4/2010 - Leporello
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Schmerzvoll schön…<br />
„Tannhäuser“ als letzte Operninszenierung vor der Renovierung des Meininger Theaters<br />
„Tannhäuser und der Sängerkrieg<br />
auf der Wartburg“ – der Titel<br />
von Richard Wagners Oper ist<br />
Programm in Meiningen. Denn<br />
nach der Premiere wird sie auch<br />
mehrmals halbszenisch auf der<br />
Wartburg aufgeführt. Vielleicht<br />
im Vorgriff darauf ließ Regisseur<br />
Ansgar Haag in seiner stimmigen,<br />
aber wenig aufregenden<br />
Inszenierung viel an der Rampe<br />
singen. Eine Schwierigkeit ergibt<br />
sich für jede Realisierung, nämlich<br />
den Venusberg des 1. Aktes so<br />
herüberzubringen, dass die Szene<br />
Erotik und Sinnlichkeit ausstrahlt.<br />
Auch in Meiningen gelang<br />
dies nicht, weil das Ballett (Andris<br />
Plucis) allzu deutlich bemüht war<br />
um aufreizende Bewegungen und<br />
die Venus (Alla Perchikova), ungünstig<br />
ausstaffiert von Stephanie<br />
Geiger, mit ihrer metallischen<br />
Stimme einfach nicht die Verführungsqualitäten<br />
vermittelte, die<br />
Tannhäuser hätten halten können.<br />
Ansonsten aber gewann die<br />
Aufführung durch ein relativ einheitliches,<br />
stilisiertes Bühnenbild<br />
Dae - Hee Shin als hervorragender<br />
Wolfram von eschenbach.<br />
(Kerstin Jacobssen) mit einer Leiter<br />
(zum Himmel, zur Erlösung?)<br />
auf einem unregelmäßigen Podest<br />
in der Mitte unter einer Decke<br />
mit sternförmiger Öffnung,<br />
durch die Tannhäuser hinauf-<br />
oder hinabsteigt. Verschiebbare<br />
Wände deuten Saal und Gebäude<br />
an. Das Mittelalter wird beschworen<br />
durch die Gewänder<br />
der Minnesänger, während Elisabeth<br />
als Unschuld in Weiß und<br />
später in Blau als „Heilige“ eher<br />
zeitlos erscheint. Musikalisch geriet<br />
die Premiere überzeugend,<br />
und das bei einer hauseigenen<br />
Besetzung! Hans Urbanek leitete<br />
die ausgewogen musizierende<br />
Meininger Hofkapelle umsichtig,<br />
vielleicht bisweilen etwas schnell<br />
für die ansonsten vorzüglichen<br />
Chöre, und wenn sich manch einer<br />
vielleicht größere Weitungen<br />
mit mehr irisierenden Farben gewünscht<br />
hätte – das Theater, das<br />
hier vor der Renovierung seine<br />
letzte Opernpremiere erlebte, ist<br />
einfach ein wenig zu klein dafür.<br />
Hans-Georg Priese, überzeugend<br />
in der Titelrolle, sang sicher, mit<br />
anfangs etwas angespannter,<br />
aber stets kraftvoller Stimme die<br />
anstrengende Partie. Wieder einmal<br />
mehr ein Glanzpunkt: Dominik<br />
Nekel als Landgraf Hermann<br />
durch seinen wohltimbrierten,<br />
kräftigen Bass. Aber auch Dae-<br />
Hee Shin war ein wunderbar<br />
klar gestaltender Wolfram von<br />
Eschenbach, vor allem mit seinem<br />
schmerzvoll schönen Lied<br />
an den Abendstern. Überhaupt<br />
war die Textverständlichkeit ein<br />
großes Plus der Herrenriege.<br />
Sybille Sachs gefiel als hell singender<br />
Hirte. Der Star des Abends<br />
aber war die anrührende Elisabeth<br />
der Bettine Kampp; sie lotete<br />
die Gefühlsregungen dieser Figur<br />
mit ihrem ausdrucksstarken, in<br />
der Höhe mühelos strahlenden<br />
Sopran bei leider etwas abgedunkelten<br />
Vokalen glaubhaft aus bis<br />
zu ihrer Aufopferung nach dem<br />
Gebet und dem einsamen Gang<br />
ins Haus des Todes. Am Ende:<br />
Einhelliger Jubel des Publikums!<br />
Renate Freyeisen<br />
Fotos: ed<br />
musik<br />
Oper / Rezension<br />
Alla Perchikova gibt die Venus.<br />
Hans-Georg Priese als<br />
tannhäuser singt mit stets<br />
kraftvoller Stimme die anstrengende<br />
Partie.<br />
<strong>Leporello</strong> l 23