pfalz-magazin Sommer 2022

Dolcefarniente nennen das die Italiener, wenn sie sich die Sonne auf
den mit leckerstem Essen gefüllten Bauch scheinen lassen. Gegen das
Nichtstun scheinen sie keinerlei Aversionen zu haben. An dieser
Lebensphilosophie können wir uns Deutsche ein Beispiel nehmen,
denn bei uns rümpft man alleine schon bei der Bezeichnung die Nase
und verbindet dies sofort mit Faulheit.
In unseren Straßen sieht man viele Menschen, die mit ihrem Essen
und Trinken in der Hand schnell durch die Straßen jagen. Unsere
„Instant Society“, wo alles schnell gehen muss und am besten sofort
passieren muss, kennt keine Ruhe und hat auch keine Zeit. „Nichtstun
– das können sich doch nur diese „Hartz IV“-Empfänger leisten!
Leute, die der Allgemeinheit auf der Tasche liegen!“
Nein – weit gefehlt. Diese Ansicht ist unserer deutschen Leistungsmentalität
geschuldet, die uns einredet, ständig in Betrieb sein zu
müssen. Selbst im Urlaub ergibt sich der Durchschnittsdeutsche schon
wieder einem Leistungsdruck, indem er zuhause erzählen muss von
den hunderten von Eindrücken, die er im Urlaub gewonnen hat, und
wieviele Sehenswürdigkeiten er bewundern konnte. Unterbrochen
sind diese Aktivitäten mit stundenlangen Sonnen-Anbetungen, wo
man in der prallen Sonne brutzelt wie ein Hähnchen in der Röhre, um
die Urlaubszeit zu rechtfertigen und nichtsahnende Kollegen und
Nachbarn zu dem Ausruf des Erstaunens zu animieren: „Mein Gott
bist du braun! Warst du im Urlaub?!“
Viele Menschen haben eine geradezu panische Angst vor der Langeweile.
Sie tun alles, um Langeweile aus dem Weg zu gehen und beschäftigen
sich notfalls mit sinnlosen Zeitdieben.
Menschen, die einen Glauben haben, nutzen einen Teil ihrer Zeit, um
in ihrer Stille und im Nichtstun ein Gebet zu sprechen. Diese Zeit
kann sehr kraftvoll sein und hat mit langweiligem, litaneihaftem
Dahin-Geplapper nichts zu tun. Erstaunliche Dinge wurden schon als
Ergebnis eines solchen kraftvollen Nichtstuns und Stilleseins berichtet,
wo etwa Kranke heil wurden und Menschen befreit wurden von
Süchten und krankhaften Neigungen.
TS
Wer sich völlig gegen die Langeweile verschanzt,
verschanzt sich auch gegen sich selbst
Nietzsche
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