03.06.2022 Aufrufe

Vitalstoffe 1/2022

Vitalstoffe ist die erste Zeitschrift in deutscher Sprache, die sich zum Ziel setzt, umfassend über die Roh- und Wirkstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln sowie über deren Darreichungsformen zu berichten. Im Mittelpunkt stehen die Produktion und Mischung von Rohstoffen und deren Wirkung auf die menschliche Gesundheit. Wissenschaftlich fundierte Informationen und Studien bieten die Möglichkeit der Aufklärung, die durch die Health Claims Verordnung immer schwieriger geworden ist. Leser sind Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln, Vermarkter, Lohnhersteller und Rohstoffhersteller bis hin zum Point of Sales sowie Ärzte, Ernährungsspezialisten und Apotheker.

Vitalstoffe ist die erste Zeitschrift in deutscher Sprache, die sich zum Ziel setzt, umfassend über die Roh- und Wirkstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln sowie über deren Darreichungsformen zu berichten. Im Mittelpunkt stehen die Produktion und Mischung von Rohstoffen und deren Wirkung auf die menschliche Gesundheit. Wissenschaftlich fundierte Informationen und Studien bieten die Möglichkeit der Aufklärung, die durch die Health Claims Verordnung immer schwieriger geworden ist.

Leser sind Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln, Vermarkter, Lohnhersteller und Rohstoffhersteller bis hin zum Point of Sales sowie Ärzte, Ernährungsspezialisten und Apotheker.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ausgabe 1/<strong>2022</strong> 12. Jahrgang ISSN 2192-2632 8,90 €<br />

1<strong>2022</strong><br />

Das Magazin für Mikronährstoffe und deren Wirkungen<br />

TITEL: Krillöl<br />

Mikrobiom Gewichtsmanagement<br />

Zink Demenz<br />

Vitamin D Augengesundheit


SUPPORTS YOUR WEIGHT MANAGEMENT EFFORTS<br />

PATENT<br />

New<br />

Breakthrough Study<br />

[Choi et al., 2021] - Submitted<br />

L. rhamnosus HA-114 improves<br />

eating and mood-related<br />

behaviors in adults with<br />

overweight during weight loss.<br />

I N G<br />

P E N D<br />

QUALITY PROBIOTICS.<br />

COMPLETE SOLUTIONS.<br />

IMMUNE<br />

HEALTH<br />

MENTAL<br />

HEALTH<br />

SKIN<br />

HEALTH<br />

METABOLIC<br />

HEALTH<br />

SPORT<br />

Go to breakthrough study results<br />

lallemand-health-solutions.com<br />

Follow us on <br />

healthsolutions@lallemand.com


Editorial<br />

“Sonnen-<br />

Vitamin”<br />

Vitamin D3<br />

unterstützt die<br />

normale<br />

Funktion des<br />

Immunsystems<br />

Ernährungsmedizin und<br />

Ernährungstherapie<br />

Eine ernährungsmedizinische Betreuung<br />

findet im klinischen Bereich noch<br />

immer nicht umfassend statt. Sie setzt<br />

einen Plan für die individuelle Versorgung<br />

mit Makro- und Mikronährstoffen<br />

voraus und ist bei Krebserkrankungen,<br />

Stoffwechsel- und Darmproblemen, bei<br />

Adipositas, Magersucht und Unverträglichkeiten<br />

essenziell. Sie sollte bestimmten<br />

Patientengruppen auch außerhalb der<br />

Klinik zur Verfügung stehen. Die Ernährungstherapie<br />

zielt mehr auf die Verbesserung<br />

des Essverhaltens und spielt daher<br />

für die Prävention eine große Rolle.<br />

Eine neue Arbeitsgemeinschaft Ernährungsmedizin<br />

und Ernährungstherapie<br />

(EMET) möchte den Zugang für Betroffene<br />

verbessern. Notwendig sind<br />

dafür verbindliche Standards für die<br />

Ausbildung von Fachkräften und die<br />

verpflichtende Zertifizierung der Gemeinschaftsverpflegung<br />

in Kliniken und<br />

Pflegeeinrichtungen.<br />

April <strong>2022</strong><br />

Benno Keller<br />

Die derzeit möglichen Zuweisungswege<br />

für Ernährungstherapie sind unzureichend;<br />

denn es gibt keine grundsätzliche<br />

Anerkennung der Ernährungstherapie<br />

als Heilmittel und eine Verordnung als<br />

Kassenleistung ist nur eingeschränkt für<br />

wenige Indikationen vorgesehen.<br />

In ihrem Positionspapier beschreibt die<br />

AG EMET die interprofessionelle Zusammenarbeit<br />

in der ambulanten und<br />

stationären ernährungsmedizinischen<br />

sowie ernährungstherapeutischen Versorgung.<br />

Weitere Informationen zur AG<br />

EMET finden sich auf ihrer Homepage<br />

visionnutrition.de<br />

Es grüßt Sie herzlich<br />

Benno Keller<br />

Herausgeber<br />

Die „<strong>Vitalstoffe</strong>“ kann abonniert werden. Das Abonnement besteht immer aus<br />

4 Ausgaben – z. B. Ausgabe 2 / <strong>2022</strong> – 1/ 2023. Der Jahresbezugspreis beträgt in<br />

Deutschland € 40,00 inkl. MwSt und Versandkosten, im Ausland € 48,00.<br />

Bitte bestellen Sie per E-Mail bei: bk@nutri-network.com<br />

Vitamin D3 Pharma Nord D-Pearls®<br />

Die Vitamin D-<br />

Formel mit<br />

dokumentierter<br />

Bioverfügbarkeit<br />

– Vitamin D3 Kapseln gelöst<br />

in kaltgepresstem Olivenöl<br />

Vitamin D3 unterstützt<br />

• die normale Funktion des Immunsystems<br />

• die Aufrechterhaltung normaler Knochen,<br />

Zahn- und Muskelfunktion<br />

• einen normalen Kalziumspiegel im Blut<br />

• die Aufnahmefähigkeit/Verwertung von<br />

Kalzium und Phosphor<br />

• die Rolle bei den Zellteilungsprozessen<br />

Dokumentierte Bioverfügbarkeit!<br />

25(OH)-D-Blutspiegel (nmol/L)<br />

150<br />

125<br />

100<br />

75<br />

50<br />

130 nmol/L<br />

4 × D-Pearls/täglich (160 µg)<br />

91 nmol/L<br />

2 × D-Pearls/täglich (80 µg)<br />

53 nmol/L<br />

Placebo-Gruppe<br />

1 2 3 4 Wochen<br />

– Zeigt eine deutliche Erhöhung des 25 (OH)-Vitamin-D-<br />

Spiegels bei norwegischen Athleten nach einer vierwöchigen<br />

Einnahme¹.<br />

¹ Bauman, André Colin Klæboe, ”Effekt av vitamin D-tilskudd på<br />

25(OH) D-status”, University Oslo, July 2013.<br />

PZN 06558789 Vitamin D3 Pharma Nord D-Pearls 20 μg pro Kapsel<br />

PZN 12511473 Vitamin D3 Pharma Nord D-Pearls 38 μg pro Kapsel<br />

PZN 15570861 Vitamin D3 Pharma Nord D-Pearls 75 μg pro Kapsel<br />

Qualitätsprodukte von<br />

...die mit dem goldenen Mörser<br />

Tel: 0461-14140-0<br />

E-Mail: info@pharmanord.de • www.pharmanord.de<br />

3<br />

Pr<br />

Am<br />

Foo<br />

EPI<br />

nutz<br />

förd<br />

zure<br />

sch<br />

bes<br />

Übe<br />

For<br />

che<br />

Leb<br />

und<br />

wan<br />

Kei<br />

Die<br />

abn<br />

übe<br />

Fet<br />

ne u<br />

zuf<br />

DE_D-Pearls_Ad_<strong>Vitalstoffe</strong>_81x303_0122V


V italstoffe<br />

Titel: Krillöl<br />

Krill (Euphausia superba) enthält wertvolles Omega 3, aber<br />

auch Cholin, das den Homocystein- und Fettstoffwechsel in der<br />

Leber unterstützt.<br />

© Visuals Unlimited, Inc./Richard Herrmann<br />

© Alex_Murphy – shutterstock.com<br />

Beitrag auf Seite 40<br />

Inhalt<br />

6 Aktuelle Studien<br />

6 Pflanzliche Probiotika helfen bei<br />

Allergien<br />

8 Schwarze Johannisbeeren für Sportler<br />

10 Kaempferol bei Adipositas<br />

12 Epigenetik<br />

12 Kann man Vitalität messen ?<br />

16 Pflanzenextrakte<br />

16 Moringa – Multivitamin und<br />

hoher Proteingehalt<br />

36 Pflanzliche Stoffe für das<br />

Gewichtsmanagement<br />

49 Holunderbeerenextrakt<br />

18 Mikrobiom<br />

18 Darmgesundheit 2.0<br />

21 Zink<br />

21 Zink für die Männergesundheit<br />

26 Vitamin D<br />

26 … ist es wirklich so wichtig ?<br />

32 Long-COVID<br />

32 Zwischen Endotheliopathie mit Koagulopathie<br />

und mitochondrialer Dysfunktion<br />

36 Gewichtsmanagement<br />

36 Pflanzliche Inhaltsstoffe<br />

38 Probiotik<br />

38 Probiotik<br />

38 Lactobazillus für das Gewichtsmanagement<br />

40 Krillöl<br />

40 Krillöl für die Herzgesundheit<br />

43 Omega-3-Öl<br />

43 Omega-3-DHA und Vitamin B gegen Demenz<br />

46 Liposome<br />

46 Die Wirkstoff-Trojaner<br />

49 Immunsystem<br />

49 Holunderbeerenextrakt<br />

54 Augengesundheit<br />

54 Makuladegeneration<br />

<strong>Vitalstoffe</strong> für Prävention und Therapie<br />

4


Messen<br />

VIVA<br />

VITAFOODS!<br />

The world‘s nutraceutical event<br />

10. – 12. Mai <strong>2022</strong> Genf<br />

Erleben Sie auf der Vitafoods Europe am<br />

VIVATIS Stand I60 die neuesten Trends und<br />

Technologien zu Nahrungsergänzungsmittel!<br />

➜ Entdecken Sie neue Darreichungstechnologien und innovative Produktformate<br />

➜ Erfahren sie mehr über studienbasierte Rohstoffe und Formulierungen<br />

➜ Lernen Sie ein neues Mitglied der VIVATIS Familie kennen: Probionova –<br />

unser Partner für innovative probiotische Lösungen<br />

WWW.VIVATIS.DE | NE@VIVATIS.DE | +49 (0)40 236 90 90


V italstoffe<br />

Aktuelle Studien<br />

Unsere Studienredaktion unter der Leitung von Dr. Stefan Siebrecht, Carola Weise und Laura Ingenlath wertet für<br />

jede Ausgabe der <strong>Vitalstoffe</strong> aktuelle Studien zur Präsentation aus.<br />

Pflanzliche Probiotika helfen bei Allergien<br />

Lassen sich pflanzenbasierte Probiotika als wirksames Mittel gegen<br />

Allergiesymptome einsetzen? Ein Forscherteam der Universität<br />

im japanischen Hiroshima widmete sich im Rahmen einer<br />

Studie diesem vielversprechenden Denkansatz und publizierte<br />

die Ergebnisse in der Zeitschrift Nutrients.<br />

Lactobazillen pflanzlichen Ursprungs<br />

Untersucht werden sollte die Wirkung von Lactobacillus paracasei<br />

IJH-SONE68, das im vorliegenden Fall aus Feigenblättern<br />

isoliert worden war. Es gehört zur Gruppe der Gram-positiven<br />

Milchsäure-Bakterien (Lactic acid bacteria/LAB), die eine<br />

große Menge an Milchsäure erzeugen. Im Allgemeinen gelten<br />

sie nicht als pathogen, darüber hinaus produzieren viele ihrer<br />

Stämme funktionelle Substanzen mit gesundheitsförderlichen<br />

Eigenschaften, einige davon gelten als Probiotika.<br />

Lactobacillus paracasei IJH-SONE68 bildet sog. Exopolysaccharide<br />

(EPS). Dabei handelt es sich um extrazelluläre<br />

Makromoleküle, die im Zusammenhang mit Phagozytose und<br />

Phagenangriff, Austrocknung und Zellerkennung, Antibiotika,<br />

toxischen Verbindungen und osmotischem Stress eine wichtige<br />

Rolle spielen.<br />

Für die aktuelle Studie haben die Forscher eine große Anzahl<br />

an LABs aus natürlichen Quellen isoliert, insbesondere aus<br />

pflanzlichem Rohmaterial einschließlich Früchten und Heilkräutern.<br />

Damit wurde eine aus Pflanzen gewonnene LAB-<br />

Bibliothek mit mehr als 1.000 Stämmen erstellt.<br />

Anhand von Tierversuchen belegten die Wissenschaftler, dass<br />

die EPS, die vom Stamm Lactobacillus paracasei IJH-SO-<br />

NE68 erzeugt werden, Hauterkrankungen wie Ekzeme (insbesondere<br />

Pecrylchlorid-induzierte Kontaktdermatitis) und<br />

Darmbeschwerden (IBD/insbesondere Dextransulfat-Natrium<br />

(DSS)-induzierte ulzerative Kolitis) verhindern können, indem<br />

sie die beschleunigte Expression von Interleukin (IL)-4 und den<br />

Serum-IgE-Spiegel unterdrücken und die MIP-2-Expression<br />

reduzieren.<br />

Im nächsten Schritt wollte das Team erforschen, ob sich diese<br />

Substanz auch bei Allergien einsetzen lässt, unter denen die<br />

Erkrankten ganzjährig leiden. Grund dafür war die weltweit<br />

starke Zunahme bei den Allergieerkrankungen, bei denen es<br />

sich um durch Immunglobulin E (IgE) vermittelte entzündliche<br />

Erkrankungen vom Typ 1 handelt.<br />

Details der Studie<br />

Durchgeführt wurde diese doppelblinde, randomisierte, Placebo-kontrollierte<br />

Parallelgruppenstudie von Mai 2019 bis Juli<br />

2021 an der Universität Hiroshima. 57 Probanden im Alter<br />

© renko aleks – shutterstock.com<br />

6


Aktuelle Studien<br />

zwischen 21 und 70 Jahren wurden nach dem Zufallsprinzip<br />

ausgewählt und entweder der IJH-SONE68-Einnahmegruppe<br />

oder der Placebogruppe zugeordnet.<br />

Die Probanden wurden angewiesen, 12 Wochen lang täglich<br />

entweder vier Kapseln IJH-SONE68 (1040 mg) oder das Placebo<br />

einzunehmen, dies unter Beibehaltung ihrer normalen Ernährungsgewohnheiten.<br />

Alle 4 Wochen wurden die Probanden an der Universität Hiroshima<br />

ärztlich untersucht, um das Gesamt-IgE im Serum zu<br />

messen, einen Fragebogen zur Selbsteinschätzung und eine<br />

visuelle Analogskala (VAS, die die Schwierigkeiten bei den<br />

Aktivitäten des täglichen Lebens anzeigt) auszufüllen und das<br />

spezifische IgE im Serum (für zwei Arten von Hausstaub, Süßgras-Pollen,<br />

Wildkrautpollen, Tierhaare und Pilze) ermitteln zu<br />

lassen. Darüber hinaus wurden biochemische Messungen und<br />

Urinuntersuchungen (nach 12 Wochen) durchgeführt, Blutproben<br />

entnommen, sowie der Körperfettanteil und der Blutdruck<br />

gemessen.<br />

Resultate der Studie<br />

Der Fragebogen zur Selbsteinschätzung erbrachte, dass sich<br />

bei jedem der sechs Allergiesymptome die Durchschnittswerte<br />

verringerten. Hierzu zählten Häufigkeit des Niesens, Häufigkeit<br />

des Schnäuzens, verstopfte Nase, juckende Augen,<br />

tränende Augen, Mattigkeit des Kopfes. Dies konnte zwar in<br />

beiden Gruppen dokumentiert werden, allerdings war die Verminderung<br />

bei vier Allergie-Kennzeichen in der IJH-SONE68-<br />

Gruppe deutlich stärker ausgeprägt als in der Placebo-Gruppe.<br />

Die durchschnittlichen Parameter für alkalische Phosphatase<br />

(ALP), Alanin-Aminotransferase (ALT), Aspartat-Aminotransferase<br />

(AST), und Cholinesterase (ChE), die als Biomarker für<br />

Zellschäden gelten, waren in der IJH-SONE68-Gruppe gegenüber<br />

dem Ausgangswert gesunken, im Vergleich zur Placebo-<br />

Gruppe waren diese Veränderungen signifikant.<br />

Folgendes Fazit konnten die Forscher nach Abschluss der<br />

Studie ziehen: „Die orale Verabreichung des sprühgetrockneten<br />

Pulvers aus der Kulturbrühe von Lactobacillus paracasei<br />

IJH-SONE68 konnte in der vorliegenden klinischen Studie die<br />

Ergebnisse der Selbsteinschätzung des Allergiestatus der Probanden<br />

deutlich verbessern. Die vorliegenden Resultate zeigen,<br />

dass der Stamm IJH-SONE68 Personen mit ganzjährigen Allergien<br />

helfen und Unannehmlichkeiten verringern kann.“<br />

Quelle: Nutrients<br />

“Plant-Derived Lactobacillus paracasei IJH-SONE68 Improves<br />

Chronic Allergy Status: A Randomized, Double-Blind,<br />

Placebo-Controlled Clinical Trial”, November 2021<br />

Autoren: Noda, M.; Kanno, K.; Danshiitsoodol, N.; Higashikawa,<br />

F.; Sugiyama, M.<br />

Innovative<br />

Ingredients<br />

VISIT US<br />

Stand F84<br />

Vitafoods<br />

<strong>2022</strong><br />

LEHVOSS Nutrition bietet eine breite Palette interessanter und<br />

innovativer Rohstoffe zur Unterstützung der Gesundheit von<br />

Frauen: von OptiMSM ® , das die Schönheit von innen heraus,<br />

gesundes Altern und aktive Mobilität fördert, bis zu Bacognize ®<br />

Bacopa für emotionales Wohlbefinden, Wachsamkeit und<br />

Schlafqualität.<br />

PureSea ® Seaweed kann bei verschiedenen Symptomen, die<br />

mit allen Phasen der Menopause verbunden sind, unterstützen;<br />

während unsere Golden Omega ® Fischölkonzentrate Frauen<br />

vor, während und nach der Schwangerschaft unterstützen.<br />

Darüber hinaus bieten wir weitere wichtige Markenrohstoffe wie<br />

EpiCor ® Postbiotic, Pomella ® Granatapfel, Naticol ® Collagen<br />

und HAPLEX ® Plus HA zur Unterstützung der Gesundheit von<br />

Haut und Darm.<br />

Erweitern Sie Ihre Antioxidantienformel mit PureWay-C ® ,<br />

der fortschrittlichen Form von Vitamin-C mit hervorragender<br />

Bioverfügbarkeit, oder werfen Sie einen Blick auf Zink,<br />

Selen, Magnesium und mehr in unserem breiten Angebot an<br />

hochwertigen PHARMAGNESIA ® Mineralstoffen. Kontaktieren<br />

Sie uns, um mehr zu erfahren.<br />

doi.org/10.3390/nu13114022<br />

April <strong>2022</strong><br />

+49 (0)40 44197-259 | nutra@lehvoss.de<br />

www.lehvoss-nutrition.com<br />

7


V italstoffe<br />

Bessere Erholung nach intensivem Sport mit schwarzen Johannisbeeren<br />

Wie kann man Muskelschäden, die durch starke körperliche<br />

Belastung beim Sport entstehen, vorbeugen? Gibt es Wege, den<br />

Erholungsprozess nach intensivem Training zu beschleunigen?<br />

Diesen Fragen widmeten sich Wissenschaftler der Universität<br />

von Surrey im Rahmen einer Studie, deren Ergebnisse in der<br />

Zeitschrift Nutrients veröffentlicht wurden.<br />

Im Zentrum der Analysen standen die Wirkstoffe von neuseeländischen<br />

schwarzen Johannisbeeren (New Zealand blackcurrent/NZBC),<br />

die antioxidativ wirkenden Komponenten sollten<br />

hierzu eingehend untersucht werden.<br />

Auswirkungen von intensivem Training auf<br />

den Körper<br />

Belastungsbedingte Muskelschäden (Exercise Induced Muscle<br />

Damage, EIMD) entstehen durch die Ansammlung von Leukozyten,<br />

die durch Phagozytose und die Freisetzung proteolytischer<br />

Enzyme sowie reaktiver Sauerstoff- und Stickstoffspezies<br />

(ROS) eine Schädigung des Muskelgewebes auslösen können.<br />

Wenn die Derivate nicht abgebaut werden, können sie die körpereigene<br />

antioxidative Abwehrfähigkeit übersteigen. In einer<br />

sekundären Kaskade können die Muskelfasern Schaden nehmen<br />

oder sogar zerstört werden, was den Erholungsprozess<br />

nach dem Training beeinträchtigt.<br />

Da Entzündungen und ROS-Derivate an EIMD beteiligt sind,<br />

stellen Nahrungsmittel und Supplemente mit anti-inflammatorischen<br />

und antioxidativen Eigenschaften eine interessante Option<br />

zur Verringerung dieser Muskelschäden dar.<br />

Schwarze Johannisbeeren und ihre<br />

Wirkstoffe<br />

Schwarze Johannisbeeren verfügen dank ihres hohen Gehalts<br />

an Anthocyanen und Vitamin C über eine hohe antioxidative<br />

Kapazität. Bereits in früheren Studien konnte belegt werden,<br />

dass der Verzehr von Anthocyan-reichen Extrakten aus neuseeländischen<br />

schwarzen Johannisbeeren (NZBC) positive physiologische<br />

Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, den Stoffwechsel<br />

und das Immunsystem hat. Inwieweit die Wirkstoffe<br />

zur Linderung einer EIMD beitragen können, wurde jedoch<br />

bisher nicht untersucht.<br />

Basis der Studie<br />

Ziel der aktuellen doppelblinden, randomisierten, Placebo-kontrollierten<br />

und parallel angelegten Studie war es, die Auswirkungen<br />

des NZBC-Extrakts auf die Anzeichen der Muskelschädigung<br />

und -erholung nach einem anstrengenden isokinetischen<br />

Widerstandstraining zu analysieren.<br />

Die Forscher vermuteten, dass es angesichts der engen Beziehung<br />

zwischen der Bioverfügbarkeit von Anthocyanen im Plasma<br />

und der funktionellen Wirksamkeit von Vorteil sein könnte,<br />

1 bis 2 Stunden nach dem Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln/Nahrungsmitteln<br />

Sport zu treiben, um den Spitzenwert<br />

an Anthocyanen im Plasma zu erreichen, damit die adaptiven<br />

zellulären Ereignisse maximiert und somit die Erholung gefördert<br />

werden kann.<br />

Sie stellten fest, dass das Präparat zu einer dreimal schnelleren<br />

Erholung der Muskelkraft und einer Verringerung des Muskelkaters<br />

führte, zu 47% und 49% weniger Muskelkater nach 24<br />

und 48 Stunden und zu 84% weniger Muskelgewebeschäden<br />

nach 96 Stunden im Vergleich zu Placebo.<br />

Details der Studie<br />

Siebenundzwanzig gesunde und nicht im Widerstandstraining<br />

befindliche Männer und Frauen im Alter von 18 bis 45 Jahren<br />

nahmen freiwillig an der Studie teil (Studenten und Mitarbeiter<br />

der Universität von Surrey). Die Probanden wurden nach dem<br />

Zufallsprinzip ausgewählt und erhielten 12 Tage lang entweder<br />

Kapseln mit dem NZBC-Extrakt (n = 14, 300 mg aktiver Johannisbeerenextrakt<br />

mit 105 mg Anthocyanen) oder ein Placebo<br />

(PLA) (n = 13, 300 mg mikrokristalline Cellulose M 102).<br />

Am achten Tag führten die Teilnehmer maximale konzentrische<br />

und exzentrische Kontraktionen der Muskelgruppe des<br />

Biceps brachii auf einem isokinetischen Dynamometer durch.<br />

Der Muskelkater (anhand einer visuellen Analogskala), die<br />

Muskelfunktion (durch Messung der maximalen freiwilligen<br />

Kontraktion [MVC]), der Bewegungsumfang (ROM) und die<br />

Serum-Kreatinkinase (CK) wurden vor (0 h) und nach (24, 48,<br />

96 h) der Übung bewertet.<br />

An den Tagen 8 bis 12 erfolgten zu einer vergleichbaren Zeit<br />

am Morgen Kriteriumsmessungen. Die Teilnehmer begannen<br />

24 Stunden vor den Übungen, über sechs Tage ein Ernährungstagebuch<br />

zu führen, dies wurde 96 Stunden lang fortgeführt.<br />

Die Analyse der Aufzeichnungen bestätigte, dass es keinen Unterschied<br />

in der Gesamtenergieaufnahme, dem Verbrauch von<br />

Makronährstoffen und Anthocyanen zwischen den Gruppen<br />

gab.<br />

Ergebnisse der Studie<br />

Es zeigte sich, dass die MVC unmittelbar vorher, 24 Stunden,<br />

48 Stunden und 72 Stunden nach dem Training signifikant niedriger<br />

war, die Teilnehmer jedoch 96 Stunden nach dem Training<br />

ihren Ausgangswert bei der Muskelkraft wieder erreicht hatten.<br />

Ein Gruppen- oder Interaktionseffekt für die MVC konnte nicht<br />

8


Aktuelle Studien<br />

verzeichnet werden. In der NZBC-Gruppe wurde jedoch nur<br />

eine vorübergehende Verringerung der MVC unmittelbar nach<br />

der exzentrischen Übung beobachtet, ohne dass sich die Kraftwerte<br />

24, 48, 72 und 96 Stunden nach der Übung unterschieden.<br />

Die CK stieg 48, 72 und 96 Stunden nach dem Muskelschädigungsprotokoll<br />

in der PLA-Gruppe signifikant an, während diese<br />

Auswirkung in der NZBC-Gruppe signifikant geringer war,<br />

insbesondere nach 72 und 96 Stunden.<br />

24 Stunden nach dem Muskelverletzungsprotokoll wurde eine<br />

Zunahme des Muskelkaters beobachtet, der nach 48 Stunden<br />

seinen Höhepunkt erreichte und sich danach wieder reduzierte.<br />

Die Teilnehmer der NZBC-Gruppe hatten 24 und 48 Stunden<br />

nach dem Training weniger Muskelkater als die Teilnehmer der<br />

PLA-Gruppe.<br />

Die Beteiligten beider Gruppen erfuhren im Laufe der Zeit eine<br />

signifikante Veränderung ihres Ellenbogen-Bewegungsradius<br />

(ROM). 24 Stunden nach dem Training konnte eine Abnahme<br />

der Ellenbogen-ROM festgestellt werden. 96 Stunden nach<br />

dem Sport hatte sich die ROM in der NZBC-Gruppe erholt,<br />

während sie in der PLA-Gruppe im Vergleich zum Ausgangswert<br />

verringert blieb.<br />

Fazit<br />

Abschließend stellten die Wissenschaftler fest, dass der Verzehr<br />

eines Anthocyan-reichen Extrakts aus schwarzen Johannisbeeren<br />

8 Tage vor und 4 Tage nach einem exzentrischen Training<br />

eine schnellere Erholung der Muskelfunktion ermöglicht sowie<br />

die CK-Aktivität im Serum und den Muskelkater reduziert.<br />

Um die Ergebnisse zu untermauern, sollten künftige Analysen<br />

die regelmäßige NZBC-Supplementierung im Hinblick auf die<br />

Trainingskapazität und die hypertrophe Reaktion auf Widerstandsübungen<br />

untersuchen – sowohl im Leistungs- als auch im<br />

Freizeitsportbereich.<br />

Quelle: Nutrients<br />

“Consumption of New Zealand Blackcurrant Extract Improves<br />

Recovery from Exercise-Induced Muscle Damage in<br />

Non-Resistance Trained Men and Women: A Double-Blind<br />

Randomised Trial”, August 2021<br />

Autoren:<br />

Hunt, J.E.A; Coelho, M.O.C.; Buxton, S.; Butcher, R.; Foran,<br />

D.; Rowland, D.; Gurton, W.; Macrae, H.; Jones, L.; Gapper,<br />

K.S.; Manders, R.J.F.; King, D.G.<br />

doi.org/10.3390/nu13082875


V italstoffe<br />

Kaempferol gegen Entzündungen<br />

bei Fettleibigkeit<br />

Eine neue Studie hat ergeben, dass<br />

das Flavonol Kaempferol bei Mäusen,<br />

die mit einer fettreichen Diät gefüttert<br />

wurden, die Darmgesundheit stärkte,<br />

schädliche Verschiebungen in der<br />

Mikrobiom-Balance verhinderte und<br />

die Gewichtszunahme verringerte. Die<br />

Forschungsergebnisse wurden von einem<br />

Wissenschaftlerteam aus Peking<br />

und Tokio im Journal of Nutritional<br />

Biochemistry veröffentlicht.<br />

Kaempferol gehört zu den Flavonoiden,<br />

und es findet sich in einer Vielzahl<br />

von Lebensmitteln wie Bohnen, Spinat,<br />

Grünkohl, Brokkoli und Tee. Benannt<br />

wurde das Molekül nach dem deutschen<br />

Arzt und Naturforscher Engelbert Kaempfer,<br />

der im 17. und 18. Jahrhundert<br />

tätig war.<br />

Neuer Forschungsansatz<br />

Frühere Studien über Kaempferol konzentrierten<br />

sich auf seine antioxidativen<br />

Eigenschaften. Aber wie bei anderen<br />

schwer löslichen und schlecht absorbierten<br />

Polyphenol-Antioxidantien hat<br />

man nun Forschungen unter einem neuen<br />

Schwerpunkt angestellt – von der antioxidativen<br />

Wirkung hin zu den Stoffwechselprozessen<br />

im Darm. In dieser<br />

neuen Analyse wollten die Forscher anhand<br />

eines Tiermodels für Fettleibigkeit<br />

herausfinden, welche Auswirkungen<br />

Kaempferol in Bezug auf Darmentzündungen<br />

und die Balance des Darmmikrobioms<br />

besitzt.<br />

Adipöses und Fettleber-Gewebe gelten<br />

als die Hauptursachen für Entzündungen<br />

bei Fettleibigkeit. Die Forscher wollten<br />

untersuchen, inwieweit eine fettreiche<br />

Ernährung im Mausmodell mit daraus<br />

resultierender Adipositas einen Anstieg<br />

der Darmpermeabilität als Folge einer<br />

Beeinträchtigung der Darmepithelbarriere<br />

und das Vorhandensein von Entzündungen<br />

im Verdauungstrakt auslösen<br />

kann – ein charakteristisches Merkmal<br />

bei krankhaftem Übergewicht.<br />

Inwiefern Kaempferol Entzündungen<br />

entgegenwirken könnte, sollte anhand<br />

eines Versuchsplanes ermittelt werden.<br />

22 acht Wochen alte männliche Mäuse<br />

wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Eine<br />

Sechsergruppe bekam eine normale Ernährung,<br />

während die beiden anderen<br />

Achtergruppen eine fettreiche Diät mit<br />

und ohne Zusatz von Kaempferol erhielten.<br />

Die Kaempferol-Dosierung wurde<br />

im Futter mit 0,1 % angegeben.<br />

Die Mäuse wurden 16 Wochen lang mit<br />

den verschiedenen Futtermitteln ernährt.<br />

In der 15. Woche wurde ein oraler Glukosetoleranztest<br />

durchgeführt, nachdem<br />

die Mäuse über Nacht gefastet hatten<br />

10


Aktuelle Studien<br />

Kategorie<br />

und dann eine 50%ige Glukoselösung oral verabreicht bekommen<br />

hatten. Bevor die Mäuse eingeschläfert wurden, wurde<br />

eine Blutentnahme vorgenommen und die Darmpermeabilität<br />

gemessen.<br />

Reduktion bei Gewichtszunahme und<br />

Entzündungen, bessere Mikrobiota-<br />

Balance<br />

Die Mäuse wurden während des gesamten Versuchszeitraumes<br />

regelmäßig gewogen, und andere Messungen der Fettmenge<br />

und der Adipozytengröße erfolgten durch postmortale Untersuchungen<br />

von konserviertem Gewebe. Die Zusammensetzung<br />

der Mikrobiota wurde mithilfe einer herkömmlichen Stuhlproben-Analyse<br />

untersucht.<br />

Die Forscher stellten fest, dass die Gruppe mit hohem Fettkonsum<br />

und Kaempferol (HFK) eine bessere Darmbarriere-<br />

Funktion aufwies als die Gruppe, die ausschließlich mit einer<br />

fettreichen Diät (HF) gefüttert worden war. Außerdem nahm<br />

die HFK-Gruppe deutlich weniger an Gewicht zu als die HF-<br />

Gruppe und erzielte im Glukosetest bessere Ergebnisse. Im<br />

Hinblick auf die Zusammensetzung der Mikrobiota war bei<br />

der HFK-Gruppe im Gegensatz zur HF-Gruppe keine Verschiebung<br />

innerhalb der Bakterienstämme von Bacteroides zu<br />

Firmicutes zu verzeichnen.<br />

Abschließend resümierten die Forscher: „Unsere Ergebnisse<br />

deuten darauf hin, dass Kaempferol seine schützende Wirkung<br />

auf HFD-induzierte Fettleibigkeit durch integrative Reaktionen<br />

ausübt, die seine entzündungshemmenden und präbiotischen<br />

Fähigkeiten einschließen. Darüber hinaus könnte<br />

die modulierende Wirkung von Kaempferol über den TLR4/<br />

NF-κB-Signalweg vermittelt werden. Obwohl wir spezifische<br />

intestinale Entzündungs-/Mikrobiota-Wege in Bezug auf die<br />

durch Kaempferol vermittelte Abschwächung von Fettleibigkeit<br />

identifiziert haben, beschränkte sich die vorliegende Studie<br />

auf Korrelationsanalysen, die keine Kausalität nachweisen<br />

können. Daher sind weitere Untersuchungen erforderlich, um<br />

die genauen molekularen Mechanismen zu ermitteln, die hier<br />

eine Rolle spielen.“<br />

Quelle:<br />

Journal of Nutritional Biochemistry<br />

“Kaempferol reduces obesity, prevents intestinal inflammation,<br />

and modulates gut microbiota in high-fat diet mice.” January<br />

<strong>2022</strong><br />

Autoren: Bian Y, et al.<br />

doi.org/10.1016/j.jnutbio.2021.108840<br />

April <strong>2022</strong><br />

11


V italstoffe<br />

Gwen Bingle<br />

Vitalität messen – die Quadratur des Kreises oder<br />

rettet uns die Epigenetik?<br />

Wie wäre es, wenn unsere Vitalität tiefenwirksam messbar wäre?<br />

© ART-ur – shutterstock.com<br />

Tagtäglich kaufen wir – gesundheitsbewusste<br />

Menschen – Lebensmittel in<br />

Bio-Qualität, rackern uns beim Sport<br />

ab, investieren in teure Nahrungsergänzungsmittel,<br />

versuchen Umweltgifte zu<br />

meiden, achten auf einen erholsamen<br />

Schlaf und dass der Alltagsstress nicht<br />

ausufert. Aber geht es uns dabei wirklich<br />

besser oder ist es nur Einbildung? Werden<br />

wir dadurch tatsächlich länger und<br />

gesünder leben oder ist es letztendlich<br />

nur eine Frage der richtigen Gene? Sicher<br />

haben sich die meisten von uns bei<br />

diesen Gedanken gelegentlich ertappt…<br />

Wir kennen ihn doch schließlich alle,<br />

den Otto Normalverbraucher, der mit<br />

96 noch fit wie ein Turnschuh war, und<br />

erst nach einem blöden Sturz gestorben<br />

ist. Den Otto, der bis zum bitteren Ende<br />

immer wahllos und maßlos gefressen,<br />

gesoffen und geraucht hat – ja, sogar<br />

die langen, stinkenden Zigarillos. Auch<br />

kennen wir die Erika Mustermann, die<br />

permanent auf Diät, wenn sie nicht auf<br />

Kur ist, die keine Yogastunde verpasst<br />

und allergisch auf Rauch reagiert. Und<br />

wir fragen uns, warum ausgerechnet<br />

sie, im zarten Alter von 42, mit einer<br />

schrecklichen neurodegenerativen Erkrankung<br />

diagnostiziert wurde.<br />

Lohnt sich also der ganze Aufwand,<br />

die Anstrengung, gar die Askese, wenn<br />

vielleicht alles schon genetisch vorprogrammiert<br />

ist? Wie schön wäre es, wenn<br />

es einen Marker gäbe, der einem verraten<br />

würde, ob man doch richtig liegt,<br />

ob all die Investitionen sich schließlich<br />

rentieren… Eine der neuesten Biowissenschaften,<br />

die Epigenetik, sagt eindeutig:<br />

Ja, es gibt ihn, den anschaulichen<br />

Marker, der körperliche Vitalität<br />

und Gesundheit widerspiegelt. Es ist<br />

das sogenannte biologische Alter.<br />

Aber klar, Sie wissen, wie alt Sie sind,<br />

nicht wahr? Ihr chronologisches Alter<br />

steht ja schwarz auf weiß im Pass und<br />

seine Progression wird in regelmäßigen<br />

Abständen gefeiert, beziehungsweise<br />

mehr oder weniger bewusst<br />

verdrängt. Aber altert Ihr Körper auch<br />

so linear? Wie alt sind Sie denn wirklich?<br />

Fühlen Sie sich als 50-jährige an<br />

manchen Tagen wie 85, wenn es beim<br />

Aufstehen überall zwickt und schmerzt?<br />

Oder schlagen Sie all die Freunde Ihrer<br />

Alterskohorte nach 30 Jahren immer<br />

noch locker beim Tennisspielen? Die<br />

Epigenetik gibt uns dafür eine konkrete<br />

Begründung, die weit über einen<br />

frischen Teint, ein gutes Belastungs-<br />

EKG oder ein unbedenkliches Blutbild<br />

hinausgeht. Sie schaut ins Innere der<br />

Zellen, um es u. a. nach metabolischen<br />

Alterungszeichen durchzuforsten.<br />

Im Gegensatz zur Genetik, die sich<br />

auf die genetische „Hardware“, bzw.<br />

die geerbten Gensequenzen, die die<br />

Grundrichtungen und Potenziale unserer<br />

gesundheitlichen Entwicklung und<br />

Alterung vorgeben, konzentriert, liegt<br />

der Fokus der sogenannten Epigenetik<br />

auf der Untersuchung des Genomumfeldes.<br />

Sie schaut sich also die „Software“<br />

an, die die Aktivierung oder die Stummschaltung<br />

bestimmter genetischer Merkmale<br />

steuert. Auch wenn diese Software<br />

zum Teil vererbt sein kann, wird<br />

sie durch den individuellen Lebensstil<br />

maßgeblich beeinflusst – sprich, kann<br />

dadurch auch bewusst gesteuert werden.<br />

Eine epigenetische Untersuchung ist<br />

also darauf ausgerichtet, Regionen um<br />

12


Epigenetik<br />

die DNA zu betrachten, die durch zentral<br />

gesteuerte biochemische Prozesse wie<br />

Methylierung oder Histonmodifikation<br />

bestimmte metabolische Prozesse regulieren<br />

– Prozesse, die z. B. Erkrankungen<br />

wie Krebs und Diabetes oder neurologische<br />

Störungen begünstigen können.<br />

Aber über das Krankheitspotenzial hinaus<br />

kann die epigenetische Analyse ein<br />

umfassendes Bild über die Alterung des<br />

gesamten Organismus abgeben (1).<br />

Steve Horvath, ein deutsch-amerikanischer<br />

Professor der Humangenetik an der<br />

UCLA, hat 2013 eine der ersten „Multi-<br />

Gewebe“ epigenetischen Uhren entwickelt<br />

– eine aufwendige biochemische<br />

Testung, die 353 Regionen um das Genom<br />

untersuchte, um ein ausgesprochen differenziertes<br />

Bild über lokale Ausprägungen<br />

der Körperalterung abzugeben (2). Gut<br />

und schön, denken Sie vielleicht, aber<br />

solche Testungen sind für Normalsterbliche<br />

sicher kaum zugänglich – geschweige<br />

denn erschwinglich. Die gute Nachricht<br />

ist aber, dass die Epigenetik sehr schnell<br />

voranschreitet. Epigenetikern – wie z. B.<br />

Professor Moshe Szyf und seinem Team<br />

von der McGill Universität in Montreal,<br />

Kanada – ist es gelungen, die Testprozedur<br />

so zu vereinfachen, dass der Methylierungsgrad<br />

von lediglich 13 Regionen<br />

(sogenannte CpG-Inseln) um die DNA<br />

untersucht werden muss, um eine sehr<br />

präzise Korrelierung mit dem biologischen<br />

Alter zu erzielen. So wird der Test<br />

für ein viel breiteres Publikum ohne allzu<br />

große Investition verfügbar. Anhand einer<br />

einfachen Speichelprobe, aber dank<br />

aktuellster analytischer Technologie und<br />

maschinellem Lernen ist epiAge, der<br />

daraus resultierende Test, in der Lage,<br />

seinen Nutzern eine genaue biologische<br />

Altersauskunft zu geben (3).<br />

Auf Basis dieser Angabe – eine Zahl<br />

mit zwei Nachkommastellen – können<br />

Anwender also Abweichungen vom<br />

chronologischen Alter feststellen. Liegt<br />

das biologische Alter deutlich niedriger<br />

als das chronologische, ist dies ein Zeichen,<br />

dass einiges schon richtig läuft und<br />

dass es eher darum geht, Feineinstellungen<br />

im Lebensstil vorzunehmen. Tut sich<br />

jedoch eine deutliche Diskrepanz in der<br />

anderen Richtung auf, kann das Individuum<br />

davon ausgehen, dass einiges in<br />

der Lebensführung verbesserungswürdig<br />

ist und dies als Ansporn nehmen, Änderungen<br />

in den Bereichen Ernährung bzw.<br />

Nahrungsergänzung, Bewegung, Schlaf<br />

und Work-Life-Balance oder emotionale<br />

Bewältigung vorzunehmen.<br />

Für gesundheitlich interessierte Laien<br />

stellt diese epigenetische Testung<br />

einen großen Vorteil dar: im Vergleich<br />

zu oft teuren, aufwendigen<br />

oder schwer zugänglichen herkömmlichen<br />

metabolischen Leistungstests<br />

(wie z. B. Belastungs-EKGs und<br />

Sauerstoffsättigungstests) oder zu<br />

Stand H190<br />

Zink für<br />

gesunde<br />

Männer<br />

Profitieren Sie von unseren<br />

Zinksalzen<br />

◆ Erhöht den Testosteronspiegel<br />

◆ Fördert den Muskelaufbau und Bartwuchs<br />

◆ Stärkt die Abwehrkräfte<br />

◆ Unterstützt die mentale Gesundheit<br />

April <strong>2022</strong><br />

13


V italstoffe<br />

Körperflüssigkeitsuntersuchungen, die<br />

einzelne Nährstoffpegel oder pathologisch<br />

anmutende biochemische Entwicklungen<br />

abbilden, aber eine hohe fachliche<br />

bzw. diagnostische Kompetenz vom medizinischen<br />

Begleitpersonal verlangen,<br />

um relevante Zusammenhänge zu erkennen,<br />

ermöglicht ein epigenetischer Test<br />

wie epiAge eine systemübergreifende<br />

Momentaufnahme des gesamten körperlichen<br />

Metabolismus. Die Konfrontation<br />

mit einer einfachen Ziffer, die dennoch<br />

auf einer hochkomplexen Analyse beruht,<br />

ermöglicht es Laien, sich dank eines prägnanten<br />

symbolischen Wertes – dem (biologischen)<br />

Alter – auf einem Kontinuum<br />

zwischen Jugend und Alter, Gesundheit<br />

und Verfall bzw. Vitalität und Morbidität<br />

augenblicklich und präzise zu situieren.<br />

Dabei soll es allerdings nicht bleiben, da<br />

die Epigenetik im Vergleich zu einer sich<br />

meistens sehr langsam über Generationen<br />

hinweg entwickelnden Genetik einen<br />

durchaus dynamischen und individuell<br />

beeinflussbaren Verlauf an den Tag legt.<br />

Faszinierenderweise können also anschließende<br />

Testungen (empfohlen wird<br />

i.d.R. ein Intervall von 6 Monaten zwischen<br />

2 Tests) konkrete Verbesserungen<br />

der Vitalität wiedergeben und somit Individuen<br />

weiter dazu motivieren, ihre Gesundheit<br />

selbst in die Hand zu nehmen.<br />

Im Umkehrschluss können negative Entwicklungen<br />

– seien sie körperlicher oder<br />

emotionaler Natur, wie z. B. ein existentieller<br />

Schock – in einer beträchtlichen<br />

Erhöhung des biologischen Alters fast<br />

unmittelbar widerspiegelt werden.<br />

Da die Epigenetik aber noch in den Kinderschuhen<br />

steckt, stehen viele weitere<br />

spannende Entwicklungen an einem<br />

absehbaren Horizont – ganz besonders,<br />

wenn man an <strong>Vitalstoffe</strong> denkt. Aus der<br />

Perspektive der Leserschaft und somit<br />

auch der Nahrungsergänzungsmittelindustrie<br />

bestehen bei der Konzipierung<br />

von NEM viele Herausforderungen über<br />

die Problematik der Health Claims und<br />

der möglichen Patentierung hinaus – z. B.<br />

mit Aspekten wie den angemessenen<br />

Dosierungs- bzw. Verzehrempfehlungen,<br />

der Bioverfügbarkeit der jeweiligen<br />

Stoffe, positiven versus negativen<br />

Wechselwirkungen bei der Kombination<br />

verschiedener Substanzen usw., und all<br />

dies für eine potenzielle Anwendung bei<br />

sehr vielfältigen physiologischen Profilen<br />

– wie bei Kindern, schwangeren<br />

Frauen, älteren Menschen, usw..<br />

Bislang erforderten die Einbeziehung<br />

und die Berücksichtigung all dieser Faktoren<br />

einen besonders mühsamen und<br />

kostspieligen Forschungsaufwand, um<br />

möglichst wirksame und gleichzeitig unschädliche<br />

Produkte herzustellen. Auch<br />

blieb der Blick aufgrund der oft gigantischen<br />

Datenmengen, die notwendig wären,<br />

um zahlreiche Mikro- und Makro-<br />

Wechselwirkungen statistisch signifikant<br />

zu erfassen, zwangsweise myopisch.<br />

Aus der Laien- bzw. Konsumentenperspektive<br />

ist die Lage womöglich noch viel<br />

heikler: Wie soll ich mir aus einem Füllhorn<br />

an qualitativ sehr unterschiedlichen<br />

NEM-Angeboten eine sinnvolle und<br />

zielgerechte Ergänzung meines Speiseplans<br />

bei zugleich bescheidener Ernährungskompetenz<br />

und begrenztem biochemischem<br />

Wissen zusammenstellen?<br />

Hier kommen mittlerweile immer häufiger<br />

der Bereich Nutrigenomik – sprich<br />

wie die Nahrungsauswahl den allgemeinen<br />

genetischen Ausdruck beeinflusst<br />

– und insbesondere die Sub-Kategorie<br />

Nutri-Epigenetik oder -Epigenomik ins<br />

Spiel. Auf der Grundlage der immer<br />

komplexeren Kartierung des menschlichen<br />

Genoms und Epigenoms, der<br />

zunehmenden Verfügbarkeit und Kosteneffizienz<br />

von Molekulartests und<br />

der zeitgenössischen Künstlichen Intelligenz<br />

– mit ihrer Fähigkeit, riesige<br />

Datensammlungen zu verarbeiten und<br />

zu vergleichen – besteht ihr erklärtes<br />

Ziel darin, vermehrt personalisierte oder<br />

gruppenspezifische Erkenntnisse über<br />

die Ernährung und Supplementierung zu<br />

liefern, um dadurch die Gesundheit zu<br />

verbessern (4).<br />

Seit einigen Jahren wird in dem Bereich<br />

z. B. untersucht, welche Folgen u. a. die<br />

mütterliche Ernährung im Laufe der<br />

Gestation auf die zukünftige Gesundheit<br />

des Individuums hat. Aber auch<br />

wenn gewisse Weichen vor der Geburt<br />

schon gestellt werden (5), beeinflusst<br />

die Ernährung im Erwachsenenalter die<br />

Gesundheit durchaus weiter, wie mehrere<br />

wissenschaftliche Studien es schon<br />

gezeigt haben (6). Die Erkenntnisse bzw.<br />

Teilerkenntnisse aus diesen Bereichen<br />

über den gewinnbringenden Einsatz<br />

gewisser Diäten oder Nahrungsergänzungsmittel<br />

– wie z. B. Folat, Methionin<br />

oder diverse Polyphenole und Vitamine<br />

bei z. B. Krebs, Diabetes oder Herz-<br />

Kreislauf-Erkrankungen – gewinnen an<br />

Fahrt. Allerdings – auch wenn die neue<br />

Wissenschaft sehr vielversprechend erscheint,<br />

wirft sie jedoch eine Reihe an<br />

rechtlichen und ethischen Fragen auf und<br />

bringt viele fachliche Herausforderungen<br />

mit sich – z. B. wie repräsentativ ist die<br />

Wirkung einzelner Aktivierungen oder<br />

Stummschaltungen bestimmter Gene für<br />

die Entwicklung einer Krankheit? Auch<br />

sollen mehrere Ebenen der Komplexität<br />

berücksichtigt und überwunden werden.<br />

Konkret heißt das, dass nicht nur<br />

die Wechselwirkungen zwischen (Epi-)<br />

Genom, Nährstoffen und Krankheiten<br />

untersucht werden sollten, sondern auch<br />

die Interaktion zwischen diesen Faktoren<br />

und weiteren – wie die ethnische<br />

und soziale Herkunft, die aktuelle Lebenslage<br />

und der Werdegang sowie die<br />

Kultur, die Geografie und die Umwelt<br />

– viel umfassender und genauer analysiert<br />

werden müssen, um dadurch auch<br />

wirklich repräsentative Aussagen treffen<br />

zu können (7). Nichtsdestotrotz sollten<br />

alle „Vitalstoffler“ die Nutri-Epigenomik<br />

unbedingt im Blick behalten, da sie sehr<br />

bald in der Lage sein wird, die Schlüssel<br />

zu vielen metabolischen Rätseln und Herausforderungen<br />

zu liefern, um über die<br />

Ernährung und Supplementierung einen<br />

entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen<br />

Gesundheit zu liefern.<br />

Referenzen:<br />

(1) S. u. a. https://www.whatisepigenetics.com/fundamentals/<br />

https://epi-age.com/how-the-epigeneticclock-was-developed/<br />

[letzte Zugänge<br />

03.09.2021]<br />

(2) S. Horvath S, Raj K. “DNA<br />

methylation-based biomarkers and the<br />

epigenetic clock theory of ageing”, Nature<br />

Reviews Genetics, 2018 Jun, 19(6),<br />

pp. 371-384.<br />

14


Epigenetik<br />

(3) S. https://www.epi-age.de/ [letzter<br />

Zugang 03.09.2021]<br />

(4) S. The Nutrition Society, „Nutrigenomics.<br />

The basics”. Online-<br />

Veröffentlichung: 19. November 2018:<br />

https://www.nutritionsociety.org/blog/<br />

nutrigenomics-basics [letzter Zugang<br />

03.09.2021]<br />

(5) Cf. e.g. Bangarusamy DK, Lakshmanan<br />

AP, Al-Zaidan S, Alabduljabbar<br />

S, Terranegra A. “Nutri-epigenetics: the<br />

effect of maternal diet and early nutrition<br />

on the pathogenesis of autoimmune<br />

diseases”, Minerva Pediatrics, April<br />

2021, 73(2), pp. 98-110.<br />

(6) Cf. e.g. Paule V. Joseph, Sarah K.<br />

Abey, Wendy A. Henderson, “Emerging<br />

Role of Nutri-Epigenetics in Inflammation<br />

and Cancer”, Genetics and Genomics,<br />

2016, 43(6), 784-788.<br />

Kalea AZ, Drosatos K, Buxton JL.<br />

„Nutriepigenetics and cardiovascular<br />

disease”, Current opinion in clinical<br />

nutrition and metabolic care, July 2018,<br />

21(4), pp. 252-259.<br />

Eudy, Brandon, “How a Ketogenic Diet<br />

May Change Your Gene Expression”,<br />

March 2, 2021, Online-Veröffentlichung:<br />

https://www.whatisepigenetics.<br />

com/how-a-ketogenic-diet-may-changeyour-gene-expression/<br />

[letzter Zugang<br />

03.09.2021]<br />

Possin, Karin, „Sind wir denn alle ‚genmanipuliert‘?“,<br />

Naturarzt, Juni 2018,<br />

pp. 45-47.<br />

(7) Cf. e.g. Mozaffarian D, Rosenberg<br />

I, Uauy R. “History of modern nutrition<br />

science—implications for current<br />

research, dietary guidelines, and food<br />

policy”, British Medical Journal, 2018,<br />

361: k2392.<br />

Cristiana Pavlidis, George P. Patrinos,<br />

Theodora Katsila, “Nutrigenomics: A<br />

controversy”, Applied & Translational<br />

Genomics, Volume 4, 2015, pp. 50-53.<br />

Autorin:<br />

Dr. Gwen Bingle ist bei epiAge<br />

Deutschland UG für Content und Support<br />

zuständig. Als promovierte Technikhistorikerin<br />

bringt sie langjährige<br />

Erfahrung in der Popularisierung von<br />

Wissenschafts- und Technikthemen und<br />

ist besonders daran interessiert, wie<br />

sich Verbraucherinnen und Verbraucher<br />

Technik aneignen, wenn es darum geht,<br />

ihre Gesundheit zu fördern.<br />

CWD 50<br />

LEADING POWDER<br />

INNOVATION FOR PREMIXES<br />

AND HEALTH DRINKS<br />

› Cold water dispersible (CWD) microbeadlets<br />

› ≥5 % natural astaxanthin<br />

› The world’s strongest antioxidant<br />

› Sensory optimised taste and odour<br />

Application: hard capsules,<br />

powder mixtures, health drinks, shots<br />

BDI-BioLife Science | info@bdi-biolifescience.com<br />

April <strong>2022</strong><br />

+43 3332 32042 10 | bdi-biolifescience.com<br />

15


V italstoffe<br />

Moringa: Multivitamin mit hohem Proteingehalt<br />

Meerrettichbaum, Trommelstockbaum<br />

und Wunderbaum wird der unscheinbare<br />

Moringa-Baum genannt. Er hat den Ruf,<br />

eine der nährstoffreichsten Pflanzen der<br />

Welt zu sein. Verwend- und genießbar<br />

sind nahezu alle Pflanzenbestandteile:<br />

von der Wurzel über die Blüten und Samen<br />

bis zu den Blättern. Vor allem das<br />

Pulver sowie die Tabletten aus Moringa-<br />

Blättern und das Samenöl finden den<br />

Weg auf den europäischen Markt. Moringa-Produkte<br />

sind aufgrund ihrer Inhaltsstoffe<br />

und ihrer vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten<br />

beliebt. Das Import<br />

Promotion Desk (IPD), ein Projekt des<br />

Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung, unterstützt<br />

Produzenten von Moringa aus<br />

Entwicklungs- und Schwellenländern,<br />

ihre Erzeugnisse auf den EU-Markt zu<br />

bringen. Aus Äthiopien stammen z.B.<br />

qualitativ hochwertige Produkte, die von<br />

einem speziellen afrikanischen Moringa-<br />

Baum stammen und besonders schonend<br />

hergestellt wurden.<br />

Wunderbaum und<br />

„Shiferaw“<br />

Es gibt 13 verschiedene Moringa-Baumarten.<br />

Sie gehören zur Pflanzenfamilie<br />

der Bennussgewächse. Am bekanntesten<br />

und weit verbreitet ist Moringa<br />

oleifera. Die Art stammt ursprünglich<br />

aus der indischen Himalaya-Region und<br />

wird heute in vielen Tropengebieten,<br />

u.a. in Afrika, Südamerika und Südostasien,<br />

kultiviert. Moringa stenopetala<br />

ist eine wilde Art, die in Südäthiopien<br />

und Nordkenia heimisch ist. Sie wird<br />

oft als afrikanischer Moringa-Baum bezeichnet.<br />

Beide Arten benötigen wenig<br />

Wasser, sind schnellwüchsig und können<br />

eine Höhe von bis zu zehn Metern<br />

erreichen.<br />

Der Moringa-Baum hat viele Namen:<br />

Er heißt Meerrettichbaum, weil die<br />

Baumwurzeln aufgrund des Gehalts von<br />

Senfölglykosiden ein scharfes, meerrettichähnliches<br />

Aroma haben. Nach den<br />

langen dünnen Moringa-Schoten, die<br />

in ihrem Aussehen kleinen Trommelstöcken<br />

ähneln, wird er auch Trommelstockbaum<br />

genannt. Seine Bezeichnung<br />

als Kohlbaum („cabbage tree“) weist<br />

bereits darauf hin, dass der Baum in<br />

Südäthiopien über eine wichtige Bedeutung<br />

in der Ernährung der Bevölkerung<br />

verfügt.<br />

In Äthiopien wird der Moringa-Baum<br />

zudem „Shiferaw“ genannt: der Baum,<br />

der bei mehr als 1.000 Krankheiten eingesetzt<br />

werden kann. Auch als Wunderbaum<br />

wird er bezeichnet. Diesen Ehrentitel<br />

hat er sich nicht nur durch seinen<br />

Nährstoffreichtum verdient. Darüber<br />

hinaus ist es seine Besonderheit, dass nahezu<br />

all seine Pflanzenteile von der heimischen<br />

Bevölkerung als Lebens- oder<br />

Heilmittel verwendet werden.<br />

Nutzpflanze von<br />

den Wurzeln bis zur<br />

Baumkrone<br />

Der Moringa-Baum ist eine 100-prozentige<br />

Nutzpflanze – von den Wurzeln bis<br />

zur Baumkrone:<br />

Die Wurzel mit ihrem meerrettichähnlichen<br />

Geschmack wird häufig als Würzmittel<br />

verwendet. Wurzel sowie Rinde<br />

werden außerdem medizinisch zur inneren<br />

und äußeren Anwendung genutzt.<br />

Die Blüten des Moringa-Baums können<br />

zu Tee verarbeitet oder frisch verzehrt<br />

werden. Aus den Moringa-Samen wird<br />

ein Öl gepresst, das reich an ungesättigten<br />

Fettsäuren ist. Ebenfalls in der Küche<br />

können die Früchte des Moringa-Baums,<br />

die Schoten, genutzt werden. Die Trommelstöcke<br />

sollen geschmacklich an<br />

Spargel erinnern.<br />

Moringa-Blätter werden z.B. auf den<br />

Märkten im Süden Äthiopiens als nährstoffreiches<br />

Gemüse gehandelt. Sie dienen<br />

in der lokalen Küche als Kohlersatz<br />

und können frisch und gekocht gegessen<br />

werden. Aus den Blättern wird auch das<br />

Moringa-Pulver hergestellt, das auf dem<br />

europäischen Markt stark nachgefragt<br />

wird.<br />

Nährstoffbombe:<br />

Moringa-Blätter<br />

Allein die Moringa-Blätter weisen eine<br />

sehr hohe Nährstoffdichte auf. Sie enthalten<br />

die Vitamine A, B und C sowie<br />

Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium<br />

und Eisen. Zudem ist der Proteingehalt<br />

hoch, und die meisten der bekannten essenziellen<br />

Aminosäuren finden sich in<br />

den Blättern.<br />

Auch nach dem Trocknungsprozess<br />

bleibt ein hoher Anteil an Nährstoffen<br />

erhalten. Das IPD-Partnerunternehmen<br />

Betigil Moringa in Äthiopien z.B. setzt<br />

auf eine schonende natürliche Trocknung.<br />

Die Moringa-Blätter werden traditionell<br />

in der Sonne getrocknet, das<br />

bio-zertifizierte Unternehmen aus Arba<br />

Minch im Süden Äthiopiens schwört<br />

jedoch auf die langsame Trocknung im<br />

Schatten. „Wir haben uns sehr bewusst<br />

für diesen Trocknungsprozess entschieden,<br />

um den Nährstoffgehalt der Blätter<br />

und somit auch die gesundheitsfördernde<br />

Wirkung von Moringa besser zu konservieren“,<br />

sagt Max Ohvanainen von Betigil<br />

Moringa. „Durch die langsame Trocknung<br />

im Schatten bleiben Protein- und<br />

Mineraliengehalt der Moringa-Blätter<br />

besser erhalten. Zudem besteht bei einer<br />

Sonnentrocknung die Gefahr, dass hitzeempfindliche<br />

Phytochemikalien verderben.“<br />

Der sorgfältige Trocknungsprozess<br />

dauert rund vier Tage. Dabei müssen die<br />

Moringa-Blätter täglich auf dem Regal<br />

gewendet werden, um eine gleichmäßige<br />

Trocknung und Färbung sowie eine hohe<br />

Qualität zu erzielen.<br />

In der ayurvedischen Medizin wird Moringa<br />

für eine Vielzahl an Beschwerden<br />

eingesetzt. Als Nahrungsergänzungsmittel<br />

können getrocknete Moringa-Blätter<br />

mit ihrem Nährstoff-Mix dazu beitragen,<br />

das Immunsystem zu stärken, Entzündungen<br />

im Körper zu lindern sowie die<br />

Durchblutung anzuregen. Den Blättern<br />

wird auch eine positive Wirkung auf<br />

den Blutzucker- und Cholesterinspiegel<br />

zugeschrieben. Das Multivitamin mit<br />

16


Pflanzenextrakte<br />

hohem Proteingehalt wird in Pulver-,<br />

Tee- und Tablettenform angeboten.<br />

Kosmetik bilden einen der Schwerpunkte<br />

der IPD-Aktivitäten.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.importpromotiondesk.de<br />

Das Moringa-Pulver schmeckt leicht<br />

scharf und kann vielseitig verwendet<br />

werden. Sehr gern wird es Smoothies<br />

beigemischt. Aber auch in Salat-Dressings,<br />

Dips und Brotaufstrichen passt<br />

es gut. Zudem kann es zum Kochen und<br />

Backen genutzt werden und herzhafte<br />

Gerichte mit Nährstoffen bereichern.<br />

© anny ta – shutterstock.com<br />

Ungesättigte Fettsäuren:<br />

Behenöl<br />

Neben dem Moringa-Pulver trifft auch<br />

das Moringa-Öl, auch als Behenöl bekannt,<br />

auf zunehmendes Interesse auf<br />

den europäischen Märkten. Es wird aus<br />

den reifen Moringa-Samen gepresst. Das<br />

kaltgepresste Bio-Nativöl ist vor allem<br />

als Massageöl und als Öl für die Hautund<br />

Haarpflege bekannt. Es soll gegen<br />

Hautinfektionen, Allergien und Haarausfall<br />

wirken. Zudem ist Moringa-Öl heute<br />

auch als Speise- bzw. Salatöl gefragt.<br />

Das süßlich-nussig schmeckende Öl hat<br />

einen hohen Gehalt an Omega-9-Fettsäuren,<br />

Vitamin C und E.<br />

Natürlicher Wasserreiniger<br />

Dass der Moringa-Baum Wunder möglich<br />

macht, zeigt folgendes Beispiel:<br />

Gemahlene Moringa-Samen werden in<br />

vielen Anbauregionen zum Reinigen des<br />

Wassers genutzt. Die Samen sorgen im<br />

Wasser dafür, dass sich Schwebstoffe<br />

vereinen und zu Boden sinken. Untersuchungen<br />

haben gezeigt, dass die Samen<br />

ein Protein enthalten, das als sehr effektives<br />

und natürliches Flockungsmittel<br />

dient. So kann das Wasser gefiltert und<br />

als Trinkwasser verwendet werden.<br />

Import Promotion Desk<br />

(IPD)<br />

Das IPD, die Initiative zur Importförderung<br />

in Deutschland, unterstützt ausgewählte<br />

Unternehmen aus Entwicklungsund<br />

Schwellenländern beim Export nach<br />

Europa und präsentiert die Produzenten<br />

auf Fachmessen, u.a. auf der in-cosmetics<br />

Messe in Paris. Natürliche Zutaten<br />

für Lebensmittel, Pharmazie und<br />

Fortschrittliche Reinigung von Rohstoffen<br />

durch Dampfsterilisation<br />

Mit dem Know-how aus über 100 Jahren<br />

Branchenerfahrung in der Lebensmittelindustrie<br />

hat Biosteril die Reinigung von<br />

Rohstoffen revolutioniert. Unsere hochmodernen<br />

Entkeimungsanlagen bieten branchenführende<br />

Vorteile, um Ihnen und Ihren<br />

Kunden stets maximale Sicherheit zu bieten.<br />

Erfahren Sie mehr unter: www.kuendig.com<br />

April <strong>2022</strong><br />

17


V italstoffe<br />

© Madhouse<br />

Diana Kalustova<br />

Darm-Gesundheit 2.0 –<br />

die herausragende Rolle des Mikrobioms<br />

Superorgan, Superorganismus oder das vergessene Organ – es gibt viele Bezeichnungen<br />

für das menschliche Mikrobiom. Und alle zeigen den Stellenwert, den das<br />

Mikrobiom bei der Förderung des reibungslosen täglichen Betriebs des menschlichen<br />

Körpers einnimmt. Was aber ist das Mikrobiom genau? Und wofür ist es<br />

alles gut?<br />

Das menschliche Mikrobiom besteht<br />

aus Billionen von Mikroorganismen<br />

unterschiedlichster Art. Dazu gehören<br />

nicht nur Bakterien, sondern auch Pilze,<br />

Parasiten und Viren. Viele der Mikroorganismen<br />

sind noch nicht identifiziert,<br />

Wissenschaftler gehen aber davon aus,<br />

dass es weit mehr als 1.000 verschiedene<br />

sind, die auf und in uns leben. Dabei hat<br />

jeder Mensch einen eigenen Darmflora-<br />

Fingerabdruck, der ursprünglich durch<br />

seine DNA (1) bestimmt wird. Aber natürlich<br />

gibt es auch Mikroorganismen,<br />

die in jedem von uns vorhanden sind.<br />

Der Darm nimmt eine Sonderrolle ein.<br />

Denn hier ist der mit Abstand größte Teil<br />

des menschlichen Mikrobioms lokalisiert.<br />

Eine hohe Mikrobendichte trifft<br />

dort auf das darmassoziierte lymphatische<br />

Gewebe, das die Immunantwort des<br />

gesamten Körpers steuert.<br />

Die Mikroben sind normalerweise nicht<br />

schädlich für uns. Sie sind sogar wesentlich<br />

für die Aufrechterhaltung der<br />

Gesundheit. So produzieren sie beispielsweise<br />

bestimmte Vitamine, spalten unsere<br />

Nahrung auf, um Nährstoffe zu gewinnen,<br />

lehren unser Immunsystem, gefährliche<br />

Eindringlinge zu erkennen, und produzieren<br />

hilfreiche entzündungshemmende<br />

Verbindungen, die andere krankheitsverursachende<br />

Mikroben abwehren.<br />

Nicht nur Mediziner und Forscher erkennen<br />

die immer größer werdende Bedeutung<br />

des Mikrobioms. Auch der Verbraucher<br />

sieht im Mikrobiom eine Chance auf<br />

Erhaltung und Verbesserung der eigenen<br />

Gesundheit. Das Marktforschungsunternehmen<br />

Fortune Business Insights<br />

prognostiziert, dass der globale Markt<br />

für Verdauungsgesundheit bis 2027 mit<br />

einer CAGR von 7,9% auf 71,95 Milliarden<br />

USD wachsen wird. Es gibt mehrere<br />

Faktoren, die dieses Wachstum ankurbeln.<br />

Einer davon ist die zunehmende<br />

Häufigkeit von Verdauungsstörungen,<br />

die mittlerweile bei bis zu 40% der Weltbevölkerung<br />

zu beobachten ist.<br />

Inzwischen ist es allgemeiner Konsens,<br />

dass Veränderungen in der Zusammensetzung<br />

unseres Mikrobioms<br />

mit zahlreichen Krankheitszuständen<br />

zusammenhängen. Das bedeutet auch,<br />

dass die Umwandlung und Anreicherung<br />

des Mikrobioms nicht nur zur Gesunderhaltung,<br />

sondern auch zur Behandlung<br />

von Krankheiten eingesetzt werden<br />

können. Speziell die Darm-Mikrobiota<br />

greift entscheidend in den Stoffwechsel,<br />

die Reifung des Immunsystems und die<br />

Funktion des zentralen Nervensystems<br />

ein. Damit wird sie zum Schlüsselorgan,<br />

das den ganzen Körper beeinflusst.<br />

Darmgesundheit 2.0 geht weit über die<br />

Verdauung hinaus. Sie folgt stattdessen<br />

einem ganzheitlichen Ansatz für die Gesundheit.<br />

Aktuelle Forschungsthemen wie<br />

Darm-Immun-Achse, Darm-Hirn-Achse,<br />

Darm-Haut-Achse, sowie Darm-Herz-<br />

Achse zeigen die fast schon allumfassenden<br />

gesundheitlichen Auswirkungen des<br />

menschlichen Mikrobioms im Darm. Mit<br />

Achsen werden dabei die Verbindungen<br />

des Darms zu den einzelnen menschlichen<br />

Organen bezeichnet.<br />

Es gibt immer mehr Studien, die das unglaubliche<br />

Potential des Mikrobioms für<br />

die unterschiedlichen Körperfunktionen<br />

belegen. Heute weiß man, dass ein gesundes<br />

Mikrobiom in direktem Zusammenhang<br />

mit der Hautgesundheit steht,<br />

da die Haut als multifunktionales Organ<br />

viele Mikronährstoffe benötigt, die<br />

über den Darm resorbiert aufgenommen<br />

18


Mikrobiom<br />

werden. Ein gestörtes Mikrobiom ist<br />

häufig eng verbunden mit metabolischen<br />

Erkrankungen wie Diabetes mellitus<br />

Typ2 (2). Außerdem reguliert das Mikrobiom<br />

die Fitness des Immunsystems (3).<br />

Auch gesundes Altern und ein längeres<br />

Leben hängen mit dem Mikrobiom zusammen.<br />

Eine aktuelle Studie (4) aus<br />

den USA zeigte, dass ein hohes Maß an<br />

Einzigartigkeit und Vielfalt des Mikrobioms<br />

im Zusammenhang mit einer erhöhten<br />

Überlebensrate steht. Eine besondere<br />

Bedeutung in Studien nimmt die Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse<br />

ein. Dabei wird<br />

deutlich, dass die Zusammensetzung und<br />

der Stoffwechsel des Mikrobioms nicht<br />

nur einen wichtigen Einfluss auf psychische<br />

Störungen ausüben, sondern auch<br />

die Gewichtsregulation steuern. Selbst<br />

Fitness und Muskulatur stehen in engem<br />

Zusammenhang mit dem Mikrobiom.<br />

GUT-BRAIN AXIS<br />

GUT MICRO-<br />

BIOTA<br />

GUT-<br />

BRAIN-<br />

SKIN<br />

AXIS<br />

G U T - S K<br />

HPA<br />

I N<br />

BRAIN-SKIN AXIS<br />

A X I S<br />

PSORIASIS<br />

Abb. 1: Die Verbindung zwischen der Darm-<br />

Mikrobiota, der HPA-Achse und Psoriasis<br />

So konnten schwedische Forscher (5)<br />

in Versuchen mit Mäusen herausfinden,<br />

dass die Darmbakterien eine starke Auswirkung<br />

auf die normale Funktion der<br />

Skelettmuskulatur haben.<br />

Wesentlich für die Erhaltung und Verbesserung<br />

des Gesundheitszustands ist<br />

in jedem Fall eine ganzheitliche Betrachtung<br />

des Körpers. Neueste wissenschaftliche<br />

Untersuchungen zeigen, dass ein<br />

gut funktionierendes, vielfältiges Mikrobiom<br />

die Rolle des zentralen Steuerungsinstruments<br />

für viele Bereiche im Körper<br />

übernimmt.<br />

Präbiotika, Probiotika,<br />

Postbiotika und Synbiotika,<br />

die Unterstützer des<br />

Mikrobioms<br />

Wenn etwas so wichtig ist wie das Mikrobiom,<br />

sollte man alles tun, um es in guter<br />

Form zu erhalten. Dafür gibt es zum<br />

Glück eine Reihe von Helfern:<br />

Probiotika sind lebensfähige Mikroorganismen,<br />

die sich im Darm vermehren<br />

und in ausreichender Menge einen gesundheitlichen<br />

Nutzen für den Wirt vermitteln.<br />

Präbiotika sind nicht verdaubare<br />

Lebensmittelbestandteile, die Wachstum<br />

und Aktivität der Bakterien im Dickdarm<br />

fördern. Außerdem blockieren sie<br />

die Bindung von gesundheitsschädlichen<br />

Bakterien.<br />

Synbiotika sind eine Kombination aus<br />

Probiotika und Präbiotika – mit dem<br />

Ziel, die Vorteile von beiden synergetisch<br />

zu vereinen. Postbiotika sind Nebenprodukte<br />

des Fermentierungsprozesses.<br />

Es handelt sich dabei um lösliche<br />

Faktoren, die von lebenden Bakterien<br />

abgesondert oder nach der Lyse freigesetzt<br />

werden und dem Wirt physiologische<br />

Vorteile bieten. Für viele Forscher<br />

war diese Definition aber nicht eindeutig<br />

genug. Auf der Suche nach Klarheit darüber,<br />

was als Postbiotikum gilt, hat ein<br />

Expertengremium der International Scientific<br />

Association of Probiotics and Prebiotics<br />

(ISAPP) im Jahr 2021 eine neue<br />

Definition (6) erarbeitet. Sie beschreiben<br />

ein Postbiotikum als eine „Zubereitung<br />

aus unbelebten Mikroorganismen und/<br />

oder deren Bestandteilen, die dem Wirt<br />

einen gesundheitlichen Nutzen bringt“.<br />

Präbiotika – viel mehr als<br />

ein Trendprodukt<br />

Die Nachfrage nach fortschrittlichen<br />

Präbiotika, die keine Nebenwirkungen<br />

haben und gezielt bestimmte Bereiche<br />

im Körper unterstützen sollen, steigt<br />

permanent. Spezielle Präbiotika sind besonders<br />

vorteilhaft für das Mikrobiom,<br />

da sie auf bestimmte Bakterien abzielen,<br />

die eine große Menge an kurzkettigen<br />

Fettsäuren (SCFA = Short Chain Fatty<br />

Acids) produzieren. Diese kurzkettigen<br />

Fettsäuren müssen bei der Verdauung<br />

nicht modifiziert werden und können direkt<br />

vom Körper aufgenommen werden.<br />

SCFA dienen nach dem aktuellen Stand<br />

der Forschung besonders denjenigen<br />

Darmbakterien als „Futter“, die eine besondere<br />

Schutzfunktion haben. Sie können<br />

Entzündungen im Körper verhindern<br />

und vor einem Angriff des menschlichen<br />

Organismus auf körpereigene Zellen<br />

schützen, der Ursache für zahlreiche Autoimmunerkrankungen<br />

– wie etwa Multiple<br />

Sklerose, Schuppenflechte, Rheuma<br />

oder Allergien. Neben der Stärkung<br />

des Immunsystems könnten kurzkettige<br />

Fettsäuren auch helfen, Knochen stabiler<br />

zu machen, Gelenkentzündungen zu lindern,<br />

den Cholesterinspiegel zu senken<br />

oder den Appetit zu reduzieren.<br />

Es gibt immer mehr probiotische Spezies<br />

und präbiotische Substrate, die neu entdeckte<br />

mikrobielle Nischen und Wirtsziele<br />

anvisieren. Neben den Bereichen<br />

Probiotika und Präbiotika entwickeln<br />

sich neue Varianten Mikrobiom-modulierender<br />

Interventionen. Personalisierte<br />

Ernährung und Präzisionsmedizin<br />

beeinflussen zunehmend den gezielten<br />

Einsatz von Probiotika und Präbiotika.<br />

Die Modulation mikrobieller Signaturen<br />

für das jeweils passende Puzzleteil zur<br />

Gesunderhaltung spezifischer Funktionen<br />

bzw. der Bekämpfung individueller<br />

Krankheitsbilder wächst permanent.<br />

Hochwertige, getestete<br />

Synbiotika – die optimale<br />

Kombination<br />

Heute werden lebende Mikroorganismen<br />

immer häufiger zusammen mit speziellen<br />

Ballaststoffen eingesetzt, um ihre<br />

gesundheitlichen Vorzüge zu kombinieren.<br />

Wir müssen allerdings beachten,<br />

dass das Zusammenspiel aus Präbiotika<br />

und Probiotika nicht immer vorteilhaft<br />

ist – denn nicht alle passen wirklich zusammen.<br />

Wichtig ist in jedem Fall eine<br />

hochwertige, geprüfte Kombination.<br />

Daneben gibt es auch viele Menschen,<br />

die bestimmte Präbiotika nicht gut vertragen.<br />

Viele lösliche Präbiotika werden<br />

von der Darmflora zu schnell abgebaut,<br />

was zu Völlegefühl, Blähungen und Magenschmerzen<br />

führen kann.<br />

April <strong>2022</strong><br />

19


V italstoffe<br />

Zwei Beispiele für<br />

Präbiotika der neuen<br />

Generation, die perfekt<br />

mit Probiotika kombiniert<br />

werden können.<br />

Sunfiber ® ist ein wasserlöslicher Ballaststoff,<br />

der aus der Guarbohne gewonnen<br />

wird. Dabei handelt es sich um eine<br />

Galactomannan-Faser (partiell hydrolisiertes<br />

Guar Gum, PHGG), die nicht<br />

gelierend ist – ein perfekter Inhaltsstoff<br />

für Patienten mit IBS und funktionellen<br />

Darmstörungen. Es ist der erste Ballaststoff,<br />

der von der Monash University als<br />

Low-FODMAP-Ballaststoff zertifiziert<br />

ist. Die Wirkung von Sunfiber ® auf ernährungsbedingte<br />

Krankheiten wurde in<br />

mehr als 150 Studien nachgewiesen. So<br />

wurde beispielsweise in einer kürzlich<br />

durchgeführten internen Analyse (7) zusammen<br />

mit Probionova ® für Lactobaccillus<br />

spp. gezeigt, dass fast alle Mikroorganismen<br />

in Gegenwart von Sunfiber ®<br />

aktiv wachsen können.<br />

MicrobiomeX ® ist das Beispiel für einen<br />

Fruchtextrakt mit hohem Flavonoidgehalt<br />

und präbiotischer Wirkung. Dieses<br />

neuartige Produkt kombiniert Wirkstoffe<br />

aus Citrus sinensis und Citrus paradisi.<br />

Der einzigartige Komplex wurde speziell<br />

entwickelt, um das Darm-Mikrobiom<br />

positiv zu verändern, um so die Darmgesundheit<br />

und das Immunsystem zu<br />

unterstützen, Darmentzündungen zu reduzieren<br />

und die Darmbarriere zu stärken.<br />

MicrobiomeX ® wurde in mehreren<br />

Unterschied im Verhältnis Butyrat/SCFA gesamt<br />

nach 12 Wochen Behandlung<br />

Verhältnis Butyrat/SCFA gesamt<br />

0,025<br />

0,02<br />

0,015<br />

0,01<br />

0,005<br />

0<br />

-0,005<br />

-0,01<br />

-0,015<br />

Behandlung<br />

Placebo<br />

proprietären Studien validiert, die eine<br />

dosisabhängige positive Wirkung bei einer<br />

täglichen Einnahme von 250 bis 500<br />

mg zeigen. Die signifikante Veränderung<br />

des SCFA-Profils und die beobachteten<br />

niedrigeren Calprotectin-Werte deuten<br />

auf eine verringerte Pathogenbelastung<br />

im Darm hin.<br />

Um den vielfältigen Ansprüchen unseres<br />

Organismus gerecht zu werden,<br />

Nebenwirkungen zu minimieren und<br />

gezielt bestimmte Bereiche zu unterstützen,<br />

sind heute bei den präbiotischen<br />

und probiotischen Produkten immer<br />

stärker maßgeschneiderte Produktlösungen<br />

gefragt und keine Einheitsangebote.<br />

Der aktuelle Stand der Forschung<br />

und Produktentwicklung findet immer<br />

mehr über die Vielfalt der probiotischen<br />

Stämme heraus. Sie werden in hoher<br />

Qualität und Konzentration auf den jeweiligen<br />

Einsatzort und die spezielle<br />

Funktion ausgelegt oder synergetisch<br />

kombiniert.<br />

Eines der innovativsten Unternehmen für<br />

die Verbesserung und Gesundheit durch<br />

die Entwicklung neuer probiotischer<br />

Anwendungen ist Probionova ® . Dieses<br />

junge, zukunftsweisende Partner-Unternehmen<br />

von Vivatis ist wissenschaftlich<br />

führend in der Erforschung und<br />

Entwicklung neuer Probiotika. Man ist<br />

dort in der Lage, den besten Stamm oder<br />

eine Synergie der verfügbaren Stämme<br />

auszuwählen, um den unterschiedlichen<br />

Kunden höchste Qualitätsstandards und<br />

maßgeschneiderte Angebote zu bieten.<br />

MicrobiomeX ®<br />

Abb. 2: Verhältnis der kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) nach Einnahme von Mirobiomex ® vs. Placebo<br />

*<br />

*Signifikanter Effekt auf das SCFA-Verhältnis<br />

nach täglicher Einnahme von MicrobiomeX ®<br />

Probionova ® hat sich darauf spezialisiert,<br />

die unterschiedlichsten Wünsche und<br />

Ansprüche bei Probiotika zu erfüllen.<br />

Dabei reicht die Spanne von einzigartigen<br />

probiotischen Strängen bis hin zu<br />

Fertigprodukten für das Mikrobiom.<br />

Quellen:<br />

(1) „Identifying personal microbiomes<br />

using metagenomics codes“, Eric A.<br />

Franzosa, Katherine Huang, James F.<br />

Meadow, Dirk Gevers, Katherine P.<br />

Lemon, Brendan JM Bohannan, Curtis<br />

Huttenhower,<br />

(2) „Arrhythmic Gut Microbiome Signatures<br />

Predict Risk of Type 2Diabetes“<br />

(3) Schaupp L et al. Microbiota-induced<br />

type I interferons instruct a poised<br />

basal state of dendritic cells. Cell 2020<br />

Mai 06. doi: https://doi.org/10.1016/j.<br />

cell.2020.04.022<br />

(4) Wilmanski, T., Diener, C., Rappaport,<br />

N., Patwardhan, S.,Wiedrick, J.,<br />

Lapidus, J., & Price, N. D. (2021). Gut<br />

microbiome pattern reflects healthy<br />

ageing and predicts survival in humans.<br />

Nature metabolism, 3(2), 274-286.<br />

(5) „The gut microbiota influences<br />

skeletal muscle mass and function in<br />

mice“, Shawon Lahiri et al.; Science<br />

Translational Medicine, DOI: 10.1126/<br />

scitranslmed.aan5662<br />

(6) Aguilar-Toalá, J. E. et al. Postbiotics<br />

— when simplification fails to clarify.<br />

Nat. Rev. Gastroenterol. Hepatol.<br />

https://doi.org/10.1038/s41575-021-<br />

00521-6 (2021).<br />

(7) „Probionova ® report (2020)<br />

Evaluation-of-the-prebiotic-potential<br />

of-Sunfiber ®<br />

Autorin:<br />

Diana Kalustova,<br />

Business Development Manager<br />

Nutraceuticals,<br />

Vivatis Pharma GmbH Hamburg<br />

20


Mineralstoffe<br />

Männergesundheit – Zink als Booster<br />

© drubig-photo – fotolia.com<br />

„Du bist, was Du isst“, heißt es im<br />

Volksmund. Eine gesunde Ernährung<br />

ist oftmals der Schlüssel zu einem gesunden<br />

Leben; im Alltag spielen gute<br />

Ernährung und Gesundheit jedoch für<br />

einige Männer eine untergeordnete<br />

Rolle.<br />

Mit ein paar Tricks kann „Mann“ auf<br />

einfache und direkte Weise einen großen<br />

Beitrag zu seinem gesunden Lebensstil<br />

leisten. So ist zur Gesunderhaltung eine<br />

den Bedarf deckende Aufnahme an Vitaminen<br />

und Mineralstoffen unerlässlich.<br />

Insbesondere eine ausreichende Versorgung<br />

des Körpers mit Zink spielt bei der<br />

Erhaltung und Wiederherstellung einer<br />

allgemeinen, aber auch einer spezifisch<br />

männlichen Gesundheit, eine zentrale<br />

Rolle. Zink wirkt dabei im Körper wie<br />

ein Booster für eine Vielzahl männerspezifischer<br />

physischer und psychischer<br />

Funktionen.<br />

Gesundheitliche Vorteile<br />

und protektive Wirkungen<br />

Tatsächlich ist die essenzielle physiologische<br />

Bedeutung von Zink für den<br />

menschlichen Organismus erst seit 1963<br />

bekannt. Waren damals ganze drei Enzyme<br />

bekannt, die Zink als Co-Faktor<br />

benötigen, kennen wir heute über 300<br />

Enzyme und über 1.000 Transkriptionsfaktoren,<br />

die bei ihrer Funktion auf<br />

Zink angewiesen sind (1). Die physiologischen<br />

Wirkungen von Zink sind<br />

dementsprechend höchst vielfältig und<br />

insbesondere für die Männergesundheit<br />

essentiell.<br />

Dabei kann Zink nicht in nennenswertem<br />

Maß vom Körper gespeichert werden. Es<br />

wird zunächst über einen transzellulären<br />

Transportmechanismus absorbiert,<br />

an dem unterschiedliche zinkspezifische<br />

Carrier beteiligt sind. Bei höheren<br />

Dosierungen gewinnt die parazelluläre<br />

Diffusion an Bedeutung. Jedoch geht<br />

Zink bei der physiologischen Abschilferung<br />

der Epithelzellen teilweise verloren<br />

und muss daher ständig durch Lebensmittel<br />

oder Nahrungsergänzungsmittel<br />

zugeführt werden (2).<br />

Heute kann eine ausreichende Zufuhr<br />

sowohl durch eine ausgewogene Ernährung,<br />

die Anreicherung von Lebensmitteln,<br />

als auch durch die Verwendung von<br />

Nahrungsergänzungsmitteln erreicht<br />

werden. Hierfür sind unterschiedliche<br />

Zinksalze zugelassen, wie z. B. Zink-<br />

L-Ascorbat, Zinkbisglycinat, Zinkcitrat<br />

und Zinkmalat.<br />

Enzymatische Funktionen<br />

Zink erfüllt wichtige Funktionen in<br />

zahlreichen enzymatischen Reaktionen,<br />

z. B. bei der Oxidation von Ethanol zu<br />

April <strong>2022</strong><br />

21


V italstoffe<br />

Ethanal durch Alkohol-Dehydrogenase<br />

im Rahmen des Abbaus von Alkohol (2).<br />

So lässt sich der Kater vom Vorabend<br />

mithilfe von Zink unter Umständen aufgrund<br />

dessen Mitwirkung im Alkoholabbau<br />

erträglicher gestalten.<br />

Gemeinsam mit Kupfer als Regulator<br />

hat Zink zudem eine wichtige Funktion<br />

bei der Reduktion von oxidativem Stress<br />

durch das Enzym Superoxiddismutase<br />

(3, 4, 5). Des Weiteren ist Zink zusammen<br />

mit dem Enzym Carboanhydrase<br />

am Sauerstoff- und Kohlendioxidtransport<br />

in den roten Blutkörperchen beteiligt<br />

(2).<br />

Erhöhung des<br />

Testosteronspiegels<br />

Eine regelmäßige Einnahme von Zink<br />

erhöht bei Männern den Serum-Testosteronspiegel<br />

(6). Dieses Hormon wird<br />

im männlichen Körper überwiegend in<br />

den Hoden und zu einem geringen Teil<br />

in der Nebennierenrinde gebildet. Eine<br />

optimale Versorgung des männlichen<br />

Körpers mit Zink ist für die Ausbildung<br />

und Erhaltung einer ganzen Reihe spezifisch<br />

männlicher Körperfunktionen und<br />

männlichen Verhaltens verantwortlich.<br />

Muskelwachstum<br />

Sowohl die Muskelmasse als auch die<br />

Muskelstärke sind abhängig vom Testosteronspiegel<br />

im Blutserum und nehmen<br />

proportional dazu ab, wenn die<br />

Testosteronproduktion nachlässt (7).<br />

Eine ausreichende Versorgung des Körpers<br />

mit Zink kann daher beim Erhalt<br />

und dem Aufbau von Muskelmasse unterstützend<br />

wirken.<br />

Knorpel- und Knochenneubildung<br />

Auch die Knorpel- und Knochendichte<br />

sind abhängig vom Testosteronspiegel<br />

des Körpers. Männer neigen mit zunehmendem<br />

Alter zu einem Abbau von<br />

Knochensubstanz, der mit der Abnahme<br />

der Testosteronproduktion korreliert<br />

(8). Im Tierversuch konnte ebenfalls<br />

ein Einfluss auf das Knorpelwachstum<br />

nachgewiesen werden (9). Auf diesem<br />

Weg kann eine optimale Versorgung des<br />

Körpers mit Zink auch hilfreich beim<br />

Aufbau und Erhalt der Knochendichte<br />

und der Knorpelmasse sein.<br />

Spermiogenese<br />

Testosteron ist unentbehrlich bei der<br />

Bildung von Spermien und der Erhaltung<br />

von deren Fruchtbarkeit (10, 11).<br />

Insbesondere junge Männer, deren Familiengründung<br />

noch bevorsteht, profitieren<br />

aus diesem Grund von einer<br />

angemessenen Aufnahme von Zink.<br />

Männer, die unter einer idiopathischen<br />

Unfruchtbarkeit leiden, können unter<br />

bestimmten Umständen mithilfe einer<br />

ausreichenden Zinkversorgung sogar<br />

ihre Zeugungsfähigkeit wiedererlangen<br />

(12).<br />

Körperbehaarung und Bartwuchs<br />

Abseits von kurzen Modetrends gehören<br />

Bartwuchs und Körperbehaarung zu den<br />

attraktiven Attributen von Männlichkeit.<br />

Auf den männlichen Haarwuchs<br />

hat Testosteron einen widersprüchlich<br />

erscheinenden Effekt, denn abhängig<br />

von der Körperregion wird dieser von<br />

einem hohen Testosteronspiegel sowohl<br />

begünstigt als auch gehemmt. Während<br />

Körper-, Achsel-, Bart- und Schambehaarung<br />

durch Testosteron im Wachstum<br />

gefördert werden, verkleinern sich<br />

die Haarfollikel des Kopfes bei hohem<br />

Testosteronspiegel, was zu einer teilweisen<br />

oder vollständigen Kahlköpfigkeit<br />

führen kann (13, 14). Unerwünschte,<br />

hormonell bedingte Kahlköpfigkeit<br />

(androgene Alopezie) kann allerdings<br />

erfolgreich mit topischen Präparaten<br />

behandelt werden, die das Enzym 5-alpha-Reduktase<br />

hemmen. Dieses Enzym<br />

metabolisiert Testosteron zu 5-alpha-<br />

Dihydrotestosteron, welches für die<br />

Verminderung des Haarwuchses verantwortlich<br />

ist (14, 15).<br />

Steigerung des sexuellen Verlangens<br />

Ein hoher Testosteronspiegel steigert signifikant<br />

die Libido, was im Tierversuch<br />

mithilfe der Kopulationsfrequenz dargestellt<br />

werden kann (16). Eine ausreichende<br />

Aufnahme von Zink kann demzufolge<br />

auch bei hormonell bedingtem<br />

Libidoverlust, z. B. im fortschreitenden<br />

Alter, unterstützend wirken.<br />

Wundheilung<br />

Systemisch eingenommenes Zink beschleunigt<br />

die Wundheilung signifikant.<br />

Verletzungen, die sich ein Mann beim<br />

Sport zugezogen hat (Mountainbiking,<br />

Klettern, Kampfsport etc.), heilen bei<br />

einer optimalen Versorgung mit Zink<br />

schneller. So wird einer Studie zufolge<br />

die Heilungszeit auch größerer Wunden<br />

unter der Einnahme von Zink (220 mg<br />

Zinksulfat/Tag, entspricht 89 mg Zink/<br />

Tag) nahezu halbiert (17).<br />

Antimikrobielle und<br />

entzündungshemmende<br />

Effekte<br />

Bei äußerlicher sog. topischer Anwendung<br />

zeigt Zink ebenfalls eine ganze<br />

Reihe attraktiver und gesundheitsfördernder<br />

Eigenschaften. Vor allem seine<br />

entzündungshemmenden, wundheilenden,<br />

antioxidativen (18) und antibakteriellen<br />

(17) Effekte machen es zu einem<br />

vielseitigen Spurenelement für Produkte<br />

der persönlichen Hygiene sowie der<br />

Haut- und Mundpflege.<br />

Insbesondere die Behandlung verschiedener<br />

Formen von Akne erfolgt seit<br />

langem mit Zubereitungen, die Zinksalze<br />

wie beispielsweise Zinkoxid oder<br />

Zinkcitrat enthalten. Interessanterweise<br />

ist die Effizienz der antibakteriellen Wirkung<br />

von Zinkoxid abhängig von dessen<br />

Partikelgröße: Je kleiner die Partikel,<br />

desto stärker ist die Wachstumshemmung<br />

(19).<br />

Die antioxidative Wirkung von Zink<br />

kommt bei der topischen Anwendung<br />

vor allem in Sonnenschutzprodukten<br />

zum Tragen. Zink reduziert den oxidativen<br />

Stress, den intensive Sonneneinstrahlung<br />

in der Haut verursacht (20).<br />

Gleichzeitig absorbiert und reflektiert<br />

mikrofeines Zinkoxid langwellige UV-<br />

A-Strahlung sehr effektiv, was einen<br />

zusätzlichen, physikalischen Schutz<br />

generiert (21). Bei lang andauernder<br />

Betätigung im Freien, z. B. bei Outdoor-Sportarten,<br />

schützt Zink so vor<br />

22


Mineralstoffe<br />

oxidativem Stress durch Sonneneinstrahlung<br />

und erhält auf diese Weise<br />

unter anderem eine jugendlich frische<br />

Haut.<br />

In der Mundhygiene wird Zink erfolgreich<br />

als antimikrobielles Agens eingesetzt.<br />

Studien zeigen, dass Zink das<br />

Wachstum verschiedener Arten Staphylococcus,<br />

beispielsweise S. aureus, in<br />

Abszessen signifikant hemmt (17, 22).<br />

Gut geeignete Zinksalze für solche Anwendungen<br />

sind z. B. Zinkcitrat, Zinkgluconat<br />

oder auch Zinkbisglycinat.<br />

© Samo Trebizan – fotolia.com<br />

Immunstimulierende und<br />

Infekt-verkürzende Wirkung<br />

Zink übt einen positiven Effekt auf das<br />

menschliche Immunsystem aus und führt<br />

zu einer optimalen Leistungsfähigkeit<br />

(23, 24). Es wirkt in Immunzellen als<br />

second messenger (23) und verkürzt die<br />

Infektdauer einer Erkältung um durchschnittlich<br />

eine Woche (24), indem es die<br />

Aktivität der mRNA von entzündungsfördernden<br />

Zytokinen hemmt (23, 25).<br />

Aufgrund seiner Infekt-verkürzenden<br />

Wirkung ist Zink ein probates Mittel<br />

gegen die viel zitierte „Männergrippe“.<br />

Insbesondere Zink-L-Ascorbat vereint<br />

die positiven Effekte von Zink und Vitamin<br />

C zur Unterstützung der Immunfunktion<br />

in einem Mineralsalz.<br />

Verbesserung der<br />

psychologischen und<br />

neurologischen Verfassung<br />

Sowohl in Kombination mit Multivitamin-<br />

und Mineralpräparaten als auch mit<br />

handelsüblichen Antidepressiva kann<br />

Zink eine stimmungsaufhellende Wirkung<br />

verstärken (26, 27). Es gibt Hinweise,<br />

nach denen Zink als Monosubstanz<br />

ebenfalls die seelische Verfassung<br />

verbessert (28). Generell kann ein chronischer<br />

Zinkmangel eine ganze Reihe<br />

neurologischer und psychischer Erkrankungen<br />

begünstigen. Zu diesen zählen<br />

neben Depressionen und Schizophrenie<br />

auch neurodegenerative Krankheitsbilder<br />

wie Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson<br />

oder amyotrophe Lateralsklerose<br />

(ALS) (29).<br />

Zinkbedarf<br />

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung<br />

empfiehlt erwachsenen Männern<br />

eine tägliche Aufnahme von 10 mg Zink<br />

(30). Insbesondere bei Männern, die sich<br />

vegan oder vegetarisch ernähren oder<br />

dem älteren Semester angehören, ist der<br />

Zinkbedarf ggf. erhöht. Eine zusätzliche<br />

Einnahme von Zink ist hier empfehlenswert.<br />

Verfügbarkeit von Zink<br />

Eine abwechslungsreiche Ernährung<br />

und hinreichende Zufuhr von Zink ist<br />

essentiell für die Männergesundheit. Nur<br />

etwa 30% des mit der Nahrung aufgenommenen<br />

Zinks kommt auch im Blut<br />

an. Denn die Verfügbarkeit von Zink für<br />

den Körper wird zum einen durch seine<br />

Löslichkeit und zum anderen durch die<br />

Anwesenheit absorptionshemmender<br />

und -fördernder Faktoren beeinflusst. So<br />

enthalten viele zinkhaltige Lebensmittel<br />

eine Reihe von Bestandteilen, die die<br />

Bioverfügbarkeit von Zink im Körper<br />

beeinträchtigen. Vor allem die Aufnahme<br />

aus pflanzlichen Lebensmitteln ist durch<br />

die enthaltenen Begleitstoffe, dazu gehören<br />

Phytinsäure oder Ballaststoffe wie<br />

Cellulose oder Lignin, reduziert. Auch<br />

Phosphat oder Casein aus Milchprodukten<br />

können die Absorption negativ beeinflussen<br />

(2, 3).<br />

Bei einseitiger Ernährung oder einem<br />

gewohnheitsmäßig hohen Alkoholkonsum<br />

ist es nicht einfach, den Zinkbedarf<br />

zu decken. In bestimmten Situationen<br />

– beispielsweise bei Darm- oder<br />

Nierenerkrankungen – kann es zudem<br />

zu einer erhöhten Zink-Ausscheidung<br />

kommen (2). Besteht ein Zinkmangel,<br />

kann es sinnvoll sein, höhere Mengen<br />

an Zink zu konsumieren. Diese Mengen<br />

lassen sich z. B. durch Zink-Präparate<br />

ausgleichen.<br />

Die Aufnahme von Zink wird gefördert<br />

durch tierisches Protein, organische<br />

Säuren (Citrat), Inulin, Histidin,<br />

April <strong>2022</strong><br />

23


V italstoffe<br />

Cystein und Peptide. Phosphat, Phytat,<br />

Casein, unlösliche Ballaststoffe (Zellulose,<br />

Hemizellulosen, Lignin) und<br />

Alkohol hemmen jedoch die Aufnahme<br />

von Zink.<br />

Folgen von Zinkmangel<br />

Ein moderater Zinkmangel äußert sich<br />

vor allem durch eine höhere Infektanfälligkeit,<br />

Hauterkrankungen (Dermatitiden),<br />

brüchige Nägel, Haarausfall und<br />

eine verzögerte Wundheilung (2). Auch<br />

ein verminderter Geschmacks- und Geruchssinn<br />

können mit einem Zinkmangel<br />

zusammenhängen. Chronischer, schwerer<br />

Zinkmangel kann gar zu einem Minderwuchs,<br />

Hypogonadismus (verkleinerte<br />

Geschlechtsorgane), zu kognitiven Defiziten,<br />

einer vergrößerten Milz und Leber<br />

sowie ggf. Geophagie (dem Essen von<br />

Erde) führen (31) – gute Gründe, auf eine<br />

ausreichende Zinkversorgung zu achten,<br />

denn ein Zinkmangel kann den gesamten<br />

Organismus schnell ausbremsen.<br />

Männerspezifische<br />

Ernährung<br />

Eine ausreichende Versorgung des<br />

männlichen Körpers mit Zink ist über<br />

die Ernährung oder hochwertige Nahrungsergänzungsmittel<br />

gut zu bewerkstelligen.<br />

Viele zinkhaltige Lebensmittel<br />

gelten als ausgesprochen männlich:<br />

Steaks, ggf. vom Grill, Austern und<br />

Shrimps bzw. Meeresfrüchte finden<br />

für gewöhnlich leichten und gern akzeptierten<br />

Eingang in den männlichen<br />

Speiseplan. Einige weitere Gerichte liefern<br />

ausgesprochen viel Zink, so z. B.<br />

das amerikanische Surf & Turf, das ein<br />

Steak mit Hummer kombiniert, oder das<br />

traditionelle Frühstück amerikanischer<br />

Astronauten: Steak and Eggs, dessen<br />

hoher Anteil an tierischen Proteinen<br />

die Aufnahme des Zink aus dem Rindfleisch<br />

erleichtert (2).<br />

Der antioxidative Effekt von Zink lässt<br />

sich durch eine ausreichende Versorgung<br />

des Körpers mit Kupfer optimieren<br />

(5). In diesem Fall wäre der Verzehr<br />

von beispielsweise Krustentieren in<br />

Kombination mit dunkler Schokolade<br />

empfehlenswert. Schokolade stellt eine<br />

gute Quelle von Kupfer dar, und dessen<br />

Bioverfügbarkeit wird durch den Konsum<br />

von Proteinen erhöht (2) – eine<br />

ungewöhnliche Kombination, die sich<br />

allerdings beispielsweise mit gegrillten<br />

Shrimps und einer mole negra, einer<br />

scharf-würzigen Schokoladensoße, erreichen<br />

lässt.<br />

Zink als<br />

Nahrungsergänzung<br />

Angereicherte Lebensmittel und hochwertige<br />

Nahrungsergänzungsmittel können<br />

einen entscheidenden Beitrag zur<br />

Aufnahme von Zink leisten. Hier bietet<br />

der Markt eine breite Auswahl an Darreichungsformen<br />

an, die von Tabletten<br />

über Kau- und Brausetabletten, Sachets<br />

und Shots bis hin zu Getränkepulvern<br />

und angereicherten Getränken reichen.<br />

Insbesondere organische Zinksalze wie<br />

Zink-L-ascorbat, Zink-L-aspartat, Zinkbisglycinat<br />

und Zinkcitrat zeichnen sich<br />

durch eine besonders gute Bioverfügbarkeit<br />

aus, was sie für die Anwendung in<br />

Nahrungsergänzungsmitteln besonders<br />

attraktiv macht.<br />

Die EU-Verordnung Nr. 2002/46 (32)<br />

legt die in Nahrungsergänzungsmitteln<br />

erlaubten Zinksalze fest. Darüber hinaus<br />

werden auch in pharmazeutischen<br />

Präparaten verschiedene Zinksalze zum<br />

Einsatz gebracht, um die Gesundheit zu<br />

fördern.<br />

Für alle Anwendungsbereiche bietet<br />

Dr. Paul Lohmann ® eine Vielzahl an<br />

Zinksalzen an. Das weltweit umfangreichste<br />

Portfolio ermöglicht es der Lebensmittel-,<br />

Nahrungsergänzungsmittel-<br />

und pharmazeutischen Industrie, aus<br />

dem Vollen zu schöpfen. Als Spezialist<br />

in der Herstellung von hochwertigen Mineralsalzen,<br />

die stets höchsten Standards<br />

entsprechen, werden die Mineralsalze<br />

seit 1886 ausschließlich in Deutschland<br />

produziert. Die Produktionsstätten sind<br />

GMP, FSSC 22000 und DIN EN ISO<br />

9001 zertifiziert. Neben maßgeschneiderten<br />

und innovativen Lösungen nach<br />

Kundenwunsch führt Dr. Paul Lohmann<br />

® auch Produkt- und Anwendungsentwicklung<br />

in enger Kooperation mit<br />

seinen Kunden durch.<br />

Dr. Paul Lohmann GmbH & Co. KGaA<br />

Hauptstraße 2<br />

31860 Emmerthal<br />

sales@lohmann-chemikalien.de<br />

www.lohmann-chemikalien.de<br />

Quellen:<br />

(1) Prasad, A.S.: Discovery of Human<br />

Zinc Deficiency: Its Impact on Human<br />

Health and Disease. Adv Nutr March<br />

2013 Adv Nutr vol. 4: 176-190, 2013<br />

(2) Hahn, A., Schuchardt, J.-P.: Mineralstoffe.<br />

B.Behr´s Verlag GmbH, 2011<br />

(3) Prasad , A.S.: Discovery of Human<br />

Zinc Deficiency: Its Impact on Human<br />

Health and Disease. Adv Nutr March<br />

2013 Adv Nutr vol. 4: 176-190, 2013<br />

(4) Eide D.J.: The oxidative stress of<br />

zinc deficiency. Metallomics. 2011<br />

Nov;3(11):1124-9<br />

(5) Harris ED: Copper as a cofactor<br />

and regulator of copper,zinc superoxide<br />

dismutase. J Nutr. 1992 Mar;122(3<br />

Suppl):636-40<br />

(6) Prasad AS, Mantzoros CS, Beck<br />

FW, Hess JW, Brewer GJ: Zinc status<br />

and serum testosterone levels of healthy<br />

adults. Nutrition. 1996 May;12(5):344-8<br />

(7) Finkelstein JS et. al.: Gonadal Steroids<br />

and Body Composition, Strength,<br />

and Sexual Function in Men. N Engl J<br />

Med 2013; 369:1011-1022<br />

(8) Cawthon PM, Ewing SK, McCulloch<br />

CE, Ensrud KE, Cauley JA, Cummings<br />

SR and Orwoll ES: Loss of Hip BMD in<br />

Older Men: The Osteoporotic Fractures<br />

in Men (MrOS) Study. J Bone Miner<br />

Res, 24: 1728–1735.<br />

(9) Tarsoly E: Effect of testosterone<br />

administration on the epiphyseal cartilage<br />

of hypophysectomized rats. Acta<br />

Histochem. 1976;55(2):176-86<br />

(10) Smith LB, Walker WH: The Regulation<br />

of Spermatogenesis by Androgens.<br />

Semin Cell Dev Biol. 2014 Jun; 0: 2–13.<br />

24


Mineralstoffe<br />

(11) Weinbauer GF, Nieschlag E: The<br />

role of testosterone in spermatogenesis.<br />

In: Nieschlag E., Behre H.M. (eds) Testosterone.<br />

Springer, Berlin, Heidelberg<br />

(1998)<br />

(12) Netter, A., Nahoul, K., Hartoma,<br />

R.: Effect of Zinc Administration on<br />

Plasma Testosterone, Dihydrotestosterone,<br />

and Sperm Count. Archives of<br />

Andrology - Journal of Reproductive<br />

Systems, Volume 7, 1981 - Issue 1<br />

(13) Ustuner ET: Cause of Androgenic<br />

Alopecia: Crux of the Matter. Plast<br />

Reconstr Surg Glob Open. 2013 Oct;<br />

1(7): e64<br />

(14) Randall VA: Androgen-dependent<br />

human hair growth: a biological paradox.<br />

Endocrine Abstracts (2004) 7 S24<br />

(15) Hirshburg JM, Kelsey PA, Therrien<br />

CA, Gavino C, Reichenberg, JS: Adverse<br />

Effects and Safety of 5-alpha Reductase<br />

Inhibitors (Finasteride, Dutasteride):<br />

A Systematic Review. J Clin Aesthet<br />

Dermatol. 2016 Jul; 9(7): 56–62<br />

(16) Montoya E, Terburg D, Bos PA,<br />

van Honk J: Testosterone, cortisol, and<br />

serotonin as key regulators of social<br />

aggression: A review and theoretical<br />

perspective. Motiv Emot. 2012 Mar;<br />

36(1): 65–73<br />

(17) Atmaca, S., Gül, K., Çiçek, R.: The<br />

Effect of Zinc On Microbial Growth.<br />

Tr. J. of Medical Sciences 28 (1998)<br />

595-597<br />

(18) Gupta, M., Mahajan, V.K, Mehta,<br />

K.S., Chauhan, P.S.: Zinc Therapy in<br />

Dermatology: A Review. Dermatol Res<br />

Pract. 2014; 2014: 709152.<br />

(19) Yamamoto, O.: Influence of particle<br />

size on the antibacterial activity of<br />

zinc oxide. International Journal of<br />

Inorganic Materials. Volume 3, Issue 7,<br />

November 2001, Pages 643–646<br />

(20) Pinnell, S.R.: Cutaneous photodamage,<br />

oxidative stress, and topical<br />

antioxidant protection. Journal of the<br />

American Academy of Dermatology,<br />

Volume 48, Issue 1, January 2003,<br />

Pages 1–22<br />

(21) Hu, D., Sreenivasan, P.K., Zhang,<br />

Y.P, De Vizio, W.: The effects of a zinc<br />

citrate dentifrice on bacteria found on<br />

oral surfaces. Oral Health Prev Dent.<br />

2010;8(1):47-53.<br />

(22) Bamberger DM, Herndon BL,<br />

Suvarna PR: The effect of zinc on<br />

microbial growth and bacterial killing<br />

by cefazolin in a Staphylococcus aureus<br />

abscess milieu. J Infect Dis. 1993<br />

Oct;168(4):893-6<br />

(23) Prasad, A.S., Fitzgerald, J.T., Bao,<br />

B., Beck, J.W.T., Chandrasekar, P.H.:<br />

Duration of Symptoms and Plasma<br />

Cytokine Levels in Patients with the<br />

Common Cold Treated with Zinc<br />

Acetate: A Randomized, Double-Blind,<br />

Placebo-Controlled Trial. Ann Intern<br />

Med. 2000;133(4):245-252.<br />

(24) Eby GA, Davis DR, Halcomb<br />

WW: Reduction in duration of common<br />

colds by zinc gluconate lozenges in a<br />

double-blind study. Antimicrob. Agents<br />

Chemother. January 1984 vol. 25 no. 1<br />

20-24<br />

(25) Prasad , A.S.: Discovery of Human<br />

Zinc Deficiency: Its Impact on Human<br />

Health and Disease. Adv Nutr March<br />

2013 Adv Nutr vol. 4: 176-190, 2013<br />

(26) Macpherson, H., Rowsell, R., Cox,<br />

K. H. M., Scholey, A., Pipingas, A.: Acute<br />

mood but not cognitive improvements<br />

following administration of a single<br />

multivitamin and mineral supplement<br />

in healthy women aged 50 and above: a<br />

randomised controlled trial. AGE, June<br />

2015, 37:38<br />

(27) Nowak, G., Siwek, M., Dudek, D.,<br />

Ziêba, A., Pilc, A.: Effect on Zinc Supplementation<br />

on Antidepressant Therapy<br />

in Unipolar Depression: A Preliminary<br />

placebo-controlled study. Pol. J. Pharmacol.,<br />

2003, 55, 1143–1147<br />

(28) Swardfager, W., Herrmann, N., Mazereeuw,<br />

M., Goldberger, K., Harimoto,<br />

T., Lanctôt, K.L.: Zinc in Depression: A<br />

Meta-Analysis. Biological Psychiatry,<br />

Volume 74, Issue 12, Pages 872–878<br />

(29) Szewczyk, B.: Zinc homeostasis<br />

and neurodegenerative disorders. Front<br />

Aging Neurosci. 2013; 5: 33<br />

(30) Terburg D, Morgan B, van Honk<br />

J: The testosterone-cortisol ratio: A hormonal<br />

marker for proneness to social<br />

aggression. Int J Law Psychiatry. 2009<br />

Jul-Aug;32(4):216-23<br />

(31) Prasad AS, Halsted JA, Nadimi M:<br />

Syndrome of iron deficiency anemia,<br />

hepatosplenomegaly, hypogonadism,<br />

dwarfism and geophagia. Am J Med.<br />

1961 Oct;31:532-46<br />

(32) Verordnung (EG) Nr. 1170/2009 der<br />

Kommission vom 30. November 2009<br />

zur Änderung der Richtlinie 2002/46/<br />

EG des Europäischen Parlaments und<br />

des Rates und der Verordnung (EG) Nr.<br />

1925/2006 des Europäischen Parlaments<br />

und des Rates hinsichtlich der<br />

Listen von Vitaminen und Mineralstoffen<br />

sowie ihrer Aufbereitungsformen,<br />

die Lebensmitteln zugesetzt bzw. bei der<br />

Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

verwende<br />

April <strong>2022</strong><br />

25


V italstoffe<br />

Edmund Schmidt, Nathalie Schmidt<br />

Vitamin D – ist es wirklich so wichtig?<br />

Man könnte die Frage in der Überschrift<br />

mit einem einfachen „Ja“ beantworten<br />

und zu anderen Themen übergehen.<br />

Aber die Verunsicherung zum Thema<br />

Vitamin D in der Presse und vor allem<br />

in den sozialen Medien ist groß. Mal<br />

wird von Vitamin D als Mittel gegen<br />

nahezu alle Krankheiten geschrieben<br />

und mal wird es als sinnlose Geschäftemacherei<br />

mit hohem Risikopotential<br />

abgetan. Ursache dieser Verwirrung<br />

ist die hohe biochemische Komplexität<br />

des Vitamin D. Denn Vitamin D ist<br />

nicht im Wortsinn ein relativ einfach zu<br />

erklärendes Vitamin – also ein vitales<br />

Amin, sondern ein sogenanntes Prähormon,<br />

demnach eine Hormonvorstufe.<br />

Bei der Entdeckung des Vitamin D im<br />

Jahr 1922 konnten die Forscher – Hormone<br />

waren noch nicht bekannt – das<br />

nicht wissen und glaubten, ein neues Vitamin<br />

entdeckt zu haben. Da die Buchstaben<br />

A bis C belegt waren, bekam das<br />

angeblich neue Vitamin den Buchstaben<br />

D angehängt. Im Folgenden möchten<br />

wir das wichtigste zum Vitamin D für<br />

den medizinischen Alltag zusammenfassen,<br />

um die in der Überschrift gestellte<br />

Frage zu beantworten.<br />

Secosteroid-Verbindungen mit antirachitischer<br />

Wirkung werden unter dem<br />

Oberbegriff Vitamin D zusammengefasst.<br />

Medizinisch von Bedeutung sind<br />

Vitamin D2, Vitamin D3 sowie die<br />

Provitamine Ergosterol, Ergosterin und<br />

verschiedene biologisch ebenfalls aktive<br />

Metaboliten. Es bestehen wesentliche<br />

Unterschiede zwischen Vitamin D3 und<br />

dem Metaboliten 1,25-Dihydroxycholecalciferol.<br />

Dennoch ist der Begriff<br />

Vitamin D3 aus dem heutigen Sprachgebrauch<br />

nicht mehr wegzudenken und<br />

wird deshalb beibehalten.<br />

Wie alle Steroide enthalten Vitamin D2<br />

und D3 strukturell das typische Ringsystem<br />

von Cholesterol. Vitamin D2 ist<br />

baugleich mit Vitamin D3, abgesehen<br />

von einer zusätzlichen Doppelbindung<br />

in der Seitenkette zwischen C22 und<br />

C23.<br />

Folgende Tabelle gibt einen Überblick:<br />

Tab. 2.2-10 Medizinisch relevante Formen des Vitamin D und ihre verschiedenen Bezeichnungen,<br />

Bildung von Calcitriol<br />

Ergosterol oder<br />

Ergosterin (Pflanzen,<br />

Pilze, Hefe)<br />

Vitamin D2,<br />

Ergocalciferol,<br />

Ercalciol<br />

Präcalciferol<br />

Calcitriol,<br />

1,25-Hydoxy-Vitamin D3,<br />

1,25-Dihydroxy-Cholecalciferol,<br />

1,25(OH)2D3, aktives Vitamin D-<br />

Hormon<br />

7-Dehydrocholesterol Vitamin D3,<br />

Cholecalciferol,<br />

Calciol<br />

Calcidiol,<br />

25-Hydroxy-Cholecalciferol,<br />

25(OH)D3<br />

Calcitriol,<br />

1,25-Hydoxy-Vitamin D3,<br />

1,25-Dihydroxy-Cholecalciferol,<br />

1,25(OH)2D3, aktives Vitamin D-<br />

Hormon<br />

>30 weitere Metabolite,<br />

Funktion unbekannt<br />

Das Ergosterin (Mykosterin), das ebenso<br />

als Ergosterol bezeichnet wird, kommt in<br />

den Zellmembranen von Pilzen, Flechten,<br />

Hefe und niederen Pflanzen vor. Es<br />

wirkt ähnlich dem Cholesterin im tierischen<br />

und menschlichen Organismus<br />

und dient der Membranstabilisierung. Es<br />

handelt sich dabei um eine Vorstufe des<br />

Vitamin D2 (Ergocalciferol), in das es<br />

durch Sonnenlicht (UV-Strahlung) photochemisch<br />

u mgewandelt werden kann.<br />

Das 7-Dehydrocholesterol ist ein Sterin,<br />

aus dem Cholesterin und Cholecalciferol<br />

gebildet wird. Es wird vor allem in der<br />

Leber und Darmmukosa synthetisiert,<br />

und in der Haut wird das Ringsystem<br />

des Provitamins durch UV-B-Strahlen<br />

gesprengt (Photolyse), so dass Cholecalciferol<br />

(Vitamin D3) entsteht. Pflanzliche<br />

Lebensmittel enthalten meist nur das<br />

ProVitamin Ergosterol, die Vorstufe von<br />

Vitamin D2.<br />

26


Vitamine<br />

Durch das Enzym 7-Dehydrocholesterol-Reduktase<br />

wird aus dem 7-Dehydrocholesterol<br />

das Cholesterin gebildet,<br />

das eine wichtige Ausgangssubstanz für<br />

Steroidhormone und Gallensäuren ist.<br />

Praxistipp:<br />

Mehr als 70% des täglichen Vitamin-D-<br />

Bedarfs werden aus der Eigensynthese in<br />

der Haut gedeckt.<br />

Die dermale Vitamin-D-Synthese hängt<br />

von verschiedenen Faktoren ab:<br />

• Jahreszeit<br />

• Breitengrad<br />

• UV-B-Index (mindestens 3 erforderlich)<br />

• Sonnenintensität, Bewölkung, Luftverschmutzung<br />

• Aufenthalt im Sonnenlicht, Winkel der<br />

Sonnenbestrahlung<br />

• Kleidung<br />

• Hautfarbe<br />

• Hauterkrankungen, Verbrennungen<br />

• Alter<br />

• Verwendung von Cremes mit Lichtschutzfaktor<br />

Möglichkeiten der<br />

Bedarfsdeckung<br />

• Exogene Zufuhr: Für den Menschen<br />

verwertbare Vorstufen (Ergosterol)<br />

sind die Vitaminformen (D2 und D3),<br />

sie werden über die Nahrung zugeführt.<br />

Vitamin D3 findet sich in tierischen<br />

Lebensmitteln (Fisch, Eigelb,<br />

Milchprodukte, Leber), pflanzliche<br />

Lebensmittel (Pilze, Hefe) enthalten<br />

oft nur das Ergosterol, die Vorstufe<br />

von Vitamin D2. Allerdings reicht die<br />

Nahrung allein bei weitem nicht zur<br />

Bedarfsdeckung aus.<br />

• Endogene Synthese von Vitamin<br />

D3: Das ProVitamin 7-Dehydrocholesterol,<br />

das beim Menschen im<br />

Rahmen der Cholesterolsynthese in<br />

Darmschleimhaut und Leber entsteht,<br />

kann durch Photo- und Thermoisomerisierung<br />

unter dem Einfluss von<br />

Sonnenlicht in Vitamin D3 u mgewandelt<br />

werden. Dieser Vorgang deckt<br />

über 70% des täglichen Vitamin-D-<br />

Bedarfs und findet in der Haut statt.<br />

Cholesterinsenker blockieren so die<br />

Vitamin-D-Bildung teilweise massiv.<br />

Patienten/-innen die Cholesterinsenker<br />

einnehmen, haben fast immer auch<br />

einen manifesten Vitamin-D-Mangel.<br />

• Nahrungsergänzungsmittel: Vitamin<br />

D3 und Vitamin D2 können ergänzend<br />

zugeführt werden.<br />

Die Umwandlung von Vitamin D3 in<br />

das aktive Vitamin-D-Hormon Calcitriol<br />

findet durch zweifache Hydroxylierung<br />

statt (Einfügen von OH-Gruppen). Die<br />

erste Hydroxylierung erfolgt in der Leber,<br />

zum geringen Teil auch in Niere und<br />

Darm, durch das Enzym 25-Hydroxylase.<br />

Die zweite Hydroxylierung findet in<br />

den Mitochondrien des proximalen Nierentubulus<br />

(Nierenkanälchen) statt. Das<br />

metabolisch aktive Hormon gelangt nun<br />

zu den Zielorganen (Knochen, Dünndarm,<br />

Niere und Nebenschilddrüse), um<br />

dort seine Wirkungen zu entfalten.<br />

Praxistipp:<br />

Die Steuerung des endokrinen Wegs von<br />

Vitamin D ist vor allem abhängig vom<br />

Kalziumserumspiegel im Blut, der konstant<br />

in einem engen Bereich gehalten<br />

wird (2,25 – 2,75 mmol/l) (siehe 2.5.3<br />

Kalzium-Verteilung).<br />

Das Kalzium spielt im Organismus bei<br />

vielen lebenswichtigen Funktionen eine<br />

wichtige Rolle, daher ist die Aufrechterhaltung<br />

der extrazellulären ionisierten,<br />

freien Kalzium-Konzentration wesentlich<br />

für die körperliche Gesundheit. Dabei<br />

hat das ionisierte, freie Kalzium im<br />

Serum immer Priorität gegenüber den<br />

Kalziumkompartimenten in Knochen,<br />

Dünndarm, Niere und steht mit diesen in<br />

wechselseitiger Beziehung.<br />

Der endokrine Vitamin-D-Weg ist abhängig<br />

vom Kalziumwert im Blut und<br />

hat Einfluss auf die Knochengesundheit.<br />

Die anderen über 2.000 genabhängigen<br />

Funktionen von Vitamin D folgen dem<br />

autokrinen oder parakrinen Weg.<br />

Weitere Regulationspartner sind das<br />

Phosphat und das Parathormon der Nebenschilddrüse.<br />

Vitamin D steuert die<br />

Aufnahme von Kalzium (niedrige und<br />

normale Dosierung) aus der Nahrung,<br />

sowie von Phosphat und Magnesium im<br />

Darmtrakt.<br />

Das 25-OH-D3 im Blut ist fast ausschließlich<br />

an Vitamin-D-Transportmoleküle<br />

(VDBP) gebunden und kann<br />

in dieser Form nicht in die Zellen diffundieren.<br />

Nur die etwa 0,003%, die in<br />

freier Form vorliegen, können als Ausgangsstoff<br />

für die Umwandlung innerhalb<br />

der Zelle fungieren und durch das<br />

Enzym 1-α-Hydroxylase in den Körperzellen<br />

(Kolon, Prostata, Brust, Immunsystem)<br />

selbst in die aktive Vitamin-<br />

D-Form u mgewandelt werden. Diese<br />

geringe Menge an Ausgangssubstanz<br />

kann jedoch die autokrine (hormonelle<br />

Wirkung auf die absondernde Zelle) und<br />

parakrine (hormonelle Wirkung auf die<br />

Zellen der unmittelbaren U mgebung)<br />

Wirkung von Vitamin D nicht erklären.<br />

Praxistipp:<br />

Neben dem freien 25-OH-D3 scheint das<br />

Vitamin D3 selbst als Ausgangssubstanz<br />

für die zelluläre Vitamin-D-Versorgung<br />

zu dienen (1).<br />

Während das 25-OH-D3 einige Wochen<br />

im Blut zirkuliert, reduziert sich der<br />

Spiegel von Vitamin D3 bereits nach einem<br />

Tag und muss daher täglich garantiert<br />

werden.<br />

Vitamin-D-<br />

Form<br />

Vitamin D3<br />

25-OH-D3<br />

Calcitriol;<br />

1,25(OH)2D3<br />

Halbwertszeit<br />

24 Stunden<br />

3 Wochen<br />

1 bis 3 Stunden<br />

Tab.1: Halbwertszeit der Vitamin-D-Metabolite (2)<br />

Praxistipp:<br />

Die zelluläre Vitamin-D-Versorgung ist<br />

unabhängig vom 25-OH-D3-Blutspiegel<br />

April <strong>2022</strong><br />

27


V italstoffe<br />

nur sichergestellt, wenn die Haut täglich<br />

durch Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten<br />

Vitamin D selbst synthetisieren<br />

kann oder Vitamin D3 täglich<br />

substituiert wird.<br />

Zahlreiche Studien, die wegen der Kontrolle<br />

der Compliance der Teilnehmer<br />

mit wöchentlichen oder monatlichen<br />

Dosierungen gearbeitet haben, hatten<br />

trotz hoher Blutspiegel keinen positiven<br />

Effekt des Vitamin D (z.B. auf das Immunsystem)<br />

erbracht, da es nicht täglich<br />

zugeführt wurde und daher nur Einfluss<br />

auf die Knochengesundheit hatte.<br />

Gefahr:<br />

Selbst bei einem 25-OH-D3-Spiegel von<br />

50 ng/ml kann das freie Vitamin D nicht<br />

vorhanden sein, wenn es nicht täglich<br />

zugeführt (Sonne oder Nahrungsergänzung)<br />

wird.<br />

Wichtig ist es, die verschiedenen Formen<br />

von Vitamin D im Organismus zu unterscheiden.<br />

Das Vitamin D3 ist die Form,<br />

die immer ungebunden im Körper ist und<br />

daher einfach in die Zellen hinein- und<br />

auch wieder herausgelangen kann. Nur<br />

das freie Vitamin D3 kann in die Muttermilch<br />

übergehen.<br />

Das biologisch aktive Vitamin-D-Hormon<br />

(1,25-(OH)2D3 wird – wie alle<br />

Hormone – im Organismus nach Bedarf<br />

gebildet und streng reguliert. Aus diesem<br />

Grund wird bei einer hohen Vitamin-D3-<br />

Zufuhr nicht unbedingt das Calcitriol<br />

proportional ansteigen, denn es wird nur<br />

so viel aktives Hormon gebildet, wie die<br />

Zelle an dieser Stelle benötigt. In fast<br />

allen Körperzellen sind sogenannte Vitamin-D-Rezeptoren<br />

(VDR) vorhanden,<br />

an denen das Calcitriol andockt und die<br />

Vitamin-D-abhängigen Zellprozesse in<br />

Gang setzt.<br />

Praxistipp:<br />

Vitamin-D-Rezeptoren finden sich in<br />

den Zellkernen von Gonaden, Thymus,<br />

Hypophyse, Plazenta, Herzmuskel,<br />

Haut, Pankreas, Magen, Zähnen, sowie<br />

in den Zellen des Immunsystems wie<br />

Makrophagen, Monozyten, dentritischen<br />

Zellen, natürlichen Killerzellen, aktivierten<br />

T- und B-Lymphozyten.<br />

Gefahr:<br />

Ein Zinkmangel beeinträchtigt die Bildung<br />

von Vitamin-D-Rezeptoren, da an<br />

deren Basis je zwei Zinkmoleküle benötigt<br />

werden. Daher beeinflusst der wichtige<br />

Mineralstoff ebenfalls die Calcitriol-<br />

Wirkung an den Zellen.<br />

Wirkungen des Vitamin D:<br />

Knochengesundheit:<br />

Allgemein bekannt ist, dass Vitamin D<br />

im Rahmen der Osteoporose ein wichtiges<br />

Therapeutikum darstellt.<br />

Beim physiologischen Auf- und Abbau<br />

des Knochengewebes spielt<br />

1,25(OH)2D3 eine entscheidende Rolle.<br />

Unter dem Einfluss des Vitamin-D-<br />

Hormons findet eine gesteigerte Synthese<br />

von Osteoklasten (Knochenabbau)<br />

aus hämatopoetischen Zellen statt.<br />

Außerdem werden Osteoblasten (Knochenaufbau)<br />

zur Ausscheidung eines<br />

Resorptionsfaktors angeregt, der die Osteoklasten-Aktivität<br />

zusätzlich fördert.<br />

Kalzium, Phosphat und Magnesium sind<br />

wichtige Baustoffe des Skeletts und daher<br />

unverzichtbar für Struktur und Stabilität<br />

der Zähne und des Knochens.<br />

Die Knochenmineralisation wird vermutlich<br />

nicht direkt aktiviert, sondern<br />

durch vermehrte Bereitstellung von<br />

Kalzium und Phosphor bei gesteigerter<br />

intestinaler Absorption. Da Osteoblasten<br />

über Vitamin-D-Hormonrezeptoren<br />

verfügen, wird die Synthese von alkalischen<br />

Phosphatasen und Osteocalcin<br />

reguliert. Zusätzlich steuert das aktive<br />

Vitamin-D-Hormon die Resorption von<br />

niedrigem und normaldosiertem Kalzium<br />

im Darm.<br />

Praxistipp:<br />

Vitamin D beeinflusst den ständigen<br />

Umbau der Knochen.<br />

Das Vitamin-D-Hormon hat direkte<br />

Wirkungen auf fast alle Arten von Knochenzellen<br />

für Auf-, Ab- und Umbau der<br />

Knochenstruktur:<br />

Zusammen mit Vitamin K2, Phosphor<br />

und Magnesium stabilisiert Vitamin D3<br />

die Knochen. Der Mineralstoff Magnesium<br />

ist ebenfalls essenziell für die<br />

Knochengesundheit und den Kalzium-<br />

Stoffwechsel, 50 – 70% des intrazellulären<br />

mg (95%) sind im Knochen lokalisiert,<br />

gebunden an Hydroxylapatit. Das<br />

Skelett ist der größte Magnesium-Speicher.<br />

Bei einem Magnesium-Mangel ist<br />

ebenfalls der Vitamin-D-Metabolismus<br />

gestört. mg wird benötigt für die Umwandlungsenzyme<br />

(25-Hydroxylase,<br />

1-α-Hydroxylase), für die Vitamin-D-<br />

Transportmoleküle (VDBP) und für die<br />

Ausschüttung vom Parathormon der Nebenschilddrüse.<br />

Praxistipp:<br />

Der Vitamin-D-Metabolismus ist in allen<br />

Bereichen von Magnesium abhängig.<br />

Immunsystem:<br />

Vitamin D ist entscheidend für eine<br />

normale Funktion des Immunsystems.<br />

Es wirkt dabei sowohl im angeborenen,<br />

als auch im adaptiven Immunsystem.<br />

Calcitriol steuert die Aktivität der Immunzellen<br />

und fungiert als Botenstoff,<br />

indem das aktive Hormon an den Vitamin-D-Rezeptoren<br />

auf der Oberfläche<br />

der Immunzellen andockt. Wenn das<br />

Immunsystem einen Erreger erkennt,<br />

wird vermehrt aktives 1,25-(OH)2D3<br />

gebildet und damit die Immunantwort<br />

aktiviert.<br />

Praxistipp:<br />

Vitamin D ist ein Immunmodulator,<br />

der für die Ausschüttung körpereigener<br />

Abwehrstoffe sorgt, die Immunantwort<br />

moduliert, so dass chronische Entzündungen<br />

vermieden werden und die Empfindlichkeit<br />

des Immunsystems reguliert<br />

(3) wird.<br />

28


Vitamine<br />

© shonka – shutterstock.com<br />

• Schwangerschaft, Stillzeit, Kindheit<br />

• Zyklusstörungen, unerfüllter Kinderwunsch,<br />

Frühgeburten, Testosteronmangel<br />

• Immunmangelsyndrom: rezidivierende<br />

Infekte der Atemwege, Harnblase,<br />

Unterleib<br />

• Hauterkrankungen: Psoriasis, Neurodermitis,<br />

Rosazea, Akne vulgaris<br />

• Krebserkrankungen: Lymphome,<br />

Brustkrebs, Lungenkrebs, Prostatakrebs,<br />

Hautkrebs, Leberkrebs, Zytostatika<br />

• Begleittherapie bei Erkrankungen:<br />

Hepatitis C, Multiple Sklerose, Hyperthyreose,<br />

Diabetes mellitus, Arthritis,<br />

Rheuma, Depression, Epilepsie,<br />

Schizophrenie, Asthma bronchiale,<br />

Autoimmunerkrankungen<br />

• Schwere Verbrennungen<br />

• Interagierende Medikamente: siehe<br />

Interaktionen<br />

Indikationen<br />

Weitere Funktionen des Vitamin D<br />

• Fettverwertungsstörungen aufgrund<br />

von<br />

- chronischen Darmerkrankungen<br />

(Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)<br />

- Leber- und Gallenerkrankungen (Hepatitis)<br />

- extrem fettarmer Ernährung (Vegetarier,<br />

Veganer)<br />

- therapieinduziert durch Fett-Resorptionshemmer<br />

(Orlistat)<br />

• Ältere Menschen: durch mangelnde<br />

Sonnenexposition, reduzierte Hautsynthese<br />

und mangelnde renale Aktivierung<br />

von eingelagertem Vitamin D<br />

• Unausgewogene Sonnenexposition:<br />

- Zu geringe Sonnenexposition in nördlichen<br />

Breiten oder im Winter<br />

- Dunklere Hautfarbe, da das Melanin<br />

auch die Vitamin-D-Synthese reduziert<br />

- Daueranwendung von Mitteln mit<br />

Lichtschutzfaktor >5 (bringt Vitamin-<br />

D-Synthese der Haut zum Erliegen)<br />

- Religiöse Verhüllungen (z.B. muslimische<br />

Frauen, katholische Ordenstracht)<br />

• Vitamin-D-Verwertungsstörungen:<br />

- Gallen- und Lebererkrankungen<br />

- Chronische Nierenerkrankungen<br />

- Erkrankungen der Nebenschilddrüse<br />

- Granulomatöse Erkrankungen<br />

- Genetische Störungen: Mutationen der<br />

1-α-Hydroxylase, CYP24A1, 25-Hydroxylase,<br />

- Medikamenteneinnahme<br />

- Magnesium-Mangel<br />

• Adipositas: 10% mehr Körpergewicht<br />

reduziert den Vitamin-D-Spiegel um 4%<br />

• Kinder: zur Rachitisprophylaxe beim<br />

Säugling und Kleinkind sowie unter<br />

antikonvulsiver Therapie<br />

• Adjuvante Therapie: z.B. Begleittherapie<br />

bei Osteoporose, bei Kieferatrophie,<br />

bei Tinnitus, bei Immunmangelsyndromen<br />

und bei CFS-Syndrom<br />

• Mangelnde Zufuhr und Malabsorption:<br />

Veganer und strenge Vegetarier<br />

(v.a. Kinder sind massiv betroffen),<br />

Maldigestion oder Malabsorption<br />

• Leberzirrhose<br />

• Psoriasis<br />

• Tumorprävention: Vitamin D reduziert<br />

das Risiko vieler Krebserkrankungen,<br />

speziell Lungen-, Leber-,<br />

Prostata-, Kolon- und Mammakarzinom-Risiko.<br />

April <strong>2022</strong><br />

29


V italstoffe<br />

Hypercholesterinämie: Der Cholesterinquotient<br />

– das Verhältnis zwischen<br />

Gesamtcholesterin und HDL-Cholesterin<br />

– sagt mehr über das Herz-Kreislauf-Risiko<br />

aus als lediglich ein hoher<br />

LDL-Cholesterinwert. Liegt der Quotient<br />

bei fünf und höher, ist das Risiko<br />

erhöht. Um das Risiko zu minimieren,<br />

sollte der Quotient unter 4,4 liegen. Bei<br />

einem Quotienten von 3,3 halbiert sich<br />

sogar das Herz-Kreislauf-Risiko. In der<br />

Aric-Studie fiel auf, dass ein Vitamin-D-<br />

Mangel mit einem durchschnittlich um<br />

3,02 mg/dl niedrigeren HDL-Spiegel<br />

und mit einem um 0,18 höheren Cholesterin-Quotienten<br />

einhergeht (4). Eine<br />

weitere Studie ergab, dass Menschen, die<br />

sich regelmäßig sonnen, niedrigere Cholesterinwerte<br />

aufweisen, bei gleichzeitig<br />

erhöhten Vitamin-D-Spiegeln. U mgekehrt<br />

gilt dies genauso (5).<br />

Versorgungssituation<br />

In Europa ist ein Vitamin-D-Mangel weit<br />

verbreitet, vor allem in den Wintermonaten.<br />

Obwohl die DGE-Empfehlung mit<br />

20 µg/Tag in Deutschland sehr niedrig<br />

angesetzt ist, erreicht in Deutschland<br />

diese Empfehlung niemand über die Ernährung.<br />

Im Durchschnitt nehmen Männer<br />

täglich 2,9 µg und Frauen 2,2 µg zu<br />

sich (6).<br />

Deutschland<br />

Eine Studie des Robert-Koch-Instituts<br />

hat die Vitamin-D-Versorgung an<br />

6.995 Teilnehmern im Alter von 18<br />

bis 79 Jahren untersucht und dafür den<br />

25-Hydroxy-Vitamin-D-Spiegel gemessen<br />

(25(OH)D3) (7). Insgesamt weisen<br />

30,2% der Erwachsenen (29,7% der<br />

Frauen und 30,8% der Männer) zwischen<br />

18 und 79 Jahren eine 25(OH)<br />

D3-Serumkonzentration 40 ng/ml<br />

(>100 nmol/l). („25(OH)D-Serumkonzentrationen<br />

nach Einteilung des Institute<br />

of Medicine bei 18- bis 79-jährigen<br />

Frauen, nach Alter und sozioökonomischem<br />

Status (n = 3.635)“ Quelle: DEGS<br />

1 (2008 – 2011)) (9)<br />

Täglicher Bedarf und<br />

Substitution<br />

Der tägliche Bedarf ist von vielen verschiedenen<br />

Faktoren abhängig, wie Alter,<br />

Hautfarbe, Gewicht, Aufenthaltsort,<br />

Jahreszeit, Aufenthalt in der Sonne, Sonnenschutz,<br />

Kleidung, Rauchen, Medikamente,<br />

Krankheiten und Versorgung mit<br />

interagierenden Mikronährstoffen.<br />

DGE-Empfehlung<br />

Säuglinge<br />

und Kinder<br />

bis 1 Jahr:<br />

Kinder ab 1<br />

Jahr:<br />

Jugendliche:<br />

Erwachsene:<br />

Schwangere:<br />

Stillende:<br />

10 µg o. 400 IE/<br />

Tag<br />

20 µg o. 800 IE/<br />

Tag<br />

20 µg o. 800 IE/<br />

Tag<br />

20 µg o. 800 IE/<br />

Tag<br />

400 – 600 IE/Tag<br />

600 – 800 IE/Tag<br />

Bei den Empfehlungen handelt es sich<br />

lediglich um Schätzwerte. Dabei soll<br />

der Vitamin-D-Spiegel von mindestens<br />

50 nmol/l erreicht werden, noch nicht<br />

einmal der Normwert von 75 nmol/l.<br />

Es wurden auch lediglich Osteoporose-<br />

Studien herangezogen und die Knochengesundheit<br />

betrachtet. Leider wurden<br />

andere Funktionen von Vitamin D<br />

bei den Empfehlungen nicht berücksichtigt.<br />

Umrechnungsfaktor:<br />

Vitamin D-Dosis: 1 µg entspricht 40 IE<br />

bzw. eine IE entspricht 0,025 µg.<br />

Empfehlenswert ist eine tägliche Einnahme<br />

zur Gesunderhaltung und Vorbeugung<br />

von mindestens 1.500 IE in den<br />

Sommermonaten (April bis September)<br />

und 3.000 IE in den Wintermonaten (Oktober<br />

bis März). In Deutschland, Österreich<br />

und der Schweiz schafft es kaum<br />

jemand, täglich genügend Vitamin D<br />

durch die Eigensynthese unter Sonneneinstrahlung<br />

in den Sommermonaten zu<br />

erzielen. Bewölkung, Regentage oder<br />

der mangelnde Aufenthalt zur Mittagszeit<br />

(zwischen 10.30 und 16.30 Uhr)<br />

verhindern die Synthese. Kleidung und<br />

Glas sind undurchlässig für die UV-B-<br />

Strahlen und die Verwendung von Sonnenschutzmitteln<br />

reduziert die Vitamin-<br />

D-Synthese je nach Lichtschutzfaktor<br />

fast vollständig.<br />

Höhere tägliche Vitamin-D-Dosierungen<br />

sind in manchen Fällen sinnvoll, sollten<br />

aber medizinisch kontrolliert angewendet<br />

werden, da auch Interaktionen zu gesundheitlichen<br />

Störungen führen können.<br />

Bei einem Mangel empfiehlt es sich, die<br />

Dosis auf morgens und abends zu verteilen,<br />

um so dem Organismus zu einer<br />

höheren Resorption zu verhelfen. Präparate<br />

mit Vitamin D in Öl-Lösungen<br />

in Kapselform (z.B. Vitamin D3 Pearls<br />

von PharmaNord) sind besser bioverfügbar<br />

als Präparate in Pulverform oder mit<br />

Ethanolträger.<br />

Zusammenfassung<br />

Vitamin D ist für die Gesundheit unerlässlich.<br />

In Deutschland sollte daher<br />

zumindest in der kalten und dunklen<br />

Jahreszeit eine Nahrungsergänzung mit<br />

geeigneten Supplementen durchgeführt<br />

werden. Dosierungen bis 4.000 IE am<br />

Tag sind nicht gefährlich.<br />

© Nataly Zavyalova – shutterstock.com<br />

30


Vitamine<br />

Quellen:<br />

(1) Bikle, D.D., Gee, E., Halloran, B.,<br />

Kowalski, M.A., Ryzen, E., and Haddad,<br />

J.G. Assessment of the free fraction of<br />

25-hydroxyVitamin D in serum and its<br />

regulation by albumin and the Vitamin<br />

D-binding protein. J. Clin. Endocrinol.<br />

Metab. 1986; 63: 954–959<br />

(2) https://www.vitamind.net/vitamin-d3/<br />

stoffwechsel<br />

(3) Maria C. Borges, Lígia A. Martini,<br />

Marcelo M. Rogero, Current perspectives<br />

on Vitamin D, immune system, and<br />

chronic diseases, Nutrition, Volume 27,<br />

Issue 4,<br />

April 2011, Pages 399-404, ISSN 0899-<br />

9007<br />

(4) Faridi, K. F., et al., Serum Vitamin D<br />

and change in lipid levels over 5 y:<br />

(8) Rabenberg und Mensink, Vitamin D<br />

Status in Deutschland, Journal of<br />

Health Monitoring · 2016 1(2) DOI<br />

10.17886/RKI-GBE-2016-036 Robert<br />

Koch-Institut, Berlin<br />

(9) Rabenberg M, Scheidt-Nave C,<br />

Busch MA et al. (2015) Vitamin D status<br />

among adults<br />

in Germany--results from the German<br />

Health Interview and Examination<br />

Survey for Adults<br />

(DEGS 1). BMC Public Health 15:641<br />

Autoren:<br />

Dr. med. Edmund Schmidt arbeitet als<br />

Allgemeinarzt und Spezialist für Vitalstofftherapie<br />

gemeinsam mit seiner<br />

Frau seit 1996 in der eigenen Praxis in<br />

Ottobrunn. Dr. Schmidt hat zum Thema<br />

<strong>Vitalstoffe</strong>, zusammen mit seiner Frau,<br />

mehrere Bücher veröffentlicht.<br />

www.Praxis-Schmidt-Ottobrunn.de<br />

The Atherosclerosis Risk in Communities<br />

study, Nutrition. 2017 Jun;38, S.<br />

85 – 93.<br />

(5) Cutillas-Marco E et al.:<br />

&ldquo;Vitamin-D status and hypercholesterolemia<br />

in<br />

Spanish general population&rdquo;.<br />

Dermatoendocrinol. 1. Juni<br />

2013;5(3):358-62.<br />

(6) Nationale Verzehrstudie II von 2008.<br />

(7) Rabenberg M, Scheidt-Nave C,<br />

Busch MA et al. (2015) Vitamin D status<br />

among<br />

adults in Germany--results from the<br />

German Health Interview and Examination<br />

Survey for Adults (DEGS 1). BMC Public<br />

Health 15:641<br />

Nathalie Schmidt arbeitet im Bereich<br />

Lebensberatung, Coaching und Energiearbeit.<br />

Dazu passend ist sie Reiki-Therapeutin.<br />

Zusammen mit ihrem Mann<br />

beschäftigt sie sich seit 1998 intensiv mit<br />

<strong>Vitalstoffe</strong>n. Neben den gemeinsamen<br />

Büchern über <strong>Vitalstoffe</strong> und Wasser hat<br />

sie mehrere Bücher zum Thema Lebenshilfe<br />

veröffentlicht.<br />

www.Energie-Lebensberatung.de<br />

April <strong>2022</strong><br />

31


V italstoffe<br />

Uwe Gröber<br />

Long-COVID: Zwischen Endotheliopathie mit Koagulopathie<br />

und mitochondrialer Dysfunktion<br />

In Deutschland hat sich die Impfquote<br />

seit Jahresbeginn erfreulich entwickelt,<br />

so dass ein Ende der kritischen Phase der<br />

Coronavirus-Pandemie absehbar scheint.<br />

Nach Schätzungen der WHO leidet etwa<br />

jeder zehnte COVID-19-Patient noch<br />

zwölf Wochen nach der Infektion unter<br />

lang anhaltenden Beschwerden, auch<br />

wenn er nicht in der Klinik behandelt<br />

werden musste. Dementsprechend kann<br />

die Infektion mit dem Multiorganvirus<br />

SARS-CoV-2 bei vielen Genesenen<br />

noch lange Schatten werfen. Selbst nach<br />

milden Verläufen kämpfen die Betroffenen<br />

noch Wochen und Monate mit<br />

persistierenden Beschwerden, die auch<br />

als Long-COVID oder Post-COVID-<br />

Syndrom bezeichnet werden. Extreme<br />

Erschöpfung (⇨ Post-COVID-Fatigue),<br />

Abgeschlagenheit und ausgeprägte Müdigkeit<br />

sowie kognitive Einbußen, Lungen-<br />

und Herzprobleme sind nur einige<br />

Symptome, die auf Long-COVID hinweisen<br />

können.<br />

Wissenschaftler schätzen zunehmend die<br />

mit COVID-19 assoziierte generalisierte<br />

Endothelentzündung, gepaart mit einer<br />

endothelialen Dysfunktion, als zentrale<br />

Noxe ein, die maßgeblich für postvirale<br />

Komplikationen wie Long-COVID verantwortlich<br />

sind. Auch Long-COVID<br />

imponiert insofern als Multisystemerkrankung<br />

mit endothelialer Dysfunktion,<br />

Mitochondriopathie und Dysregulation<br />

des Immunsystems.<br />

Mitochondrien:<br />

Target für SARS-CoV-2<br />

Nach der Endosymbiotentheorie sind<br />

Eukaryoten aus einer Endosymbiose<br />

prokaryotischer Vorläuferorganismen<br />

hervorgegangen. Dabei sind chemo- und<br />

phototrophe Bakterien von Urbakterien<br />

(Archaebakterien) aufgenommen worden,<br />

in denen sie sich zu Zellorganellen<br />

ihrer Wirtszellen entwickelt haben, darunter<br />

auch die Mitochondrien. Demnach<br />

sollen die Zellorganellen der Mitochondrien<br />

von Bakterien der Gattung Rickettsia<br />

abstammen.<br />

Reife Eizellen weisen mit 100.000 bis<br />

600.000 (1 x 10 5 bis 6 x 10 5 ) die höchste<br />

Mitochondriendichte aller Körperzellen<br />

auf. Vor der Befruchtung befinden<br />

sich die Mitochondrien in einem Ruhestadium,<br />

um unmittelbar nach der Befruchtung<br />

den hohen Energiebedarf der<br />

schnell wachsenden Zellen zu decken.<br />

Mitochondrien sind aber nicht nur intrazelluläre<br />

Organellen, sondern es finden<br />

sich auch sehr viele zellfreie intakte Mitochondrien<br />

im Blutplasma. Vor kurzem<br />

konnte man erstmals nachweisen, dass<br />

sich in 1 ml Blutplasma von Gesunden<br />

Tab.1 Aufgaben der Mitochondrien (Auswahl)<br />

zwischen 200.000 bis 3,7 Millionen Mitochondrien<br />

befinden. Diese Tatsache<br />

lässt nur erahnen, welches enorme Ausmaß<br />

eine Störung der mitochondrialen<br />

Funktion für den menschlichen Körper<br />

und den Immunmetabolismus hat.<br />

Neben der fundamentalen Bedeutung<br />

bei der zellulären Energiebereitstellung<br />

in Form von ATP sind Mitochondrien<br />

auch äußerst dynamische Zellorganellen,<br />

die intrazellulär Netzwerkstrukturen<br />

ausbilden und permanent morphologischen<br />

Veränderungen (z.B. Fission,<br />

Fusion) unterliegen. Diese Prozesse<br />

spielen u.a. eine zentrale Rolle bei der<br />

Regulation des Immunsystems, der<br />

Apoptose sowie der Vervielfältigung<br />

von Nukleinsäure-Molekülen (⇨ Reduplikation)<br />

(Tab.1).<br />

Mitochondrien spielen neben der Produktion von ATP auch eine Schlüsselrolle<br />

bei der:<br />

Regulierung der angeborenen und adaptiven Immunität,<br />

Aufrechterhaltung der zellulären Kalzium(Ca2+)-Homöostase,<br />

Bildung von Harnsäure, Phospholipiden und Pyrimidinen,<br />

Temperatur-Regulation im Körper durch mitochondriale Entkopplung<br />

sowie<br />

Synthese von<br />

- Neurotransmittern,<br />

- Steroidhormonen<br />

- Aminosäuren und<br />

- Vitamin B9 (Folsäure).<br />

32


Long-COVID<br />

Die Vulnerabilität des<br />

mitochondrialen Genoms<br />

Das mitochondriale Genom ist etwa 10-<br />

mal anfälliger für Mutationen als das<br />

nukleäre Genom. Die mtDNA ist besonders<br />

vulnerabel für oxidative Schäden,<br />

bedingt durch die hohe Belastung<br />

mit ROS in den Mitochondrien und<br />

den ineffizienteren DNA-Reparaturmechanismen<br />

aufgrund fehlender Introns<br />

und schützender Histone. Oxidative<br />

Schäden an der mtDNA sind aus diesem<br />

Grund sehr viel stärker ausgeprägt als<br />

bei nukleärer DNA.<br />

SARS-CoV-2-induzierte<br />

mitochondriale Dysfunktion<br />

Für Wachstum und Ausübung ihrer<br />

Funktionen brauchen Immunzellen vor<br />

allem Energie. Seit den 1970er-Jahren<br />

ist beispielsweise die metabolische<br />

Reprogrammierung von Makrophagen<br />

während einer Immunreaktion<br />

bekannt. Aktivierte Makrophagen nutzen<br />

dabei die aerobe Glykolyse zur<br />

Bildung von ATP (Warburg-Effekt).<br />

Die mitochondriale Integrität spielt insofern<br />

eine zentrale Rolle im Rahmen<br />

der antiviralen Immunantwort sowie<br />

bei der Regulierung metabolischer<br />

Stoffwechselwege von Immunzellen.<br />

Über spezielle Mechanismen können<br />

Mitochondrien die metabolische Aktivität<br />

und Funktion von Zellen der<br />

angeborenen und adaptiven Immunantwort<br />

modulieren. Die angeborene<br />

Immunität und die damit assoziierten<br />

Entzündungsreaktionen werden vor allem<br />

durch die mitochondriale Dynamik<br />

reguliert. Eine mitochondriale Dysfunktion<br />

kann beispielsweise die Aktivierung<br />

des NLRP3-Inflammasoms<br />

durch Immunzellen auslösen. Der<br />

durch SARS-CoV-2-induzierte Anstieg<br />

der mtROS-Bildung (⇨ mitochondriale<br />

Dysfunktion) wirkt pro-seneszent<br />

und pro-inflammatorisch mit seinen<br />

vielfältigen Einflüssen auf Endothelzellen<br />

und Organe. In Bezug auf virale<br />

Infektionen wie COVID-19 und seinen<br />

Langzeitfolgen werden verschiedene<br />

Mechanismen, die zur mitochondrialen<br />

Dysfunktion beitragen können, diskutiert.<br />

Eine Störung der mitochondrialen Aktivität<br />

in Zellen des Endothels dürfte<br />

eine zentrale Rolle sowohl in der Pathogenese<br />

von COVID-19 als auch von<br />

Long-COVID spielen. Modifikationen<br />

in der Morphologie und der Funktion<br />

der Mitochondrien führen zu zahlreichen<br />

Störungen und Erkrankungen. Aufmerksam<br />

wurde man auf diese Gruppe von<br />

Erkrankungen durch die Entdeckung<br />

von Myopathien mit morphologisch veränderten<br />

Mitochondrien.<br />

Mitochondriale Erkrankungen, die sogenannten<br />

Mitochondriopathien, stellen<br />

in der Regel heterogene Multisystemerkrankungen<br />

dar, die mit einer Störung<br />

der oxidativen Phosphorylierung assoziiert<br />

sind. Diese sind angeboren oder<br />

erworben. Ursächlich können sowohl<br />

Veränderungen in der mitochondrialen<br />

(mtDNA) wie auch der nukleären<br />

DNA sein. Charakteristische Symptome<br />

sind unter anderem endokrine, immunologische,<br />

metabolische, muskuläre,<br />

neurologische sowie kardiopulmonale<br />

und vaskuläre Beschwerden. Auch<br />

Riech-, Hör- und/oder Sehstörungen<br />

(z.B. Augenbewegungsstörungen) können<br />

auftreten. In der Regel sind mehrere<br />

Organsysteme betroffen, vor allem das<br />

Zentralnervensystem, die Sinnesorgane<br />

(z.B. Riechen), die Leber, die Nieren,<br />

das Pankreas sowie die Herz- und Skelettmuskulatur.<br />

Unter den mitochondrialen Erkrankungen<br />

ist die krankheitsbedingte Störung<br />

der oxidativen Phosphorylierung<br />

als potentieller Risikofaktor für einen<br />

schwereren Verlauf von COVID-19 zu<br />

diskutieren. Im Rahmen systemischer<br />

inflammatorischer Prozesse kann sich<br />

bei bereits beeinträchtigter Atmungskettenfunktion<br />

rasch eine metabolische<br />

Dekompensation entwickeln. Viren,<br />

wie SARS-CoV-2, können zentrale mitochondriale<br />

Funktionen beeinflussen<br />

und die Zellmaschinerie zugunsten viraler<br />

Proliferation manipulieren. Unter<br />

anderem sind Effekte auf Autophagie,<br />

Mitophagie und diverse Regulationsstörungen<br />

mitochondrialer Proteine beschrieben.<br />

Das SARS-CoV-2-Virus kann<br />

durch spezifische Gensequenzen (z.B.<br />

ORF9) eine mitochondrial getriggerte<br />

Störung der angeborenen Immunität sowie<br />

der antiviralen Signalwege und mitochondrialen<br />

Dynamik auslösen. Nach<br />

den Ergebnissen von bioinformatischen<br />

Analysen ist eine Down-Regulation<br />

mitochondrialer Proteine durch SARS-<br />

CoV-2 wahrscheinlich. Ob eine Störung<br />

der oxidativen Phosphorylierung generell<br />

eine Prädisposition für einen schweren<br />

Krankheitsverlauf bei COVID-19<br />

und Long-COVID darstellt, ist bisher<br />

noch nicht geklärt.<br />

ACE2 und mtROS<br />

Das Coronavirus SARS-CoV-2 nutzt den<br />

auf der Zellmembran der Endothelien<br />

und Epithelien lokalisierten Rezeptor<br />

für das Angiotensin-konvertierende Enzym<br />

2 (ACE2), um sich Zugang in die<br />

Wirtszelle zu verschaffen. Der ACE2-<br />

Rezeptor wird allerdings nicht nur von<br />

Epithelzellen des Respirationstraktes exprimiert,<br />

sondern auch von zahlreichen<br />

weiteren Organen, wie den Endothelzellen<br />

(EC) des Gefäßsystems, den Nieren,<br />

dem Gastrointestinaltrakt und dem zentralen<br />

Nervensystem (z.B. Gehirn). Das<br />

Gefäßendothel ist bekanntlich das größte<br />

Organ des menschlichen Körpers und hat<br />

durch seine strategische Lage zwischen<br />

Blut und glatter Gefäßmuskelzellschicht<br />

neben der Synthese von Stickstoffmonoxid<br />

( • NO) eine zentrale Rolle bei der Regulation<br />

des Gefäßtonus, des Blutdrucks,<br />

der Blutrheologie sowie der Thrombozytenaggregation.<br />

Nach der Bindung und Fusion von<br />

SARS-CoV-2 an die Zellmembran des<br />

Endothels erfolgt die Aufnahme in die<br />

betroffene Endothelzelle (EC) mittels<br />

Endozytose. Im Renin-Angiotensin-<br />

Aldosteron-System (RAAS) haben<br />

ACE und ACE2 unterschiedliche<br />

Funktionen. Während ACE die Bildung<br />

von Angiotensin II (Ang II) fördert,<br />

ist ACE2 ein negativer Regulator<br />

des RAAS und reduziert die Ang-II-<br />

Plasmaspiegel. Die Bindung des Coronavirus<br />

an den ACE2-Rezeptor führt<br />

zu einer Down-Regulation des ACE2,<br />

was dementsprechend einen Anstieg<br />

des vasokonstriktiven und gewebeschädigenden<br />

Angiotensin II (Ang II)<br />

über ACE auslöst (Abb.1a, 1b).<br />

April <strong>2022</strong><br />

33


V italstoffe<br />

Abb.1a Abb.1b © Uwe Gröber 2021<br />

Die Down-Regulation des Rezeptorproteins<br />

ACE2 scheint eine Schlüsselrolle<br />

in der COVID-19-Immunpathogenese zu<br />

spielen. In der Folge steigt der Spiegel<br />

von Angiotensin II (Ang II) an, welches<br />

an den Angiotensin II Type 1 Rezeptor<br />

(AT1R) bindet. Die Erhöhung der Ang-<br />

II-Konzentrationen und die Stimulierung<br />

des AT1R führen zu einer Abnahme der<br />

Stabilität des pulmonalen Endothels und<br />

zu einer Exazerbation des respiratorischen<br />

Distresses. Darüber ruft die Bindung<br />

an AT1R eine gesteigerte Bildung<br />

von pro-inflammatorischen Zytokinen<br />

sowie eine vermehrte Sekretion von<br />

Aldosteron mit verstärkter Kaliurese<br />

(⇨ Hypokaliämie) und Rückresorption<br />

von Natrium hervor. Dementsprechend<br />

konnte man im Vergleich zu Gesunden<br />

im Blutplasma von SARS-CoV-2-Infizierten<br />

deutlich erhöhte Spiegel an Angiotensin<br />

II nachweisen. AT1R gehört<br />

in die Superfamilie von an G-Protein<br />

gekoppelte Rezeptoren und wird von<br />

zahlreichen Organen exprimiert, wie<br />

glatte Gefäßmuskelzellen und Endothelzellen<br />

in Herz, Lunge, Nieren, Leber und<br />

ZNS. Als Effektorpeptid des RAAS kann<br />

Ang II auch multiple pathophysiologische<br />

Prozesse initiieren wie Vasokonstriktion,<br />

Hypertonie, Hypertrophie von<br />

Gefäß- und Herzmuskelzellen sowie die<br />

Freisetzung von Noradrenalin.<br />

Die Bindung von Ang II an AT1R mobilisiert<br />

eine Reihe von Signalwegen, welche<br />

unter anderen die pathophysiologischen<br />

Effekte von Ang II steuern. Dabei aktiviert<br />

Ang II über die Bindung an<br />

den AT1R auch die NADPH-Oxidase<br />

(NOX), die hauptsächlich für die Generierung<br />

von reaktiven Sauerstoffspezies<br />

(ROS) verantwortlich ist.<br />

Bekanntlich induziert Stickstoffmonoxid<br />

( • NO) eine Gefäßerweiterung. Allerdings<br />

wird • NO bei hohen Konzentrationen<br />

von Superoxid-Radikalen ( - O • 2)<br />

in das toxische Peroxynitrit (ONOO - )<br />

umgewandelt. Reaktive Stickstoffverbindungen<br />

(RNS) wie Peroxynitrit<br />

(ONOO - ) können Eisen-Schwefelhaltige<br />

Enzyme, wie die Isocitrat-Dehydrogenase<br />

(IDH), Aconitase und die<br />

Succinat-Dehydrogenase (SDH) aus<br />

dem Citratzyklus hemmen, deren Regulation<br />

maßgeblich an der immunologischen<br />

Antwort beteiligt ist. Unter stark<br />

pro-inflammatorischen Bedingungen<br />

kann die Produktion von ONOO - -Ionen<br />

um das 106-fache ansteigen. ONOO -<br />

-Ionen können zahlreiche Schäden<br />

insbesondere an der mitochondrialen<br />

DNA (mtDNA) sowie in der mitochondrialen<br />

Elektronentransportkette<br />

(ETK) mit mitochondrialer Dysfunktion<br />

auslösen. Oxidative und nitrosative<br />

Schäden in der ETK (z.B. Kplx I, III)<br />

steigern die Belastung mit mtROS und<br />

die Ausprägung der mitochondrialen<br />

Dysfunktion (mtROS = von Mitochondrien<br />

gebildete reaktive Sauerstoffspezies).<br />

Darüber hinaus führen mitochondriale<br />

Schäden zu einem Anstieg der<br />

intrazytoplasmatischen Spiegel an Kalzium<br />

(Ca 2+ ) und zur Ausschüttung proinflammatorischer<br />

Zytokine.<br />

Die häufig beobachtete Anosmie in der<br />

Frühphase der SARS-CoV-2-Infektionen,<br />

aber teilweise auch 60 Tage nach<br />

der Erstmanifestation, steht in Assoziation<br />

mit der Schädigung des Bulbus olfactorius.<br />

Dabei werden der Befall von<br />

olfaktorischen Epithelzellen sowie ein<br />

Zusammenhang mit der hohen Expression<br />

von ACE2-Rezeptoren auf diesen<br />

Zellen diskutiert. Der Bulbus olfactorius<br />

weist zudem bekanntlich eine hohe Mitochondriendichte<br />

auf und ist bei vielen<br />

Mitochondriopathien (z.B. Morbus Parkinson)<br />

gestört. Der Bulbus olfactorius<br />

bildet sozusagen die Eintrittspforte ins<br />

zentrale Nervensystem (ZNS) und könnte<br />

bei Infektionen mit SARS-CoV-2 die<br />

Entstehung einer enzephalitischen Entzündung<br />

und anderer Inflammationen<br />

begünstigen.<br />

Neue antivirale Strategien<br />

Die skizzierten Pathomechanismen der<br />

endothelialen und mitochondrialen Dysfunktion<br />

bilden die Rationale für neue<br />

antivirale Strategien, die den Einsatz von<br />

mitotropen und immunrelevanten Mikronährstoffen<br />

beinhalten, welche die mitochondriale<br />

Bioenergetik und die Biodiversität<br />

der Darmmikrobiota modulieren<br />

und dadurch die Resilienz gegen Viren<br />

steigern.<br />

34


Long-COVID<br />

Dazu gehören zum Beispiel Coenzym<br />

Q10 (Ubiquinol/Ubiquinon), Vitamin<br />

B2 (FADH), Eisen (FeS) und Vitamin<br />

B3 (NADH), die als Bestandteile<br />

der Atmungskettenkomplexe dazu beitragen<br />

können, den Elektronentransfer<br />

zwischen den Komplexen I-IV zu verbessern.<br />

Zudem sind diese mitotropen<br />

Mikronährstoffe antioxidativ wirksam<br />

und reduzieren die Belastung mit reaktiven<br />

Sauerstoff-Spezies (mtROS), die im<br />

Rahmen einer gestörten oxidativen Phosphorylierung<br />

gebildet werden. Darunter<br />

sind vor allem auch Antioxidanzien wie<br />

L-Glutathion, N-Acetylcystein, Alpha-<br />

Liponsäure oder Vitamin C von Bedeutung.<br />

Zur Verbesserung der häufig mit<br />

der mitochondrialen Dysfunktion assoziierten<br />

endothelialen Dysfunktion können<br />

für den Anstieg der NO-Verfügbarkeit<br />

auch NO-Donatoren wie L-Arginin und<br />

L-Citrullin eingesetzt werden. Auch die<br />

Steigerung der mitochondrialen Biogenese<br />

durch sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe<br />

wie Curcumin, Epigallocatechin<br />

oder Resveratrol kann zur Verbesserung<br />

der mitochondrialen Bioenergetik beitragen.<br />

Neben der gezielten Supplementierung<br />

von immunrelevanten und mitotropen<br />

Mikronährstoffen kann sich eine fettreiche,<br />

aber kohlenhydratarme (z.B.<br />

auf 1 g pro kg Körpergewicht täglich<br />

reduzieren) Diät günstig auf die<br />

Funktion der Mitochondrien auswirken.<br />

Erkrankungen, die mit Endotheliopathien<br />

und/oder Mitochondriopathien<br />

assoziiert sind (z.B. Typ-2-Diabetes),<br />

scheinen die Ausprägung und Schwere<br />

des Krankheitsverlaufs von CO-<br />

VID-19, aber auch von Long-COVID<br />

zu verschlechtern. Während eine hohe<br />

Glucoseaufnahme das Wachstum von<br />

Viren unterstützt und bekanntlich die<br />

Insulinresistenz verschlechtert, hemmt<br />

die zu den Hexosen zählende Galactose<br />

die SARS-CoV-2-Replikation und<br />

verringert die Insulinresistenz. Auch<br />

die mitochondriale Atmung wird durch<br />

Galactose unter anderem über die vermehrte<br />

Aktivität von Cytochrom c und<br />

die Steigerung der oxidativen Phosphorylierung<br />

verbessert.<br />

Unter dem Aspekt der Lebensführung<br />

ist neben einer gesunden Ernährung<br />

ohne Mikronährstoffdefizite auch die<br />

regelmäßige körperliche Aktivität von<br />

Bedeutung. Sportmedizinische Aspekte<br />

haben demnach in der Therapie von<br />

mitochondrialen Störungen einen hohen<br />

Stellenwert. So kann medizinisch<br />

kontrolliertes Krafttraining die Aussprossung<br />

von Satelittenzellen (Muskelstammzellen)<br />

stimulieren und den<br />

Anteil an mutierter mtDNA reduzieren.<br />

Ausdauersport wiederum induziert die<br />

mitochondriale Proliferation und regt<br />

die mitochondriale Biogenese an.<br />

Literatur:<br />

Gröber U, COVID-19 und Long-CO-<br />

VID. Bessere Resilienz durch immunrelevante<br />

Mikronährstoffe. 140 S., 1.<br />

Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft,<br />

Stuttgart, 2021.<br />

Gröber U, Holick MF, The coronavirus<br />

disease (COVID-19) - A supportive<br />

approach with selected micronutrients.<br />

Int J Vitamin Nutr Res, 2021; 1-22, doi:<br />

10.1024/0300-9831/a000693.<br />

Autor:<br />

Uwe Gröber,<br />

Medizinisch-wissenschaftlicher<br />

Leiter der AMM – Akademie für<br />

Mikronährstoffmedizin, Essen<br />

Internet: www.vitaminspur.de<br />

© ai_stock – shutterstock.com<br />

April <strong>2022</strong><br />

35


V italstoffe<br />

Jenna Michel<br />

Pflanzliche Inhaltsstoffe für das Gewichtsmanagement –<br />

innovativ und klinisch bewährt<br />

© Julenochek – shutterstock.com<br />

Das Unternehmen Vidya bietet für den<br />

Kampf gegen Adipositas zwei neue<br />

Inhaltsstoffe an: Sunca – Sonnenblumenkern-Extrakt,<br />

standardisiert<br />

in Chlorogensäure – und Afperfit –<br />

Aframomum-melegueta-Extrakt, standardisiert<br />

in 6-Paradol – wobei diese<br />

Produkte eine großartige Kombination<br />

für die Reduktion von Körperfett darstellen.<br />

Die beiden Inhaltsstoffe eröffnen<br />

neue Perspektiven auf dem Markt für<br />

das Gewichtsmanagement, da heute die<br />

Fettleibigkeit die Ausmaße einer wahren<br />

Epidemie angenommen hat.<br />

Sonnenblume –<br />

Helianthus annuus<br />

Sunca hat mit Erfolg eine klinische<br />

Studie durchlaufen, die 2019 in Spanien<br />

durchgeführt wurde und die Wirksamkeit<br />

der Einnahme des Inhaltsstoffs auf<br />

das Gewicht belegen konnte. Der Extrakt<br />

von Helianthus annuus enthält standardisiert<br />

40% Chlorogensäure, eine Klasse<br />

von Polyphenolverbindungen (1). Die<br />

Sonnenblumenkerne sind eine beliebte<br />

und häufig konsumierte Zutat, die reich<br />

an Öl ist (1). Die Chlorogensäuren spielen<br />

als aktives, leicht assimilierbares<br />

Nahrungspolyphenol mit einem interessanten<br />

Lipidprofil eine wichtige Rolle<br />

für das Körpergewicht.<br />

Mit der Pilotstudie sollten die Auswirkungen<br />

des Sonnenblumenextrakts auf<br />

50 Probanden bewertet werden, welche<br />

nach dem Zufallsprinzip einer Suncaoder<br />

einer isokalorischen Placebo-Gruppe<br />

zugeteilt wurden. Die Behandlung<br />

wurde über 12 Wochen mit einer Dosis<br />

von 500 mg/Tag durchgeführt. Am<br />

Ende des Einnahme-Zeitraums haben<br />

die Ergebnisse eine signifikante Abnahme<br />

des Körpergewichts (BMI) und des<br />

Taillenumfangs gezeigt – insbesondere<br />

bei übergewichtigen Frauen.<br />

Außerdem hat die Untersuchung belegt,<br />

dass die Resultate bei Frauen ab 30 Jahren<br />

aussagekräftiger waren. Sunca verbessert<br />

auch das Blutfettprofil mit einer Senkung<br />

des Cholesterins im Blut, also bei<br />

den Triglyceriden, beim LDL und HDL.<br />

Die Einnahme von Sunca verändert die<br />

Körperzusammensetzung mit Blick auf<br />

den Verlust von Fettmasse.<br />

Die Chlorogensäuren können den Lipidund<br />

Glukosestoffwechsel durch abbauende<br />

Enzyme regulieren und so der Bildung<br />

von Fettansammlungen (weißes Fettgewebe)<br />

entgegenwirken (2). Die HPLC-<br />

Analyse hat gezeigt, dass sechs wichtige<br />

Chlorogensäuren vorhanden sind, die koffeinfrei<br />

sind und sich leicht in Nahrungsmitteln<br />

oder funktionellen Lebensmitteln<br />

entsprechend formulieren lassen (3).<br />

36


Pflanzenextrakte<br />

Paradieskörner –<br />

Aframomum melegueta<br />

Afperfit ist einer der neuesten klinisch<br />

erprobten Inhaltsstoffe: Aframomum-melegueta-Extrakt,<br />

standardisiert<br />

in 6-Paradol, das direkt auf die Thermogenese<br />

des Körpers wirkt. Der Extrakt<br />

aktiviert das braune Fettgewebe und erhöht<br />

den Ganzkörper-Energieverbrauch<br />

– insbesondere bei Männern. Das braune<br />

Fettgewebe verbrennt im Vergleich<br />

zum weißen Fettgewebe die aufgenommenen<br />

Fette und verringert somit das<br />

Körpergewicht (4).<br />

Paradieskörner gehören zu den Ingwergewächsen<br />

und enthalten aromatische<br />

Ketone wie 6-Paradol, 6-Gingerol und<br />

6-Shogaol. Afperfit ist ein Kohlendioxid-Extrakt,<br />

standardisiert auf 2%<br />

6-Paradol: Der Verbraucher erhält hierbei<br />

die Vorteile eines sauberen Extrakts<br />

für einen gereinigten Körper, der sich<br />

auf die Energieverwertung konzentriert.<br />

Sobald das braune Fettgewebe aktiviert<br />

wird, mobilisieren die Substanzen auch<br />

das weiße Fettgewebe und stimulieren<br />

es, sich in braunes Fettgewebe zu verwandeln.<br />

Weißes Fettgewebe dient in<br />

erster Linie als Energiespeicher und<br />

isoliert die inneren Organe, wo es als<br />

viszerales Fett bezeichnet wird (5).<br />

Afperfit ist ein hervorragender Inhaltsstoff<br />

für den Sporternährungsmarkt,<br />

da es der Verbrennung von 230 kcal/<br />

Tag entspricht. Ein Verbraucher würde<br />

Fettansammlungen verlieren und dabei<br />

gleichzeitig seine Muskelmasse erhalten.<br />

Die in der klinischen Studie durchgeführte<br />

Behandlung dauerte 12 Wochen<br />

mit einer Einnahme von zweimal<br />

250 mg/Tag.<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen,<br />

dass die Formulierung der Inhaltsstoffe<br />

die Lebensqualität verbessern kann:<br />

durch Veränderung der Körperzusammensetzung<br />

als Ergebnis des Energieverbrauchs.<br />

Quellen und Referenzen:<br />

(1) Wildermuth SR, Young EE, Were<br />

LM. Chlorogenic Acid Oxidation and<br />

Its Reaction with Sunflower Proteins<br />

to Form Green-Colored Complexes.<br />

Compr Rev Food Sci Food Saf. 2016<br />

Sep;15(5):829-843. doi: 10,1111/ 1541-<br />

4337,12213: Epub 6. Juli 2012. PMID:<br />

33401798.<br />

(2) Leverrier, Aurélie und andere<br />

“Helianthus annuus Seed Extract<br />

Affects Weight and Body Composition<br />

of Healthy Obese Adults during 12<br />

Weeks of Consumption: A Randomized,<br />

Double-Blind, Placebo-Controlled Pilot<br />

Study.”, Nutrients Band 11,5 1080. 15,<br />

Mai 2019, doi:10.3390/nu11051080<br />

(3) https://www.healthline.com/nutri-<br />

tion/caffeine-side-effects#TOC_TIT-<br />

LE_HDR_7<br />

(4) Sugita J, Yoneshiro T, Hatano T,<br />

Aita S, Ikemoto T, Uchiwa H, Iwanaga<br />

T, Kameya T, Kawai Y, Saito M. Grains<br />

of paradise (Aframomum melegueta)<br />

extract activates brown adipose tissue<br />

and increases whole-body energy<br />

expenditure in men. Br J Nutr. 2013<br />

Aug;110(4):733-8. doi: 10.1017/<br />

S0007114512005715. Epub 6. Juli 2012.<br />

PMID: 23308394.<br />

(5) https://fupping.com/natsauteed/2019/10/29/brown-adipose-tissuehow-to-activate-bat-and-thermogenesis/<br />

© bergamont – shutterstock.com<br />

© Cabeca de Marmore – shutterstock.com<br />

Autorin:<br />

Jenna Michel<br />

Sales Manager Vidya Europe<br />

www.vidyaeurope.com<br />

April <strong>2022</strong><br />

37


V italstoffe<br />

Lactobacillus Rhamnosus HA-114<br />

unterstützt das Gewichtsmanagement<br />

Neue Studie zur Wirkung eines zum Patent angemeldeten probiotischen Stammes<br />

© Pixel-Shot – shutterstock.com<br />

dieses unerwünschte Verhalten ebenfalls<br />

fördern. Doch es gibt Hoffnung. Da Psychobiotika<br />

in der Lage sind, die Darm-<br />

Hirn-Achse zu modulieren, gewinnen sie<br />

zunehmend an Bedeutung bei der Regulierung<br />

des Belohnungssystems, wodurch<br />

es leichter wird, der Versuchung<br />

zu widerstehen.<br />

Auswahl des richtigen<br />

Probiotikastamms zur<br />

Unterstützung des<br />

Gewichtsmanagements<br />

Gewichtsreduktion –<br />

ein wichtiger Markt<br />

Nach einem Umfang von 24,1 Mrd. $ im<br />

Jahr 2020 wird der Wert des Marktes für<br />

Gewichtsreduktion bis 2027 voraussichtlich<br />

um 4,9% (CAGR) auf 33,6 Mrd. $<br />

ansteigen. Mehr als 80% der Verbraucher<br />

weltweit wissen, wie wichtig ein gesundes<br />

Gewicht für die Erhaltung der allgemeinen<br />

Gesundheit und des Wohlbefindens<br />

ist – im Gegensatz zu den 19,6% der<br />

Konsumenten, die immer noch glauben,<br />

dass der wichtigste Grund für ein gesundes<br />

Gewicht das Aussehen ist. Wie die<br />

Daten von Lumina Intelligence dokumentieren,<br />

zeigen die Verbraucher ein wachsendes<br />

Interesse daran, Probiotika als Teil<br />

einer Strategie zur Gewichtskontrolle einzusetzen.<br />

Zwischen Februar 2020 und Februar<br />

2021 ist das Online-Suchvolumen<br />

für Probiotika zur Gewichtskontrolle um<br />

41% gestiegen. Dies steht im Einklang<br />

mit den 30,1% der Verbraucher, die Probiotika<br />

mit Gewichtsmanagement in Verbindung<br />

bringen.<br />

Belohnungssystem und<br />

Essverhalten<br />

Beeindruckende 28,9% der Verbraucher<br />

sind der Meinung, dass ihr letzter<br />

Versuch, abzunehmen, erfolglos war.<br />

Darüber hinaus ist es für 45,7% von<br />

ihnen eine Herausforderung, Gewicht<br />

zu verlieren, weil sie dazu neigen, Leckereien<br />

und Delikatessen zu genießen,<br />

ein Verhalten, das mit dem Belohnungssystem<br />

im menschlichen Gehirn in Zusammenhang<br />

steht, das Menschen dazu<br />

motiviert, hochkalorische Lebensmittel<br />

zu sich zu nehmen. Dieses auch als<br />

mesolimbisches System bezeichnete<br />

Hirnareal sorgt bei Stimulierung für die<br />

Ausschüttung von Glückshormonen wie<br />

Dopamin oder Serotonin – ein Vorgang,<br />

der u.a. beim Genuss von bestimmten<br />

zucker- oder fettreichen Nahrungsmitteln<br />

im ungünstigsten Fall sogar zu<br />

Suchtverhalten führen kann, zumal der<br />

Zugang zu diesen Nahrungsmitteln heutzutage<br />

leicht ist und ungesunde Ernährungsmuster<br />

fördert. Akuter Stress kann<br />

L. rhamnosus HA-114 wurde kürzlich<br />

in einer klinischen Studie an übergewichtigen<br />

Erwachsenen untersucht, die<br />

eine Diät machten. Dieser Stamm wurde<br />

unter mehreren anderen speziell wegen<br />

seiner Fähigkeit ausgewählt, die Fettansammlung<br />

in einem In-vivo-Modell<br />

von Caenorhabditis elegans zu reduzieren.<br />

Darüber hinaus wurde L. rhamnosus<br />

HA-114 in einem Mausmodell der<br />

Parkinson-Krankheit [Xie, 2020] und<br />

bei der Umkehrung der Neurodegeneration<br />

in Tiermodellen der Amyotrophen<br />

Lateralsklerose (ALS) und der Huntington-Krankheit<br />

durch Veränderung des<br />

Lipidstoffwechsels [Labarre, 2021 –<br />

eingereicht] erforscht, was sein starkes<br />

psychobiotisches Potenzial zeigt. Diese<br />

Fähigkeit, die Darm-Hirn-Achse zu modulieren,<br />

ist für das Gewichtsmanagement<br />

von Interesse, da eine erfolgreiche<br />

Ernährung mit einer guten psychischen<br />

Gesundheit einhergeht.<br />

Studien zur Wirksamkeit<br />

von Lactobacillus<br />

rhamnosus HA-114<br />

Neue klinische Ergebnisse zeigen,<br />

dass der probiotische Stamm L. rhamnosus<br />

HA-114 von Lallemand Health<br />

Solutions das Essverhalten und die<br />

38


Probiotik<br />

Stimmungslage bei Erwachsenen mit<br />

Übergewicht während der Gewichtsabnahme<br />

verbessert. In einer kürzlich<br />

durchgeführten randomisierten, doppelblinden,<br />

Placebo-kontrollierten<br />

klinischen Studie wurden 152 übergewichtige,<br />

ansonsten gesunde Erwachsene<br />

rekrutiert, die eine Diät begannen<br />

[Choi, 2021 – eingereicht]. Während<br />

einer personalisierten energiereduzierten<br />

Diät (-500 kcal pro Tag) wurden die<br />

Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip<br />

entweder für die Einnahme von 10 B<br />

CFU/Tag L. rhamnosus HA-114 oder<br />

Placebo ausgewählt. Physiologische<br />

und psychologische Parameter sowie<br />

das Essverhalten wurden zu Beginn der<br />

Studie und nach 12 Wochen anhand von<br />

validierten Fragebögen gemessen. Die<br />

kalorienreduzierte Ernährung führte in<br />

beiden Gruppen zu signifikanten Veränderungen<br />

der Körperzusammensetzung<br />

(Body-Mass-Index), des Taillenumfangs,<br />

der Fettmasse und des prozentualen<br />

Körpergewichts, ohne dass es<br />

signifikante Unterschiede zwischen den<br />

Gruppen gab. Im Durchschnitt verloren<br />

die Teilnehmer im Verlauf der 12-wöchigen<br />

Diät 3,96 kg Körpergewicht,<br />

1,41 kg/m 2 Body-Mass-Index, 3,27 cm<br />

Taillenumfang und 310 g (1,99%) Fett.<br />

In der Probiotika-Gruppe wurden darüber<br />

hinaus positive Veränderungen des<br />

Essverhaltens dokumentiert: Die Teilnehmer<br />

hatten eine bessere Selbstkontrolle<br />

über Hunger und Essanfälle, was zu<br />

einer Verringerung des Verlangens nach<br />

Essen führte. Ein weiteres signifikantes<br />

Ergebnis wurde bei den Teilnehmern, die<br />

das Probiotikum einnahmen, in Bezug<br />

auf ihr emotionales Verhalten beobachtet,<br />

da sich ihr Stress-, Angst- und Depressionsempfinden<br />

nach der Diät deutlich<br />

verbesserte. Es gibt bereits zunehmend<br />

Belege dafür, dass das Darmprofil das<br />

Gehirn beeinflusst, und in diesem Experiment<br />

hat sich gezeigt, dass der probiotische<br />

Stamm L. rhamnosus HA-114<br />

die Bemühungen zur Gewichtskontrolle<br />

unterstützt, indem er das Gleichgewicht<br />

des Essverhaltens über die Darm-Hirn-<br />

Achse wiederherstellt, was die Einhaltung<br />

der Diät erleichtern könnte. Weitere<br />

positive Ergebnisse wurden beim metabolischen<br />

Phänotyp der Teilnehmer beobachtet:<br />

L. rhamnosus HA-114 wirkte<br />

sich während des Studienzeitraums signifikant<br />

auf das Nüchternplasma-Insulin<br />

aus, die Bewertung der Insulinresistenz<br />

nach dem homöostatischen Modell (HO-<br />

MA-IR), das Low-Density-Lipoprotein<br />

(LDL)-Cholesterin und die Triglyceride.<br />

L. rhamnosus HA-114 ist in verschiedenen<br />

praktischen Darreichungsformen<br />

erhältlich: Kapseln, Pulver (löslich und<br />

orodispersibel), Beutel oder Stäbchen,<br />

mit einer empfohlenen Dosis von 10 B<br />

KBE/Tag.<br />

Weitere Informationen unter<br />

https://lallemand-health-solutions.com/<br />

en/supports-your-weight-managementefforts<br />

oder unter<br />

healthsolutions@lallemand.com<br />

Quellen:<br />

Xie, et al. (2020) Probiotics treatment<br />

improves hippocampal dependent cognition<br />

in a rodent model of Parkinson’s<br />

disease. Microorganisms 8.11: 1661.<br />

Labarre, et al. (2020) Probiotic<br />

Lacticaseibacillus rhamnosus HA-114<br />

suppresses age-dependent neurodegeneration<br />

via mitochondrial beta-oxidation.<br />

Submitted<br />

Choi, et al. (2021) L. rhamnosus HA-<br />

114 improves eating and mood related<br />

behaviors in adults with overweight<br />

during weight loss. Submitted<br />

Baby elephants in<br />

Kenya need our help.<br />

Drought, poaching and habitat loss is leading<br />

calves to become orphaned. Like Roho, whose<br />

mother died when he was just an infant.<br />

Roho was rescued by the Sheldrick Wildlife<br />

Trust, who are pioneers in the hand-rearing of<br />

milk dependent baby elephants so that they<br />

can return to the wild when grown. He will<br />

need specialist milk and care for up to 10 years<br />

and you can help ensure his future by adopting<br />

him today.<br />

Adopt or donate and give fragile baby elephants a second<br />

chance at life: www.sheldrickwildlifetrust.org<br />

April <strong>2022</strong><br />

39<br />

The David Sheldrick Wildlife Trust, known as Sheldrick Wildlife Trust, is a charity in Kenya, a registered charity in England and Wales number 1103836, and is supported by The David Sheldrick Wildlife Trust USA, Inc. a 501(c)3 in the United States (EIN 30-0224549)


V italstoffe<br />

Thomas Repstad<br />

Der Nutzen von Krillöl für die Herzgesundheit<br />

© Visuals Unlimited, Inc./Richard Herrmann<br />

Omega-3-Fettsäuren, einige der am<br />

besten erforschten Moleküle in der Geschichte<br />

der Wissenschaft, sind auf dem<br />

Markt für Herzgesundheit von großer<br />

Bedeutung. Zahlreiche Studien haben<br />

im Laufe der Jahre die Vorteile von<br />

Omega 3 für Tausende von Herzpatienten<br />

aufgezeigt, und einige dieser Studien<br />

stehen hinter der Einführung einiger der<br />

beliebtesten verschreibungspflichtigen<br />

Herzgesundheitsprodukte. Krillöl ist<br />

ein wichtiger Akteur, wenn es um die<br />

Gesundheit des Herzens geht, und neue<br />

Forschungsergebnisse bestätigen die<br />

jahrzehntelangen klinischen Studien in<br />

diesem Bereich.<br />

Eine neue Studie<br />

belegt, dass Krillöl den<br />

Triglyceridspiegel im Blut<br />

deutlich senkt.<br />

Eine neue, kürzlich in JAMA Network<br />

Open veröffentlichte Studie von Mozaffarian<br />

et al. aus dem Jahr <strong>2022</strong> konnte<br />

nachweisen, dass Krillöl den Triglyceridspiegel<br />

im Blut – ein wichtiges Maß<br />

für die Herzgesundheit (1) – deutlich<br />

senkt. Diese Studie ist die bisher größte<br />

klinische Untersuchung einer Omega-<br />

3-Formulierung bei dieser Patientengruppe.<br />

In der Veröffentlichung werden die Auswirkungen<br />

einer Krillöl-Supplementierung<br />

im Vergleich zu einem Placebo bei<br />

520 Patienten mit stark erhöhten Triglyceridwerten<br />

im Blut (Hypertriglyceridämie)<br />

untersucht.<br />

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die<br />

Patienten, die Krillöl konsumierten, eine<br />

signifikante Senkung der Triglyceridwerte<br />

(12,7% in 26 Wochen) erlebten<br />

und dass es keinen Anstieg des LDL-<br />

Cholesterins gab. Die Behandlung mit<br />

Krillöl hatte eine noch stärkere Wirkung<br />

bei denjenigen, die auch Medikamente<br />

gegen Hypertriglyceridämie (erhöhte<br />

40


Krillöl<br />

Blutfettwerte) einnahmen und die niedrige<br />

EPA- und DHA-Werte im Blut hatten.<br />

„Das Bemerkenswerte an dieser Studie<br />

ist, dass verglichen mit anderen Omega-<br />

3-Studien, die ähnliche Ergebnisse bei<br />

viel höheren Dosen gezeigt haben, eine<br />

signifikante Senkung der Triglyceride<br />

bei einer viel niedrigeren EPA- und<br />

DHA-Dosis (1,2 g) nachgewiesen wurde“,<br />

sagt Katina Handeland, Forschungsund<br />

Entwicklungsleiterin für menschliche<br />

Gesundheit und Ernährung bei Aker<br />

BioMarine ASA.<br />

Drei EFSA-Angaben zur<br />

Herzgesundheit aufgrund<br />

von Cholin und Omega-3-<br />

Fettsäuren, die natürlich in<br />

Krillöl vorkommen<br />

Krillöl ist anders als jedes andere Nahrungsergänzungsmittel<br />

für die Herzgesundheit.<br />

Es kann als natürlicher Multinährstoff<br />

für das Herz betrachtet werden,<br />

der eine Kombination aus Meeresphospholipiden,<br />

Omega-3-EPA und -DHA,<br />

Cholin und Astaxanthin enthält.<br />

„Omega 3 und Cholin sind zwei schwergewichtige,<br />

essentielle Nährstoffe für<br />

die Herzgesundheit, die das Herz durch<br />

unterschiedliche Wirkmechanismen unterstützen.<br />

Dies ist einer der wichtigsten<br />

Gründe, Krillöl für die Herzgesundheit<br />

anderen Nahrungsergänzungsmitteln<br />

vorzuziehen“, sagt Handeland. „Diese<br />

beiden Nährstoffe erlauben drei von der<br />

EU zugelassene gesundheitsbezogene<br />

Angaben zur Herzgesundheit gemäß der<br />

EFSA-Verordnung für den europäischen<br />

Markt.“<br />

Gesundheitsbezogene<br />

Angaben zu Cholin aus<br />

Krillöl<br />

1. Cholin unterstützt einen normalen<br />

Homocystein-Stoffwechsel (2): Cholin<br />

trägt zum Abbau von Homocystein<br />

im Körper bei. Homocystein ist ein<br />

Nebenprodukt des täglichen Lebens,<br />

aber wenn es sich ansammelt, kann es<br />

dem Herzen schaden.<br />

2. Cholin unterstützt den normalen<br />

Fettstoffwechsel (2): Cholin ist eine<br />

Schlüsselkomponente für die Leber,<br />

um Lipoproteine zu bilden, die Fette<br />

sicher im Blut durch den Körper transportieren.<br />

Ohne Cholin kann unsere<br />

Leber die Fette im Blut nicht sicher<br />

verarbeiten, welches zu Problemen in<br />

den Arterien wie Plaquebildung führen<br />

kann, was nicht gut für das Herz ist.<br />

Omega-3-Gesundheitsansprüche<br />

von Krillöl<br />

EPA und DHA sind zwei der bekanntesten<br />

und wichtigsten Omega-3-Fettsäuren,<br />

die wir aus Meeresquellen wie fettem<br />

Fisch erhalten. Ihre kardioprotektive<br />

Wirkung ist in der wissenschaftlichen<br />

Literatur sehr gut belegt und es gibt einen<br />

zugelassenen Health Claim: „EPA<br />

& DHA tragen zu einer normalen Funktion<br />

des Herzens bei“ (3). Die bisherige<br />

Forschung zeigt, dass sie bei Folgendem<br />

helfen können (4):<br />

• Senkung des Triglyceridspiegels<br />

• Verringerung des Wachstums von<br />

atherosklerotischen Plaques<br />

• Verbesserung der Funktion der<br />

Endothelzellen in den Blutgefäßen<br />

• Modulation von Entzündungen<br />

• Leichte Senkung des Blutdrucks<br />

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit<br />

(EFSA) ist zu dem<br />

Schluss gekommen, dass eine tägliche<br />

Zufuhr von 250 mg EPA und DHA aus<br />

der Nahrung und/oder durch Nahrungsergänzungsmittel<br />

für die Allgemeinbevölkerung<br />

ausreichend ist (5).<br />

Krillöl ist eine starke Quelle für diese<br />

beiden Nährstoffe und liefert 250 mg<br />

EPA und DHA sowie 82,5 mg Cholin<br />

pro Tagesdosis. Darüber hinaus hat sich<br />

gezeigt, dass Krillöl aufgrund der Phospholipidform<br />

der Omega-3-Fettsäuren,<br />

die in diesem Produkt enthalten sind,<br />

ähnliche Vorteile für die Herzgesundheit<br />

bietet wie Fischöl, allerdings in einer geringeren<br />

Dosis. Diese Kombination mit<br />

Cholin macht Krillöl deutlich überlegen<br />

im Vergleich zu anderen Produkten und<br />

liefert Marken, die sich von der Masse<br />

© Alva Thylén www.alvathylen.com<br />

Cholin ist ein essentieller Nährstoff, der<br />

für viele Körperfunktionen unerlässlich<br />

ist, wie zum Beispiel für die Nervensignalisierung<br />

oder die Funktion von Leber<br />

und Muskeln. Wenn es um die Gesundheit<br />

des Herzens geht, unterstützt Cholin<br />

auf zweierlei Weise das Herz und das<br />

kardiovaskuläre System.<br />

April <strong>2022</strong><br />

41


V italstoffe<br />

abheben und ihren Verbrauchern eine<br />

wirksame, natürliche und nachhaltige<br />

Methode zur Unterstützung ihrer Herzgesundheit<br />

bieten wollen, eine Chance.<br />

Der Phospholipid-Vorteil von Krillöl<br />

sorgt für eine bessere Aufnahme von<br />

Omega 3 und Cholin für die Zellgesundheit.<br />

Eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale<br />

von Krillöl gegenüber anderen<br />

Nahrungsergänzungsmitteln ist sein<br />

Phospholipid-Vorteil. Die Phospholipide<br />

im Krillöl sorgen für hervorragenden<br />

Transport sowie beste Integration<br />

und Aufnahme von Omega-3-EPA und<br />

-DHA sowie Cholin direkt in die Zellen<br />

und Organe unseres Körpers. Obwohl<br />

es sich um ein komplexes Wort handelt,<br />

ist der Mechanismus, der sich hinter<br />

„Phospholipiden“ verbirgt, eigentlich<br />

ganz einfach.<br />

„Krillöl ist von Natur aus reich an Phospholipiden,<br />

und wenn es in den Körper<br />

gelangt, findet eine nahtlose Zufuhr und<br />

Integration von Omega 3 und Cholin<br />

direkt in die Zelldoppelschicht statt“,<br />

ergänzt Handeland. „Dies wird als der<br />

Phospholipid-Vorteil von Krillöl bezeichnet.<br />

Es wird manchmal auch als<br />

„Autobahn zur Zelle“ oder als direkter<br />

Weg, der diese wichtigen Nährstoffe<br />

dorthin bringt, wo sie am meisten<br />

gebraucht werden, bezeichnet. Dieser<br />

Vorteil kommt allen Zellen und Organen<br />

im Körper zugute, insbesondere<br />

dem Herzen.“<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass<br />

Krillöl aufgrund seiner einzigartigen<br />

Nährstoffzusammensetzung, seiner Verabreichungsmechanismen<br />

und der von<br />

der EU genehmigten gesundheitsbezogenen<br />

Angaben eine hervorragende Ergänzung<br />

für die Herzgesundheit darstellt.<br />

Referenzen:<br />

(1) Mozaffarian, D., Maki, K. C., Bays,<br />

H. E., Aguilera, F., Gould, G., Hegele,<br />

R. A., ... & Alvarez, I. O. (<strong>2022</strong>). Wirksamkeit<br />

eines neuartigen ω-3-Krillöl-<br />

Wirkstoffs bei Patienten mit schwerer<br />

Hypertriglyceridämie: Eine randomisierte<br />

klinische Studie. JAMA network<br />

open, 5(1), e2141898-e2141898.<br />

(2) EFSA-Gremium für diätetische Produkte,<br />

Ernährung und Allergien (NDA);<br />

Wissenschaftliche Stellungnahme zur<br />

Untermauerung gesundheitsbezogener<br />

Angaben in Bezug auf Cholin und den<br />

Beitrag zu einem normalen Fettstoffwechsel<br />

(ID 3186), zur Aufrechterhaltung<br />

einer normalen Leberfunktion<br />

(ID 1501), zum Beitrag zu einem<br />

normalen Homocystein-Stoffwechsel<br />

(ID 3090), zur Aufrechterhaltung einer<br />

normalen neurologischen Funktion (ID<br />

1502), zum Beitrag zu einer normalen<br />

kognitiven Funktion (ID 1502) und zur<br />

Gehirn- und neurologischen Entwicklung<br />

(ID 1503) gemäß Artikel 13 Absatz<br />

1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006.<br />

EFSA Journal 2011;9(4):2056. [23 pp.].<br />

doi:10.2903/j.efsa.2011.2056.<br />

(3) Wissenschaftliches Gutachten zur<br />

Untermauerung gesundheitsbezogener<br />

Angaben in Bezug auf Docosahexaensäure<br />

(DHA), Eicosapentaensäure<br />

(EPA) und Gehirn-, Augen- und Nervenentwicklung<br />

(ID 501, 513, 540), Erhaltung<br />

einer normalen Gehirnfunktion<br />

(ID 497, 501, 510, 513, 519, 521, 534,<br />

540, 688, 1323, 1360, 4294), Aufrechterhaltung<br />

der normalen Sehkraft (ID<br />

508, 510, 513, 519, 529, 540, 688, 2905,<br />

4294), Aufrechterhaltung der normalen<br />

Herzfunktion (ID 510, 688, 1360), „Gesundheit<br />

der Mutter; Schwangerschaft<br />

und Stillzeit“ (ID 514), „zur Deckung<br />

des erhöhten Bedarfs an Omega-3-Fettsäuren<br />

während der Schwangerschaft“<br />

(ID 539), „zur Erhaltung von Epithelzellen<br />

der Haut und des Verdauungstrakts“<br />

(ID 525), zur Verbesserung der<br />

Stimmung (ID 536), zur „Zellstruktur<br />

der Membranen“ (ID 4295), zur „entzündungshemmenden<br />

Wirkung“ (ID<br />

4688) und zur Erhaltung einer normalen<br />

LDL-Cholesterin-Konzentration im<br />

Blut (ID 4719) gemäß Artikel 13 Absatz<br />

1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006.<br />

EFSA Journal 2011;9(4):2078<br />

[30pp.].doi:10.2903/j.efsa.2011.2078.<br />

(4) Khan, S. U., Lone, A. N., Khan, M.<br />

S., Virani, S. S., Blumenthal, R. S., Nasir,<br />

K., ... & Bhatt, D. L. 2021 Wirkung<br />

von Omega-3-Fettsäuren auf kardiovaskuläre<br />

Ergebnisse: Eine systematische<br />

Überprüfung und Meta-Analyse.<br />

EClinicalMedicine, 38, 100997.<br />

(5) Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit.<br />

Wissenschaftliches Gutachten:<br />

Kennzeichnung von Referenzwerten<br />

für die Aufnahme von mehrfach<br />

ungesättigten n-3- und n-6-Fettsäuren.<br />

Das EFSA-Journal. 2009; 1176, 1–11<br />

Autor:<br />

Thomas Repstad,<br />

Nutrition Expert & Global Marketing<br />

Manager, Aker BioMarine<br />

Thomas ist Ernährungswissenschaftler<br />

mit einem BSc in Humanernährung und<br />

einem MSc im Health Food Innovation<br />

Management der Universität Maastricht<br />

in den Niederlanden. Er arbeitet seit über<br />

5 Jahren als Marketing Manager bei Aker<br />

BioMarine im Bereich der Krillölprodukte<br />

unter der Marke SuperbaKrill<br />

und verfügt über ein umfangreiches<br />

Wissen über Krillöl-Nährstoffe, ihre gesundheitlichen<br />

Vorteile und gesundheitsbezogene<br />

Angaben. Er arbeitet eng mit<br />

Herstellern von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

auf der ganzen Welt zusammen,<br />

um Krillöl-Nahrungsergänzungsmittel<br />

effektiv zu vermarkten und im Nutraceutical-Bereich<br />

zu positionieren.<br />

42


Omega 3<br />

Peter Lembke<br />

Die Kombination macht´s –<br />

Omega-3-DHA zusammen mit B-Vitaminen könnten eine altersbedingte Demenz<br />

hinausschieben. Eine Analyse der VITACOG-Studie.<br />

© Elena Eryomenko – shutterstock.com<br />

Vor kurzem fand die Internationale<br />

Konferenz der Alzheimer Assoziation<br />

(AAIC21) in Chicago/USA statt. Wissenschaftler<br />

aus der ganzen Welt, die<br />

auf dem Gebiet der Alzheimer- und<br />

Demenzforschung arbeiten, bestätigten,<br />

dass der altersbedingte kognitive Verfall<br />

(z.B. Demenz und Alzheimer) eines<br />

unserer größten, wenn nicht sogar das<br />

größte Gesundheitsproblem ist, mit dem<br />

die moderne Menschheit konfrontiert ist.<br />

In naher Zukunft werden sich die Erkrankungen<br />

vervielfachen. Heute leiden etwa<br />

50 Millionen Menschen an Demenz. In<br />

30 Jahren wird sich diese Zahl auf über<br />

150 Millionen betroffene Menschen verdreifacht<br />

haben.<br />

Erneut wurde ein direkter Zusammenhang<br />

zwischen dem Auftreten einer<br />

Demenzerkrankung und Bewegungsmangel,<br />

schlechter Ernährung, Übergewicht<br />

und Diabetes Typ II bestätigt. Die<br />

Forscher hoben hervor, dass man eine<br />

altersbedingte Gehirnschrumpfung und<br />

die daraus folgende Demenz nicht vollständig<br />

stoppen könne, aber wir haben<br />

die Möglichkeit, diesen Prozess zu verlangsamen<br />

und den Krankheitsausbruch<br />

zu verzögern. Jedes Jahr zählt hier.<br />

Empfohlen wurde, neben regelmäßiger<br />

Bewegung auf eine ausgewogene Ernährung<br />

zu achten. Wir müssen unserem<br />

Gehirn täglich alle Nährstoffe in ausreichender<br />

Menge bieten, die dieses benötigt,<br />

um Zellschäden kontinuierlich zu<br />

reparieren, Giftstoffe zu entfernen und<br />

neue Gehirnzellen aufzubauen.<br />

Solche zentralen<br />

Nährstoffe sind zum<br />

Beispiel:<br />

1. DHA (Docosahexaensäure, Omega-<br />

3-Fettsäuren): aus Fisch-, Meerestieren-<br />

oder Algenquellen<br />

2. Vitamin B6, B12 und Folsäure: essentielle<br />

„Vitamine des Gehirns“ –<br />

wichtig u.a. auch für die Entfernung<br />

von angesammeltem Homocystein<br />

aus den Gehirnzellen; hauptsächlich<br />

vorhanden in Fleisch, Milch, Eiern,<br />

Fisch und in vielen Meeresprodukten.<br />

3. Vitamin C und Vitamin E: Antioxidantien,<br />

die sich in vielen Früchten,<br />

Ölen und Nüssen finden.<br />

4. Polyphenole: sind z.B. in grünem<br />

Gemüse, grünem Tee, Ginkgo-biloba-Extrakt<br />

oder in Schisandrachinensis-Extrakten<br />

(Chinesisches<br />

Spaltkörbchen) enthalten.<br />

In diesem Artikel werden wir hauptsächlich<br />

die Omega-3-Fettsäure DHA und<br />

die B-Vitamine (B6, B12 und Folsäure)<br />

besprechen – eine äußerst wirkungsvolle<br />

Kombination im Hinblick auf die<br />

Erhaltung einer normalen Hirnfunktion,<br />

deren Vorteile schon vor vielen Jahren<br />

beschrieben worden sind, aber nie richtig<br />

in der Öffentlichkeit aufgegriffen<br />

wurden.<br />

Die VITACOG-Studie<br />

Bereits 2010 wurde die VITACOG-Studie<br />

veröffentlicht (1). Hierbei handelt es<br />

sich um eine sogenannte „single-center,<br />

randomized, double-blind controlled“<br />

Studie mit 271 Teilnehmern. Alle waren<br />

älter als 70 Jahre und bei jedem<br />

Probanden war eine leichte kognitive<br />

Beeinträchtigung („mild cognitive impairment“<br />

– MCI) diagnostiziert worden.<br />

Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip<br />

in zwei Gruppen aufgeteilt.<br />

April <strong>2022</strong><br />

43


V italstoffe<br />

Eine Gruppe erhielt jeden Tag 0,8 mg<br />

Folsäure, 0,5 mg Vitamin B12 und<br />

20 mg Vitamin B6 („B-Vitamin-Gruppe“).<br />

Die zweite Gruppe bekam ein<br />

Placebo-Präparat („Placebo-Gruppe“).<br />

Die Studie lief über 24 Monate. Ziel war<br />

es, den Homocysteingehalt im Blut der<br />

Probanden zu senken. Ein erhöhter Homocysteinspiegel<br />

gilt als Risikofaktor<br />

und Indikator für die Entstehung von<br />

Demenz (2).<br />

Durch einen MRT-Scan ist es möglich,<br />

eine altersbedingte Demenz quantitativ<br />

zu erfassen, indem man das Gehirnvolumen<br />

bestimmt. Eine fortschreitende<br />

Demenz geht direkt mit einer Gehirnschrumpfung<br />

einher. Mit dieser Methode<br />

wurde das Gehirnvolumen von 168<br />

Probanden am Anfang und am Ende der<br />

Studie bestimmt. 85 Teilnehmer kamen<br />

aus der B-Vitamin-Gruppe und 83 aus<br />

der Placebo-Gruppe.<br />

In beiden Gruppen war eine Gehirnschrumpfung<br />

festzustellen. Im Durchschnitt<br />

zeigte die B-Vitamin-Gruppe<br />

eine Gehirnvolumenabnahme von 0,76%<br />

über einen Zeitraum von 12 Monaten.<br />

Bei der Placebo-Gruppe konnte hingegen<br />

eine durchschnittliche Volumenabnahme<br />

von 1,08% pro Jahr verzeichnet<br />

werden. In den ebenfalls durchgeführten<br />

Tests zur Ermittlung der kognitiven Fähigkeiten<br />

ergab sich, wie zu erwarten,<br />

eine geringere Leistung, je höher der<br />

Grad der Gehirnschrumpfung war.<br />

Das Ergebnis der ersten Auswertung<br />

der VITACOG-Studie deutet darauf hin,<br />

dass bei älteren Personen, bei denen bereits<br />

eine leichte kognitive Einschränkung<br />

diagnostiziert worden waren, das<br />

weitere Ausmaß der durchschnittlichen<br />

Gehirnschrumpfung innerhalb eines<br />

Jahres durch die Einnahme der oben erwähnten<br />

B-Vitamine um 30% verringert<br />

werden konnte.<br />

Dieses positive Ergebnis führten die Wissenschaftler<br />

aus Oxford/UK auf die Eigenschaft<br />

der B-Vitamine – insbesondere<br />

B6, B12 und Folsäure – zurück, unsere<br />

Körperzellen von angesammeltem Homocystein<br />

zu befreien. Die Ablagerung<br />

von zelltoxischem Homocystein wird als<br />

eine der Ursachen für den frühzeitigen<br />

Zelltod von Gehirnzellen diskutiert (2).<br />

Das Absterben der Gehirnzellen führt unweigerlich<br />

zu Gehirnschrumpfung.<br />

Zweite Auswertung der<br />

VITACOG-Daten<br />

Fünf Jahre später untersuchten dieselben<br />

Forscher noch einmal das Datenmaterial<br />

der VITACOG-Studie. Dabei stießen sie<br />

auf noch beeindruckendere Ergebnisse<br />

als in ihrer ersten Auswertung der Studie<br />

(3). Man wusste zu diesem Zeitpunkt<br />

bereits, dass die Omega-3-Fettsäure<br />

DHA (Docosahexaensäure) einer Gehirnschrumpfung<br />

entgegenwirken kann<br />

(4, 5). Daher suchten die Forscher in<br />

den gesammelten Daten der VITACOG-<br />

Studie gezielt nach Hinweisen auf den<br />

DHA-Gehalt im Serum der Probanden<br />

und dessen Auswirkung auf das Ergebnis<br />

der Studie.<br />

So wurden z.B. die Teilnehmer der B-<br />

Vitamin-Gruppe in Untergruppen aufgeteilt,<br />

die entweder einen sehr niedrigen,<br />

normalen oder erhöhten DHA-Spiegel<br />

und gleichzeitig einen durchschnittlichen<br />

Homocysteingehalt in ihrem Serum<br />

aufwiesen. Es stellte sich dabei<br />

heraus, dass die B-Vitamin-Subgruppe<br />

mit dem höchsten DHA-Gehalt im<br />

Blut im Vergleich zur entsprechenden<br />

Placebo-Gruppe eine sogar um 40% geringere<br />

Gehirnschrumpfung offenbarte.<br />

Nun wurden diese Ergebnisse verglichen<br />

mit den Werten einer weiteren B-<br />

Vitamin-Subgruppe, nämlich derjenigen,<br />

bei der ein überdurchschnittlich erhöhter<br />

Homocysteingehalt (also B-Vitamin-<br />

Mangel) im Serum nachgewiesen werden<br />

konnte, in diesem Zusammenhang<br />

konnte sogar eine Verringerung der Gehirnschrumpfung<br />

von bis zu 70% beobachtet<br />

werden.<br />

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die<br />

Supplementierung mit B-Vitaminen bei<br />

Probanden mit einem niedrigen DHA-<br />

Gehalt in ihrem Serum überhaupt keinen<br />

Einfluss auf die Gehirnschrumpfung<br />

ausübte.<br />

DHA – ein wichtiger<br />

Bestandteil unseres<br />

Gehirns<br />

DHA ist neben der Arachidonsäure<br />

(Omega-6-Fettsäure) eine der mengenmäßig<br />

am häufigsten vorkommenden<br />

Fettsäuren im Gehirn. In den Zellmembranen<br />

der Synapsen befinden sich sogar<br />

stellenweise bis zu 70% DHA. Die Myelinschicht,<br />

die unsere Axone im Gehirn<br />

umgibt und unsere Nervenbahnen so vor<br />

„Kurzschlüssen“ und damit fehlgeleiteten<br />

Gedankengängen bewahrt, ist ebenfalls<br />

stark angereichert mit DHA. Selbst<br />

der eigentliche Vorgang des Denkens<br />

und der Erinnerung ist direkt mit der<br />

DHA im Gehirn verbunden (6).<br />

Während der gesamten Evolution von<br />

intelligentem Leben in den letzten 500<br />

Millionen Jahren war es nicht möglich,<br />

die DHA durch eine andere mehrfach<br />

ungesättigte Omega-3-Fettsäure zu<br />

© r.classen – shutterstock.com<br />

44


Omega 3<br />

ersetzen. Dies bezeugt eindrucksvoll die<br />

essentielle Bedeutung dieser Fettsäure,<br />

nicht zuletzt für die menschliche Entwicklung<br />

und unsere weitere Zukunft.<br />

Man weiß, dass unser Körper, während<br />

wir schlafen, oxidiert bzw. defekte DHA<br />

aus unseren Gehirnzellen gegen frische<br />

DHA austauschen kann – dies aber nur,<br />

wenn auch genügend DHA zur Verfügung<br />

steht. Unserer Körper selbst kann<br />

keine eigene DHA in nennenswerter<br />

Menge synthetisieren. Er ist also auf die<br />

Präsenz dieser Fettsäure in unserer Nahrung<br />

angewiesen. Leider kommt DHA in<br />

signifikanter Menge nur im Öl/Fett von<br />

marinen Tieren und einigen Algenölen<br />

vor. Genau diese marinen Lebensmittel<br />

sind auch gute Quellen für Vitamin B6,<br />

B12 und Folsäure. Unglücklicherweise<br />

stehen aber diese Lebensmittel aus<br />

verschiedenen Gründen (Verfügbarkeit,<br />

wirtschaftliche Erschwinglichkeit, Tradition,<br />

…) nicht ausreichend auf dem<br />

täglichen Speiseplan vieler Personen,<br />

insbesondere nicht bei Senioren. Daher<br />

weisen häufig ältere Menschen einen<br />

oft chronischen DHA- und B-Vitamin-<br />

Mangel auf – mit fatalen Folgen für eine<br />

normale Hirnfunktion und die Sehkraft.<br />

Zusammenfassung<br />

Die VITACOG-Studie zeigt sehr eindrucksvoll,<br />

wie wichtig die B-Vitamine<br />

für eine verlangsamte Gehirnschrumpfung<br />

und damit ein gebremstes Fortschreiten<br />

einer Demenz sind – allerdings<br />

nur, wenn die entsprechende Person auch<br />

gleichzeitig über einen ausreichend hohen<br />

DHA-Gehalt im Serum verfügt.<br />

Es kommt also auf die Kombination von<br />

B-Vitaminen und DHA an.<br />

Generell empfiehlt es sich, die DHA<br />

zusammen mit dem Abendbrot einzunehmen,<br />

da es etwa fünf Stunden dauert,<br />

bis der maximale DHA-Gehalt im<br />

Serum erreicht wird und somit optimale<br />

Bedingungen für die Reparaturarbeiten<br />

im Gehirn während unseres Schlafes geschaffen<br />

werden.<br />

Wir können den langsamen altersbedingten<br />

Zerfall unserer Gehirnmasse<br />

zurzeit noch nicht völlig verhindern. Die<br />

VITACOG-Studie zeigt jedoch, dass wir<br />

diesen verlangsamen können, indem wir<br />

eine ausreichende Zufuhr an Vitamin B6,<br />

Vitamin B12, Folsäure und DHA sicherstellen.<br />

Es ist sehr wichtig, gerade im Alter auf<br />

eine abwechslungsreiche und ausgewogene<br />

Ernährung zu achten. Allerdings<br />

fällt dies mit zunehmendem Alter immer<br />

schwerer. Es wird in der Regel weniger<br />

gegessen, und auch die Auswahl an Lebensmitteln<br />

schränkt sich mehr und mehr<br />

ein. Damit kommt es vermehrt zu Mangelerscheinungen<br />

bei bestimmten Nährstoffen,<br />

die wiederum Alterungsprozesse<br />

beschleunigen – ein Teufelskreis.<br />

Sollte die normale tägliche Ernährung<br />

nicht ausreichen, um den eigenen Nährstoffbedarf<br />

zu decken, dann sollte man<br />

die Einnahme entsprechender Nahrungsergänzungsmittel<br />

in Betracht ziehen.<br />

Neue vielversprechende Formulierungen<br />

und Kombinationen von Omega-<br />

3-basierten Nahrungsergänzungsmitteln,<br />

die Synergien mit verschiedenen anderen<br />

Bioaktivstoffen wie CoEnzym Q10,<br />

Vitamin D3, Ginkgo-biloba-Extrakt,<br />

Schisandra-chinensis-Extrakt, usw. ausnutzen,<br />

wurden bereits entwickelt und<br />

zeigten in ersten kleinen Pilotstudien gesundheitsförderndes<br />

Potential (7, 8).<br />

Alterungsprozesse können durchaus verlangsamt<br />

werden und somit sind wir dem<br />

Altern nicht ganz hilflos ausgesetzt.<br />

Literatur:<br />

(1) Smith AD, Smith SM, de Jager CA,<br />

Whitbread P, Johnston C, et al. (2010)<br />

Homocysteine-Lowering by B Vitamins<br />

Slows the Rate of Accelerated Brain<br />

Atrophy in Mild Cognitive Impairment:<br />

A Randomized Controlled Trial. PLoS<br />

ONE 5(9): e12244. doi:10.1371/journal.<br />

pone.0012244<br />

(2) . Smith AD, Refsum H. Homocysteine,<br />

B vitamins, and cognitive<br />

impairment. Annu Rev Nutr<br />

2016;36:211-39. doi: 10.1146/annurevnutr-071715-050947.<br />

(3) Abderrahim Oulhaja,*, Fredrik<br />

Jerneren´ b, Helga Refsumb,c , A.<br />

David Smithb and Celeste A. de Jager.<br />

Omega-3 Fatty Acid Status Enhances<br />

the Prevention of Cognitive Decline by<br />

B Vitamins in Mild Cognitive Impairment.<br />

Journal of Alzheimer’s Disease<br />

50 (2016) 547–557 DOI 10.3233/JAD-<br />

150777<br />

(4) Pottala JV, Yaffe K, Robinson JG,<br />

Espeland MA, Wallace R, Harris WS.<br />

Higher RBC EPA + DHA corresponds<br />

with larger total brain and hippocampal<br />

volumes: WHIMS-MRI study. Neurology<br />

2014;82(5):435-42.<br />

(5) Samieri C, Maillard P, Crivello F,<br />

Proust-Lima C, Peuchant E, Helmer<br />

C, Amieva H, Allard M, Dartigues JF,<br />

Cunnane SC, et al. Plasma long-chain<br />

omega-3 fatty acids and atrophy of<br />

the medial temporal lobe. Neurology<br />

2012;79(7):642-50. Doi<br />

(6) M. Crawford, et.al. Lipids in the<br />

origin of intracellular detail and speciation<br />

in the Cambrian epoch and the<br />

significance of the last double bond of<br />

docosahexaenoic acid in cell signaling.<br />

Prostaglandines, Leukotrienes and Essential<br />

Fatty Acids.166 (2021) 102230<br />

(7) P. Lembke, A. Belluzzi, et.al. The<br />

Effect of Supplementing a Novel n-3<br />

Polyunsaturated Fatty Acids Formulation<br />

Containing Schisandra chinensis Extract<br />

and Vitamin D3 to a Group of Elite<br />

Sport Athletes on Competition Related<br />

Stress, Anxiety and Self-confidence. Ann<br />

Appl Sport Sci 2020, 8(1)<br />

(8) P. Lembke, J. Vogelgesang. Omega-3<br />

fatty acids, coenzyme Q10, vitamin E,<br />

-D3 and -B2: A powerful combination to<br />

reduce systolic-/diastolic blood pressure,<br />

lower heart rate and improve heartrate-variability<br />

(Short report). Academia<br />

Journal of Food Research 6(10):<br />

069-075, October 2018 DOI: 10.15413/<br />

ajfr.2018.0105 ISSN 2315-7763<br />

Autor:<br />

Peter Lembke, Dr. rer. nat.<br />

(Beps Holding GmbH)<br />

April <strong>2022</strong><br />

45


V italstoffe<br />

Michael Spörner<br />

Liposome – die Wirkstoff-Trojaner<br />

Phospholipide können sich unter bestimmten Bedingungen zu einer geschlossenen zweischichtigen,<br />

kugelförmigen Struktur zusammenlagern. Dabei bilden sie analog zu biologischen Membranen<br />

eine abgeschlossene, konisch angeordnete Lipid-Doppelmembran.<br />

Die Nahrungsergänzungsmittelindustrie<br />

hat die Liposome für sich entdeckt, dabei<br />

ist die Technologie dahinter schon über<br />

25 Jahre alt – was sie aber nicht weniger<br />

spannend macht. Dank der liposomalen<br />

Absorptionstechnologie, die auf einem<br />

körpereigenen Prinzip basiert, können<br />

wir heute Mikronährstoffe wie Vitamin<br />

C und Eisen, aber auch Phytoextrakte<br />

wie Curcumin für die Therapie deutlich<br />

besser nutzbar machen.<br />

Die gezielte orale Verabreichung von<br />

Nahrungsergänzungsmitteln ist ein beliebter<br />

Weg in der therapeutischen und<br />

präventiven Praxis. Anders als bei der<br />

Infusionstherapie sind oral verabreichte<br />

Wirkstoffe jedoch der rauen Umgebung<br />

des Magen-Darm-Trakts ausgesetzt,<br />

was ihre Löslichkeit, Stabilität und Absorption<br />

verringern kann. Insbesondere<br />

der chemische und enzymatische Abbau<br />

durch die Magensäure und die weitere<br />

Spaltung im Dünndarm können die für<br />

die Absorption verfügbare Menge deutlich<br />

reduzieren. Substanzen mit geringer<br />

Wasserlöslichkeit lösen sich zudem nicht<br />

ohne weiteres im Magen-Darm-Trakt<br />

auf und die Darmschleimhaut verhindert<br />

häufig den Übertritt des Wirkstoffs<br />

in den Blutkreislauf. Alle diese Faktoren<br />

tragen dazu bei, dass die Bioverfügbarkeit<br />

deutlich sinkt. Doch dabei ist gerade<br />

die Bioverfügbarkeit einer der wichtigsten<br />

pharmakokinetischen Parameter, der<br />

das Ausmaß und die Geschwindigkeit<br />

definiert, mit der eine Substanz absorbiert<br />

wird und am Zielort – also der<br />

Zelle – verfügbar ist. Sie wird prozentual<br />

angegeben, wobei 100 Prozent bedeuten,<br />

dass der Wirkstoff bestmöglich<br />

aufgenommen wird. Grundsätzlich gilt:<br />

Die Bioverfügbarkeit ist umso besser,<br />

je leichter ein Wirkstoff löslich ist und<br />

je besser dieser von den Zellen des Absorptionsorts<br />

– insbesondere im Magen-<br />

Darm-Trakt – aufgenommen und in die<br />

Blutbahn überführt, also resorbiert wird.<br />

Geradezu ein Paradebeispiel für einen<br />

Stoff mit schlechter Bioverfügbarkeit<br />

ist Curcumin. Das Farbpigment aus der<br />

Kurkuma-Knolle ist schon lange in der<br />

ayurvedischen Medizin als Heilpflanze<br />

bekannt und auch anerkannt. Ihm<br />

werden viele gesundheitsfördernde<br />

Wirkungen nachgesagt, mit denen sich<br />

auch die Forschung bereits ausgiebig<br />

beschäftigt hat. Heute weiß man, dass<br />

Curcumin nur zu etwa 2 Prozent von<br />

unserem Darm aufgenommen wird.<br />

Dies liegt an der Fettlöslichkeit des<br />

Farbpigments. Bekanntermaßen sind<br />

Wasser und Fett von Natur aus nicht<br />

mischbar, wodurch das Curcumin in der<br />

wässrigen Umgebung des Darms weitgehend<br />

ungenutzt ausgeschieden wird.<br />

Um die Bioverfügbarkeit von Kurkuma<br />

zu erhöhen, wurde auf diesem Gebiet<br />

einige Forschungsarbeit geleistet. Eine<br />

Möglichkeit, die Aufnahme zu erhöhen,<br />

ist die Zugabe von Piperin, dem Hauptstoff<br />

im schwarzen Pfeffer. Allerdings<br />

46


Liposome<br />

ist diese Lösung nicht ideal, da Piperin<br />

die Leber belastet, die Darmschleimhaut<br />

reizt und die Bioverfügbarkeit<br />

letztlich nicht in großem Maße erhöht.<br />

Wesentlich effizienter ist die liposomale<br />

oder mizellare Apsorptionstechnologie.<br />

Dabei werden die Wirkstoffe in<br />

eine wasserlösliche „Hülle“ verpackt<br />

und können so besser vom Körper<br />

aufgenommen werden. Auf diese Art<br />

umhüllt und geschützt kann das fettlösliche<br />

Curcumin 30- bis 40-mal besser<br />

von der Darmwand aufgenommen<br />

werden als Curcuminpulver.<br />

Altes neu entdeckt<br />

Die erstmalige Beobachtung der Liposome<br />

geht auf Alec Bangham und das<br />

Jahr 1965 zurück. Er stellte fest, dass<br />

sich Phospholipide, die Bausteine der<br />

Liposome, unter bestimmten Voraussetzungen<br />

zu einer geschlossenen und<br />

zweischichtigen kugelförmigen Struktur<br />

zusammenlagern können. Da die Liposome<br />

daraufhin im medizinischen Bereich<br />

besonderes Interesse in Bezug auf<br />

das Drug Targeting erfuhren, werden sie<br />

auch heute noch zur Klasse der lipidbasierten<br />

Trägersysteme gezählt.<br />

Liposome bestehen im Allgemeinen aus<br />

amphiphilen Lipidmolekülen, oftmals<br />

Phospholipide wie Phosphatidylcholin.<br />

Aufgrund ihrer dualen Polarität, die<br />

durch die polare Phosphat-Kopfgruppe<br />

und die unpolaren Fettsäurereste zustande<br />

kommt, bilden diese amphiphilen<br />

Moleküle in wässrigen Systemen spontan<br />

geordnete, supramolekulare Strukturen<br />

aus – darunter Mizellen, Doppelmembrane<br />

oder kolloidale Vesikel.<br />

Die liposomalen Vesikel bestehen aus<br />

einer oder mehreren abgeschlossenen<br />

und konisch angeordneten Lipid-Doppelmembran/en<br />

(Bilayer) und bilden<br />

ein analog zu biologischen Membranen<br />

aufgebautes System. Die Lipid-Doppelmembran<br />

umschließt dabei einen<br />

mit wässriger Lösung gefüllten Innenraum,<br />

der einen einfachen Einschluss<br />

von hydrophilen – wasserlöslichen –<br />

Wirkstoffen, wie z. B. Vitamin C, in<br />

das Liposom ermöglicht. Hydrophobe<br />

– fettlösliche – Substanzen wie Curcumin<br />

können wiederum sehr leicht in die<br />

Lipidmembran eingeschlossen werden.<br />

Ein Vorteil von Liposomen ist somit<br />

die Möglichkeit einer simultanen Beladung<br />

mit hydrophilen und hydrophoben<br />

Mikronährstoffe und Phytoextrakte wie z. B. Vitamin C oder Curcumin können während der Bildung<br />

der Liposome in deren Kern (wasserliebende Substanzen) oder Hülle (fettliebende Substanzen)<br />

eingeschlossen werden.<br />

Wirkstoffen. Im Gegensatz dazu ist bei<br />

mizellaren Formulierungen „nur“ eine<br />

Beladung mit fettlöslichen Wirkstoffen<br />

möglich.<br />

Doch Liposome dienen nicht nur als<br />

Wirkstoff-Taxi. Denn auch die „Verpackung“<br />

selbst kann vom Körper verwertet<br />

werden. Tatsächlich stammen die<br />

meisten Fettsäuren, die für die Herstellung<br />

von Liposomen verwendet werden,<br />

von Nahrungslipiden, wie zum Beispiel<br />

Sonnenblumenöl. Dadurch kann nicht<br />

nur die orale Permeabilität und biologische<br />

Abbaubarkeit erleichtert werden,<br />

die Phospholipide fungieren zudem als<br />

Grundbaustein aller menschlichen Zellmembranen.<br />

Besonders Nerven, Augen,<br />

Nieren, Leber und das Gehirn benötigen<br />

viele dieser kleinen Bausteine und können,<br />

wie alle Gewebe und Organe, von<br />

Liposomen und ihren Phospholipiden<br />

zusätzlich zur eigentlichen Wirkstoffgabe<br />

profitieren.<br />

Die hohe Effizienz von Liposomen als<br />

Trägersystem war jedoch keineswegs<br />

von vornherein gegeben und die Formulierung<br />

wurde stets an die Eigenschaften<br />

und Anforderungen der oralen Verabreichung<br />

angepasst. Die herausfordernden<br />

Aufgaben entlang des Magen-Darm-<br />

Trakts, wie physikalisch-chemische<br />

Barrieren oder der enzymatische Abbau,<br />

waren dabei ausschlaggebend. Die<br />

Stellschrauben dieser Anpassung waren<br />

und sind die physikalisch-chemischen<br />

Eigenschaften der Liposome selbst, wie<br />

Größe, Ladung, Permeabilität und Membranfluidität<br />

sowie die Struktur der Lipiddoppelschicht.<br />

Diese Eigenschaften<br />

beeinflussen nicht nur die Stabilität der<br />

Vesikel, sondern sind auch maßgeblich<br />

daran beteiligt, ob das Liposom durch<br />

die Zellen der Darmschleimhaut absorbiert<br />

werden kann. Insbesondere die Liposomengröße<br />

spielt hier eine wichtige<br />

Rolle. Im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel<br />

sind liposomale Formulierungen<br />

mit einer Größe von 50 – 200 nm<br />

gut geeignet. Denn im Allgemeinen gilt:<br />

Je kleiner das Liposom, desto besser ist<br />

die Aufnahme.<br />

Liposomale Formulierungen eignen sich<br />

aufgrund ihrer Eigenschaften besonders<br />

April <strong>2022</strong><br />

47


V italstoffe<br />

gut als Trägersysteme für Nahrungsergänzungsmittel:<br />

• Kleiner Durchmesser<br />

• Einheitliche Größenverteilung der<br />

Vesikel<br />

• Gute Lagerstabilität<br />

• Geringe Toxizität<br />

• Gute Biokompatibilität<br />

• Biologische Abbaubarkeit<br />

Vorteile der Wirkstoff-<br />

Trojaner<br />

Die Verpackung in Liposome bietet mehrere<br />

Vorteile. Zum einen sind sie weniger<br />

anfällig für die zerstörerische Wirkung<br />

der Magensäure, wodurch mehr des Inhaltsstoffs<br />

im Darm ankommt. Zum anderen<br />

werden die Liposome aufgrund ihrer<br />

Ähnlichkeit zu anderen biologischen<br />

Membranen deutlich besser im Darm<br />

resorbiert. Die verpackten Inhaltsstoffe<br />

werden dabei durch das Liposom getarnt<br />

in den Köper geschleust, ähnlich dem<br />

Trojanischen Pferd. Dies geschieht über<br />

die normale Fettaufnahme in den Darmzellen<br />

und von dort geht es weiter über<br />

das lymphatische System ins Blut.<br />

Neben dem Schutz der Inhaltsstoffe und<br />

der gesteigerten Resorption werden die<br />

Inhaltsstoffe durch die Liposome zudem<br />

„maskiert“, sodass überhaupt erst<br />

größere Mengen aufgenommen und der<br />

selektiven Funktion des Dünndarms entgehen<br />

können. Dies kann man sich vor<br />

allem bei Vitamin C und Eisen zunutze<br />

machen. Bei diesen Mikronährstoffen<br />

ist bekannt, dass die Einnahme höherer<br />

Dosierungen oft zu unangenehmen Nebenwirkungen<br />

wie Übelkeit, Blähungen<br />

und Durchfall führen kann. Da durch die<br />

liposomale Formulierung eine deutlich<br />

bessere Bioverfügbarkeit der Substanzen<br />

gegeben ist, kann die Dosierung individueller<br />

an die Bedürfnisse des Patienten<br />

angepasst werden, ohne ein Übermaß<br />

an unangenehmen Nebenwirkungen<br />

zu provozieren. Durch die liposomale<br />

Verpackung werden die Inhaltsstoffe geschützt<br />

und maskiert an ihr Ziel - die Zelle<br />

- transportiert. So ist der Wirkstoffverlust<br />

während der Magen-Darm-Passage<br />

deutlich geringer.<br />

Vorteile in der Therapie mit liposomalen<br />

Formulierungen:<br />

• Deutlich höhere Bioverfügbarkeit<br />

• Individuellere Dosierungen – dank<br />

liquider Form<br />

• Weniger Nebenwirkungen auch bei<br />

Hochdosistherapie<br />

• Gute Verträglichkeit<br />

• Leichte Anwendung<br />

Fazit<br />

Die liposomale Absorptionstechnologie<br />

scheint uns eines lehren zu wollen:<br />

Weniger ist mehr. Zahlreiche Studien<br />

haben sich in den letzten Jahren mit der<br />

verbesserten Bioverfügbarkeit durch lipidbasierte<br />

Trägersysteme wie Liposome<br />

beschäftigt und diese auch bestätigt.<br />

Bereits heute wird diese Art der Absorptionstechnologie<br />

als „orale Infusion“<br />

bezeichnet. Die Forschung wird sich<br />

sicherlich auch weiterhin ausführlich<br />

mit diesen Trägersystemen beschäftigen<br />

und unser Denken wegführen von der<br />

Wirkstoffmenge als ausschlaggebendem<br />

Faktor in der Supplementierung hin zur<br />

Optimierung des Wirkstofftransports.<br />

Quellen:<br />

(1) Hsu, Ching-Yun et al.: Use of Lipid<br />

Nanocarriers to Improve Oral Delivery<br />

of Vitamins. Nutrients 2019, 11, 68;<br />

doi:10.3390/nu11010068<br />

(2) Evans, D. F.; Wennerström, H.:<br />

The colloidal domain: where physics,<br />

chemistry, biology, and technology<br />

meet. 1999.<br />

(3) Davis, J. L. et al.: Liposomal-encapsulated<br />

ascorbic acid: Influence on<br />

vitamin C bioavailability and capacity<br />

to protect against ischemia–reperfusion<br />

injury. Nutrition and metabolic insights,<br />

2016, 9. Jg., S. NMI. S39764.<br />

(4) Gupta, N.K.; Dixit, V.K.: Bioavailability<br />

enhancement of curcumin by<br />

complexation with phosphatidyl choline.<br />

Journal of pharmaceutical sciences,<br />

100. Jg., Nr. 5, 2011.<br />

Autor:<br />

PD Dr. Michael Spörner<br />

Experte in den Fachbereichen Biochemie<br />

und Biophysik, Privatdozent an der<br />

Fakultät für Biologie und vorklinische<br />

Medizin der Universität Regensburg, Prokurist<br />

und Leiter der medizinisch-wissenschaftlichen<br />

Fachberatung beim Labordienstleisterunternehmen<br />

UNIQSANA<br />

Kontakt: michael1.spoerner@ur.de<br />

48


Pflanzenextrakte<br />

Ivo Pischel, Bernd Bonnländer, Franziska Herbst<br />

Holunderbeerenextrakt zur Unterstützung<br />

des Immunsystems<br />

eldosamb ® , ein starker Begleiter in der Erkältungszeit<br />

© sebra – stock.adobe.com<br />

Einführung<br />

Ein starkes Immunsystem schützt uns<br />

vor Erkältungen und Grippe. Und so<br />

waren bisher die klassischen Monate, in<br />

denen die Menschen nach Produkten zur<br />

Immunstärkung bzw. zur Linderung von<br />

Erkältungs- und Grippesymptomen fragten,<br />

in der Herbst- und Wintersaison. Das<br />

hat sich mit der globalen Covid-19-Pandemie<br />

der letzten Jahre komplett verändert<br />

und wird uns auch in Zukunft weiter<br />

beschäftigen. Wissenschaftliche Publikationen<br />

zum gesundheitlichen Nutzen<br />

pflanzlicher Präparate erschienen zu<br />

diesem Thema nahezu wöchentlich (1 –<br />

3). Auch die Nachfrage und der Umsatz<br />

von Produkten zur Unterstützung des<br />

Immunsystems stiegen massiv an, insbesondere<br />

im Bereich der pflanzlichen<br />

Präparate, wobei Holunderprodukte das<br />

höchste Wachstum erfuhren (4).<br />

Schatz aus der Natur –<br />

Schwarzer Holunder<br />

Der Holunderstrauch oder -baum (Sambucus<br />

nigra L.) gehört zu der Familie der<br />

Adoxaceae (Moschuskrautgewächse).<br />

Dieser ist in wärmeren Gegenden von<br />

Nordamerika, Europa, Nordafrika, und<br />

Westasien beheimatet. Holunder weist<br />

mehrere Unterarten oder regionale Varietäten<br />

auf, welche oft ähnliche phytochemische<br />

Bestandteile haben. Der Großteil<br />

der wissenschaftlichen Forschung bezieht<br />

sich auf die Art Sambucus nigra L.<br />

Der laubabwerfende Strauch oder Baum<br />

wird bis zu 10 m groß und trägt wunderschöne,<br />

kleine, weiße Blüten, aus denen<br />

sich blau-schwarze Beeren entwickeln.<br />

Präparate und Extrakte aus den Beeren<br />

des Schwarzen Holunders (Sambucus nigra<br />

L., fructus), hergestellt aus frischen<br />

oder gefrorenen Früchten oder Säften,<br />

werden schon sehr lange zur Linderung<br />

von Erkältungs- oder Grippesymptomen<br />

eingesetzt. Eine Vielzahl wichtiger sekundärer<br />

Pflanzenstoffe mit spezifischen<br />

pharmakologischen Eigenschaften ist in<br />

Holunderbeeren vorhanden. Dazu zählen<br />

wertvolle Anthocyane, die je nach Sorte<br />

und analytischer Methode einen Anteil<br />

von bis zu 1,4% des Frischgewichtes erreichen<br />

können, wobei Cyanidin-3-glucosid<br />

davon den größten Teil ausmacht,<br />

neben dem fast gleichstark vertretenen<br />

namensgebenden Cyanidin-3-sambubiosid.<br />

Darüber hinaus sind Flavonoide,<br />

Proanthocyanidine und (poly)phenolische<br />

Säuren, S. nigra-Agglutinine<br />

(SNAs), ~7,5% Zucker und ~0,2% Pektine<br />

enthalten. Spuren von Triterpenen<br />

und Acylspermidinen wurden kürzlich<br />

auch beschrieben.<br />

Präklinische Studien haben zudem gezeigt,<br />

dass Holunderbeerenextrakte<br />

antimikrobiell und antiviral wirken,<br />

einschließlich einer Aktivität gegen<br />

Influenza-Viren. Diese antiviralen Effekte<br />

wurden auf die Hemmung der Virusreplikation<br />

zurückgeführt. Zusätzlich<br />

wurde nachgewiesen, dass Holunderbeerenextrakte<br />

Zytokine, also Botenstoffe<br />

beeinflussen, die das Immunsystem modulieren<br />

können (5 – 8).<br />

Schwarze Holunderbeeren wurden schon<br />

in der Antike für Heilzwecke oder als<br />

Lebensmittel sowie zur Lebensmittelfärbung<br />

und -konservierung verwendet.<br />

Dieser vielfältige Einsatz in Lebensmitteln<br />

kann der Grund dafür sein, dass<br />

Holunderbeeren neben der Anwendung<br />

als „Omas Hausmittel“ wenig offizielle<br />

Anerkennung zur Behandlung bei Erkältung<br />

und Grippe fanden. Vielleicht<br />

gibt es deshalb bis heute keine offiziellen<br />

Monographien über Sambucus<br />

nigra L., fructus, weder von der Europäischen<br />

Arzneimittel-Agentur (EMA),<br />

noch von der deutschen Kommission<br />

E, der ESCOP oder der WHO. Allerdings<br />

ist eine analytische Methode zur<br />

April <strong>2022</strong><br />

49


V italstoffe<br />

Sicherstellung der Qualität und Authentizität<br />

von Holunderbeerenextrakten in<br />

der USP (United States Pharmacopeia)<br />

publiziert.<br />

Die früheste Aufzeichnung über den<br />

Gebrauch von Holunder als Heilpflanze<br />

ist ein ägyptischer Papyrus, der aus<br />

dem 16. Jahrhundert v. Chr. stammt. Der<br />

griechische Arzt Hippokrates (5. Jahrhundert<br />

v. Chr.), bekannt als „Vater der<br />

Medizin“, nannte Holunder aufgrund<br />

seiner vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten<br />

„seine Hausapotheke“. Neben<br />

Theophrastus und Galen von Pergamon,<br />

dem römischen Naturforscher, beschrieb<br />

auch Plinius der Ältere diese heilvolle<br />

Pflanze z. B. für seine Verwendung bei<br />

Verstopfung. Ein komplettes Buch über<br />

die medizinischen Eigenschaften des<br />

Holunders, „die Anatomie des Holunders“,<br />

wurde vom deutschen Arzt Martin<br />

Blochwich geschrieben und 1631 veröffentlicht<br />

(7).<br />

Holunder bei Erkältung<br />

und Grippe – Übersicht zu<br />

Humandaten<br />

Einige der historischen Anwendungsbereiche<br />

wurden in neuerer Zeit durch klinische<br />

Studien belegt.<br />

So zeigen eine Reihe von Übersichtsarbeiten<br />

zu klinischen Studien mit<br />

Holunderbeeren-Monopräparaten (darunter<br />

vier randomisierte Studien) eine<br />

Abnahme der Erkältungssymptome, eine<br />

kürzere Krankheitsdauer, eine schnellere<br />

Genesung und einen geringeren Einsatz<br />

von Medikamenten wie Antibiotika, Analgetika,<br />

Nasensprays und Erkältungsmedikamenten.<br />

Eine detaillierte Zusammenfassung<br />

dieser vier Humanstudien<br />

ist in Tabelle 1 zu finden.<br />

Tabelle 1: Ergebnisse der vier Humanstudien mit Holunderbeeren-Monopräparaten.<br />

Studientyp / Anzahl<br />

der Probanden (Alter)<br />

/ Indikation<br />

Dosierung (Schema) /<br />

Studiendauer<br />

Untersuchte Parameter<br />

Ergebnisse / Wirkung<br />

der Holunderbeeren-<br />

Präparate<br />

Lit.<br />

RCT, DB, PC / N = 312<br />

(35 – 67 Jahre) /<br />

Erkältungssymptome<br />

300 mg Holunderbeerenextrakt,<br />

2 Kapseln tgl. für 9<br />

Tage, dann 3 Kaps. tgl.<br />

für 6 Tage / 16 Tage<br />

Selbstauskunft mittels<br />

Fragebogen zu Erkältungsdauer,<br />

-symptomen<br />

(Schweregrad) bei Langstrecken-Fluggästen<br />

Signifikante Verminderung<br />

der Erkältungsdauer<br />

und Symptomstärke vs<br />

Kontrolle<br />

[11]<br />

RCT, DB, PC / N = 64<br />

(16 – 60 Jahre) /<br />

Influenza<br />

175 mg Holunderbeerenextrakt<br />

in Lutschtablette<br />

4x tgl. / 2 Tage<br />

Influenzasymptome<br />

Selbstauskunft an VAS-<br />

Skalen nach 2 Tagen /<br />

48 Stunden<br />

Signifikante Verbesserung<br />

der Gesamtsymptomatik<br />

bzgl. Stärke, Fieber, Kopfund<br />

Gliederschmerzen,<br />

verstopfter Nase und<br />

nasalem Ausfluss<br />

[12]<br />

RCT, DB, PC / N = 60<br />

(18 – 54 Jahre) /<br />

Influenza<br />

Holunderbeeren-Sirup<br />

(38 % eines 2:1 Flüssigextrakts):<br />

15 ml, 4x<br />

tgl. / 5 Tage<br />

Wirkung auf Influenzasymptome;<br />

Nutzung<br />

von Grippemedizin z. B.<br />

Schmerzmittel und Nasenspray<br />

Signifikanter Effekt in der<br />

Sirup-Gruppe vs Kontrolle:<br />

Erholung 4 Tage früher,<br />

nahezu vollständige<br />

Symptomverbesserung<br />

nach 3 Tagen vs 7 Tagen,<br />

weniger Grippemedizin<br />

[13]<br />

RCT, DB, PC / N = 27<br />

(5 – 56 Jahre)<br />

Influenza A/B<br />

Holunderbeeren-Sirup:<br />

4 TL (25 Erwachsene)<br />

bzw. 2 TL (2 Kinder) 1x<br />

tgl. / für 3 Tage plus 6<br />

Tage follow-up<br />

Wirkung auf Influenzasymptome<br />

& Nebenwirkungen<br />

Signifikante Wirkung vs<br />

Kontrolle: Fiebersenkung<br />

in ~3 Tagen vs ~5 Tagen<br />

für PL; Symptom-Verbesserung<br />

in 2 Tagen vs 5 (+)<br />

Tagen für PL; Erkältungsdauer<br />

2,7 Tage vs 4 Tage<br />

für PL; keine Nebenwirkungen<br />

[14]<br />

Abkürzungen: RCT, Randomized Clinical Trial; DB, double-blinded; PC, placebo-controlled; N =, Anzahl der Probanden; tgl. täglich; TL, Teelöffel;<br />

vs, versus; PL, Placebo; VAS, Visual Analog Scale<br />

50


Pflanzenextrakte<br />

© M. Schuppich – stock.adobe.com<br />

Diese Studien mit Hunderten von Probanden<br />

dokumentieren die klinische Bedeutung<br />

von Holunderbeeren-Präparaten.<br />

Werden diese schon zu Beginn einer Infektion<br />

eingenommen, können Symptome<br />

von Erkältung und Grippe wirksam<br />

gelindert werden. Dazu gehören eine verkürzte<br />

Krankheitsdauer sowie Milderung<br />

von Fieber, Kopfschmerzen, verstopfter<br />

Nase und nasalem Ausfluss (8 – 10).<br />

Neben den beobachteten hohen statistischen<br />

Signifikanzen der vier Studien, die<br />

von p < 0,05 bis p < 0,0001 reichen, haben<br />

Hawkins et al. die sog. Effektstärken<br />

berechnet. Hierbei ergab sich eine durchschnittliche<br />

Effektstärke von 1,7. Daraus<br />

schlossen die Autoren, dass die Anwendung<br />

von Holunderbeeren-Präparaten<br />

erkältungsbedingte Symptome der oberen<br />

Atemwege erheblich reduzieren kann (6).<br />

Effektstärke (Cohens d): Die Effektstärke<br />

nach Jacob Cohen dient<br />

zur Beurteilung der praktischen<br />

Relevanz verschiedener statistischer<br />

Signifikanzen aus unterschiedlichen<br />

Studien. Effektstärken<br />

größer als 0,8 können als sehr<br />

stark interpretiert werden.<br />

Übersicht der in-vitro-Daten<br />

zur antiviralen Forschung<br />

Ende 2020 wurde eine Dissertation zur<br />

in-vitro-Bioaktivität von Sambucus nigra-Früchten<br />

veröffentlicht, in der berichtet<br />

wurde, dass Holunderbeerenextrakt<br />

eine hemmende Wirkung gegen viele<br />

Mikroorganismen ausübt. Darunter befinden<br />

sich pathogene Bakterienstämme<br />

von Streptococcus, Branhamella, Staphylococcus,<br />

Haemophilus, verschiedene<br />

Viren(Sub)Typen von Influenza A & B<br />

und Rhinoviren sowie Bakterien, die nosokomiale<br />

Infektionen verursachen, wie<br />

multiresistente „Krankenhaus-Super-Keime“,<br />

z. B. MRSA. Diese Effekte können<br />

aufgrund immunmodulatorischer Wirkungen<br />

auf Immunzellen bei lebenden<br />

Tieren und Menschen (in-vivo) stärker<br />

ausgeprägt sein als bei in-vitro- Versuchen.<br />

Das immunmodulatorische Potential<br />

von Sambucus nigra wurde intensiv<br />

untersucht und in mindestens sechs unabhängigen<br />

Publikationen beschrieben,<br />

wobei geschlussfolgert werden konnte,<br />

dass Holunderbeeren wahrscheinlich<br />

das Immunsystem schwacher oder immungeschwächter<br />

Personen unterstützen<br />

kann. In diesem Zusammenhang wurde<br />

nachfolgend auch untersucht, ob Holunderbeerenextrakte<br />

eine unkontrollierte<br />

Überreaktion des Immunsystems auslösen<br />

können. Es wurde gezeigt, dass dies<br />

nicht der Fall ist, sondern der Extrakt eine<br />

überschießende Reaktion des Immunsystems<br />

eher dämpft (10).<br />

Weitere in-vitro-Versuche haben sich<br />

mit dem antiviralen Effekt des Holunders<br />

beschäftigt, welche belegen,<br />

dass Holunder auch als Inhaltsstoff in<br />

„Oberflächen-Desinfektionsmitteln“<br />

wirken kann. Übertragen auf den Menschen<br />

kann damit Holunder theoretisch<br />

eine hohe Viruslast auf Mund- und Rachenschleimhaut<br />

reduzieren. Sambucus<br />

nigra inaktiviert mehrere sogenannte<br />

behüllte Viren. Für die antivirale Wirkung<br />

werden mehrere Wirkmechanismen<br />

diskutiert. Beispielsweise bindet<br />

Cyanidin-3-sambubiosid, ein Hauptbestandteil<br />

der Anthocyane (Flavonoide)<br />

des Sambucus nigra-Fruchtextrakts, an<br />

Neuraminidase-Einheiten (ein Virusenzym,<br />

das für die Pathogenität wichtig<br />

ist) und inaktiviert dieses Enzym.<br />

Eine Reihe von weiteren Wirk me cha nismen<br />

können durch den Flavonoidgehalt<br />

April <strong>2022</strong><br />

51


V italstoffe<br />

von Holunderbeeren erklärt werden.<br />

Flavonoide sind hinsichtlich ihrer Inaktivierung<br />

des Virusreplikationsmechanismus<br />

oder -lebenszyklus gut untersucht.<br />

Im Hinblick auf bakterielle Superinfektionen<br />

scheint Holunder ebenfalls ein<br />

Potenzial als nützlicher bioaktiver Wirkstoff<br />

zu haben, da es unwahrscheinlich<br />

ist, dass sich eine bakterielle Resistenz<br />

gegen Holunderinhaltsstoffe entwickeln<br />

wird (10).<br />

Neue Daten zum<br />

Holunderbeerenextrakt<br />

eldosamb ®<br />

eldosamb ® ist ein standardisierter Holunderbeerenextrakt.<br />

Durch die hohe<br />

Qualität der Rohware und ein etabliertes<br />

Produktionsverfahren hat der von<br />

der Anklam Extrakt GmbH entwickelte<br />

Extrakt einen Gehalt von mindestens<br />

13% Anthocyanen. Der Extrakt wird<br />

aus IQF-Beeren (individually quick<br />

frozen/individuell schockgefroren) aus<br />

kontrolliertem Anbau unter GMP-Bedingungen<br />

in Deutschland hergestellt.<br />

In einem präklinischen Forschungsprogramm<br />

u. a. an humanen Zellsystemen<br />

wurden die antivirale Aktivität und die<br />

Wirkung des Extraktes auf das Immunsystem<br />

untersucht.<br />

Eine der genannten in-vitro-Studien<br />

analysierte die Wirkung von eldosamb ®<br />

auf das MVA-Virus (Modified-Vaccinia-<br />

Ankara-Virus), das oft als Modell für<br />

behüllte Viren (z. B. Grippe- oder Coronaviren)<br />

eingesetzt wird. In diesem<br />

Experiment wurde die Reduktion der<br />

Viruslast unter ein- und zehnminütiger<br />

Kontaktzeit des Virus mit dem Extrakt<br />

gemessen. Es konnte gezeigt werden,<br />

dass eldosamb ® die Viruslast verringern<br />

kann (16). Dies impliziert (wie oben<br />

schon kurz beschrieben), dass eldosamb<br />

® in einer Lutschtablette, einem<br />

Kaugummi oder ähnlichem angewendet,<br />

eine Viruslast auf der Mund- und Rachenschleimhaut<br />

reduzieren könnte. Da<br />

die Schleimhäute als das erste Eintrittstor<br />

in den Körper für eine Infektion gelten,<br />

könnte dies bei der Prävention von<br />

Infektionen eine Rolle spielen.<br />

Kong et al. untersuchten zum Beispiel<br />

die Wirkung von Lutschtabletten mit<br />

Holunderbeerenextrakt bei Probanden<br />

mit Grippe. Sie berichteten über eine<br />

signifikante Verbesserung der Gesamtsymptomatik,<br />

insbesondere hinsichtlich<br />

Fieber, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen,<br />

verstopfter Nase und Nasenschleimausfluss<br />

bereits nach nur zweitägiger<br />

Anwendung (12).<br />

Während in letzteren Studien die direkten<br />

Wechselwirkungen des Holunderbeerenextrakts<br />

mit Viren untersucht<br />

wurden, müssen für das Verständnis der<br />

zytoimmunologischen Mechanismen<br />

auch Versuche mit intakten, lebenden<br />

Immunzellen durchgeführt werden.<br />

Daher wurden weitere Experimente<br />

zu den immunmodulatorischen Eigenschaften<br />

des neuen Holunderbeerenextrakts<br />

mit verschiedenen ex-vivo-<br />

Versuchen unternommen. Zu diesem<br />

Zweck wurden in etablierten Immunexperimenten<br />

Blutimmunzellen von zehn<br />

gesunden Spendern durch verschiedene<br />

definierte Stimulanzien dazu angeregt,<br />

Mediatormoleküle (Zytokine) freizusetzen.<br />

Die Zytokine können bestimmt<br />

werden und somit Aufschluss über eine<br />

Immunantwort geben. Es konnte gezeigt<br />

werden, dass eldosamb ® hauptsächlich<br />

entzündungshemmend wirkt,<br />

indem es pro-inflammatorische Zytokine<br />

wie TNF-α und Gamma-Interferon<br />

(IFNγ) vermindert. Außerdem wurde<br />

die Sekretion des entzündungshemmenden<br />

Zytokins IL-10 stimuliert, was zu<br />

einer signifikanten Verschiebung des<br />

IFNγ/IL-10-Verhältnisses führt. IL-10<br />

übt wichtige regulatorische Funktionen<br />

im Immunsystem aus, indem es übermäßige<br />

Entzündungsprozesse kontrolliert<br />

und somit einer überschießenden<br />

Immunreaktion entgegenwirken kann<br />

(16). Solche ex-vivo-Experimente eignen<br />

sich gut, um das Potenzial von Naturstoffen<br />

zu charakterisieren (15).<br />

Insgesamt scheinen Sambucus-nigra-<br />

Extrakte nicht als direktes Immunstimulanz,<br />

sondern durch Immunzellaktivierung<br />

immunmodulatorisch zu wirken. In<br />

Situationen einer akuten Infektion entfaltet<br />

eldosamb ® immunmodulierende<br />

Eigenschaften, indem es übermäßigen<br />

entzündlichen Immunreaktionen durch<br />

Verringerung von pro-inflammatorischem<br />

TNF-α und IFNγ und durch Erhöhung<br />

des entzündungshemmenden<br />

IL-10-Zytokins entgegenwirkt. Darüber<br />

hinaus unterstützt es die humorale Immunantwort<br />

(16).<br />

Zum Schluss ist in Bezug auf die Sicherheit<br />

von Holunderprodukten noch anzumerken,<br />

dass Früchte nur reif, gekocht<br />

oder getrocknet verzehrt werden sollten.<br />

Unter diesen Bedingungen werden<br />

potentiell schädliche Inhaltsstoffe von<br />

unreifen Holunderbeeren (cyanogene<br />

Glykoside und Lektine) auf ein niedriges<br />

und sicheres Niveau reduziert.<br />

Zusammenfassung<br />

Insgesamt kann unter Berücksichtigung<br />

der in-vitro/ex-vivo-Daten der Anklam<br />

Extrakt GmbH sowie der neuesten<br />

systematischen Übersichten und Meta-<br />

Analysen zu den präklinischen und<br />

humanen Studien der Schluss gezogen<br />

werden, dass hochwertige Holunderbeeren-Präparate<br />

signifikante antimikrobielle,<br />

antivirale und immunmodulatorische<br />

Eigenschaften aufweisen. Die<br />

Ergebnisse zeigen, dass Sambucusnigra-Extrakte<br />

durch die Aktivierung<br />

von Immunzellen als Immunmodulator<br />

zu wirken scheinen und eldosamb ® in<br />

Situationen einer akuten Infektion über<br />

gute immunmodulierende Eigenschaften<br />

verfügt, indem es überschießenden<br />

entzündlichen Immunreaktionen entgegenwirkt.<br />

Weiterhin ist eine Reduzierung<br />

der Viruslasten bei der Reaktion<br />

mit Holunderinhaltsstoffen gut vorstellbar.<br />

Der anthocyanreiche, nachhaltig<br />

gewonnene Extrakt eldosamb ® , der unter<br />

Einhaltung höchster Qualitätsstandards<br />

(GMP-Bedingungen) hergestellt<br />

wird, eignet sich daher perfekt für ein<br />

Immungesundheitsprodukt.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter:<br />

Anklam Extrakt GmbH<br />

www.anklam-extrakt.com<br />

52


Pflanzenextrakte<br />

Literatur:<br />

(1) Adams KK, Baker WL, Sobieraj DM.<br />

Myth Busters: Dietary Supplements and<br />

COVID-19. Ann Pharmacother. 2020,<br />

820-826.<br />

(2) Brendler T, Al-Harrasi A, Bauer R,<br />

et al. Botanical drugs and supplements<br />

affecting the immune response in the<br />

time of COVID-19: Implications for<br />

research and clinical practice. Phytotherapy<br />

Research. 2020, 1–19.<br />

(3) Bhuiyan FR, Howlader S, Raihan T,<br />

Hasan M. Plants Metabolites: Possibility<br />

of Natural Therapeutics Against<br />

the COVID-19 Pandemic. Front. Med.<br />

2020, 444.<br />

(4) Krawiec S. siehe https://www.<br />

nutritionaloutlook.com/view/<br />

how-elderberry-became-an-im-<br />

mune-health-superstar-last-year-<br />

2021-ingredient-trends-towatch-forfood-drinks-and-dietary-supplements.<br />

Online February 12, 2021.<br />

(5) Porter RS, Bode RF. A Review of<br />

the Antiviral Properties of Black Elder<br />

(Sambucus nigra L.) Products. Phytother<br />

Res. 2017, 533-554.<br />

(6) European Medicines Agency. Assessment<br />

report on Sambucus nigra L.,<br />

fructus. EMA/HMPC/44208/2012.<br />

(7) Ulbricht C, Basch E, Cheung L, et<br />

al. An evidence-based systematic review<br />

of elderberry and elderflower (Sambucus<br />

nigra) by the Natural Standard<br />

Research Collaboration. J Diet Suppl.<br />

2014, 80–120.<br />

(8) Harnett J, Oakes K, Carè J, et al.<br />

The effects of Sambucus nigra berry on<br />

acute respiratory viral infections: A rapid<br />

review of clinical studies. Adv Integr<br />

Med. 2020, 240-246.<br />

(9) Hawkins J, Baker C, Cherry L,<br />

Dunne E. Black elderberry (Sambucus<br />

nigra) supplementation effectively<br />

treats upper respiratory symptoms: A<br />

meta-analysis of randomized, controlled<br />

clinical trials. Complement Ther Med.<br />

2019, 361-365.<br />

(10) Wermig-Morgan JH. Elderberry is<br />

anti-bacterial, anti-viral and modulates<br />

the immune system: anti-bacterial,<br />

anti-viral and immunomodulatory<br />

nonclinical (in-vitro) effects of elderberry<br />

fruit and flowers (Sambucus nigra):<br />

a systematic review. MSc thesis at Univ.<br />

of Oxford, UK 2018, reedited with additions<br />

in 2020, updated for SARS-CoV-2<br />

the virus which causes Covid-19.<br />

(11) Tiralongo E, Wee SS, Lea RA.<br />

Elderberry supplementation reduces<br />

cold duration and symptoms in airtravellers:<br />

A randomized, double-blind<br />

placebo controlled clinical trial. Nutrients<br />

2016, e182.<br />

(12) Kong F. Pilot clinical study on a<br />

proprietary elderberry extract: efficacy<br />

in addressing influenza symptoms, Online<br />

J. Pharmacol. Pharmacokinetics.<br />

2009, 32–43.<br />

(13) Zakay-Rones Z, Thom E, Wollan<br />

T, Wadstein J. Randomized study of the<br />

efficacy and safety of oral elderberry<br />

extract in the treatment of influenza A<br />

and B virus infections. J Int Med Res.<br />

2004, 132–140.<br />

(14) Zakay-Rones Z, Varsano N, Zlotnik<br />

M, et al. Inhibition of several strains of<br />

influenza virus in vitro and reduction<br />

of symptoms by an elderberry extract<br />

(Sambucus nigra L.) during an outbreak<br />

of influenza B. J Altern Complement<br />

Med. 1995, 361–369.<br />

(15) Cos P, Vlietinck AJ, Berghe DV,<br />

Maes L. Anti-infective potential of natural<br />

products: how to develop a stronger<br />

in vitro ‘proof-of-concept’. J Ethnopharmacol.<br />

2006, 290-302.<br />

(16) Schön C, Mödinger Y, Krüger F, et<br />

al. A new high-quality elderberry plant<br />

extract exerts antiviral and immunomodulatory<br />

effects in vitro and ex vivo,<br />

Food and Agricultural Immunology,<br />

2021, 32:1, 650-662.<br />

Autoren:<br />

Dr. Ivo Pischel<br />

Wissenschaftlicher Berater<br />

Dr. Ivo Pischel Consulting<br />

Dr. Bernd Bonnländer<br />

Leiter Forschung und Entwicklung,<br />

Anklam Extrakt GmbH<br />

Franziska Herbst<br />

Teamleiterin Marketing,<br />

Anklam Extrakt GmbH<br />

April <strong>2022</strong><br />

53


V italstoffe<br />

Philipp Gebhardt<br />

Altersbedingte Makuladegeneration: <strong>Vitalstoffe</strong><br />

zur Prävention und Therapie<br />

Der sog. „gelbe Fleck“ ist ein Bereich in<br />

der Mitte der Netzhaut, wo die Sehzellen<br />

besonders dicht angeordnet sind. Es ist<br />

der Bereich des schärfsten Sehens. Der<br />

gelbe Fleck (lateinisch „Macula lutea“)<br />

verdankt seinen Namen seiner Färbung,<br />

die durch hohe Konzentrationen an Carotinoiden<br />

entsteht, die hier eingelagert<br />

sind und einen natürlichen Sonnenschutz<br />

bilden. Mit zunehmendem Alter kommt<br />

es zur vermehrten Ablagerung von Abbauprodukten<br />

des Stoffwechsels im Bereich<br />

der Makula. Durch das einfallende<br />

Licht katalysieren diese die Bildung von<br />

freien Radikalen, die die Sehzellen schädigen<br />

und eine Degeneration der Makula<br />

zur Folge haben. Zur Prävention und<br />

Therapie der altersbedingten Makuladegeneration<br />

bieten sich deshalb bestimmte<br />

Carotinoide an, die den Sonnenschutz<br />

des Auges verbessern, sowie antioxidative<br />

Mikronährstoffe, die Radikale neutralisieren<br />

und einer zunehmenden Schädigung<br />

der Sehzellen entgegenwirken.<br />

Die Linse des Auges bündelt das durch<br />

die Pupille einfallende Licht an der<br />

Hinterseite des Auges so, dass auf der<br />

Netzhaut ein scharfes Bild entstehen<br />

kann, das von den lichtempfindlichen<br />

Außensegmenten der Sehzellen aufgenommen<br />

wird. Dafür sind in jedem<br />

Auge etwa 6 Millionen „Zapfen“ verantwortlich<br />

für das Farbsehen und etwa<br />

120 Millionen „Stäbchen“ für das Sehen<br />

Glaskörper<br />

Linse<br />

Licht<br />

Pupille<br />

Hornhaut<br />

Makula<br />

Sehnerv<br />

Netzhaut<br />

bei Dämmerung. Das bewusste, scharfe<br />

Sehen ist auf eine kleine Zone in der<br />

Mitte der Netzhaut konzentriert. Die hier<br />

lokalisierte Macula lutea (lat. für „gelber<br />

Fleck“, kurz Makula) bildet einen Ort<br />

mit einer besonders hohen Sehzellen-<br />

Dichte (Abb. 1).<br />

Die Makula verdankt ihre gelbe Färbung<br />

den antioxidativen und UV-Licht-filternden<br />

Pigmenten Lutein und Zeaxanthin,<br />

die hier vermehrt eingelagert werden. In<br />

einem Bereich mit einem Durchmesser<br />

von etwa 3 mm sind etwa 100.000 Zapfen-Sehzellen<br />

mit ihren Außensegmenten<br />

angeordnet. Durch die Wirkung des<br />

gebündelten Lichts müssen jede Nacht<br />

etwa 10.000 Außensegmente erneuert<br />

werden, was nur durch einen besonders<br />

intensiven Stoffaustausch gewährleistet<br />

werden kann. Mit der Zeit lagern sich<br />

zunehmend unlösliche Abbauprodukte<br />

ab, die sich in der Netzhaut sammeln. Einen<br />

prominenten Vertreter dieser Rückstände<br />

aus Proteinen und Fetten nennt<br />

man Lipofuszin. In Verbindung mit UV-<br />

Licht katalysiert Lipofuszin die Bildung<br />

von freien Radikalen. Dies sind reaktive<br />

Sauerstoffspezies, die das umliegende<br />

Gewebe schädigen. Durch ein besonders<br />

leistungsfähiges antioxidatives Schutzsystem<br />

kann sich das Auge gegen die<br />

oxidative Belastung wehren. Mit zunehmendem<br />

Alter nimmt dessen Kapazität<br />

allerdings deutlich ab.<br />

Abb. 1: Das in die Pupille treffende Licht<br />

gelangt durch Hornhaut, Linse und Glaskörper<br />

auf die Netzhaut. Die Makula ist ein eng<br />

umschriebenes Areal im hinteren, zentralen<br />

Bereich der Netzhaut, durch das die Sehachse<br />

verläuft und in dessen Mitte die Verteilung<br />

lichtempfindlicher Sinneszellen ihre größte<br />

Dichte aufweist.<br />

Die altersbedingte<br />

Makuladegeneration<br />

Die altersbedingte Makuladegeneration<br />

(AMD) ist eine Erkrankung der Netzhaut<br />

und der dahinterliegenden Aderhaut. Sie<br />

tritt meist in Form von Sehstörungen in<br />

Erscheinung, die sich in einer Verbiegung<br />

gerader Linien sowie in Bildausfällen<br />

in Bereichen des Sehfelds äußern.<br />

Durch die vermehrte Akkumulation von<br />

Lipofuszin in der Netzhaut wird die<br />

Funktion der Sehzellen zunehmend beeinträchtigt<br />

und es kommt schließlich zu<br />

deren Absterben. Der fleckförmige Untergang<br />

immer größerer Bereiche („geographische<br />

Atrophie“), im fortgeschrittenen<br />

Stadium, ist eine häufige Ursache für<br />

schweren Sehverlust im Alter.<br />

Die AMD tritt in zwei Formen in Erscheinung.<br />

Die sog. trockene AMD<br />

macht etwa 80% der Fälle aus. Dabei<br />

wird vor allem die Sehfähigkeit im zentralen<br />

Gesichtsfeld beeinträchtigt. Bei<br />

der feuchten Form der Erkrankung bilden<br />

sich unter der Netzhaut zusätzlich<br />

flächige Gefäßmembranen aus, die zu<br />

Blutungen neigen. Dabei kann es schnell<br />

zu Leseblindheit kommen. Durch die<br />

demografische Entwicklung nimmt die<br />

Zahl der von AMD betroffenen Menschen<br />

deutlich zu. In den Industriestaaten<br />

ist die Erkrankung mit etwa 32%<br />

die Hauptursache für Erblindungen bei<br />

über Fünfzigjährigen, gefolgt von Glaukom<br />

und diabetischer Retinopathie mit<br />

jeweils etwa 16%. In Deutschland sind<br />

etwa 12% der Bevölkerung von frühen<br />

Stadien der AMD betroffen. Dagegen<br />

leiden etwa 0,2% an einer späten Form<br />

der Makuladegeneration, die durch choroidale<br />

Neovaskularisation (Neubildung<br />

von Blutgefäßen, die in die Netzhaut einwachsen)<br />

mit Fibrose und Vernarbung<br />

(bei feuchter AMD) oder geographischer<br />

Atrophie (bei trockener AMD) gekennzeichnet<br />

ist (1).<br />

54


Augengesundheit<br />

Die Mitochondrien bei AMD<br />

Mitochondrien sind von einer Doppelmembran<br />

umschlossene Zellorganellen,<br />

in denen die oxidative Phosphorylierung,<br />

die Energieerzeugung<br />

unter Sauerstoffverbrauch stattfindet.<br />

Als „Kraftwerke der Zellen“ sind die<br />

Mitochondrien für die Produktion von<br />

mehr als 90% der Energie des Stoffwechsels<br />

in Form von Adenosintriphosphat<br />

(ATP) verantwortlich. Durch anaerobe<br />

Prozesse können je Mol Glukose<br />

lediglich 2 Mol ATP gewonnen werden.<br />

Die aerobe Energiegewinnung über<br />

die in den Mitochondrien lokalisierte<br />

Atmungskette kann dagegen jedoch<br />

36 Mol ATP aus einem Mol Glukose<br />

generieren. Die Mitochondrien ermöglichen<br />

daher eine 18-mal effizientere<br />

Energiegewinnung. Dabei werden Elektronen<br />

von Komplex I und Komplex II<br />

der Atmungskette auf Coenzym Q10<br />

übertragen, das diese auf Komplex III<br />

und über Cytochrom c letztendlich auf<br />

Komplex IV überträgt. Die Elektronen<br />

werden dabei auf ein niedrigeres Energielevel<br />

gebracht und die freiwerdende<br />

Energie dazu genutzt, Protonen durch<br />

die Membran zu pumpen, um einen elektrochemischen<br />

Gradienten aufzubauen.<br />

An Komplex IV werden die Elektronen<br />

auf Sauerstoff übertragen, um unter<br />

Protonenverbrauch Wasser zu bilden.<br />

Der Protonenüberschuss zwischen der<br />

inneren und der äußeren Membran wird<br />

an Komplex V abgebaut, um mit der<br />

gewonnenen Energie ATP aus ADP und<br />

Phosphor zu regenerieren (Abb. 2).<br />

Bei den Reaktionen mit Sauerstoff entstehen<br />

in den Mitochondrien ebenfalls<br />

größere Mengen an Sauerstoffradikalen.<br />

Durch Übertragung von Elektronen<br />

auf Sauerstoff entstehen Superoxidradikale<br />

(O2-) in einer Größenordnung<br />

von etwa zwei Prozent des umgesetzten<br />

Sauerstoffs. Antioxidantien wie Coenzym<br />

Q10 und antioxidative Schutzenzyme<br />

können die gebildeten Radikale<br />

normalerweise neutralisieren. Wenn<br />

diese Schutzmechanismen jedoch in ihrer<br />

Funktion beeinträchtigt werden oder<br />

die Menge der gebildeten Radikale die<br />

Kapazität der antioxidativen Mechanismen<br />

übersteigt, kann sich ein gefährlicher<br />

Krisenzustand entwickeln, da die<br />

Schädigung der Atmungskettenkomplexe<br />

durch freie Radikale die Radikalbildung<br />

weiter verstärkt.<br />

Bei der AMD kommt es jedoch vor allem<br />

deshalb zur vermehrten Radikalbildung,<br />

da eine Komponente des Lipofuszins, das<br />

sog. A2E (N-Retinyliden-N-Retinylethanolamin)<br />

hemmend auf den Komplex IV<br />

der mitochondrialen Atmungskette wirkt.<br />

A2E unterbricht den Elektronenfluss über<br />

Cytochrom c auf Komplex IV. In der<br />

Folge werden an Komplex III vermehrt<br />

Elektronen auf Sauerstoff übertragen und<br />

vermehrt Superoxidradikale gebildet, die<br />

Proteine und Membranstrukturen angreifen<br />

(Abb. 3) (2).<br />

Abgesehen von einer in direkter Weise<br />

schädlichen Wirkung der Sauerstoffradikale<br />

hat auch die verminderte ATP-<br />

Bildung gravierende Konsequenzen,<br />

die das weitere Fortschreiten der Erkrankung<br />

begünstigen. Im Bereich der<br />

Makula erfordert die Wirkung des gebündelten<br />

Lichts eine intensive Reparaturkapazität,<br />

die in besonderem Maße<br />

von der Verfügbarkeit von Energie in<br />

Form von ATP abhängig ist. Eine beeinträchtigte<br />

Funktion der Atmungskette<br />

führt letztendlich zu einer verminderten<br />

Fähigkeit, Lichtschäden zu reparieren,<br />

was die Sehfähigkeit weiter verschlechtert.<br />

Der Einfluss von<br />

Mikronährstoffen auf die<br />

Pathogenese der AMD<br />

Zurzeit gibt es keine Möglichkeit,<br />

die AMD ursächlich zu behandeln.<br />

Vielversprechende Untersuchungen<br />

konnten jedoch zeigen, dass das Fortschreiten<br />

der Erkrankung durch antioxidative,<br />

antientzündliche und die<br />

Mitochondrienfunktion unterstützende<br />

Mikronährstoffe gestoppt oder zumindest<br />

gebremst werden kann. Es konnte<br />

sogar aufgezeigt werden, dass <strong>Vitalstoffe</strong><br />

wie Coenzym Q10, Acetyl-L-Carnitin,<br />

Omega-3-Fettsäuren und Lutein die<br />

Sehfähigkeit bei bereits bestehender<br />

AMD deutlich verbessern können.<br />

H +<br />

H +<br />

H +<br />

H +<br />

e<br />

Cyt C<br />

Komplex<br />

Q10<br />

Komplex<br />

e Komplex<br />

Komplex<br />

I e e<br />

e III<br />

IV<br />

V<br />

Komplex<br />

II<br />

NADH NAD+<br />

O 2 2H 2 O<br />

Succinat Fumarat<br />

ADP+P ATP +H<br />

H +<br />

H +<br />

H +<br />

H + 2 O<br />

Abb. 2: Über die Atmungskette wird die<br />

Energie aus unserer Nahrung genutzt, um<br />

Elektronen über die innere Mitochondrienmembran<br />

zu pumpen. An Komplex V wird<br />

der Protonengradient abgebaut und die<br />

freiwerdende Energie genutzt um ATP, den<br />

Energieträger der Zelle zu regenerieren.<br />

H + Superoxidradikale<br />

. H +<br />

O - 2<br />

Komplex<br />

Q10 e<br />

Q10<br />

Komplex<br />

I e e<br />

e III<br />

Komplex<br />

II<br />

NADH NAD+<br />

Succinat Fumarat<br />

H +<br />

.<br />

O - H + 2<br />

.<br />

O - 2<br />

Komplex<br />

IV<br />

N<br />

A2E<br />

OH<br />

Abb. 3: Eine Komponente des Lipofuszins,<br />

A2E hemmt die Übertragung von Elektronen<br />

in der mitochondrialen Atmungskette. Dadurch<br />

werden vermehrt Elektronen auf Sauerstoff<br />

übertragen. Es entstehen Sauerstoffradikale,<br />

die Membranstrukturen und Atmungskettenkomplexe<br />

schädigen.<br />

April <strong>2022</strong><br />

55


V italstoffe<br />

Coenzym Q10<br />

Coenzym Q10 (Ubiquinon) ist ein Chinon<br />

mit einer, aus 10 Isopreneinheiten<br />

bestehenden Seitenkette, das Elektronen<br />

zwischen den Atmungskettenkomplexen<br />

überträgt und die Energiebildung verbessern<br />

kann. Daneben ist Coenzym Q10<br />

ein fettlösliches Antioxidans, das sich in<br />

zelluläre und mitochondriale Membranstrukturen<br />

einfügt und diese vor Radikalinduzierten<br />

Schäden schützt. Coenzym<br />

Q10 kann andere Antioxidantien wie Vitamin<br />

C und Vitamin E regenerieren, die<br />

dadurch ebenfalls vermehrt freie Radikale<br />

abfangen können. Dadurch kann Coenzym<br />

Q10 sowohl in direkter als auch<br />

in indirekter Weise körpereigene Strukturen<br />

vor oxidativen Schäden schützen.<br />

Aufgrund der erhöhten oxidativen Belastung<br />

weist die Netzhaut eine relativ hohe<br />

Coenzym-Q10-Konzentration auf. Die<br />

Spiegel nehmen jedoch mit zunehmendem<br />

Alter deutlich ab (Abb. 4).<br />

Durch den abnehmenden Coenzym-Q10-<br />

Gehalt verringert sich die antioxidative<br />

Kapazität des Gewebes, während<br />

die Belastung durch Sauerstoffradikale<br />

zunimmt. Die positive Wirkung einer<br />

Coenzym-Q10-Supplementation konnte<br />

in einer klinischen Studie bestätigt werden,<br />

in der 106 Teilnehmer mit AMD<br />

entweder eine Nahrungsergänzung mit<br />

Acetyl-L-Carnitin, Omega-3-Fettsäuren<br />

Coenzym Q10-Gehalt (nmol/g Trockengewicht)<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

≤ 10 Jahre<br />

Gehalt Netzhaut<br />

Gehalt Aderhaut<br />

≥ 90 Jahre<br />

Abb. 4: Der Coenzym-Q10-Gehalt der Netzhaut<br />

und der unter der Netzhaut liegenden<br />

Aderhaut nimmt mit zunehmendem Alter ab.<br />

und Coenzym Q10 erhielten oder ein<br />

Placebo. Während sich die Sehleistung<br />

in der Placebogruppe in den folgenden<br />

12 Monaten deutlich verschlechterte,<br />

konnte bei den Teilnehmern der Verumgruppe<br />

eine signifikante Verbesserung<br />

der visuellen Funktionen herausgestellt<br />

werden (3).<br />

Acetyl-L-Carnitin<br />

Carnitin wird aus den Aminosäuren Lysin<br />

und Methionin gebildet und spielt<br />

eine essentielle Rolle beim Transport<br />

langkettiger Fettsäuren in die Mitochondrien.<br />

In acetylierter Form kann<br />

Carnitin die Zellmembranen leichter<br />

passieren und im Zellinneren wirken.<br />

Acetyl-L-Carnitin verbessert die mitochondriale<br />

Energiebildung und reduziert<br />

die Ablagerung von Lipofuszin,<br />

indem es die Verstoffwechslung von<br />

Fetten fördert. Bei AMD kann die Supplementation<br />

zusammen mit Coenzym<br />

Q10 und Omega-3-Fettsäuren visueller<br />

Parameter signifikant verbessern und<br />

das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen<br />

(3).<br />

Omega-3-Fettsäuren<br />

Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure<br />

(DHA) sind mehrfach<br />

ungesättigte Fettsäuren, die zur Gruppe<br />

der Omega-3-Fettsäuren gehören und<br />

strukturelle Bestandteile der Zellmembranen<br />

bilden. Im Auge ist DHA in hoher<br />

Konzentration in den Außensegmenten<br />

der Photorezeptorzellen eingelagert.<br />

Omega-3-Fettsäuren beeinflussen die<br />

Membranfluidität und die Funktion<br />

membranassoziierter Proteine in günstiger<br />

Weise. Die Membranen der Blutkörperchen<br />

werden dadurch beweglicher.<br />

Sie können die engen Kapillaren unserer<br />

Blutgefäße leichter passieren und<br />

die Sauerstoffversorgung des Gewebes<br />

verbessern. Bei AMD kann eine Nahrungsergänzung<br />

mit Omega-3-Fettsäuren<br />

die antioxidative Kapazität deutlich<br />

steigern. Eine klinische Studie mit 172<br />

Teilnehmern konnte zudem einen positiven<br />

Einfluss auf die optische Dichte des<br />

Makulapigments sowie eine signifikant<br />

günstige Wirkung auf die Blutfettwerte<br />

herausstellen (4).<br />

Lutein<br />

Die Carotinoide Lutein und Zeaxanthin<br />

werden in hohen Konzentrationen<br />

in die Makula eingelagert. Sie filtern<br />

große Anteile des energiereichen blauvioletten<br />

Lichts heraus und dienen als<br />

eine „natürliche Sonnenbrille“, die den<br />

schädlichen Einfluss der Strahlung abmildert.<br />

Bei vermindertem Carotinoidgehalt<br />

in der Makula kommt es sowohl<br />

zu einer verstärkten Schadwirkung der<br />

Lipofuszinablagerungen als auch zu<br />

einer erhöhten Lichtbelastung, die die<br />

blauempfindlichen Sehzellen besonders<br />

betrifft. Bei AMD fällt daher die Wahrnehmung<br />

von Blau und Violett zuerst<br />

aus. Der Farbeindruck verlagert sich in<br />

Richtung grau bis braun. Es konnte herausgestellt<br />

werden, dass niedrige Carotinoid-Konzentrationen<br />

in der Makula<br />

an der Entstehung der AMD ursächlich<br />

beteiligt sind und entsprechende Augenschäden<br />

mit Vorlaufzeiten im Bereich<br />

von 20 Jahren voraussagen können (5).<br />

Das Makulapigment Lutein muss mit der<br />

Nahrung aufgenommen werden, da es<br />

vom Körper nicht aus anderen Carotinoiden,<br />

wie z.B. β-Carotin, gebildet werden<br />

kann. Das strukturverwandte Carotinoid<br />

Zeaxanthin kann dagegen bei Bedarf aus<br />

Lutein hergestellt werden. Eine neuere<br />

Übersichtsarbeit, die die Daten von mehr<br />

als 900 Teilnehmern mit AMD auswertete,<br />

konnte deutliche Verbesserungen<br />

hinsichtlich Sehschärfe und Kontrastsensitivität<br />

aufzeigen. Demnach erhöht<br />

eine Supplementation von Lutein den<br />

Pigmentgehalt der Makula in dosisabhängiger<br />

Weise (6).<br />

Verbesserung der<br />

Bioverfügbarkeit durch<br />

Phospholipide<br />

Coenzym Q10 und Lutein sind kaum<br />

wasserlöslich und weisen auch in Fetten<br />

lediglich eine geringe Löslichkeit auf.<br />

Die Wirkstoffe neigen dazu, im Magen-<br />

Darm-Trakt zu agglomerieren, wenn sie<br />

in Form von Pulverkapseln oder Tabletten<br />

supplementiert werden. Dies führt<br />

dazu, dass nur Moleküle an der Oberfläche<br />

der Agglomerate in die Enterozyten<br />

des Dünndarms aufgenommen werden<br />

können, während der überwiegende Teil<br />

56


Augengesundheit<br />

den Körper unverändert passiert. Eine<br />

entscheidende Verbesserung der Bioverfügbarkeit<br />

kann jedoch durch Emulsionen<br />

mit natürlichen Phospholipiden<br />

(Lecithin) erzielt werden, in denen die<br />

Wirkstoffe in kleinsten, mit Lecithin umhüllten<br />

Tröpfchen vorliegen (Abb. 5). Lecithin<br />

bildet ebenfalls einen natürlichen<br />

Bestandteil der Gallenflüssigkeit, der die<br />

Aufnahme von Nahrungsfetten und fettlöslichen<br />

Nährstoffen erleichtert. Eine<br />

Crossover-Studie konnte aufzeigen, dass<br />

die Bioverfügbarkeit von Coenzym Q10<br />

durch eine entsprechende Formulierung<br />

um den Faktor fünf verbessert werden<br />

kann (7).<br />

2<br />

1<br />

3<br />

Enterozyt<br />

6<br />

5<br />

4<br />

Literatur:<br />

(1) Brandl, C., Stark, K. J., et al., Der<br />

Ophthalmologe, 113(9), 735-745 (2016)<br />

(2) Suter, M., Remé, C., et al., Journal of<br />

Biological Chemistry, 275(50), 39625-<br />

39630 (2000)<br />

(3) Feher, J., Kovacs, B., et al., Ophthalmologica,<br />

219(3), 154-166 (2005)<br />

(4) Arnold, C., Winter, L., et al., JAMA<br />

ophthalmology, 131(5), 564-572 (2013)<br />

(5) Arunkumar, R., Calvo, C. M., et al.,<br />

Eye, 32(5), 992-1004 (2018)<br />

(6) Feng, L., Nie, K., et al., PloS one,<br />

14(12) (2019)<br />

(7) Wajda, R., Zirkel, J., et al., Journal<br />

of medicinal food, 10(4), 731-734<br />

(2007)<br />

(8) Hyman, L., Neborsky, R., Current<br />

opinion in ophthalmology, 13(3), 171-<br />

175 (2002)<br />

(9) Rochtchina, E., Wang, J. J., et al.,<br />

American journal of ophthalmology,<br />

143(2), 344-346 (2007)<br />

7<br />

Abb. 5: Verbesserung der Bioverfügbarkeit von Coenzym Q10 durch Formulierung mit Lecithin:<br />

Coenzym Q10 wird mit natürlichem Lecithin in ultrakleine Tröpfchen verpackt [1]. Die Aufnahme<br />

des Coenzyms beginnt bereits im Mund über die Mundschleimhaut [2]. Die Lecithinhülle schützt<br />

Wirkstoffe vor der rauen Umgebung des Magens [3]. Lecithin stellt einen natürlichen Bestandteil<br />

der Gallenflüssigkeit dar, der die Verdauung von Nahrungsfetten und fettlöslichen Nährstoffen<br />

erleichtert [4]. Das vorverpackte Coenzym Q10 kann von den Enterozyten des Dünndarms wesentlich<br />

besser aufgenommen werden [5]. In den Enterozyten werden fettlösliche Nährstoffe mit<br />

Hilfe von Lecithin in Chylomikronen bzw. Lipoproteine verpackt [6]. Zur systemischen Verteilung<br />

werden die Coenzym Q10-haltigen Chylomikronen in die Lymphe bzw. die Coenzym Q10-haltigen<br />

Lipoproteine ins Blut abgegeben [7].<br />

Fazit<br />

Die altersbedingte Makuladegeneration<br />

wird durch einen niedrigen Carotinoidgehalt<br />

der Makula begünstigt. Das<br />

Carotinoid Lutein kann den natürlichen<br />

Sonnenschutz des Auges verbessern<br />

und damit die Schadwirkung des Lichts<br />

und die lichtinduzierte Bildung von<br />

Sauerstoffradikalen vermindern. Antioxidantien<br />

wie Coenzym Q10 können<br />

die Neutralisationskapazität für Sauerstoffradikale<br />

erhöhen und zum Schutz<br />

des Auges beitragen. Coenzym Q10<br />

zeichnet sich neben seiner antioxidativen<br />

Wirkung dadurch aus, das es die Funktion<br />

der Atmungskette verbessert und zur<br />

Energiebildung beiträgt. Als Risikofaktoren<br />

für die AMD gelten neben einer<br />

geringen Aufnahme von Lutein mit der<br />

Nahrung Rauchen und Bluthochdruck<br />

(8). Daneben konnten auch erhöhte<br />

Konzentrationen des toxischen Stoffwechselintermediats<br />

Homocystein bzw.<br />

erniedrigte Vitamin B12-Spiegel als Risikofaktoren<br />

herausgestellt werden (9).<br />

Autor:<br />

Philipp Gebhardt berät Heilpraktiker,<br />

Ärzte und Apotheker im Bereich der<br />

komplementären und alternativmedizinischen<br />

Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln.<br />

Als freier Autor<br />

schreibt er Fachbeiträge zu den Themen<br />

Ernährung und Gesundheit.<br />

Philipp Gebhardt<br />

M.Sc. Lebensmitteltechnologie<br />

Dipl.-Chemieingenieur (FH)<br />

p.gebhardt@mitotherapie.de<br />

April <strong>2022</strong><br />

57


Werden Sie jetzt Mitglied im Netzwerk für<br />

Gesundheitsförderung und Diätetik!<br />

• Gesundheitsförderung fördern<br />

• Aktiv einmischen und mitmachen<br />

• Immer aktuell und umfassend informiert<br />

Das Deutsche Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Diätetik e. V. macht<br />

sich seit 12 Jahren eine effektivere Prävention stark. Die Fachgesellschaft fordert<br />

und fördert die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Berufsgruppen in der Gesundheitsförderung.<br />

Neumitglieder erhalten als Begrüßungsgeschenk zwei wertvolle Fachbücher:<br />

• Berufs- und Beratungspraxis für Diätassistenten und Ernährungswissenschaftler,<br />

Mainz Verlag<br />

• BASICS Ernährungsmedizin, Urban & Fischer Verlag/Elsevier Verlag<br />

Engagieren Sie sich für die Gesundheitsförderung sowie Diätetik und werden Sie jetzt<br />

Mitglied im Deutschen Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Diätetik e. V.<br />

Der Jahresbeitrag liegt bei 50,- Euro und schließt die kostenlose Belieferung mit fünf<br />

Fachzeitschriften (<strong>Vitalstoffe</strong>, Die Naturheilkunde, Bodymedia, Diabetes Forum und<br />

Diabetes, Herz und Stoffwechsel) ein. Zudem sind die Mitglieder kostenlos Mitglieder<br />

der renommierten Zentraleuropäischen Diabetes Gesellschaft (CEDA).<br />

Deutsches Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Diätetik e. V.<br />

c/o: PhDr. Sven-David Müller M. Sc., 1. Vorsitzender<br />

Fasanenstr.8, 38102 Braunschweig<br />

www.dkgd.de / Online-Beitritt unter http://www.dkgd.de/onlinebeitritt.html<br />

Impressum<br />

<strong>Vitalstoffe</strong><br />

Das Magazin für Mikronährstoffe<br />

und deren Wirkungen<br />

ISSN 2192-2632<br />

Verlag<br />

BK nutri network<br />

Altenfurter Str. 61<br />

90475 Nürnberg, Germany<br />

+49 (0)162 2 84 08 63<br />

bk@nutri-network.com<br />

www.nutri-network.com<br />

Verlagsleitung und Herausgeber<br />

Benno Keller<br />

Erscheinungsweise<br />

4 x jährlich, April, Juni, September, November<br />

Bezugspreis<br />

Einzelheft 12,- Euro<br />

Jahresabonnement<br />

Inland 40.- Euro (inkl. Porto und MWSt)<br />

Ausland 48.- Euro (inkl. Porto)<br />

Bankverbindung<br />

Commerzbank Nürnberg<br />

BLZ 760 400 61<br />

Konto-Nr. 053 315 0900<br />

IBAN DE92760400610533150900<br />

BIC COBADEFF760<br />

bestellt werden. Artikel, die namentlich gekennzeichnet<br />

oder durch ein Kürzel einem Autor zuzuordnen<br />

sind, geben nicht unbedingt die Meinung der<br />

Redaktion wieder.<br />

Unverlangt eingesandte Manuskripte können nicht<br />

zurückgeschickt werden. Wird ein Manuskript von<br />

der Redaktion angenommen, gehen Verlagsrecht<br />

sowie sämtliche Rechte zur Veröffentlichung und<br />

Verbreitung auf den Verlag über. Die Redaktion<br />

übernimmt bezüglich in diesen Beiträgen<br />

dargelegter Sachverhalte keine Haftung.<br />

Redaktion, Redaktionsbeirat<br />

Druck<br />

Dr. Stefan Siebrecht<br />

Herrmann Druck<br />

PhDr. Sven-David Müller, MSc.<br />

Bogenstraße 15<br />

Layout<br />

90513 Zirndorf<br />

Sabine Krauss<br />

Die in diesem Magazin enthaltenen Beiträge<br />

einschließlich der Abbildungen unterliegen dem<br />

Copy Editing<br />

Urheberrecht. Eine Verwendung ohne Zustimmung<br />

Carola Weise<br />

des Verlages ist nicht zulässig. Dies gilt für jede<br />

Mediaberatung<br />

erdenkliche Form der Vervielfältigung.<br />

Benno Keller<br />

Sonder- und Nachdrucke können gerne auf Anfrage<br />

+49 (0)162 2 84 08 63<br />

Die Mitglieder das Deutschen Kompetenzzentrums Gesundheitsförderung und Diätetik e.V.<br />

erhalten die Zeitschrift kostenlos im Rahmen Ihrer Mitgliedschaft.<br />

Diese Zeitschrift können Sie jederzeit<br />

abonnieren. Der Jahresbezugspreis für<br />

4 Ausgaben, z. B. April bis November,<br />

beträgt in Deutschland € 40,- inkl. Porto<br />

und MWSt, im Ausland € 48,-<br />

Bitte mailen Sie an:<br />

bk@nutri-network.com


Connect with<br />

nutraceutical<br />

experts<br />

This year, Vitafoods Europe <strong>2022</strong> returns to its annual<br />

May slot in your diary. As it’s a hybrid event you’ll be<br />

able to join us in person and online to share ideas,<br />

see new products, source ingredients and innovate<br />

with an inspiring community of experts. This is your<br />

chance to connect with industry-leading buyers,<br />

suppliers and manufacturers from over 110 countries,<br />

so don’t miss it.<br />

Register for your free<br />

badge now and save €160*<br />

Geneva: 10-12 May<br />

Online: 2-13 May<br />

For more details visit<br />

vitafoods.eu.com<br />

*Onsite visitor registration will cost €160


Sehvermögen<br />

Okulärer Blutfluss<br />

Netzhautkapillaren<br />

Mit mehr als 160 klinischen<br />

Studien und über 450<br />

wissenschaftlichen<br />

Veröffentlichungen, ist<br />

Pycnogenol® einer der<br />

meist erforschten und<br />

sichersten Pflanzenextrakte<br />

der Welt.<br />

Klare Sicht mit<br />

Folgen Sie uns auf…<br />

www.pycnogenol.de<br />

*Für eine vollständige Liste der klinischen Studien und weitere Informationen besuchen Sie bitte unsere Website: www.pycnogenol.de<br />

Pycnogenol ® Französischer Meereskiefernrindenextrakt ist ein eingetragenes Warenzeichen von Horphag Research.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!