3/2012 - Leporello
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Mmusik<br />
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IK<br />
Rezension<br />
Barbara Schöller sorgte als<br />
überkandidelte, melodramatische<br />
Gattin des Grafen für<br />
viel Heiterkeit.<br />
18 LeporeLLo<br />
Eine scheinbare Idylle<br />
Gute Unterhaltung mit Lortzings „Der Wildschütz“ am Mainfranken Theater Würzburg<br />
Ein heiteres Vergnügen bot<br />
Albert Lortzings komische<br />
Oper „Der Wildschütz“ im<br />
Mainfranken Theater Würzburg.<br />
Mögen auch manche intellektuellen<br />
„Geister“ darüber die Nase<br />
rümpfen – dieses Werk lebt von der<br />
eingängigen Musik seines leider<br />
oft verkannten und betrogenen,<br />
in bitterer Armut verstorbenen<br />
Schöpfers. 1842 wurde es uraufgeführt;<br />
die kritischen Untertöne<br />
darin gegen soziale Missstände,<br />
etwa gegen die degenerierte Lebensweise<br />
der Adligen, gegen die<br />
erbärmlich schlechte Bezahlung<br />
der Lehrer, gegen die Anbetung<br />
des Geldes zeigen: Hier handelt es<br />
sich nicht um eine fröhlich gemütvolle<br />
Unterhaltung aus der Zeit<br />
des Biedermeier, sondern um die<br />
Demonstration einer scheinbaren<br />
Idylle. Gleich zu Anfang weist während<br />
der Ouvertüre das wirre Treiben<br />
hinter dem Vorhang darauf<br />
hin. Wild-Wesen sind zu ahnen,<br />
dann fällt ein Schuss, als Schulmeister<br />
Baculus im gräflichen Revier<br />
wildert, um für seine Hochzeit<br />
einen Rehbraten zu organisieren;<br />
leider aber trifft er nur den eigenen<br />
Esel. Doch der Jagd-Frevel<br />
kostet ihn fast seine Stellung. Die<br />
anschließenden Verwicklungen<br />
führen ins Schulzimmer wo die<br />
Verlobung des greisen Lehrers<br />
mit seiner Schülerin gefeiert wird.<br />
Dabei verwandelt sich der Chor<br />
von einer wilden Meute in brave<br />
Eleven, später zur faulen Dienerschaft<br />
oder zu Anbeterinnen des<br />
Schlossherrn. Bei den turbulenten<br />
Szenen bediente sich Regisseurin<br />
Deborah Epstein mit Lust, Spott<br />
und Witz aus dem Reservoir seltsam<br />
schräger Typen. Der mit Wonne<br />
singende Chor agierte sehr lebendig,<br />
und das Orchester unter<br />
der Leitung von Andrea Sanguinetti<br />
schien in den Melodien von<br />
Lortzing zu schwelgen. Dazu hatte<br />
Bernd Franke eine stimmige Bühne<br />
gebaut, ein karges Schulzimmer,<br />
einen eleganten gräflichen<br />
Salon sowie einen Pavillon im<br />
Park, der an Veitshöchheim erinnerte.<br />
Neben dem stattlichen Grafen<br />
(Daniel Fiolka) sorgte Barbara<br />
Schöller als überkandidelte, melodramatisch<br />
ihre Antiken-Manie<br />
zelebrierende Gattin für viel Hei-<br />
terkeit, und Johan F. Kirsten als<br />
trottelig-liebenswerter Schulmeister<br />
sang nicht nur ausgezeichnet,<br />
sondern spielte sich auch in die<br />
Herzen des Publikums. Dass er<br />
Gretchen (Anja Gutgesell) heiraten<br />
will, führt nur zu Irritationen.<br />
„Die Stimme der Natur“ – so der<br />
Untertitel – aber hätte beinahe<br />
nicht gewirkt und die Falschen<br />
zusammengeführt, schließlich<br />
aber finden doch noch Baronin<br />
und Baron zusammen. Einer aber<br />
behält stets die Übersicht: der<br />
köstlich fränkelnde Haushofmeister<br />
Pancratius (Herbert Brand).<br />
Renate Freyeisen<br />
Fotos FalK Von trauBenBerG