01.06.2022 Aufrufe

Festschrift 10 Jahre Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst Bonn

Den Familien nahe sein — kurze Wege — eine Begleitung entlang der Bedürfnisse. Das ist Anspruch des Deutschen Kinderhospizvereins, zu dem auch der Ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst Bonn gehört. Seit über 10 Jahren steht jungen Menschen mit lebensverkürzender Erkrankung und ihren Familien in der Stadt Bonn und darüber hinaus eine ambulante Kinder- und Jugendhospizbegleitung zur Verfügung.

Den Familien nahe sein — kurze Wege — eine Begleitung entlang der Bedürfnisse. Das ist Anspruch des Deutschen Kinderhospizvereins, zu dem auch der Ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst Bonn gehört.
Seit über 10 Jahren steht jungen Menschen mit lebensverkürzender Erkrankung und ihren Familien in der Stadt Bonn und darüber hinaus eine ambulante Kinder- und Jugendhospizbegleitung zur Verfügung.

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10 Jahre

F E S T S C H R I F T

10 Jahre Ambulanter Kinderund

Jugendhospizdienst Bonn

www.akhd-bonn.de


10 Jahre an der Seite

der Familien

2 012 — 2022

Inhaltsverzeichnis

Grußworte ............................................................................................................................................................. Seite 4

10 Jahre AKHD Bonn — Rückblick und Ausblick ................................................................................... Seite 10

Chronik ................................................................................................................................................................... Seite 14

Mütterfrühstück ................................................................................................................................................ Seite 16

Vätertreff .............................................................................................................................................................. Seite 17

Gedenken .............................................................................................................................................................. Seite 18

1o.o2 — Tag der Kinderhospizarbeit .......................................................................................................... Seite 19

Das AKHD-Alphabet ........................................................................................................................................... Seite 20

Fotoprojekt Mütter ......................................................................................................................................... Seite 21

Kinderzitate ......................................................................................................................................................... Seite 22

Beitrag eines Geschwisters ........................................................................................................................... Seite 23

Beiträge von Eltern ........................................................................................................................................... Seite 24

Beiträge von Ehrenamtlichen ....................................................................................................................... Seite 39

Redaktion:

Angela Dröge, Fee Hemmrich, Brigitte Huke, Thomas Meier Stand: Mai 2022

2


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GRUSSWORT

zum 10-jährigen Bestehen

des Ambulanten Kinder- und

Jugendhospizdienstes Bonn

Den Familien nahe sein — kurze Wege — eine Begleitung

entlang der Bedürfnisse. Das ist Anspruch des

Deutschen Kinderhospizvereins, zu dem auch der Ambulante

Kinder- und Jugendhospizdienst Bonn gehört.

Martin Gierse,

Geschäftsführer

Deutscher Kinderhospizverein e.V. *

Seit über 10 Jahren steht jungen Menschen mit lebensverkürzender

Erkrankung und ihren Familien in der

Stadt Bonn und darüber hinaus eine ambulante Kinderund

Jugendhospizbegleitung zur Verfügung.

10 Jahre, in denen betroffene Familien

Unterstützung erfahren.

10 Jahre, in denen sie mit ihrer

Lebenssituation nicht allein sind.

10 Jahre, in denen ehrenamtlich Mitarbeitende

bereit sind, das Leben von jungen Menschen,

Geschwistern und Eltern zu begleiten … aber auch

das Sterben und die Zeit danach.

* Geschäftsführer im Deutscher Kinderhospizverein e.V.

von 11/2009 - 05/2022

War davor nicht schon was? Ja! Denn die Familien

in der Region Bonn wurden davor von unserem Dienst

„Bonn/Rhein-Sieg“ in Siegburg begleitet. Mit einem

eigenen Standort in Bonn haben sich die Wege für

Familien und ehrenamtlich Mitarbeitende stark

verkürzt. Mehr Familien können begleitet werden und

eine gute regionale Vernetzung ist möglich.

4


An der Reuterstraße begegnen sich heute Familien.

Sie tauschen sich aus, vernetzen sich und sind mit

ihrer Lebenssituation nicht allein. Sie finden einen

Raum, in dem sie nicht bemitleidet, bevormundet

oder „therapiert“ werden. Hier können sie mit anderen

Eltern und uns darüber reden, was sie bewegt.

Die vielen ehrenamtlich Mitarbeitenden wurden hier

auf ihre Aufgabe vorbereitet und werden von den

Koordinationsfachkräften Angela Dröge, Fee Hemmrich

und Brigitte Huke in ihrer herausfordernden Tätigkeit

professionell begleitet und unterstützt.

Die aktuell über 60 ehrenamtlichen Begleiter*innen

sind bereit ihre Zeit zu schenken und das Leben mit

aller Trauer, Freude, allem Schmerz und allem Lebensmut

zu begleiten. Sie hören zu, informieren, vermitteln

und sind auch in schwierigen Zeiten an der Seite

der Familien.

Ich wünsche dem Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst

Bonn,

dass die gelebte Haltung der Würde und Partnerschaftlichkeit

mit den Familien auch in den nächsten

10 Jahren gelebt wird,

dass sich weiterhin viele Menschen an die Seite der

Familien stellen und ihren Lebensweg begleiten,

dass Menschen, Firmen und Organisationen die Arbeit

auch weiterhin ideell und finanziell unterstützen und

sich für sie einsetzen,

dass sich die Zusammenarbeit mit Fachleuten der

Versorgung, Betreuung und Unterstützung weiterhin so

partnerschaftlich zum Wohle der Familien gestaltet.

Mein herzliches Dankeschön gilt allen Familien, die

uns ihr Vertrauen schenken, allen ehren- und hauptamtlichen

Mitarbeiter*innen, die unsere Arbeit mit

Leidenschaft und Tatkraft prägen, sowie den Unterstützer*innen,

die unsere Arbeit ermöglichen!

Herzlichen Glückwunsch zu 10 Jahren ambulanter

Kinder- und Jugendhospizdienst Bonn!

Martin Gierse,

Geschäftsführer Deutscher Kinderhospizverein e.V.*

5


GRUSSWORT

der Oberbürgermeisterin

der Stadt Bonn

Katja Dörner,

Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn

(c) Schafgans DGPh

Begonnen als ein kleiner Kreis engagierter Menschen,

die die Ideen des Ambulanten Hospizdienstes für

Kinder und Jugendliche in Bonn umsetzen wollten, ist

der Ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst (AKHD)

Bonn innerhalb von zehn Jahren zu einer wichtigen Anlaufstelle

geworden für Kinder, Jugendliche und junge

Erwachsene, die eine lebensverkürzende Erkrankung

haben, sowie deren Eltern und Geschwister. Im Namen

der Stadt Bonn gratuliere ich dem AKHD Bonn sehr

herzlich zu seinem zehnjährigen Bestehen.

Alle Angebote des Vereins sind aus den Bedürfnissen

und dem Erfahrungswissen der betroffenen Familien

heraus entstanden und werden gemeinsam mit ihnen

weiterentwickelt. Das Angebot reicht von Beratungsgesprächen

über Begegnungsmöglichkeiten bis hin zur

Begleitung der Familien.

6


Die Begleitung findet oft schon ab dem Tag der

Diagnose statt, möglichst bei den Familien zu Hause

und dauert oftmals über den Tod hinaus.

Im Einsatz sind neben den hauptamtlichen Kräften

viele ehrenamtlich Mitarbeitende, die einen qualifizierten

Vorbereitungskurs erhalten.

Die Unterstützung, die der Ambulante Kinder- und

Jugendhospizdienst mit seinen haupt- und ehrenamtlich

Mitarbeitenden leistet, bereichert die soziale

Landschaft in Bonn. Ihre Angebote sind aus der

Betreuung und Begleitung chronisch und unheilbar

erkrankter Kinder und Jugendlicher in unserer Stadt

nicht mehr wegzudenken. Für die sicherlich nicht

immer leichte Arbeit möchte ich allen Mitarbeitenden

von Herzen und mit Respekt und Anerkennung danken.

Ihre

Katja Dörner

7


GRUSSWORT

des Schirmherrn des AKHD Bonn

Liebe und Sicherheit.

Sebastian Pufpaff,

Schirmherr des Ambulanten Kinder- und

Jugendhospizdienstes Bonn

(c) Manuel Berninger

Die Welt zeigt uns mal wieder, wie brutal der Mensch

doch sein kann und führt uns so mit aller Einfachheit

vor Augen, worauf es doch eigentlich ankommt im

Leben: Liebe und Sicherheit.

Es wird immer irgendwelche Knallköpfe und Narzissten

geben, die uns humanistisch auf die Probe stellen,

doch glücklicherweise sind sie leicht zu erkennende,

männliche Ausnahmen.

Liebe und Sicherheit also.

So einfach und banal, so eingängig wie romantisch,

so selbstverständlich und einleuchtend diese Wünsche

doch klingen, das Erfüllen der beiden Sehnsüchte

scheint die größte Herausforderung unserer modernen,

digitalen Gesellschaft zu sein.

Warum ist dem so?

Weil wir vergessen. Weil wir uns ablenken lassen.

Weil wir uns manchmal aufgrund unserer Umwelt und

unseres Umfelds in einer Schockstarre befinden, die

uns überfordert und lähmt und uns zurückziehen lässt.

Genau dann braucht es Mutige, die uns zeigen, dass

es auch anders geht. Glücklicherweise gibt es noch

immer Menschen, die mit all ihrer Tatkraft und

Leidenschaft versuchen, den Wünschen nach Liebe

und Sicherheit gerecht zu werden.

8


Wohlwissend, dass sie nicht immer erfüllt werden

können, aber stets in bester Hoffnung darauf, dass

allein der Weg dahin, ein kleines Glück sein kann.

Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer des AKHD

Bonn, sie bringen Liebe und Sicherheit zurück in die

Familien, durch das Schaffen von Momenten, die

Abnahme von Verantwortung, das Ermöglichen von

Freizeit, das Teilen von Sorgen oder dem Schenken

von Aufmerksamkeit und vielem, vielem mehr.

Danke, liebe Unterstützerinnen und Unterstützer für

Ihren Einsatz! Danke für Euren Mut und Eure Energie!

Nicht jeder Mensch ist für diese Aufgabe gemacht und

deshalb gebührt Euch umso mehr der Dank und die

Anerkennung von uns allen.

10 Jahre AKHD Bonn heißt 10 Jahre voller solcher

Momente, die zeigen, dass ein gutes Leben losgelöst

von Lebensdauer und Sorglosigkeit existiert.

Ich möchte in tiefer Verbundenheit und Dankbarkeit

Ihnen zu den letzten 10 Jahren gratulieren und

wünsche mir noch viele weitere Jahrzehnte dieses

Mutes.

Danke, Danke, Danke und vor allem wünsche ich

auch Ihnen ein Leben voller Liebe und Sicherheit,

Ihr

Sebastian Pufpaff

Dank Eures Einsatzes, schafft ihr Momente der

Zuversicht, Inseln der Freiheit und Augenblicke des

Aufatmens.

Jedes verspürte Lächeln, die Leichtigkeit einer kurzen

Auszeit, hat die Möglichkeit, eine kleine Unendlichkeit

voll Liebe und Sicherheit zu sein, in der Betroffene,

Verwandte und Freunde sich aufgehoben fühlen und

Freiheit verspüren.

9


Das Team des AKHD Bonn: Thomas Meier,

Brigitte Huke, Fee Hemmrich und Angela Dröge (v.l.)

10 Jahre AKHD Bonn —

Rückblick und Ausblick

Ein Jubiläum lädt ein, zurückzuschauen.

Wie sind wir gestartet?

Was hat sich entwickelt?

Vor 10 Jahren „schlüpfte“ der AKHD Bonn aus den

Schuhen des AKHD Rhein-Sieg und wurde mit tatkräftiger

Unterstützung von zehn Familien und acht Ehrenamtlichen

in der Reuterstr. 161 auf den Weg gebracht.

Seitdem ist viel passiert!

Dank eines guten Bonner Netzwerkes wurden wir

bekannter und zahlreiche Familien fanden zu uns.

Wir begleiten aktuell fast 30 Familien und halten zu

weiteren 25 Kontakt.

Außerdem freuen wir uns sehr, wie viele Bonner

Bürger*innen immer wieder beweisen, dass unsere

Gesellschaft solidarisch ist, indem sie unseren Dienst

großzügig mit Spenden unterstützen oder ihre Zeit

schenken. Viele scheuen die umfangreiche Ausbildung

nicht, so dass die jährlichen Qualifizierten Vorbereitungskurse

stets ausgebucht sind und das Team

mittlerweile 60 aktive Ehrenamtliche zählt.

10


Neben den Begleitungen in den Familien bringen sich

die Ehrenamtlichen vielfältig ein, machen sich

Gedanken, wie sie Begegnungsangebote kreieren

können, stehen für die Öffentlichkeitsarbeit bereit und

sichern unsere Arbeit oft als „gute Hintergrundgeister“.

Es werden regelmäßig Mütter zum gemeinsamen

Frühstück, Väter zum abendlichen Beisammensein

eingeladen, Sommerfeste gestaltet und für die Kinder

und Jugendlichen verschiedene Aktionen, wie basteln,

backen, musizieren angeboten.

Wir möchten uns bei allen Ehrenamtlichen bedanken!

Sie sind die Säulen unserer Arbeit — sie packen an,

denken mit, geben dem AKHD Bonn ein Gesicht und

füllen die Arbeit mit Leben.

Ganz besonders danken wir jedoch den Familien!

Für die Offenheit und Bereitschaft, Unterstützung

zuzulassen. Die Familien vertrauen den Ehrenamtlichen

das Kostbarste ihres Lebens an, ihre Kinder. So können

wunderbare Begegnungen entstehen.

Ausgehend von den Wünschen der Familien verfolgen

wir weitere Vorhaben:

Regelmäßige Wanderungen für die Familien und ein

Angebot für trauernde Eltern starten im Jahr 2022,

eine Geschwistergruppe ist in Planung.

Der Arbeitskreis für Öffentlichkeitsarbeit wird weiter

Ideen entwickeln und sich einsetzen, damit die Themen

rund um die Kinderhospizarbeit einen Platz im Bewusstsein

der Bonner Bürger*innen bekommen.

Die Gesellschaft soll erfahren, wie intensiv in den

Familien GELEBT und gelacht wird, dass Krisen und

Freude oft Hand in Hand gehen, Lebensqualität nicht

ausschließlich von Gesundheit abhängt, manchmal

anders, dafür umso berührender entdeckt werden

kann. Wir können alle so viel von den jungen Menschen

lernen.

Wir sollten darüber sprechen und bestehende Tabus

bezüglich der Themen Tod und Sterben aufheben — sie

gehören zum Leben!

Angela Dröge

Koordinationsfachkraft

Fee Hemmrich

Koordinationsfachkraft

Brigitte Huke

Koordinationsfachkraft

Thomas Meier

Öffentlichkeitsarbeit

11


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Chronik

Gründung

des AKHD

Bonn

24. März

2012

• Eröffnung des AKHD Bonn

• Kontakt zu 10 Familien

• 8 Ehrenamtliche

• Erster Qualifizierter

Vorbereitungskurs

• Erstes Mütterfrühstück

• Einstellung einer

2. Koordinationsfachkraft

• Wechsel in der

Koordination

und Erhöhung

des Stundenumfangs

2012 2013 2014 2015 2016

• Erstes

Sommerfest

• Erstes Ehrenamts-

Wochenende

• Erste Teilnahme am

Weltkindertag

14


• Erstes Backen

und Basteln mit Kindern

• Corona

• Einführung digitaler

Formate

• Wir feiern

unser

10-jähriges

Bestehen

• Kontakt zu mehr

als 50 Familien

• 60 Ehrenamtliche

2017 2018 2019 2020 2021 2022

• Feier unseres

5-jährigen Bestehens

in der Kath. Familienbildungsstätte

Bonn

• Kontakt zu fast

40 Familien

• 47 Ehrenamtliche

• Erster Vätertreff

• Einstellung einer

dritten Koordinationsfachkraft

• Einführung

unseres

Schirmherrn

Sebastian Pufpaff

• Verleihung des

Ehrenamts-Preises

2021 durch die

Tenten-Stiftung

Bonn

15


Mütterfrühstück

Das Mutterfrühstück organisieren wir — Anna, Tina,

Heike und Helen — nun schon seit Februar 2014 mit

viel Freude. In regelmäßigen Abständen treffen wir

uns zum gemeinsamen Frühstücken, Basteln und gemütlichen

Beisammensein und tauschen uns in dieser

geschützten Atmosphäre über alle möglichen Gedanken,

Gefühle, Sorgen, Ängste und Erinnerungen aus.

Es gibt viele Momente, in denen wir miteinander

lachen können, aber auch Momente, in denen wir

miteinander weinen und uns gegenseitig stützen

können, wodurch auch schon so manche Freundschaften

entstanden sind.

In Zeiten von Corona waren unsere Kontakte auf vielen

Ebenen leider reduzierter, als wir es uns gewünscht

haben. Aber unsere Hoffnung bleibt natürlich, dass

im nächsten Jahr alles wieder besser wird.

Helen Hemmerling (Ehrenamtliche)

Schon seit vielen Jahren lädt ein Team von vier ehrenamtlichen

Mitarbeiterinnen viermal im Jahr zu einem

Mütter- und Frauenfrühstück ein.

An einem liebevoll und mit zahlreichen Leckereien

eingedeckten Tisch trifft sich eine nette Runde mit

bekannten und neuen Gesichtern und es schmeckt einfach

köstlich. Nebenher ergibt sich ein reger Erfahrungsaustausch,

es wird Mut gemacht und getröstet.

Fast ein Geheimtipp ist schon die traditionelle Bastelaktion

gegen Ende der Frühstücksrunde. Kaum ist das

letzte Brötchen geschmiert, raschelt es schon verdächtig

am Nebentisch, bunte Perlen tauchen auf, glitzernde

Fäden glänzen, Gläser warten auf Verzierung,

Papiertüten möchten ein neues Outfit. Ich gebe ganz

offen zu, dass basteln ganz und gar nicht zu meinen

Lieblingsbeschäftigungen gehört, aber ich habe mich

immer wieder von Annas unerschöpflichem Ideenreichtum

mitreißen lassen, um mit ganz einfachen Mitteln

herrliche Dinge zu zaubern. Und im Laufe der Jahre

hat die eine oder andere Idee sogar schon den Kindergeburtstag

gerettet!

Danke Anna! Danke Heike! Danke Helen! Danke Tina!

Dorothea Rose (Mutter)

16


Vätertreff

Schon seit einigen Jahren trafen sich die Mütter regelmäßig

zum Frühstück. Und was war mit den Vätern?

Kein Interesse? Oder nur kein Angebot? Letzteres

wollten wir — Philipp, Jürgen und ich — zumindest mal

bieten, als sich am 13.3.2019 erstmals eine Handvoll

Väter zum Austausch in den Büroräumen des AKHD

traf. Natürlich standen zunächst einmal die Kinder im

Vordergrund der Gespräche, aber ganz schnell wurden

auch Tipps ausgetauscht, wie Bezugsquellen für

einen Euro-WC-Schlüssel für die Autobahn-Raststätten,

Rollstuhl-Beladung über Heckklappe oder Schiebetür,

Erfahrungsberichte über Familien- oder Väter-Seminare,

etc. Für das leibliche Wohl sorgte die Pizza

unseres Lieblings-Lieferdienstes.

Drei- bis viermal im Jahr treffen wir uns zwanglos und

zumeist ohne Agenda — „et kütt, wie et kütt“ (Rheinisches

Grundgesetz, Art. 2). Zwangsläufig hatten auch

wir unsere virtuelle Phase, die Peter dann mit kreativen

Online-Spielen auflockerte.

Rundum gelungen fanden aber auch alle unseren

Spaziergang durch die Oberdollendorfer Weinberge mit

anschließendem Absacker im Gut Sülz, was in Corona-

Zeiten eine angenehme Alternative zu den bisherigen

„Indoor“-Aktivitäten war. Auch der „Jahresabschluss

2021“ mit Lagerfeuer in der Bonner Rheinaue hat Spaß

gemacht. Und vielleicht gehen wir ja auch nochmal

eine längere Wanderung oder eine Radtour an.

Thomas Meier

17


Du bist nicht mehr dort, wo du warst.

Aber du bist überall, wo wir sind.

Victor Hugo

Joshua Hart-Buchholz

*03.08.2000 † 31.07.2013

Hasan Sahin

*30.04.2009 † 01.10.2013

Patrick Büscher

*24.04.1995 † 11.08.2015

Sara Chouari

*05.12.2008 † 06.11.2015

Jonas Eder

*14.10.1998 † 15.04.2016

Linn Emmi Uelner

*05.04.2002 † 19.11.2016

Julia Donath

*14.01.2011 † 17.12.2016

Florian Hörnig

*09.09.2003 † 25.03.2017

Mati Mahlstedt

*02.03.2015 † 18.07.2017

Benjamin Dietsche

*24.05.2000 † 11.10.2017

Neo Haselhuhn

*12.08.2013 † 20.01.2019

Kim Drößler

*15.11.1999 † 14.12.2019

Mira Krögerrecklenfort

*05.03.2019 † 06.03.2020

Chawan Syan

*20.01.2006 † 14.08.2020

Emely Daun

*16.01.2013 † 11.05.2022

Yasin Elnatareny

*01.04.1999 † 27.05.2022

… und alle anderen, die wir in den letzten 10 Jahren begleiten durften.

18


1o.o2 —

Tag der Kinderhospizarbeit

Der Tag der Kinderhospizarbeit wurde am 1o.o2.2006

vom Deutschen Kinderhospizverein e.V. ins Leben

gerufen.

Auch der AKHD Bonn feiert diesen Tag alljährlich mit

unterschiedlichen Aktionen an verschiedenen Orten.

Ob in der Christophorus Schule, beim TÜV, in der

Thalia Buchhandlung am Bonner Markt oder im Kulturzentrum

der Beueler Brotfabrik — überall machten wir

bunt und kreativ auf die Themen der Kinderhospizarbeit

aufmerksam, um das Thema „Tod und Sterben

von jungen Menschen“ zu enttabuisieren.

Ein wichtiges Symbol für Solidarität mit den

betroffenen Familien ist das „Grüne Band“.

Im Rahmen der Veranstaltungen wurden Bonner

Bürger*innen eingeladen, die Bänder als Zeichen der

Verbundenheit z.B. an Fenstern, Autoantennen oder

Bäumen zu befestigen.

Und was geschah in den Corona-Jahren?

Merkmal der Kinder- und Jugendhospizarbeit ist es,

sich von Einschränkungen nicht abschrecken zu lassen,

sondern neue Wege zu suchen.

Das galt auch für den 1o.o2!

Viele Gebäude in Bonn und in vielen anderen Städten

leuchteten grün, zogen Blicke auf sich und schenkten

dem Tag optisch eine besondere Aufmerksamkeit.

In den sozialen Medien konnte der Tag durch

gemeinsame Gestaltung jung und vielfältig

präsentiert werden.

Dieser Tag wird spannend bleiben und hoffentlich

immer bekannter werden!

19


Das AKHD-Alphabet

A

B

C

D

E

F

G

H

I

J

K

L

M

N

O

P

Alltag

Begleitung

Chance

Deutscher Kinderhospizverein e.V.

Ehrenamt

Familien

Geschwister

Hospizgedanke

Inklusion

Junge Menschen mit

lebensverkürzender Erkrankung

Kerzen

Leben

Mütterfrühstück

Nähe

Offenheit

Partnerschaftlichkeit

Q Qualifizierungskurs

R Regenbogen

S Sterne

T Trauer

U Unterstützung

V Vätertreff

W Wünsche

X „10“

Y You

Z Zeit

20


Fotoprojekt Mütter

„Mütter, die ihr ganzes Leben für ihr Kind einsetzen“*

Wenn Kinder lebensverkürzend erkranken, liegt die Hauptlast der Versorgung in der Regel bei den Müttern.

Nicht, dass es nicht auch Väter gäbe, die sich liebevoll um ihre Kinder kümmern, aber in dieser besonderen

Situation erfolgt in den meisten Familien ein Rückgriff auf das klassische Rollenmodell. Arztbesuche, Umgang mit

Krankenkassen, Recherche nach Fördermöglichkeiten, Finden der passenden Schule, häusliche Pflege erfordern

viel Zeit und Aufopferungsbereitschaft, mitunter bis zur Selbstaufgabe. Mit all der Liebe, die sie ihrem Kind entgegenbringen,

erleben sie vielfältige freudige Momente wie jede Mutter, und gleichzeitig ist ihre Situation mit

der Sorge um ihr Kind eine besondere Herausforderung. Nicht immer überstehen Partnerschaften die mit dem

Erfüllen der neuen Rollen verbundene Zusatzbelastung. Auch dann bleiben die erkrankten Kinder meistens bei

den Müttern.

Ihre Leistung aus der Unsichtbarkeit des Alltags hervorzuholen und respektvoll zu würdigen, ist das Ziel der auf

den folgenden Seiten gezeigten Porträts.

Projekthintergrund

Die Idee zu diesem Fotoprojekt entstand im Rahmen der Jubiläums-Vorbereitungen des Ambulanten Kinderund

Jugendhospizdienstes Bonn (AKHD), der 2022 unter dem Dach des Deutschen Kinderhospizvereins e.V.

seit 10 Jahren besteht.

Alle Mütter, zu denen der AKHD Kontakt hat, wurden um ihre Bereitschaft gefragt, sich für dieses Fotoprojekt

porträtieren zu lassen. Zehn Mütter haben diese Möglichkeit gerne wahrgenommen. Nach Vorbereitung durch

die Koordinationsfachkräfte wurden die Aufnahmen durch Lars Gode, Bruder einer Ehrenamtlichen und international

ausgezeichneter Hochzeitsfotograf, und Thomas Meier, Ehrenamtler und Öffentlichkeitsmitarbeiter

im AKHD Bonn und ambitionierter Hobbyfotograf, in Alltagssituationen durchgeführt. Die Fotografen stellten

den Müttern anschließend eine Vorauswahl der entstandenen Bilder zur Verfügung, aus denen in letzter

Instanz jede Mutter das Foto auswählte, mit dem sie sich am stärksten identifiziert. Jedes Foto wird mit

einem Zitat der Mutter wiedergegeben, das wahlweise eine Spontanäußerung oder auch ein Lebensmotto

wiedergibt.

*) Zitat einer Ehrenamtlichen

21


Neslihan Aslan beim Spaziergang mit ihrer Tochter

Wenn meine Hoffnung zu Ende ist,

ist

sie meine Kraft. Sie ist meine Prinzessin.“

22


Eva Donath am fünften Todestag ihrer Tochter, der zugleich Evas Geburtstag ist.

Ich stelle mir vor, dass jeder Mensch eine Engel-Stempelkarte hat.

Julia

hatte ihre bereits sehr früh gefüllt, sodass sie ein Engel wurde.“

23


Viktoria Subachieva Eid mit ihrem Sohn auf dem Weg zum Spielplatz

Albert Einstein hat gesagt: Das Leben ist wie Fahrrad

fahren:

Um die Balance zu halten, musst Du in Bewegung

bleiben.“

24


Margret Gasper mit ihrem Sohn im herbstlichen Garten

Wir verstehen uns auch ohne Worte.“

25


Helga Heinrichs mit einem Foto ihres viereinhalb Jahre zuvor verstorbenen Sohnes

Florian hat so viel gelacht.

Und

immer Quatsch gemacht mit Papa.“

26


Luisa Puttkamer spielt mit ihren Töchtern

Glückliche Momente genießen!“

27


Dorothea Rose bei einem Ausflug mit ihrer Tochter auf dem Reha-Tandem

Wir lieben unsere Ausflüge mit dem Reha-Tandem.

Da

fährt sogar ein störrischer Teenie mit.“

28


Jana S. bei der täglichen Physiotherapie ihres Sohnes

Es ist unser Alltag. Meistens ist er schön!“

29


Ellen Scheller entsichert den E-Rolli ihres Sohnes vor einem Kabarett-Besuch

Mit viel Liebe kann man alles schaffen.“

30


Andrea Zander malt mit ihrem Sohn

Durch Tim haben wir Leute kennengelernt,

die

wir sonst nie kennengelernt hätten.“

31


Kinderzitate

„Das ist Heike vom

Kinderhospizdienst — die ist NUR

für MICH da!“

„Du musst doch nicht fragen,

Du gehörst doch zur Familie!“

„Mit Erwachsenen kann ich im Museum nicht

machen, was ich will, die sind oft stur und

wollen, dass ich mache, was sie wollen —

aber mit dir kann ich das machen.“

„Mama, Du redest aber

nicht zu lange mit Monika,

die kommt zu MIR!“

„Ich habe Dich so vermisst!“

(nach Coronapause)

32


Ein Geschwisterbeitrag

Taha

Als Jugendlicher und Geschwister eines behinderten

Kindes machst du sehr oft schwierige Zeiten durch.

Du wirst sowohl in deiner Kindheit als auch in deinem

späteren Leben an die zweite Stelle gestellt, gewöhnst

dich aber schnell daran. Doch trotzdem fehlt es dir

sehr, im Mittelpunkt zu stehen. Durch die Unterstützung

des Deutschen Kinderhospizvereins konnte ich

damals, als ich klein war, schon Hilfe im Rahmen einer

Begleitung erhalten, welche mich auch in meinem

Leben und in meiner Erfahrung vorangebracht hat.

Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich damals sehr

wenig Zeit mit meinen Eltern verbringen konnte, da

diese mit der Betreuung und Pflege meines Bruders

beschäftigt waren.

Dafür hatte ich aber Zeit mit dem Begleiter Erich B.

Herr B. lehrte mich viele Dinge in meinem Leben.

Jeden Mittwoch traf ich ihn und konnte eine schöne

Zeit mit ihm verbringen. Mit dem Begleiter Herr B.

ging ich auch oft ins Museum und er zeigte mir Dinge,

die ich in meinem Leben noch nie zuvor gesehen

hatte. Er stellte mich seinen Freunden vor, womit

ich einen Bezug zu anderen Erwachsenen als meinen

Eltern erhielt. Renate unterstützte uns damals so wie

heute in unserem Leben sehr stark, oft betreut sie

meinen Bruder und gibt meiner Mutter somit Zeit, mal

Ruhe zu finden oder die Möglichkeit, Zeit mit mir zu

verbringen. Ich danke dem Ambulanten Kinder- und

Jugendhospizdienst für die großartige Unterstützung!

33


Elternbeiträge

Luisa von Puttkamer

Die Zusammenarbeit mit „unserer“ Begleiterin durch

die Intensivtherapie begann für uns zunächst mit

einem Herantasten, da wir mit der Krankheit unserer

Tochter nicht noch zusätzlich jemanden belasten

wollten. Grace hat es uns jedoch sehr einfach gemacht.

Schnell gliederte sie sich in unsere Familie ein

und gewann das Vertrauen unserer Tochter, so dass wir

uns einen Alltag in der Intensivtherapie ohne sie nicht

vorstellen konnten.

Kleine Momente des Aufatmens wurden uns ermöglicht

und unserer Tochter eine willkommene, liebevolle Abwechslung

geschenkt. Leicht vergisst man über seine

Dankbarkeit zu sprechen, da man mit der Bewältigung

der Krankheit mehr als beide Hände voll zu tun hat.

Als ausgesprochenes Glück empfanden wir es deshalb

auch, für eine Sendung des WDR anlässlich des „Tags

der Kinderhospizarbeit“ ausgewählt worden zu sein und

sich dadurch noch intensiver mit der Fragestellung der

Dankbarkeit auseinanderzusetzen. Es ermöglichte es

uns, den Dank auszusprechen und im Film festzuhalten.

Durch einen Umzug haben wir eine andere Begleiterin

in der Erhaltungstherapiephase bekommen. Noch vor

dem Umzug wurden wir kontaktiert und haben erneut

großes Glück mit unserer Monika. Unsere Tochter liebt

die Interaktion mit ihr und freut sich auf jeden Besuch

insbesondere in der Zeit, in der sie nicht in den

Kindergarten darf, während uns ein Stück Alltag geschenkt

wird. Vielen Dank, dass es Euch gibt!

Dorothea Rose

Ein ungewöhnlicher Weg zum

ambulanten Kinderhospizdienst

Zur Adventszeit hatte die Kindergartengruppe meiner

Tochter „Geschenke“ für die Eltern gebastelt. Vermutlich

waren potenzielle Jungunternehmer in der Gruppe,

denn es kam die Idee auf, die Basteleien an die

Eltern zu verkaufen. Da meldeten sich die frühkindlichen

sozialen Adern und schlugen vor, die Einnahmen

zu spenden. So stellten die Erzieherinnen den Kindern

verschiedene Projekte vor und die Kinder entschieden

sich für den ambulanten Kinderhospizdienst.

Einige Tage später entdeckte ich ein farbenfrohes

Bild in der Zeitung und ausgerechnet mein Kind überreichte

das Geld dort. Das fand ich irgendwie schräg,

da sie selber die Diagnose einer lebensbedrohlichen

Erkrankung hatte. So griff ich kurzentschlossen zum

Telefonhörer und erzählte einer sehr freundlichen

Mitarbeiterin meine Geschichte. Sie ermunterte mich

unermüdlich doch mal vorbeizuschauen.

Das wollte ich ganz und gar nicht, meinem Kind ging

es doch wunderbar. Aber so viel Verständnis und

Freundlichkeit zog mich dann doch ins Büro zu

34


Dorothee. Und ich bin bis heute unendlich dankbar

für diese Einladung, ich habe so viele wunderbare

Menschen dort kennengelernt. Und als es meiner

Tochter plötzlich sehr schlecht ging, war immer

jemand für mich da, ich wurde am Krankenbett

abgelöst und ich konnte jederzeit jemanden anrufen.

So viel Vertrauen kann man nicht in kurzer Zeit aufbauen.

Und wir haben viel von der Kinderhospizarbeit

gelernt: Das Leben feiern und im Hier und Jetzt leben.

Vielen Dank für die wunderschönen Sommerfeste, die

tollen Ausflüge, besonders klasse war der Pferdeausflug

in Alfter, die tolle Vorstellung mit Brunch im GOP

und der Besuch im Kunstmuseum.

Danke Dorothee! Danke Fee!

Danke Gitte! Danke Angela!

Ehrenamtliche Hunde

Meine Tochter mag Menschen. Noch mehr mag sie

aber Tiere, besonders Hunde und Pferde. Als eine

Begleitung durch eine ehrenamtliche Mitarbeiterin ins

Gespräch kam, war die klare Ansage: Nur mit Hund!

Kaum zu glauben, eines Tages kam Fee mit Anne und

Henning ins Haus und es begann eine wunderschöne

Zeit für meine Tochter mit den beiden, sie waren alle

drei sofort ein Herz und eine Seele. Ehrenämter enden

manchmal aus den unterschiedlichsten Gründen und

wir waren sehr dankbar für die gemeinsame Zeit.

Wieviel Glück kann man haben? Eines Tages kam

Fee mit Katja und Lorbas ins Haus und alle drei sind

glücklich miteinander.

Danke Anne! Danke Henning!

Danke Katja! Danke Lorbas!

Im Laufe der Zeit kam das Bedürfnis nach einer weiteren

Begleitung. Wieder klare Ansage vom mittlerweile

Teenager: nur mit Hund! Wir hielten es für ein Ding

der Unmöglichkeit, nach solch einem Erfolg nochmal

ein Duo zu finden.

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Sabine Dietsche

Was es ist

Es ist Unsinn

sagt die Vernunft

Es ist was es ist

sagt die Liebe

Es ist Unglück

sagt die Berechnung

Es ist nichts als Schmerz

sagt die Angst

Es ist aussichtslos

sagt die Einsicht

Es ist was es ist

sagt die Liebe.

Es ist lächerlich

sagt der Stolz

Es ist leichtsinnig

sagt die Vorsicht

Es ist unmöglich

sagt die Erfahrung

Es ist was es ist

sagt die Liebe

Erich Fried

Nicht das Leiden, nicht das Lachen

stellt den Wert des Menschen dar,

immer nur wird das entscheiden

was der Mensch dem Menschen war.

Frei nach Ludwig Uhland

Michaela Schmitz

Im Bad steht seit kurzem eine große schwarze Dose

Haarlack: 3-Wetter-Taft mit Koffein und der Powerformel.

Daneben Syoss Haargel „Leichte Kontrolle und

mittlerer Glanz“. Mein Sohn ist fünfzehn. Sein Haar

trägt er jetzt cool nach hinten gegelt wie James Dean.

Milo liebt es, sich lässig mit den Fingern durchs Haar

zu fahren. Und kann ein Smile nicht unterdrücken,

wenn seine Schulfreundinnen ihn „so süüüß“ finden.

Wer sagt, dass schwerbehinderte Jungs keine coolen

Teenies sein wollen?!? Wenn Milo mit Haartolle und

Hoodie im Rolli sitzt, sieht man ihm an, dass er weiß,

wie cool er in seinem Outfit ist. Auch wenn er sich

selbst nicht sehen kann. Seine Fans auch nicht. Aber

spüren kann er sie. Und hören. „Krach“ heißt die CD,

die er von mir zum Geburtstag bekommen hat. Mit

Rockmusik. Laut wie die E-Saite der Gitarre, die Milo

gerne zum Snarren bringt wie ein echter Rocker.

Milo ist fünfzehn. Und lebt seit zwei Jahren in einer

WG in der Eifel. Mit drei Jungs und drei Mädels. Alle

schwerst-mehrfachbehindert. Milo fühlt sich wohl hier.

Weil er so sein und bleiben darf, wie er ist. Weil man

seine Signale versteht. Auch ohne Sprache. Und weil

man ihn so annimmt, wie er ist: ein „offenes zugewandtes

Wesen mit eigenen Vorstellungen vom

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Ablauf der Dinge“, wie es seine BetreuerInnen im Teilhabeplan

so treffend beschreiben. Manchmal stellt er

sich eben vor, vierzig Stunden am Stück zu schlafen.

Das darf er dann auch. Und wenn er zwei Nächte hintereinander

wach bleiben möchte, darf er das auch.

Milo wird hier nicht nur bestens versorgt und geliebt.

Er darf hier Teenie sein, bis in den Tag hinein schlafen,

wenn er will, essen, was er gerade möchte und

chillen, wenn ihm danach ist. Und SchulfreundInnen

dürfen ihn hier auch besuchen ;-)

Die Schule ist nur ein paar hundert Meter weit entfernt.

Wenn Milo mal länger braucht, um wach zu

werden, darf er auch mal später kommen. Und wenn

er im Unterricht müde wird, geht er schon mal früher

nach Hause. Vielleicht geht er ja gerade deshalb so

regelmäßig. Fast jeden Tag. Als er noch zu Hause

wohnte, klappte das viel seltener. Dabei liebt er es,

unter Kindern zu sein, Krach zu hören und Krach zu

machen. In der Trommel-AG hat er letztens sogar

schon einen Orden bekommen. Schlafen kann Milo

nach einem Schultag auch viel besser. Und steht

morgens ausgeruhter wieder auf.

Ich staune. Und ich bin stolz auf ihn. Und auch ein

bisschen auf uns. Dass Milo so ist, wie er ist. Dass er

es geschafft hat, sich alleine zurechtzufinden. In der

neuen Umgebung. Unter neuen Kindern. Mit neuen

Menschen um ihn herum.

Und ich freue mich. Dass Milo sich freut, wenn er

mich erkennt. Es geht mir gut, wenn ich bei ihm bin.

Weil es ihm dort gut geht. Und ich gehe mit leichtem

Herzen. Weil ich ihn gut umsorgt weiß. So dass ich

mich freuen kann aufs nächste Wiedersehen.

Manchmal sind mir die wenigen Stunden mit ihm zu

wenig. In den Ferien hatte ich mir eine Wohnung

gemietet. Und wir konnten dort den Tag gemeinsam

verbringen. Abends durfte er wieder in sein vertrautes

Bett. Und ich in Ruhe schlafen.

Nie hätte ich mir das vorstellen können. Die Entscheidung,

dass Milo nicht mehr bei uns wohnen sollte,

fühlte sich so an, als sollte ich mir den eigenen Arm

amputieren lassen. Die Sehnsucht bleibt. Und wird

manchmal auch zu Schmerz. Aber Freude und Stolz

wiegen ihn auf.

Milo hat selbst mit entschieden,

bei uns

auszuziehen, so

will es mir jetzt

im Nachhinein

scheinen. Auch

Milo will und

wird sein

eigenes Leben

führen. Er

geht ihn jetzt

schon, seinen

eigenen Weg. Das

ist nicht anders

als bei sogenannten

„normalen“ Kindern. Wir

Mütter und Väter können darüber

nur staunen. Wie über den Haarlack im Bad oder

den blonden Flaum, der plötzlich auf seiner Oberlippe

wächst. Und ein ganz klein wenig auch schon an seinen

Wangen.

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Margret Gasper

Mein Sohn war 17 Jahre alt, als wir zum ersten Mal mit

dem Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst in

Bonn Kontakt aufgenommen haben. Wir hatten schon

früher davon gehört, aber irgendwie konnten wir uns

nicht so richtig dazu durchringen, die Dienste in Anspruch

zu nehmen. Es war eine gute Entscheidung,

es doch zu tun. Die Koordinatorin hat es uns mit ihrer

herzlichen Art sehr leicht gemacht und wir fühlten uns

sofort gut aufgehoben.

Eine Ehrenamtliche kommt einmal pro Woche zu uns

und beschäftigt sich mit meinem Sohn so gut es

möglich ist. So habe ich mir zusätzlich einen kleinen

Freiraum schaffen können. So ist es auch immer schön,

wenn ich mich selbst nochmal mit jemandem

austauschen kann.

Was mir auch immer sehr gut tut, ist das Mütterfrühstück,

das einige Male im Jahr angeboten wird. Wenn

wir uns dort in einer größeren Runde treffen und uns

austauschen können, kann ich doch ein wenig vom

Alltag abschalten. Es wird immer von einigen

Ehrenamtlichen vorbereitet, die alles sehr liebevoll

gestalten.

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Beiträge von Ehrenamtlichen

Katharina

Die Begleitung von Chawan hat mir immer wieder gezeigt,

wie wertvoll jeder Augenblick ist — ob mit oder

ohne Einschränkungen und schwerer Krankheit. Wenn

ich an sie denke, sehe ich ihre strahlenden klaren

Augen. Ein Strahlen das aus dem Herzen, aus der

Tiefe kam.

Das hat mich, egal wie gestresst und müde ich

manchmal war, wieder in den Augenblick geholt.

So hat sie eigentlich auch MIR geholfen. Die Zeit

mit ihr war eine große Bereicherung für mich.

Danke, liebe Chawan.

Bettina

In meiner Begleitung war es besonders belastend,

als es zu Beginn der Corona Pandemie nicht mehr

möglich war, „meine beiden“ — das Mädchen und ihre

Mutter — zu besuchen und ihnen zu helfen, die

Wohnung zu verlassen. Aufgrund nicht vorhandener

Barrierefreiheit der Wohnung sprach die Mutter oft

von einem Gefühl des „Gefangenseins“.

Umso schöner war es, als die Begleitung wieder

möglich war und noch schöner ist es, dass es endlich

geschafft ist, einen Lift in der Wohnung einzubauen.

Es geht mir das Herz auf, wenn ich Mutter und Tochter

nun erlebe, wie erleichtert sie sind, ein ganz großes

Stück Freiheit zurückbekommen zu haben. Ich bin

glücklich und dankbar, dass ich in dieser schweren

Zeit an der Seite der beiden sein konnte.

Michél

Seit 5 Jahren stehe ich meinen Schützlingen im Rahmen

meiner Tätigkeit für den ambulanten Kinder- und

Jugendhospizdienst in Bonn zur Seite.

beflügelt mich jede Woche aufs Neue meinen Dienst

mit viel Freude und einem Lächeln antreten zu

können.

Die Dankbarkeit, die mir in Form von strahlendem

Lächeln und funkelnden Kinderaugen geboten wird,

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Sabine

Der Beitrag ist an einem unserer gemeinsamen Nachmittage

im Teamwork entstanden. Nele hat mir gesagt,

was sie besonders schön, lustig und traurig fand,

ich habe es aufgeschrieben und sie hat ein Bild dazu

gemalt.

Traurig waren wir,

als das Spielhaus in

der Rheinaue abgebrannt

ist. Wir

hatten es gerade

erst entdeckt und

es gab dort so

viele tolle Bastelund

Spielsachen, die

wir gerne noch näher

erkundet hätten.

Tandem-Team

Nele und Sabine

Besonders interessant fanden wir es im Haus der Natur

auf der Waldau. Dort konnten wir viel über die heimischen

Waldtiere lernen und den Bienen sogar live beim

Honigmachen zusehen.

Seit 4 Jahren bilden Nele und ich ein Tandem und das

im wahrsten Sinne des Wortes. Wir verbringen nicht

nur einen Nachmittag in der Woche miteinander, sondern

starten in diese Nachmittage gewöhnlich auch auf

dem familieneigenen, feuerroten Tandem. Wir haben

in den Jahren schon viele schöne und lustige Stunden

erlebt.

Besonders lustig war es mit Walkie-Talkies im Labyrinth

in der Bonner Rheinaue. Nele dachte, wenn wir

uns trennen, finden wir schneller zum Ziel und können

den anderen lotsen. Aber wir sind uns nur ständig in

die Arme gelaufen und haben erst gemeinsam den

richtigen Weg gefunden.

Wir freuen uns immer wieder darauf, miteinander Zeit

zu verbringen, kleine Glücksmomente zu erleben und

auch voneinander zu lernen. Als Nele 8 Jahre alt war,

hat sie mir einen lieben Ostergruß geschrieben, der

mit den Worten endete „Viel Glück in Deinem Leben,

egal ob Du alt bist oder jung!“. Das wünschen wir auch

allen anderen Geschwistern und ihren Familien sowie

allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern des

AKHD.

Sabine Viet und Nele Zander (10 J.)

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Claudia

Eigentlich ist die Begleitung eines erkrankten Kindes

oder Jugendlichen eine Begegnung wie mit jedem

anderen Menschen auch, für den ich mich interessiere:

zu Beginn bin ich ein bisschen aufgeregt, aber Berührungsängste

habe ich nicht. Ich bin gespannt, neugierig,

offen und frei von Erwartungen, wie mein Gegenüber

zu sein hat. Ich bringe zuverlässig zwei bis drei

Stunden Zeit für die Familie mit und zwei Stunden für

die monatlichen Austauschtreffen mit anderen EA.

Ich finde es wichtig, unbeschwert mit den Familien

in Kontakt zu sein und Fröhlichkeit mitzubringen, ich

freue mich jede Woche auf „meine“ Familie, und das

zeige ich ihr auch. Zwei offene Ohren, eine Schulter

zum Anlehnen und eine Packung Taschentücher habe

ich trotzdem immer dabei. Wenn diese gebraucht

werden, höre ich zu, fühle mit, nehme Anteil, halte

mit aus.

Trotzdem ist kein Raum für Mitleid, Dauerbetroffenheit

oder Weinerlichkeit, denn wir wollen was

erLEBEN.

Grundsätzlich versuche ich, auf Augenhöhe an der

Seite der Familie zu sein, dort, wo sie mich heute und

hier braucht, und nächste Woche ist das vielleicht

wieder wo ganz anders — wunderbar, ich stehe bereit!

Es geht darum, im Alltag mit anzupacken, und der

kann sich von Woche zu Woche ändern, je nachdem,

wie es dem Kind gerade geht.

Und last but not least geht es immer wieder darum,

sich beschenken und bereichern lassen zu können von

dem Lebenswillen der Kinder, von ihrer Kraft, ihrem

Lachen, ihrer Begeisterungsfähigkeit, ihrem Mut, von

den neuen Farben, die sie dadurch in mein Leben

gebracht haben.

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Thekla

Besonders berührend war, dass die ganze Familie

mich so toll angenommen hat.

Helen

Berührend sind für mich,

… die Gespräche beim Mütterfrühstück,

… dass Mütter Freundschaften schließen und merken,

dass sie nicht alleine sind,

… der Umgang der Mütter miteinander.

Barbara

„Unser Leben ist die Geschichte unserer Begegnungen“

Anton Kner

Dieses Zitat von A. Kner aus dem Novemberbrief des

AKHD Bonn möchte ich zum Anlass nehmen, über meine

„Begegnung“ mit dem AKHD zu berichten. Es war

im Frühjahr 2012 als eine Anzeige im General-Anzeiger

Bonn erschien: „Ehrenamtlich Mitarbeitende für die

Einrichtung eines Ambulanten Kinderhospizdienstes in

Bonn gesucht.“

Ein Grund mich auf diese Anzeige zu melden war mein

bevorstehender Renteneintritt. Nach einem Vorgespräch

mit der damaligen Koordinatorin Doro begann

im Mai 2012 der erste Befähigungskurs in Bonn. Männer

und Frauen unterschiedlichen Alters, Berufen und

Beweggründen kamen zusammen, die alle den Wunsch

hatten, ehrenamtlich im AKHD tätig zu werden. Für

die Aufgabe wurden wir sehr gut vorbereitet. Wesentlich

im Vorbereitungskurs war die persönliche Auseinandersetzung

mit Themen wie Erkrankung, Sterben,

Tod und Trauer. Denn dies sind Voraussetzungen,

die zur Begleitung von Menschen befähigen, in deren

Leben Tod und Trauer gegenwärtig sind.

Meine erste Begleitung war ein Geschwister (Sevta,

4 Jahre alt), deren erkrankter jüngerer Bruder wenige

Monate nach dem Beginn meiner wöchentlichen

Besuche in der Familie verstarb.

Wie wichtig, ich mag sagen unverzichtbar, ist in diesen

sensiblen Wochen nach dem Tod die Begleitung der

Familie. In den vorausgegangenen Monaten war ein

herzliches Vertrauensverhältnis zu dem Kind und der

Familie entstanden, geprägt von gegenseitigem Vertrauen,

Zuneigung und Respekt. Der Auftrag des AKHD

lautet ja, Begleitung im Leben, Sterben und über den

Tod hinaus.

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So verbrachte ich mit dem damals noch Kita-Kind

viele wunderbare Nachmittage mit Zoo-Museums-

Bibliotheks-Theaterbesuchen, Plätzchen backen und

vieles mehr. Dieser Familie blieb ich lange verbunden!

Es folgten unterschiedliche Begleitungen meist

jüngerer Geschwisterkinder (was meinem Wunsch

entsprach). Ja, man darf Wünsche haben in Bezug

auf Begleitung! Denn von Koordinationsfachkräfte-

Seite aus wurde mit fachlicher Kompetenz und

Empathie darauf geachtet, dass die Erwartungshaltung

der Familien und die der ehrenamtlichen Begleitung

sich im Einklang finden lassen. Um diesen Auftrag

bzw. diese Aufgabe erfüllen zu können, halfen unsere

regelmäßigen Treffen, Praxisbegleitungen und

Supervisionen.

Besonders für mich als „Ehrenamtliche“ waren die

Sommer-Familienseminare, wo Eltern, Geschwister, erkrankte

Kinder oder junge Erwachsene, Ehrenamtliche

und Krankenpflegepersonal zusammenkommen.

Innerhalb kurzer Zeit fühlt man sich wie ein Mitglied

einer großen und vor allem wertschätzenden Familie.

Das Vertrauen, das die Eltern der erkrankten Kinder/

Jugendlichen uns entgegenbringen, indem sie ihr

erkranktes Kind in unsere Obhut geben, macht mich

dankbar und demütig. Denn anders als oft von Außenstehenden

vermutet „opfern“ wir Ehrenamtlichen

nicht unsere Zeit, sondern wir verschenken sie und

noch viel wichtiger, wir bekommen eigentlich viel

mehr zurück als wir geben. Denn nach einer Woche der

Begegnungen mit Aktivitäten und vielen Gesprächen

fahre ich glücklich, beseelt und geerdet nach Hause!

„Erinnerung ist eine Form der Begegnung“

Khalil Gibran

So werde ich mich mit Dankbarkeit „erinnern“, die

„Begegnungen“ mit so vielen wunderbaren Menschen

haben mein Leben bereichert.

Christa

Nachdem ich anderthalb Jahre einen 6-jährigen

Jungen mit Muskeldystrophie Duchenne einmal

wöchentlich zum Spielen drinnen oder draußen

abgeholt hatte, schrieb mir seine Mutter zu

Weihnachten 2019 einen Gruß mit folgenden

Worten, die mich sehr berührt haben:

„Manche Engel kommen jede Woche!

Danke, Christa!“

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Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst Bonn

Reuterstr. 161, 53113 Bonn

Tel.: 02 28 · 923 990 90

bonn@deutscher-kinderhospizverein.de

10 Jahre an der Seite

der Familien

2 012 — 2022

Spendenkonto:

Deutscher Kinderhospizverein e.V.

Sparkasse Bonn

IBAN: DE36 3705 0198 1930 6677 85

Spenden über PayPal:

www.akhd-bonn.de

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