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Transkulturelle Räume gestalten

Bachelor-Thesis zur Heterogenität als Chance für Transformationsprozesse städtischer Konflikträume, Hochschule Geisenheim University, 2022

Bachelor-Thesis zur Heterogenität als Chance für Transformationsprozesse städtischer Konflikträume, Hochschule Geisenheim University, 2022

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Bernd Metz

Transkulturelle

Freiräume

gestalten

Heterogenität als Potential zur

Transformation städtischer

Konflikträume am Beispiel der

Wellritzstraße in Wiesbaden


Inhalt

WENN CHAOS UND ORDNUNG EINE

LIASION EINGINGEN"

Fragestellung und Herangehensweise

Aufbau

1. STÄDTISCHER RAUM ALS SOZIALE

KONSTRUKTION

Raum

Alltagsleben

Urbanisierung

Performativität des sozialen Raumes

2. HERAUSFORDERUNG KULTURELLE

VIELFALT?

Das Problem mit dem Integrationsgedanken

Multi-Kulti-Anything-Goes?

Ethnizität und Stereotypisierung

Relativierung ethnischer Kategorien

Transkulturalität

5

6

8

13

15

18

21

22

25

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29

32

35

37

38

40

42

43

45

46

48

Wiesbaden in Zahlen

Stadträumliche Einordnung

Anbindung

Gesellschaftliche Zusammensetzung

Grünräume // Klima // Gesundheit

Erdgeschossnutzung

Bewegungsdynamiken

Exponiertheit und Interaktion

Handlungsbedarf // Entwicklungsbemühungen

Schwächen // Stärken // Chancen

Inklusion

Bedürfnisorientierte Planungsperspektive

Partizipation // Planerische Prämissen

2


Heterogene Räume

Conviviality

4 x Wellritzstraße

4. PLANUNG

Grünraum

Teil I

Ästhetisierung

Teil II

Strukturierung des Straßenraum

Raumbildung

Teil III

Mobilität

Teil IV

Stärkung der kommerziellen Infrastruktur

Erweiterte Planungsgebiete

51

53

55

57

59

63

65

66

69

73

78

80

82

84

86

88

90

92

94

96

98

101

104

3. HETEROGENITÄT ALS CHANCE FÜR DIE

STADTPLANUNG

Segregation und soziale Mischung

Diverse City

Erfahrung von Vielfalt im Stadtraum

Angebote und Engagement

Learning from Superkilen

Toolkits

Sitzen und Verweilen

Barrierefreiheit

Soziale Situationen und Begegnungen

Spielerische Angebote

Sicherheit

Conclusio

Quellenverzeichnis

3


Wiesbaden in Zahlen

291160 Einwohner:innen, davon 52 % Frauen

= 1430/ km2

35,6 % in Wiesbaden geboren

39,4 % mit Migrationserfahrung (mit Migrationshintergrund und Ausländer)

davon 21,9 % mit ausländischem Pass

Wanderungssaldo 2020 + 93 Pers. (Vergleich in 2018 -180, in 2016 +4436)

Altersstruktur

0- bis 5-Jährige 5,9 %

6- bis 17-Jährige 11,2 %

18- bis 64-Jährige 63,2 %

65- bis 79-Jährige 19,7 %

80-Jährige und Ältere 6,4 %

Ø 1,96 Personen je Haushalt

Ø 1,65 Kinder je Haushalt

lt. Statistischem Jahrbuch, Stand 31.12.2020

4


„Wenn Chaos und Ordnung

eine Liaison eingingen…“

oder: „Willkommen in der

Wellritzstraße, Ihr Fotzen“

Zwei subtile Liebeserklärungen an die Wiesbadener Wellritzstraße und

das Innere Westend. Erste ist von Erdal Aslan, Journalist und Leiter

des Stadtteilmagazins Mensch!Westend; Letzte von Rap-Musiker Eno

183, der wie Aslan ebenfalls in diesem Umfeld aufgewachsen ist. Eno

183 lädt mit dem gastfreundlichen Ausdruck der Offenheit gefolgt

von einer fast schon liebevollen (dennoch genretypisch sexistischen)

Beleidigung ein, seine Straße zu erfahren. Eno 183 erreichte im Jahr

2018 Platz 5 der deutschen Albumcharts mit seinem Album

Wellritzstraße und der titelgebenden Hommage an die Straße seiner

Jugend. Er beschreibt dort die Härte des Lebens in den von

kriminellen Verhältnissen, Sexismus, Repräsentation, Machtstrukturen

und Armut geprägten Blockgassen. Sein Viertel ist die

Bewährungsprobe zwischen Kurden und Cafés, die ihm als

Deutschrapper eine Authentizität zuschreiben soll. Er zeichnet ein

kraftvolles Bild, das eine breite öffentliche Wahrnehmung

widerspiegelt und reproduziert. Die Wellritzstraße im inneren Westend

gilt als städtisches Problem, Multi-Kulti-Hotspot mit viel Reibung und

Polizeieinsatz ein Angstraum, in dem man sich nicht nur wegen

des Mülls ungerne aufhält.

Junge, ein Schlag reicht, so läuft das in der Wellritzstraße.

Zweifelsohne gibt es im mit Abstand dicht besiedelten Quartier

Deutschlands Reibungen. Es ist kinderreich, aber rar an Spielplätzen,

voll mit Leben, aber keine lebenswerten Freiräume oder grüne Oasen

zum Durchatmen. Wenn der Deutschrapper den spezifischen

Charakter des Quartiers beschreibt, nutzt er nicht architektonische,

5


Stadträumliche Einordnung

Zweigeteiltes Westend

Historisch bauliche Zuordnung zur Mitte ...

...aber Verwaltungsorganisation Bezirk Westend, Bleichstraße

Bündnis 90/Die Grünen mit 39,8 % in den Ortsbeirat gewählt

1850-60 Entwicklung des Inneren Westeends als Arbeiter -

und Handwerkerviertel (unter Karl Boos), der niedrige und

schmuckarme Altbaubestand mit mehreren geschützten

Baudenkmälern ist zu vielen Teilen noch erhalten.

Mit 18 226 Einwohner:innen auf 67,5 ha Größe eines der

dichtbesiedelten Quartiere Europas (und zusätzlicher

Bevölkerungszunahme der letzten 10 Jahre über 4 %).

Öffentliche Sportflächen sind nicht vorhanden, es gibt

lediglich ansässige Schulsportanlagen.

Im Landschaftsplan wird daher nahezu der gesamte Stadtkern

als Vorrangfläche für intensive freiraum- bezogene

Erholungsformen bewertet. Er hat stadtweit den geringsten

Motorisierungsgrad.

lt. Statistischem Jahrbuch, Stand 31.12.2020;

Wikipedia:Wiesbaden-Westend, Liste der

Baudenkmäler in Hessen; ISEK Zukunft

Stadtgrün

6


Quelle: ISEK Zukunft Stadtgrün

* Zu dem Projekt Urbane Nischen mehr unter

http://www.urbanenischen.de

sondern sozio-kulturelle Referenzen. Das Quartier ist, was die

Menschen mit- und gegeneinander draus machen. Eno erzählt von

klaren Verhaltensregeln im interkulturellen Miteinander und dennoch

von zu viel Unordnung hier im Nest. Erdal Aslan beschreibt dies

weitaus differenzierter als Liaison von Chaos und Ordnung. In seinem

Artikel Das zweigeteilte Westend zeigt er die Grenzen zwischen

dem inneren Klein-Istanbul mit einem migrantischen Anteil der

Bewohner:innen von 63% aus 100 Herkunftsländer und dem äußeren

Westend der Hipster mit Jute-Beutel in den von hohen Bäumen

gesäumte[n] saubere[n] Wohlfühl-Straßen (Aslan 2020:25). Der

Wahl-Westendler Jonathan Roth, der für die Universität Mainz ein

ethnografisches Forschungsprojekt zu den Hinterhöfen des

Wiesbadener Westends* leitete, meint: Man geht dort zwar gerne

essen und einkaufen, aber wohnen will man da nicht

unbedingt (ebd.). Aslan beschreibt, dass bis heute die Architektur

beeinflusst, wer ins Innere Westend zieht. Es ist der Bahnhof für

Neuankömmlinge; wer wie der Deutschrapper Eno 183 den sozioökonomischen

Aufstieg schaffe, ziehe weiter. Gesellschaftliche

Veränderungen, Begegnungen und dazugehörige Spannungen, seien

nach Aslan, die DNA des Viertels. Wer vom Ausländer-Ghetto mit

eigenen Regeln spreche, verkenne die immense Integrationsleistung,

die das Stadtviertel leiste (ebd. 26). Die vorliegende Arbeit greift

diese soziale Leistung für eine nähere Untersuchung auf und soll einen

Beitrag dazu leisten, eine Perspektive zu entwickeln, dieses Potential

in freiraumplanerische Prozesse wirksam einbringen zu können.

7


Anbindung

Schwalbacher Straße

Das Quartier um die Wellritzstraße ist zu drei Seiten von mehrspurigen Verkehrsstraßen

von der gesamtstädtischen Struktur und Angeboten abgegrenzt. Dies verstärkt die

sozialräumliche Isolation des Quartiers. Sportangebote und relevante Grünräume sind

nur außerhalb eines Radius von 500 m erreichbar.

Bismarckring

Spielplätze gibt es im Umfeld der Wellritzstraße, jedoch stellen die Verkehrsstraßen eine

große Barriere dar.

8


Fragestellung und

Herangehensweise

Den Problemen und Potentialen des Lebens mit kultureller Diversität

und Bevölkerungswandel in urbanen, öffentlichen Freiräumen wird im

Hinblick auf Erholungsmuster, Wahrnehmungen von Differenzen und

Zugehörigkeit sowie Reaktionen aufgrund unterschiedlicher

Vorstellungen von Normalität zunehmend Aufmerksamkeit gewidmet.

(u.a. Daly 2019; Madanipour 2007; Rishbeth 2018). Im

städtebaulichen Kontext wurde die Bedeutung sozialer Interaktionen

im öffentlichen Raum vielfach diskutiert, die Komplexität der

Erfahrungen in Bezug auf die Begegnung mit Vielfalt und

sozialräumlichen Ungleichheiten jedoch häufig übersehen,

insbesondere in ethnisch unterschiedlichen und benachteiligten

Gemeinschaften (Ganji und Rishbeth 2020:3) Interkultureller Dialog

und bedeutungsvoller Kontakt findet in und über öffentliche Räume

statt. Soziokulturelle Dynamiken, die einen traditionellen

Forschungsgegenstand der Kulturwissenschaften darstellen, wurden

bisher nur am Rande in die angewandte Planung des urban designs

integriert.

Was lässt sich aus einer interdisziplinären Perspektive mit

kulturwissenschaftlich-stadtplanerischen Verschränkungen für eine

nachhaltige Stadt- bzw. Freiraumplanung ableiten? Wie lässt sich

Stadtraum mit einem Blick auf sich geänderte und sich stetig ändernde

soziale Zusammensetzungen, gesellschaftlichen Prozessen und

Ansprüchen an Freiraum anders denken? Was sind realistische

Forderungen an die Freiraumplanung und urban design im Kontext

von gesellschaftlicher Inklusion? Was bedeutet gesellschaftliche

Heterogenität und die damit einhergehenden sozialen Dynamiken im

9


Prozess einer Stadtentwicklung zugunsten eines gelungenen

Zusammenlebens?

Kulturwissenschaftliche Untersuchungen über soziale Nutzungs- und

Interaktionsmuster in öffentlichen Freiräumen bieten die Möglichkeit,

Debatten im Städtebau zu beeinflussen. Dabei dürfen sich die

Auseinandersetzungen mit kultureller Vielfalt nicht auf eine

Sozialpolitik beschränken, sondern eine verstärkte Ausrichtung auf das

Verstehen und Verbessern der täglichen Erfahrungen mit dem

Aufenthalt im Freien (Rishbeth et al.: 2018). Es gilt, das von

Migration geprägte soziale Potential und öffentliche Gut anzuerkennen

und in den Vordergrund zu rücken, um eine vorurteilsbehaftete

(öffentliche und stadtpolitische) Problematisierung von ethnisch

heterogenen Gesellschaftszusammensetzungen im urbanen Umfeld zu

überwinden. Die Entwicklung von Forschung und Praxis zum

öffentlichen Freiraum für kulturell diverse Gesellschaften sollte

interdisziplinär von Stadtplaner:innen und Forscher:innen auf dem

Gebiet des Städtebaus als Kernziel geleitet werden (vgl. ebd).

In diesem Zusammenhang argumentiert Madanipour:

We cannot think of an urban design for a culturally homogeneous

majority that needs to be adjusted to incorporate the needs of cultural

minorities. We have to talk about a sensitive urban design that tries to

understand who it is working for and what needs it is

addressing (Madanipour 2007:145).

Um Räume für eine heterogene Gesellschaft mit sich wandelnden

Bedürfnissen zu gestalten, gilt es relevante Fragen zu Form, Nutzung,

10


Many of the pleasures and

challenges of living in cities is

the nearness of difference”

Ganji und Rishbeth 2020:1

Repräsentation und Inklusion zu stellen und diese mit den Fähigkeiten

der Disziplin zu untersuchen: Raumanalyse, soziale Untersuchung und

ein klares Verständnis von Zeitlichkeit und Dynamik des Ortswechsels

(vgl. Ganji und Rishbeth 2020:7). Die kulturelle Heterogenität stellt

meines Erachtens nicht das Problem dar, dass durch eine Gestaltung

gelöst werden müsse. Durch die Analyse und das Verständnis

gesellschaftlicher Dynamiken im öffentlichen Raum lassen sich

bestimmte Qualitäten des Zusammenlebens erkennen. Sie stellen das

Potential dar, Handlungsmöglichkeiten für die Freiraumplanung zu

entwickeln, um Räume, die von konfliktbehafteten Begegnungen

geprägt sind, zu transformieren. Transkulturelle Räume adressieren

Heterogenität als Chance und können somit Transformationsprozesse

in als problematisch markierten Quartieren anstoßen. Mit Einbezug

von jüngeren Studienergebnissen, deren Relevanz ich in der

vorliegenden Arbeit herausstellen möchte, unterstelle ich hier

Entwicklungschancen für öffentliche Räume insbesondere für

stadtpolitische und -planerische Akteur:innen. Es soll der Zugang zu

einem breiten Spektrum an Lösungsansätzen aufgrund gegebener

Verhältnisse möglich sein, um in der beispielhaften Konzeptplanung

zur Wellritzstraße in Wiesbaden einen vielseitigen und angepassten

Maßnahmenkatalog entwickeln zu können.

Bei der ersten Begehung des mir vorher unbekannten

Planungsgebietes war ich sehr gespannt, was mich erwartet und wie

sich der multikulturelle Straßenzug so zeigt. Beeindruckt von dem

gastronomischen Angebot und den Aromen, die sich über die Straße

legen, steigerte sich mein Interesse über die rein theoretischplanerische

Ebene hinaus. Gleichzeitig offenbarte sich dadurch eine

Falle, die insbesondere in den Kulturwissenschaften und der

11


Gesellschaftliche Zusammensetzung

18226 Einwohner:innen im Bezirk Westend, Bleichstraße

lt. Statistischem Jahrbuch, Stand 31.12.2020 ; Amt für Statistik und Stadtforschung

12


Gesellschaftliche Zusammensetzung

Konfessionen

Demografie im stadtweiten Vergleich

Im Inneren Westend leben die

Menschen am dichtesten

Aufeinander. Auf einen km2

kommen 27 264 Einwohner:innen

(leicht steigende Tendenz), im

gesamten Westend gibt es Ø 1,79

Personen in 10 218 Haushalten,

wobei im Inneren Westend die Zahl

wesentlich höher ist und die

Wohndauer stadtweit sehr kurz ist.

Es hat eine überdurchschnittlich

hohe Arbeitslosenquote, SGB II

Bezieher:innen, überdurchschnittlich

viele Kinder (ca. 50% von

Kinderarmut bedroht) und vor allem

junge Erwachsene. Es hat einen

unterdurchschnittlich geringen

Versorgungsgrad für 0- bis 6-Jährige,

keine Grund-, Haupt- oder

Realschule.

lt. Statistischem Jahrbuch, Stand 31.12.2020; Amt für Statistik und Stadtforschung, Webseite der Stadt Wiesbaden

13


Ethnologie eine große Herausforderung darstellt. Die objektive

Wahrnehmung des Gegebenen erweist sich als ein romantisierender

Blick auf die kulinarische Vielfalt der Cafés und Restaurants.

Begründet liegt dieser Exotismus in einem Habitus, der durch einen

relativ gut situierten bildungsbürgerlichen mehrheitsgesellschaftlichen

Hintergrund geprägt ist. Gleichen Hintergrund teile ich mir mit einer

Mehrheit entscheidungstragenden Akteur:innen der Stadtplanung und

Stadtpolitik. So muss anerkannt werden, das Stadtteilbewohner:innen

ihre Wohnumgebung mit den alltäglichen Erfahrungswerten sicher aus

einem anderen Blickwinkel sehen. Diese Erfahrungsdimension, die

eben auch (andere) Probleme des Lebens auf der Straße wahrnehmen

lässt, kann mit einer eurozentrische Außenperspektive nie in Gänze

nachvollzogen werden. Und doch ist sie von einer qualitativen Dichte,

auch wenn sie in den klassischen Mechanismen der Teilhabe an

städtischen Prozessen selten Gehör findet.

Es stellt sich die Frage, wie mit der Gefahr eines patriarchal

hegemonialen Ungleichgewichtes umgegangen werden kann, welches

sich sowohl in diskursiven Deutungshoheiten als auch in größeren

Handlungsmöglichkeiten wiederspiegelt. Da im Rahmen einer

Bachelorthesis eine Mehrstimmigkeit und die Inklusion von

betroffenen Akteur:innenstimmen auf allen Ebenen der Konzeption

nur schwer möglich ist, greife ich zum folgenden Lösungsansatz. Es

gilt eine umfassende und diskriminierungssensible Recherche an den

Tag zu legen, um einseitige Interpretation der Ergebnisse aus einer

teilnehmenden Beobachtung zu vermeiden. Ich habe im Rahmen der

Arbeit über einen Zeitraum hinweg mit unterschiedlichen

Akteur:innen (aus der Stadtverwaltung, Stadtentwicklung,

Bewohner:innen und Forschende) Gespräche geführt und Begehungen

14


gemacht, die meine Wahrnehmung des Planungsgebietes erweiterten.

Ein weiterer Aspekt ist die Transparenz im Umgang mit den Grenzen

von Objektivität im Recherche- und Planungsprozess. Die

Offenlegung der zwangsläufig beschränkten Sicht, soll auch meiner

Konzeption zu der Wellritzstraße unterliegen, die keinesfalls einen

Anspruch auf Rechtmäßigkeit oder Vollständigkeit transportieren soll.

Sie dient ausschließlich als Beispiel, deren Elemente als typologische

Untersuchung mit Realitätsbezug gelesen und herausgelöst werden

können. Um die Gefahr einer spezifischen Festlegung und damit einer

zwangsläufigen Verkürzung der Möglichkeiten zu binden, verzichte

ich auf eine über die Konzeption hinausgehende Planung und

pointiere die Handlungsmöglichkeiten vergleichbar mit einem

Werkzeugkasten.

Aufbau

Um der Verbindung kulturwissenschaftlicher und freiraumplanerischer

Herangehensweisen gerecht zu werden, stehen an thematischen

Schnittstellen die Erkenntnisse aus Theorie und Praxis gegenüber.

Diese methodische Verzahnung soll der:dem Leser:in farblich markiert

Schritt für Schritt in die komplexe Thematik leiten und bildet sogleich

den nicht linearen Erkenntnisprozess ab.

Mit einer kurzen Einführung in die Raumtheorie im Kapitel 1 soll der

Grundstein gelegt werden, der meinen kulturanthropologischen Ansatz

und meine Haltung in dem freiraumplanerischen Prozess, dessen

Gegenstand diese vorliegende Arbeit darstellt, verständlich macht.

Ausgehend von der Annahme, dass Raum eine soziale Konstruktion

ist, in der die physische gebaute Umwelt nur einer von vielen Faktoren

15


darstellt, wird das soziale (Aus)Handeln von Akteur:innen ins Zentrum

gerückt. Alltagweltliche Praktiken und Dynamiken werden in

Wechselwirkung von seiner Form determiniert. Das Urbane, so

Henri Lefebvre, ist ein Verwobenheit zwischen Unterschiedlichem im

Raum. Mit Zuhilfenahme von seinen Ausführungen zu Raum und

Urbanisierung soll die Stellung des gesellschaftlichen

Zusammenhangs im städtischen Beziehungsgeflecht sichtbar werden.

Wie die räumliche Praxis und die Repräsentation des Raumes

ineinander verzahnt sind, zeigt sich in der Performativität des sozialen

Raumes, welche am Beispiel der Sprechakttheorie von John L. Austin

erklärt und dessen Tragweite mit Judith Butlers Auseinandersetzung

verdeutlicht wird.

Im Kapitel 2 werden Konzepte kultureller Vielfalt dargestellt.

Ausgehend von westlichen (Stadt-)Gesellschaften, die mehr oder

minder immer von einer kulturellen Durchmischung geprägt sind,

werden theoretische Bezüge aus den US-amerikanischen und

europäischen Kulturwissenschaften gezogen. Vor allem taucht immer

wieder der Begriff des Multikulturalismus im öffentlichen Diskurs auf,

wenn es um die Existenz und Interaktion von Menschen aus

unterschiedlichen kulturellen Kontexten im öffentlichen Raum geht.

Mit der Verwendung des Begriffs gehen ideologische Problematiken

einher. Mit der Einführung kulturwissenschaftlicher Debatten sollen

kurz bestimmte Aspekte, die in der Freiraumplanung eine Relevanz

aufweisen, kritisch untersucht werden. Ein großes Problem besteht in

der nach wie vor dominierenden Kategorisierung nach Ethnizität,

Religion und Nationalität, wenn es um empirische Methoden der

Stadtsoziologie, insbesondere aber stadtplanerische und stadtpolitische

um Organisationsmechanismen und -instrumente geht. Ein dadurch

16


verkürztes Verständnis kultureller Heterogenität in Gesellschaften soll

mit einer Relativierung dieser Kategorien im Sinne Steven Vertovecs

Super-Diversity die Komplexität diverser Stadtgesellschaften

auszeigen. Mit einem Perspektivenwechsel und dem Konzept der

Transkulturalität möchte ich versuchen, die wesentlichen Aspekte der

Vielfaltsdebatte zu subsumieren, um sie für die Freiraumplanung

handhabbar zu machen. Auf Basis der stadtsoziologischen

Ausführungen in den einzelnen Unterkapiteln werden regelmäßig

Aspekte freigestellt, die eine planungspraktische Relevanz aufweisen.

Sie sollen der Entwicklung transkultureller Freiräume für die

Wellritzstraße dienen und werden ab Kapitel 4 am konkreten Beispiel

ausformuliert.

In den herangezogenen Studien werden unterschiedliche

Kulturbegriffe und - konzepte zugrundegelegt. Im Rahmen

meiner Ausführungen sollen die unterschiedlichen

theoretischen Konzeptionen keine Rolle spielen, da sie in

der Argumentation der vorliegenden Arbeit eine

untergeordnete Rolle spielen. Wesentlicher Aspekt der

Studien ist der freiraumplanischer Umgang mit Diversität

und kultureller Vielfalt im öffentlichen Raum. Dieser lässt

sie vergleichbar machen und bildet den wesentlichen

Kontext, um sich der Thematik der vorliegenden Arbeit zu

nähern.

Um die theoretischen Modelle für eine Planung und Gestaltung im

realen Stadtraum nutzbar zu machen, untersuche ich in Kapitel 3

Zusammenhänge von Stadtraum und kultureller Heterogenität im

öffentlichen Raum. Heterogenität als Chance in stadtplanerischen und

-politischen Möglichkeitsrahmen zu sehen, impliziert eine

Veränderung der Wahrnehmung von Vielfalt als Ursache für

konfliktbehaftete Aushandlungsprozesse im öffentlichen Raum. Ein

kurzer stadtsoziologischer Exkurs wird hier vorangestellt, um zu

verdeutlichen, wie es zu der aktuellen Lage (und Rezeption)

stadträumlicher Zusammensetzungen kam. Die Idee der Diverse City

spannt den Bogen über die gesellschaftliche Ausdifferenzierung hin zu

der Erfahrung von Vielfalt im Stadtraum. Sichtbarkeit und Teilhabe

spielen an dieser Stelle eine große Rolle. Ich beziehe aktuelle

empirische Studien der Stadtforschung bzw. urban design ein, welche

anhand von existierenden Freiräumen Rückschlüsse auf die Gestaltung

bedeutungsvoller Begegnungsräume im transkulturellen Kontext

17


Klima // Grünraumgerechtigkeit // Gesundheit

Die in Mitte und Westend wohnenden 14 % Wiesbadener:innen verfügen

über 0,47 % der vorhandenen Grünflächen. Der Grünflächenanteil beträgt

lediglich 0,5 bis 3,0 m2 pro Einwohner:in (Richtwert für die Stadt

Wiesbaden: 15 m2 por Einwohner:in).

Anzahl der Bäume in der Wellritzstraße: 0

Integriertes Stadtkonzept Zukunft Stadtgrün 2020

Die Wellritzstraße liegt in einer Kessellage im höchst intensiven

innerstädtisches Überwärmungsgebiet mit eingeschränktem Luftaustausch.

Hier liegt die Feinstaubbelastung von über 2000 kg/km2*a mit am

höchsten. Die Lärmbelastung liegt im unteren Bereich.

18


zulassen. Praktische Gestaltungsansätze der Studien werden

abschließend gesammelt, um Leitlinien für die Freiraumplanung der

Wellritzstraße im Rahmen der Bachelorthesis herauszuarbeiten.

Kapitel 4 bildet die freiraumplanerischen Möglichkeiten an einer

Konzeptplanung für die Entwicklung der Wellritzstraße in Wiesbaden

ab. Über die konkreten Ortspezifika werden hier insbesondere Toolkits

herausgearbeitet, die für die Gestaltung transkultureller Räume und

städtische Transformationsprozesse von besonderer Relevanz sind.

Diese sind wie thematische Bausätze gedacht, die als

Handlungsempfehlungen modifizierbar und übertragbar auf andere

städtische Kontexte gelesen werden sollen. Sie bilden die Quintessenz

der Erkenntnisse der vorherigen Kapitel und werden als konkrete

Maßnahmen aufbereitet.

Die Conclusio soll als Resümee diese Arbeit abschließen und weitere

Entwicklungsmöglichkeiten im Kontext des Planungsgebietes und

freiraumplanerischer Methodik auszeigen.

19



KAPITEL I

STÄDTISCHER RAUM ALS SOZIALE KONSTRUKTION

21


Mit dem spacial turn zog in den späten 1980er Jahren ein Paradigmenwechsel

in die Kultur- und Sozialwissenschaften, die den physisch

messbaren Raum als kulturelle Größe wahrnimmt (Roskamm 2012).

Diese maßgeblich von der kritischen Geographie und Raumsoziologie

angetriebene Wende begründet sich ausdrücklich in Referenz zu den

französischen Philosophen und Soziologen Michel Foucault und Henri

Lefebvre. Die Ausführungen von Lefebvre zu Raum erweisen sich als

sehr hilfreich, um meine Perspektive auf Stadtraum und die Aufgaben

der freiraumplanerischen Disziplin zu erläutern. Seine Prägung der

Begriffe von Raum, Alltagsleben und dem Urbanen stehen für

eine Bejahung der Differenzen, des Subjektiven und realen Erfahrungen

um gegen eine Entfremdung und Homogenisierung (aufgrund des

modernistischen Städtebaus) plädieren (vgl. Lefebvre 2008).

Alltagsgebräuchliche Raumbegriffe wie `virtueller Raum` oder `safe

space brauchen keine physikalische Größe und beschreiben dennoch

mehrdimensionale Bezüge. Individuen, Dinge, Symbole und Handlungen

stehen in einem wechselseitigen und dynamischen Verhältnis zueinander.

Raum verweist auf die Verteilung sozialer Positionen, die

über das Materielle hergestellt und gesichert werden. Es sind die Beziehungen

verschiedener Elemente physisch-materieller Natur sowie

Imaginationen und gesellschaftlicher Verhältnisse als räumliche Dimension,

die Lefebvre in seiner Veröffentlichung La production de

lespace von 1974 in den Fokus rückt (vgl. Lefebvre 1991). Die Elemente

in ihrer Unterschiedlichkeit in Beziehung zu setzen bringt das

Problem mit sich, bisherige Wertekategorien und Hierarchien ebenso

Raum

22


zu relativieren und Verhältnisse der Widersprüchlichkeit zuzulassen.

"Der Raum ist dann weder das Gebäude noch der Stadtplan noch das

Quartiersimage sondern die Beziehungen zwischen derartigen

Elementen des Raumes. Das heißt weder, dass Raum nicht auch

verfestigte Elemente hat (wie Gebautes, Institutionen oder Leitbilder)

noch, dass es so etwas wie Raum gar nicht geben kann, weil er zu

flüchtig ist. (Vogelpohl 2012:38)

Die gebaute Umwelt muss im Zusammenhang mit den bewussten, oft

mit Interessen verknüpften Konzepten über den Raum einerseits und

den subjektiven Vorstellungen von Raum andererseits gesehen werden

(ebd). Raum entsteht im sozialen Prozess und ist dementsprechend stetigen

Veränderungen unterlegen. Ein Wohnhaus wird beispielsweise

erst durch das Wahrnehmen, Nutzen und (Re-)Agieren von Menschen

zu dem, was es sein kann.

Every society […] produces

space; its own space“

Nach Lefebvre besteht der Produktionsprozess aus dem Zusammenspiel

dreier räumlicher Dimensionen: die räumliche Praxis (materiell

erfahrene Dimension des wahrgenommenen Raumes), der gezielt repräsentierten

Dimension des konzipierten Raumes (Repräsentation des

Raumes) und der imaginierten oder gefühlten Dimension des gelebten

Raumes (Räume der Repräsentation) (Lefebvre 1991:38f). Einen besonderen

Stellenwert nimmt hier die räumliche Praxis ein.

Henri Lefebvre 1991:31

23


Erdgeschossnutzung

Geschäfte des alltäglichen Bedarfs, Trödel, Elektronik, Juweliere sind hier ansässig.

Z.T. traditionsreiche Gastronomie mit unterschiedlicher Ausrichtung (kurdisch,

afghanisch, italienisch, koreanisch, deutsch, marokkanisch, Burger, Fisch, Wraps,

Döner etc.), Sportwettbüros und 'internationale' Lebensmittelgeschäfte definieren die

Hauptnutzung der Parterre.

24


Alltagsleben

Ein Blick auf alltagsweltliche Praktiken sowie auf die performative

Bedingtheit von gebauter Umwelt soll im Folgenden genügen, um den

Stellenwert der sozialen Konstruktion von Raum für die

Freiraumplanung herauszustellen. Raum und folglich auch urbane

Räume werden als Ergebnis sozialer Interaktion und Praktiken

gesehen. Die soziale Konstruktion ergänzt und relativiert euklidische

Raumauffassungen. Gesellschaften und Individuen gestalten und

definieren ihre Räume und umgekehrt lässt sich an der Produktion des

Raumes ablesen werden, wie Gesellschaft funktioniert (Vogelpohl

2012:38).

Alltagsleben ist für Lefebvre, wie Raum, als Ausdruck

gesellschaftlicher Verhältnisse zu sehen. Es steht für das

Zusammenspiel von Individuum und Gesellschaft, das im Ablauf des

täglichen Lebens deutlich und im Raum realisiert wird (vgl. Lefebvre

1977). So wird der visuell-sichtbare Stadtraum definiert von dem

Gang der Bewohner:innen zum Supermarkt, der Warteschlange an der

Bushaltestelle und einem freundlichen Winken, um den Nachbarn

einen schönen Tag zu wünschen. Es sind die Beziehungen zwischen

Arbeit, Familie und Privatleben, die von individuellen Entscheidungen

und sozialen Rahmenbedingungen geformt werden.

Dabei spielt für Lefebre die Regelmäßigkeit der Rhythmus eine

große Rolle, da sich an ihm die Muster des Alltagslebens erkennen

lassen (Lefebvre 2004:12). In der Wiederholbarkeit und der

Wiederholung unterscheidet sich eine situative Performance von

Praktiken, die Normen und Konventionen des Miteinanders im

öffentlichen Raum produziert (vgl. Meyer 2011:317).

25


Bewegungsdynamiken

Fussgänger // Radfahrer // Auto

Ein- und Ausgänge

"Ich gehe mit den Kindern lieber den Umweg durch die Wellritzstraße,

weil es verkehrsberuhigt ist und am Platz der dt. Einheit zuviele

Alkis abhängen." Eine Bewohnerin des äußeren Westends

26

Die Wellritzstraße ist eine wichtige Verbindung der Stadtteile, der z. T.

großzügige Straßenraum macht das Gehen angenehm. Mündungen im

Westen und Norden sind mit dem Autoverkehr und Parksituation für

Fußgänger:innen eher problematisch. Radfahrer, Fussgänger und Außengastronomie

teilen sich den engen Bürgersteig. In Fassadennähe

versammeln sich kleine Gruppen (meist sind Männer dominierend).

Die Eingänge zu den Wohn- und Geschäftshäusern sind regelmässig

und dicht verteilt mit wenig freien Flächen vor Fassaden.


Urbanisierung

Lefebvre stellt in der Urbanisierung der Gesellschaft eine enge Verbindung

von bestimmten Raumentwicklungen zu gesellschaftlichen

Veränderungen her. Das Urbane ist ein Beziehungsgeflecht zwischen

Unterschiedlichem im Raum. Es sind Zusammenhänge, wie sie in einer

nicht-kapitalistischen, kollektiv gestaltbaren und individuell erlebbaren

Gesellschaft wären. Lefebvres Art der Urbanisierung [stellt]

eine Art Idealentwicklung einer Gesellschaft dar und [] Differentialität

[ist] darin ein zentrales Merkmal, das in Bezug zur Rolle von

Vielfalt in der Stadtentwicklung gestellt werden kann (Vogelpohl

2012:19, H.i.O.) Was Lefebvre explizit unter Differenzen versteht,

wird nicht näher erläutert, denn es geht ihm vielmehr darum, durch die

Unterschiedlichkeit individuelle und kollektive Bedürfnisse zu entdecken.

Das erzeuge Bewegung und Veränderung, die unterschiedlichste

Entwicklungen nehmen könne (Lefebvre 2008, 112).

The form of the urban, its supreme reason, namely simultaneity and

encounter, cannot disappear [...] As a place of encounters, focus of

communication and information, the urban becomes what it always

was: place of desire, permanent disequilibrium, seat of the dissolution

of normalities and constraints, the moment of play and of the

unpredictable. (Lefebvre 1996:129)

Insofern nehmen stadtpolitische und -planerische Maßnahmen in der

Raumentwicklung eine große Rolle ein. Sie vermitteln zwischen Alltag

und Gesellschaft, indem sie hegemonial über die Gestaltung der

baulichen Umwelt Einfluss nehmen. Raum und Raumpolitik sind

Ausdruck der Gesellschaftsbeziehungen und wirken sich auf sie

aus. (Lefebvre 1972:21)

27


Die Stadt wird entlang der Techniken der Urbanisierung zur zweiten

Natur der Menschen, die der Entwicklung ihrer subjektiven Vermögen

und Fähigkeiten förderlich oder hinderlich ist. (Lefebvre 1975:268)

Die Möglichkeiten des urbanen Zusammenlebens, so Lefebvre, soll

ihren Bewohner:innen helfen, ihr Leben emanzipatorisch erarbeiten zu

können.

Roland Meyer führt in seinem Sammelband Zur Ästhetik des sozialen

Raumes aus, inwieweit Architektur Situationen einrichtet, die als

Rahmung und Plattform sozialer Praxis sinnliche, erfahrbare und gestaltbare

Momente hervorbringt. Situationen vergleichbar mit Lefebvres

Idee des Urbanen werden im Handeln hervorgebracht und

wirken auf Handlungsmöglichkeiten zurück. [] Ein Architekturbegriff,

der nicht objekt-, sondern situationsbezogen verstanden wird, fokussiert

daher Praktiken eher als Formen, Prozesse eher als

Ereignisse. (Meyer 2011:316) Der Begriff der Performativität betont

den konstitutiven Charakter sozialer Handlungen. In dieser Konstitution

bezeichnet das Performative sowohl das Gelingen sozialer Prozesse,

wie auch deren Veränderbarkeit, Fragilität und Scheitern, das dann

wieder zu neuen sozialen Wirklichkeiten führen kann. (Wulf

2001:12)

Performativität des sozialen

Raumes

Die von John L. Austin entwickelte Sprechakttheorie bezeichnet solche

Äußerungen als performativ, die nicht nur die Welt beschreiben,

sondern selbst Wirkungen wie Handlungen in der Welt hervorrufen

(vgl. Austin 1962). Diese praktische Wirksamkeit kann man ebenso

anderen kulturellen Äußerungen wie der Kunst, Bewegungen wie dem

28


Exponiertheit // Interaktion

Mit der Verkehrsberuhigung der mittleren Abschnitte wurde die Autostraße zu einem großen

exponierten Gehweg. Es ist nicht möglich, ungesehen oder für sich die Straße entlang zu laufen,

da sich häufig kleinere Gruppen (von meist Männern) in Fassadennähe treffen und das

Geschehen beobachten. In den äußeren Abschnitte nist der Gehweg links und rechts sehr eng,

wodurch die Exponiertheit genommen ist, man aber eng an einander vorbei gehen muss. Frauen

sind auf der Straße nicht sichtbar.

Eine Lebensweltanalyse des Kinderzentrums Georg-Buch-Haus im Jahr 2000 zeigte, dass die

Kinder des Wellritzhofes durch große Kampfhunde und oft auch ältere Jugendliche verängstigt

sind, deren Ausweichen nicht möglich ist. Folglich fehle es an Plätzen für Jugendliche, alternative

weniger exponierte Wegebeziehungen, bei denen man sich unbeobachtet fühlt und man

sich ganz bewusst verstecken kann.

vgl. Lebensweltanalyse Wild, wild, West 2000

29


Spazierengehen oder eben der Architektur zuschreiben. Sie sind erfahrbar,

erlebbar, prägen und verändern die Situation. Mit Blick auf

die Freiraumplanung ist die Performativität von Räumen von Interesse,

die speziell von spielerischem Umgang von vorgefundenen Situationen,

unbewusster alltäglicher Aneignung des Raumes und von

subversiven Praktiken ausgeht.

"Die Performativität ist [] kein einmaliger Akt, denn sie ist immer

die Wiederholung einer oder mehrerer Normen; und in dem Ausmaß,

in dem sie in der Gegenwart einen handlungsähnlichen Status

erlangt, verschleiert oder verbirgt sie die Konventionen, deren

Wiederholung sie ist. (Butler 1997, S. 36)

Identitäten sind, so Judith Butler, nicht gegeben, sondern werden im

Kontext sozialer Bezüge hergestellt. Dabei geht es nicht nur um geschlechtliche-körperliche,

sondern auch um soziale, ethnische oder religiöse

Praktiken, die durch räumliche Anordnung und die mit ihr

verbundenen Praktiken eingeübt und aufrechterhalten werden (Meyer

2011:319). Architektur als Rahmung des sozialen Raumes bringt ebenso

Normen und Zwänge mit, die individuelle Handlungen und letztlich

Individuen selbst einschränken. (Butler 1997, S. 36). Während die

Nutzung durch Bauten festgelegt und beschränkt werden, überschreitet

die Nutzung auch diese Grenzen immer wieder.

Die räumliche Praxis und der gebaute physische Raum, welcher sich

nach Lefebvre in der Ebene der Reproduktion des Raumes widerspiegelt,

ergeben für sozial-räumliche Praktiken das framing, die mentale

Bühne für strategisches Raumergreifen. (Politik der

Lebenstile) (Dangschat 2009:323; H. i. O.) Architektur kann dazu

30


dienen, öffentliche Orte spezifischen Gruppen zuzuordnen und andere

auszugrenzen. Wenn Aufenthalt dadurch unwahrscheinlich gemacht

wird, wichtige Ausstattungen fehlen oder eine Ästhetik produziert

wird, die durch spezifische Gruppen nicht akzeptiert wird, ist sie ein

Herrschaftsinstrument (ebd.).

Die Diskrepanz der Zeitlichkeit von Architektur und einer Veränderung

von potenziellen Nutzer:innengruppen, neue Anforderungen an

Raum oder neue Aneignungsprozesse, legen in der Spannung vorherrschende

Machtverhältnisse offen. Wiederkehrende Handlungen, die

als subversive Gebrauchsweisen vorgegebene Nutzungen und Codierungen

unterlaufen, dienen der spielerischen Auseinandersetzung und

der Kunst der Aneignung. Sie brechen Ein- und Ausgrenzungstendenzen.

Individuen sind folglich weder der Architektur noch dem sozialen

Raum gänzlich ausgeliefert; als handlungsbefähigte Akteur:innen artikulieren

und gestalten sie den (Stadt-)Raum.

31


32

Handlungsbedarf Förderprogramm Sozialer Zusammenhalt


Auszug Integriertes Stadtentwicklungskonzept Zukunft Stadtgrün

Stärken und Schwächen

in Bezug auf Grünraumgerechtigkeit, Handlungsbedarf

aufgrund von der Armut qualitativer Freiräume im Inneren

Westend

Im Vergleich:

Die geplanten (im Inneren Westend fehlenden)

Einzelmaßnahmen

33


Entwicklungsbemühungen

Fördergebiet der Hessischen Gemeinschaftinitiative

Sozialer Zusammenhalt

2009 Eröffnung des Wellritzhofes als Kinderzentrum mit

einer Erweiterung um senior:innengerechten Wohnraum

2017 Neugestaltung des Platzes der deutschen Einheit

(Bäche ans Licht)

2019 und 2021 Pilotprojekt und Anwohner:inneninitiative

Fußgängerzone Wellritzstraße (zwischen Walram- und

Helenenstraße) in im zwei Abschnitten

Integriertes Stadtentwicklungskonzept Zukunft Stadtgrün

mit drei Leitbildern:

Grün-blaue Bänder / Bäche ans Licht

Alleen als Identitätsorte

Mikro-Oasen (keine im Inneren Westend vorgesehen)

(geplant 2022) Öffnung des Wellritzbachs in der

Bleichstraße

(geplant 2022) Öffnung des Kesselbachs und Vitalisierung

des Sedanplatzes

Ein genereller Handlungsbedarf wird vielfältig

aufgezeigt.

34


Auswertung der Analyse zur Wellritzstraße

- Wenig Kontaktzonen zum Austausch

- "sozialer Brennpunkt", Angstraum

- wenig Partizipationsmöglichkeiten

seitens der Anwohner:innen

- hohe Versiegelung, kein Grünraum oder

Freiraum für vielfältige Nutzung

- keine Rückzugsmöglichkeiten

- Offene Straße als unfreiwillige Bühne

- kein Erfahrungs- und Spielraum

- bestimmte Nutzer:innengruppen

dominieren und exkludieren andere

- fehlende Entwicklungskonzepte

Schwächen

Stärken

- lebendige Straße durch

Heterogenität

- gute Infrastruktur und

Alltagseinbindung

- stadtgeografisch gute Lage zwischen

Stadtteilen

- eigener Charakter und kulinarische

Attraktivität

- Aktive Akteur:innen

Chancen

- Vielfältige Kulturen sichtbar machen

- Attraktive und unterschiedliche

Kontaktzonen schaffen

- Aktivierung der Anwohner:innen für

eigene Verantwortlichkeit (aus der

Gemeinschaft heraus)

- Partizipation aus den Initiativen/

Gemeinden heraus "auf die Straße" bringen

- gleichberechtigten Lebensraum für Viele

- Aufwertung in der Außenwirkung

- Balance zwischen Wohnen und

kommerzieller Nutzung

35


36


KAPITEL II

HERAUSFORDERUNG KULTURELLE VIELFALT?

37


Spätestens nach einem starken Anstieg der Zuwanderungen nach

Deutschland nach der Wende in den 1990er Jahren, wurde auf politischer

Ebene erkannt, das viele Zugewanderte langfristig einen wichtigen

Teil der Gesellschaft ausmachen würden. Durch ihre Sichtbarkeit

in öffentlichen Räumen musste sich Deutschland seiner Realität als

Einwanderungsland stellen. Mit der Frage, wie sich die deutsche Gesellschaft

mit dieser kulturellen Mischung konstituiert, entwickelte

sich eine Debatte um Integration der Migrant:innen, welche sich auf

politscher Ebene zu Zeiten der Gastarbeiter:innen-Programme nicht

durchsetzen konnte. Lange ging man davon aus das die zeitlich befristete

Erwerbstätigkeit nur zu einem vorübergehenden Aufenthalt führt.

Diese Vorstellung begründet sich in der Idee einer einheitlichen Nationalkultur,

was in einer sozialen Exklusion der kulturell Anderen

mündete. Diese Abtrennung erlaubte der Mehrheitsgesellschaft, die

gesellschaftliche Ausdifferenzierung nicht als gesamtgesellschaftliches

Phänomen anerkennen und in ihrer vermeintlichen Temporalität erstmal

nicht berücksichtigen zu müssen.

Eine damalige Integrationsdebatte, wie migrantische Kulturen in einem

sozialen Miteinander anerkannt und durch Teilhabe bemächtigt

werden, hätte die bis heute anhaltendende Problematisierung von Heterogenität

reduzieren können. Ballungen von Menschen mit migrantischen

Erfahrungen in zumeist schlecht ausgestatteten Stadtteilen

oder Wohnlagen behalten weiterhin das Image von Ghettos oder

Problemviertel.

Das Problem mit dem

Integrationsgedanken

In dem heutigen Kontext muss der Integrationsbegriff neu bewertet

werden. Ein Diskurs, bei dem Zugewanderte als Problem gelesen

38


Inklusion

Um in meiner weiteren Planung das inhärente Problem

von Machtverhältnissen zumindest zu adressieren,

möchte ich bei der freiraumplanerischen Konzeption zur

Wellritzstraße auf diesen Begriff verzichten und stattdessen

die Idee der Inklusion zugrundelegen. Während

Integration davon ausgeht, dass eine Gesellschaft aus einer

relativ homogenen Mehrheitsgruppe und einer kleineren

Außengruppe besteht, die in das bestehende

System integriert werden muss, stellt die Inklusion eine

Abkehr von dieser Zwei-Gruppen-Theorie dar und betrachtet

alle Menschen als gleichberechtigte Individuen.

Die Inklusion betrachtet die kulturelle Heterogenität der

Gesellschaft als grundlegend und selbstverständlich.

Hier muss sich nicht der Einzelne dem System anpassen,

sondern die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen

müssen so flexibel gestaltet sein, dass sie jedem Einzelnen

eine gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen.

werden, dass über Integration gelöst werden könne (vgl. Hess und

Moser 2009), erscheint zu Recht als nicht mehr zeitgemäß. Im alltagssprachlichen

Kontext impliziert der Begriff der Integration ein hegemoniales

Ungleichgewicht zugunsten einer Mehrheitsgesellschaft.

Von Zuwandernden wird verlangt, sich in die aufnehmende Gesellschaft

zu integrieren, sich also einzufügen, ein Teil des Ganzen zu

werden (Pangiotidis 2019; H. i. O.). Dieses Verständnis begründet

sich in den Anfängen angloamerikanischer Stadtforschung, allen voran

die bis heute einflussreiche Chicagoer Schule beginnend in den 1930er

Jahren um Robert E. Park, William I. Thomas und Ernest Burgess. Es

entstanden eine Reihe von sozialwissenschaftlichen Studien, die die

Stadt als melting pot stilisierten; als Schmelztiegel in dem sich alle

Kulturen zu einer verbinden. Dieses Modell wurde maßgeblich von

Milton Gordon weiterentwickelt und stellt eines der Idealbilder der

USA dar. Es basiert auf der ideologischen Vorstellung einer vollständige

Assimilation der Migrant:innen in die vorherrschende core society

( vgl. Han 2004: 324f.)

Bis in die 1960er Jahre wurde Integration als linearer Prozess der Anpassung

an die aufnehmende Gesellschaft propagiert. Integration und

Assimilation sind Begriffe, die sich aus der Perspektive von Mehrheitsgesellschaften

begründen und hegemoniale Herrschaftsstrukturen

sowie Deutungshoheiten aufzeigen und reproduzieren. Bis heute wird

der Begriff häufig unbestimmt verwendet und ggf. umgedeutet, so z.B.

im Werkstattbericht Integration im öffentlichen Raum der Stadt

Wien. Auch in der öffentlichen Debatte um eine Leitkultur taucht Integration

als Forderung einer Anpassung an die (deutschen) Mehrheitsgesellschaft

auf (vgl. Tibi 2017).

39


Multikulturalismus beschreibt in der reinen Wortbedeutung das Vorhandensein

verschiedener Kulturen in Beziehung zueinander. Die

Bundeszentrale für politische Bildung sieht darin die Tatsache, dass

moderne Gesellschaften aufgrund ihrer freiheitlich-offenen Ordnung

an kultureller Vielgestaltigkeit zunehmen und verbindet dies mit einer

politischen Forderung und soziale Absicht, Wege für das friedliche

und nützliche Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Lebensstile

zu finden (Bundeszentrale für politische Bildung 2021). Als

sozialtheoretisches Modell impliziert es auf einer normativen Ebene

das Zusammenleben von unterschiedlichen Kulturen ohne eine Assimilation

anzustreben oder Vermischungen zu ermöglichen. Dies steht

einer Vorstellung einer dominanten Nationalkultur entgegen, von der

ein Anpassungsdruck von Minderheiten ausgeht. In einem theoretischen

Nebeneinander entfallen neben den Verbindungen auch übergreifende

Kontroll- oder Machtstrukturen, dass die Angst, eine

Gruppe braue ihr eigenes Süppchen schürt. In der Wahrnehmung der

Unterschiede liegt eine Hervorhebung der jeweiligen Eigenheiten um

diese auf politischer Handlungsebene anzuerkennen und gleichberechtigt

behandeln zu können (vgl. Schubert/ Klein 2020). Diese Hervorhebung

begründet sich ebenfalls in der Entwicklung einer statistischen

Ordnungskategorie, die politischen Akteur:innen ein Instrument an die

Hand geben soll, Gesellschaften zu analysieren und in ihrer Vielfältigkeit

greifbarer zu machen.

Ein beschreibendes Bild des Multikulturalismus ist die sog. Salatschüssel,

welches sich seit den 1960er Jahren in angloamerikanischen

Studien durchgesetzt hat*. Dieses Model bringt verschiedene Kulturen

wie Zutaten für einen gemischten Salat zusammen, die aber nicht ver-

Multi-Kulti-Anything-goes?

* Die salad bowl löste das zuvor benannte Modell

des melting pot ab. Da beide als rein theoretische

Konzepte am Beispiel der Zusammensetzungen USamerikanischen

Großstädten entwickelt wurden, muss

ihre Anwendbarkeit auf Länder mit gänzlich anderen

Einwanderungsgeschichten in Frage gestellt werden.

40


schmelzen, sondern nebeneinander mit ihren spezifischen Qualitäten

erkennbar sind. Als vielzitiertes Beispiel dient hier New York, welches

mit seiner sozialräumlichen Trennung in towns und districts ein Mosaik

von Kulturen ausbreitet und das kulturelle Erbe der jeweiligen Ethnizitäten

scheinbar bewahrt bleibt*. Es entsteht ein vielfältiges Bild

einer Gesellschaft in der Tradition eines kulturellen Pluralismus. Es

bedeutet dabei, dass die ethnischen Gruppen unter Wahrung ihrer

Kultur in die amerikanische Gesellschaft so integriert werden sollen,

dass sie friedlich und gleichberechtigt zusammenleben können. Der

gegenseitige Respekt und die Aufrechterhaltung der kulturellen Unterschiede

und Eigenwert sollen als gesellschaftspolitisches Ziel angestrebt

werden (Han 2004:325).

*Eine genauere Betrachtung von Little Italy oder

China Town macht deutlich, das diese kulturellen

Enklaven unterschieldlichen Entwicklungsprozessen

und Einflüssen im Vergleich zur Herkunftskultur-

(ländern) unterliegen.

Das Konzept des Multikulturalismus wurde vielfacht kritisiert und insbesondere

auf politischer Handlungsebene häufig als gescheitert betrachtet.

Der Berliner Kultursoziologe Andreas Reckwitz erläutert in

seinem Buch Das Ende der Illusion die Problematiken, die mit der

Umsetzung einhergehen. Er erläutert, dass eine linksliberale Politik

des Multikulturalismus einer kulturellen Desintegration in den Einwanderungsländern

Vorschub geleistet hat. Die liberale Identitätspolitik,

die diskriminierten sozialen Gruppen die Chance gibt, ein

kollektives Selbstbewusstsein zu erlangen sowie das Recht sozialer

Teilhabe und Respekt für kulturelle Überlieferungen einzufordern, erhält

zugleich das Risiko einer Selbstabschottung kultureller Communities

entlang von Kriterien wie Ethnizität und Religion eine

Entwicklung, die mittlerweile mancherorts von einer neuen 'weißen'

Identitätspolitik beantwortet wird (Reckwitz 2019:273, Herv. i. O.).

Ein meist fremdzugeschriebenes Anderssein aufgrund von eigener

oder familiärer Migrationserfahrung birgt die Gefahr klischeebehafteter

Annahmen und produziert soziale Ungleichheit (vgl. Scherr 2009).

41


Die Markierung von vielen Gruppen als die Anderen wird hier als

Fremdzuschreibung einer herrschenden Mehrheitsgesellschaft begriffen

(gemacht). Ein alleiniger Fokus auf Ethnizität, die den Multikulturalismus

bestimmt, trifft nicht die lebensweltliche Realität von

Individuen, deren Identität in einem komplexen Zusammenspiel zeitlich

und kontextabhängig konstituiert wird. Der heute auftretenden

Vielfalt, den Verflechtungen, zwischenräumlichen Übergängen und

hybriden Formen (vgl. Bhabha 1994) lassen eine einseitige Zuschreibung

nicht mehr zu.

Ethnizität und

Stereotypisierung

Nationalität und Ethnizität bilden nur eine Facette von Vielfalt und reichen

als Analysekriterien nicht aus. So spielen in Alter, Gender, Geschlecht,

Lebensstile, ökonomische und soziale Möglichkeiten und

Bildungsbiografien eine ebenso relevante Rolle für ein Zugehörigkeitsgefühl

und Identitätskonzepte. Identität zeigt sich unter anderem

je nach Alter, Zeit oder Situation flexibel im Kontext zu unterschiedlichen

Bezugsgrößen. Eine statische geschweige denn eine über Generationen

hinwegdauernde Gruppenzuordnung macht dies nicht mehr

möglich. Eine Gruppierung entlang kultureller Abgrenzungen negiert

einen übergreifenden Wertekonsens.

Insbesondere nationale oder ethnische Zugehörigkeiten und die religionsbezogene

Dimension werden dabei jeweils als von denen der autochthonen

Bevölkerung verschieden konzipiert (Schuster 2018:63).

Der Unterschied als Differenzierungsmerkmal blende, so Nina Schuster,

die Multidimensionalität aus. Diese Art der Kulturalisierung bedeutet,

dass Kultur für vielgestaltige Probleme verantwortlich

*Das Konzept des Othering wurde ausführlich u.a.

von Edward Said (u.a. in Orientalismus 1978) und

Gayatri Chakravorty Spivak (u.a. in The Rani of

Simur, 1985)

42


gemacht wird, wenn es (auch) um ganz anders gelagerte und anderswo

verursachte Konflikte und Probleme geht (Schuster 2018:67). Es

wird eine Simplifizierung sichtbar, die weder die miteinander verschränkten

Dimensionen sozialer Ungleichheit noch die Wechselwirkungen

mit den räumlichen Rahmenbedingungen der Stadtteile wie

Wohnverhältnisse und die infrastrukturelle Ausstattung usw. betrachtet,

ebenso wenig wie die raumbezogenen Dynamiken im gesamtstädtischen

und regionalen Kontext (Schuster 2018:71).

Relativierung

der ethnischen Kategorie Die Annahme, dass eine ethnische Zugehörigkeit für die Gesellschaftsmitglieder

die wichtigste Identifikationskategorie ist, ist angesichts

der vielfachen Zugehörigkeit zu verschiedenen nicht nur

ethnisch markierten Gruppen überholt (vgl. Rommelspacher

2002:185). Für eine Relativierung der engen ethnisch-kulturellen Distinktionskategorie

spricht Steven Vertovec von Super-Diversity.

Damit beschreibt er inhärente Komplexität innerhalb migrantischer

Gruppen, die nicht länger als homogen gelesen werden können:

a notion intended to underline a level and kind of complexity

surpassing anything the country has previously experienced. Such a

condition is distinguished by a dynamic interplay of variables among

an increased number of new, small and scattered, multiple-origin,

transnationally connected, socio-economically differentiated and

legally stratified immigrants who have arrived over the last

decade. (Vertovec 2007:1024)

43


44

Es kommt ein erweiterter Kulturbegriff zutage, welcher durch neue

weniger eurozentrische Stimmen in den Kulturwissenschaften lange

gefordert wurde. Spezifische Konstruktionen auf Basis von Klasse,

Race, Ethnizität, Geschlecht oder Sexualität werden aufgebrochen.

Diese wirken zusammen mit feministischen und queeren Diskurse in

die Stadtforschung ein. Unterscheidungs- und Verteilungsmuster in der

Stadt, so Gil Valentine in Living the Difference: Reflections on Geographies

of Encounter, wandten sich hin zu symbolischen wie auch

materiellen Prozessen der Inklusion und Exklusion. Auch Gentrifizierung

wurde als Konsumprodukt verstanden, bei dem sich Individuen

in bestimmte Lebensstile und Identitäten einkauften. Auch hier begannen

feministische Analysen, Zusammenhänge zwischen Gentrifizierung

und der veränderten Stellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt

zu erkennen. Zudem wirkte die zunehmende Sichtbarkeit queerer

Lebensentwürfe und u.a. die kommerzielle Verwertung schwuler Lebensstile

als schicke Kosmopolitanismus mit ein (Valentine 2008:76).

Die Postmoderne mit dem Ideal des Menschen, der von traditionellen

Zwängen befreit, über die Freiheit verfügt, seine eigenen Biografien

zu gestalten und zwischen verschiedenen Lebensstilen und sozialen

Bindungen zu wählen, so Valentine weiter, führte zu mehr offenen und

öffentlichen Äußerungen unterschiedlichster sozialer Identitäten und

Lebensweisen. Dazu zählen u.a. auch eine stärkere Sichtbarkeit von

Menschen mit Behinderungen, Transgender und Transsexuellen, unterschiedlichen

Religionen und spirituellen Überzeugungen sowie die

(für den Markt immer relevanter werdende) Lebensweise älterer Menschen

(ebd.).

Im Folgenden möchte ich auf einen erweiterten

Kulturbegriff zurückgreifen, wie er an dieser Stelle bereits

erläutert wurde. Vor allem im Kontext der Analyse zur

Konzeption der Wellritzstraße wird es aufgrund der

verfügbaren Daten und deren Verwertung nicht gänzlich

möglich sein, auf ethnisch-nationale Aspekte zu

verzichten. Auch braucht es paradoxerweise diese

Kategorie als Instrument der Sichtbarkeit von Vielfalt,

selbst wenn es diese Einordnung wieder aufzuweichen

gilt, um Stereotypisierung und Zuschreibungen

weitgehend zu vermeiden. Mein Fokus einer

bedürfnisorientierten Freiraumplanung braucht wie

möglicherweise jede stadtsoziologische Analyse auch

Klassifizierungen und Gruppenzuordnungen, um den

Forschungsgegenstand greifbar zu machen, was

zwangsläufig zu einer Verkürzung der Thematik führt.


Bedürfnisorientierte Planungsperspektive

Um transkulturellen Prozessen in der Planung gerecht zu werden, muss

der Fokus auf einer Gestaltung liegen, die sich weniger an der guten

Form und mehr an den Impulsen sozialer Prozesse orientiert. Viel zu

häufig gewinnen in den Wettbewerben immer noch Planungen mit einer

Ausrichtung an einem mehrheitsgesellschaftlichen Geschmack. Das

Einnehmen transkultureller Perspektiven braucht eine Überwindung

fachimmanenter Konventionen und tradierter Ausrichtungen.

In ihrer Dissertation "Freiraumspezifische

Wohlfühlfaktoren. Zur Wahrnehmung, Nutzung und

Aneignung städischer Freiräume" von 2019

untersucht Jasmin Matros gesundheitsfördernde

Faktoren, zum aktuellen Wohlbefinden von

Nutzer:innen unterschiedlicher Freiraumtypen. Dabei

geht sie neben psychischem und physischem

Wohlbefinden auch näher auf soziale Faktoren ein.

Ein solcher Fokus auf das Bedürfnisspektrum einer

implizit vielfältigen Nutzer:innengruppe soll in dieser

Thesis eine Bedürfnisszuschreibung auf ethnische

Abgrenzungen ablösen.

Ein Umgang mit der komplexen Verwobenheit von Ethnie, Nationalität,

Alter, Klasse, Gender, Körperlichkeit, Interessen und Lebenstile u.a. kann

der Versuch deren Überwindung sein, was neue transnationale

Bewertungsgrößen erfordert. So sind konzeptionelle Kategorien wie die

Grünraumgerechtigkeit, gemeinschafts- und gesundheitsfördernde

Elemente, Erholung, Mobilität, Aneignungsprozesse in ihrer

Universalität relevanter denn je und tragen mit einer differenzierten

Perspektive zur Entwicklung lebenswerter und lebendiger Freiräume bei.

Eine Adressierung gemeinsamer Anforderungen an und Bedürfnisse im

öffentlichen Raum kann der Problematik von Rassismus,

Stereotypisierung und sozialer Ungleichheit in der Planung

entgegenwirken.

Verweilen, sich entspannt niederlassen, sich bewegen, Kontakte pflegen

sowie Freunde und Familie treffen sind alle Menschen vereinende

Grundbedürfnisse, die - in Bandbreiten ausgestaltet - auch einer

gesellschaftliche Ausdifferenzierung von Lebenstilen nachhaltig gerecht

werden kann.

45


Transkulturalität

In den Kulturwissenschaften werden immer mehr Stimmen laut, die

sich gegen hegemonial geprägte und statische Konzepte wie Multi-,

Bi- oder Interkulturalität aussprechen. Ohne die Differenzen, die mit

ethnisch-kulturellen Zugehörigkeiten einhergehen, ausblenden zu wollen,

wird der Fokus auf die vielfältigen und komplexen Verflechtungen,

Verbindungen und hybriden Formen aufgrund übergreifender

Kulturkontakte gelegt. Eine Hyperkulturalität, wie sie beispielsweise

der Berliner Philosophieprofessor Byun-Chul Han beschreibt, die eine

`Ent-grenztheit`` von Kulturen zugrunde legt, plädiert für eine Individualisierung

mit Rückgriff auf einen Fundus von Lebensformen und

-praktiken (Han 2005:55) Ohne Ort, feste Substanz oder Form

bleibt es m. E. ein theoretisches Konzept, das in seiner Abstraktheit

nur schwer einen Fokus auf eine stadtplanerische Umsetzung im Realraum

bieten kann. Um der Gestaltung öffentlicher Räume Rechnung

zu tragen, braucht es den Einbezug von vorhandenen Gegebenheiten

des rein materiellen Raumes (mit seiner zwangsläufig festen Anordnung

im Nebeneinander) sowie des sozialen Raumes (der auch durch

Identitätskonstruktionen entlang, über und innerhalb ethnisch-nationaler

Selbstverständnisse geprägt wird). Für die Entwicklung freiraumplanerischer

Möglichkeiten im Kontext von Heterogenität im

öffentlichen Raum erscheint mir das Konzept der Transkulturalität

(trans- aus dem lateinischen für hinüber, quer durch, über etwas hinaus)

geeigneter. Im Vergleich zu Multikulturalismus, in dem verschiedene

Kulturen als abgegrenzte Entitäten gegenüberstehen, wurde in

der Entwicklung neuer Konzepte wie die der Transkulturalität der Fokus

auf die Anschlussfähigkeit und Permeabilität zwischen den Kulturen

gelegt.

* Siehe auch meine Ausführung zur Chicago School

in Kapitel II, Das Problem der Integration

46


Der Philosoph Wolfgang Welsch nutzt das Konzept der Transkulturalität,

um sich von einem veralteten Kulturbegriff (nach Johann Gottfried

Herder) zu befreien, welcher Kulturen nach innen hin homogen, ethnisch

fundiert und nach außen getrennt sieht. Er greift ein Konzept des

kubanischen Anthropologen Fernando Ortiz auf, um dem in der USamerikanischen

Anthropologie der 1930er Jahre verbreiteten Konzept

der Akkulturation etwas entgegenzusetzen (Erfurt 2021:106). Er entwickelt

es weiter, um anzuzeigen, dass die heutigen kulturellen Formationen

[] durch die klassischen Kulturgrenzen wie

selbstverständlich hindurchgehen, diese überschreiten (Welsch

1994:84). Er unterscheidet zwei Bedeutungsebenen: Auf der Makroebene

seien heutige Kulturen durch externe Vernetzung und internen

Hybridcharakter sowie durch die Vieldimensionalität des Wandels geprägt,

bedingt durch Migrationsprozesse, technologische Entwicklungen

und innere Differenzierungen in den Gesellschaften. Auf der

Mikroebene gehe es um die transkulturelle Prägung der Individuen

und darum, dass die interne Transkulturalität, u. a. in Form von

Patchwork-Identitäten, den Umgang mit der externen Transkulturalität

erleichtere. (Erfurt 2021:119)

Der Sprachwissenschaftler Jürgen Erfurt setzt bei seiner Konzeption

von Transkulturalität einen Akzent auf die Prozesse des Aushandelns.

Der Fokus liegt auf dem Wandel des Kulturellen, auf den aus der Interaktion

resultierenden Veränderungen und Brüchen, auf den Dynamiken

der Auf-, Ab- und Umwertung, wie sie sich im Zusammenhang

mit [] Mobilität und Migration, Kontakt, Vernetzung und Verflechtung,

Distinktion, Differenz und Heterogenität usw. manifestieren

(Erfurt 2021: 26). Diese Prozesse seien nicht abstrakt, sondern sie

47


ereignen sich in Zeit und Raum, in Macht- und Hierarchieverhältnissen

und in den konkreten Formen der Artikulation dieser Verhälnisse.

(Erfurt 2021: 27)

Diese Aushandlungs- und Artikulationsprozesse von Transkulturalität,

stellen die sozialen alltagsweltlichen Praktiken dar, über die mit

Rückgriff auf Kapitel I beispielhaft aufgeführten Ansätze Henri Lefebvre

und Judith Butler Raum produziert wird. So liegt es nahe, die

räumliche Komponente von Transkulturalität genauso in den Blick zu

nehmen und die kulturwissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung

mit gesellschaftlicher Heterogenität entscheidend in die Debatten der

Freiraumplanung einzubinden.

Ansätze [wie die Transkulturalität], welche die Differenz und

Heterogenität in und von Gemeinschaften zum Ausgangspunkt

nehmen, sind daher prinzipiell besser geeignet, die soziokulturelle

Komplexität, die Vielschichtigkeit, die Verwobenheit in den Griff zu

bekommen. Das gilt für die Kultur von Gemeinschaften nicht anders

als für die des Individuums (Erfurt 2021:51).

Partizipation als elementarer Teil transkultureller Aushandundlungsprozesse

Bei der Ermittlung von Bedürfnissen und der Entwicklung von Planungstools für transkulturelle Räume zeigt sich die Wichtigkeit von

gesellschaftlicher Teilhabe auf allen Planungsebenen. Um einer einseitigen Planungsperspektive entgegenzuwirken, ist die Partizipation

und eine Vielstimmigkeit notwendig. Dies kann das Blickfeld über eine Programmierung und Codierung auch hin zu flexiblen Räumen

ermöglichen, die mit einer Gesellschaft langfristig "mitwachsen" können. Der Rahmen der vorliegenden Arbeit ermöglicht keine

Ausformulierungen der Möglichkeiten für, mit und durch Partizipation. Sie ist jedoch der Thematik immanent und findet sich in kurzer

Fassung als ein Toolkit speziell für das Planungsgebiet in Kapitel 4.

48


Planerische Prämissen

Bedeutungsvolle

Begegnungen

schaffen

Heterogene

Räume schaffen

Hegemonien

vermeiden

Partizipation auf allen

Ebenen //

Unterschiedliche

Ansprache und

Methoden

Offenheit für sich

verändernde

Entwicklung

Offene und dichte

Programmierung in

unterschiedlicher

Größe und

Überlagerung

Fokus auf die Ränder/

Intersektionen

Aufenthaltsqualität schaffen

Verlängerung des Aufenthaltes //

Schlendern und Verweilen (Bewusste

Dynamiken), Entschleunigung //

Genuss // gefühlte safe spaces

(Raumbildung mit Einbauten und

Vegetation)

Grünraumerfahrung

(zur Erholung, Balance

zum gebauten Umfeld)

Positive Identifkation

mit dem Wohnviertel

schaffen

49


50


KAPITEL III

HETEROGENITÄT ALS CHANCE DER STADTPLANUNG

51


Mit der Ausformulierung der Zusammenhänge von Stadtraum und

Transkulturalität, um die sozialen Aushandlungsprozesse in einer von

Heterogenität geprägten Gesellschaft zu verstehen, sollen im

folgenden Kapitel konkrete Ansätze der Stadtforschung und -planung

erörtert werden.

Heterogenität wird nicht ausschließlich als Ergebnis von Migration,

sondern weitergehend von generellen Ausdifferenzierungen von

Stadtgesellschaften gesehen, um ein besseres Verständnis von

Kulturen für stadtplanerische und -politische Instrumente entwickeln

zu können. Bevor aktuelle Ansätze und Studien aus der Stadtplanung

aufgezeigt und resümiert werden, stelle ich noch einen kurzen

stadtsoziologischen Exkurs voran. Er soll verdeutlichen, wie es zu der

aktuellen Lage (und Rezeption) stadträumlicher Zusammensetzungen

kam, die mir als Grundlage dient, transkulturelle Freiräume zu

gestalten. Heterogenität als Chance zu sehen, impliziert eine

Verschiebung der bisherigen landläufigen Rezeption sozialer

Durchmischung, welche eine Vielfalt an Kulturen als Ursache für

konfliktbehaftete Aushandlungsprozesse im öffentlichen Raum

annimmt. Eine Analyse des Diverse City-Ansatzes soll hier als

Hilfestellung dienen. Mit diesem Hintergrund ist es möglich,

Leitlinien für die konkrete Planung und die Konzeption der

Wellritzstraße im Rahmen der Bachelorthesis herauszuarbeiten.

52


Segregation und soziale

Mischung

Bei der Stadtsoziologie wird bis heute auf den Migrationshintergrund

von Menschen als eine relevante Analysekategorie gesetzt. So verfestigt

sich in der Debatte um Segregation die sozialräumliche Verbzw.

Aufteilung von Stadtbewohner:innen in bestimmte Areale die

eine genauere Unterscheidung von sozialer und ethnischer Segregation

benötigt. Der Fokus stadtsoziologischer Analysen liegt seit den 1980er

Jahren verstärkt auf Stadtvierteln, in denen vorwiegend ökonomisch

schwache und zugewanderte Menschen bzw. deren Nachkommen leben.

Bis heute pflegt man den Eindruck, als ob eine erfolgreiche

Stadtentwicklung vor allem an den Menschen mit Migrationshintergrund

scheitert (Bukow 2011:210). Dabei geht man von einer sozialen

Homogenität der Bewohnerschaft von städtischen Wohnquartieren

aus. Abgrenzungstendenzen wohlhabender Stadtbewohner:innen und

deren Wechselwirkungen werden ausgeklammert. Konzentration wird

nur dann als Problem betrachtet, wenn es sich um die Absonderung

von Gruppen handelt, deren Andersartigkeit von der Mehrheit als

fremd und bedrohlich definiert wird (Häußermann und Siebel

2004:183f.).

In engem Zusammenhang zu ethnischer bzw. sozialer Wohnsegregation

stehen Annahmen zu deren Folgen. Milieu- bzw. Wohnquartierseffekte

werden aufgrund von geringer Ressourcenausstattung, sozialer

Praxis und hegemonialer Wechselwirkung als Abwärtsspirale beschrieben,

die sich auf die Bewohner:innen negativ auswirke (Farwick

2012: 390). Als Lösung und positives Gegenbild wird von wissenschaftlicher

wie stadtpolitischer Seite die soziale Durchmischung auf

den Plan gerufen. Die wohlwollend-paternalistische Perspektive einer

53


im öffentlichen Diskurs tonangebenden Majorität auf die Benachteiligten

verdeutlicht die Problematik eines Wertekatalogs, der nicht

zwingend innerhalb der marginalisierten Gruppen gleiche Priorität hat,

aber als natürlich gegeben und als erstrebenswert generalisiert wird.

Der öffentliche Ruf nach mehr Durchmischung offenbart eine vorherrschende

Idee, Menschen mit Migrationshintergrund bildeten eine homogene

Gruppe, die als die Anderen (die Benachteiligten) den

Deutschen gegenübersteht. Mehrheitlich sind genau die Nachbarschaften,

für die eine Durchmischung eine Durchbrechung gefordert

wird, in sich kulturell, ethnisch und national sehr heterogen. Diese

Forderung lässt eine Verschiebung von Deutungshoheiten zulasten der

Mehrheitsgesellschaft vermuten und kann sich auf die Gefahr des Verlustes

von hegemonialem Zugriff auf soziale Prozesse und der gewohnten

Teilhabe begründen.

Es wird davon ausgegangen, dass sich durch einen gemeinsamen

Wohnstadtteil und die damit entstehende räumliche Nähe von Menschen

unterschiedlicher sozialer Klassen Kontakte entwickeln, die vor

allem die Benachteiligten zu mehr Leistung anspornen, ihnen Zugang

zu Arbeitsplätzen ermöglichen und damit zu sozialem Aufstieg

führen können. Allerdings konnte bislang empirisch nicht nachgewiesen

werden, dass eine stärkere soziale Durchmischung des Quartiers

für die Benachteiligten im Quartier Verbesserungen gebracht hätte

(Schuster 2018:75). Hartmut Häußermann, einer der führenden

Gentrifizierungsforscher, geht vielmehr davon aus, dass zusätzlich zur

räumlichen Nähe eine Ähnlichkeit der sozioökonomischen Lage und

der Lebensstile notwendig ist, um soziale Beziehungen zu entwickeln

(Häußermann 2009:240). Die soziale Mischung im stadtpolitischen

Sinne bleibt bis heute als Ideal für städtische Akteure wenn es darum

Stadträumlich schlug sich das auch heute noch sichtbar in die

Verteilung ihrer Wohnstandorte oder in der sozialen Zusammensetzung

von Stadtteilbewohner:innen nieder. Innerstädtische

Quartiere, die für Deutsche aus unterschiedlichen

Gründen als wenig attraktiv galten, boten Gastarbeiter:innen

eine Möglichkeit, bezahlbaren Wohnraum zu finden. So wurde

auch das Innere Westend um die Wellritzstraße ab den

1960er Jahren und später ab 1990er Jahren geprägt. In dieser

Tradition prägt das Westend bis heute eine hoher Bevölkerungsaustausch

und eine hohe Durchwanderungsmobilität

von Menschen mit unterschiedlichsten Migrationerfahrungen.

54


geht, Stadtteile aus ökonomischer Sicht attraktiver zu machen, um dort

durch eine Aufwertung letztlich höhere Einnahmen zu generieren.

(Schuster 2018:75) Um Entwicklungsprozesse anzustoßen, gehört

auch ein positives Bild von Heterogenität und eine Imagebildung

zur Identifikation. Die soziale Durchmischung, findet dann Anerkennung

im öffentlichen Diskurs, wenn die der Mehrheitsgesellschaft

zugeschriebenen Menschen teilhaben können, sichtbar sind und von

positiven Effekten profitieren können. Negative Effekte für die bisherigen

Bewohner:innen, wie eine tatsächliche Reduktion von Diversität,

steigende Mieten, Verlust von transkultureller Infrastruktur und Verdrängung

aus dem Stadtteil spielen in Rahmen der Stadtentwicklung

selten eine Rolle.

Diverse City

Mit einer positiven Besetzung des Begriffs der gesellschaftlichen Vielfalt

entwickelt sich Heterogenität zum Leitbild einer Stadt der Vielfalt,

beispielsweise in Frankfurt am Main (Rodatz 2012: 79

Migration [wird in diesem Sinne] nicht als (Integrations-)Problem,

sondern als grundsätzliches Potential der Städte aufgefasst. (Rodatz

2012: 79). In einem Integrationsmanagement, so Rodatz, werden quartiersbezogene

Maßnahmen und Programme unterstützt, die Stadtteile

und die Partizipation der Bewohner:innen stärker in den Fokus der

Stadtpolitik rücken.

Aktuelle Integrationsdiskurse in der Landschaftsarchitektur scheinen

zuweilen anachronistisch, insbesondere wenn die Heterogenität als

neue Herausforderung benannt werden, da Stadtgesellschaften seit jeher

durch eine diverse Zusammensetzung geprägt sind. Diversität ist

55


das Resultat von Differenzierungen (vgl. Schuster 2018:65 nach Fuchs

2007:17). Folglich spielen dynamische Prozesse determinierender

Kontexte eine maßgebliche Rolle. Heide Berndt beschreibt aus marxistischer

Perspektive eine diverse Zusammensetzung als die Natur

der Stadt. Soziale Ausdifferenzierung im Rahmen von Arbeitsteilung

und entsprechenden hegemonialen Interdependenzen stellt überhaupt

erst eine Grundlage für die Bildung von Städten dar. (vgl. Berndt

1978:11). Berndt verweist insbesondere auf die Produktivkraft. Die

Vielfalt von Spezialisierungen und sozialen Verbünden der Bürger:innen

sie spricht von einem System allseitiger Abhängigkeiten

treibe das Wachstum der Städte u.a. durch den (Produktionsgüter-)

Markt rasant voran (Berndt 1978:99).

Die Perspektive auf Produktivität bzw. ökonomische Verwertbarkeit

liegt auch den aktuellen Konzepten der Diverse City inne. Die Stadtsoziologin

Nina Schuster erläutert die zugrundeliegende Auffassung

von Diversity, welche sich auf einem betriebswirtschaftlichen Diversity

Management begründet. Der Fokus liegt hierbei auf einer konstruktiven

Nutzung von sozialer und personeller Vielfalt in Unternehmen.

Die Anerkennung und Wertschätzung von Diversity fußt jedoch weniger

auf einer Antidiskriminierungspolitik oder dem Wunsch nach

Chancengleichheit. Vielmehr greift eine neoliberale Idee von Integration,

die nach betriebswirtschaftlicher Abwägung von Kosten und Nutzen

die Verwertbarkeit einer heterogenen Gruppe von

Mitarbeiter:innen prüft. Der Ausschluss von Reibungsverlusten aufgrund

von Diskriminierung, aber auch die Minimierung von Arbeitskraftausfall,

eine bessere Zusammenarbeit oder eine bessere

umsatzsteigernde Orientierung an diversen Zielgruppenlebensstilen

können ökonomische Wettbewerbsvorteile bringen (Krell 2015:88).

56


Heterogene Räume durch Überlagerungen, Freiräume

und der Nutzung von Spektren von Funktionen,

Codierung und Qualitäten

Heterogene Räume

Spektren

Ästhetik/Atmosphäre urban - natürlich

Wahrnehmung von Vielfalt exklusiv - inklusiv

Dichte der Programmierung offen - geschlossen

Öffentlichkeit exponiert - privat

Soziale Interaktion gesellig - dialog

Dynamik schnell - ruhend

Grünraumqualitäten

Licht, Wärme, Geruch, Sicht

57


Stadtpolitische Akteure sehen ein vergleichbares Potential in der Unterschiedlichkeit

der Stadtbewohner:innen. Dabei besteht die Gefahr

einer zu engen Sicht auf Heterogenität, die städtische Interventionen

als strategisches Instrument zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit

von Metropolen im globalen Kontext einer ökonomischen Verwertbarkeit

untergeordnet werde (Kemmer et al. 2014: 49, Neoliberale

Stadt) Schuster unterstreicht, wie in dem Diverse-City-Konzept verschiedene

Dimensionen sozialer Ungleichheit in diesen Diskursen zusammenwirken

und entsprechend gedeutet werden. Deutlich wird

dabei, dass soziale Ungleichheit eine vernachlässigte Dimension innerhalb

des Diverse-City-Paradigmas ist. (Schuster 2018: 70)

Ungeachtet der politischen oder wirtschaftlichen Programme, die mit

dem Begriff Diversität einhergehen (vgl. u.a. Faist 2012), umfasst er

verschiedene Bedeutungsebenen um auf die Heterogenität von Lebensstilen

zu verweisen. Diversität kann jedoch eine Perspektive ermöglichen,

die Generalisierung und ein Denken in geschlossenen

Systemen, in Nationalitäten, Ethnien, Kulturen und Gesellschaften

auflöst (vgl. Erikson 2009).

Ein auf vielfältigen Nutzungen geplanter Freiraum kann

sich m. E. auch die Strategien des Diversity Managements

zunutze machen. Wenn gleich die ökonomischen Ziele

auch in der Stadtpolitik eine Rolle spielen, sind die

Nebeneffekte von Reduktion von Diskriminierung, eine

bessere Interaktion oder eine Orientierung an diversen

Zielgruppen, die durch die Nutzung eine höhere

Identifikation mit dem öffentlichen Raum mit sich

bringen, gerade für das soziale Miteinander im Raum

maßgebliche Komponenten.

58


Erfahrung von Vielfalt im

Stadtraum

[A] city is a place where people can ... enter into the experiences

and interests of unfamiliar lives ... to develop a richer, more complex

sense of themselves (Sennett 2001)

Stadt wird mit einer Offenheit für Vielfalt in Verbindung gebracht, die

der Nährboden für die Bildung neuer hybrider Kulturen und Formen

des Zusammenlebens mit Unterschieden feiert. Die Sichtbarkeit bzw.

die Erfahrbarkeit von Heterogenität ermöglicht die Identifikation und

dadurch erst einen Zugang zum Raum. Das Aushandeln von Raum

fördert ein Verständnis von Unterschieden und darüber hinaus. Es sind

prosaic negotiations with difference through intimate proximity take

place and are often compulsory and necessary (Back and Sinha,

2016, p. 524) Diese Verhandlungen finden in micro-publics statt;

alltagsweltliche (halb-)öffentliche Stadträume oder Situationen, von

dem Fitnessstudio über das Büro bis hin zum Eltern-Kind-Cafe. Die

gebaute Umwelt bildet den Rahmen als normative Ordnungen und determinieren

über die Sichtbarkeit von Heterogenität, inwieweit diese

mirco-publics stattfinden.

In der Stadt sprechen Menschen miteinander, als Kund:innen, Verkäufer:innen,

als Taxifahrer:innen, Tourist:innen, als Bettler:innen, als

Stammgäste in Cafés oder als Nachbarn. Ash Amin (2006: 1012) bezeichnet

solche zivilen Begegnungen (nach Lefebvre) als small

achievements in the good city . Die vielen alltäglichen öffentlichen

Begegnungen in Städten kennzeichnen eine weltliche Freundlichkeit

59


welche eine grundlegende Demokratie darstellt, die gefördert werden

könnte. Nigel Thrift spricht von übersehene geographies of kindness

and compassion, geographies that might then leak out into the wider

world (Thrift 2005, 147)

Lokal erzeugte Muster von Gemeinsamkeit, Distanzierung und Entfremdung,

sind nach Steven Vertovec (2015:246), als Spannungen und

Konflikte in der Untersuchung interkultureller Dynamiken anzuerkennen.

Von einem gesamten Quartier bis zu einer Parkbank gibt es in jedem

Maßstab öffentliche Räume, die durch Abtrennung oder

negativen Assoziationen geprägt sind. Als Rooms without walls bezeichnet

er diese aus dem größeren Raumbezug herausgelösten Orte,

die räumliche Praktiken widerspiegeln. Sie basieren auf Identitäten

und unterliegen Dynamiken von Macht und Einfluss (ebd.:214).

Visual, physical, and legal accessibility of public spaces [can

contribute] to salience of racial-ethnic categories and stereotypes and

provoked intergroup antagonism and racially charged territorial

behaviour (Britton, 2008: 443)

Die Zugänglichkeiten von öffentlichen Räumen definieren die Art und

Weise, wie Individuen und Gruppen sich im öffentlichen Raum bewegen.

Ein Verständnis für die Komplexität alltagsweltlicher Verhaltensmuster

von Menschen unterschiedlicher Hintergründe, verhindere

Stereotypisierung und die Vereinfachung der Inklusivität öffentlicher

Räume. (Ganji und Rishbeth 2020:2)

Die Humangeografin Gill Valentine begrüßt die positive Fokussierung

auf die soziale Transformation in vielen Studien zu Kosmopolitanis-

60


* mehr zu dem Begriff Conviviality u.a. Wise,

Amanda / Noble, Greg (2016): Convivialities: An

Orientation, Journal of Intercultural Studies, 37:5,

423-443

Zu Conviviality als produktive Spannung in

heterogenen Gesellschaften verweise ich auf Nowicka

und Vertovec 2014.

mus als willkommenes Gegenmittel zu einer früheren Betonung von

Städten als Orte sozialer Ausgrenzung und Konflikte. Jedoch bleibt es

für sie offen, ob alltägliche Begegnungen die nötige Kraft zur kulturellen

Destabilisierung und gesellschaftlichen Transformation haben (Valentine

2008:90) Sie warnt davor, selbstverständliche normative

Verhaltensmuster, z. B. ein höflicher Umgang, mit einem bedeutungsvollen

Kontakt und dem Respekt vor Unterschieden gleichzusetzen.

Es bestehe oft eine Kluft zwischen den erklärten liberalen Werten

mancher Menschen und ihren tatsächlichen Praktiken und umgekehrt.

Alltägliche conviviale* Begegnungen können als bedeutungsvolle

Momente zwar eine Kultur der Toleranz darstellen, ob sich diese über

die Ebene des micro-public hinaus skalieren lässt, bleibt für sie allerdings

offen (ebd.).

In der Studie Conviviality by Design von 2020 verweisen die Autoren

Ganji und Rishbeth auf die Qualitäten von räumlichem Zusammenleben

Conviviality und welche Unterschiede von

verschiedenen städtischen Plätzen (Parks, Straßen, Märkte und Gemeinschaftsgärten)

ausgehen. Mit einer Reihe herangezogener Studien

verweisen sie auf den Wert von Diversität, sowie die Möglichkeiten

von semi-prescribed activites eine easy sociability zu bereiten.

Though density and proximity can often be positive (for example in

markets) the wider spaces of urban greenspace can also provide a

non-demanding intercultural togetherness that is suggested to

support a sense of local belonging (Ganji und Rishbeth 2020:6)

Ganji und Lishbeth nehmen interkulturelle Erfahrung, Wahrnehmungen

und Werte unter die Lupe, um alltagsweltliche Interaktionen im

61


öffentlichen Raum zu verstehen und Gestaltungsqualitäten solcher

Plätze zuzuordnen. Am Beispiel der nordenglischen postindustriellen

Stadt Bradford werden Implikationen für die Freiraumplanung speziell

für Planer:innen und Politik offengelegt. Untersucht werden mit

quantitativer Verhaltenskartierung und qualitativen Interviewdaten die

Beziehungen der gebauten Umwelt zu sozialen Erfahrungen. (ebd.:8)

Die Autor:innen untersuchen die Beziehung von gebauter Umwelt und

sozialer Erfahrung im interkulturellen Stadtleben und wie diese die

städtebauliche Praxis herausfordern. Sie nehmen die lokal spezifischen

sozialen Spannungen in Blick und bringen diese in Zusammenhang

mit einer breiteren Dynamik von Macht, Präsenz und Armut. Schlussfolgernd

werden die Vorteile eines hochwertigen öffentlichen Raums

als Ressource zur Unterstützung von Engagement, Conviviality und

der allmählichen Entwicklung von gemeinsamem Zugehörigkeitsgefühl

hervorgehoben. Eine wichtige Rolle spielen hier Möglichkeiten

zur Begegnung (Verweilen, Leute beobachten, Spielen) an betriebsamen

Orten mit unterschiedlichen Bewegungsrythmen und mit vielfältigen

Funktionen (ebd.:13).

Jonathan Daly interessiert sich für die zeitgenössische Gestaltung öffentlicher

Räume in westlichen Städten, die interkulturelle Begegnungen

steuern und programmieren. Am vieldiskutierten Beispiel

Superkilen untersucht er, inwieweit die gebaute Form den sozialen Zusammenhalt

in dem multiethnischen Viertel Nørrebro Kopenhagens

tatsächlich unterstützt oder einschränkt. Er bewertet Superkilen als gescheitert,

da das zugrunde liegende Designkonzept sich zu sehr an der

räumlich (symbolischen) Repräsentation er spricht von der gebauten

Form als ein non-human actor und zu wenig an der sozialen räumlichen

Praxis orientiere. (Daly 2019:3) Die ansprechenden und auf-

62


Conviviality

63


merksamkeitsgenerierenden Bilder, die die Gestaltung von Superkilen

produzieren, gehen am Alltag der multiethnischen Gesellschaft vorbei.

Neben einer sozialräumlichen Aufteilung nach bestimmten Nutzungsfeldern

wurden bei Superkilen 108 Objekte im öffentlichen Raum angeordnet,

die aus den Herkunftsländern der 60 Nationalitäten der

Bewohner:innen stammen. Als essentieller Teil des Konzeptes sollte

hier über die ethno-kulturell codierte Symbolik, sowie die Bedeutung

und Bezüge über Nationalität, Ethnie, Religion und Politik hergestellt

werden.

Daly argumentiert anhand einer Vielzahl von Studien, dass die Gestaltung

von Unterschieden ein relationales Verständnis davon erfordert,

wie ethno-kulturelle Raumpraktiken aus Interaktionen zwischen verschiedenen

ethnischen Gruppen und der gebauten Form des öffentlichen

Raumes entstehen (ebd:5). Die kuratierten Objekte selbst waren

auf der repräsentativen Ebene nicht in der Lage Beziehungen zu unterschiedlichen

Menschen aufzubauen und auf diese Weise emotionale

Verbindungen herzustellen. Manche Objekte fanden jedoch Anklang,

weil sie Sitzmöglichkeiten boten oder Begegnungen und vor allem die

Beteiligung der menschlichen Akteur:innen ermöglichten (ebd.:11).

Anstatt ethno-kulturelle Unterschiede durch Repräsentation zu unterstützen,

hätten auf soziale Praxis ausgelegte Kontaktzonen für mehr

Conviviality sorgen können und dadurch gelebte Vielfalt erfahrbar

gemacht. Daly verdeutlicht wie auch Ganji und Rishbeth , dass

städtebauliche Entwürfe von einer strengeren ethnografischen Forschung

und eines differenzierteren Ansatzes für die Auseinandersetzung

mit multiethnischen Gemeinschaften profitieren würden, um das

Design an die räumlichen Praktiken des täglichen Lebens anzupassen.

(Daly 2019:17; Ganji und Rishbeth 2020)

64


Angebote und Engagement

Conviviality entsteht beim Vorbeigehen, wobei die Wahrnehmung

von Sicherheit, eine dichte Programmierung und unterschiedliche sich

kreuzende Bewegungen eine wichtige Rolle spielen. Emotionale und

symbolische Atmosphäre dicht programmierter Orte kann das Potential

interkultureller Conviviality erhöhen (Ganji und Rishbeth 2019:

14). Die Bewohner:innen bevorzugten Orte, die offen für unterschiedliche

Aktivitäten und Formen der Teilhabe gestaltet sind und die inklusiv

für Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben, Kulturen und

Klassen erscheinen. Eine wichtige Rolle spielt die Sichtbarkeit von

Heterogenität, da multikulturelle Orte eine maßgebliche symbolische

Relevanz aufweisen. (ebd.) Vielfalt zu umarmen bedeutet, soziale

Unordnung und Komplexität in dem angemessenen Rahmen öffentlicher

Freiräume zu unterstützen und eine einfache Aneignung durch

verschiedene Familien, Freunde, Noch-Nicht-Freunde und alle anderen,

die hierher gehören, zu begrüßen. (ebd.:27)

Die Autor:innen der Studie Conviviality by Design geben drei Empfehlungen

für stadtplanerische und -politische Akteur:innen:

1. Maximierung der Potentiale von Schwellen und den

Rändern für Beobachtung; Beispiel: Sitzmöglichkeiten

Niedrigschwellige Angebote mit dem Bewusstsein über Ergonomie

und soziale Dynamiken des Alltags. Sitzmöglichkeiten sind essentiell

für Gespräche und gemeinschaftliche Nutzung des öffentlichen Raumes

im Wohnquartieren (Abstellen von Taschen, Kinderbeaufsichtigung,

Warten auf öffentliche Verkehrsmittel). Die räumliche Anordnung

(z. B. Ausrichtung der Haustüren oder ein besonders für Neuankommlinge

aus wärmeren Gegenden wichtige warm-sonnige Mikroklima)

65


4x Wellritzstraße

Teil I

Übergang zum äußeren Westend //

Einbahnstraße

ca. 13 m Straßenraum quer

Teil II

Nachbarschaftlicher Mittelpunkt

verkehrsberuhigt seit 2021

ca. 13 m Straßenraum quer

Ziel:

verkehrsberuhigt; lockere,

alleenähnliche Athmosphäre;

Grünräume; Programmierung mit

öffentlichem Charakter

Ziel:

Raum für größere Gruppen;

Straßenspiel; regelmässige

Aktivitäten, 'Hang outs' und Bühne,

verschiedene Programmierungen,

mittlere Dichte

66


4x Wellritzstraße

Teil III

Nachbarschaftlicher Mittelpunkt

verkehrsberuhigt seit 2020

ca. 10 m Straßenraum quer

Teil IV

Übergang zur Innenstadt

Einbahnstraße

ca. 10 m Straßenraum quer

Ziel:

kleinräumige Pockets; mittlere

Verweildauer; offene sowie dichte

Programmierung (klare Angebote

und Zwischenräume)

Ziel:

Alltagsgeschäfte; Nutzungsdichte

und Lebendigkeit behalten;

Straßenraum visuell öffnen;

Stimmung setzen

67


kann eine Leichtigkeit und Einladung zur Nutzung vermitteln. Die Anordnung

von Bänken für gelegentliche Gespräche, ein Sitzkomfort für

längere Zeit und Ausblicke auf belebte Räume bieten die Möglichkeit

zur niedrigschwelligen Beteiligung.

2. Bereitstellung lokaler qualitativ hochwertiger Spiel- und Pickup-Sporteinrichtungen

Diese bieten nicht nur Möglichkeiten für junge Menschen, Kinder und

ihre Betreuer:innen, sondern unterstützen ganz allgemein alltägliche

Verbindungen zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer Gruppen.

Es sollte erwogen werden, diese in Randzonen zwischen den

Quartieren anzusiedeln, um die Vielfalt der Nutzer:innen zu unterstützen.

Von den Möglichkeiten spielerischer Aneignung und Nutzungen

profitieren nicht nur Kinder, sondern sind auch von großem Nutzen für

einen generationenübergreifenden Kontakt.

3. Finanzierung von Pflege und eine Qualifizierung von verantwortlichen

Open Space Manager in interkultureller Kommunikation

Ein niedriges Niveau der Parkpflege ist maßgeblich für eine negative

Wahrnehmung des öffentlichen Raumes. Über die Sauberkeit und Sicherheitswahrnehmung

hinaus, hat die Förderung von Engagement

und hoher Nutzung auch eine eher strategische Dimension. Managementpraktiken,

die eine breite Palette von Aktivitäten (z. B. Spielen im

Wasser, Ballspiele, Trinken, Rauchen) nebenbei erleichtern oder zulassen,

sind ebenso erfolgreich, um ein höheres Maß an Aneignung und

Identifikation zu schaffen. Als Nebeneffekt vermitteln sie Sicherheit

und Toleranz. Mediationsansätze können erfolgreich eingesetzt wer-

68


Learning from Superkilen

den, um unterschiedliche Erwartungen zu bewältigen und erfordern

einen sozialbewussten Ansatz zur Entwicklung von Fähigkeiten für die

Betreuer:innen öffentlicher Anlagen. (ebd.:25ff)

Jonathan Daly zieht aus seiner Studie zu Superkilen z.T. vergleichbare

Schlüsse. Er stellt ebenso die Wichtigkeit von ausreichend und vielfältigen

Sitzmöglichkeiten heraus. Sie sollen in ihren Formen und über

die Anordnung im öffentlichen Raum Nähe und Distanz zwischen sich

unterschiedlich vertrauten Akteur:innen ermöglichen, Intimität und

Öffentlichkeit für unterschiedlich starke Gruppen zulassen. Sein Beispiel

einer beliebten oval-runden Bank zeigt die Wichtigkeit einer

Kommunikation von Angesicht zu Angesicht von Einzelpersonen sowohl

zwischen und innerhalb von Gruppen anstatt einer die Kommunikation

einschränkenden parallelen Anordnung von Bänken.

Vielfältige Nutzung lasse sich auch in der Gestaltung einzelner Möblierungselemente

erreichen. (Daly 2020:12)

Zuschauen als Beteiligung in kleinstem Maß, gibt weniger mobilen

z.B. älteren Akteur:innen die Möglichkeit, Teil des Geschehens zu

sein. Dazu sei auch ein Fokus auf eine räumliche Anordnung zur

Kommunikation notwendig. Angebote, die zur Aktivität und Interaktion

mit der gebauten Form aufrufen, geben direkte Impulse für Conviviality.

Ein großes auf gemeinschaftliche Nutzung ausgerichtetes

Spielangebot zieht Leute an und fördert Kontakte, ungeachtet kultureller

Grenzen. Auch die Sichtbarkeit eines sozialen Miteinanders erzeugt

ein Interesse an und ein Gefühl von Interaktion bei Zuschauenden

(ebd.). Das Beispiel einer tintenfischförmigen Rutsche, der von den

Bewohner:innen keine große ethno-kulturelle Bedeutung zugeschrie-

69


ben wurde, zeigt Daly die Chancen für interkulturelle Begegnungen.

Die Neuheit ihrer Form generiert zusammen mit der Erkennbarkeit

multipler spielbezogener Nutzungsmöglichkeiten Interesse, welches

sowohl Kinder als auch die betreuenden Erwachsenen aktiviert. Am

wirksamsten scheinen nicht die auf symbolische Vielfalt ausgerichteten

Objekte; seine Ergebnisse deuten darauf hin, that it is the shared

commonness of everyday life that appears most effective at enabling

intercultural encounter. (ebd.:17)

Ein wesentliches Ergebnis der Studie zur Superkilen ist die interkulturelle

Aneignung von unterschiedlich dicht programmierten Räumen.

Unterdeterminierte offene Programmierung ermögliche zwar ein größeres

Spektrum an Aneignungsstrategien, allerdings kann Aneignung

einer Gruppe, für eine andere auschliessend wirken. Eine Wiese im

Park wurde von jungen Dänen als Ort für Picknick und Sonnenbaden

genutzt. Von dieser nicht definierten Nutzung abgestoßen, mussten

muslimische Gruppen auf determinierte Orte ausweichen, die speziell

für Essen und Spielen in Gruppen programmiert wurden. Diese geschlossene

Nutzung wiederum eröffnete eine nachbarschaftliche und

interkulturelle Begegnung, da es z. B. bei Muslimen üblich ist, Fremden

Essen anzubieten. (ebd.:15). Auf der anderen Seite gibt es Bereiche

mit kleineren Tischen, die sich besonders eigneten von älteren

muslimischen Männern für Brettspiele besetzt zu werden. Damit werden

gleichzeitig andere Möglichkeiten der interkulturellen Begegnung

eingeschränkt. Die Ergebnisse deuten jedoch auch darauf hin, dass eine

offene Programmgestaltung die Territorialisierung einschränkt und

es bestimmten Gruppen, wie etwa muslimischen Frauen, ermöglicht

leichter am öffentlichen Raum zu partizipieren (ebd.:17). Offenheit

schließt das Recht ein, die Stadt zu gestalten und neu zu gestalten (vgl.

70


Lefebvre:1991). Eine offene gegenüber einer geschlossenen Programmierung

zu bevorzugen, sei jedoch wenig sinnvoll, da beide Formen

der Programmierung interkulturelle Begegnungen ermöglichen und

einschränken.

Es scheint, dass Superkilen bei dem Versuch, durch offenere oder unbestimmtere

Programmierung etwas für jeden zu bieten, die Begegnungsmöglichkeiten

begrenzte. Eine geschlossene oder

überdeterminierte Programmierung erwies sich hier als erfolgreicher,

indem sie sich auf die Gemeinsamkeiten von Spielen und Essen konzentrierte.

Interkulturelle Gemeinsamkeiten spielen, so Daly, eine vorherrschende

Rolle bei der Ermöglichung interkultureller Begegnung.

Anstatt den Dualismus von offen und geschlossen zu akzeptieren, gilt

es wahrzunehmen, dass sie ineinander übergehen (Daly 2020:16).

Dem Ziel des sozialen Zusammenhalts wäre möglicherweise besser

gedient gewesen, hätte man in Superkilen einige Elemente einer geschlossenen

oder überdeterminierten Programmgestaltung einbezogen.

Mit Blick auf die Gestaltung von Freiräumen braucht die Frage nach

einer Nutzungsprogrammierung ebenso einen kulturwissenschaftlichen

turn. Mit dem Einbezug interkultureller Perspektiven löst sich

der Dualismus von offener und geschlossener Programmierung zugunsten

der Wahrnehmung gruppenübergreifender gemeinsamer räumlicher

Praktiken. Die Nutzung des vielfältigen Spektrums von

Programmierung in den kleinräumlichen Beziehungen spiegelt die Heterogenität

und öffnet den Raum für die notwendige Flexibilität sich

über die Zeit wandelnder räumlicher Praktiken und Ansprüche.

71


72


KAPITEL IV

PLANUNG UND TOOLS

Folgend sollen Lösungen für Transformationsprozesse für die

Wellritzstraße im Wiesbadener Westend aufgezeigt werden.

Ortsspezifische Aspekte werden hier allgemeinen Planungstools

für die Gestaltung transkultureller Räume gegenübergestellt,

die sich aus dem konkreten Planungskontext

begründen und auf diesen zugeschnitten sind.

Darüberhinaus soll die Planung als Handlungsrahmen dienen,

der auf andere städtische Kontexte übertragen werden kann.

Um eine Freiheit der Formgebung zu erhalten und eigenen

städtischen Gestaltungskonzepten Rechnung zu tragen, bleibt

die Konzeption ausserhalb einer Entwurfsebene. So vermindert

sich zudem die Gefahr einer 1:1-Übertragung auf sich immer

unterscheidende sozio-kulturelle und städtebauliche

Kontexte. Die Planung soll generell aufzeigen, welches Potential

gesellschaftliche Heterogenität für die Freiraumplanung

haben kann und vice versa.

73


Konzeptuelle Leitlinien

Grundsätze

- Durchlässigkeit (Permeabilität)

- Hegemonien vermeiden

- Heterogene Räume schaffen (safe spaces)

- Bedeutungsvolle Begegnungen schaffen

- Vielfalt durch Überlagerungen und Spektren

- Vorhandene Potentiale stärken

Ziele

- Vielfalt an temporär zu besetzende Räume

- Offenheit für sich verändernde Entwicklung (Resilienz)

- Aufenthaltsqualität schaffen

o Verlängerung des Aufenthaltes

o Bewusstes Dasein, Entschleunigung,

Grünraumerfahrung

o Wohlbefinden und gesundheitsfördernde

Gestaltung

- Positive Identifkation mit dem Wohnviertel schaffen

- Unterschiedlichkeiten sichtbar machen

- Freiraum für soziale Prozesse flexibel machen

Entwicklungsimpulse

- Einladende Atmosphäre für die ganze Nachbarschaft

- Fokus auf die Ränder/Intersektionen

- Sitzen, Verweilen, Interagieren, Spielen

- Raumbildung mit Einbauten und Vegetation

- Offene und dichte Programmierung unterschiedlicher

Größe und Überlagerung

74


Welcome Wellritz

/welkm/

[from old English wilcuma, a person whose coming is pleasing,

from wil- desire, pleasure + cuman come]

1. to say hello to somebody in a friendly way when they arrive

somewhere

2. to be pleased that somebody has come or has joined an

organization, activity, etc.

3. welcome something to be pleased to receive or accept

something

Die Planung richtet sich primär an den Bedürfnissen der Quartiersbewohner:innen aus. Die kommerziellen und

gastronomischen Angebote sind bisher die Pulsader der Straße und sollen mit einem Fokus auf Angebotsdiversität als

maßgeblicher Teil des Lebens auf der Straße eine Aufwertung erfahren. Sie tragen auch dazu bei, die Wellritzstraße

überquartierlich und sozial einzubinden. Diese Verbindungen sollen direkt zur nachbarschaftlichen Belebung und indirekt als

rückstrahlende Aussenwirkung für die Identifikation mit dem Freiraum gestärkt werden.

Das Hauptaugenmerk liegt auf der Schaffung eines ansprechenden und für viele nutzbaren Außenraumes, der als sozialer

Ausgleichs- und Begegnungsraum mehr Lebensqualität mit sich bringt. Die kulturelle Heterogenität der Bewohnerschaft soll

sichbar werden und einladen, den Freiraum auf vielfältige Weise zu geniessen, sich zu beschäftigen oder sich einfach

aufzuhalten. Welcome Wellritz bietet die Möglichkeit, sich selbst im sozialen Gefüge wieder zu finden, sich zu erfahren und in

Kommunikation mit der sozialen und gebauten Umwelt zu kommen.

75


Verbindungen

Nachbarschaftliche

Begegnungen

unmaßstäblich

76


Welcome Wellritz

Leben und Geniessen

im Stadtteil

Hallo Innenstadt

unmaßstäblich

77


Welcome Wellritz //

Grünraum

Ein übergeordnetes Freiraumkonzept des ISEK Zukunft

Stadtgrün sieht eine stadtweite Vernetzung

zusammenhängender Freiräume vor (Täler). Die

Wellritzstraße hat das Potential als schon heutige

Verbindungsstrecke zwischen dem Sedanplatz und der

Innenstadt bzw. zur Bleichstraße / Platz der dt. Einheit eine

wichtige Verbindung mit qualitativem und diversem Freiraum

darzustellen.

Eine weitreichende Begrünung und Bepflanzung mit

Gehölzen ist essenziell für einen nachhaltigen Umgang mit

den sich verschlechternden stadtklimatischen Bedingungen.

Die Verminderung der Wärmespeicherung, Kühlung,

Frischluftversorgung und Beschattung reduzieren den

Hitzeinseleffekt und erhöhen die Aufenthaltsqualität für die

Nutzer:innen. Ein heterogene Auswahl von Gehölzarten nach

Stadttauglichkeit und klimatischen Veränderungen (u.a. nach

GALK-Empfehlung) sollen langfristig eingebracht werden

(über eine akuelle Halbwertzeit von Straßenbäumen von

durchschnittlich 30 Jahren hinaus). Lichte Kronen mit

leichtem Schattenwurf, immergrünes Nadelgehölz und

Säulenformen dienen einer Raumbildung und einem

Schattenspiel, ohne zuviel Licht aus dem engen Straßenraum

zu nehmen. Vegetationsflächen werden standortgerecht

geplant und können z. T. als Retentionsflächen in

multifunktionaler Nutzung zu einer blau-grünen Infrastruktur

beitragen. Bestimmte Straßenbereiche (Spielplätze, Pockets

und Grünräume) sind mit einer wassergebundenen

Wegedecke, Rasengitter bzw. durchlässigem Fallschutz

versickerungsfähig. Thematisch wird die Verbindung zum

Programm "Bäche ans Licht" (Sedanplatz, Bleichstraße und

Platz der dt. Republik) aufgenommen und zeigt sich durch

einen besonderen Erfahrungswert "Wasser" mit einem

Wasserbecken und Wasserspielplatz. Auch diese Elemente

sorgen für Kühlung der Straße. Vergleichbar mit anderen

Städten u.a. Frankfurt am Main bietet sich ein

Förderprogramm zur Begrünung von Fassaden und

Hinterhöfen an, um die Vegetation in dem fast vollständig

versiegelten Stadtraum zu erhöhen.

78


Toolkits

Die Tools sind primär an der Ausdifferenzierung des

Freiraums zur Schaffung unterschiedlicher Stufen von

Conviviality ausgerichtet. Die thematische Gliederung

als Baukastensysteme zeigt die Vielfalt an Möglichkeiten,

die modular in die Freiraumplanung integriert werden

kann. Gerade mit Blick auf eine nachhaltige

Entwicklung des Freiraums in Zeiten sich immer

schneller ändernder (und ausdifferenzierender) gesellschaftlicher

Anforderungen, ist es notwendig, diese

zahlreich und divers einzubringen. Der Erfolg liegt in

der Heterogenität der Angebote. Am Beispiel Sitzmöglichkeiten

zeigt sich die funktionale Komplexität der

Nutzungsbedürfnisse und die soziale Bedeutungen, die

nur über Vielfalt abgedeckt werden. Mal möchte man

alleine in der Sonne sitzen, mal flirten oder mit einer

Gruppe von Kolleg:innen zu Mittag essen. Sie bieten

Menschen unterschiedlicher Mobilität eine stufenweise

Interaktion mit der Umwelt. Die Qualität dieser Erfahrung

ist von vielen Faktoren abhängig.

Überlagerungen und Verdichtungen der Tools entsprechen

einer Ausdifferenzierung der Nutzer:innen-Ansprüche. Die

Planung zur Wellcome Wellritz schlägt in vier Teilen

programmatische Schwerpunkte. Der Konvivialitätfaktor wird

mit einer zusätzlichen Streuung und kleinräumigen Mischung

gesteigert.

"Tools sind häufig vereinfachend, aber

sie helfen dabei, schnell eine

gemeinsame Sprache zu entwickeln.

Tools sehen immer so fertig und

abgeschlossen aus, das befreit aber

euch nicht davon mitzudenken, wenn

ihr sie nutzt.

Tools sind dazu da, abgewandelt zu

werden. Benutzt vorhandene Tools

und baut sie solange um, bis sie euch

nützen.

Nicht jedes Tool funktioniert für jeden

Menschen oder jedes Team. Das ist

okay."

Neue Narrative über 9_spaces, Instagram

79


Teil I

Der westliche Abschnitt hat mit einer

Verkehrsberuhigung das höchste

Entwicklungspotential für qualitativen Freiraum.

Mit einer großzügig erweiterten Fußgängerzone

können weitere Nutzungen hinzugefügt, mehr

klimatisch notwendiger Grünraum entwickelt,

Aufenthaltszonen entzerrt und mögliche

Lärmbelästigung für die Anwohner:innen

vermieden werden.

Übergang zum äußeren

Westend // Einbahnstraße und

Parken // ca. 13 m quer

Städtebauliche Einbindung: Straßenaufteilung orientiert am

äußeren Westend (Vorgärten, Allee, Flanierwege)

Formgebung: historisierend, Vorgärten, Wasserbecken als

architektonische Referenz und Wasser-Verbindung zum

neugestalteten Sedanplatz

Atmosphäre: Grüne Allee mit altem Baumbestand

Soziale Dynamik: Flanierend, sich verabreden, Geselligkeit

Hotspot:

Georg-Buch-Haus: Grünraum und Treffpunkt, Pocket

Entdecker:innen-Wald im Innenhof

80


Verbindung zum äußeren Westend

Sich verabreden, Freunde am offenen

Eingang treffen, Gefährt abstellen und

ab in die Mitte

Grünflächen und Bepflanzung entlang

der großzügigen Allee laden zum

Flanieren ein

Mäandernde Straßenführung

für eine Anreicherung, Auflockerung

und für ein Sicherheitsgefühl

Vorhöfe und -gärten wie im äußeren

Westend, bieten was fürs Auge, den

Einkaufsbummel oder ein Café

Endecker:innen-Dschungel als

geschützter Spielraum im Innenhof des

Georg-Buch-Hauses

Warten, Unterhalten und Gewusel

Ausschau halten im grünen Pocket vor

dem Georg-Buch-Haus/Stadtteilbüro

Maßstab 1:500

81


Welcome Wellritz //

Ästhetisierung

Fokussiert wird eine Förderung auf sinngetragener

Wahrnehmungsebene um den Erlebniswert des Straßenraumes

mit Blick auf Wohlfühlfaktoren anzureichern. Dabei handelt

es sich nicht um eine konkrete ästhetische Gestaltgebung, da

stadtspezifische Kontexte unterschiedlichen

Gestaltungskonzepten zugrunde liegen. Mit Hinblick auf eine

weitreichende Teilhabe nachbarschaftlicher Akteur:innen auf

Planungsebene sowie in langfristigen Partizipationsprojekten

lassen sich einheitliche Gestaltungsprinzipien schwer in Form

pressen. Im Sinne einer Aneignung und der Identifikation mit

einem transkulturell geprägten Freiraum als Ziel ist dieser

Versuch durchaus in Frage zu stellen. Als übergreifendes

Verbindungselement kann die Ästhetik hier als klassische

'Klammer' nicht dienen. Da die Steigerung von Conviviality

die übergeordnete Ausrichtung dieser Planung darstellt, sind

die Menschen und das vielfältige Leben auf der Straße

prägendes und auszeichnendes Element der neuen

Wellritzstraße.

Eine Anreicherung von Umwelterfahrungen dient als Mittel

der Wahl, den Straßenraum attraktiv und für unterschiedliche

Begehrlichkeiten ansprechend zu machen. In dem besonders

verdichteten und versiegelten Straßenzug bietet sich eine

Orientierung an Materialität und Naturelementen mit

ausgeprägten Veränderungen im Jahreszeitenverlauf. Der

Stadtraum erhält eine wahrnehmbare Komplexität, der ihm

einen eigenen Charakter verleiht und die Achtsamkeit fördert.

Vegetationsflächen mit ganzjährigen Aspekten erlauben

unterschiedliche Wahrnehmungsqualitäten; Gehölz,

Straßenbäume (z. B. mit lichtem Blattwerk und schattiger

Frische) und Wasserelemente geben taktile und visuelle

Impulse. Treffpunkte und Bänke im warmen Sonnenschein

begrüßen insbesondere Bewohner:innen aus wärmeren

Herkunftsländern und bieten im Winter kleine sonnnige

Auszeiten. Der Innenhof des Georg-Buchs-Hauses stellt eine

wichtige Komponente in der Entwicklung der Wellritzstraße

dar. Hier besteht ein Schutzraum für spielende Kinder mit

einem Zugang von der Terrasse des Eltern-Kind-Cafés oder

der Kindertagesstätte. Eine dichtere Bepflanzung und eine

Entsiegelung der Fläche ermöglichen einen kleinen

'Naturerfahrungsraum' im Entdecker:innen-Dschungel.

82


Faktoren für Conviviality und Wohlbefinden:

Aussicht, Anordnung, Positionierung zum Wegesystem und Orte

mit sozialen Dynamiken, Fassungsvermögen, Nutzungsspektrum,

Kommunikationsförderung, Exponiertheit, Form und Materialität,

Symbolik, Einbindung in Interaktion

Sitzen und Verweilen //

Toolkit

83


Teil II

Dieser Straßenabschnitt ermöglicht größere Gruppen

in Nähe und Distanz zu fassen. Ein Quartiersplatz

bietet in multifunktionaler Nutzung Flexibiltät für

soziale Events, wodurch eine Besetzung des Ortes

temporär und offen gehalten werden kann. Er bietet

Platz für unterschiedliche Altergruppen und

Bedürfnisse (Hang-outs, Straßenspiel, Bühne und

Zuschauer:innen) die mit kleineren konträren

Alternativen ergänzt werden.

Nachbarschaftlicher Mittelpunkt

Verkehrsberuhigt seit 2021

ca. 13 m Straßenraum quer

Städtebauliche Einbindung: Anschluss an Teil 1 und

Versetzung des Straßenbereichs zur Ausbildung eines

zusammenhängenden Platzbereichs

Formgebung: großzügige Fläche zur Nutzung von

Stadtteilevents mit kleineren flankierenden Treffpunkten

und Cafés

Atmosphäre: lebendig, großzügig, urban

Soziale Dynamik: Geselligkeit, Bühne, Vielfalt

Hotspot:

Quartiersplatz als großräumiger Treffpunkt von jungen

Menschen und Eventfläche

84


Nachbarschaft erleben

In der Sonne sitzen und die Aussicht

geniessen

Flohmarkt, An den Wintermarkt, Rändern des Food bunten

Festival

oder Geschehens einfach sitzen nur Abhängen und beobachten,

auf dem

kleine Quartiersplatz Spielpunkte

Ein Ort für junge Erwachsene zum

abhängen, freerunning oder an der

Calisthenics-Station flexen

Treffen, Sammeln und ab ins

Getümmel

Flohmarkt, Wintermarkt, Food Festival

oder einfach nur Abhängen auf dem

Quartiersplatz

"Meet and greet" auf der Straße entlang

der Genussmeile

Maßstab 1:500

85


Welcome Wellritz //

Strukturierung des Straßenraums

Die Straßenführung (Lieferverkehr, Rettungswege,

Einfahrten) wurde über die vier Abschnitte hinweg

mänandernd angelegt, um der Straße die Starre und absolute

Einsicht zu nehmen. Durch die langen Abschnitte behält sie

ihre Lesbarkeit und dem Sicherheitsgefühl zuträgliche

Offenheit. Da insbesondere die Lieferverkehrswege in Radund

Flanierwege z. T. übergehen und es lediglich

Markierungen zu den flankierenden Plätzen gibt, ist eine

Großzügigkeit und Flexibilität geben. In einer näheren

Ausgestaltung der Wellritzstraße wären die Wegeleitsysteme

mithilfe von Bodenmarkierungen und unterschiedlichen

Belägen von Relevanz, um den offenen Straßenraum zu

strukturieren. Sicherheit (Radwege) und

Erfahrungsmöglichkeiten sollten duch kreative und

spielerische Lösungen gefördert werden.

Um einer ausdifferenzierten Nutzung, der Sicherheit und dem

Bedürfnis "sich mal aus dem Weg gehen zu können" gerecht

zu werden, gibt es neben dem Hauptweg (Lieferverkehr in

den Morgenstunden, Fußgänger:innen und Radfahrer:innen)

immer mindestens einen Nebenweg, der entlang Fassaden,

zwischen programmatischen Angeboten oder uneinsehrbarer

Grünanlagen und Pockets vorbeiführt. Kinder können sich

mal verstecken und Frauen auch mal unbeobachtet die Straße

entlang schlendern.

Rad- und Rettungswege, alternative

Fußgängerrouten, Übergänge, gastronomische

Aussenbereiche, Spielbereiche

etc. entspechen den räumlichen und

baulichen Anforderungen nach Neufert:

Bauentwurfslehre.

86


Zugänglichkeit, Altersgerechtes Mobiliar, Taktile und visuelle

Leitsysteme, Bodenverhältnisse und Materialität, Lesbarkeit des

Straßenraums, Verhinderung von Barrieren, Beleuchtung,

Zusammenhalt

Barrierefreiheit // Toolkit

87


Welcome Wellritz //

Raumbildung

Die Wellritzstraße ist räumlich von der horizontal offenen

Straße und der Vertikale der Häuserfassaden geprägt. Sie bildet

eine Schlucht, die eine heterogene Nutzung und ein positives

Raumgefühl nur schwer ermöglichen. Eine vertikale

Raumbildung durch höhengestaffelte Elemente - Bäume, Gehölz,

Schmuckbepflanzung, Pergolen, Lichtelemente, Spielelemente

- soll diese Starre spannungsreich aufbrechen und

unterschiedliche Atmospären ermöglichen. Die Trennung der

Sichtachse von belebtem Straßenraum und Fenster der Wohnungen

ab dem 1. Obergeschoß soll dazu dienen, die Nutzungsqualität

zu steigern. Flanierende sitzen dadurch nicht

mehr ungewollt auf dem Präsentierteller; Bewohner:innen

schauen auf eine (grüne) Ebene und nehmen ggf. Ruhestörungen

oder das geschäftige Treiben weniger störend wahr.

Auf der Straßenebene dienen bauliche Elemente, Mobiliar

und Hochbeete zu einer differenzierten Höhenstaffelung und

zur Fragmentierung des Raumes. In der Fläche gilt es den offenen

Straßenraum in kleinen Entitäten unterschiedlicher Atmosphären

aufzuteilen, um die Dominanz bzw. die Präsenz

einzelner sozialer Gruppen zu verhindern und einer Vielfalt an

Menschen, die den Freiraum nutzen können, zu öffnen. In unterschiedlicher

Größe mit unterschiedlichen Nutzungsprogramierungen,

Ästhetiken und Sichtbeziehungen sollen so

Bühnen, Nischen, halböffentliche Räume und 'Wohnzimmer'

entstehen.

Besonderes Augenmerk soll auch der Beleuchtung zukommen.

Sie bietet in dunklen Stunden die Möglichkeit Räume zu

gestalten, Conviviality und Sicherheit zu fördern. Auf die

Straße gerichtet wirkt es nicht belästigend für die Wohngeschosse

und sollte mit insektenfreundlichen Leuchtmitteln

ausgestattet sein. Anlagen mit einer auffallenden Formgebung

und skulpturalen Eigenschaften können ein verbindendens

Gestaltungselement am Tage darstellen.

88


Spektren zur Förderung von Begegnungsvielfalt: Dimensionen,

Ausstattung, Flexibilität, Fassungsvermögen, Intensität,

Verbindlichkeit, Aktion, Zielgruppe, Alter, Aufenthaltsqualität,

Inklusion, Dauer, Projekte

Soziale Situationen und

Begegnungen // Toolkit

89


Teil III

Neben dem Schwerpunkt 'Spielen' lassen sich hier

offene und dichte Programmierungen in

unterschiedlicher Größe umsetzen. In diesem

Mittelpunkt wird die Heterogenität am Deutlichsten

(Kinder bis Senioren, aktiv-passiv, exponiert-intim).

Pockets komplementieren großräumige öffentliche

Treffpunkte und festgelegte infrasturkturelle sowie

institutionelle Angebote.

Nachbarschaftlicher Mittelpunkt

Verkehrsberuhigt seit 2020

ca. 10 m Straßenraum quer

Städtebauliche Einbindung: Lebendige Mitte, gemischte

Nutzung, soziale Einbindung zur Nachbarschaft

Formgebung: bedürfnisorientiert, Konvivialitätsfaktor, hallenartige

Baumstruktur, Öffnung der Straße zum Platz

Atmosphäre: gesellschaftlich, willkommen, offen und großzügig

Soziale Dynamik: Spiel, lebendige Straße,

generationenübergreifend

Hotspot: Vorplatz-Wellritzhof mit Wasserspielplatz und

großzügigen Aktionsflächen, spielerische Bodenmarkierungen,

attraktive Randbereiche

90


Ein Quartier voller Leben

Die "inklusive Spielstraße" mit

Wasserspielplatz als Erweiterung des

Kinderzentrums Wellritzhof

Ankommen und orientieren, die

Innenstadt hinter sich lassen

In den Pockets in kleiner Runde

quatschen, zu Mittag essen oder

Backgammon spielen

drop-off und übersichtlicher Übergang

Von den Rändern das Kinderspiel

beobachten,

Mehrgenerationentreffpunkte

Dem bunten Treiben folgen, ausruhen

und einen Tee geniessen

Maßstab 1:500

91


Welcome Wellritz //

Mobilität

Autoverkehr

Laut Analyse besteht im Westend der stadtweit niedrigste Motorisierungsgrad

und eine hohe Feinstaubbelastung. Eine weitere

Verkehrsberuhigung des westlichen Straßenabschnitts

bedeuten für die Mobiliät der Bewohner:innen einen geringen

Eingriff und folgt dem richtungsweisendem Zukunftsszenario

"Autofreie Innenstadt" des ISEK 2030+ Wiesbaden. Die Planung

sieht eine Ausweitung der Verkehrsberuhigung im westlichen

Teil der Wellritzstraße vor. In der Folge müsste die

kurze Einbahnstraßenführung der Walramstraße (Wellritzstraße

bis Hermannstraße) umgekehrt werden. Eine Entwicklung

wird als Erweiterungsgebiet im Ausblick thematisiert.

Kund:innen und Besucher:innen der Wellritzstraße stehen im

Umfeld (vor allem in der Helenenstraße) Parkhäuser zur Verfügung,

im besten Fall werden im Rahmen der Umsetzung des

ISEK 2030+ Wiesbaden verstärkt Anreize zur Nutzung des öffentlichen

Personennahverkehrs gegeben.

Fahrrad und verbrennungsmotorloser Verkehr

Eine Kombination von Rad- und Fußgängerwegen kann sich

einer ausdifferenzierenden Mobilität anpassen und reduziert

die Geschwindigkeit des fahrenden Verkehrs. Die Bedarfsanalyse

zu den Fahrradstrecken (ISEK Zukunft Stadtgrün) zeigt

keinen gesonderten Bedarf (oder gar Empfehlung) für eine

Radverbindung durch die Wellritzstraße, sodass insbesondere

quartierliche Dynamiken bedacht werden müssen. Ein entschleunigter

und reduzierter Radverkehr wird begrüßt und

durch großzügige Abstellbereiche an den Intersektionen und

Eingängen der Straße unterstützt. Es kann von einer Signalwirkung

ausgegangen werden, zudem dienen die Abstellflächen

auch für eine sich weiter ausdifferenzierende

Elektromobilität (Roller, Scooter, Segways, Pedilecs etc.). Unterrepräsentierte

Fahrradfahrer:innengruppen sollen bewusst

in einen geschwindigkeitsarmen Verkehr integriert werden

(Kinder, Frauen, Senioren). Hauptaugenmerk liegt auf Bewegungen

zu Fuß - eilend, schlendernd, bummelnd, sich zeigend,

aufhaltend oder alltägliche Gänge. Die Wellritzstraße

hat über den Straßenraum alternative Wegeverbindungen, die

unterschiedliche Bewegungsmuster, -dynamiken sowie Einund

Ausblicke zulassen.

92


Inklusion, Codierung und formale Abstraktion, Spielerische

Leitsysteme, Niedrigschwelligkeit, Multifunktionalität,

individuelle Aneignungspotentiale durch formale Anreize (z.B.

Jugendkulturen, Gamification), Materialität und Haptik,

Dimensionalität, Kooperationsanreize, Zielgruppe

Spielerische Angebote //

Toolkit

93


Teil IV

Alltagsgeschäfte, Nutzungsdichte und Lebendigkeit

sollen erhalten und qualitativ gestärkt werden. Der

Straßenraum wird visuell geöffnet, kleinere

Treffpunkte laden als Eingangsbereiche ein und

leiten über in die Fußgängerzone. Durch die

Einbringung von Straßenbäumen sollen

Stimmungen gesetzt werden.

Übergang zur Innenstadt

Einbahnstraße

ca. 10 m Straßenraum quer

Städtebauliche Einbindung: Erhalt der Infrastruktur

und vielfältige Nutzung, Übergang zur Innenstadt

Formgebung: Reduktion der Autostraße zugunsten

größerer Fußgängerräume

Atmosphäre: buntes Treiben, einladend

Soziale Dynamik: urbane Geschäftigkeit, freundlich,

Begegnungen

Hotspot: Treffpunkt an der Ecke Helenenstraße als

Übergang in die Fußgängerzone mit Symbolwirkung

94


Hallo Innenstadt

Kulinarischer Genuss in gewohnter

Tradition

Willkommen zuhause

Umsteigen, in die Atmosphäre

eintauchen, in der grünen Wellritzstraße

durchatmen

Auf Freunde warten, telefonieren oder

kurz mal raus gehen

Mehr öffentlicher Raum für

Begegnungen und zur Rast

Alltagsgeschäfte erledigen und gute

Lebensmittel shoppen

Maßstab 1:500

95


Welcome Wellritz //

Stärkung der kommerziellen Infrastruktur

Mit Blick auf die Veränderung von Kaufverhalten und einer

beschleunigten Tendenz zum Onlineshopping wird sich die

Struktur des Einzelhandels in Städten weiter wandeln. Der

Erlebniswert, Wohlfühlfaktor und Conviviality werden eine

tragende Rolle spielen. In der Wellritzstraße ist der lokale

Einzelhandel auf die Dinge des alltäglichen Bedarfs

ausgerichtet, speziell auf die Bedürfnisse der Nachbarschaft.

Die strukturelle Einbindung der bestehenden kommerziellen

Infrastruktur - Gastronomie, Ladengeschäfte und

Diesntleistungen - ist sinnvoll und bietet eine langfristige

Entwicklungsstabilität. Mit dem Erhalt (und dem weiteren

Ausbau) der Heterogenität lassen sich Verdrängungsprozesse

und Vereinheitlichung des Angebots durch Gentrifizierung

reduzieren. Mit der Unterschiedlichkeit der Angebote könnten

Nutzungsproblematiken z. B. durch eine Überzahl oder

Vereinheitlichung der gastronomischen Angebote reduziert

werden.

Ein Handlungsbedarf besteht in der qualitativen Aufwertung

der Außengastronomie, die in Zusammenarbeit mit dem

aktiven lokalen Einzelhandelsverbund entwickelt werden

könnte. Beschattungen, Pflanzgefäße als Raumteiler und

sonstige Elemente könnten seitens der Stadt zur Verfügung

gestellt (oder koordiniert) werden, um eine kohärente und

atmosphärische Gestaltung zu ermöglichen.

96


Eingänge direkt zum Straßenraum, Vermeidung von Barrieren,

Beleuchtungskonzepte, alternative Wege, Lesbarkeit des

Straßenraums, Ermöglichung von Nähe und Distanz, Belebung u.

a. durch mehr Frauen, langfristiges Stadtteilmanagement und

Beteiligung, Pflege, bewusste Gestaltung, viele kleine und

gemischte Nutzungen, Übersichtlichkeit

Sicherheit // Toolkit

97


Erweiterte Planungsgebiete

Teil VI Walramstraße

Teil VI Helenenstraße

Erhöhter Platzbedarf für Fussgänger sowie für jetzt

schon mangelnde Kontaktzonen und Treffpunkte

Ausbau der Grünraumstruktur

Potential aufgrund von Fahrtrichtungsänderung und

Wirkkraft in andere Straßenzüge

Weitere Entzerrung von Versammlungsorten

Die Walramstraße war bis in die 1990er Jahre autofrei

Handlungsbedarf aufgrund von autoverkehrlichen

Veränderungen (weniger Anwohner, mehr

Besucher:innen aufgrund der Parkhäuser in der Straße)

Autoverkehrsreduzierende Gestaltung am südlichen

Eingang als Signalwirkung um Probleme mit der

reduzierten Geschwindigkeit zur nördlichen

Wellritzstraße zu vermeiden.

98


Erweiterte Planungsgebiete

Teil VII Schwalbacher Straße

Bessere Anbindung an die Innenstadt // Sicherheit // Symbolwirkung //

Klimatische Anpassung

Im ISEK Zukunft Stadtgrün wird der Umbau der Schwalbacher Straße zu

einem komfortablen Übergang zur Innenstadt projektioniert. Maßgeblich für

den Erfolg und die Anbindung der nordwestlichen Quartiere wäre der laut

Karte ausgesparte nördliche Teil der Schwalbacher Straße, angrenzend an die

Wellritzstraße. Die umständliche Fußgängerwegeführung und die

autogerechte Nutzung der Mitte der Allee stellen eine große Barriere und ein

Sicherheitsrisiko dar. Mit einem komfortablen und sicheren Übergang würde

auch die symbolische Verbindung der Wellritzstraße zur Innenstadt, sowie die

lokale Infrastruktur gestärkt werden.

99


100


KAPITEL V

CONCLUSIO

101


Die vorliegende Arbeit nimmt die kulturelle gesellschaftliche

Zusammensetzung mit Blick auf die Nutzung und Gestaltung

von öffentlichen städtischen Räumen in den Fokus. Im Vordergrund

der Untersuchung stehen transkulturelle Verwebungen,

die sich im Stadtraum über die räumlichen Praxen der Nutzer:innen

zeigen. Beim wöchentlichen Einkauf, beim Treffen

von Schulfreund:innen, beim nachbarschaftlichen Plausch an

der Bushaltestelle oder einer Schlägerei unter Jugendlichen

da wo Menschen aufeinandertreffen wird gemeinschaftliches

Leben ausgehandelt. Dabei spielt die gebaute Umwelt eine

maßgebliche Rolle als Steuerungsinstrument und Gussform in

der sozialen Konstruktion von Freiräumen. Eine für transkulturelle

Prozesse sensible und bedürfnissorientierte Freiraumplanung

kann friedliche und identitätsstiftende Impulse für die

Transformation von städtischen Konflikträumen geben. Durch

interdisziplinäre Rückgriffe auf kulturtheoretische Perspektiven

wird in dieser Arbeit ein Denkraum eröffnet. Dieser erkennt

die gesellschaftliche Heterogenität und eine sich auch

zukünftig wandelnde Gesellschaft als Chance für freirauplanerische

Prozesse an, anstatt sie als Problem zu umschiffen. Mit

der Gestaltung von Räumen für bedeutungsvolle Begegnungen

von Menschen von Conviviality werden gesellschaftliche

Prozesse beeinflusst und gesteuert. Die Rolle des urban

designs zeigt sich am Beispiel der zitierten Studien: Eine gesteigerte

Sichtbarkeit der Heterogenität fördert den sozialen

Zusammenhalt und wirkt inklusiv für weitere Nutzer:innengruppen.

Als Gegenmodell zur Dominanz (oder Abwesenheit)

CONCLUSIO

102


von bestimmen Nutzer:innen fördert es die Sicherheit sowie

das psychische, physische und soziale Wohlbefinden. Transkulturelle

Freiräume können die Qualität der bedeutungsvollen

Begegnungen steigern. Eine Ausrichtung an den

ausdifferenzierten Bedürfnissen der Bewohner:innen und eine

höhere Sichtbarkeit der Heterogenität spielen eine tragende

Rolle.

Die Freiraumnutzung in der Wiesbadener Wellritzstraße zeigt

wie wichtig Freiräume als soziale Ausgleichs- und Verhandlungsorte

sind, wenn eine diverse und mobile Gesellschaft

weder adäquat und ernsthaft adressiert, noch in der Freiraumplanung

berücksichtigt wird. In dem Konzept zu Welcome

Wellritz steht Conviviality im Zentrum der freiraumplanerischen

Überlegungen. Die relevanten Aspekte der theoretischen

Auseinandersetzung werden in der Konzeptplanung

aufgenommen und typologische Optionen entlang der freiraum-

und städteplanerischen Herausforderungen des Realraumes

Wellritzstraße entwickelt. Eine Freiraumplanung

begründet und ausgerichtet auf kulturelle Heterogenität kann

soziale Prozesse in Gang setzen, welche die eingangs erwähnte

Integrationsleistung solcher Stadtquartiere nachhaltig unterstützen.

Da mit den sozialen Prozessen vor allem die Handlungsebene

der diversen Akteur:innen adressiert wird, ist es umso wichtiger,

sich bei einer weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema

ein besonderes Augenmerk auf Partizipationsprozesse,

diverisitätsgerechte Ansprachen und die Rahmenbedingungen,

in denen diese entstehen und wirken, genauso auch eingeschränkt

oder instrumentalisiert werden, zu richten. Diese ist

auf allen Ebenen der vorliegenden Thesis implizit, kann im

gegebene Rahmen jedoch nur angerissen werden. Ein eigener

Themenschwerpunkt wäre notwendig, um dem Thema gerecht

zu werden. Das Toolkit Soziale Situationen / Begegnungen

zeigt nur einige Möglichkeiten, um im bereits gestalteten alltäglichen

Miteinander Räume für soziale Situationen, die als

Initialzündung von nachbarschaftlichen Initiativen wirken

können.

Gerade was die Ebene der Handlungsempfehlungen dieser

Thesis angeht, wäre eine weitere Beschäftigung von besonderem

Interesse. So ließen sich die thematischen Toolkits ergänzen

und inhaltlich erweitern. Freiraumplanerische Themen

wie eine blau-grüne Infrastruktur werden besondere Aufmerksamkeit

zuteil, aber auch im Kontext von kulturwissenschaftlichen

Auseinandersetzungen sind Themen, wie Atmosphäre,

differente und kulturelle (Stadt)Raumwahrnehmung, Aneignung,

Inklusion, symbolische Räume und material culture in

ihrer Relevanz für das Erleben von Freiraum nicht von der

Hand zu weisen. Eine spezifische Aufarbeitung dieser Werkzeugkästen,

z. B. mit Blick auf die technisch-praktische Umsetzung,

einer genaueren Zielgruppenanalyse, Budget sowie

nachhaltige Pflege- und Managementaufwendungen ist durchaus

sinnvoll, um sie für städtische Akteur:innen und Freiraumplaner:innen

zugänglicher und leichter umsetzbar zu machen.

103


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Bildquellen

Handzeichnungen, Fotografien und Computergrafiken:

Bernd Metz

Vektorgraphiken (Menschen) im Kapitel 4 Planung:

Jemma Rose Baldwin:

https://jemmarosebaldwin.com/vector-people-pngs/

angerufen zuletzt am 09.01.2022

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Thesis zur Erlangung des Bachelor of Engineering,

Landschaftsarchitektur

Hochschule Geisenheim University // WS 2021/2022

Institut für Freiraumentwicklung

Prof. Dr. Constanze Petrow // Prof. Dr. Jan Dieterle

Bernd Metz M.A, Frankfurt am Main

Matrikel 1019029 // 7. Fachsemester // 21. Januar 2022

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