flip-Joker_2022-05
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
14 KULTUR JOKER kunst
Bild und Skulptur – eine harmonische Begegnung
Wolfgang Kleiser zu Gast im Ausstellungsraum Albi Maier in Hinterzarten
In Albi Maiers künstlerischen
Arbeiten finden wir keine Abbildungen
von Figuren oder
Lebewesen. Dennoch schafft
es der Künstler in seiner Landschaftsmalerei
die Bedürftigkeit
des Menschen abzubilden
und einen Ausdruck von Behaglichkeit
und Wohlbefinden
zu suggerieren. Ergänzt durch
die leicht mystische Komponente
stehen die authentischen
Exponate für ein Exempel unserer
Zeit.
Einmal im Jahr lädt der
Künstler einen Gast-Kunstschaffenden
in seinen Ausstellungsraum
in Hinterzarten ein.
Dieses Jahr stellt der in Urach
geborene Bildhauer Wolfgang
Kleiser seine Arbeiten den
Kunstwerken Albi Maiers gegenüber.
Was die beiden verbindet,
ist die Heimatliebe zum
Schwarzwald und der künstlerische
Ausdruck von Mensch
und Form.
Im Gegensatz zu Albi Maier
arbeitet Kleiser mit figürlichen
Elementen: Eine weibliche
Holzfigur, die sich der Kunst
förmlich hingibt. Dem gegenüber
steht ein verschmelzendes
Es war bestimmt eine gute
Party. Betritt man derzeit den
Kunstverein Freiburg hängt
das Licht wie kalter Rauch in
der Halle. Er wird sich nicht
heben. Was dort in der Ausstellung
„Und dann waberte uns
der Boden entgegen“ im Halbdunkel
zu sehen ist, lässt einen
glauben, man sei einen Tag zu
Wolfgang Kleiser: „Ohne Titel“
Figurenpaar, dass in ihrer
Form die Schutzbedürftigkeit
des Menschens verdeutlicht.
Die monumentalen Arbeiten
des Bildhauers bestehen aus
Eichenholz und die Miniaturskulpturen
hauptsächlich
spät gekommen. Allerdings
sah es bei der Pressekonferenz
bereits so aus, als hätte man
das Wesentliche verpasst. Die
Gruppenschau ist Teil einer Kooperation
mit dem Kunstverein
Langenhagen, wo bereits im
letzten Herbst unter dem Titel
„wir stolperten den Hügel hinab
und begegneten einer Form“ ein
erster Teil gezeigt wurde. Über
eineinhalb Jahre erstreckte sich
die Zusammenarbeit. Es ist
vielleicht eine Konsequenz des
Lockdowns, dass die Frage, wie
Ausstellungen entstehen stärker
im Vordergrund stand als das,
was später dann gezeigt werden
sollte. In Workshops des Acid
Collèges machte man sich locker
und erklärte das bewusstseinserweiternde
Erlebnis zur
Grundvoraus setzung des Kuratierens.
Nicht zufällig erinnert
der Titel ein bisschen an Albert
Hofmanns berühmte Velofahrt
1943 unter LSD-Einfluss.
Doch was im Kunstverein
Freiburg an die Oberfläche
dringt, sind – um im Bild zu
bleiben – allenfalls die Pilze
eines Myzels. Was sich unter
der Erde tut, wie es kommuniziert
und wen es so alles
miteinander verbindet, bleibt
im Dunkeln. Doch die Beteiligten
lassen sich zumindest
Foto: Wolfgang Kleiser
aus Ton. Mit Farbmalungen
erhalten die Skulpturen ihre
Individualiät. Kleisers bildhauerische
Arbeiten sind in
zahlreichen Sammlungen zu
finden und werden in sakralen
Räumlichkeiten ausgestellt. Die
Der kalte Rausch
„Und dann waberte uns der Boden entgegen“ im Kunstverein Freiburg
nachlesen. Es sind neben einer
Reihe von Künstlerinnen und
Künstlern auch die jeweiligen
Teams der Kunstvereine. Als
historische Referenz hängt eine
Zeichnung des belgisch-französischen
Autors und Künstlers
Henri Michaux im Kunstverein.
Sie ist unter Einfluss von
Meskalin entstanden. Wobei
Michaux die Drogen nicht
verherrlichte, sondern sie eher
in Verbindungen mit „Verwüstungen“
sah. Seine Zeichnung
setzt sich aus unzähligen feinen,
farbigen Strichen zusammen,
man wird sie im Kontext
des Cadavre Exquis und der
Écriture automatique der Surrealisten
setzen können. Lässt
sich das, was im Drogenrausch
eine absolute, existentielle Erfahrung
ist, ins nüchterne Arbeiten
übertragen? Sybil Montet
bezieht in ihre Skulpturen
aus dem 3D-Drucker inhärente
Programmfehler ein, die zu
neuen Formlösungen führen
und das rationale Arbeiten unterlaufen.
Ihre changierenden
Skulpturen könnten Requisiten
eines SciFi-Filmes sein und erinnern
entfernt an Tierschädel
oder die Körper von Insekten
als sei deren Aufbau eine
Grundkonstruktion, auf die
alles zurückzuführen sei. Vor
Albi Maier: „Ohne Titel“
Foto: Albi Maier
kleine Ausstellung wird dieses
Jahr mit einer großen Skulptur
in der Evangelischen Kirche
in Hinterzarten erweitert, die
schon seit den 60er Jahren dort
ihren Standpunkt hat.
Ausstellungsraum Albi Maier,
Adlerweg 25,79856 Hinterzarten.
Rund um die Uhr einsehbar.
Öffungszeiten: Jeden
Donnerstag 15 bis 18 Uhr. Weitere
Öffnungszeiten und Ateliertermine
nach telefonischer
Absprache: 0173 7710654. Bis
Ende September 2022.
allem bei den Installationen von
Michael Dobrindt stellt sich die
Frage, wie zwingend ihre Form
ist. Braucht es zum angelaufenen
Aquarium, in dem eine
elektrische Fliegenfalle steht,
noch das Döschen mit den Wasserpflanzen
und in dem Display
neben einer Reihe von Fotos,
unter anderem von als Pferd
verkleideten Hunden sowie die
beiden Paperweight-Skorpione
aus dem Souvenirladen?
Der Rausch als Narrativ, das
alles semantisch zusammenhalten
könnte, taugt nicht viel.
Und er taugt auch als sozialer
Kitt nicht, wenn man ihn nicht
selbst erlebt hat. Und dies dürfte
jede Besucherin, jeder Besucher
der Ausstellung als Mangel
und Leerstelle erfahren.
Das kann einen verärgern oder
einfach kalt lassen. Und so wie
Lily Wittenburgs Bildobjekte,
die zwischen Materialschüttung
und Malerei stehen, eben
doch neben dem Kontrollverlust
auch die Kontrolle brauchen,
ist auch der Rausch als
schöpferischer Zustand Illusion.
„Und dann waberte uns der
Boden entgegen“ funktioniert
auch im Nachhinein am besten
als Gedankenexperiment.
Und dann waberte uns der
Boden entgegen. Kunstverein
Freiburg, Dreisamstr. 21.
Dienstag bis Sonntag 12-18
Uhr, Donnerstag 12-20 Uhr.
Bis 21. Mai 2022.
Annette Hoffmann
Und dann waberte uns der Boden entgegen, Installationsansicht,
Kunstverein Freiburg, 2022
Foto: Marc Doradzillo