Spectrum_03_2022
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DOSSIER
Text und Illustration Pauline Anne Meyer
Kiffer hinter Gitter
Die am weitesten verbreitete illegale Substanz in der Schweiz
ist Cannabis. Heute noch kriminell, morgen bereits legalisiert?
Die Diskussion läuft.
ährend einige Cannabis als eine gefährliche
Einstiegsdroge sehen, ist für
W
andere die Legalisierung längst überfällig.
Sollten Kiffer*innen wirklich als Kriminelle
gelten? In einigen Staaten ist der Freizeitkonsum
bereits erlaubt. Auch in Deutschland
hat die Ampelkoalition im letzten Jahr
grünes Licht für die Legalisierung gegeben.
Wie steht es um die Schweiz?
Rechtslage in der Schweiz
Der Konsum von Cannabis mit über 1%
THC Gehalt ist in der Schweiz verboten.
Dies bestimmt das Betäubungsmittelgesetz.
Der berauschende Wirkstoff im Cannabis
ist das THC (Tetrahydrocannabinol). Er
wirkt euphorisierend und leicht halluzinogen.
Zweck des Verbots ist es insbesondere,
Personen vor negativen gesundheitlichen
sowie sozialen Folgen zu schützen. Wer
dennoch einen Joint raucht, riskiert eine
Ordnungsbusse in der Höhe von 100 Franken.
Der Besitz von bis zu 10g Cannabis
bleibt straffrei. Indem man den Besitz gestattet,
werden Konsument*innen aus der
Strafbarkeit herausgeholt. Das ist das Ziel
der Entkriminalisierung. Bei einer Legalisierung
würden zusätzlich der Erwerb und
Verkauf erlaubt werden.
«Cannabis kein Brokkoli»
Wer regelmässig viel kifft, beeinträchtigt gemäss
verschiedenen Studien langfristig seine
Hirnleistung. Zudem erhöht Kiffen das
Risiko, an Depressionen, Angststörungen
oder einer Psychose zu erkranken. Cannabis
ist kein harmloses Kraut. Grund genug für
ein Verbot? Die Antwort lautet nein! Spätestens
dann, wenn man seine Augen auf
den Alkohol- und Nikotinkonsum richtet.
Doch auch hier gehen die Meinungen auseinander.
Die deutsche Politikerin Daniela
Ludwig hält fest: «Nur weil Alkohol gefährlich
ist – unbestritten – ist Cannabis kein
Brokkoli.» Die Pflanze dürfe nicht bagatellisiert
werden.
Alkohol und Nikotin? Ja. Cannabis?
Nein.
Im direkten Vergleich mit Alkohol und Nikotin
schneidet sie aber gleich ab, wenn
nicht sogar besser. Gemäss BAG sterben
in der Schweiz jährlich 9500 Menschen
vorzeitig an den Folgen des Zigarettenrauchens.
An den Folgen des Alkoholkonsums
sterben jährlich 1600 Personen, oftmals an
alkoholbedingter Leberzirrhose. Eine höhere
Sterblichkeit bei Cannabiskonsumierenden
ist unbekannt. Eine Suchtgefahr besteht
bei allen Drogen. Bei Cannabis halten Forschende
aber fest, dass die Entzugserscheinungen
schwächer sind als bei Alkohol und
Nikotin.
Verbot und Prävention
Ob Cannabis, Alkohol, Nikotin oder andere
Drogen: Übermass ist immer gefährlich. Daher
ist es für die Gesellschaft umso wichtiger,
in Präventionsmassnahmen zu investieren.
Bei Nikotin und Alkohol geschieht dies
durch breite Aufklärung über die Folgen,
aber auch über Werbeverbote. Zudem soll
die erhobene Steuer den Konsum unattraktiver
machen. Das Verbot von Cannabis hat
seine präventive Wirkung jedoch verfehlt.
Fast ein Drittel der Schweizer Bevölkerung
hat Cannabis schon einmal probiert. Über
200'000 Schweizer*innen geben an, regelmässig
zu kiffen.
Schwarzmarkt und Jugendschutz
Konsument*innen müssen die Droge auf
dem Schwarzmarkt kaufen, was Risiken mit
sich bringt. So können sie sich nie ganz sicher
sein, was sie rauchen. Es kann sich um
mit Tabak, Sand, Zuckerwasser oder chemischen
Substanzen gestrecktes Gras handeln.
Dadurch sind Stärke und Effekt unbekannt.
Im Laden kann jede*r ein Bier kaufen und
weiss genau, es enthält 4.5 Volumenprozent
Alkohol. Konsument*innen können sich auf
die Wirkung einstellen. Bei Cannabis von
der Strasse müssen sie vorsichtiger sein.
Vor zwei Jahren war in Basel synthetisches
Cannabis im Umlauf, mit einer 200-fachen
Wirkung. Der Konsum kann fatale Folgen
haben. Die Stiftung «Sucht Schweiz»
kommt zum Schluss, dass beispielsweise in
den US-Bundesstaaten, in denen Cannabis
legal ist, der Schwarzmarkt langsam zurückgeht.
So würden Jugendliche nicht gezwungen
sein, sich bereits in jungen Jahren in ein
kriminelles Milieu zu begeben.
Ob in der Schweiz das Verbot bleibt
oder eine Legalisierung bevorsteht,
ist offen. Es bleibt spannend, wie sich
die Legislative entscheiden wird. Vielleicht
wird die Konsumentensouveränität
auch bald fürs Kiffen anerkannt. P
05.22
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