04.05.2022 Aufrufe

flip-Joker_2022-05

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

20 KULTUR JOKER KUNST

Im Gespinst der Narrative

Im Archäologischen Museum ist die Kultur der Habalukke zu entdecken

Die Bewohner der Mittelmeerinsel

Sehnah müssen

dem Schweizer Archäologen

Walter Affolter wirklich sehr

dankbar gewesen sein. Denn

ihre Flagge weist nicht nur

blaue und weiße Streifen auf,

sondern auch zwanzig Schweizerkreuze.

Die Fahne hängt

derzeit im Freiburger Archäologischen

Museum. Dieser

erste Raum der Sonderausstellung

„Habalukke“ zeigt noch

weitere Erinnerungsstücke der

Familie. Ein Aquarellkasten,

eine Brille, aber auch sehr viel

Kunst ist hier zu sehen. Porträts,

für die Affolter wichtigen

Künstler seiner Zeit Modell

saß, aber auch Aquarelle seiner

Schwester. Und ein Katalog

liegt aus über das Leben dieser

Hedwig Bernadette Affolter,

kurz HBA, die ihm später

seinen Haushalt organisieren

wird. Wirft man einen Blick

in die Publikation mit dem

schönen Titel „Malweib, mal

Weib“ scheint es als ob für die

Familie Affolter zwischen Hodler,

Giacometti, den Moilliets

und den anderen Prominenten

der Schweizer Kunstgeschichte

ein Plätzchen frei war. Auch

in Kandern war die kunstaffine

Schwester und traf dort

auch August Macke an, der sie

in ihren künstlerischen Ambitionen

stärkt. Oder als hätte

ihnen jemand ein Plätzchen

freigeräumt.

Man kann es sich in diesen

Narrativen so behaglich

einrichten wie auf dem Sessel,

der im Colombischlössle

steht. Zu gut kennt man diese

Familien, die mit Sattlereien

für Luxusdroschken und der

Kammschneiderei ihr Geld

gemacht haben und ihren Liebhabereien

nachgingen. Insbesondere

in der Schweiz geben

sich Industrialisierung und die

aufkommende Moderne die

Hand. Das eine ermöglicht

das andere, das wiederum das

eine adelt. Und nicht wenige

Ausstellungen schaffen durch

derartige Ausstellungsstücke

einen Kontext, der uns eine

Einordnung ermöglicht und

unsere Erwartungen erfüllt.

Doch wann hat man schon mal

eine Skulptur Giacomettis mit

einem annähernd realistischen

Kopf gesehen? Und warum ist

das Blau der Lapislazuli-Kette

von HBA so intensiv wie die

Habalukke: „Der singende König“

© Haus Schwab, NMB - Neues Museum Biel, Foto: Patrick Weyeneth

Bemalung der Idole der frühen

Kultur der Habalukke, die Affolter

auf Sehnah Anfang des

20. Jahrhunderts entdeckt haben

soll?

Weil diese Ausstellung, die

bereits im Neuen Museum Biel

gezeigt wurde, ein Witz ist,

ein geistreicher und gelehrter

zudem. Natürlich haben die

spillerigen Figuren oder die

Flügelwesen, die der Schweizer

Künstler Hans-Ulrich Siegenthaler

geschaffen hat, reale

Vorbilder. Doch was heißt

schon real, wenn wir über

Kulturen sprechen, die keine

Schriftzeugnisse hinterlassen

haben und die wir nach dem

zufälligen Stand der Funde

interpretieren. Ohne Hypothesen

keine Wissenschaft,

aber auch keine Wissenschaft

ohne Falsifikationen und neue

Thesen. So geht er nun mal der

wissenschaftliche Fortschritt.

Man muss dies nicht mit falschen

Tatsachen oder einem

Mainstream verwechseln, der

immer nur das zulässt, was

gerade opportun ist.

Aber vielleicht braucht es

wirklich einen derartigen Faktencheck,

wie ihn das Museum

im letzten Raum der Ausstellung

vornimmt, seitdem Verschwörungstheoretiker

die

Redlichkeit der Wissenschaft

diskreditieren. Und so kann

man auf einem Bildschirm

einer Online-Recherche zuschauen,

die bemerkenswert

wenige Treffer zur Insel, zu

den Akteuren, aber auch zur

Hochschule, an der die Kultur

der Habalukke erforscht

werden soll, hervorbringt.

Tatsächlich ist diese Konzept-Ausstellung

im Colombischlössle

am richtigen Ort.

War hier doch vor acht Jahren

die Schau „Ich Mann. Du Frau.

Feste Rollen seit Urzeiten?“ zu

sehen, die zeigte, wie unsere

Vorurteile Wissen schaffen

und wie man diese reflektieren

muss, um neue Sichtweisen

zu entdecken. Die Archäologie

jedenfalls konnte durch

Knochenfunde mit großer

Wahrscheinlichkeit nachweisen,

dass beim steinzeitlichen

Salzabbau in Hallstein Frauen

und auch Kinder gearbeitet

haben. Hätte man davor auch

nicht gedacht.

Habalukke. Schätze einer

vergessenen Zivilisation. Archäologisches

Museum Colombischlössle,

Rotteckring 5,

Freiburg. Di, Do bis So 10-17

Uhr, Mi 10-19 Uhr. Bis 31. Juli

2022.

Annette Hoffmann

MUSEEN & AUSSTELLUNGEN

REGIONAL, NATIONAL, INTERNATIONAL

FREIBURG

Archäologisches Museum Colombischlössle

- „Habalukke - Schätze einer vergessenen

Zivilisation“ -31.07.

Archäologische Sammlung der

Universität Freiburg

- „Der Ton macht die Figur“ -17.07.

ArTik

- „Joey Hansen: Derealisation“ -14.05.

Augustinermuseum

Haus der Graphischen Sammlung

- „Christoph Meckel: Mensch-Sein,

Kind-Sein, Ich-Sein“ -19.06.

Carl-Schurz-Haus

- „Tina Modotti: Fotografin und Revolutionärin“

-14.05.

Centre Culturel Francais

- „Justine Siret: Check it out / Fotoausstellung

im Rahmen der Deutsch-

Französischen Kulturgespräche“

06.05.-03.06.

depot.K

- „Christine Gruhler & Antje Gärtner“

-29.05.

E & K Stiftung

- „Indes ich nach dem Namen jenes

Sees suchte“ -27.07.

E-Werk

Galerie für Gegenwartskunst

- „Radical Encounters | Perspektiven

des Afropäischen“ 06.05.-03.07.

Faulerbad

- „Kunst auf der Liegewiese“ -21.05.

Galerie Albert Baumgarten

- „Arnold Holzknecht: Gratwanderungen

II“ -31.05.

Herder-Bau

- „70 Jahre Kunst am Bau“

20.05.-21.06.

Katholische Hochschule Freiburg

- „Gabriele Karaman: Striche des

Lebens“ 30.05.-31.07.

Kunsthaus L6

- „Architektur der Unbeständigkeit“

-29.05.

Kunstverein Freiburg

- „Und dann waberte uns der Boden

entgegen“ -22.05.

Morat Institut

- „Herbert X. Maier: Complementary“

-25.10.

Museum für Neue Kunst

- „Someone else - Die Fremdheit der

Kinder“ -09.10.

Museum für Stadtgeschichte

- „Eine Reise in die Vergangenheit“

-Dauer

PEAC Museum

- „Peter Tollens“ -26.06.

Stiftung für Konkrete Kunst Roland

Phleps

- „Andreu Alfaro“ 05.05.-26.06.

Uniseum

- „Margrit Lisner: Zwischen Florenz

und Freiburg“ -31.07.

Universitätsklinikum

- „Patient*innen im Klinikpark“ b.a.w.

BASEL

Antikenmuseum

- „tierisch! Tiere und Mischwesen in

der Antike“ -19.06.

Fondation Beyeler

- „Georgia O‘Keeffe“ -22.05.

- „Passagen - Landschaft, Figur und

Abstraktion“ -14.08.

Haus der Elektronischen Künste

- „Emmanuel Van der Auwera: Seeing

is Revealing“ 14.05.-07.08.

Kunsthalle Basel

- „Yoan Mudry: The Future Doesn‘t

Need Us“ -07.08.

- „Pedro Wirz: Environmental Hangover“

-01.05.

- „Alia Farid: In Lieu of What Is“-22.05.

- „Michael Armitage: You, Who Are till

Alive“ 20.05.-04.09.

Kunsthaus Baselland

- „Claudia & Julia Müller“ -31.12.

- „Anne-Lise Coste“ -17.07.

- „Eine kurze Geschichte schmutziger

Turnschuhe“ -22.05.

Kunstmuseum Basel

- „Louise Bourgeois x Jenny Holzer“

-15.05.

- „Picasso - El Greco“ 11.06.-25.09.

Museum Tinguely

- „Party For Öyvind. Öyvind Fahlström

& Friends“ -01.05.

- „Jean-Jacques Lebel“ -18.09.

S AM

- „Napoli Super Modern“12.05.-21.08.

ANDERE ORTE

ALBSTADT

Kunstmuseum Ablstadt

- „Hip to Square. Figur und Abstraktion

im 20. Jahrhundert“ -05.06.

- „Big Bang - Neue Welten im experimentellen

Druck“ -26.06.

ALKERSUM/FÖHR

Museum Kunst der Westküste

- „Andreas Jorns: Inseljugend“ -27.11.

- „Rune Guneriussen: Lights go out“

-12.06.

ALTKIRCH (F)

Le Crac

- „Love Song“ -15.05.

Amsterdam (NL)

Foam Fotografiemuseum

- „Jonathas de Andrade: Next Level“

-18.05.

AUGSBURG

Galerie Noah

- „SEO“ -15.05.

- „Marina Schulze & David Borgmann“

19.05.-10.07.

Baden-Baden

Kunstmuseum Gehrke Remund

- „Frida Kahlo: Leid und Leidenschaft“

-Dauer

Museum Frieder Burda

- „James Turrell: Accretion Disc“

(ständig)

- „Wert und Wandel der Korallen“-

Christine und Margaret Wertheim“

-26.06.

Staatliche Kunsthalle

- „Cosmos Ottinger: Hans-Thoma-

Preisträgerin Ulrike Ottinger“ -15.05.

BAD-REICHENHALL

Kunstakademie

- „Wolfgang Ellenrieder: Ephemere

Einbauten“ 01.05.-29.05.

BAD-URACH

Haus auf der Alb

- „´on democracy`“ -11.11.

BARCELONA (E)

Fundación Mapfre

- „Lee Friedlander“ -15.05.

- „Adolf Ma: The eyes of Barcelona“

-15.05.

Museu d‘Art Contemporani

- „In Real Time. Rafael Tous Collection

of Conceptual Art“ -06.06.

BERLIN

Galerie Brockstedt

- „Die Kunst des Vergessens - die

Kunst des Erinnerns“ -25.06.

Gallery Weekend

- „Hamlet Lavastida: Two Two Three

Nine“ -18.06.

Gropius Bau

- „Dayanita Singh: Dancing with my

Camera“ -07.08.

- „Beirut and the Golden Sixties: A

Manifesto of Fragility“ -12.06.

Schwules Museum

- „Encantadas - Transzendentale

Kunst aus Brasilien“ -18.07.

BERN (CH)

Alpines Museum der Schweiz

- „Let‘s Talk about Mountains: Eine

filmische Annäherung an Nordkorea“

-03.07.

- „Frauen am Berg“ -Okt. 2023

- „Das Skivirus. Eine Spurensicherung“

-01.05

Kunstmuseum Bern

- „Jean-Frédéric Schnyder“ -29.05.

- „Heidi Bucher: Metamorphosen I“

-07.08.

- „‚Vivre notre temps!‘ Bonnard, Vallotton

und die Nabis“ 13.05.-16.10.

Zentrum Paul Klee

- „Paul Klee. Menschen unter sich“

-22.05.

- „Gabriele Münter: Pionierin der

Moderne“ -08.05.

- „Kinder kuratieren Klee“

20.05.-04.09.

BIETIGHEIM-BISSINGEN

Städtische Galerie

- „Die Weissenhofer: Playback“

-19.06.

bilbao (e)

guggenheim Museum

- „Jean Dubuffet: Ardent Celebrations“

-21.08.

- „Monira Al Qadiri: Holy Quarter“

-12.06.

- „Motion. Autos, Art, Architecture“

-18.09.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!