim / GABRIELE WALTER / 0176 – 61 048 332<br />
66 | mind magazin 148/juni 2022
ORGANISATION<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
76…<br />
77…<br />
Karlsruhe / JULIANE SCHNEIDER / 07243 – 728 774<br />
Pfalz / CRISTINA KRAUSS / 0162 – 2 701 102<br />
Pfalz / MARC HILLER / 06731 – 9 079 640<br />
Lahr/Schwarzwald / MARTIN KATZNER /<br />
07821 – 37 679<br />
78… Bodensee / MARTIN ROSCHER / 07541 – 836 739<br />
79…<br />
80…<br />
81…<br />
Freiburg im Breisgau / HENDRIK FREYTAG /<br />
0177 – 7 607 919<br />
München / BRIGITTE BRECHT / 089 – 8 644 939<br />
München / CHRISTIAN ROSENKRANZ /<br />
0176 – 61 198 156<br />
München-Pasing / MAX VOIGTMANN /<br />
089 – 30 004 913<br />
83… Holzkirchen / HEIKE WEBER / 08024 – 476 626<br />
84...<br />
85…<br />
Landshut-Freising / WERNER KELNHOFER /<br />
08762 – 2 189<br />
Ingolstadt / BRIGITTE MAIER / 0157 – 35 663 678<br />
Alpenland/Region / HANS GEORG MICHNA /<br />
0179 – 3 217 777<br />
86… Augsburg / THOMAS KRAUSS / 08232 – 77 782<br />
87… Memmingen / TINA ACHAM / 08331 – 8 339 744<br />
88… Wangen im Allgäu / BRIGITTE GÖSER / 07561 – 7 715<br />
89… Ulm/Neu Ulm / INGRID RENZ / 0174 – 3 337 549<br />
89… Heidenheim / HEIKE VOGLER / 01577 – 3 237 078<br />
90… Nürnberg / CHRISTOPH RUGE / 09131 – 9 752 945<br />
91… Erlangen / CHRISTOPH RUGE / 09131 – 9 752 945<br />
93… Regensburg / LUDWIG KOLB / 0941 – 5 987 095<br />
94…<br />
Passau / KARIN POLZ / 08502 – 915 840<br />
Philippsreut / CHRISTIAN KOCH / 08557 – 729<br />
95… Bayreuth / STEFAN WLADARSCH / 0921 – 5 167 420<br />
96… Bamberg / CORNELIA SCHUMANN / 0151 – 401 419 32<br />
96… Coburg / FRANK EISENWIENER / 09561 – 6 209 400<br />
97… Würzburg / ANNETTE KUNZ / 0931 – 980 880<br />
99… Erfurt / LINDA SOLCHER / 0162 – 4 162 631<br />
Termine & Treffen<br />
Eine Übersicht mit aktuellen<br />
Treffen und Terminen gibt<br />
es im Internet unter:<br />
ř db.mensa.de/events<br />
Die E-Mailadressen der<br />
lokalen Ansprechpersonen<br />
findet ihr unter:<br />
ř db.mensa.de/kontakt.htm<br />
Adressänderungen<br />
Da Postvertriebsstücke von der<br />
Post nicht nachgesandt werden,<br />
kommen <strong>MinD</strong>-Magazine<br />
trotz Nachsendeauftrag als unzustellbar<br />
an die Geschäftsstelle<br />
zurück. Änderungen von Adressen<br />
oder Daten bitte an die<br />
Geschäftsstelle oder selbst im<br />
eMVZ unter „Meine Daten“ eingeben!<br />
ř office@mensa.de<br />
Änderungswünsche an<br />
der Tabelle bitte an:<br />
ř mindmag@mensa.de<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 67
INFORMATION<br />
Internet<br />
Ì www.mensa.de<br />
Ì www.mensa.de/social/<br />
eMVZ<br />
Ì https://db.mensa.de<br />
Schlichter<br />
Christiane Schmetzer<br />
¼ 07822 / 780 027<br />
ì schmetzer@kabelbw.de<br />
Michael Robert Biber<br />
¼ 0175 / 1 649 242<br />
ì biber@newdirection.de<br />
Monika Maria Sommer<br />
ì monika@msommer.de<br />
Kinder- und Jugendbereich<br />
Camps:<br />
Michael Bonfert<br />
Regional:<br />
Annette Schlüter<br />
Daniela Hirscheider<br />
Volker Schwarz<br />
¼ 0179 / 6 758 335<br />
ì kiju-ko@mensa.de<br />
Spenden an Mensa<br />
<strong>MinD</strong>-Stiftung gGmbH<br />
IBAN:<br />
DE26 5109 0000 0071 4576 05<br />
BIC: WIBADE5W<br />
SIGHT<br />
Couchsurfen und mehr im smarten<br />
Umfeld. Deutsche SIGHT-Co:<br />
Andrea Schwelm<br />
ì sight@mensa.de<br />
Sozialfonds<br />
Frank Pirman<br />
¼ 0157 / 88 052 000<br />
ì frank.pirman@t-online.de<br />
IBAN:<br />
DE13 4306 0967 4034 1168 03<br />
BIC: GENODEM1GLS<br />
Sozialprojekt zum JT<br />
Jörg Büttner<br />
Sebastianstraße 21 a<br />
10179 Berlin<br />
¼ 030 / 33 878 731<br />
ì mann-le@web.de<br />
IBAN:<br />
DE74 1007 7777 0480 4738 00<br />
BIC: NORSDE51XXX<br />
Vereinskonto<br />
ì kasse@mensa.de<br />
IBAN:<br />
DE03 5109 0000 0071 4586 01<br />
BIC: WIBADE5W<br />
Mitgliedsbeitrag: 55 Euro im Jahr<br />
Leitender Psychologe (NSP)<br />
Kai Bestmann Dipl.-Psychologe<br />
Neuenkamp 30, 25497 Prisdorf<br />
¼ 04101 / 6 046 232<br />
ì testbetrieb@mensa.de<br />
Intelligenztest<br />
Termine und Anmeldemöglichkeit<br />
gibt es auf unseren Webseiten.<br />
Ì www.mensa.de<br />
Vorstandsassistenz<br />
Laura Sperber<br />
¼ 0176 / 60 389 216<br />
ì assistenz@mensa.de<br />
Verwaltung<br />
Geschäftsführung<br />
Martin Jäkle<br />
gf@mensa.de<br />
Geschäftsstelle<br />
Cirsten Novellino<br />
Wandlhamerstraße 2<br />
82166 Gräfelfing<br />
¼ 089 / 86 466 251<br />
Fax: 089 / 86 466 252<br />
ì office@mensa.de<br />
Geschäftszeiten<br />
Dienstag und Donnerstag<br />
8:30 bis 16:30 Uhr<br />
International/<br />
Deutschsprachige Nachbarn<br />
International Office<br />
Michael Freenan<br />
Executive Director Mensa<br />
International Ltd.<br />
Slate Barn, Church Lane,<br />
Caythorpe<br />
Lincolshire NG 32 3EL<br />
United Kingdom<br />
¼ 0044 / 1 400 272 675<br />
Fax: 0044 / 1 400 272 675<br />
ì mensainternational@<br />
mensa.org<br />
Ì www.mensa.org<br />
Chairman<br />
Björn Liljeqvist<br />
ì chairman-mil@mensa.org<br />
NatReps<br />
Peter Fröhler<br />
ì peter.froehler@mensa.de<br />
Yu Jin Son<br />
ì yu_jin.son@mensa.de<br />
Mensa Österreich<br />
Gerald Schmidt<br />
Paulasgasse 17/3/26<br />
A-1110 Wien<br />
ì vorsitz@mensa.at<br />
Ì www.mensa.at<br />
Mensa Schweiz<br />
Christine Ryser<br />
Ruchackerweg 5<br />
CH-4565 Recherswil<br />
ì chair@mensa.ch<br />
Ì www.mensa.ch<br />
68 | mind magazin 148/juni 2022
IMPRESSUM<br />
Vorstand<br />
Tanja Gabriele Baudson<br />
Vorsitz, Kooperationen,<br />
Wissenschaft & Forschung,<br />
Bildung, Webseite<br />
Impressum<br />
<strong>MinD</strong> Magazin<br />
Die offizielle Zeitschrift<br />
von Mensa in Deutschland e.V.<br />
ISSN 1866-9867<br />
Anzeigen<br />
Martin Jäkle<br />
gf@mensa.de<br />
0151 / 72 712 329<br />
ì tanja.baudson@mensa.de<br />
Timm Bauten<br />
Internationales,<br />
Marketing,<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
ì timm.bauten@mensa.de<br />
Mel Jäger<br />
Regionale Struktur,<br />
Mensa Youth Events, Kids &<br />
Juniors, Großveranstaltungen,<br />
Testbetrieb, BoutIQue<br />
ì melanie.jaeger@mensa.de<br />
Alexander Kessner<br />
Mensa Youth Projekte,<br />
Vereinsmedien, SIGs,<br />
Mitgliederbetreuung, Virtuelle<br />
Events, Prävention<br />
ì alexander.kessner@mensa.de<br />
Hermann Meier<br />
Recht & Compliance,<br />
Finanzen, Datenschutz, IT,<br />
Organisation, Ansprechpartner<br />
GF, Vorschlagswesen<br />
(teilweise kommissarisch)<br />
ì hermann.meier@mensa.de<br />
Redaktionsanschrift<br />
ì mindmag@mensa.de<br />
Herausgeber<br />
Mensa in Deutschland e.V.<br />
Rodinger Straße 19<br />
93413 Cham<br />
Registergericht: Köln, VR 8190<br />
Kontakt<br />
Wandlhamerstraße 2<br />
82166 Gräfelfing<br />
Zuständig im Vorstand<br />
und V.i.S.d.P.:<br />
Alexander Kessner<br />
Chefredakteur<br />
Erwin Klein<br />
ì chefredakteur@mensa.de<br />
Redaktion<br />
Babette Mairoth-Voigtmann<br />
Christina Zejewski<br />
Cornelia Capito<br />
Jan Zbikowski<br />
Julian Lemburg<br />
Kathrin Viergutz<br />
Katrin Sluka<br />
Martin Sluka<br />
Monika Besselmann<br />
Ralf Müller<br />
Sören Köser<br />
Swen Neumann<br />
Ulrike Dürnfeld<br />
Uta Viegener<br />
Layout<br />
KURT Media<br />
Celler Straße 1<br />
38518 Gifhorn<br />
Druck<br />
Passavia GmbH & Co. KG<br />
Medienstraße 5b<br />
94036 Passau<br />
Ì www.passavia.de<br />
Auflage<br />
15.300<br />
Abo für Nichtmitglieder<br />
Jährlich einschließlich Zustellung<br />
und 7 Prozent USt im Inland 18,50<br />
Euro, im Ausland 21,50 Euro<br />
Die mit dem Namen des Verfassers<br />
oder seinen Initialen gekennzeichneten<br />
Beiträge geben die Meinung<br />
des Autors wieder. Nachdruck nur<br />
mit schriftlicher Zustimmung und<br />
mit Quellenangabe. Die Redaktion<br />
behält sich vor, Leserbriefe und<br />
eingeschickte Artikel gekürzt zu<br />
veröffentlichen.<br />
Redaktionsschluss<br />
Ausgabe 149: 20. Juni 2022<br />
Ausgabe 150: 20. August 2022<br />
Ausgabe 151: 20. Oktober 2022<br />
mind magazin 148/juni 2022 | 69
SCHEER WARE<br />
Macht doch mal nichts!<br />
Also wirklich gar nichts!<br />
Von Heinz-Detlef Scheer<br />
„Wann haben Sie eigentlich das<br />
letzte Mal nichts gemacht?“<br />
fragt meine Nachbarin mich, als<br />
ich zum dritten Mal die Treppe<br />
rauf komme, was ja nun wirklich<br />
nichts Auffälliges ist. Sie<br />
steht an ihrer Wohnungstür<br />
und fängt mich ab. Zuerst hatte<br />
ich irgendwas umgeräumt im<br />
Keller, das zweite Mal vergessen,<br />
was ich in die Wohnung raufholen<br />
wollte und jetzt endlich dran<br />
gedacht. Und jetzt stehe ich da<br />
mit dem Werkzeugkasten in der<br />
Hand.<br />
„Wie meinen Sie das: 'nichts'?“<br />
frage ich sie – heftig keuchend<br />
und um Atemluft ringend wie<br />
andere Menschen, die vielleicht<br />
außer sich selbst und einem<br />
Werkzeugkoffer noch zwei Kästen<br />
Bier dabei haben.<br />
Nichts, was im<br />
Terminkalender steht<br />
„Naja, nichts eben! Nichts, was<br />
im Terminkalender steht, nichts,<br />
wozu Sie sich verpflichtet fühlen,<br />
nichts, was Sie meinen,<br />
das andere von Ihnen erwarten,<br />
nichts, was Sie schon immer tun<br />
wollten, nichts, was Ihnen plötzlich<br />
einfiel, als ein Termin ausfiel,<br />
nichts, was Sie meinen, was<br />
man eigentlich tun müsste?“<br />
Ich versuche zu meiner Wohnungstür<br />
zu gelangen. Das gelingt<br />
aber nicht, weil sie offenbar<br />
meint, in mir jemanden entdeckt<br />
zu haben, dem unbedingt<br />
geholfen werden muss. Soll<br />
sie doch den Werkzeugkasten<br />
nachher wieder runter tragen,<br />
wenn sie mir unbedingt helfen<br />
will! Aber nein. Sie versperrt<br />
mir den Weg und meint, ich solle<br />
den Werkzeugkasten abstellen,<br />
mich doch einfach mal auf<br />
die Treppenstufen setzen und<br />
an gar nichts denken und mich<br />
dabei entspannen.<br />
Sie versperrt meine Tür, ich<br />
stelle den Werkzeugkasten ab,<br />
setze mich auf die Treppe und<br />
hoffe, dass ich sie dabei nicht zu<br />
erwartungsvoll ansehe.<br />
Das gelingt mir aber offenbar<br />
nicht, denn sie macht sofort<br />
weiter: „Sehen Sie, das ist doch<br />
schon mal ein erster Schritt!<br />
Jetzt sitzen Sie da, und das wollten<br />
Sie eigentlich gar nicht. Und<br />
wie fühlen Sie sich jetzt dabei?!“<br />
Ich denke nur: „Die hat ´nen<br />
Volkshochschulkurs gemacht.<br />
Irgendwas mit Achtsamkeit<br />
oder so was. Du meine Güte,<br />
hoffentlich komme ich heute<br />
noch in meine Wohnung!“<br />
Der verfluchte Schrank würde<br />
sich wohl kaum von selbst<br />
reparieren! Und ich wollte an<br />
meinem freien Nachmittag eigentlich<br />
noch staubsaugen, einkaufen,<br />
das neue Buch über depressive<br />
Verstimmungen und<br />
deren Bekämpfung durch positives<br />
Reframing lesen, dafür<br />
eine Rezension schreiben, die<br />
Bewerbungsunterlagen eines<br />
Kollegen checken, und einen<br />
Arbeitskreis zu einem neuen<br />
Thema gründen …<br />
Retsina beim<br />
Griechen trinken<br />
Eine Viertelstunde später<br />
hat sich meine Nachbarin den<br />
Werkzeugkasten geschnappt,<br />
um irgendwas festzuschrauben,<br />
wobei ich ihr nicht helfen könne.<br />
Und ich? Ich sitze gegenüber<br />
beim Griechen, trinke Retsina<br />
und esse. Und ansonsten tue ich<br />
nichts, rein gar nichts. Der blöde<br />
Schrank muss eben bis morgen<br />
warten. Ist auch okay so.<br />
70 | mind magazin 148/juni 2022
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