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Holzforscherheft 2.0

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proHolz Steiermark (Projektleitung)<br />

info@holzmachtschule.at www.holzmachtschule.at<br />

Mag. a Petra Seebacher<br />

DI Dr. in Birgit Pudelski<br />

Veronika Peinelt, BSc<br />

Constanze Seidl, BA<br />

Philip Mlekusch, MEd<br />

Thiemo Dsubanko<br />

Markus Simon<br />

Wolf Lass<br />

Universität für Bodenkultur (Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe)<br />

Priv.-Doz. Dr. Ulrich Müller<br />

ulrich.mueller@boku.ac.at<br />

Ing. Robert Stingl<br />

robert.stingl@boku.ac.at<br />

Fachinsp. Veronika Knoblich, Bakk.techn.<br />

veronika.knoblichl@boku.ac.at<br />

Pädagogische Hochschule Steiermark<br />

HS-Prof. Mag. Dr.<br />

Erich Reichel<br />

Leiter NATech Zentrum für<br />

Didaktik der naturwissenschaftlich-technischen<br />

Bildung<br />

erich.reichel@phst.at<br />

Prof. Dipl.-Päd.<br />

Hans Eck, MA<br />

hans.eck@ainet.at<br />

HS-Prof. in Mag. a Dr. in Ingrid Krumphals<br />

Hochschulprofessorin für Fachdidaktik Physik<br />

Institut für Sekundarstufe Allgemeinbildung<br />

ingrid.krumphals@phst.at


» Was haben ein nachhaltig bewirtschafteter Wald<br />

und Holzprodukte mit dem Klimaschutz zu tun?<br />

» Warum riechen Nadelbäume so gut?<br />

» Speichert ein Baum beim Wachsen wirklich CO 2<br />

?<br />

» Kann man mit Holz Materialien schneiden?<br />

» Was hält mehr aus – Holz oder Stahl?<br />

» Wie sieht durchsichtiges Holz aus?<br />

DER ZWEITE TEIL<br />

EINER ERFOLGSGESCHICHTE<br />

Unglaubliche 20.000 Nutzer:innen haben innerhalb eines Jahres<br />

die Online-Version unseres <strong>Holzforscherheft</strong>es 1.0 durchgeblättert.<br />

Für uns von proHolz Steiermark ein großer Ansporn, an dieser<br />

Erfolgsgeschichte gemeinsam mit unseren bewährten Partnern<br />

weiterzuarbeiten.<br />

Und hier ist es: das <strong>Holzforscherheft</strong> <strong>2.0</strong> mit vielen neuen Ideen,<br />

Informationen und Experimenten. Diesmal widmen wir uns ausführlich<br />

dem Thema „Wald, Holz & Klimaschutz“, nehmen Bäume<br />

und Holz unter die Lupe, erforschen Holzeigenschaften und zeigen,<br />

wie Mathematik im Wald funktionieren kann.<br />

Wir wünschen euch auch dieses Mal wieder viel Spaß beim Lesen,<br />

Forschen und Experimentieren und freuen uns natürlich wieder<br />

auf eure Anregungen und Erfahrungsberichte (Kontaktdaten auf<br />

der Nebenseite).<br />

Euer Projektteam „<strong>Holzforscherheft</strong> <strong>2.0</strong>“<br />

PS:<br />

proHolz Steiermark erweitert laufend das kostenlose Angebot<br />

für steirische Schulen und Kindergärten – auch speziell auf das<br />

<strong>Holzforscherheft</strong> <strong>2.0</strong> abgestimmt (z.B. Verleihboxen).<br />

Nähere Informationen siehe www.holzmachtschule.at<br />

3


09 1. DER WALD IM KLIMAWANDEL – FAKT ODER FAKE?<br />

09 1.1 Ein paar Fakten vorab<br />

24 1.2 Wie viel wiegt Luft?<br />

24 Versuch: CO 2<br />

fällt ins Gewicht<br />

26 Versuch: Die Kerzentreppe<br />

28 Versuch: Echt spritzig – Pantomime mit CO 2<br />

-Effekt<br />

33 1.3 Wie können Waldflächen die<br />

Temperatur beeinflussen?<br />

34 Versuch: Albedo – Vergleich unterschiedlicher Oberflächen<br />

36 Versuch: Simulation des Treibhauseffekts<br />

38 1.4 Spielen bei der Klimaerwärmung auch Oberflächentemperaturen<br />

von Gebäuden eine Rolle?<br />

38 Versuch: Temperatur unterschiedlicher<br />

Materialoberflächen I<br />

42 Versuch: Temperatur unterschiedlicher<br />

Materialoberflächen II<br />

44 1.5 Wie funktioniert Klimaschutz<br />

durch Substitutionsprodukte aus Holz?<br />

45 Versuch: Verschiedene Fasern im Test<br />

50 Versuch: Die wunderbare Schlange aus Zellophan<br />

52 Versuch: Spielzeug aus Holz selbst bauen<br />

55 2. BÄUME – GRÜNE WUNDER<br />

ODER EINFACH PERFEKTE SYSTEME?<br />

58 2.1 Chlorophyll – der grüne Wunderstoff im Baum?<br />

58 Versuch: Chlorophyll – echt der Hammer<br />

62 Versuch: Warum sehen Blätter und Nadeln<br />

für uns Menschen grün aus?<br />

64 2.2 Warum werden die Blätter im Herbst bunt?<br />

64 Versuch: Extraktion von Chlorophyll<br />

68 Versuch: Chlorophyll unter ultraviolettem Licht<br />

69 2.3 Wie gelangt die bei der Fotosynthese erzeugte<br />

Glukose von den Blättern und Nadeln in die<br />

restlichen Teile des Baumes?<br />

69 Versuch: Blätterskelett<br />

72 2.4 Wie kommt das Wasser aus dem Boden<br />

in die Blätter und Nadeln?<br />

74 Versuch: Wie trinkt der Baum?<br />

4


78 2.5 Wald – echt „dufte“!<br />

79 Versuch: Ätherische Öle im Klassenzimmer<br />

ohne Destillation<br />

80 Versuch: Destillation von Fichtennadelöl<br />

82 2.6 Holz unter dem Mikroskop<br />

84 Versuch: Eine Baumscheibe unter der Lupe<br />

90 2.7 Holz dicht auf den Fersen<br />

90 Versuch: Dichtemessung von Holz<br />

93 3. HOLZ – TRADITIONELL UND INNOVATIV<br />

94 3.1 Bauen mit Holz<br />

95 3.2 Holz brennt sicher<br />

95 Versuch: Brandverhalten von Holz<br />

98 3.3 Holz schneidet gut ab!<br />

98 Versuch: Holz – echt schnittig!<br />

100 3.4 Holz gibt Stabilität<br />

101 Versuch: Was hält Holz im Vergleich<br />

zu Aluminium oder Stahl aus?<br />

104 Versuch: Stabilität von Holzwerkstoffen<br />

107 Versuch: Fühlbox Holzwerkstoffe<br />

108 3.5 Oberflächenbehandlung von Holz<br />

108 Versuch: Behandlung von Holz mit Lack und Wachs<br />

112 Versuch: Nachweis von Gerbsäure in Eichenholz<br />

115 4. MIT WALD & HOLZ KANNST DU IMMER RECHNEN!<br />

116 4.1 Darstellung von Längen und Flächenmaßen<br />

sowie Volumen mit Ästen oder Holzstäben<br />

123 4.2 Berechnung mit Winkelverhältnis:<br />

Wie hoch ist ein Baum?<br />

128 Wertschöpfungskette Holz<br />

133 Berufe, die mitwachsen<br />

134 Angebot von proHolz Steiermark für<br />

steirische Kindergärten und Schulen<br />

5


So arbeitest du<br />

mit diesem Heft:<br />

Am Anfang jedes Kapitels und direkt bei den einzelnen<br />

Experimenten findest du grundlegende Informationen<br />

zum jeweiligen Fachgebiet. Dieses Wissen ist notwendig,<br />

um die nachfolgenden Experimente zu verstehen.<br />

Überall, wo du einen QR-Code findest, werden online<br />

unter www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2 vertiefende<br />

Hintergrundinformationen angeboten. Dieses<br />

Online-Angebot wird laufend erweitert und adaptiert.<br />

Für einige Experimente werden Materialien benötigt,<br />

die nicht einfach z.B. in einem Baumarkt gekauft werden<br />

können (z.B. Furnier). Wendet euch als steirische<br />

Schule oder Kindergarten an das Team von proHolz<br />

Steiermark, wenn ihr nicht wisst, wie ihr zu diesen Materialien<br />

kommt (Kontakt siehe S. 2 oder Rückseite).<br />

Weiterbilden<br />

Auch für das <strong>Holzforscherheft</strong> <strong>2.0</strong> gilt:<br />

Die Experimente und das damit verbundene Wissen sind<br />

Inhalt von Fortbildungen, die an der Pädagogischen Hochschule<br />

Steiermark angeboten werden. Die aktuellen Termine<br />

findest du in PH-online bzw. unter www.holzmachtschule.at.<br />

Wenn sich mehrere Pädagog:innen in deiner<br />

Bildungseinrichtung für das Thema Wald und Holz<br />

interessieren, besteht auch die Möglichkeit, eine SCHILF<br />

oder eine SCHÜLF durchzuführen<br />

(Anfragen bitte an info@holzmachtschule.at schicken).<br />

Fragen<br />

Natürlich steht das Projektteam wieder gerne für<br />

deine Fragen und Anregungen zur Verfügung!<br />

Schreib uns einfach ein kurzes Mail oder ruf uns an<br />

und wir werden dich gerne unterstützen!<br />

6


KapiteL 1<br />

Weißt du,<br />

... was der Unterschied zwischen<br />

Wetter und Witterung ist?<br />

… was mit „Trockenstress“<br />

gemeint ist?<br />

… wie schwer<br />

1 m³ CO 2<br />

wirklich ist?<br />

... wie der Wald die Gesamt-<br />

Kohlenstoffmenge auf der<br />

Erde beeinflusst?<br />

... was mit einem Dendrometer<br />

vermessen wird?<br />

… welche Baumarten in Zukunft<br />

in unseren Wäldern wachsen werden?<br />

… wie Holzprodukte und<br />

Klimawandel zusammenhängen?<br />

7


8


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

1. Der Wald im Klimawandel-<br />

Fakt oder Fake?<br />

Fast täglich erfahren wir aus den Medien, wie sich das Ökosystem Wald und der<br />

Mensch gegenseitig beeinflussen. Die Rede ist dabei zum Beispiel von Regenwaldabholzungen,<br />

Baumpflanzaktionen, Borkenkäferbefall, „Waldbaden“ und vielem<br />

mehr. Um die komplexen Zusammenhänge zu verstehen, haben wir in diesem<br />

ersten Kapitel grundlegende Begriffe und Vorgänge zusammengefasst und einige<br />

davon anhand von Experimenten näher unter die Lupe genommen.<br />

1.1 Ein paar Fakten vorab<br />

Was ist eigentlich der Unterschied<br />

zwischen Wetter, Witterung und Klima?<br />

Als „WETTER“ (von althochdeutsch<br />

wetar =<br />

Wind) bezeichnen wir<br />

den spürbaren, kurzfristigen<br />

Zustand der<br />

Atmosphäre an einem<br />

bestimmten Ort (z.B.<br />

Sonnenschein, Bewölkung,<br />

Regen, Wind,<br />

Hitze, …).<br />

Die WITTERUNG ist das Wetterverhalten<br />

in einem bestimmten<br />

Zeitabschnitt (von mehreren<br />

Tagen bis zu einer Jahreszeit) in<br />

einem bestimmten Gebiet. Kurz<br />

gesagt ist die Witterung die regionale<br />

Auswirkung von aktuellem<br />

Wetter und lokalem Klima<br />

in Bezug auf fühlbare Wetterelemente<br />

wie Niederschlag,<br />

Temperatur, Wind, Luftdruck<br />

oder Luftfeuchtigkeit.<br />

Das KLIMA ist der mittlere<br />

Zustand der Atmosphäre an<br />

einem bestimmten Ort oder<br />

in einem bestimmten Gebiet<br />

über einen längeren Zeitraum<br />

(die definierten Zeitspannen<br />

reichen dabei von 30 Jahren<br />

bis hin zu Jahrhunderten oder<br />

Jahrtausenden). Das Klima<br />

wird wesentlich von Treibhausgasen<br />

wie Wasserdampf<br />

und CO 2<br />

(Kohlenstoffdioxid)<br />

beeinflusst.<br />

Obwohl das Klima in der Wüste trocken ist, kann das Wetter trotzdem an einigen Tagen im Jahr regnerisch sein.<br />

9


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Wie funktioniert der Kohlenstoffkreislauf?<br />

Pflanzen nehmen durch die Fotosynthese Kohlenstoff<br />

aus der Atmosphäre in Form von Kohlenstoffdioxid<br />

(CO 2<br />

) auf und geben einen Teil<br />

davon durch die „Atmung“ wieder ab. Der andere<br />

Teil wird in Glucose (Traubenzucker) umgewandelt<br />

und in der Biomasse gespeichert.<br />

Ein Teil dieser Biomasse wird von Mikroorganismen<br />

zersetzt und unter anderem in Form<br />

von CO 2<br />

wieder an die Atmosphäre abgegeben<br />

(= Verrottung).<br />

Werden Bäume geerntet und zu Holzprodukten<br />

weiterverarbeitet, wird diese Zersetzung<br />

verhindert und der Kohlenstoff bleibt über einen<br />

längeren Zeitraum im Holz gebunden.<br />

Die nachfolgende Grafik zeigt deutlich den Einfluss des Menschen auf den<br />

weltweiten Kohlenstoffkreislauf (anthropogen = vom Menschen gemacht):<br />

ANTHROPOGENER KOHLENSTOFF-FLUSS<br />

Durch die veränderte Landnutzung,<br />

z.B. die Abholzung von Wäldern<br />

für den Ackerbau, und die<br />

verstärkte Nutzung von fossilen<br />

Energiequellen, wird mehr Kohlenstoff<br />

freigesetzt als durch die<br />

Pflanzen an Land und im Wasser<br />

aufgenommen werden kann.<br />

Deshalb steigt der CO 2<br />

-Gehalt in<br />

der Atmosphäre an.<br />

Die Kohlenstoff-Menge auf der Erde bleibt immer gleich. Wichtig für den Klimawandel<br />

ist, ob der Kohlenstoff gebunden (z.B. in Holzprodukten oder in fossilen Rohstoffen<br />

wie Erdöl oder Erdgas) oder freigesetzt (in der Atmosphäre) ist. Solange er<br />

gebunden ist, treibt er den Klimawandel nicht weiter voran. In Form von CO 2<br />

in der<br />

Atmosphäre heizt er diese als Treibhausgas aber weiter auf. Freigesetzt wird CO 2<br />

zum Beispiel bei Verbrennung oder Verrottung von Biomasse.<br />

10


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

KOMPONENTEN DES GLOBALEN KOHLENSTOFFKREISLAUFS<br />

Die weißen Pfeile in der Grafik symbolisieren den Ausstoß und die Aufnahme von CO 2<br />

im globalen<br />

Kohlenstoffkreislauf. Die Größe und Breite der Pfeile korrelieren mit der Menge des CO 2<br />

.<br />

Im Jahr 2020 sind aufgrund der Covid-19-Pandemie<br />

im Vergleich zum Vorjahr sowohl der<br />

globale Verbrauch von Primärenergie (z.B. von<br />

Wind- oder Wasserkraftwerken) um 4,3 % auf<br />

556,63 Exajoules als auch die CO 2<br />

-Emissionen<br />

um 6,3 % gesunken (auf 32 284,1 Mio. Tonnen<br />

CO 2<br />

). Das ist der niedrigste CO 2<br />

-Emissionswert<br />

seit dem 2. Weltkrieg.<br />

11


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Wie beeinflusst der Wasserkreislauf das Klima<br />

und was haben Bäume damit zu tun?<br />

Ähnlich wie die Menge an Kohlenstoff bleibt<br />

auch die Gesamtmenge an Wasser auf der<br />

Erde bzw. in der Erdatmosphäre unverändert.<br />

Wasser verdunstet und wird über Winde und<br />

Luftmassenbewegungen über Land getragen,<br />

wo es sich in Form von Wolken ansammelt.<br />

Von dort gelangt es als Niederschlag oder<br />

Tau zurück auf die Erde. Es verdunstet teilweise<br />

wieder oder versickert im Grundwasser<br />

und gelangt über Quellen und Fließgewässer<br />

schlussendlich zurück ins Meer.<br />

Bäume und andere Pflanzen spielen in diesem<br />

Zyklus eine bedeutende Rolle: Sie nutzen das<br />

Wasser aus der Erde für das Wachstum und<br />

die Fotosynthese. Dabei transpirieren sie das<br />

Wasser in Form von Wasserdampf wieder in<br />

die Luft. Die Kombination der aktiven Transpiration<br />

der Pflanzen und der passiven Verdunstung<br />

des Bodens nennt man Evapotranspiration.<br />

DER GLOBALE WASSERHAUSHALT VON WÄLDERN<br />

Die blauen Pfeile in der Grafik symbolisieren die Wasserströme im globalen Wasserhaushalt.<br />

Die Größe und Breite der Pfeile korrelieren mit der Menge des Wassers.<br />

12


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Wie wirkt sich der Klimawandel<br />

auf den Wasserkreislauf aus?<br />

Wenn es wärmer wird, kann die Luft mehr Wasserdampf<br />

aufnehmen und halten (1°C globale<br />

Erwärmung bewirkt eine Erhöhung der Wasserdampfkapazität<br />

um 7 %). Allgemein wird<br />

auf Basis von Klimamodellen daher angenommen,<br />

dass die Klimaerwärmung eine Zunahme<br />

an Niederschlägen mit sich bringt. Faktum ist<br />

aber, dass sich die Temperaturveränderung<br />

und der damit verbundene Niederschlag regional<br />

sehr unterschiedlich auswirken: In einigen<br />

Regionen wurde der Niederschlag im 20. Jahrhundert<br />

mehr, in anderen weniger.<br />

Expert:innen gehen im 21. Jahrhundert von einer<br />

globalen Erwärmung von 2 – 3°C aus. Das<br />

bedeutet eine Erhöhung der Wasserdampfkapazität<br />

um rund 14 – 24 %. Konsequenzen für<br />

das Wettergeschehen wären unter anderem<br />

heftiger Starkregen und Überschwemmungen<br />

in niederschlagsreichen Regionen, noch mehr<br />

Dürreperioden in Trockengebieten und erhöhte<br />

Sturmgefahr (durch die höhere Verdunstung<br />

und Kondensation wird mehr latente Energie<br />

in die Stratosphäre transportiert, was Tornados<br />

und Hurrikans verursacht und verstärkt).<br />

Österreich liegt in den mittleren Breiten. Laut<br />

Klimastudien wird es bei uns im Sommer zu<br />

einer Abnahme der Niederschläge kommen.<br />

Die Zahl der klimabedingten Unwetter steigt weltweit in vielen Regionen.<br />

Was hat die Abnahme von Niederschlägen<br />

mit unserem Wald zu tun?<br />

Bäume nehmen Wasser (mit Nährstoffen) über<br />

die Wurzeln aus der Erde auf, transportieren es<br />

über die Leitungsbahnen bis in die Blätter und<br />

Nadeln, wo sie einen Teil über die Spaltöffnungen<br />

(Stomata) in Form von Wasserdampf wieder<br />

an die Atmosphäre abgeben. Diesen Vorgang<br />

nennt man Transpiration. Wenn zu wenig<br />

Niederschlag fällt, kann der Baum nicht mehr<br />

genügend Wasser aus dem Boden „saugen“.<br />

Sobald rund 40 % des Wasserspeichers aufgebraucht<br />

sind, beginnt der Baum die Spaltöffnungen<br />

zu schließen, um zu viel Verdunstung<br />

zu verhindern. Bei diesem Prozess kann es vorkommen,<br />

dass dabei die Blätter und Nadeln<br />

abgeworfen werden. Vor allem jüngere Bäume<br />

und Flachwurzler sind davon betroffen, weil<br />

ihre Wurzeln eher in der oberen (trockenen)<br />

Bodenschicht verankert sind.<br />

13


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Aus der Praxis<br />

Um die Auswirkungen von Trockenperioden<br />

auf Bäume zu erforschen,<br />

werden zum Beispiel mit Dendrometern<br />

über einen längeren Zeitraum<br />

millimetergenaue Messungen<br />

des Stammumfanges durchgeführt.<br />

Fazit: Bei Trockenheit nimmt der<br />

Stammumfang ab – der Baum<br />

„zieht“ sich zusammen und dehnt<br />

sich erst wieder aus, wenn der Flüssigkeitshaushalt<br />

wieder hergestellt<br />

ist. Mit dem Abnehmen des Stammwachstums<br />

verringert sich auch die<br />

Klimaschutzleistung, da weniger<br />

Kohlenstoff im Baum gebunden<br />

werden kann.<br />

Was bedeutet das für den Baum bzw. den Wald?<br />

Mit durch Trockenheit beeinträchtigten Blättern<br />

und Nadeln kann der Baum nicht mehr<br />

ausreichend Fotosynthese betreiben. Das<br />

schwächt ihn und macht ihn anfälliger für<br />

Schädlinge. In der Fachsprache wird das als<br />

„Trockenstress“ bezeichnet (ähnlich, wie<br />

wenn ein Mensch großen Durst hat und keine<br />

Flüssigkeit zur Verfügung steht).<br />

Bei wärmerem Klima fühlen sich viele Schädlinge<br />

wohler und vermehren und entwickeln<br />

sich schneller. Durch längere Wärmeperioden<br />

können sie mehrere Generationen bilden. In<br />

Kombination mit Bäumen im Trockenstress<br />

können die Auswirkungen auf betroffene<br />

Waldflächen fatal sein. Besonders der Fichtenborkenkäfer<br />

stellt die heimische Forstwirtschaft<br />

immer wieder vor große Herausforderungen.<br />

14


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Die folgende Abbildung zeigt das Ergebnis<br />

einer langjährigen Untersuchung der Auswirkung<br />

von Trockenstress auf das Fraßverhalten<br />

von Borkenkäfern bei Monokulturen und<br />

Mischkulturen an mehreren Waldparzellen auf<br />

1,1 ha.<br />

Berthelot, S., Frühbrodt, T., Hajek, P., Nock, C. A., Dormann,<br />

C. F., Bauhus, J., Fründ, J. (2021): Tree diversity reduces risk<br />

of bark beetle infestation for preferred conifer species, but<br />

increases risk for less preferred hosts. In: Journal of Ecology.<br />

DOI: 10.1111/1365-2745.13672<br />

Luftaufnahme vom Baumdiversitätsexperiment IDENT bei<br />

Freiburg vor (links Jahr 2017) und nach (rechts Jahr 2018) der<br />

Trockenheit und dem Borkenkäferbefall.<br />

2017 2018<br />

Quelle: Luftaufnahmen von K. R. Kovach<br />

Viele Bäume werfen im Trockenstress ihre Blätter und Nadeln ab<br />

Viele Baumarten „heilen“ kleine Wunden mit Harz (Pech). Für die Produktion von<br />

Harz braucht der Baum Wasser. Wenn in Trockenzeiten Borkenkäfer mit ihren Fraßgängen<br />

die (Assimilat-)Leitungsbahnen des Baumes schädigen, ist er aufgrund des<br />

Wassermangels nicht mehr in der Lage, ausreichend Harz herzustellen und die Wunden<br />

zu verschließen. Somit stirbt der Baum bei starkem Käferbefall mit der Zeit ab.<br />

Was bedeutet das<br />

für uns Menschen?<br />

Wenn Bäume kein Wasser mehr verdunsten,<br />

ist die damit verbundene Kühlung nicht mehr<br />

gegeben – die Temperatur steigt weiter an.<br />

15


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Wie reagieren Waldbesitzer:innen auf den Klimawandel?<br />

NEUE HERAUSFORDERUNGEN<br />

FÜR DIE FICHTE<br />

In Österreichs Wäldern wachsen rund 3,4 Milliarden<br />

Bäume in Form von 65 verschiedenen Waldbaumarten.<br />

Die häufigste Baumart ist die Fichte. Sie gilt als<br />

„Brotbaum“ der Forstwirtschaft, weil sie keine großen<br />

Ansprüche an den Standort stellt, schnell wächst und<br />

ihr Holz vielseitig verwendbar ist. Da sie flach (also<br />

eher an der Erdoberfläche) wurzelt, braucht sie eine<br />

gute und kontinuierliche Wasserversorgung, was bei<br />

zunehmender Trockenheit nicht mehr an allen Standorten<br />

gegeben ist.<br />

Nachdem Bäume sehr lange Wachstumsperioden<br />

(„Umtriebszeiten“) haben ist es schwierig, größere<br />

Waldflächen kurzfristig an den Klimawandel anzupassen.<br />

Bäume, die heute gepflanzt werden, werden<br />

vielleicht erst in 100 Jahren oder noch später geerntet.<br />

Welches Klima bei uns zu dieser Zeit herrschen wird,<br />

kann keiner genau vorhersagen.<br />

NEUE BAUMARTEN<br />

IN UNSEREN WÄLDERN<br />

Waldbesitzer:innen sind somit gefordert,<br />

bei Nachpflanzungen gezielt<br />

auf Baumarten zu setzen, die mit den<br />

prognostizierten Klimabedingungen<br />

möglichst gut zurecht kommen. Dazu<br />

gehören auch Baumarten, die heute<br />

noch nicht in Österreich vorkommen.<br />

Die Veränderung des Klimas bringt<br />

auch eine natürliche Änderung der<br />

Baumartenzusammensetzung mit<br />

sich. Die Forstwirtschaft kann den<br />

Wald bei diesem Prozess aber unterstützen<br />

und die Anpassung an die<br />

Klimaerwärmung durch waldbauliche<br />

Maßnahmen beschleunigen (zum Beispiel<br />

durch gezielte Aufforstung = das<br />

Pflanzen von jungen Bäumen).<br />

Waldbesitzer:innen müssen im Sinne eines „klimafitten Waldes“<br />

genau darauf achten, welche Baumarten gepflanzt werden.<br />

16


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

KLIMAMODELLE UND<br />

MÖGLICHE SZENARIEN<br />

Wie sich der Klimawandel entwickeln wird,<br />

hängt von vielen Faktoren ab. Die Frage ist<br />

vor allem, welche Maßnahmen wir Menschen<br />

ergreifen werden, um die negativen Entwicklungen<br />

zu stoppen.<br />

Um trotzdem möglichst präzise Vorhersagen<br />

treffen zu können haben Klimaforscher:innen<br />

Modelle entwickelt, die auf verschiedene<br />

Szenarien eingehen. Diese Modelle sind eine<br />

wesentliche Grundlage für die Waldbewirtschaftung.<br />

Wie wissen<br />

Waldbesitzer:innen,<br />

welche Baumarten<br />

für ihre Waldflächen<br />

geeignet sind?<br />

Welche Baumarten in den österreichischen<br />

Wäldern am besten<br />

wachsen hängt nicht nur vom Klima,<br />

sondern zum Beispiel auch<br />

von der Bodenbeschaffenheit<br />

(Geologie) ab. Forschungsinstitutionen<br />

wie das „BFW – Bundesforschungszentrum<br />

für Wald“ oder<br />

die Universität für Bodenkultur<br />

(BOKU) beschäftigen sich intensiv<br />

mit dieser Thematik. Sie entwickeln<br />

auf Basis eines großen Daten-Pools<br />

digitale Werkzeuge für<br />

Forstexpert:innen und Waldbesitzer:innen,<br />

um sie bei der Waldbewirtschaftung<br />

zu unterstützen.<br />

Die Douglasie stammt ursprünglich aus Nordamerika und gilt auch bei uns in<br />

Österreich als eine der “klimafitten“ Baumarten für zukünftige Mischwälder.<br />

17


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

STRATEGIEN FÜR EINE GEZIELTE WALDBEWIRTSCHAFTUNG (BEISPIELE):<br />

UNTERSTÜTZTE<br />

WANDERUNG<br />

Bereits existierende heimische<br />

Baumarten werden in<br />

klimatisch geeignetere Gebiete<br />

„umgesiedelt“: Dieser<br />

natürliche Prozess wird durch<br />

gezielte Aufforstung beschleunigt<br />

(das Saatgut der neuen<br />

Bäume wird speziell an die<br />

zukünftigen Klimaumstände<br />

angepasst – z.B. was die Trockenheitsresistenz<br />

betrifft).<br />

PFLANZUNG ANDERER<br />

HEIMISCHER BAUMARTEN<br />

Darunter versteht man die<br />

Pflanzung von Baumarten,<br />

die zwar in anderen Wäldern<br />

Österreichs, aber noch nicht<br />

in dem betroffenen Waldstück<br />

wachsen (zum Beispiel zur<br />

Generierung eines Mischwaldes<br />

aus einem reinen Fichtenwald).<br />

PFLANZUNG NICHT<br />

HEIMISCHER BAUMARTEN<br />

Diese Strategie wird eingesetzt,<br />

wenn heimische Baumarten an<br />

ihre Existenzgrundlage kommen.<br />

Dabei werden Baumarten<br />

gepflanzt, die in anderen Teilen<br />

der Erde unter ähnlichen Bedingungen<br />

gut wachsen.<br />

Aus der Praxis<br />

Zum Thema „klimafitter Wald“ laufen weltweit zahlreiche Forschungsprojekte. Eines davon<br />

mit steirischer Beteiligung ist „FORSITE“ bzw. die „Dynamische Waldtypisierung“. Dabei<br />

wurden in steirischen Wäldern Daten erhoben (z.B. Baumarten, Bodenbeschaffenheit/Geologie<br />

etc.) und mit aktuellen Klimadaten in Verbindung gebracht. Die Gesamtdaten fließen<br />

in eine Datenbank ein. Aus einer daraus generierten digitalen Karten können Waldbesitzer:innen<br />

ablesen, welche Baumarten für ihre Waldfläche am besten geeignet sind.<br />

18


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Wie verändert sich die Waldfläche in Österreich?<br />

Auch wenn der Klimawandel den Wald und die Waldbesitzer:innen laufend vor neue Herausforderungen<br />

stellt, wird die Waldfläche in Österreich jedes Jahr größer (Zunahme jährlich um ca.<br />

3.400 ha; entspricht rund 4.700 Fußballfeldern).<br />

Waldflächenentwicklung in Österreich<br />

Quelle: Bundesforschungszentrum für Wald,<br />

Österreichische Waldinventur - Zwischenauswertung<br />

2016/18 in BFW Praxisinformation Nr. 50 – 2019.<br />

Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum Beispiel verschiebt sich aufgrund der Klimaerwärmung die<br />

Baumgrenze im Gebirge nach oben, Almflächen und Weideflächen werden nicht mehr genutzt<br />

und wachsen zu, oder Flächen werden einfach gezielt aufgeforstet.<br />

12 %<br />

verbleiben<br />

im Wald<br />

61,5 %<br />

FAST 2/3 DER STEIERMARK<br />

SIND MIT WALD BEDECKT.<br />

Zuwachs: 8024 (1000 vfm)<br />

Nutzung: 7051 (1000 fm)<br />

Nutzungsprozent: 87,9 %<br />

+ 12,1 %<br />

88 %<br />

des Holzes<br />

werden<br />

geerntet<br />

IM STEIRISCHEN WALD<br />

WÄCHST MEHR HOLZ NACH<br />

ALS GEERNTET WIRD.<br />

Quelle: Bundesforschungszentrum für Wald, Österreichische<br />

Waldinventur - Zwischenauswertung 2016/18<br />

19


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Welche Bedeutung haben nachhaltig bewirtschaftete<br />

Wälder und Holzprodukte für uns als Klimaschützer?<br />

Was bedeutet „nachhaltig bewirtschaftet“?<br />

In Österreich muss dafür gesorgt werden, dass für jeden geernteten Waldbaum<br />

mindestens ein neuer nachwächst. Dieses Prinzip der „Nachhaltigkeit“<br />

ist im Forstgesetzt verankert.<br />

Noch einmal kurz<br />

zusammengefasst<br />

die wichtigsten<br />

Punkte im Überblick:<br />

Bäume spenden Schatten und kühlen aufgrund von Verdunstungskälte<br />

die Luft – das kühlt die Umgebungstemperatur<br />

erheblich ab (nicht nur im Wald, sondern auch in<br />

Städten, wo wenig natürlicher Schatten gegeben ist).<br />

Bäume binden bei der Fotosynthese Kohlenstoffdioxid.<br />

Wird das Holz weiterverarbeitet (z.B. zu Häusern oder Möbeln)<br />

bleibt der Kohlenstoff so lange im Holz gebunden, bis<br />

es verrottet oder verbrennt. Das verringert den CO 2<br />

-Anteil<br />

in der Atmosphäre und entlastet das Klima.<br />

Holzprodukte aus heimischen (nachhaltig bewirtschafteten)<br />

Wäldern sind eine klimafreundliche, regionale Chance,<br />

Produkte aus umweltschädlicheren Rohstoffen zu ersetzen<br />

(Holz ist ein nachwachsender Rohstoff; mit regionalen<br />

Holzprodukten vermeiden wir lange Transportwege).<br />

Erklärung zur nebenstehenden Grafik:<br />

01_Wald nicht bewirtschaftet<br />

Wird ein Baum nicht geerntet, fällt er irgendwann um und verrottet. Dabei<br />

wird das aufgenommene und im Holz gelagerte CO 2<br />

wieder freigesetzt. Die<br />

verrottende Biomasse ist Nahrung für Bodenlebewesen und Mikroorganismen.<br />

Sie wird zu natürlichem Dünger. Das ist gut für den Wald, aber der<br />

positive Klimaeffekt ist geringer als bei der gezielten Holznutzung.<br />

02_Wald nachhaltig bewirtschaftet<br />

Wird das Holz geerntet, bleibt der Kohlenstoff auch in den Holzprodukten<br />

weiter gespeichert, sogar noch länger, wenn Produkte nach ihrer ursprünglichen<br />

Funktion noch für weitere Produkte gebraucht werden (second life).<br />

Die Verwendung von Holz ist nur dann vorteilhaft, wenn gleichzeitig ein<br />

neuer Baum für den gefällten nachgepflanzt wird und wieder CO 2<br />

aufnimmt.<br />

Äste, Nadeln, Laub etc. bleiben als Dünger im Wald. Das ist das<br />

Prinzip der nachhaltigen Forstwirtschaft.<br />

03_Produkte aus fossilen Rohstoffen<br />

Werden Produkte aus fossilen Rohstoffen<br />

hergestellt, ist das doppelt<br />

schlecht für das Klima. Bei der Produktion wird im Boden gelagertes CO 2<br />

freigesetzt und bei der Entsorgung der Produkte erneut.<br />

20


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

01<br />

Wald nicht bewirtschaftet<br />

02<br />

Wald nachhaltig bewirtschaftet<br />

03<br />

Produkte aus fossilen Rohstoffen<br />

21


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

FÜR EXPERT:INNEN:<br />

Immer wieder lesen wir in Medien, dass ein Kubikmeter Holz eine Tonne CO 2<br />

bindet.<br />

Aber wie kommt man eigentlich auf diesen Wert?<br />

Vorab: Die dabei verwendete Formel ist keine<br />

chemisch/stöchiometrisch korrekte Berechnung.<br />

Sie bezieht sich auf das so genannte<br />

„CO 2<br />

-Äquivalent“ (CO 2<br />

e oder CO 2<br />

-eq).<br />

Diese Maßeinheit wurde zur Bestimmung der<br />

Klimawirkung unterschiedlicher Treibhausgase<br />

kreiert (= der Index für die Erwärmungswirkung<br />

einer bestimmten Menge eines Treibhausgases).<br />

Holz ist ein Feststoff, in welchem Kohlenstoff<br />

durch die Fotosynthese gespeichert wurde. Das<br />

CO 2<br />

-Äquivalent bedeutet: Wenn der gesamte<br />

gespeicherte Kohlenstoff mit dem Sauerstoff<br />

der Luft zu CO 2<br />

reagieren würde, würde dabei<br />

zirka eine Tonne CO 2<br />

-Gas entstehen.<br />

Die Berechnung dazu:<br />

Holz besteht zu etwa 50 % aus Kohlenstoff (C).<br />

Wenn wir davon ausgehen, dass 1 m³ Holz 500 kg wiegt,<br />

wiegt der Kohlenstoff allein rund 250 kg.<br />

CO 2<br />

hat eine molekulare Masse von 44 g/mol,<br />

C hat eine molekulare Masse von 12 g/mol.<br />

Damit ergibt sich folgendes Verhältnis von CO 2<br />

zu C:<br />

44 g/mol / 12 g/mol = 3,67<br />

250 kg * 3,67 = 917,5 kg<br />

(annähernd eine Tonne)<br />

Bei diesen Berechnungen gehen Expert:innen von unterschiedlichen Standpunkten<br />

aus. Aber was denkt ihr? Welche Berechnung ist realistischer? Nur die Wirkung des<br />

Kohlenstoffs zu betrachten, oder die Einbindung des Kohlenstoffs im Holz mit zu berücksichtigen?<br />

Beide Seiten haben gute Argumente. Recherchiert und diskutiert sie in<br />

der Klasse.<br />

22


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

WARUM DIESE BERECHNUNG EIGENTLICH NICHT KORREKT IST:<br />

Fotosynthese:<br />

12 H 2<br />

O + 6 CO 2<br />

C 6<br />

H 12<br />

O 6<br />

+ 6 O 2<br />

+ 6 H 2<br />

O<br />

Zu beachten ist, dass der Sauerstoff in der Reaktion nicht aus dem Holz, sondern aus<br />

der Luft kommt. Deshalb darf die Masse des Sauerstoffs nicht einfach mit in die Rechnung<br />

mit einbezogen werden.<br />

Die Fotosynthese ist eine endotherme Reaktion. Sie läuft nicht spontan ab, sondern<br />

erfordert Energie. Diese erforderlichen 2870 kJ/mol stammen aus der Sonnenstrahlung.<br />

Ohne Lichtenergie ist also keine Fotosynthese möglich (siehe S. 55 Physiologie<br />

des Baumes).<br />

Der Kohlenstoff kommt aus der im Holz fixierten Glukose (C 6<br />

H 12<br />

O 6<br />

). Diese hat eine<br />

molekulare Masse von 180 g/mol. Richtigerweise muss man also die Glukose mit dem<br />

CO 2<br />

ins Massenverhältnis setzen.<br />

Abgebaut wird die Glukose unter anderem zu<br />

6 CO 2<br />

(CO 2<br />

= molekulare Masse von 44 g/mol):<br />

ALSO:<br />

C 6<br />

H 12<br />

O 6<br />

= 180 g/mol<br />

6 CO 2<br />

= 264 g/mol (entspricht 6 x 44 g/mol)<br />

6*44 g/mol / 180g/mol = 1,47<br />

Geht man davon aus, dass ein m³ Holz ca. 500 kg wiegt<br />

und die Hälfte davon aus<br />

Kohlenstoffverbindungen besteht (250 kg)<br />

sieht die Berechnung folgendermaßen aus,<br />

250 kg*1,47 = 366,67 kg<br />

Nach diesem<br />

Berechnungsschema wären<br />

in einem Kubikmeter Holz<br />

knapp 370 kg CO 2<br />

gebunden.<br />

23


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

1.2 Wie viel wiegt Luft?<br />

Egal ob 370 kg oder 1.000 kg: Wie können in einem Kubikmeter Holz hunderte<br />

Kilogramm CO 2<br />

gebunden sein? CO 2<br />

ist so etwas wie „Luft“ und „Luft“ wiegt ja<br />

eigentlich nichts, oder? Die nächsten drei Versuche beweisen das Gegenteil.<br />

CO 2<br />

fällt ins Gewicht!<br />

» 2 gleich große Luftballons<br />

(verschiedene Farben)<br />

» Sodasiphonflasche<br />

» CO 2<br />

-Kartusche<br />

» Luftpumpe oder Blasbalg<br />

» Briefwaage/Laborwaage<br />

(am besten auf mg genau)<br />

Der Inhalt der CO 2<br />

-Kartusche wird in den leeren Sodasiphon<br />

gefüllt. Ein Luftballon wird mit Hilfe des Sodasiphons<br />

mit CO 2<br />

aufgefüllt, der zweite Ballon wird<br />

mit Hilfe der Luftpumpe aufgeblasen. Beide Ballons<br />

sollen nach der Befüllung möglichst gleich groß sein.<br />

Den Luftballon unbedingt mit einer Luftpumpe<br />

oder einem Blasbalg und nicht mit dem Mund<br />

aufblasen. Mit der Atemluft gelangen Flüssigkeit<br />

und ein höherer CO 2<br />

-Anteil in den Ballon<br />

– das Versuchsergebnis wird verfälscht.<br />

Luft<br />

CO 2<br />

LUFTBALLONPUMPE<br />

SODASIPHON<br />

24


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Der Ballon mit CO 2<br />

ist deutlich schwerer. Er<br />

fällt gerader und schneller zu Boden und<br />

wiegt wesentlich mehr. Die Erklärung dazu:<br />

Wenn man Luft als Gasgemisch betrachtet<br />

und es mit reinem CO 2<br />

vergleicht, dann ist<br />

tatsächlich das CO 2<br />

deutlich schwerer oder<br />

physikalisch korrekt: dichter.<br />

Mit diesem Experiment können Schüler:innen<br />

kleine Gewichtsgrößen (g,<br />

mg) näher gebracht werden. Dabei<br />

kann auch auf Wiegetechniken eingegangen<br />

werden (z.B. was bedeutet<br />

„Tara“ bzw. „tarieren“). Was würde der<br />

Inhalt der Ballone ohne die „Hülle“<br />

wiegen?<br />

Luft<br />

CO 2<br />

Nun werden beide Ballons auf der Laborwaage abgewogen – welcher<br />

ist schwerer? Alternativ können beide Ballons aus der gleichen Höhe<br />

fallen gelassen werden. Welcher fällt schneller zu Boden?<br />

Hinweis: In einem Vakuum würden aufgrund der Erdanziehungskraft und der fehlenden Luftreibung<br />

alle Körper gleich schnell zu Boden fallen. Durch die uns umgebende Luft fällt wegen des<br />

Luftwiderstands der Körper mit höherer Masse (Luftballon mit CO 2<br />

) schneller nach unten.<br />

MESSERGEBNIS LUFT<br />

MESSERGEBNIS CO 2<br />

25


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Die Kerzentreppe<br />

Der vorhergehende Versuch hat gezeigt, dass CO 2<br />

schwerer ist als Luft<br />

(also eine höhere Dichte als Luft hat). Diese Tatsache lässt sich anhand<br />

eines weiteren Experiments anschaulich darstellen:<br />

» durchsichtiger Behälter<br />

» ca. 15 Teelichter<br />

» Streichhölzer<br />

oder Feuerzeug<br />

» CO 2<br />

-Ballon aus dem<br />

vorhergehenden Versuch<br />

oder 1 Sodasiphon und<br />

1 CO 2<br />

-Kartusche<br />

Die Teelichter werden in Form einer „Kerzentreppe“<br />

im durchsichtigen Behälter aufgestellt (als erstes ein<br />

Teelicht, dann zwei übereinander, dann drei, dann<br />

vier etc.). Die jeweils obersten Kerzen werden angezündet.<br />

Anschließend wird vorsichtig das CO 2<br />

entweder<br />

aus dem Luftballon oder dem Sodasiphon in den<br />

Behälter entlassen.<br />

Die Kerzen löschen nacheinander<br />

von unten her aus. Das CO 2<br />

ist<br />

schwerer als Luft und verdrängt<br />

den Sauerstoff am Boden des Behälters.<br />

Die Kerzen benötigen aber<br />

Sauerstoff, um zu brennen. Wenn<br />

sich immer mehr CO 2<br />

im Behälter<br />

befindet und sich dort am Boden<br />

sammelt, erlischt eine Kerze nach<br />

der anderen. Es geht zuerst das<br />

unterste Teelicht aus, da das zugeführte<br />

Kohlenstoffdioxid langsam<br />

von unten nach oben steigt.<br />

Wird mit einem Sodasiphon CO 2<br />

in die Box entlassen, löschen die<br />

Kerzen von unten nach oben aus (Beweis: reines CO 2<br />

sinkt zu Boden –<br />

es ist schwerer als Luft).<br />

26


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Aus der Praxis<br />

Die Tatsache, dass CO 2<br />

die Flammen „erstickt“, wird<br />

beim klassischen CO 2<br />

-Löscher bei der Feuerwehr<br />

genutzt. Dieser kommt überall dort zum Einsatz, wo<br />

nicht mit Wasser gelöscht werden darf (zum Beispiel<br />

bei Fettbränden in Küchen).<br />

Eine Diskussion mit den Schüler:innen starten: CO 2<br />

ist schwerer als Luft. Sinken die<br />

schweren CO 2<br />

-Moleküle somit auch in unserer Atmosphäre zu Boden? Das würde ja<br />

bedeuten, dass wir in Abgasen ersticken würden. Faktum ist (wie die obenstehende<br />

Grafik zeigt), dass die Luft, die uns umgibt, ja keine stehende Masse ist (wenn das so<br />

wäre, hätten wir wirklich ein Problem). Sie ist dauerhaft in Bewegung (z.B. durch Winde,<br />

Turbulenzen, warme Luft die nach oben steigt etc.). Somit haben die CO 2<br />

-Moleküle<br />

in der Luft überhaupt keine Möglichkeit, sich langsam abzusetzen und auf den Erdboden<br />

zu sinken. Der Anteil der CO 2<br />

-Moleküle in der Luft ist bis in eine Höhe von fast<br />

100 Kilometer nahezu konstant.<br />

27


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Echt spritzig!<br />

Pantomime mit CO 2<br />

-Effekt<br />

Wer nicht mit Sodasiphonflaschen und CO 2<br />

-Kartuschen arbeiten<br />

möchte, kann mit diesem Experiment beweisen,<br />

dass CO 2<br />

ein schweres Gas ist.<br />

» 1 volle Mineralwasserflasche<br />

aus Plastik (prickelnd)<br />

wahlweise 0,5 – 1,5 l<br />

» 2 Stk. Spritzen (20 ml)<br />

» 1 Stk. dünner Silikonschlauch<br />

ca. 1 m lang<br />

(z.B. aus einer Garten-<br />

Tröpfchenbewässerung)<br />

» 1 Absperrventil für den<br />

Silikonschlauch<br />

(z.B. für die Garten-<br />

Tröpfchenbewässerung)<br />

» 1 Stk. Luftballon<br />

» 2 Stk. hohe Glasgefäße<br />

(z.B. Blumenvasen – wenn<br />

möglich durchsichtig)<br />

» Blumendraht<br />

» 1 Stk. Kerze/Teelicht<br />

Die Aufzieh-Kolben werden aus den Spritzen entfernt.<br />

Anschließend wird von den beiden Spritzen<br />

jeweils das Ende mit der Andrückstelle abgeschnitten.<br />

Nun wird der Silikonschlauch ungefähr in der<br />

Mitte auseinandergeschnitten. Verbinde die beiden<br />

Schlauchstücke mit dem Ventil. Auf die anderen<br />

beiden Schlauch-Enden wird je eine Spritze (mit der<br />

Nadelöffnung) gesteckt. Über eines der beiden (abgeschnittenen)<br />

Spritzen-Enden wird der Luftballon<br />

gestülpt, das andere wird fest in den Hals der vollen<br />

Mineralwasserflasche gesteckt (funktioniert nur mit<br />

Plastik- und nicht mit Glasflaschen). Eventuell mit Isolierband<br />

fixieren.<br />

Spritzen, Schlauch, Ventil und Luftballon<br />

werden für das Experiment vorbereitet<br />

HINWEIS:<br />

Für diesen Versuch<br />

können ausschließlich<br />

Plastikflaschen<br />

(PET-Flaschen) verwendet<br />

werden, da<br />

die Öffnungen von<br />

Glasflaschen einen<br />

zu kleinen Innenradius<br />

haben und die<br />

Spritzen nicht befestigt<br />

werden können.<br />

28


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Eine Diskussion mit den Schüler:innen starten: Warum „blubbert“ das Wasser in der<br />

Mineralwasserflasche ? Was ist der Unterschied zwischen stillem und spritzigem<br />

Wasser? Welches „Gas“ befindet sich im Mineralwasser? Wie viel CO 2<br />

befindet sich in<br />

der Flasche – wie schwer könnte das im Wasser gelöste CO 2<br />

sein – hat ein Gas wie CO 2<br />

überhaupt ein „Gewicht“? Was ist vom Gewicht her leichter – ein „Sixpack“ stilles oder<br />

sprudelndes Mineralwasser?<br />

Sobald der Versuch fertig aufgebaut ist, also ein Spritzen-Ende im Luftballon und das andere in<br />

der Mineralwasserflasche steckt, kann das Ventil aufgedreht werden (das Experiment ist auch<br />

eine gute Gelegenheit, um den Begriff „Ventil“ und die damit verbundenen Funktionen zu erklären).<br />

Aufbau des Experiments<br />

29


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

NUN MÜSSEN MINDESTENS ZWEI PERSONEN ZUSAMMENARBEITEN:<br />

Eine Person nimmt das Schlauchende mit dem Luftballon und stellt sich erhöht z.B. auf einen<br />

festen Hocker, eine Trittleiter oder einen Tisch (NICHT auf einen Drehstuhl oder einen Stuhl mit<br />

Rollen!). Die zweite Person nimmt die Mineralwasserflasche und schüttelt sie kräftig.<br />

ACHTUNG:<br />

Die Spritze in der Mineralwasserflasche<br />

dabei gut festhalten, sonst gibt es eine unfreiwillige Dusche!<br />

Das von der Mineralwasserfirma<br />

hineingepumpte CO 2<br />

(ein kleiner<br />

Teil davon hat sich chemisch zu<br />

Kohlensäure verbunden) kann<br />

herausgeschüttelt werden, steigt<br />

in den Ballon hoch und bläst<br />

ihn auf. Wasser, das bei diesem<br />

Vorgang mit in den Ballon gelangt,<br />

rinnt wieder zurück in die<br />

Flasche. Hat der Ballon die gewünschte<br />

Größe erreicht, wird<br />

das Ventil im Schlauch geschlossen.<br />

Somit kann die Spritze aus<br />

der Flasche entnommen werden,<br />

ohne dass das CO 2<br />

wieder aus<br />

dem Luftballon entweicht.<br />

1. Eine Person steht<br />

erhöht und hält das<br />

Ende mit dem Luftballon,<br />

die andere Person<br />

schüttelt die Mineralwasserflasche.<br />

Wenn<br />

das meiste CO 2<br />

aus der<br />

Flasche entwichen ist,<br />

unbedingt das Wasser<br />

aus dem Luftballon<br />

über den Schlauch<br />

ablassen und anschließend<br />

das Ventil<br />

zudrehen.<br />

Im nächsten Schritt wird ein<br />

hohes, durchsichtige Gefäß benötig.<br />

Die Kerze wird mit dem<br />

Blumendraht so umwickelt, dass<br />

sie möglichst einfach zum Boden<br />

des Gefäßes und wieder heraus<br />

transportiert werden kann.<br />

Das Gefäß ist mit Luft gefüllt –<br />

das kann mit der Kerze getestet<br />

werden: Einfach die Kerze anzünden,<br />

mit der Draht-Vorrichtung<br />

vorsichtig in das Gefäß<br />

bewegen – sie brennt im Gefäß<br />

weiter. Danach die Kerze wieder<br />

aus dem Gefäß entfernen.<br />

2. Test - das Gefäß ist mit Luft gefüllt. Die<br />

brennende Kerze kann also ohne Auslöschen<br />

hinein- und hinausbewegt werden.<br />

30


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Nun kommt die vorab gebaute Luftballon-<br />

Spritze-Schlauch-Konstruktion zum Einsatz:<br />

Das Spritzen-Ende, das zuvor in der Mineralwasserflasche<br />

befestigt war, wird bodennah<br />

in das durchsichtige Gefäß gesteckt. Das Ventil<br />

wird vorsichtig geöffnet – das CO 2<br />

aus dem<br />

Luftballon strömt in das Gefäß. Bewegt man<br />

die brennende Kerze jetzt wieder in Richtung<br />

Gefäßboden, wird sie innerhalb kürzester Zeit<br />

auslöschen (Erklärungen dazu siehe vorhergehende<br />

Versuche).<br />

Und jetzt ein echtes<br />

„Experimentier-Highlight“:<br />

Das Gefäß mit dem CO 2<br />

wird genommen und<br />

der Inhalt (also das CO 2<br />

) wird vorsichtig in das<br />

zweite Gefäß geleert. Das Spannende dabei:<br />

Das CO 2<br />

ist nicht sichtbar – das Ganze wirkt<br />

wie Pantomime. Jetzt wird bei beiden Gefäßen<br />

die Brennprobe wiederholt. Nachdem Gefäß<br />

1 wieder mit Luft gefüllt ist, brennt die Kerze<br />

im Gefäß 1 weiter. Im zweiten Gefäß, das beim<br />

Umleeren mit dem durchsichtigen CO 2<br />

gefüllt<br />

wurde, erlischt die Kerze innerhalb von wenigen<br />

Sekunden.<br />

3. Das CO 2<br />

wird über den Schlauch in ein<br />

durchsichtiges Gefäß gefüllt.<br />

5. Wird das CO 2<br />

in das mit Luft gefüllte<br />

Gefäß geleert, löscht die Kerze aus.<br />

4. Wird die brennende Kerze in das mit CO 2<br />

gefüllte Gefäß bewegt, löscht sie aus.<br />

31


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

CO 2<br />

ist, wie erwähnt, schwerer als Luft. Im Ballon<br />

befindet sich das gasförmige CO 2<br />

. Ist das<br />

Ventil im Schlauch geschlossen, kann es nicht<br />

entweichen. Wird das Ventil geöffnet, strömt<br />

das CO 2<br />

durch den Druck, den der Ballon ausübt,<br />

sofort in das Glasgefäß aus. Dort verdrängt<br />

es die Luft – es sinkt zu Boden.<br />

Wird die brennende Kerze in das mit CO 2<br />

gefüllte<br />

Gefäß bewegt, erlischt sie aufgrund des<br />

Sauerstoffmangels. Das CO 2<br />

kann, obwohl es<br />

nicht sichtbar ist, in das zweite Gefäß gegossen<br />

werden. Auch hier verdrängt es die Luft, während<br />

Gefäß 1 wieder mit normaler Luft gefüllt<br />

ist. Darum brennt in Gefäß 1 die Kerze, während<br />

sie in Gefäß 2 erlischt.<br />

Dieser Effekt wird zum Beispiel in Weinkellern genützt. Hier besteht die Gefahr, dass<br />

sich geruchloses CO oder CO 2<br />

bildet und sich in den geschlossenen Räumen sammelt.<br />

Deshalb nehmen Winzer:innen immer eine Kerze mit in den Keller. Erlischt diese aufgrund<br />

des angesammelten Gases, müssen sie den Keller sofort verlassen. Auch in Bergwerken<br />

wurden lange Zeit Kerzen als Indikatoren für CO 2<br />

-Konzentrationen genützt.<br />

Gingen die Kerzen aus, mussten die Bergleute sofort aus den Stollen flüchten.<br />

Wie lange dauert es, um eine Tonne CO 2<br />

durch Bäume zu kompensieren?<br />

Pro Jahr bindet eine Buche zirka 12,5 kg CO 2<br />

– theoretisch müssten also rund 80 Buchen<br />

gepflanzt werden, um eine Tonne CO 2<br />

zu kompensieren.<br />

In der Praxis sieht es so aus, dass<br />

die Menge an gebundenem CO 2<br />

von vielen<br />

Faktoren abhängig ist (u.a. von der Baumart,<br />

vom Alter und dem Standort des Baumes).<br />

32


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

1.3 Wie können Waldflächen<br />

die Temperatur beeinflussen?<br />

Auf den letzten Seiten haben wir uns intensiv mit den Themen Wasser- und<br />

CO 2<br />

-Kreislauf und den damit verbundenen Auswirkungen auf Bäume und Waldflächen<br />

auseinandergesetzt. Aber was passiert konkret, wenn die Waldflächen<br />

weniger werden und die Bodenversiegelung zunimmt? Wie wird die Temperatur<br />

der Erdatmosphäre davon beeinflusst?<br />

Was ist die Albedo und wie wirkt sie sich<br />

auf die Temperatur aus?<br />

Die „Albedo“ ist ein Rückstrahlkoeffizient, welcher<br />

sich aufgrund von Oberflächenfarben ergibt.<br />

Kurz gesagt: Je heller ein Körper ist, desto<br />

größer ist die Albedo. Helle Oberflächen reflektieren<br />

mehr Sonnenstrahlung – diese reflektierte<br />

Strahlung steht für die Erwärmung<br />

der Oberfläche bzw. des Körpers nicht zur Verfügung.<br />

Der Rest der Strahlung wird von der<br />

Oberfläche absorbiert (aufgenommen) und<br />

erwärmt ihn. Der Albedo-Wert bewegt sich<br />

in einem Bereich von 0 – 1, wobei 0 eine geringe<br />

Rückstrahlung (z.B. 0,15 Asphalt) und 1<br />

eine hohe Rückstrahlung (z.B. 0,9 Neuschnee)<br />

bedeutet. Somit kann man davon ausgehen,<br />

dass sich Neuschnee langsamer erwärmt und<br />

weniger Wärme zurückstrahlt als eine Asphaltoberfläche.<br />

Dieser Wert kann auch in Prozent<br />

angegeben werden (z.B. 40 % entspricht 0,4).<br />

Die Abbildung zeigt durchschnittliche Albedowerte von unterschiedlichen Oberflächen in %.<br />

Je nach Färbung und Verschmutzungsgrad variieren diese Werte.<br />

33


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Albedo - Vergleich<br />

unterschiedlicher Oberflächen<br />

Wenn dunkle Oberflächen sich stark aufheizen, warum ist es im<br />

Sommer im dunklen Wald trotzdem kühler als am asphaltierten<br />

Parkplatz? Schauen wir uns die Vorgänge anhand eines Experiments<br />

an (Versuche inspiriert von: Scorza, C. et.al. (2019). Der Klimawandel:<br />

Verstehen und Handeln. München: Fakultät für Physik LMU):<br />

» 4 durchsichtige Behälter (ungefähre<br />

Maße: L: 37 cm, B: 26 cm, H: 17 cm)<br />

» schwarzes Tonpapier<br />

(ca. 32 cm x 20 cm – muss in den<br />

durchsichtigen Behälter passen)<br />

» Blumenerde<br />

» feuchter Waldboden<br />

mit Waldpflanzen/Moos<br />

» Halogenstrahler (kein LED-Strahler<br />

er muss Wärme abgeben) mit Stativ<br />

» Grillthermometer mit 4 Messfühlern<br />

und/oder Laserthermometer<br />

» Wärmebildkamera<br />

» Wasser (zum Gießen)<br />

Vorbereitung der Behälter: In Behälter eins<br />

wird ein „Waldbiotop“ angepflanzt (feuchter<br />

Waldboden evt. mit dunklem Moos, kleinen<br />

Bäumchen/Zweigen, Waldklee oder sonstigen<br />

„typischen“ Waldpflanzen – am besten direkt<br />

aus dem Wald in den Behälter geben). In Behälter<br />

zwei wird der Boden mit Blumenerde<br />

bedeckt und angegossen, sodass die Erde gut<br />

feucht ist. In Behälter drei wird der Boden mit<br />

trockener Erde bedeckt. In die vierte Kiste wird<br />

das schwarze Tonpapier gelegt.<br />

Optimal ist ein<br />

Grillthermometer<br />

mit vier Fühlern<br />

Das Thermometer zeigt die verschiedenen<br />

Oberflächentemperaturen bei<br />

Raumtemperatur an. Das Waldbiotop<br />

und die Erde wurden mit frischem<br />

Wasser befeuchtet. Am heißesten ist die<br />

simulierte Asphaltfläche (Tonpapier),<br />

am kühlsten das Waldbiotop.<br />

34


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Der Halogenscheinwerfer wird aufgebaut und eingeschaltet. Die vier Behälter werden so aufgestellt,<br />

dass alle gleich viel Wärmestrahlung vom Halogenscheinwerfer abbekommen. Die Messfühler<br />

des Grillthermometers werden in allen 4 Kisten platziert (immer möglichst an der identen<br />

Stelle). Den Strahler mindestens 30 Minuten laufen lassen, sodass sich die unterschiedlichen<br />

Oberflächen erwärmen können. Nach rund einer halben Stunde werden die Temperaturen aller<br />

vier Oberflächen gemessen und mit der Wärmebildkamera überprüft.<br />

Schüler:innen vor der Durchführung des Experiments raten lassen, welche<br />

Oberfläche am kühlsten bleibt und warum.<br />

Auch die Wärmebildkamera beweist: Die Oberfläche des Waldbiotops heizt sich<br />

bei der Bestrahlung mit dem Scheinwerfer am wenigsten auf.<br />

Nach 30 Minuten Bestrahlung durch den Halogenscheinwerfer haben sich die Oberflächen ganz<br />

unterschiedlich erhitzt. Am heißesten ist das schwarze Tonpapier, das eine asphaltierte Fläche<br />

simulieren soll. Schwarze Oberflächen absorbieren Strahlung und geben diese als langwellige<br />

Wärmestrahlung wieder ab.<br />

An nächster Stelle steht die dunkle, trockene Erde. Die Erde liegt locker mit einigen Lufträumen<br />

im Behälter. Luft überträgt Wärme schlecht, also ist die trockene Erde kühler als das Tonpapier.<br />

An dritter Stelle kommt die nasse Erde. Wasser absorbiert einen Teil der Strahlung und erwärmt<br />

sich deutlich langsamer als Feststoffe.<br />

Daher gibt nasse Erde weniger langwellige Wärmestrahlung ab als trockene Erde.<br />

Am kühlsten ist das Waldbiotop. Bei Bestrahlung und genügend Feuchtigkeit betreiben die<br />

Pflanzen Fotosynthese. Die Energie aus der Strahlung wird absorbiert und in die Umwandlung<br />

von H 2<br />

O und CO 2<br />

zu Zucker und Sauerstoff investiert. Die Pflanzen verdunsten zusätzlich Wasser,<br />

was einen weiteren Kühleffekt zur Folge hat. Fazit: Obwohl die Oberfläche des Waldbiotops<br />

sehr dunkel ist, gibt sie kaum Wärmestrahlung ab.<br />

35


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Simulation des Treibhauseffekts<br />

Die befüllten Behälter aus dem vorhergehenden Versuch<br />

können für ein weiteres Experiment eingesetzt werden.<br />

Dabei wird der Treibhauseffekt simuliert:<br />

» Versuchsaufbau wie bei<br />

Versuch „Albedo“<br />

beschrieben<br />

» Frischhaltefolie<br />

» Sodasiphon<br />

» CO 2<br />

-Kartusche<br />

Die vier Behälter werden mit Frischhaltefolie<br />

abgedeckt und einige Minuten<br />

mit dem Halogenscheinwerfer<br />

bestrahlt. In den Behälter mit<br />

dem schwarzen Tonpapier wird mit<br />

dem Sodasiphon und der CO 2<br />

-Kartusche<br />

CO 2<br />

eingeleitet. Die Temperatur<br />

in den Behältern wird genau<br />

beobachtet.<br />

Hinweis:<br />

Es ist wichtig alle Behälter zu bedecken,<br />

da bereits die Folie einen<br />

Effekt auf die Temperatur hat. Um<br />

den Treibhauseffekt des CO 2<br />

beobachten<br />

zu können und nicht den<br />

der Folie, muss die „Asphaltkiste“<br />

mit den bedeckten Behältern verglichen<br />

werden.<br />

1: trockene Erde; 2: nasse Erde<br />

3: Asphalt mit CO 2<br />

; 4: Waldbiotop<br />

36


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Die Temperatur im Behälter mit dem schwarzen<br />

Tonpapier, welches eine Asphaltfläche<br />

simuliert, steigt nach Einleitung des Treibhausgases<br />

CO 2<br />

stark an. Das Tonpapier erhitzt<br />

sich durch die Wärmeeinstrahlung, da dunkle<br />

Oberflächen Strahlung absorbieren und in<br />

Form von langwelliger Wärmestrahlung wieder<br />

abgeben. Die Luft im verschlossenen Behälter<br />

wurde durch das zugegebene CO 2<br />

nahezu völlig<br />

verdrängt. Die CO 2<br />

-Moleküle in der Luft werden<br />

durch die langwellige Wärmestrahlung,<br />

die vom Tonpapier ausgeht, zur Schwingung<br />

angeregt. Die schwingenden Moleküle geben<br />

ihrerseits die Schwingungsenergie wieder als<br />

langwellige Wärmestrahlung zurück zum Tonpapier.<br />

Dadurch erhitzt sich dieses immer<br />

weiter. Wir haben eine Simulation des Treibhauseffektes.<br />

Theoretisch ist mit diesem Experiment<br />

ein Temperaturanstieg um bis zu 15 °C<br />

möglich.<br />

Da CO 2<br />

schwerer ist als Luft (siehe S. 24 f), ist<br />

die Frischhaltefolie nicht zwingend notwendig.<br />

Sie soll nur Luftverwirbelungen und damit das<br />

vorzeitige Austreten des CO 2<br />

aus dem Behälter<br />

verhindern.<br />

Eine genaue Erklärung, wie der Treibhauseffekt<br />

funktioniert, steht in vielen<br />

Lehrbüchern und im Internet – hier noch<br />

einmal eine kurze Zusammenfassung:<br />

Die Sonnenstrahlung trifft auf die Erde, die<br />

sich dadurch erwärmt. Die Strahlung wird<br />

von der Erde teilweise in die Atmosphäre<br />

„zurückgeworfen“ (reflektiert und teilweise<br />

als Wärmestrahlung wieder abgegeben).<br />

Die Treibhausgase (u.a. CO 2<br />

) hindern diese<br />

Wärmestrahlung daran, ins Weltall zu<br />

gelangen (ähnlich wie die Glasfenster in<br />

einem Treibhaus). Ein Teil der Wärmestrahlung<br />

wird somit zur Erde zurückgeschickt.<br />

Das nennen wir den „natürlichen<br />

Treibhauseffekt“. Ohne diesen natürlichen<br />

Treibhauseffekt würde die Temperatur auf<br />

unserer Erde dauerhaft im Minusbereich<br />

liegen).<br />

Wenn sich aber zu viel Treibhausgas (z.B.<br />

CO 2<br />

) in der Atmosphäre befindet (also zu<br />

viel Wärmestrahlung zur Erde zurückgeschickt<br />

wird), erwärmt sich die Erde mehr<br />

als durch den natürlichen Treibhauseffekt.<br />

Der Klimawandel nimmt seinen Lauf.<br />

37


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

1.4 Spielen bei der Klimaerwärmung<br />

auch Oberflächentemperaturen<br />

von Gebäuden eine Rolle?<br />

Vor allem in Städten ist die Hitzeentwicklung im Sommer eine große Herausforderung.<br />

Die starke Bestrahlung von Gebäuden und anderen Beton- bzw.<br />

Asphaltflächen durch Sonnenlicht in Kombination mit geringer Luftbewegung<br />

und geringer Abkühlung in der Nacht heizen Oberflächen extrem auf. Einen weiteren<br />

Einfluss darauf haben unter anderem die hohe Schadstoffkonzentration,<br />

die geringere Verdunstung der versiegelten Oberflächen<br />

und die fehlende Vegetation (siehe S. 34 ff).<br />

Dieses Phänomen, sowie der Einfluss der Baumaterialien und der Begrünung<br />

kann von Schüler:innen mit einem Experiment erforscht werden<br />

(entwickelt im Rahmen des Projektes „Let’s GRAZe“<br />

nähere Informationen siehe www.letsgraze.at)<br />

Temperatur unterschiedlicher<br />

Materialoberflächen I<br />

» 2 Steinfliesen (ca. 30 x 40 cm groß)<br />

» 1 Holzplatte (ca. 30 x 40 cm groß)<br />

» Halterungen, damit die Fliese und<br />

die Holzplatte aufrecht hingestellt<br />

werden können<br />

» evt. Wärmebildkamera und/oder<br />

Strahlungsthermometer<br />

» Halogenscheinwerfer (kein LED –<br />

muss Wärme entwickeln) + Stativ<br />

» Grünpflanze (ca. 40 cm groß)<br />

» evt. Hängepflanze + Halterung<br />

Zwei Steinfliesen und eine Holzplatte werden<br />

nebeneinander aufgestellt. Sie stellen Häuserfronten<br />

aus unterschiedlichen Baustoffen dar.<br />

Die Pflanze wird vor eine Steinfliese gestellt,<br />

sodass sie möglichst viele Teile der Fliese bedeckt<br />

(oder man nutzt die Hängepflanze mit<br />

der Halterung). Bei Vorhandensein ähnlicher<br />

Platten aus anderen Materialien können auch<br />

diese zur Messung herangezogen werden (z.B.<br />

Glas). Dadurch ergibt sich eine Reihe von Variationsmöglichkeiten<br />

dieses Versuchsaufbaus<br />

(Vorschläge für Materialien können auch von<br />

den Schüler:innen eingebracht werden). Der<br />

Scheinwerfer wird eingeschaltet und bestrahlt<br />

nun gleichmäßig die Platten.<br />

38


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

VORSICHT: Der Scheinwerfer wird sehr heiß<br />

und sollte während des Betriebes nicht mehr<br />

berührt werden. Eine Verstellung darf nur am<br />

Stativ erfolgen. Ein ständiges Aus- und Einschalten<br />

des Scheinwerfers verkürzt die Lebensdauer<br />

des Leuchtmittels. Den Scheinwerfer in<br />

einem Abstand von mindestens 1,5 – 2 m zu<br />

den Platten aufstellen, um zu vermeiden, dass<br />

die Steinfliesen durch die Hitzeentwicklung zerspringen.<br />

Nach einiger Zeit werden mit einem Strahlungsthermometer<br />

die Temperaturen der<br />

Platten auf der Vorder- und Rückseite gemessen<br />

und miteinander verglichen. Das kann in<br />

einem ersten Schritt einfach mit den Händen<br />

erfolgen, da die Temperaturunterschiede gut<br />

spürbar sind. Eine Visualisierung der unterschiedlichen<br />

Temperaturen an der Vorder- und<br />

Rückseite der Platten mittels Wärmebildkamera<br />

verdeutlicht die vorangehenden Temperaturmessungen.<br />

Varianten:<br />

In mehreren Versuchsreihen<br />

die Pflanzen abwechselnd<br />

vor die verschiedenen Materialien<br />

stellen. Materialien<br />

in verschiedenen Farben<br />

einsetzen und die Temperaturen<br />

vergleichen (z.B. helle<br />

und dunkle Steinfliesen).<br />

Laufende Temperatur-Messungen<br />

während des Aufheizens<br />

durchführen – wenn<br />

die Plattentemperatur annähernd<br />

konstant bleibt, ist<br />

das Ende des Versuchs erreicht<br />

(im Anschluss können<br />

Aussagen über den Prozess<br />

des Erwärmens getroffen<br />

werden).<br />

39


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

WÄRMEBILDAUFNAHMEN VON DEN PLATTEN (BEISPIELE):<br />

Aufnahme<br />

Vorderseite<br />

der Platten<br />

STEIN<br />

STEIN<br />

HOLZ<br />

STEIN<br />

BEGRÜNT<br />

STEIN<br />

HOLZ<br />

BEGRÜNT<br />

Die Messungen an der Vorderseite der Platten zeigen, dass sich die unbegrünte Steinfliese (Mitte)<br />

am stärksten aufwärmt. Das Holz (rechts) bleibt selbst bei starker Bestrahlung kühler. Wie<br />

deutlich zu erkennen ist, erscheinen die Teile der Steinfliese, die von der Hängepflanze bedeckt<br />

werden (links) kühler als die unbegrünten Stellen. Stellt man eine Pflanze vor die Holzplatte, so<br />

wird der Kühleffekt verstärkt.<br />

Aufnahme<br />

Rückseite<br />

der Platten<br />

HOLZ<br />

STEIN<br />

STEIN<br />

BEGRÜNT<br />

Betrachtet man die Rückseiten der bestrahlten Platten erkennt man, dass die Holzplatte (links)<br />

eine niedrigere Temperatur aufweist als auf der bestrahlten Seite. Auch auf der teilweise mit<br />

Pflanzen bedeckten Steinplatte (rechts) lassen sich Farbunterschiede erkennen, die wiederum<br />

auf niedrigere Temperaturen schließen lassen. Dieser Effekt hängt mit der unterschiedlichen<br />

Wärmeleitfähigkeit von Baumaterialien und der Temperatur der Vorderseite ab. Stoffe mit geringerer<br />

Wärmeleitfähigkeit werden auch Wärmeisolatoren genannt (weitere Versuche und Erklärungen<br />

zum Thema „Wärmeleitfähigkeit“ siehe <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0 S. 60 – 63).<br />

Aufnahme Vorderseite<br />

nach langer<br />

Bestrahlungsdauer<br />

STEIN<br />

BEGRÜNT<br />

STEIN<br />

HOLZ<br />

Nach längerer Bestrahlung heizt sich die Steinfliese (Mitte) immer mehr auf, während Holz weiterhin<br />

kühler bleibt (rechts). Am wenigsten Wärme strahlt die begrünte Oberfläche aus (links). Mit<br />

diesem Experiment kann deutlich vermittelt werden, dass Holz als Baumaterial in der Stadt ein natürlicher<br />

und nachwachsender Klimaregulator ist. Vor allem in Kombination mit Begrünung kann<br />

es dazu beitragen, Hitzeinseln zu reduzieren.<br />

40


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Die Abbildung zeigt den beobachteten Temperaturanstieg für Graz<br />

(Station: Graz – Universität, Parameter: Mean temperature [T01]).<br />

Quelle: ZAMG/HISTALP<br />

Die Grafik zeigt die Hitzeinseln im Grazer Stadtbereich<br />

im Zeitraum 1981-2010 (gelb/orange/rot)<br />

basierend auf die mittlere jährliche Anzahl der<br />

Sommertage (Tage, an denen die Tageshöchsttemperatur<br />

25,0 °C erreicht oder überschreitet),<br />

sowie die simulierten Werte an den Messtationen<br />

Graz-Universität und Graz-Flughafen.<br />

FÜR EXPERT:INNEN:<br />

Wärmestrahlung ist Energie, welche sich unter<br />

anderem über elektromagnetische Wellen,<br />

die von der Sonne ausgestrahlt werden,<br />

ausbreitet. Diese Energie sorgt dafür, dass<br />

sich Gegenstände abhängig von ihren Materialeigenschaften<br />

unterschiedlich stark aufheizen.<br />

Je nach Beschaffenheit wird ein Teil<br />

der Energie absorbiert (aufgenommen) bzw.<br />

reflektiert (zurückgeworfen). Je mehr Wärmeenergie<br />

ein Körper aufnimmt, umso höher<br />

wird seine innere Energie U. Die innere<br />

Energie wird manchmal auch als thermische<br />

Energie bezeichnet und beschreibt alle Energien<br />

im Körper. Wenn Wärme einem Körper<br />

zugeführt wird, so steigt seine „Unordnung“<br />

(= Entropie) – die einzelnen Teilchen im Körper<br />

beginnen zu schwingen. Eine höhere<br />

Entropie bedeutet, dass die Teilchen stärker<br />

schwingen – der Körper erwärmt sich.<br />

Quelle: ZAMG/SISSI-II: Simulationen von Städtischen<br />

Klimaszenarien für österreichische Städte/BMWF.<br />

41


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Temperatur unterschiedlicher<br />

Materialoberflächen II<br />

» verschiedene Oberflächen<br />

z.B. verschiedene Arten von<br />

Holzplatten (Vollholz, MDF-Platte, …),<br />

Fliese, Spiegel, Aluplatte, Kunststoffplatte<br />

(z.B. Schneidbrett) etc.<br />

» Eiswürfel<br />

» Sprühflasche mit kaltem Wasser<br />

Vor dem Start des Experiments<br />

werden die Materialien unter einem<br />

Tuch versteckt. Die Schüler:innen<br />

müssen durch Fühlen erraten, um<br />

welche Materialien es sind handelt<br />

(besonders gut geeignet für jüngere<br />

Schüler:innen bzw. Schüler:innen mit<br />

nicht-deutscher Muttersprache).<br />

Alle Materialien werden nebeneinander aufgelegt.<br />

Die Schüler:innen berühren sie mit den<br />

Fingern, um mögliche Temperaturunterschiede<br />

herauszufinden. Die subjektiv empfundenen<br />

Temperaturunterschiede können zusätzlich<br />

mit einer Wärmebildkamera oder einem<br />

Strahlungsthermometer verifiziert werden.<br />

Weiters sind damit auf Materialien, die gute<br />

Wärmeleiter sind (z.B. Metall oder Stein), die<br />

warmen Fingerabdrücke von den Berührungen<br />

zu sehen.<br />

In einem zweiten Schritt können die Platten mit<br />

einem Halogenstrahler (siehe vorhergehender<br />

Versuch) oder in der Sonne erwärmt werden.<br />

Was fällt den Schüler:innen auf, wenn die Materialien<br />

erneut berührt werden? Auch diese<br />

Temperaturunterschiede können per Wärmebildkamera<br />

oder Strahlungsthermometer<br />

überprüft werden.<br />

In einem dritten Schritt werden die Materialien<br />

mit kaltem Wasser eingesprüht bzw. werden<br />

Eiswürfel auf die Materialien gelegt. Nach einer<br />

kurzen Pause werden die Materialien erneut<br />

berührt. Was hat sich verändert? Wo schmelzen<br />

die Eiswürfel bei Sonneneinstrahlung am<br />

schnellsten?<br />

42<br />

Versuchsaufbau: Verschiedene Materialien werden<br />

unter der Wärmequelle angeordnet.<br />

Die Oberflächentemperaturen können u.a. mit einem<br />

Strahlungsthermometer gemessen werden.


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Je nach Material wird zwischen Leiter, Halbleiter<br />

und Isolator unterschieden. Ein Leiter ist<br />

in der Wärmelehre ein Indikator für einen Gegenstand,<br />

der Wärme gut weitergeben kann.<br />

Dieser heizt sich daher schneller auf als ein<br />

Isolator. Wenn man bei Raumtemperatur mit<br />

seiner Hand auf verschiedene Oberflächen<br />

greift, werden sich Gegenstände kälter oder<br />

wärmer anfühlen. Jene, die sich besonders<br />

kalt anfühlen, sind gute Wärmeleiter, da sie<br />

die Wärme gut vom Körper wegleiten. Gegenstände,<br />

die sich warm oder gleich warm wie<br />

unser Körper anfühlen, sind Isolatoren. Sie<br />

gehen keinen Wärmeaustausch mit unserem<br />

Körper ein und fühlen sich daher weder warm<br />

noch kalt an. Holz ist ein schlechter Wärmeleiter,<br />

darum ist es ein optimaler Baustoff.<br />

Darum fühlen sich ein Holzboden oder Wände aus Holz immer wärmer an als<br />

Fliesenböden oder Betonwände. Aus diesem Grund kann die Raumtemperatur<br />

in einem Holzhaus (aus massivem Holz) sogar um einige Grad niedriger sein als<br />

in Bauten aus anderen Baustoffen – die Bewohner:innen werden es trotzdem als<br />

„gleich warm“ empfinden. Auch Sauna-Bänke sind meist aus Holz gefertigt. Warum<br />

empfindet man es trotzdem als heiß, wenn man sich ohne Handtuch hinsetzt? Der<br />

Grund dafür ist der Schweiß. Wasser (also der Schweiß) ist ein guter Wärmeleiter.<br />

Es sorgt dafür, dass wir uns am warmen, feuchten Holz verbrennen.<br />

Daher ist ein Handtuch in der Sauna nicht nur aus hygienischen, sondern<br />

auch aus physikalischen Gründen Pflicht.<br />

Böden und Wände aus Holz fühlen sich immer wärmer an als Fliesenböden oder Betonwände.<br />

43


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

1.5 Wie funktioniert Klimaschutz durch<br />

Substitutionsprodukte aus Holz?<br />

Regelmäßig erfahren wir aus den Medien, wie z.B. Mikroplastik unsere gesamte<br />

Biosphäre negativ beeinflusst: Kleine Partikel werden in fast allen Lebewesen<br />

nachgewiesen – egal ob Insekten, Weichtiere, Vögel oder Säugetiere. Angeblich<br />

nimmt jeder Mensch pro Woche winzige Plastikteile im Ausmaß von mindestens<br />

einer Kreditkarte über Nahrung und Atemluft zu sich.<br />

Die Quellen für Mikroplastik sind sehr<br />

unterschiedlich: Abrieb von Asphalt<br />

und Fahrbahnmarkierungen, Abrieb<br />

von Schuhsohlen, Kosmetika, Waschund<br />

Putzmittel, Textilien, Plastikverpackungen<br />

und vieles mehr.<br />

Die Frage, die sich viele Forscher:innen<br />

und Produktentwickler:innen stellen<br />

ist, welche dieser Produkte durch Produkte<br />

aus nachwachsenden Rohstoffen<br />

ersetzt werden könnten. Holz spielt bei<br />

diesen Diskussionen eine große Rolle.<br />

Doch können holzbasierte Produkte<br />

von den Eigenschaften her mit jenen<br />

aus anderen Materialien mithalten?<br />

Das kann anhand der nächsten Experimente<br />

herausgefunden werden.<br />

Augmented<br />

Reality<br />

SCAN ME!<br />

Starte dein Handy oder Tablet und tauche über die AREEKA-App und Augmented Reality kostenlos<br />

in die vielseitigen Einsatzgebiete von Holz ein. Nähere Infos zur App findest du auf Seite 72.<br />

44


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Verschiedene Fasern im Test<br />

Eine Mikroplastik-Quelle, die von jedem von uns beeinflusst werden kann, ist<br />

unsere Kleidung. Synthetische Fasern liegen im Trend – Werbebotschaften wie Atmungsaktivität,<br />

Langlebigkeit und hoher Tragekomfort werden damit verbunden.<br />

Dass der Rohstoff für diese Materialien oft Kohle, Erdgas oder Erdöl ist, wird dabei<br />

verschwiegen. Ebenso, dass beim Waschen dieser Kleidungsstücke Unmengen an<br />

Mikroplastik freigesetzt werden und über das Abwasser in die Umwelt gelangen.<br />

Stoffe, die aus Holz (also Zellulosefasern – siehe<br />

<strong>Holzforscherheft</strong> 1.0) hergestellt werden,<br />

bezeichnet man als „Viskose“. Lange war Viskose<br />

aufgrund der aufwändigen und chemisch<br />

intensiven Herstellung in Verruf. Moderne<br />

Stoffe aus holzbasierten Spezialfasern wie den<br />

Lyocell- und Modalfasern der Marke TENCEL<br />

oder den Viscosefasern der Marke LENZING<br />

ECOVERO werden jedoch lokal in Österreich<br />

in geschlossenen Kreisläufen mit sehr hohen<br />

Rückgewinnungsraten hergestellt. In den Bioraffinerien<br />

der Lenzing AG werden aus dem<br />

verwendeten Holz, das aus nachhaltiger Forstwirtschaft<br />

kommt, nicht nur Fasern, sondern<br />

auch biobasierte Materialien und Bioenergie<br />

gewonnen. Somit werden 100 % der wertvollen<br />

Ressource verwendet. Nebenprodukte<br />

der Stofferzeugung finden sich in zahlreichen<br />

Produkten wieder (z.B. Kaugummi, Tierfutter,<br />

Vanilleeis, Nagellack, Lippenstift, Waschmittel<br />

etc.). (Quelle: Lenzing AG)<br />

Nebenprodukte der Faser-Erzeugung (hier Viskose) werden<br />

zum Beispiel bei der Herstellung von Vanillin eingesetzt.<br />

Was passiert mit Kleidungsstücken aus Viskose<br />

wenn sie am Körper getragen oder gewaschen werden?<br />

Wir vergleichen im nächsten Experiment verschiedene<br />

Fasern, die in unserem Alltag zum<br />

Einsatz kommen und nachhaltig in Österreich<br />

hergestellt werden (aus diesem Grund wurde<br />

keine Baumwolle berücksichtigt).<br />

45


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

» vier Reagenzgläser;<br />

1 Reagenzglas-Ständer<br />

» mehrere Pipetten (3 ml)<br />

» Reine Schafwolle (Woll-Knäuel)<br />

» Polyamid (Woll-Knäuel)<br />

» 100%ige Viskose (z.B. Lenzing<br />

Viscose nonwoven spunacle wipe)<br />

» Papier (80 g/m²)<br />

» Teelicht<br />

» Pinzette<br />

» Essigessenz (25 % Essigsäure)<br />

» 10 % Kaliumhydroxid-Lösung<br />

» Wasser<br />

Achtung: Versuch auf einem brandbeständigen<br />

Untergrund durchführen; alle mit<br />

offenem Feuer verbundenen Vorsichtsmaßnahmen<br />

einhalten (z.B. Haare zusammenbinden).<br />

Um die Abbaubarkeit zu simulieren, wird zuerst<br />

eine Brennprobe durchgeführt. Zur Simulation<br />

der „Tragbarkeit“ der Stoffe werden die<br />

Fasern in 25%ige Essigsäure (Essigessenz) gegeben,<br />

da der menschliche Schweiß einen PH-<br />

Wert von 4-7 hat (sauer) und Essigsäure enthält.<br />

Zur Simulation der Waschbarkeit werden<br />

die Materialien in 10 % KOH (Kaliumhydroxidlösung),<br />

eine Lauge mit einem PH-Wert von ca.<br />

12 (basisch), gelegt.<br />

Hinweis: Wenn möglich sollen die untersuchten<br />

Materialien (Schafwolle, Polyamid, Viskose,<br />

Papier) unterschiedliche Farben haben, um die<br />

Proben leichter unterscheiden zu können.<br />

In einem ersten Schritt werden Brennproben<br />

von den Materialien erstellt. Dafür wird von<br />

allen Fasern ein ca. 1,5 cm langes Stück abgeschnitten<br />

und mit einer Pinzette über die Flamme<br />

des Teelichts gehalten. Beobachtet werden<br />

das Verhalten der Stoffe in der Flamme und der<br />

Geruch.<br />

Brennprobe Papier<br />

Brennprobe Polyamid<br />

Brennprobe Schafwolle<br />

Brennprobe Viskose<br />

46


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

BEISPIEL-ERGEBNISSE AUS DEM<br />

ABBRANDVERSUCH<br />

(z.T. subjektives Empfinden des<br />

Entwickler:innen-Teams)<br />

100 % Schafwolle (rot): schmilzt,<br />

riecht nach verbrannten Haaren<br />

100 % Polyamid (blau): glüht, schmilzt,<br />

riecht nach verschmortem Kunststoff<br />

100 % Viskosestoff (gelb): verbrennt<br />

nahezu rückstandslos,<br />

riecht nach verbranntem Papier<br />

80 g/m² Papier (weiß): verbrennt nahezu<br />

rückstandslos, kaum Geruchsentwicklung<br />

In einem nächsten Schritt werden die vier Reagenzgläser mit kleinen<br />

Material-Stücken (ca. 1,5 cm lang) befüllt (je Reagenzglas ein<br />

Material – Schafwolle, Polyamid, Viskose, Papier).<br />

NUN WERDEN FOLGENDE DREI<br />

VERSUCHS-DURCHGÄNGE UMGESETZT<br />

1. Durchgang:<br />

Zu den Materialproben werden<br />

mit der Pipette je 2 ml Essigsäure<br />

dazugegeben<br />

2. Durchgang:<br />

Zugabe von je 2 ml KOH-Lauge<br />

3. Durchgang:<br />

Zugabe von je 2 ml Wasser („0-Probe“)<br />

Nach jedem Durchgang müssen die Ergebnisse dokumentiert<br />

(z.B. per Handy-Foto) und anschließend die Reagenzgläser gut<br />

gereinigt werden. Vor jedem Durchgang kommen neue Materialproben<br />

in die Gläser. Wenn möglich, können alle drei Durchgänge<br />

gleichzeitig (in 12 Reagenzgläsern) umgesetzt werden.<br />

Bei der Zugabe der verschiedenen Flüssigkeiten soll genau beobachtet<br />

werden, was direkt bei der Zugabe, nach fünf Minuten und<br />

nach ca. 30 Minuten passiert.<br />

47


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

ERGEBNIS:<br />

ESSIGSÄURE<br />

(v.l.: Schafwolle, Polyamid,<br />

Viskose, Papier)<br />

nach 30 min<br />

KALIUMHYDROXID<br />

(v.l.: Schafwolle, Polyamid,<br />

Viskose, Papier)<br />

nach 30 min<br />

WASSER<br />

(v.l.: Schafwolle, Polyamid,<br />

Viskose, Papier)<br />

nach 30 min<br />

Die mit Säure und Lauge<br />

bearbeiteten Fasern können<br />

zusätzlich unter dem Mikroskop<br />

analysiert werden.<br />

48


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Wie erwartet passiert bei der Zugabe<br />

von Wasser kaum etwas, außer dass<br />

die Fasern und das Papier nass werden.<br />

Bereits bei der Zugabe von Essigsäure<br />

„zischt“ das Papier – es scheint<br />

deutlich zu reagieren. Die anderen<br />

Fasern reagieren kaum. Wird jedoch<br />

KOH-Lauge zugegeben, beginnt die<br />

Schafwolle sich sofort zu verfärben.<br />

Nach 30 Minuten in der Lauge hat sich<br />

ein Teil der Schafwoll-Fasern aufgelöst,<br />

der Rest ist „zusammengeschmort“ (ist<br />

unter dem Mikroskop deutlich erkennbar).<br />

Das Papier bekommt in der Lauge<br />

eine gelblich-grünliche Farbe.<br />

ESSIGSÄURE<br />

KALIUM-<br />

HYDROXID<br />

WASSER<br />

SCHURWOLLE (reine Schafwolle) ist ein Eiweißfaserstoff und besteht hauptsächlich aus Proteinen.<br />

Sie setzt sich aus ca. 50 % Kohlenstoff, 25 % Sauerstoff, 15 % Stickstoff, Wasser und Schwefel<br />

zusammen. Daher kommt auch der Geruch nach verkohlten Haaren bei der Brennprobe. Außerdem<br />

reagieren die Proteine stark mit der Lauge und denaturieren.<br />

Deshalb Vorsicht beim Waschen von Kleidungsstücken aus Schafwolle: Nachdem<br />

die mechanische Belastung in der Waschmaschine zusammen mit der Waschlauge<br />

die Fasern extrem belastet, ist Handwäsche angesagt.<br />

POLYAMIDE sind Kunststoffe<br />

und werden u.a. aus<br />

Erdöl hergestellt. Daher<br />

kommen der Plastik-Geruch<br />

und das Schmoren<br />

beim Verbrennen. Sie sind<br />

jedoch äußerst widerstandsfähig<br />

gegen Laugen<br />

und Säuren. Problematisch<br />

ist allerdings der Abrieb<br />

bei der Wäsche in der<br />

Waschmaschine – dadurch<br />

entsteht Mikroplastik.<br />

VISKOSE reagiert<br />

ebenfalls nicht auf<br />

Wasser, Säuren oder<br />

Laugen. Somit ist sie<br />

pflegeleicht, angenehm<br />

zu tragen und noch<br />

dazu aus nachwachsenden<br />

Rohstoffen<br />

(Zellulose/Holz).<br />

PAPIER besteht neben Zellulose auch<br />

aus so genannten „mineralischen<br />

Füllstoffen“ (siehe Papierforscher-heft<br />

auf www.papiermachtschule.at).<br />

Diese mineralischen Bestandteile (z.B.<br />

Calciumcarbonat) reagieren mit Säure<br />

zu Kaliumcarbonat und Kohlensäure.<br />

Diese zerfällt sofort zu Kohlenstoffdioxid<br />

und Wasser. Daher kommt das<br />

Zischen. Calciumcarbonat (Kreidegestein)<br />

reagiert mit Kaliumhydroxid<br />

zu Kaliumcarbonat und Calciumhydroxid<br />

(Portlandit), welches die grünlich-hellgelbe<br />

Verfärbung des Papiers<br />

bewirkt.<br />

49


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Die wunderbare Schlange<br />

aus Zellophan<br />

Zellophan ist bereits seit vielen Jahrzehnten im Einsatz (zum Beispiel zum<br />

Abdichten von Marmeladegläsern mit selbstgemachter Marmelade).<br />

Es basiert auf Zellulosefasern (aus Holz), ist durchsichtig und kann<br />

Verpackungen aus Plastik ersetzen.<br />

Echtes Zellulosehydrat ist optisch kaum von<br />

Plastikfolien zu unterscheiden, ist aber vollständig<br />

biologisch abbaubar. Es ist wasserdampfaber<br />

nicht flüssigkeitsdurchlässig. Somit bildet<br />

sich in Zellophan-Verpackungen auch bei<br />

warmem Inhalt kein Kondenswasser. Darum<br />

der Einsatz bei der Marmeladen-Herstellung:<br />

Das Zellophan dehnt sich bei der hohen Luftfeuchtigkeit<br />

über der heißen Marmelade aus.<br />

Kühlt die Marmelade aus, schrumpft die Folie<br />

und schließt das Glas luftdicht ab. Weiters wird<br />

echtes Zellophan zum Beispiel in der Medizin<br />

verwendet (u.a. als Membranwerkstoff für Dialysatoren<br />

=> Blutreinigungsgeräte).<br />

Durchsichtige Verpackungen aus Kunststoff werden fälschlicherweise im Handel<br />

auch als „Zellophan“ oder „Zellglas“ bezeichnet. Diese haben mit dem eigentlichen<br />

„Zellophan“ aus Holz aber nichts zu tun! Meist bestehen diese Folien z.B. aus<br />

Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polysterol (PS) oder verschiedenen Polyestern.<br />

Darum besondere Vorsicht beim Kauf von durchsichtigen Folien!<br />

Echtes Zellophan reagiert auf Feuchtigkeit.<br />

Verpackungen aus Kunststoff werden oft<br />

fälschlicher Weise als Zellophan bezeichnet.<br />

50


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

Mit folgendem Versuch erforschen wir<br />

die speziellen Eigenschaften von echtem Zellophan:<br />

» echtes Zellophan/Zellglas/<br />

Einmach-Folie (Achtung –<br />

keine Plastikfolie!)<br />

» Schere<br />

» dicker Karton (ähnlich Bierdeckel)<br />

oder Schwammtuch<br />

» Wasser<br />

Aus dem Zellophan wird eine kleine Schlange<br />

ausgeschnitten und in einem ersten Schritt für<br />

mindestens eine halbe Minute auf die Handfläche<br />

gelegt. Anschließend wird der Karton<br />

bzw. das Schwammtuch mit ganz wenig Wasser<br />

besprüht. Nun wird die Schlange vorsichtig<br />

auf dem leicht feuchten Karton platziert. Wenn<br />

sich die Schlange nicht mehr verändert, wird<br />

sie umgedreht und die Rückseite analysiert.<br />

Ein Basteltipp für jüngere Schüler:innen<br />

(Volksschule): Die Zellophan-Folien<br />

(Einmach-Folien) haben normalerweise<br />

eine ungefähre Größe von<br />

16,5 x 16,5 cm. Aus Holzstäbchen (z.B.<br />

Eis-Stäbchen) wird ein Rahmen gebastelt<br />

– das Zellophan wird als „Fenster“<br />

in den Rahmen geklebt. Jetzt wird die<br />

Form eines Nadelbaums und eines<br />

Laubbaums auf das Zellophan gezeichnet.<br />

Anhand der Schablone kann<br />

herausgefunden werden, welche Bäume<br />

z.B. rund um die Schule wachsen.<br />

In der Hand windet sich die Zellophan-Schlange,<br />

weil sie Wasser anziehend (hygroskopisch)<br />

ist und daher die Feuchtigkeit der Haut „verschluckt“<br />

(aufnimmt/absorbiert). Sie dehnt sich<br />

dabei aus, lässt Wassermoleküle durchdringen<br />

und verliert sie anschließend durch Verdunsten<br />

wieder. Dieses Ausdehnen der Folie kann<br />

im Teilchenmodell erklärt werden: Wenn sich<br />

die Wassermoleküle an einer Seite der Folie<br />

zwischen die langen und vielschichtigen Zellophan-Ketten<br />

drängen, schieben sie die Ketten<br />

auseinander, die Folie wölbt sich. Beim weiteren<br />

Eindringen der Wasserteilchen durch die<br />

gesamte Zellophan-Folie erfahren alle Zellophan-Ketten<br />

eine Ausdehnung und die Folie<br />

wird wieder glatt.<br />

Die Abbildung zeigt wie sich die Wassermoleküle aus der feuchten<br />

Unterlage zwischen die Fasern drängen und sich die Folie auf der<br />

Unterseite dadurch ausdehnt. Die Folienschlange „bewegt“ sich.<br />

51


1 _ Wald, holz und Klimaschutz<br />

Spielzeug aus Holz selbst bauen<br />

Nicht nur bei Verpackungsmaterialien oder bei Textilien liegen holzbasierte Produkte<br />

im Trend, auch bei Spielzeugen wird verstärkt auf den nachwachsenden<br />

Rohstoff Holz gesetzt. Hier eine Idee, wie ein „Zauberwürfel“<br />

aus Holz ganz einfach selbst hergestellt werden kann:<br />

» 8 quadratische Holzwürfel<br />

» 12 ausgedruckte quadratische<br />

Fotos (Gesamtmaß richtet sich<br />

nach der Größe der Holzwürfel)<br />

» Schere<br />

» Klebestreifen/Klebeband<br />

» Klebestift/Klebe-Stick<br />

01_1<br />

Download Fotos für den<br />

Würfel und Videoanleitung<br />

www.holzmachtschule.at/<br />

holzforscherheft2<br />

01_2<br />

Hier ist der Gegen-<br />

Klebestreifen zu sehen.<br />

01_1 Lege in einem ersten Schritt immer<br />

zwei Würfel nebeneinander auf und<br />

klebe sie mit Klebestreifen zusammen.<br />

01_2 Klappe die Würfel nach oben und<br />

klebe von der Gegenseite ebenfalls<br />

einen Klebestreifen auf.<br />

02_1<br />

2_1 & 02_2 Lege nun die acht Würfel<br />

wie auf der Abbildung ersichtlich<br />

nebeneinander.<br />

Hier ist ein weiterer nicht<br />

sichtbarer Klebestreifen<br />

02_2<br />

52


Wald, holz und Klimaschutz _ 1<br />

03_ Hebe nun alle acht<br />

Würfel gemeinsam auf<br />

und drehe sie um.<br />

04_ Klebe nun die Würfel an<br />

der Rückseite wie folgt<br />

zusammen<br />

03<br />

05_ Klappe nun die äußeren<br />

Würfel nach oben (bzw. nach<br />

innen)<br />

06_ Fixiere rechts und links die<br />

neuen Außenseiten vertikal<br />

miteinander<br />

07_ Jetzt können die Würfel<br />

mit interessanten Wald und<br />

Holzbildern beklebt werden.<br />

04<br />

05<br />

06<br />

07<br />

53


Zeichne auf der Rückseite der Bilder einen Raster ein, der dem Format der einzelnen kleinen<br />

Holzwürfel entspricht (Vorlage auf www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2). Schneide die Bilder<br />

aus und klebe sie mit dem Klebestift auf alle Seiten des Würfels. Fertig ist der Zauberwürfel!<br />

Die Fotos können auch auf Etikettenpapier<br />

ausgedruckt werden.<br />

Das Ablösen der Bild-Teile<br />

erfordert zwar etwas Geduld<br />

(und Geschick), aber die Trockenzeit<br />

des Klebers entfällt.<br />

Herzlichen Dank an die Ideengeber:innen:<br />

Cornelia Rieder-Gradinger und Christina Adorjan<br />

von „Kompetenzzentrum Holz GmbH -<br />

Wood K plus“ und „TechnologyKids“<br />

(Video: „https://www.youtube.com/channel/<br />

UCh5aZCW5Hzcex5dPhXYixdw“)<br />

Cornelia Rieder-Gradinger, Christina Adorjan<br />

https://www.wood-kplus.at/de/partner/<br />

foerderprojekte/wood-be-better<br />

https://www.technologykids.at/wood-be-better<br />

54


KapiteL 2<br />

Weißt du,<br />

… was Chlorophyll mit<br />

Sonnenlicht zu tun hat?<br />

… warum Blätter<br />

ausgerechnet grün sind?<br />

… ob Bäume auch in<br />

der Nacht wachsen?<br />

... wie die Fotosyntheseleistung<br />

eines Baumes gemessen<br />

werden kann?<br />

… warum sich Blätter im Herbst<br />

bunt verfärben?<br />

… wie du mit Augmented Reality einen<br />

Baum zum Leben erweckst?<br />

… was der Unterschied<br />

zwischen Nadel- und Laubholz ist?<br />

55


2 _ die welt der bäume<br />

2. Bäume grüne Wunder oder<br />

einfach perfekte Systeme?<br />

Auch wenn es am ersten Blick vielleicht nicht sofort ersichtlich ist, aber Bäume<br />

ticken eigentlich gar nicht so anders als wir Menschen: Sie wachsen, essen, trinken,<br />

atmen, ruhen und suchen sich Verbündete, wenn es darum geht, Schwächen<br />

auszumerzen oder Probleme zu lösen. Dieses Kapitel gibt einen kleinen Einblick in<br />

die Welt der Bäume und zeigt auf, wie sie sich auf uns Menschen auswirken.<br />

Wie viele verschiedene Baumarten gibt es?<br />

In Österreichs Wäldern wachsen rund 65 verschiedene<br />

Baumarten. Wie viele Baumarten<br />

es weltweit gibt, ist noch immer ungelöst. Forschende<br />

gehen aufgrund von Erfahrungswerten<br />

von rund 73.300 Baumarten aus – davon<br />

müssen rund 9.000 aber erst entdeckt werden<br />

(z.B. in bislang unerforschten südamerikanischen<br />

Regenwäldern). Knapp die Hälfte der<br />

Baumarten kommt in Südamerika vor (ca. 43<br />

%), in Eurasien sind es 22 %. Die weltweiten<br />

Forschungsaktivitäten in den Wäldern sind notwendig,<br />

weil dadurch zum Beispiel Wald-Systeme<br />

identifiziert werden können, die besonders<br />

widerstandsfähig gegenüber den globalen Veränderungen<br />

sind. Diese Systeme könnten vielleicht<br />

in etwas abgewandelter Form auf andere<br />

Regionen der Erde übertragen werden.<br />

In steirischen Wäldern wachsen<br />

auf rund 1 Million Hektar<br />

zirka 850 Millionen Bäume.<br />

Auf jede:n Steirer:in entfallen<br />

demnach statistisch durchschnittlich<br />

700 Bäume.<br />

Der älteste Baum Österreichs:<br />

die über 1.000-jährige Eiche<br />

in Bad Blumau in der Steiermark<br />

56


die welt der Bäume _ 2<br />

REKORDE UND FAKTEN<br />

RUND UM WÄLDER & BÄUME<br />

Abbildungsquelle für den Wald in der Weltkarte: © Wirestock - Freepik.com<br />

Was ist ein Z-Baum?<br />

Das Z im Z-Baum steht für Zukunft. Somit ist<br />

ein Zukunftsbaum ein Baum, der besonders<br />

schön, groß, gesund und gerade wächst und<br />

ein ausgezeichnetes Saatgut für die zukünftigen<br />

Generationen abgeben kann.<br />

Ein Baum mit Postanschrift<br />

Die Bräutigamseiche im Dodauer Forst in<br />

Deutschland hat seit 1927 eine eigene Postanschrift:<br />

Bräutigamseiche, Dodauer Forst,<br />

D-23701 Eutin. In einem Astloch landen Briefe<br />

aus aller Welt, die der Partnersuche dienen.<br />

Dank dieser Eiche sind angeblich schon über<br />

100 Ehen geschlossen worden.<br />

1,5 Mio. Bäume dank Instagram<br />

Eine nachhaltige Bekleidungsmarke hat im Jahr<br />

2019 auf Instagram versprochen, pro zehn<br />

Likes einen Baum zu setzen. Der Beitrag ging<br />

viral und bekam innerhalb von 24 Stunden fünf<br />

Millionen Likes und hat (mit Stand 2022) das<br />

Pflanzen von 1,5 Millionen Bäumen ermöglicht.<br />

1 Baum – 40 Früchte<br />

Ein Künster aus New York hat durch das Veredeln<br />

vieler Äste einen Baum kreiert, der vierzig<br />

verschiedene Früchte, darunter Pfirsiche, Marillen,<br />

Pflaumen, Kirschen und Nektarinen, trägt.<br />

Diese Bäume blühen in verschiedensten Farben<br />

und werden inzwischen in Museen ausgestellt.<br />

57


2 _ die welt der bäume<br />

2.1 Chlorophyll - der grüne Wunderstoff im Baum?<br />

Wie im Kapitel „Wald & Klima“ mehrmals erwähnt, können Bäume das Treibhausgas<br />

CO 2<br />

für lange Zeit im Holz binden. Wird das Holz genutzt (z.B. als Möbelstück<br />

oder als Haus), verlängert sich diese „Speicherleistung“, bis das Holz verbrennt<br />

oder verrottet. Verantwortlich für diesen Vorgang ist die Fotosynthese.<br />

Sie ist die Grundlage für das Leben auf der Erde.<br />

Die Fotosynthese findet in den pflanzlichen Zellen<br />

in den Chloroplasten statt (chloro = altgriechisch<br />

für grün) – also in den Nadeln und Blättern<br />

der Bäume. Chloroplasten enthalten, wie<br />

der Name schon sagt, den grünen Blattfarbstoff<br />

Chlorophyll. In den nächsten Versuchen werden<br />

der Aufbau eines Blattes und das damit verbundene<br />

Chlorophyll mit einfachen Methoden erforscht.<br />

Chlorophyll – echt der Hammer<br />

» 1 Hammer<br />

» 1 stabile, glatte Unterlage<br />

(z.B. ein Schneidbrett)<br />

» 1 weißes Baumwolltuch<br />

(ca. 20 x 20 cm)<br />

» frisch gepflückte Blätter<br />

oder Äste mit Nadeln<br />

Die Blätter oder Nadeln werden auf der Unterlage platziert<br />

(sie können dabei auch in Form eines Musters angeordnet<br />

werden). Darüber wird das Baumwolltuch gelegt.<br />

Anschließend wird mit dem Hammer gefühlvoll auf<br />

die Stellen geklopft, wo die Blätter und Nadeln liegen.<br />

Bald zeichnen sich die einzelnen Blätter und Nadeln als<br />

grünes Farbschema auf dem Tuch ab. Wenn das Blatt<br />

fertig „geklopft“ ist, bleibt unter dem Tuch nur mehr das<br />

Blattskelett übrig.<br />

58


die welt der Bäume _ 2<br />

Um den Lärm, der durch<br />

das Klopfen entsteht,<br />

zu mindern, einfach ein<br />

Schwammtuch unter die<br />

Unterlage legen. Bei Bedarf<br />

mit den Schüler:innen den<br />

Umgang mit dem Hammer<br />

durchbesprechen (ein<br />

Hammer ist ein Werkzeug<br />

und keine Waffe; Verletzungsgefahr<br />

bei nicht sachgemäßer<br />

Handhabung).<br />

Besonders gut gelingt der<br />

Versuch im Frühjahr und<br />

im Sommer (im Herbst und<br />

Winter fehlt den Blättern<br />

und Nadeln der „Saft“).<br />

Durch das Hämmern platzen die Zellen im<br />

Blatt auf und die Inhaltsstoffe übertragen<br />

sich auf das Tuch. Der grüne Blattfarbstoff<br />

Chlorophyll ist dabei vorherrschend – deshalb<br />

sind die Abdrücke grün. Übrig bleibt das<br />

so genannte Blattskelett mit den gut sichtbaren<br />

Blattadern. Über diese Adern wurden<br />

die Blätter mit Wasser versorgt. Im Gegenzug<br />

versorgen sie den Baum mit Assimilaten, also<br />

den Nährstoffen, die bei der Fotosynthese<br />

entstehen. Die Abdrücke der Blätter können<br />

in einem nächsten Experiment unter UV-Licht<br />

untersucht werden (siehe S. 62).<br />

Chlorophylle sind natürliche Farbstoffe, die von fotosynthetisch aktiven Pflanzen<br />

gebildet werden. Sie erfüllen wichtige Funktionen bei der Fotosynthese, darunter<br />

die Absorption des Lichts, den Energie- und den Elektronentransfer. Chlorophyll-<br />

Moleküle sind für die grüne Farbe von Pflanzen verantwortlich.<br />

Daher werden sie auch „Blattgrün“ genannt.<br />

59


2 _ die welt der bäume<br />

Was hat Chlorophyll mit Sonnenlicht zu tun?<br />

Damit Bäume bei der Fotosynthese Zucker<br />

(Glukose) und Sauerstoff produzieren können,<br />

benötigen sie Energie in Form von<br />

Strahlung. Unter „Strahlung“ verstehen wir<br />

elektromagnetische Wellen unterschiedlicher<br />

Länge, die von der Sonne ausgehen.<br />

Licht ist der für uns sichtbare Teil dieser<br />

Wellen in einem Bereich von 380 nm – 750<br />

nm. Diese Wellen können wir auch mit bloßem<br />

Auge wahrnehmen.<br />

Die Bereiche, die für die Pflanzen ausschlaggebend sind, werden auch PAR (photosynthetic<br />

active radiation) genannt. Die wichtigsten Bereiche liegen hier bei 350 nm bis 500<br />

nm und 600 nm bis 700 nm.<br />

Das Licht, das wir als weißes, helles Licht wahrnehmen, besteht<br />

aus einer Mischung unterschiedlichster Wellenlängen.<br />

60


die welt der Bäume _ 2<br />

Das Chlorophyll, welches für die Absorption (Aufnahme) des Sonnenlichts verantwortlich ist, ist<br />

Teil des Lichtsammelkomplexes. Es wandelt Strahlung in Energie für die Fotosynthese um oder<br />

gibt sie in Form von Fluoreszenz oder Wärmestrahlung wieder ab.<br />

Streuung<br />

Strahlung, die gestreut, also in alle Richtungen zurückgeworfen, und die transmittiert, also durchgelassen<br />

wird, nimmt das menschliche Auge wahr. Strahlung, die absorbiert, also aufgenommen<br />

wird, dient der Energiegewinnung im Blatt. Diese Strahlung wird für das menschliche Auge „geschluckt“<br />

(siehe Experiment S. 63). In der Natur werden Blätter natürlich von allen Seiten angestrahlt,<br />

nicht nur von oben wie in der Grafik schematisch dargestellt. Der Strahlungsbereich<br />

zwischen 500 nm und 600 nm wird auch nach allen Seiten „gestreut“. Deshalb sehen Blätter auch<br />

oben wie unten grün aus.<br />

Je stärker ein Blatt fluoresziert, desto weniger Fotosynthese macht es. Das nutzt man<br />

bei der Messung mittels Fluoreszenzspektrometer aus, um Rückschlüsse auf die Fotosyntheseleistung<br />

eines Baumes ziehen zu können (Auswirkungen siehe S. 14 f). In<br />

Zukunft könnte damit der Gesundheitszustand eines Waldes einfach per Satellitenbild<br />

analysiert werden. Schon heute werden Drohnen zur Messung eingesetzt.<br />

61


2 _ die welt der bäume<br />

Warum sehen Blätter und Nadeln<br />

für uns Menschen grün aus?<br />

Bei diesem Experiment werden grüne Pflanzenteile mit verschiedenfärbigem<br />

Licht beschienen. Die Forscherfragen, die es zu beantworten gilt, lauten:<br />

Sind Blätter wirklich immer grün und warum sind sie ausgerechnet grün<br />

(und nicht z.B. blau oder rot)?<br />

» eine undurchsichtige Box mit<br />

„Gucklöchern“ zum<br />

Verschließen (z.B. aus Holz)<br />

» ein LED-Band mit<br />

unterschiedlichen Farben und<br />

einer Fernbedienung<br />

(mit Batterie oder Netzteil)<br />

» ein frisch gepflücktes Blatt,<br />

frische Nadeln von einem<br />

Baum oder eine kleine<br />

Pflanze im Topf<br />

Vorbereitung der Box<br />

Das LED-Band wird in die Box geklebt oder gelegt.<br />

Am besten so, dass es durch die Gucklöcher nicht<br />

direkt gesehen werden kann. Die Stromversorgung<br />

muss so nach außen gelegt werden, dass kein Licht<br />

von außen eindringen kann.<br />

Umsetzung<br />

Die grünen Pflanzen(teile) werden so in der Box<br />

platziert, dass sie von den Gucklöchern aus gesehen<br />

werden können. Der Deckel wird geschlossen,<br />

sodass kein weiteres Licht in die Box eindringen<br />

kann. Dann wird das LED-Band eingeschaltet und<br />

die Pflanzen(teile) werden mit verschiedenen Farben<br />

bestrahlt. Optimal funktioniert der Versuch in einem<br />

abgedunkelten Raum bzw. könnte ein dunkles Tuch<br />

bzw. eine größere Decke über die Box und den/die<br />

Betrachter:in gelegt werden.<br />

Einblick in die Versuchsbox: eine undurchsichtige Kiste mit zwei kleinen „Gucklöchern“,<br />

einem bunten LED-Band und einer Pflanze (bzw. Blättern/Nadeln).<br />

62


die welt der Bäume _ 2<br />

Werden die Pflanzenteile mit weißem Licht beschienen,<br />

erscheinen sie intensiv grün. Wird<br />

die Lichtfarbe auf Rot oder Blau umgeschaltet,<br />

erscheinen die Blätter und Nadeln viel dunkler<br />

(eher graubraun). Bei einer gesunden, gut<br />

mit Wasser und Nährstoffen versorgten Pflanze<br />

absorbiert das Chlorophyll vor allem im UV<br />

und blauen Bereich (350 nm – 500 nm) sowie<br />

im roten Bereich (600 nm – 780 nm).<br />

Je nach Farbe des Lichtes verändert sich für den/die Betrachter:in die Farbe der Blätter:<br />

Nur bei grünem bzw. weißem Licht erscheinen die Blätter wirklich grün. Das hängt mit der<br />

Licht-Reflexion der Oberfläche zusammen.<br />

Grünes Licht wird gestreut und transmittiert.<br />

Dadurch erscheinen den Betrachter:innen die<br />

Blätter grün. Abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit<br />

und dem Aufbau der Blätter<br />

variiert die Grünfärbung stark.<br />

EINFACH ERKLÄRT HEISST DAS:<br />

Das grüne Chlorophyll im Blatt nimmt die roten,<br />

violetten, blauen und gelben Farbanteile<br />

des Sonnenlichts auf und betreibt mit der<br />

Energie Fotosynthese. Die grünen Farbanteile<br />

braucht das Blatt nicht – sie werden vom Blatt<br />

in alle Richtungen gestreut und gelangen als<br />

einzige Farbe zu unserem menschlichen Auge.<br />

Deshalb sehen Blätter für uns grün aus.<br />

Dieser Versuch erfordert etwas<br />

Training. Der Mensch ist darin<br />

geübt, gesehene Dinge sofort<br />

und unbewusst zu interpretieren:<br />

In der Box ist rotes Licht – klar,<br />

dass das Blatt rötlich aussieht. Bei<br />

diesem Experiment geht es aber<br />

darum, genauer hinzusehen: Ist<br />

das Blatt wirklich rot, oder dunkelbraun/graubraun?<br />

Und viel wichtiger:<br />

Wenn das Blatt mit weißem<br />

Licht beschienen wird, ist es dann<br />

weiß?<br />

63


2 _ die welt der bäume<br />

2.2 Warum werden die Blätter im Herbst bunt?<br />

In den Experimenten der vorhergehenden Seiten haben wir uns ausführlich dem<br />

Thema „Chlorphyll“ gewidmet. Doch ein Blatt besteht aus viel mehr Inhaltsstoffen.<br />

Mit dem nächsten Versuch kann eindeutig nachgewiesen werden, dass in<br />

grünen Blättern nicht nur grüne, sondern auch orange und gelbe Bestandteile<br />

enthalten sind. Damit verbunden ist die Verfärbung der Blätter im Herbst.<br />

Extraktion von Chlorophyll<br />

» ein kleiner Mörser mit Pistill<br />

» ein kleines Glas (Reagenzglas oder<br />

Schnapsglas)<br />

» frisch gepflückte Blätter oder Nadeln<br />

» Oberflächendesinfektionsmittel (40 %<br />

Ethanol, 19 % Isopropanol)<br />

» Pipette<br />

» Filterpapier (ca. 15 cm x 1,5 cm –<br />

abhängig von der Größe des Glases) mit<br />

einem Loch am oberen Rand<br />

» Glasbehälter (z.B. Wasserglas,<br />

Marmeladenglas…)<br />

» Zahnstocher oder Schaschlikspieß<br />

» UV-Licht-Lampe<br />

Die Blätter oder Nadeln in möglichst kleine<br />

Stücke schneiden und in den Mörser<br />

geben. Mit einer Pipette ca. 6 ml Desinfektionsmittel<br />

dazugeben und das Pflanzenmaterial<br />

möglichst vollständig zerreiben.<br />

Mit der Pipette wird vorsichtig<br />

die dabei entstandene grüne Flüssigkeit<br />

in das Gläschen transferiert (möglichst<br />

ohne Feststoffe). Anschließend wird mit<br />

der Pipette am unteren Ende des Filterpapiers<br />

(ca. 1,5 cm über dem unteren<br />

Rand) ein grüner Streifen aufgetragen.<br />

Das beste Ergebnis wird erzielt, wenn<br />

der Streifen kurz getrocknet wird und der<br />

Auftrag wiederholt wird.<br />

Mit einem Mörser werden die Nadeln und/oder Blätter zerkleinert.<br />

64


die welt der Bäume _ 2<br />

Mit einer Pipette wird das extrahierte<br />

Chlorophyll auf das Filterpapier<br />

aufgetragen.<br />

Sollten jüngere Forscher:innen<br />

Probleme<br />

beim sauberen Auftragen<br />

der Chlorophylllösung<br />

haben, kann der untere<br />

Rand des Filterpapiers<br />

auch ca. 2 cm nach oben<br />

gefaltet werden. Die<br />

Knickstelle wird vorsichtig<br />

in die grüne Lösung getaucht.<br />

So entsteht eine<br />

gerade Linie mit Chlorophylllösung.<br />

Anschließend wird das Filterpapier mit Hilfe des Zahnstochers<br />

bzw. des Schaschlikspießes in den Glasbehälter gehängt.<br />

Nun so viel Desinfektionsmittel in das Glas geben,<br />

dass der Streifen ca. 0,5 cm in die Flüssigkeit eintaucht.<br />

ACHTUNG: Der grüne Auftrag darf das Fließmittel (Desinfektionsmittel)<br />

nicht berühren! Nach zirka einer Stunde wird<br />

das Ergebnis betrachtet.<br />

Auf dem Filterpapier haben sich mehrere gelbe,<br />

orange, grüne und braune Streifen gebildet.<br />

Denn durch das Mörsern wurden die Zellen in<br />

den Blättern und Nadeln vollständig zerstört<br />

und dabei die Zellbestandteile freigesetzt. Dazu<br />

gehören die grünen Moleküle, das Chlorophyll<br />

a und b und die orange-roten Carotine der<br />

Lichtsammelkomplexe I und II aus den Chloroplasten.<br />

Auch die farbigen Bestandteile der<br />

Chromoplasten und der Vakuole, die orangeroten<br />

Carotine (α-, β-, γ-, δ-, Lycopin), sowie weitere<br />

Carotinoide, die gelb-orangen Xantophylle<br />

(Lutein und Zeaxanthin) und die rot-violetten<br />

Anthocyane trennen sich auf. Diese Farbstoffe<br />

der Zelle lösen sich aufgrund ihres Aufbaus und<br />

ihrer Polarität unterschiedlich gut in Ethanol<br />

(polar) und Isopropanol (unpolar).<br />

65


2 _ die welt der bäume<br />

Wird das Filterpapier in die mobile Phase (also<br />

das Lösungsmittel) getaucht, steigt die Flüssigkeit<br />

durch die Kapillarität im Papier auf (siehe<br />

Papierforscherheft unter www.papiermachtschule.at).<br />

Die aufgetragenen Moleküle lösen<br />

sich im aufsteigenden Desinfektionsmittel<br />

unterschiedlich gut und steigen deshalb unterschiedlich<br />

hoch auf. So entstehen die verschiedenfarbigen<br />

Streifen. Oberhalb der zwei grünen<br />

Streifen aus Chlorphyll a und b befindet<br />

sich meist noch ein brauner Streifen aus oxidierten,<br />

„kaputt“ gegangenen Molekülen.<br />

Lauffront:<br />

Oxidationsprodukte<br />

Carotine<br />

Oxidierte Chlorophylle<br />

Aufgestiegene<br />

mobile Phase<br />

Chlorophyll a<br />

Chlorophyll b<br />

Xanthophylle (Lutein<br />

und Zeaxanthin)<br />

Auftrag: Weitere<br />

unlösliche und ungelöste<br />

Zellbestandteile<br />

Varianten<br />

VARIANTE 1 » DIREKT IN DEN PFLANZENSAFT HÄNGEN<br />

Wird das Filterpapier direkt in das Zellextrakt gehängt, so steigen auch hier die<br />

gelösten Moleküle unterschiedlich stark auf. Durch die Menge an Inhaltsstoffen<br />

sind allerdings keine klar abgegrenzten Linien erkennbar. Trotzdem sind auch<br />

hier deutlich die unterschiedlichen Farbtöne sichtbar.<br />

AUF TASCHENTUCH<br />

AUF KÜCHENROLLE<br />

Fichte Efeu Efeu Fichte Efeu Fichte<br />

66


die welt der Bäume _ 2<br />

VARIANTE 2 » ANDERE FLIESSMITTEL VERWENDEN UND VERGLEICHEN<br />

Wird eine andere mobile Phase benutzt (z.B. ein anderes Desinfektionsmittel<br />

aus 70 % EtOH (polar), lösen sich andere Bestandteile besonders gut und es<br />

entstehen andere Streifen. Daher ist unbedingt darauf zu achten, welches<br />

Lösungs- und Fließmittel eingesetzt wird.<br />

Lauffront:<br />

Oxidationsprodukte<br />

Chlorophyll a<br />

Carotine<br />

Chlorophyll b<br />

Anthocyane<br />

Xanthophylle (Lutein<br />

und Zeaxanthin)<br />

Auftrag: Weitere<br />

unlösliche und<br />

ungelöste<br />

Zellbestandteile<br />

Neben den grünen Chloroplasten enthalten Blattzellen auch bunte Chromoplasten.<br />

Sie sind unter anderem für die bunte Färbung von Blüten und Früchten<br />

verantwortlich. Im Herbst werden die Chloroplasten (mit dem grünen Chlorophyll)<br />

abgebaut oder zu Chromoplasten umgewandelt. Der grüne Farbstoff aus den<br />

Blättern verschwindet und die gelben, orangen und roten Farbstoffe werden nicht<br />

mehr überlagert. Die Blätter färben sich bunt!<br />

Der Aufbau der pflanzlichen Zelle kann in steirischen Schulen anhand der „genähten<br />

Pflanzenzelle“ genauer erforscht werden. Diese steht über proHolz Steiermark kostenlos<br />

zum Verleih zur Verfügung (siehe www.holzmachtschule.at/verleihmaterialien)<br />

67


2 _ die welt der bäume<br />

Chlorophyll unter<br />

ultraviolettem Licht<br />

Ergänzend zum vorherigen Experiment kann folgender Versuch durchgeführt werden:<br />

Während das Filterpapier im Fließmittel hängt,<br />

kann der restliche Pflanzensaft unter UV-Licht<br />

betrachtet werden (das eingesetzte ultraviolette<br />

Licht hat eine Wellenlänge von 395 nm). Der<br />

Raum sollte dazu möglichst gut abgedunkelt<br />

werden, damit der Effekt gut sichtbar ist (oder<br />

es wird unter großen dunklen Tüchern (Leintüchern)<br />

oder Decken gearbeitet). Der Pflanzensaft<br />

fluoresziert gelb/orange bis intensiv rot.<br />

ACHTUNG: Dieses UV-Licht ist für den Menschen<br />

ungefährlich, jedoch sollte nie direkt in<br />

die Lampe geschaut werden.<br />

Das UV-Licht trifft auf die Chlorophyllmoleküle<br />

und versetzt diese in einen energiereichen, angeregten<br />

Zustand. Da die Energie in der Chlorophyll-Lösung<br />

nicht für Fotosynthese genutzt<br />

werden kann, wird sie in Form von Fluoreszenz<br />

wieder abgegeben. Daher kommt das intensiv<br />

gelb-rote Leuchten. Im lebenden Baum würde<br />

diese Energie, die wir als leuchtendes Rot sehen,<br />

für die Fotosynthese, also die Umwandlung<br />

von CO 2<br />

und H 2<br />

O zu Zucker (Glukose) und<br />

O 2<br />

, aufgewandt werden.<br />

Wenn UV-Licht auf Chlorophyll trifft, fluoresziert es gelb/orange bis intensiv rot.<br />

68


die welt der Bäume _ 2<br />

2.3 Wie gelangt die bei der Fotosynthese<br />

erzeugte Glukose von den Blättern und Nadeln<br />

in die restlichen Teile des Baumes?<br />

Wichtige „Transportkanäle“ in Blättern sind die so genannten „Blattadern“. Sie<br />

durchlaufen die Blätter netzförmig (von der Mittelrippe ausgehend) und ermöglichen<br />

den Zustrom von Wasser und den Abtransport von Assimilaten (u.a. Glukose).<br />

Mit folgendem Versuch können die Blattadern sichtbar gemacht werden:<br />

Danke an den Ideengeber Hans Peter Killingseder<br />

bei der Fortbildung „Mathematik im Wald“<br />

Blätterskelett<br />

» frische Blätter von Bäumen<br />

» größeres Schraubglas mit weiter Öffnung<br />

» 10%ige Kaliumhydroxid-Lösung (KOH)<br />

Alternative: 7-10%ige Waschsoda-Lösung<br />

(Natrium Carbonat Na 2<br />

CO 3<br />

)<br />

» Topf (als Wasserbad für das Erwärmen<br />

der Lösung) & hitzebeständiges Gefäß<br />

(z.B. Metallschüssel)<br />

Je Schüler:in:<br />

» 1 Unterlage, mind. 1 Stk. Küchenrolle,<br />

1 weiche Zahnbürste<br />

Vorbereitung<br />

(kann auch zu Hause erfolgen):<br />

Zuerst werden die Blätter in heißer<br />

KOH-Lösung mazeriert (macerare<br />

= lat. „zermürben“ – in der Biologie<br />

versteht man darunter das Zerfallen<br />

von pflanzlichem Gewebe in seine<br />

Zellen). Dazu wird die KOH-Lösung<br />

in ein hitzebeständiges Gefäß (z.B.<br />

eine Metallschüssel) geleert. Wasser<br />

wird (z.B. in einem Topf) zum Sieden<br />

bzw. Kochen gebracht – das hitzebeständige<br />

Gefäß mit der Lösung<br />

wird in das heiße Wasserbad gestellt.<br />

Die Blätter werden darin ca. 20 – 40<br />

Minuten lang eingeweicht (bei der<br />

Waschsoda-Lösung kann es mehrere<br />

Stunden dauern bzw. funktioniert<br />

das Experiment nur mit sehr weichen<br />

Blättern). Anschließend werden die<br />

Blätter mehrfach mit Wasser abgespült<br />

und in das mit reinem Wasser<br />

gefüllte Schraubglas gegeben.<br />

Mazerierte Blätter im Wasserbad<br />

69


2 _ die welt der bäume<br />

In der Schule<br />

Jede:r Schüler:in bekommt eine Unterlage. Darauf werden das Stück Küchenrolle und das<br />

mazerierte Blatt gelegt. Mit der weichen Zahnbürste werden ganz vorsichtig die weichen<br />

Blatteile abgebürstet. Übrig bleiben die Blattadern in Form eines wunderschönen Blätterskeletts.<br />

Dieser Versuch eignet sich sehr gut, um eine aufgeregte Klasse zu beruhigen. Damit das<br />

Experiment funktioniert, sind seitens der Schüler:innen Sorgfalt und Konzentration gefragt.<br />

ACHTUNG:<br />

KOH ist eine starke Lauge – unbedingt Handschuhe und Schutzbrille tragen! Vorsicht,<br />

wenn die Blätter in die heiße Lösung gegeben werden – es kann zu einem Siedeverzug<br />

kommen. Am besten eine Zange benutzen, damit ein entsprechender Abstand zum Topf<br />

(Wasserbad) gehalten werden kann.<br />

Wer nicht mit Lauge arbeiten möchte, kann die Blätter einfach einige Wochen lang in<br />

ein dichtes, mit Wasser gefülltes Gefäß geben (z.B. in ein leeres großes Essiggurkenglas).<br />

Wie bereits erwähnt, ist ein Aufkochen mit Waschsoda möglich, um die Mazerierung<br />

umzusetzen (70 – 100 g Waschsoda auf 1 l Wasser). Die Blätter müssen dabei<br />

aber viel länger gekocht werden, als in der KOH-Lauge (mind. 2 – 3 Stunden).<br />

70


die welt der Bäume _ 2<br />

Beim Erhitzen der KOH-Lösung wird die Zellstruktur<br />

der Blätter aufgelöst. Somit können<br />

alle Blattbestandteile bis auf die widerstandsfähigen<br />

Blattadern mit der Zahnbürste entfernt<br />

werden. Warum sind die Blattadern so<br />

widerstandsfähig? Ganz einfach: Ohne Blattadern<br />

keine Wasserversorgung – ohne Wasserversorgung<br />

keine Fotosynthese.<br />

Die Pflanze würde nicht mehr mit Nährstoffen<br />

versorgt werden und absterben. Deshalb sind<br />

die Blattadern oder „Leitbündel“ von einer besonderen<br />

Schutzhülle, den so genannten „Leitbündelscheidezellen“<br />

(auch Sklerenchymzellen<br />

gennant) umgeben. Sie haben eine besonders<br />

widerstandsfähige Zellwand.<br />

In Blättern funktioniert die Versorgung über die Blattadern. Aber wie sieht es<br />

bei Nadeln von Nadelbäumen aus? Natürlich verlaufen auch in den Nadeln<br />

Transportkanäle – aber nicht netzweise verzweigt wie bei den Blättern,<br />

sondern längs und parallel.<br />

Vergleich Aufbau eines typischen Blatts zu einer typischen Nadel<br />

Schematischer<br />

Blatt-<br />

Querschnitt<br />

Im Xylem wird das<br />

Wasser in die Blätter<br />

transportiert, im<br />

Phloem werden die<br />

Assimilate aus dem<br />

Blatt in die gesamte<br />

Pflanze verteilt.<br />

Schematischer<br />

Nadel-<br />

Querschnitt<br />

Quelle: Privatdozent Dr. Ulrich Müller (BOKU Wien)<br />

71


2 _ die welt der bäume<br />

2.4 Wie kommt das Wasser aus dem Boden<br />

in die Blätter und Nadeln?<br />

Einleitend eine kurze Zusammenfassung, wie sich ein Baum mit Wasser<br />

und Nahrung versorgt (nähere Informationen siehe<br />

Holzexperimente Forscherheft 1.0 S. 16 f):<br />

Bäume nehmen Wasser und Nährstoffe über<br />

die Wurzeln aus der Erde auf. Der Motor für<br />

die Aufnahme ist der positive Wurzeldruck (Osmose).<br />

Über die Leitungsbahnen im Splintholz<br />

werden die Wasserteilchen im gesamten Baum<br />

verteilt.<br />

Auf der Unterseite der Blätter und Nadeln sind<br />

kleine Öffnungen (Spaltöffnungen oder Stomata),<br />

über die der Baum atmet. Wind und<br />

Sonneneinstrahlung bewirken, dass die Wasserteilchen<br />

an diesen Öffnungen verdunsten.<br />

Dabei „ziehen“ sie immer mehr Wasserteilchen<br />

aus den Leitungen nach – es entsteht ein Sog,<br />

wie bei einem Trinkhalm. Unterstützt wird dieser<br />

Vorgang durch die Kapillarwirkung.<br />

Mit der Zeichnung auf der Nebenseite kannst du den Wassertransport im Baum hautnah erleben:<br />

Nimm ein mobiles Endgerät (Mobiltelefon, Tablet o.ä.) und lade aus dem App-Store bzw. Google-<br />

Play-Store die AREEKA-App herunter. Halte die Kamera des Handys bzw. Tablets auf die Zeichnung<br />

und schon geht es los (der Download-Prozess kann ein bis zwei Minuten dauern):<br />

» Tippe auf den Wasserstrom im Baum, um ihn in Gang zu setzen.<br />

» Tippe auf die Sonne und den Wind, um sie „einzuschalten“ und die Geschwindigkeit<br />

des Wasserstroms zu beeinflussen.<br />

Wie in der Realität beschleunigen Sonneneinstrahlung<br />

(mehr Verdunstung) und der Wind<br />

den Wasserstrom im Baum.<br />

Augmented<br />

Reality<br />

SCAN ME!<br />

So erweckst du die Augmented-Reality-Zeichnung auf Seite 73 zum Leben:<br />

72


die welt der Bäume _ 2<br />

WASSERTRANSPORT IM BAUM<br />

73


2 _ die welt der bäume<br />

Wie trinkt der Baum?<br />

Dieser komplexe Vorgang kann bereits jüngeren Schüler:innen anhand der<br />

Geschichte „Der König und die Buche“ und einem damit verbundenen<br />

Experiment näher gebracht werden.<br />

» 1 durchsichtige Schüssel<br />

(ca. Größe einer<br />

Salatschüssel)<br />

» 1 Kübel (oder ein anderes<br />

Gefäß – vom Volumen her<br />

mindestens so groß<br />

wie die Schüssel)<br />

» 1 Stück durchsichtiger<br />

Schlauch (ca. 1,5 m)<br />

» 1 Klebekristall<br />

(selbstklebend)<br />

» gebastelte Figuren aus<br />

Holz oder Papier (König,<br />

Königin, Prinzessin, Prinz)<br />

» Märchen<br />

„Der König und die Buche“<br />

» evt. ein gebastelter Baum<br />

Die Schüssel wird mit Wasser gefüllt und auf einen<br />

Tisch gestellt. Den Kübel und den Schlauch griffbereit<br />

halten, aber noch verstecken. Auf die Krone der Königin<br />

wird der Kristall geklebt.<br />

Nun wird die Geschichte vorgelesen – die Figuren werden<br />

dazu entsprechend bewegt. Kurz zusammengefasst<br />

geht die Königin im Wald spazieren. Sie schaut ihr<br />

Spiegelbild im See an, dabei fällt der wertvolle Kristall<br />

ins Wasser. Ohne diesen Kristall „verliert“ sie die Macht<br />

im Königreich. Nachdem die Königin aber aus Holz bzw.<br />

Papier besteht, darf sie nicht nass werden. Wie kann<br />

sie ihren Kristall zurückholen, ohne dass sie mit dem<br />

Wasser in Berührung kommt? Ein Baum gibt der Königin<br />

den Tipp, dass sie gleich agieren soll wie er, wenn er<br />

Wasser aufnimmt.<br />

Bastel-Vorlagen und<br />

Märchen: Download unter<br />

www.holzmachtschule.at/<br />

holzforscherheft2<br />

Herzlichen Dank an<br />

Elke Hofstätter für<br />

diese Experimentidee!<br />

www.hofstaetter-elke.eu<br />

Materialien für das Experiment<br />

74


die welt der Bäume _ 2<br />

An diesem Punkt der Geschichte wird der Kübel auf dem Boden unter der Schüssel platziert. Der<br />

Schlauch wird in den „See“ (also die volle Wasserschüssel) gesteckt – dann wird kurz angesaugt,<br />

bis das Wasser fast den Mund erreicht hat. Anschließend den Daumen auf das Schlauchende<br />

halten und dann in den Kübel stecken. Das Wasser läuft nun von selbst in den Kübel, bis der See<br />

leer ist.<br />

Der Schlauch im Experiment symbolisiert die<br />

sehr viel feineren Leitungsbahnen in einem<br />

Baum. Ein Baumstamm besteht aus unzähligen<br />

Leitungsbahnen, durch die das Wasser<br />

unter anderem mit Hilfe des Kapillareffektes<br />

nach oben steigt. Für kleinere Kinder kann<br />

dieser Prozess wie folgt erklärt werden: Wasser<br />

kann in ganz dünnen Röhrchen nach oben<br />

steigen („klettern“), da die kleinen Wasserteilchen<br />

an Oberflächen haften (Adhäsion). Verglichen<br />

werden kann dieser Vorgang mit Kindern,<br />

die am Türrahmen nach oben klettern.<br />

Außerdem halten sich die Wasserteilchen aneinander<br />

fest und ziehen sich nach oben (Kohäsion).<br />

Das Ganze nennt man Kapillareffekt<br />

oder „Haarröhrchenwirkung“ (capillus = lat.<br />

Haar). In diesem Experiment wirkt allerdings<br />

nicht der Kapillareffekt, da der Schlauch viel<br />

zu dick ist.<br />

Das Gewicht der Wasserteilchen im längeren<br />

Teil des Schlauches (zum Kübel) ist schwerer<br />

als im kürzeren. Dieses, in den tiefer stehenden<br />

Kübel, ablaufende Wasser zieht durch die<br />

Kohäsionskraft das Wasser aus dem „See“.<br />

Das Experiment zeigt nur einen kleinen Teil<br />

des tatsächlichen „Trinkvorgangs“ im Baum.<br />

Dieser ist noch viel komplexer und wird auf<br />

den folgenden Seiten noch weiter erläutert.<br />

Die Schüler:innen am Anfang<br />

raten lassen, warum die Figuren<br />

nicht nass werden dürfen.<br />

Die Kinder selbst raten lassen,<br />

wie man mit den zwei Gefäßen<br />

und dem Schlauch das Wasser<br />

aus dem „See“ bringen könnte<br />

(sie evt. sogar selbst probieren<br />

lassen). Nähere Informationen<br />

zum Aufbau von Holz (Leitungsbahnen,<br />

Zellen etc.)<br />

siehe <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0<br />

(online als Blätterkatalog unter<br />

www.holzmachtschule.at).<br />

75


2 _ die welt der bäume<br />

Was hat der Wassertransport im Baum mit dem Wachstum zu tun?<br />

Bäume können 120 bis 150 Meter hoch werden.<br />

Die Baumhöhe ist hauptsächlich durch<br />

den Wassertransport limitiert. Das beginnt bei<br />

der Wasseraufnahme der Wurzeln im Boden,<br />

geht über die Weiterleitung in den Leitungsbahnen<br />

im Holz bis hin zur Transpiration an<br />

den Blättern und Nadeln. Ein entscheidender<br />

Faktor ist der Aufbau des Holzes (siehe S. 84 ff).<br />

Nur ca. 5 % des aufgenommenen Wassers werden tatsächlich in der Pflanze für die<br />

Zellentwicklung und das Wachstum verwertet, 95 % werden direkt verdunstet.<br />

Darum ist es zum Beispiel in einem Wald immer kühler als in bebautem Gebiet<br />

(laut neuesten Untersuchungen um ca. 4°C).<br />

Als Faustformel kann man annehmen, dass Fichten ca. 10 l, Buchen ca. 30 l,<br />

Eichen 40 l und Birken weit über 100 l pro (heißem, sonnigem) Tag verdunsten.<br />

Große Regenwaldbäume verdunsten sogar bis zu 1.200 l/Tag.<br />

FÜR EXPERT:INNEN<br />

Die Transpiration von Bäumen als die treibende Kraft für die Wasseraufnahme kann in einem<br />

faszinierenden Experiment nachgewiesen werden. Nicht für einen kurzen Workshop geeignet,<br />

sondern eher ein längerfristiger Versuch in der Schule: Ein künstlicher Baum wird über eine<br />

Höhe von bis zu 10 m nachgestellt. Mit Hilfe eines Ventilators wird Wind erzeugt. Messungen haben<br />

ergeben, dass innerhalb von 8 Stunden der künstliche Baum selbst ohne Wind 2,88 g Wasser<br />

verdunstet – durch den Wind wird dieser Wasserverlust deutlich beschleunigt.<br />

Hier sind bereits nach weniger als 2 h die 2,75 g Wasser verdunstet.<br />

Eine genaue Versuchsbeschreibung ist in Susman et al. (2011) Water transport in trees – an artificial<br />

laboratory tree; Phys. Educ. 46340 (http://iopscience.iop.org/0031-9120/46/3/015) zu finden.<br />

Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus aus Susman et al. (2011). Die Gramm Angaben sind<br />

Hochrechnungen aufgrund der in der Veröffentlichung angegebenen Verdunstung pro Minute.<br />

76


die welt der Bäume _ 2<br />

Stimmt es, dass Bäume nur am Tag wachsen?<br />

Das Thema, ob Bäume nur am Tag, in der Nacht<br />

oder immer wachsen, wurde lange diskutiert.<br />

Allerneueste Untersuchungen haben jetzt gezeigt,<br />

dass Bäume hauptsächlich in der Nacht<br />

wachsen (Zweifel et al. (2021); Why trees grow<br />

at night; New Phytologist).<br />

Die Forscher:innen haben über acht Jahre den<br />

stündlichen Zuwachs von Stammdurchmessern<br />

bei Bäumen gemessen. Dabei haben sie<br />

festgestellt, dass Bäume hauptsächlich dann<br />

wachsen, wenn das Sättigungsdefizit (VPD – vapour<br />

pressure deficit) am geringsten ist. Das ist<br />

in der Nacht – genauer gesagt kurz nach Mitternacht<br />

– der Fall. Das bedeutet, wenn die Luftfeuchtigkeit<br />

am höchsten ist, macht der Baum<br />

am meisten Dickenwachstum. Je früher er in<br />

der Nacht zu wachsen beginnt, desto stärker<br />

wächst er insgesamt. Ein hohes Sättigungsdefizit<br />

(trockene Luft) am Tag verhindert dagegen<br />

das Wachstum.<br />

Außerdem hat das Forscher:innen-Team aufgezeigt,<br />

dass das Wachstum von Bäumen empfindlicher<br />

auf das Sättigungsdefizit reagiert als<br />

die Verdunstung.<br />

Das heißt, dass Bäume bei Trockenheit schneller<br />

aufhören zu wachsen, als dass die Stomata<br />

(Spaltöffnungen an Blättern und Nadeln) sich<br />

schließen, und somit die Verdunstung von<br />

Wasser verhindern (siehe S. 72 f).<br />

77


2 _ die welt der bäume<br />

2.5 Wald - echt „dufte“!<br />

Weltweit bestätigen Studien die wohltuende und gesundheitsfördernde Wirkung<br />

von Waldspaziergängen auf den Menschen. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle:<br />

Beruhigende Geräusche (sanftes Rauschen des Windes, Vogelstimmen …), angenehme<br />

Temperaturen (u.a. aufgrund der Verdunstung von Wasser), die Farbe<br />

„Grün“ als beruhigendes optisches Element oder der „herrliche Waldgeruch“.<br />

Immer öfter werden diese Wald-Düfte in<br />

Wohn- und Arbeitsräumen eingesetzt, um die<br />

positive Wirkung auch außerhalb der Wälder<br />

zu verspüren. Meist handelt es sich dabei um<br />

ätherische Öle, die aus verschiedenen (Nadel-)<br />

Bäumen gewonnen werden.<br />

Diese ätherischen Öle haben in den Bäumen<br />

verschiedenste Funktionen: Sie können Lockstoffe<br />

für bestimmte Insekten sein, Fressfeinde<br />

und Krankheitserreger abwehren, die Wundheilung<br />

bei Schäden beschleunigen oder als<br />

„Frostschutz“ dienen.<br />

Die Geruchsstoffe befinden sich nicht nur in den Nadeln, sondern auch direkt im<br />

Holz. Darum riecht es so gut, wenn man ein Holzhaus oder einen Raum betritt, der<br />

mit unbehandeltem Holz ausgestattet wurde. Besonders intensiv riecht zum Beispiel<br />

Zirbenholz. Ihm werden dank der ätherischen Öle gesundheitsfördernde und<br />

antibakterielle Eigenschaften zugeschrieben.<br />

Die positive Wirkung von<br />

Holz auf den Menschen<br />

wurde u.a. von der TU München<br />

(Lehrstuhl für Holzbau<br />

und Baukonstruktion)<br />

in einer Studie erforscht<br />

(„Gesundheitliche Interaktionen<br />

von Holz – Mensch<br />

– Raum“). Die Ergebnisse<br />

dokumentieren eine Verbesserung<br />

des Raumklimas<br />

und der Lebensqualität sowie<br />

ein gesteigertes Wohlbefinden<br />

durch unbehandelte<br />

Holzoberflächen. Die<br />

Leistungs- und Erholungsfähigkeit<br />

sowie die Stressresistenz<br />

wurden gesteigert, selbst eine mögliche Vorbeugung gegen Demenz konnte in Aussicht<br />

gestellt werden. Nicht umsonst wird Holz zum Beispiel im Krankenhausbau verstärkt eingesetzt.<br />

78


die welt der Bäume _ 2<br />

Ätherische Öle im Klassenzimmer<br />

ohne Destillation<br />

Ätherische Öle wirken sich nicht nur auf den Baum selbst, sondern auch auf uns<br />

Menschen positiv aus. In diesem Experiment machen wir uns die heilende Wirkung<br />

von Fichtennadelöl zu Nutze und stellen Maiwipferlsirup als Hustenstiller her.<br />

» 1 Schraubglas (z.B. sauberes<br />

Essiggurkenglas)<br />

» Maiwipferln (frische,<br />

grüne Fichtentriebe; ca. 300 g)<br />

» brauner Zucker (ca. 600 g)<br />

» kleine Flasche (zum Abfüllen<br />

des Saftes)<br />

» (Kaffee)filter<br />

Wie der Name schon sagt, werden die Maiwipferln<br />

zwischen Mitte April und Anfang Juni (je nach<br />

Lage des Waldes) von Fichtenbäumen gepflückt.<br />

ACHTUNG: Nicht zu viele Triebe vom gleichen<br />

Baum abnehmen, um das Wachstum nicht negativ<br />

zu beeinflussen! Die Maiwipferln anschließend<br />

schichtweise abwechselnd mit dem braunen Zucker<br />

in das Glas geben (die letzte Schicht muss<br />

aus Zucker bestehen) und rund drei Wochen in<br />

die Sonne (z.B. auf die Fensterbank) stellen (ohne<br />

Schraub-Deckel, aber mit einem sauberen Tuch<br />

abgedeckt). In dieser Zeit entzieht der Zucker<br />

den Maiwipferln den Saft und es bildet sich Sirup.<br />

Nach drei Wochen werden die Feststoffe herausgefiltert<br />

(z.B. durch einen Kaffeefilter) und der<br />

entstandene Hustensaft kann rund ein Jahr im<br />

Kühlschrank gelagert werden.<br />

Die jungen Fichtennadeln haben noch keine ausgeprägte<br />

schützende Wachsschicht (Cuticula). Die<br />

Triebe enthalten besonders viele wertvolle ätherische<br />

Öle, Harze, Tannine und Vitamin C. Der Zucker<br />

wirkt hygroskopisch und entzieht den noch<br />

jungen Nadeln die Flüssigkeit (also das zuvor aufgenommene<br />

Wasser). Darin gelöst sind die heilenden<br />

Wirk- und Duftstoffe.<br />

In Maiwipferln sind besonders viele<br />

Wirk- und Duftstoffe gelöst.<br />

79


2 _ die welt der bäume<br />

Destillation von Fichtennadelöl<br />

» frische Fichtenzweige<br />

(ca. 500 g)<br />

» frisches, reines Wasser<br />

(ca. 500 ml)<br />

(Verhältnis frisches Material<br />

zu Wasser 1:1)<br />

» Destille<br />

» evt. Wasseranschluss<br />

(nur bei Kühlung mit fließendem<br />

Wasser notwendig)<br />

oder Eiswürfel)<br />

» Herdplatte<br />

» sterilisiertes Glas mit Verschluss<br />

» PH-Indikator<br />

» sterilisierter Kaffee-Filter<br />

» Pipette<br />

Versuchsaufbau mit Destille<br />

Vorbereitung: Das Glasgefäß wird sterilisiert, indem<br />

es z.B. 5 Minuten in einem Topf ausgekocht wird.<br />

Der Kaffeefilter (zum Filtern des Hydrolates) wird<br />

für 30 Sekunden in der Mikrowelle erhitzt.<br />

Es gibt verschiedene Formen der Destillation – bei<br />

diesem Experiment wird eine Wasserdampf-Destillation<br />

durchgeführt. Dazu werden die Fichtennadeln<br />

zuerst mit einem scharfen Messer oder<br />

einer scharfen Schere zerkleinert und in den Aromakorb<br />

der Destille gegeben. Der Kessel wird mit<br />

dem Wasser gefüllt und der Aromakorb so eingesetzt,<br />

dass das Pflanzenmaterial nicht direkt das<br />

Wasser berührt.<br />

Der Kessel wird mit einem Deckel mit angeschlossener<br />

Kühlkuppel verschlossen. Diese Kühlkuppel<br />

kann mit Eis oder kaltem Wasser gefüllt sein, oder<br />

mit fließendem kalten Wasser gekühlt werden.<br />

Der Kessel wird erhitzt, das Wasser beginnt zu<br />

kochen. Der aufsteigende Wasserdampf<br />

durchdringt das Pflanzenmaterial<br />

im Aromakorb und<br />

ätherische Öle und andere wasserlösliche,<br />

flüchtige Substanzen<br />

werden mitgerissen.<br />

Der Dampf kondensiert in der<br />

Kühlkuppel, wird wieder flüssig,<br />

läuft durch das Dampfrohr ab<br />

und kann in dem sterilisierten<br />

Glas aufgefangen werden. Die<br />

Flüssigkeit ist eine Mischung aus<br />

ätherischen Ölen und dem so genannten<br />

Hydrolat. Die Destillation<br />

ist abgeschlossen, wenn der<br />

PH-Wert im Hydrolat auf 6 – 7 zu<br />

steigen beginnt.<br />

80


die welt der Bäume _ 2<br />

Die ätherischen Öle schwimmen auf der Oberfläche und<br />

können nun mit einer Pipette abgenommen werden.<br />

HINWEIS: Der Geruch der ätherischen Öle ändert sich in den ersten 3 – 4 Wochen noch etwas,<br />

danach stabilisiert er sich. Schwebstoffe sollten mit einem sauberen Filter (z.B. dem sterilisierten<br />

Kaffeefilter) abgefiltert werden. Sie lassen das Hydrolat schneller verderben.<br />

81


2 _ die welt der bäume<br />

2.6 Holz unter dem Mikroskop<br />

Der Aufbau von Holz kann am besten mit einem Mikroskop erforscht werden.<br />

Die Palette reicht dabei von einfachen Becherlupen (nur sehr bedingt geeignet),<br />

klassischen „analogen“ Stereomikroskopen (Schüler:innen-Mikroskopen) über<br />

digitale Handmikroskope bis hin zu professionellen Durchlichtmikroskopen. Auf<br />

den folgenden Seiten stellen wir Themen bzw. Teile des Baumes vor, die sich optimal<br />

für die Mikroskopie eignen.<br />

Wie entstehen Jahresringe?<br />

Wie Jahresringe zustande kommen, wird im<br />

<strong>Holzforscherheft</strong> 1.0 (S. 12 f) bildlich dargestellt<br />

und auf den nächsten Seiten dieses Heftes detaillierter<br />

erläutert. Kurz zusammengefasst entstehen<br />

sie durch eine Abfolge von Wachstum<br />

und Ruhephase: Im Frühjahr wächst der Baum<br />

schnell – er bildet große Zellen mit dünnen Zellwänden<br />

aus – das Holz ist hell (sog. „Frühholz“).<br />

Im Sommer beginnt er mit der Einlagerung von<br />

Nährstoffen und mit dem Schutz gegen Kälte<br />

und Schädlinge – dieses Holz ist dunkler (sog.<br />

Spätholz). Somit entsteht pro Jahr ein Jahresring.<br />

In Ländern mit gleichbleibendem Klima<br />

(ohne lange Hitze- und Kälteperioden) gibt es<br />

keine typischen Jahresringe.<br />

Die Dendrochronologie ist ein Fachgebiet, das sich intensiv mit der Jahrringforschung<br />

auseinandersetzt (dendro = lat. Baum; chrono = lat. Zeit). Dabei wird einerseits z.B.<br />

die klimatische Veränderung über die letzten Jahrtausende erforscht, andererseits<br />

kann mit dieser Wissenschaft das Alter von Holzstücken (z.B. Holzbalken) und somit<br />

von ganzen Holzgebäuden, -möbeln oder sogar Fossilien definiert werden.<br />

82


die welt der Bäume _ 2<br />

FÜR EXPERT:INNEN<br />

Der für die Dendrochronologie essentielle „Hohenheimer Jahrringkalender“ geht 12.500 Jahre<br />

zurück bis zum Ende der letzten Eiszeit. Anhand der speziellen Jahrring-Abfolge können Objekte<br />

(z.B. Holzbalken) damit relativ genau datiert werden. Somit ist es möglich, z.B. das Alter von Gebäuden<br />

zu bestimmen oder konservierte Holzstücke (z.B. aus Mooren) den Wachstumszeiten<br />

zuzuordnen. Weiters werden aus den Jahrringen Ereignisse wie Schäden am Baum z.B. durch<br />

Kriege (Einschüsse), Wild oder Unwetter herausgelesen.<br />

Eine Holzprobe muss mindestens 50 Jahrringe aufweisen, damit eine Altersbestimmung durchgeführt<br />

werden kann. Der Jahrring-Kalender wurde zum Teil aus versteinerten Mooreichen-Stücken<br />

erstellt. Somit kann auch das Alter von fossilen Fundstücken bestimmt werden (die Dendrochronologie<br />

gilt in diesem Fall als zuverlässiger als die C14-Methode).<br />

DENDROCHRONOLOGIE<br />

Im wahrsten Sinne des Wortes hinterlassen „einschneidende“ Ereignisse ihre Spuren im Holz.<br />

Anhand dessen können viele geschichtlich interessante Geschehnisse Jahrringen zugeordnet werden.<br />

83


2 _ die welt der bäume<br />

Eine Baumscheibe unter der Lupe<br />

» Baumscheibe/Holzscheibe,<br />

sonstige Holzstücke, Furniere<br />

» Handmikroskope<br />

(www.holzmachtschule.at/<br />

verleihmaterialien)<br />

DM4-Mikroskop mit Display<br />

(Zoom: 500/1000;<br />

Fokussierbereich: 10-40 mm)<br />

» evt. ergänzend ein<br />

größeres Binokular<br />

» evt. Laborrasierklingen/<br />

Bügelklinge (mit nur einer<br />

Schneideseite und einem Griff)<br />

» evt. Pipette<br />

Die meisten Mobiltelefone und Tablets<br />

können als Lupe eingesetzt werden:<br />

I-Phones haben eine Lupenfunktion vorinstalliert<br />

und in den App-Stores findet<br />

man zahlreiche kostenlose Lupen-Apps.<br />

Für die Betrachtung von Jahresringen sind ganze<br />

Baumscheiben besonders gut geeignet. Die Klasse<br />

wird in Gruppen/Teams aufgeteilt – jede Gruppe<br />

erhält ein Mikroskop. Wenn vorhanden, wird<br />

am Binokular ein Jahrring stark vergrößert. Für<br />

eine genauere Betrachtung des Holzes kann mit<br />

der Labor-Rasierklinge eine Scharte in den Querschnitt<br />

gemacht werden. Dadurch ist es möglich,<br />

den Aufbau horizontal und vertikal zu betrachten.<br />

Deutlich ist der Übergang zwischen der hellen<br />

Frühholzzone zum dunkleren Spätholz erkennbar.<br />

Nadelbäume haben die Strategie, dünnwandige<br />

Zellen mit einem großen Lumen (Hohlraum<br />

in Holzzellen) für den Wassertransport im Frühjahr<br />

zu bilden (heller Teil im Jahrring) und dickwandige<br />

Zellen mit engen Lumen für die Festigkeit<br />

ab Sommer (dunkle Teile im Jahrring).<br />

84


die welt der Bäume _ 2<br />

In Laubhölzern sind eher Größe und Anzahl an<br />

Gefäßen ausschlaggebend. Ringporige Laubhölzer<br />

(z.B. Esche, Ulme, Eiche) stellen den<br />

Wassertransport durch große Gefäße im Frühjahr<br />

sicher. Ab dem Sommer wird die Festigkeit<br />

durch kleinere und eine geringere Anzahl an<br />

großlumigen Gefäßen gewährleistet. Bei zerstreutporigen<br />

Laubhölzern (z.B. Buche, Ahorn,<br />

Pappel) ist der Unterschied zwischen Früh- und<br />

Spätholz weniger deutlich – der Jahrring ist dadurch<br />

schwerer zu erkennen (siehe <strong>Holzforscherheft</strong><br />

1.0 Seite 18).<br />

Bäume machen sekundäres Dickenwachstum.<br />

Das unterscheidet Bäume von allen anderen<br />

Pflanzen – z.B. auch von Palmen (Palmen sind<br />

keine echten „Bäume“). Das heißt, dass sie jedes<br />

Jahr um eine „Schicht“ dicker werden. Das<br />

Kambium (befindet sich zwischen Bast und<br />

Holz) betreibt aktive Zellteilung. Nach innen<br />

werden jedes Jahr neue Holzzellen (Xylemzellen)<br />

für den Wassertransport gebildet, nach<br />

außen Bastzellen (Phloemzellen), in welchen<br />

der Assimilattransport (z.B. für Nährstoffe/<br />

Glukose) stattfindet.<br />

Wie beim Kinderspiel „Fang den Hut“ wird der<br />

Baum jedes Jahr höher und dicker. Im Frühjahr<br />

werden, wie erwähnt, hauptsächlich Zellen<br />

und Gefäße gebildet, die einen effektiven<br />

Wassertransport sicherstellen, ab dem Sommer<br />

werden Gefäße gebildet, die die Stabilität<br />

des Baumes für den Winter sicherstellen.<br />

wie wächst ein baum?<br />

Ein Baum wächst an der Spitze in die<br />

Höhe, bzw. an den Astspitzen in die<br />

Länge. Im Bereich des Stammes<br />

erfolgt das sekundäre Dickenwachstum.<br />

Vom Kambium (grün)<br />

bilden sich jedes Jahr neue Holzzellen<br />

(Wassertransport) nach<br />

innen und neue Bastzellen<br />

(Assimilattransport) nach<br />

außen. Abgestorbene Bastzellen<br />

bilden die Rinde, ältere,<br />

je nach Baumart eventuell funktionslose<br />

Holzzellen, bilden<br />

das Kernholz. Dieses ist oft<br />

durch eine dunklere Färbung<br />

zu erkennen.<br />

Ast<br />

Kambium<br />

Rinde<br />

85


2 _ die welt der bäume<br />

VARIANTE 1<br />

Die Schüler:innen können weitere Objekte rund<br />

um Wald & Holz mit den Mikroskopen untersuchen<br />

(z.B. Äste, Moos, Furniere, Zapfen, Samen, …). Welche<br />

Funktion haben diese Objekte im Wald? Anschließend<br />

können die Holzstücke mit Materialien<br />

im Raum verglichen werden. Besonders interessante<br />

Dinge werden dem/der Pädagog:in für das<br />

Binokular gebracht und evt. am Schluss der ganzen<br />

Klasse vorgestellt. Dabei werden das selbständige<br />

Präsentieren eigener Forschungsergebnisse und<br />

das Sprechen vor der Klasse in einem ungezwungenen<br />

Rahmen trainiert.<br />

VARIANTE 2<br />

Alternativ können mit mobilen Handmikroskopen<br />

bzw. mobilen Endgeräten mit Lupen-Funktion Objekte<br />

direkt im Wald mikroskopiert werden. Oder es<br />

werden im Wald interessante Gegenstände für die<br />

Mikroskopie im Klassenzimmer gesucht. Oft tauchen<br />

dabei Abfälle auf. Anhand von diesen kann die<br />

Diskussion gestartet werden, was im Wald erlaubt<br />

ist und was nicht. Auch Insekten, ausgerissene kleine<br />

Bäumchen o.ä. können Diskussionsgrundlage<br />

für das Verhalten im Wald sein.<br />

VARIANTE 3<br />

Holz und Holzprodukte sind saugfähig, sofern die<br />

Oberfläche nicht versiegelt wurde (z.B. mit Wachs,<br />

Lack oder Öl). Was passiert, wenn man mit der Pipette<br />

Wasser auf Holzoberflächen tropft? Mit den<br />

meisten Mikroskopen kann das Eindringen des<br />

Wassers genau untersucht werden. Bei intensiver<br />

Beobachtung fällt auf, dass der Wassertropfen<br />

den Untergrund gleich wie eine Lupe optisch vergrößert.<br />

Das kann zum Anlass genommen werden,<br />

einen Exkurs zur „Optik“ zu machen.<br />

86


die welt der Bäume _ 2<br />

Einblicke in das Holz<br />

mit Augmented Reality<br />

Das Bild mit der Areeka-App scannen. Klicke auf die Zahlen von 1 – 5 (oder die Pfeile links und<br />

rechts davon), um immer tiefer in das Holz einzutauchen. Nähere Informationen zum Aufbau<br />

von Holz findest du auch im <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0.<br />

Augmented<br />

Reality<br />

SCAN ME!<br />

BEWEGTE BILDER MIT AUGMENTED REALITY:<br />

Mit dieser Zeichnung kannst du auch ohne Mikroskop in die Tiefen des Holzes eintauchen: Nimm<br />

ein mobiles Endgerät (Mobiltelefon, Tablet o.ä.) und lade aus dem App-Store bzw. Google-Play-<br />

Store die AREEKA-App herunter. Halte die Kamera des Handys bzw. Tablets auf die Zeichnung<br />

und schon geht es los (der Download-Prozess kann ein bis zwei Minuten dauern):<br />

87


2 _ die welt der bäume<br />

FÜR EXPERT:INNEN:<br />

HOLZAUFBAU – UNTERSCHIEDE ZWISCHEN LAUB- UND NADELHÖLZERN<br />

UND WAS DAS ABWERFEN DER BLÄTTER IM HERBST DAMIT ZU TUN HAT:<br />

Das Holz von Laub- und Nadelbäumen ist prinzipiell aus<br />

unterschiedlichen Zellen und Gefäßen aufgebaut:<br />

NADELBÄUME<br />

» Tracheiden sind zum Wasser- und Nährstofftransport<br />

bzw. zur Festigung gebildete, meist<br />

stark verholzte, in axialer Richtung langgestreckte<br />

Zellen; dünnwandig im Frühholz; dickwandig im<br />

Spätholz. Tracheiden sind mit Tüpfeln verbunden<br />

(Hoftüpfel und Fenstertüpfel). Als Tüpfel<br />

werden in der Pflanzenanatomie dünne Stellen<br />

oder Aussparungen in der Sekundärwand von<br />

Pflanzenzellen bezeichnet, die dem Stoffaustausch<br />

zwischen benachbarten Zellen dienen.<br />

Nicht mehr genutzte Tracheiden im Totholz dienen<br />

der Stabilisierung und haben verschlossene<br />

Tüpfel.<br />

» Holzstrahlen = Markstrahlen;<br />

radiale Versorgung mit Wasser und<br />

Nährstoffen & Speicherung<br />

» Harzkanäle = „Interzellulare“;<br />

Abwehr von abiotischen und<br />

biotischen Schädlingen<br />

» Siebzellen im „Phloem“ (Bast);<br />

Leitung von Assimilaten; basipetal<br />

(= von oben nach unten)<br />

BESTANDTEILE DES NADELHOLZES<br />

AUFBAU DES NADELHOLZES<br />

Eine Ausnahme unter den Nadelbäumen ist die europäische Goldlärche.<br />

Ihre Nadeln haben keine so ausgeprägte Cuticula (Wachsschicht) und ihre Stomata<br />

sind schlechter geschützt. Deshalb verlieren sie im Winter die Nadeln,<br />

obwohl Lärchenholz den typischen Nadelholzaufbau hat.<br />

Amerikanische Lärchen verlieren ihre Nadeln nicht.<br />

88


die welt der Bäume _ 2<br />

LAUBBÄUME<br />

» Tracheen = „modernere“ Gefäßelemente;<br />

großlumig mit aufgelösten Querwänden<br />

für den optimalen Wasser- und Nährstofftransport<br />

zwischen den Zellen; Thyllen (nur<br />

im Kernholz) verschließen die Tracheen und<br />

dienen der Stabilisierung.<br />

» Tracheiden haben keine aufgelösten<br />

Querwände, sondern leiten Wasser & Nährstoffe<br />

über „Tüpfel“ von Zelle zu Zelle. Sie<br />

sorgen für Stabilisierung und Festigkeit.<br />

» Siebröhren und Geleitzellen im<br />

„Phloem“ (Bast); Leitung von Assimilaten;<br />

basipetal (= von oben nach unten)<br />

» Holzstrahlen = Markstrahlen;<br />

radiale Versorgung mit Wasser und<br />

Nährstoffen & Speicherung<br />

» Fasern (Stabilisierung & Holzhärte)<br />

BESTANDTEILE DES LAUBHOLZES<br />

AUFBAU DES LAUBHOLZES<br />

Ein Grund, warum die meisten Nadelbäume im<br />

Winter ihre Nadeln behalten und Laubbäume<br />

ihre Blätter abwerfen ist (neben dem unterschiedlichen<br />

Aufbau von Blättern und Nadeln)<br />

die unterschiedliche Holz-Zusammensetzung.<br />

Nadelbäume sind entwicklungsgeschichtlich<br />

älter und deshalb einfacher aufgebaut.<br />

Sie transportieren wesentlich langsamer und<br />

weniger Wasser, da sie keine Tracheen (großlumige<br />

Gefäßelemente) haben. Aber deshalb<br />

reagieren sie auch entscheidend unempfindlicher<br />

auf Frost und Wassermangel. Es schadet<br />

ihnen also nicht, die Nadeln auch im Winter zu<br />

behalten.<br />

Unter www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2 findest du ein kleines<br />

Quiz mit professionellen Mikroskopie-Bildern der „Holzforschung<br />

Austria“. Rate mit, was auf den Bildern zu sehen ist!<br />

89


2 _ die welt der bäume<br />

2.7 Holz dicht auf den Fersen<br />

Der Wechsel zwischen Früh- und Spätholz wirkt sich auf die Stabilität des Holzes<br />

aus. Vor allem für Holz, das im Baubereich verwendet wird (sogenanntes<br />

Konstruktionsholz), ist das ein entscheidender Faktor. Durch die Verteilung<br />

großlumiger Gefäße und Leit-Elemente schwankt die Dichte des Holzes<br />

innerhalb eines Jahrrings extrem.<br />

Die Dichte kann mit einer ganz einfachen Methode gemessen werden:<br />

Dichtemessung von Holz<br />

» flache, unbehandelte Holzstücke<br />

von verschiedenen Holzarten<br />

(Querschnitte von Baumstämmen<br />

bzw. Teile von Baumscheiben)<br />

» Scanner oder Kopierer<br />

Die Baumscheibe(n) bzw. Holzstücke werden auf<br />

einen Scanner bzw. Kopierer gelegt – es wird eine<br />

Schwarz-Weiß-Kopie angefertigt.<br />

Die Jahrringe erscheinen auf der Kopie als hellere<br />

und dunklere Streifen. Diese Muster aus Streifen<br />

sehen je nach Holzart ganz unterschiedlich aus.<br />

Manche haben dunkle „Punkte“, andere sind<br />

ganz gleichmäßig. Bei einigen Holzarten sind<br />

die Streifen kaum wahrnehmbar, andere haben<br />

scharf abgegrenzte, tief schwarze Linien. Je dunkler<br />

die Stellen sind, desto dichter ist das Holz.<br />

Anhand der charakteristischen Muster<br />

kann die Holzart erkannt werden. Wer<br />

schafft es die meisten Holzarten richtig<br />

zuzuordnen? Macht einen Wettbewerb<br />

und findet es heraus!<br />

Verschiedene Holzarten werden<br />

schwarz-weiß kopiert.<br />

90


die welt der Bäume _ 2<br />

Quelle: Prof. Michael Grabner, BOKU Wien<br />

Bei der Dendrochronologie werden<br />

vom Holz Spezialkopien oder Röntgenaufnahmen<br />

angefertigt. Mittels<br />

spezieller Computerprogramme (z.B.<br />

WinDENDRO © ) werden die Grau- bis<br />

Schwarzabstufungen als Grafik ausgegeben.<br />

Je nach Holzart sehen diese<br />

Grafiken ganz unterschiedlich aus und<br />

sind somit charakteristisch für die jeweilige<br />

Holzart. Auch Besonderheiten,<br />

wie z.B. Verletzungen oder besonders<br />

schmale Jahrringe werden dadurch<br />

deutlich.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Durch die starken<br />

Dichteschwankungen<br />

z.B. bei Nadelhölzern<br />

oder bei ringporigen<br />

Laubhölzern (siehe<br />

Grafik 1 und 2) sind<br />

diese besonders<br />

brüchig an den Übergangsstellen.<br />

Zerstreuporige Laubhölzer<br />

(Grafik 3) sind<br />

viel gleichmäßiger und<br />

weniger anfällig für<br />

Brüche. Sie haben dadurch<br />

insgesamt eine<br />

höhere Dichte.<br />

Quelle: Priv. Dozent Dr. Ulrich Müller, BOKU Wien<br />

Quelle: Prof. Michael Grabner, BOKU Wien<br />

Die Grafik der Buche hat sehr<br />

viele, eng beieinanderliegende<br />

„Peaks“. Das bedeutet, die Buche<br />

hat dichtes Holz, das nicht<br />

zur Brüchigkeit neigt.<br />

Bei der Fichte hingegen sind<br />

deutliche Dichteschwankungen<br />

zu erkennen. Das Holz<br />

kann „mit der Faser“ leicht<br />

gebrochen werden. Am besten<br />

ist dies anhand von Furnieren<br />

zu zeigen.<br />

91


92


KapiteL 3<br />

Weißt du,<br />

… was Yakisugi oder<br />

Sho Sugi Ban ist?<br />

… ob Holz sicher<br />

brennt?<br />

… ob Holz zur Säge<br />

werden kann?<br />

… warum Holzwerkstoffe<br />

verleimt werden?<br />

… wie sich Lacke und<br />

Wachs auf Holzoberflächen<br />

auswirken?<br />

… wie Holz mit Karbonisieren<br />

konserviert wird?<br />

… ob Holz hält,<br />

was es verspricht?<br />

93


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

3. Holz traditionell<br />

und innovativ<br />

Wie Ausgrabungen zeigen, haben Menschen bereits vor tausenden von Jahren mit<br />

Holz gearbeitet. Jahrhunderte alte Holzbauten stehen bis heute – unter anderem<br />

der „Sallegger Hof“ aus dem Jahr 1409 im steirischen Freilichtmuseum Stübing.<br />

Holz hat sich also als Bau- und Werkstoff bewährt. Nicht umsonst wurde im Jahr<br />

2018 jedes vierte Gebäude in Österreich mit Holz errichtet – Tendenz steigend.<br />

3.1 Bauen mit Holz<br />

Was hat der Holzbau mit dem Klima zu tun?<br />

Aktuelle, groß angelegte deutsche Studien haben<br />

bewiesen, dass durch das Bauen mit Holz<br />

eine große Menge an CO 2<br />

in der Atmosphäre<br />

verhindert werden kann (im Vergleich zu mineralischen<br />

Baustoffen wie Ziegel oder Beton).<br />

Konkret könnten laut Berechnungen von<br />

2016 bis 2030 durch eine Substitution von mineralischen<br />

Baustoffen durch Holz insgesamt<br />

6,5 Millionen Tonnen CO 2<br />

-Äquivalent im Wohnungsneubau<br />

eingespart werden<br />

(Quelle: Treibhausgasbilanz von Holzgebäuden;<br />

Prof. Annette Hafner, Ruhr Universität Bochum).<br />

Warum hat sich Holz seit<br />

Generationen bewährt?<br />

Warum wird dann nicht<br />

jeder Bau ein Holzbau?<br />

Holz ist vielseitig, es ist leicht zu bearbeiten<br />

und kann in fast jede Form gebracht werden.<br />

Es ist, was das Gewicht betrifft, ein eher leichter<br />

Baustoff, was vor allem bei Aufstockungen<br />

oder bei Bauten in exponierten Lagen Vorteile<br />

bringt. Weiters hat Holz eine niedrige Wärmeleitfähigkeit<br />

– somit braucht ein Holzhaus<br />

eigentlich keine zusätzliche Wärmedämmung.<br />

Um diese positive Eigenschaft auch bei Gebäuden<br />

aus anderen Baumaterialien zu nützen,<br />

kam in den letzten Jahren verstärkt Holzwolle<br />

als natürliche und nachwachsende Wärmedämmung<br />

zum Einsatz.<br />

Trotz umfangreicher Informationsoffensiven<br />

kursieren in der Bevölkerung immer noch<br />

Vorurteile, was das Bauen mit Holz betrifft.<br />

Zwei der häufigsten Aussagen werden bei den<br />

nächsten Experimenten genauer unter die<br />

Lupe genommen:<br />

1. „Aber Holz brennt doch!“<br />

2. „Holz hält nicht so viel aus<br />

wie Stahlbeton!“<br />

94<br />

Der Salleggerhof – ein Holzbau aus dem Jahr<br />

1409 (Freilichtmuseum Stübing b. Graz)


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

3.2 Holz brennt sicher<br />

Brandverhalten von Holz<br />

Um es vorwegzunehmen: Ja, natürlich brennt Holz! Das kann jede:r bestätigen,<br />

die/der einen Holzofen besitzt oder schon einmal einen gemütlichen Abend<br />

am Lagerfeuer verbracht hat. Im Gegensatz zu anderen Materialien<br />

brennt Holz aber gleichmäßig und berechenbar ab.<br />

Dass Holz karbonisiert, wird in Japan bereits seit dem 16. Jahrhundert genützt – zum<br />

Beispiel bei den holzkonservierenden Verfahren „Yakisugi“ (jap. für „verbrennen“)<br />

oder „Sho Sugi Ban“ (jap. für „verbrannte Planke“). Dies sind attraktive und effektive<br />

Methoden, um Holz gegen Verwitterung, Schädlingsbefall und (ironischer Weise)<br />

auch gegen Brandgefahr zu schützen. Im Außenbereich werden diese Methoden zur<br />

Konservierung ganzer Hausfassaden genützt, im Innenbereich können damit besonders<br />

widerstandsfähige und optisch ansprechende Möbelstücke geschaffen werden.<br />

Im Folgenden werden in sehr praxisnahen Experimenten verschiedene Materialien bezüglich<br />

des Brandverhaltens miteinander verglichen:<br />

Styropor (als typischer Dämmstoff), Holz (Dreischichtplatte – keine Dämmung notwendig),<br />

vorbehandeltes Holz (karbonisiert nach Yakisugi) und OSB-Platten (bestehen u.a. aus<br />

Holzspänen und werden z.B. bei Renovierungen und im Innenausbau genutzt).<br />

95


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

ACHTUNG:<br />

Diesen Versuch am besten im Freien oder in einem sehr gut gelüfteten Raum ohne Brandmelder<br />

durchführen. Ein Kübel mit Wasser muss zur Sicherheit bereitgestellt werden. Alle<br />

Schüler:innen müssen einen Sicherheitsabstand einhalten oder entsprechende Schutzkleidung<br />

tragen.<br />

» Platten (je ca. 20x20x15 cm)<br />

Dreischichtplatte, OSB-Platte,<br />

Styropor (Polysterol),<br />

Holz karbonisiert<br />

» Größere, feuerfeste Unterlagen<br />

(z.B. Fliesen)<br />

» Créme brûlée-Brenner<br />

(Einstellung: mittlere Stärke)<br />

» Stoppuhr (z.B. am Handy)<br />

Alle vier Platten werden nebeneinander auf die<br />

brandbeständige Unterlage (z.B. Fliesen) gelegt.<br />

Mit dem Créme brûlée-Brenner wird 30 Sekunden<br />

lang (oder wenn ein Material früher durchgebrannt<br />

ist auch kürzer) auf die einzelnen Platten<br />

jeweils im Abstand von 10 – 20 cm gezielt (nur mit<br />

mittlerer Stärke, um Verletzungen vorzubeugen).<br />

Dabei wird das Material genau beobachtet und<br />

das Ergebnis festgehalten.<br />

Experiment-Vorbereitung:<br />

Für das karbonisierte Holz ein<br />

Holzstück so lange mit dem Crème<br />

brûlée-Brenner bearbeiten, bis es eine<br />

möglichst durchgehende dunkel<br />

gefärbte (geflämmte) Oberfläche hat.<br />

96


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

ACHTUNG BEI<br />

POLYSTEROL:<br />

Es schmilzt bereits bei<br />

knapp über 100 °C und<br />

tropft brennend ab<br />

(kann innerhalb von<br />

Sekunden zu einem<br />

Flächenbrand führen).<br />

Dämpfe nicht einatmen,<br />

möglichst großen Abstand<br />

halten!<br />

Die Polysterol-/Styroporplatte ist bereits<br />

nach rund 10 Sekunden vollständig geschmolzen<br />

und stinkt. Das Yakisugi-Holz glüht während<br />

der „Befeuerung“ an der heißesten Stelle<br />

etwas, anschließend sind aber keine Spuren<br />

mehr zu entdecken und die Rückseite der Platte<br />

ist angenehm kühl. Die OSB-Platte glimmt<br />

bei der Befeuerung etwas, erlischt aber sofort<br />

nach Ende der „Befeuerung“. Zurück bleibt ein<br />

schwarzer Fleck – auch hier ist die Rückseite<br />

angenehm kühl und zeigt keinerlei Spuren.<br />

Die unbehandelte Holzplatte glüht ebenfalls<br />

ein wenig an der Feuerstelle und verhält sich<br />

gleich unauffällig wie die anderen beiden Holzplatten<br />

(OSB und Yakisugi).<br />

Fazit: Keine der Holzplatten fängt Feuer. Ein<br />

Szenario, wo eine weggeworfene Zigarette bei<br />

einem Holzhaus einen Hausbrand verursacht,<br />

ist demnach unwahrscheinlich (massive Holzwände<br />

sind schwer entflammbar).<br />

Bei einem Feuer brennt bei Holz das so genannte<br />

„Holzgas“, welches aus dem heißen<br />

Holz austritt. Die karbonisierte, also verbrannte<br />

Schicht des Yakisugi-Holzes enthält keinerlei<br />

Holzgas mehr und wirkt somit schützend<br />

gegen die Hitzeeinwirkung. Das punktuelle<br />

Feuer bewirkt auf den anderen Holzplatten<br />

(OSB, unbehandeltes Massivholz) eine lokale,<br />

kurzfristige Freisetzung des Holzgases. Bei genauerer<br />

Betrachtung können kleine, kurz aufzüngelnde<br />

Flammen erkannt werden. Jedoch<br />

schützt auch hier die frisch karbonisierte Stelle<br />

das Holz vor einer weiteren Ausbreitung<br />

des Brandes.<br />

Darum muss, damit ein Holzscheit in einem Ofen Feuer fängt, die Oberfläche relativ<br />

lang und flächig mit Hitze bearbeitet werden (z.B. mit einem Zündwürfel). Je<br />

dünner das Holz, desto schneller brennt es (keine Karbonschichtbildung möglich).<br />

Darum soll Anheizholz möglichst dünn sein.<br />

97


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

3.3 Holz schneidet gut ab!<br />

Hält Holz so viel aus, dass man damit sogar andere Materialien schneiden kann?<br />

Muss so sein, denn bei vielen Grillpartys oder Festen verwenden wir immer öfter<br />

Holzmesser als umweltfreundliche Alternative zu Plastikmessern. Sogar hochwertige<br />

Küchenmesser werden mittlerweile mit Holzklingen angeboten. Bei den<br />

nächsten beiden Experiment-Varianten wird erforscht, welche Materialien wirklich<br />

mit Holz geschnitten werden können.<br />

Holz - echt schnittig!<br />

Variante I: Die Holz-Säge<br />

» Furnierstreifen<br />

(Größe: ca. 14 cm x 2 cm)<br />

» Bügelsäge<br />

» Schneid-Proben (Obst,<br />

Gemüse, Gebäck, Knetmasse etc.)<br />

In die Bügelsäge wird statt des Sägeblatts<br />

der Furnierstreifen eingespannt und mit<br />

den Flügelmuttern fixiert. Somit steht das<br />

Furnier unter Zugspannung und knickt nicht<br />

ab. Am besten funktioniert der Versuch,<br />

wenn das Furnier hinter den Flügelmuttern<br />

fixiert wird. Ausprobieren, welche Materialien<br />

damit geschnitten werden können.<br />

Verschiedene Holzarten ausprobieren<br />

– welche funktionieren als Sägeblatt<br />

besser, welche schlechter?<br />

In die Bügelsäge wird statt des Sägeblatts<br />

ein Stück Furnier eingespannt.<br />

98


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

FÜR EXPERT:INNEN:<br />

Variante II: Die Holz-Schere<br />

» Eichenparkettlamellen<br />

(erhältlich u.a. in Laubholzsägewerken<br />

oder online)<br />

» HPL-Platte (60 % Papierfaser in<br />

Phenolharz; z.B. aus dem<br />

Baumarkt)<br />

» Bandsäge<br />

» Schleifpapier<br />

» Kleber (für Holz & HPL-Platte)<br />

» Bohrmaschine<br />

» Schraube und Hülsenmutter<br />

Aus den Eichenlamellen werden zwei mit möglichst<br />

gleichmäßig liegenden Jahrringen ausgewählt.<br />

Eine der beiden Lamellen wird mit einer<br />

dünnen HPL-Schicht verklebt. Nun wird die<br />

Form einer typischen Schere auf die Eichenlamellen<br />

übertragen (Vorlage siehe<br />

www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2)<br />

Die zwei Scherenhälften ausschneiden. Anschließend<br />

die Teile mit dem Schleifpapier in<br />

Form schleifen. Auf einer Ständerbohrmaschine<br />

werden die Grifföffnungen und das Loch<br />

für das Scherengelenk ausgebohrt. Nun die<br />

Schneidflächen scharf schleifen.<br />

Achtung: Vor allem beim Scherenteil ohne HPL-<br />

Beschichtung darauf achten, dass möglichst<br />

nur gefäßfreies (dunkleres) Spätholz im Bereich<br />

der Klinge ist, damit die Schere länger schnittfähig<br />

bleibt. Zuletzt die Schere mit der Hülsenmutter<br />

und der Schraube verbinden.<br />

Nähere Informationen und<br />

Schablonen finden Sie online unter<br />

www.holzmachtschule.at/<br />

holzforscherheft<br />

99


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

3.4 Holz gibt Stabilität<br />

Vorab: Holz ist nicht gleich Holz – unterschiedliche Holzarten haben ein<br />

unterschiedliches Gewicht, sie unterscheiden sich im Luftgehalt und haben<br />

somit auch eine unterschiedliche Stabilität.<br />

Um genaue Daten zu den einzelnen Holzarten<br />

und modernen Holz-Verbundstoffen zu erhalten,<br />

werden unter anderem in einem Grazer<br />

Forschungsinstitut (holz.bau forschungsgmbH<br />

an der Technischen Universität Graz) die Biegefestigkeit,<br />

die Elastizität und die Biegefestigkeit<br />

laufend erforscht und überprüft. Zum Beispiel<br />

kann dabei mit Zugversuchen die maximale<br />

Reißlänge von Holz (längs zur Faser) ermittelt<br />

werden.<br />

Die Zugbelastung von Holz kann auch gemeinsam<br />

mit den Schüler:innen in Form eines Experiments<br />

erforscht werden. Dazu werden<br />

Furnierstücke längs und quer zur Faser in zwei<br />

Holzbacken gespannt und mit Gewicht belastet<br />

(z.B. mit Wasserflaschen oder einem Kübel,<br />

in den sukzessive Wasser gegossen wird). Nähere<br />

Informationen zu diesem Versuch gibt es<br />

im <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0 auf Seite 36. (auch online<br />

unter www.holzmachtschule.at im Bereich<br />

„Unterrichtsmaterialien“ als Blätterkatalog erhältlich).<br />

Theoretische Frage dazu:<br />

Wie lang kann ein durchschnittliches Holzstück sein, bis es „von alleine“ (also ohne äußere Zugoder<br />

Druckeinwirkung) längs zur Faser reißt? Antwort: Rund 10 Kilometer.<br />

100


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

Was hält Holz im Vergleich zu<br />

Aluminium oder Stahl aus?<br />

Mit diesem Experiment gehen wir einmal mehr einem Vorurteil auf den Grund:<br />

Holz ist ein eher leichter Baustoff und ist daher vor allem bei Aufstockungen sehr<br />

gefragt. Aber kann Holz, was die Stabilität in Zusammenhang mit dem Eigengewicht<br />

betrifft, mit Aluminium oder Stahl mithalten?<br />

Im folgenden Experiment wird die Biegefestigkeit<br />

unterschiedlicher Holzarten untersucht<br />

und mit Aluminium und V2A-Stahl verglichen.<br />

Für diesen Versuch werden jeweils 1 Meter<br />

lange Stangen aus Holz, Aluminium und Stahl<br />

benötigt. Sie sollen, auf diese Länge gerechnet,<br />

alle ungefähr das gleiche Gewicht haben. Es<br />

gibt deshalb zwei Varianten: Entweder werden<br />

Stangen mit verschiedenen Durchmessern gekauft<br />

(z.B. dickere Holzstangen und dünnere<br />

Stahl-Stangen), oder es werden unterschiedlich<br />

viele Stangen des gleichen Materials verklebt.<br />

Beim Verkleben muss unbedingt darauf<br />

geachtet werden, dass die Stangen nicht verrutschen<br />

können – eine kraftschlüssige Bindung<br />

ist notwendig.<br />

Holzstangen sind bei gleichem Durchmesser<br />

viel leichter als z.B. Stahlstangen. Die<br />

Schüler:innen können die Stangen hochheben<br />

und schätzen, welches Material<br />

mehr aushält. Eine weitere Schätzaufgabe<br />

wäre z.B. wie viele Holzstangen das gleiche<br />

Gewicht wie eine Alustange haben. Ein<br />

weiteres AHA-Erlebnis: Eine Holzstange mit<br />

gleichem Gewicht wie eine Stahl-Stange hat<br />

zwar einen wesentlich größeren Durchmesser,<br />

fühlt sich aber trotzdem viel leichter an.<br />

101


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

VARIANTE 1<br />

VARIANTE 2<br />

Jeweils 1 m Stangen mit annähernd<br />

gleichem Gewicht (Gewichtsbeispiele):<br />

» Fichte Ø 28 mm; Gewicht: 118,45 g<br />

» Fichte Ø 35 mm; Gewicht: 411,4 g<br />

» Buche Ø 25 mm Gewicht: 333,6 g<br />

» Aluminium Ø 8 mm Gewicht: 135,5 g<br />

» Aluminium Ø 10 mm Gewicht: 214,6 g<br />

» V2A Stahl Ø 6 mm; Gewicht: 225 g<br />

» V2A Stahl Ø 8 mm; Gewicht: 399,2 g<br />

1 m Stangen verklebt<br />

(Gewichtsbeispiele):<br />

» V2A Stahl Ø 8 mm; Gewicht: 399,2 g<br />

» Aluminium Ø 8 mm Gewicht: 135,5 g<br />

» Aluminium Ø 10 mm Gewicht: 214,6 g<br />

» 3 x Buche: 3 x Ø 8 mm; Gewicht: 116,3 g<br />

» 6 x Buche: 6 x Ø 8 mm; Gewicht: 226,2 g<br />

» 11 x Buche: 11x Ø 8 mm; Gewicht: 420,1 g<br />

FÜR BEIDE VARIANTEN:<br />

» Waage, die auf 0,1 g genau wiegt<br />

(z.B. Küchen oder Briefwaage)<br />

» 4 Haken<br />

» ca. 20 – 30 Stk. 0,5 l PET-Flaschen mit<br />

Wasser gefüllt und jeweils einer<br />

reißfesten Schnur zum Aufhängen<br />

(z.B. Anglerschnur)<br />

Die Stangen gleichen Gewichts werden nebeneinander<br />

z.B. zwischen zwei gleich hohen Tischen<br />

aufgelegt. Die Enden sollen dabei ca. 5 cm auf den<br />

Tischen aufliegen. Auf jeder Stange (bzw. jedem<br />

Stangenbündel) wird ein Haken befestigt, auf welchem<br />

später die Flaschen aufgehängt werden. Die<br />

Stangen müssen so hoch über dem Boden liegen,<br />

dass die Flaschen mit den Bändern und den Haken<br />

nicht den Boden berühren.<br />

Zuerst geben die Schüler:innen eine Vermutung ab,<br />

welche Materialien mehr bzw. weniger aushalten<br />

und wie viele Flaschen (also wie viel Gewicht) auf<br />

die Stäbe gehängt werden können, ohne dass sie<br />

reißen (kann auch schriftlich festgehalten werden –<br />

evt. daraus ein Schätzspiel generieren).<br />

Nun wird nacheinander jede Stange/jedes Stangenbündel<br />

mittig mit einer Flasche belastet und das so<br />

lange, bis deutliche Unterschiede bei<br />

der Durchbiegung der Stangen zu erkennen<br />

sind. Mit einem Meterstab/<br />

Maßband können die Unterschiede<br />

genau erfasst werden.<br />

Dieses Experiment kann so lange<br />

durchgeführt werden, bis eine Stange<br />

wegen zu starker Biegung abrutscht<br />

und auf den Boden fällt, oder keine<br />

Flaschen mehr zur Verfügung stehen.<br />

ACHTUNG: Beim Aufhängen der Flaschen<br />

auf Hände und Füße aufpassen<br />

(Verletzungsgefahr durch die herunterfallenden<br />

Flaschen).<br />

102<br />

Aufbau des Experiments


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

Berechnung durchführen: Eine mit Wasser gefüllte 0,5 l PET-Flasche wiegt ca. 0,5 kg.<br />

Damit kann das Gesamtgewicht der aufgehängten Flaschen errechnet werden.<br />

Auch Umrechnungen in N (Gewichtskraft) können durchgeführt werden<br />

Holz ist ein leichtes aber sehr<br />

stabiles Baumaterial.<br />

Am meisten halten das Buchenstangen-Bündel<br />

und die Fichtenstange (Durchmesser 35<br />

mm) aus, gefolgt von der Aluminiumstange.<br />

Am stärksten biegt sich Stahl durch.<br />

Hier bleibt bei unseren Testversuchen<br />

sogar ein Knick in der Stange, während die<br />

Holzstangen vollkommen unverbogen sind.<br />

Die Aluminiumstange ist ebenfalls verbogen<br />

und wäre somit für den Bau unbrauchbar.<br />

FÜR EXPERT:INNEN<br />

Für alle Feststoffe kann bei einer Zugprüfung der sogenannte E-Modul E errechnet<br />

werden. Der E-Modul ist ein Wert der angibt, wie viel Widerstand ein mm² eines<br />

Materials einer elastischen Verformung entgegenhält (also wie viel ein mm²<br />

eines Materials aushält). Biegefestigkeits-Berechnungen zu diesem Versuch sind<br />

unter www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2 online verfügbar.<br />

103


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

Stabilität von Holzwerkstoffen<br />

Holz ist ein Naturprodukt und kann je nach<br />

Art, Standort und Wuchsbedingungen Inhomogenitäten<br />

(z.B. Störungen des Faserverlaufs<br />

wie Äste oder Harzgallen) aufweisen. Die hygroskopische<br />

Eigenschaft von Holz sorgt dafür,<br />

dass es Feuchtigkeit aus der Umgebung<br />

aufnimmt oder sie abgibt (Quellen (bei Feuchtigkeit)<br />

oder Schwinden (bei Trockenheit)).<br />

Weiters beeinflusst die Faserrichtung die<br />

Stabilität von Holz. Aus diesem Grund wird<br />

Holz für manche Einsatzgebiete zu Holzwerkstoffen<br />

verarbeitet – zum Beispiel wird es in<br />

mehreren Schichten zu Platten oder Balken<br />

verklebt. Mit diesem Experiment erforschen<br />

die Schüler:innen einige Eigenschaften von<br />

Holz und erfahren, warum eine Verleimung<br />

vor allem bei der Überbrückung von großen<br />

Längen sinnvoll ist.<br />

Bei tragenden Holzkonstruktionen spielt die Biegefestigkeit vor<br />

allem im Dach- und Deckenbereich eine große Rolle.<br />

104


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

» 1 m lange Furnierstücke<br />

(sehr dünnes Holz – z.B. Reste<br />

aus regionalen Tischlereien)<br />

» Holzleim (Standard oder Expressleim)<br />

» kleine Holzklötzchen (ca. 2 cm x 2 cm<br />

x 2 cm) oder Holzbausteine für<br />

jede:n Schüler:in mindestens 2 Stk.<br />

» evt. 2 Holzklötze o.ä.<br />

für den Aufbau der „Brücke“<br />

» evt. ein Meterstab/Maßband<br />

Rund 1,5 Stunden vor dem eigentlichen Experiment<br />

müssen die Verleimungsarbeiten<br />

durchgeführt werden. Die Klasse wird in<br />

zwei Gruppen geteilt. Beide Gruppen bekommen<br />

die Aufgabe, von den Furnierstücken<br />

4 cm breite und 1 m lange Furnierstücke<br />

(je 6 Stück) herunterzuschneiden bzw. zu<br />

brechen. Diese Furnierstücke werden aufeinandergestapelt.<br />

Gruppe 1 soll diese sechs<br />

Furnierstücke verleimen, Gruppe 2 nicht.<br />

Es können dabei verschiedene Verleim-Arten<br />

ausprobiert werden (z.B. nur längs zur<br />

Faser oder „kreuzweise“ verleimt längs und<br />

quer zur Faser). Anschließend müssen die<br />

verleimten Furnierstapel beschwert werden<br />

(z.B. mit Bücherstapeln), um eine kraftschlüssige<br />

Bindung zwischen den verleimten<br />

Furnieren möglich zu machen. Jetzt muss der<br />

Leim je nach Leimart ca. 1,5 h lang trocknen.<br />

Wenn der Leim trocken ist, werden beide Furnierstapel nebeneinander zwischen<br />

zwei Tischen oder zwei Holzblöcken aufgelegt (wie eine Brücke). Beide<br />

Enden sollen ca. 5 cm aufliegen. Zuerst soll eine These erstellt werden,<br />

welcher Stapel mehr aushält und warum. Anschließend bekommt jede:r<br />

Schüler:in mindestens zwei kleine Holzwürfel – diese werden der Reihe nach<br />

auf die Furnierstapel gelegt. Welcher Stapel biegt sich schneller durch? Die<br />

Biegung kann mit dem Meterstab vermessen werden.<br />

105


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

Vor der Verleimung die Schüler:innen im Sinne von „Forschendem Lernen“ ausprobieren<br />

lassen, welche Möglichkeiten es gibt, aus den Furnierteilen eine möglichst stabile<br />

Brücke zu bauen (für jüngere Schüler:innen kann dazu eine Geschichte erfunden werden<br />

– z.B. von zwei Menschen/Tieren, die sich gerne treffen würden, es aber aufgrund<br />

der fehlenden Brücke nicht schaffen).<br />

Der verleimte Stapel hält eindeutig viel mehr<br />

aus. Bei den lose aufeinander gestapelten Furnieren<br />

gibt es keinen Kraftschluss. Das heißt,<br />

die Schichten verschieben sich zueinander,<br />

somit zählt, was die Stabilität betrifft, nur der<br />

Durchmesser der einzelnen Schichten und<br />

nicht des ganzen Stapels. Durch die Verklebung<br />

wird die Stabilität wesentlich erhöht.<br />

VARIANTEN:<br />

Was passiert, wenn die Belastung<br />

nicht punktuell ist, sondern sich<br />

auf die gesamte Länge verteilt?<br />

Welche Auswirkungen hat die<br />

Holzart? Können Unterschiede<br />

festgestellt werden?<br />

Welchen Effekt hat der Leim?<br />

Was passiert, wenn andere<br />

Klebstoffe benutzt werden?<br />

ERGÄNZUNG<br />

Wer bei diesem Experiment nicht mit herkömmlichen<br />

Leimen sondern mit selbst hergestelltem<br />

Proteinkleber arbeiten möchte, kann diesen wie<br />

folgt herstellen:<br />

10 g Gelatinepulver mindestens 1 h lang in 30 ml<br />

kaltem Wasser vorquellen. Anschließend werden<br />

30 ml fettarme (0,5 %) heiße, aber nicht mehr kochende<br />

Milch unter Rühren dazu gegeben. Der<br />

noch warme Kleber kann nun zum Verkleben<br />

der Furnierstücke verwendet werden. Der Rest<br />

kann für einige Tage im Kühlschrank aufbewahrt<br />

werden, muss aber vor dem nächsten Gebrauch<br />

wieder erwärmt werden.<br />

FÜR EXPERT:INNEN<br />

Auch bei diesem Versuch kann die Berechnung der Biegefestigkeit erfolgen<br />

(siehe www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2). Dieser Wert beschreibt<br />

den Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung, woraus<br />

sich die Elastizität ableiten lässt.<br />

106


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

Fühlbox Holzwerkstoffe<br />

Beim vorhergehenden Experiment haben wir<br />

bereits erste Holzwerkstoffe (Leimholz) kennengelernt.<br />

Beim nächsten Versuch nehmen<br />

wir weitere Werkstoffe, ihre Eigenschaften und<br />

ihre Einsatzgebiete näher unter die Lupe.<br />

Dafür steht steirischen Schulen über proHolz<br />

Steiermark eine kostenlose Verleihbox zur<br />

Verfügung. Sie besteht aus sechs Fühlsackerln<br />

(Fasern für Spanplatten, OSB-Platten und<br />

Holzfaserplatten; Furnierstücke, Holzstücke,<br />

Brettsperrholz-Stücke) und den sieben dazu<br />

passenden Platten.<br />

Nähere Informationen zu den<br />

einzelnen Werkstoffen:<br />

www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2<br />

Kostenloser Verleih der Box:<br />

www.holzmachtschule.at/verleihmaterialien<br />

Computergestützte Materialentwicklung und frühzeitig mitgedachtes<br />

Eco-Design sind Kernstücke des steirischen Forschungsprojektes WoodC.A.R.<br />

Ziel ist, Holz und Holzwerkstoffe in Zukunft verstärkt als Strukturkomponente in<br />

der Fahrzeugindustrie einzusetzen.<br />

Es geht vor allem darum, das Leichtbaumaterial Holz für diese neuen<br />

Einsatzgebiete berechenbar zu machen. Die Projektpartner von<br />

WoodC.A.R arbeiten daher an Computersimulationen, die es<br />

Autobauer:innen erlauben, den Einsatz<br />

von Holz virtuell darzustellen.<br />

107


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

3.5 Oberflächenbehandlung von Holz<br />

Warum Holzoberflächen mit Lacken, Ölen, Wachsen, Lasuren oder ähnlichem behandelt<br />

werden, kann mehrere Gründe haben: Zum Beispiel die Ästhetik (z.B. bewusste<br />

farbliche Gestaltung in Innenräumen) oder die Schutzfunktion (vor allem<br />

im Außenbereich), wobei das bei Holzarten wie der Lärche aufgrund der natürlichen<br />

Holzeigenschaften eigentlich gar nicht notwendig wäre.<br />

Es gibt viele Theorien und Empfehlungen, wie die „perfekte Oberfläche“ oder der „perfekte<br />

Schutz“ gelingt (mehrfach behandeln, dazwischen schleifen etc.). Beim nächsten Experiment wird<br />

erforscht, wie sich eine Oberflächenbehandlung mit Lack bzw. Wachs auf das Holz auswirkt.<br />

Behandlung von Holz mit Lack & Wachs<br />

» mehrere Holzwürfel von<br />

der gleichen Holzart<br />

» Bienenwachs<br />

» Lack<br />

» Pinsel<br />

» Lebensmittelfarbe (Achtung: Keine<br />

Tinte; Tinte enthält Schwebstoffe<br />

und hat eine höhere Oberflächenspannung<br />

als Wasser –<br />

das behindert den Versuch)<br />

» Pipetten<br />

» 2 Teller/flache Schüsseln<br />

» Hammer<br />

» Meißel<br />

» evt. Unterlage<br />

Als Vorbereitung werden zwei Holzwürfel auf<br />

allen Würfelseiten möglichst lückenlos mit<br />

Lack, zwei andere Holzwürfel durchgehend<br />

mit Bienenwachs behandelt. Das beste Ergebnis<br />

wird erzielt, wenn diese Behandlung drei<br />

Mal wiederholt wird (mit jeweils mindestens<br />

30 Minuten Pause dazwischen). Die Würfel gut<br />

trocknen lassen.<br />

unbehandelt<br />

3 x lackiert<br />

3 x gewachst<br />

108<br />

mit Längsseite<br />

nach unten<br />

mit Querschnitt<br />

nach unten


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

Unterschiedliche Intensitäten bei der Holzbehandlung wählen und beim Experiment<br />

vergleichen: Was passiert, wenn das Holz 1 x, 2 x oder 3 x mit Lack oder Bienenwachs<br />

behandelt wird? Weiter Behandlungsmethoden ausprobieren (z.B. ölen).<br />

Je ein unbehandelter, ein lackierter und ein gewachster<br />

Würfel werden mit der Querschnittsseite<br />

nach unten in einen Teller gelegt. In den<br />

zweiten Teller kommen ebenfalls ein unbehandelter,<br />

ein lackierter und ein gewachster Würfel<br />

mit der Längsseite nach unten. Wenn verschiedene<br />

Intensitäten der Oberflächenbehandlung<br />

vorbereitet wurden, werden diese Holzstücke<br />

ebenfalls in die Teller gelegt. Die Holzstücke<br />

am Tellerrand entsprechend beschriften (Art/<br />

Intensität der Behandlung).<br />

Anschließend werden ca. 15 ml Wasser mit Lebensmittelfarbe in die Teller gegeben (der ganze<br />

Boden muss bedeckt sein, damit alle Würfel in gleich viel Lebensmittelfarbe stehen). Es soll genau<br />

beobachtet werden, was sofort und was nach 30 Minuten geschieht.<br />

unbehandelt<br />

3 x<br />

lackiert<br />

3 x<br />

gewachst<br />

mit Längsseite<br />

nach unten<br />

NACH<br />

30 MINUTEN<br />

mit Querschnitt<br />

nach unten<br />

109


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

unbehandelt<br />

3 xl lackiert<br />

Nach 30 Minuten werden die<br />

Würfel aus der Lebensmittelfarbe<br />

der Flüssigkeit genommen,<br />

abgewischt und mit der<br />

Unterseite nach oben zum<br />

Trocknen aufgelegt.<br />

3 x gewachst<br />

mit Längsseite<br />

nach unten<br />

mit Querschnitt<br />

nach unten<br />

Wenn die Würfel gut getrocknet<br />

sind, werden sie<br />

mit Hammer und Meißel<br />

gespalten. Wie sieht das<br />

Holz innen aus? Was<br />

könnten die Gründe dafür<br />

sein?<br />

Der unbehandelte Holzwürfel saugt bei<br />

Längs- und Querschnitt die Lebensmittelfarbe<br />

aufgrund des Kapillareffektes auf. Bei<br />

den behandelten Holzwürfeln sind nach dem<br />

Abwischen nur mehr ganz geringe Farbspuren<br />

vorhanden. Dabei spielt es keine Rolle,<br />

ob das Holz mit Bienenwachs oder Lack behandelt<br />

wurde.<br />

Beide Behandlungen versiegeln die Oberfläche<br />

und verhindern somit ein Eindringen der<br />

Flüssigkeit.<br />

Die Würfel vor und nach dem Meißeln<br />

unter dem Mikroskop betrachten.<br />

Bilder davon siehe www.holzmachtschule.at/holzforscherheft2<br />

110


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

Je nach Einsatzgebiet ist es sinnvoll, Holzoberflächen zu behandeln oder nicht.<br />

Durch die Versiegelung des Holzes gehen auch einige positive Eigenschaften wie<br />

die Luftdurchlässigkeit oder der gute Geruch (v.a. von Nadelhölzern im Innenbereich)<br />

verloren. Einige Holzarten wie die Lärche können aufgrund ihrer natürlichen<br />

Eigenschaften sehr gut unbehandelt im Außenbereich verwendet werden, wenn sie<br />

geschickt eingesetzt werden (z.B. unter Dachvorsprüngen bzw. Vordächern). Das<br />

bezeugen Jahrhunderte alte Holzbauten.<br />

Andere Holzarten sind für dauerhafte Witterungseinflüsse ohne Versiegelung eher<br />

nicht geeignet. Wird Holz gestrichen, gilt jedoch eine Faustregel, die viele Holzexpert:innen<br />

mittragen: Einmal streichen heißt immer streichen. Denn wird der<br />

Anstrich nicht alle paar Jahre wiederholt, wird das Holz fleckig und ist optisch nicht<br />

mehr ansprechend. Dann vielleicht doch natürlich vergrauen lassen?<br />

NATÜRLICHER HOLZSCHUTZ<br />

Wie das vorhergehende Experiment gezeigt hat, kann Holz durch<br />

entsprechende Oberflächenbehandlung vor äußeren Einflüssen geschützt<br />

werden. Aber was passiert bei lebenden Bäumen im Wald?<br />

Wie schützen sie sich vor Schädlingen oder anderen Bedrohungen?<br />

Bleiben diese Schutzmaßnahmen nach der Holzernte (d.h. wenn der<br />

Baum umgeschnitten wurde) im Holz erhalten? Wenn ja, was bedeutet<br />

das für uns Menschen als Holznutzer:innen?<br />

Vorab: Der wichtigste Schutz für lebende Bäume im Wald ist natürlich<br />

die Borke. Doch auch Inhaltsstoffe, die sich direkt im Holz befinden,<br />

dienen der Schädlingsabwehr. Beim nächsten Versuch machen<br />

wir einen dieser Inhaltsstoffe sichtbar: Tannine bzw. Gerbsäure,<br />

welche unter anderem in Eichenholz vorkommen.<br />

111


3 _ holz als bau- und werkstoff<br />

Nachweis von Gerbsäure<br />

in Eichenholz<br />

» Eichenfurnier/Eichenholzstücke<br />

(Stiel- oder Traubeneiche)<br />

» Eisenspäne (z.B. aus einem<br />

Reinigungsschwamm aus Stahl)<br />

» Sprühflasche mit Wasser<br />

Die (z.B. aus dem Schwamm gelösten) Eisenspäne<br />

auf das trockene Eichenholz legen/streuen.<br />

Mit der Sprühflasche anfeuchten.<br />

1. Aus dem Stahlschwamm<br />

werden Späne geraspelt.<br />

2. Die Späne werden auf das<br />

Eichenholz gestreut.<br />

3. Das Holz und die Späne<br />

werden angefeuchtet.<br />

4. Am Holz bilden sich dunkle<br />

Flecken – ein Nachweis von<br />

Gerbsäure.<br />

112


holz als Bau- und werkstoff _ 3<br />

Sofort bilden sich am Holz dunkle Flecken, die<br />

nach einiger Zeit blauschwarz werden. Durch<br />

das Besprühen des Eichenholzes mit Wasser lösen<br />

sich die Tannine im Holz. Gleichzeitig lösen<br />

sich von den Eisenspänen farblose Eisen(II)-<br />

Salze im aufgesprühten Wasser. In Gegenwart<br />

von Luftsauerstoff bilden in der Flüssigkeit<br />

die Tannine mit den Eisen(II)Salzen unlösliche,<br />

blauschwarze Komplexe. Diese Komplexe<br />

führen zu den dunklen Verfärbungen auf dem<br />

Holz. Ein Nachweis der Tannine (Gerbsäure) ist<br />

hiermit gegeben.<br />

Werden die Eisenspäne vom Holz gewischt,<br />

bleiben trotzdem die schwarzen Flecken der<br />

unlöslichen Eisenkomplexe erhalten. Diese<br />

Reaktion kann teilweise durch Oxalsäure aufgehoben<br />

werden. Die Eisen(III)-Komplexe, die<br />

die dunklen Flecken bewirken, bilden mit der<br />

Oxalsäure Eisen(II)-Oxalat. Das sind blassgelbe<br />

Kristalle, die entfernt werden können.<br />

Tannine bzw. Gerbsäure machen sich Winzer:innen bei der Herstellung von<br />

Barrique-Weinen zu Nutze. Diese hochwertigen Weine werden in Eichenfässern<br />

ausgebaut – die Tannine sorgen für einen besonderen Geschmack. Manchmal<br />

wird die Blaufärbung des Holzes z.B. bei Fußböden gezielt als dekoratives<br />

Element eingesetzt.<br />

113


114


KapiteL 4<br />

Weißt du,<br />

... wie viele Quadrate aus<br />

24 Meterstäben gelegt<br />

werden können?<br />

… wie viele Festmeter<br />

Holz ein gefällter<br />

Baumstamm hat?<br />

… wie lange es dauert, bis in Österreich<br />

ein Kubikmeter Holz nachwächst?<br />

... wie die Höhe eines<br />

Baumes ganz einfach<br />

berechnet werden kann?<br />

… was der Unterschied zwischen<br />

einem Festmeter, einem Kubikmeter<br />

und einem Raummeter ist?<br />

115


4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />

4. Mit Wald & Holz kannst<br />

du immer rechnen!<br />

Wir kaufen drei Festmeter Brennholz, lesen, dass ein Kubikmeter Holz eine Tonne<br />

CO 2<br />

verhindert und wissen, dass der Nachbar 200 Hektar Wald besitzt. Dieses Kapitel<br />

beweist: Das Thema Wald und Holz ist nicht nur eng mit Zahlen verbunden,<br />

sondern bietet auch spannende Möglichkeiten, Schüler:innen mathematische Größenordnungen<br />

näher zu bringen – egal ob im Klassenzimmer oder direkt im Wald.<br />

Starten wir gleich mit einem Praxis-Beispiel:<br />

4.1 DARSTELLUNG VON LÄNGEN UND FLÄCHENMASSEN<br />

SOWIE VOLUMEN MIT ÄSTEN ODER HOLZSTÄBEN<br />

Viele Schüler:innen haben keine konkrete Vorstellung<br />

von Größenordnungen. Bei einem<br />

Ausflug in den Wald kann anhand von einfachen<br />

Methoden herausgefunden werden, wie<br />

lang ein Zentimeter, ein Dezimeter oder ein<br />

Meter wirklich sind. Davon ausgehend können<br />

Flächenmaße und Kubaturen in Angriff genommen<br />

werden. Natürlich können diese Maße (in<br />

etwas abgeänderter Form) auch mit Holzstäben<br />

im Klassenzimmer dargestellt werden.<br />

» ein Meterstab<br />

» ein Lineal (ca. 30 cm lang)<br />

oder einen Zollstock<br />

» eine kleine Säge<br />

» eine Astschere / Blumenschere<br />

» ein Bleistift<br />

» Äste (werden im Wald<br />

gesammelt) oder verschieden<br />

lange Holzstäbe (für das<br />

Klassenzimmer)<br />

Die Schüler:innen erhalten den Auftrag, verschieden<br />

lange Stöcke/Äste zu finden: Einen,<br />

so lang wie sie selbst groß sind, einen, so lang<br />

wie ihr Unterarm ist und einen so lang wie ihre<br />

Handfläche ist (von den Fingerspitzen bis zum<br />

Ende des Handballen).<br />

116


Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />

DABEI GELTEN FOLGENDE REGELN:<br />

• Es dürfen nur Äste gesammelt werden, die bereits am Boden liegen<br />

(KEINE Äste von lebenden Bäumen abreißen!).<br />

• Äste sind keine Waffen – NICHT als Schlagstöcke benutzen!<br />

• Im Wald gibt es genug Äste – es muss sich niemand darum streiten!<br />

• Hinweis, wie weit sich die Schüler:innen entfernen dürfen (z.B. Hörweite)<br />

In einem ersten Schritt schätzen die Kinder, wie lang die einzelnen Stöcke sind.<br />

Anschließend werden die Stöcke mit dem Meterstab bzw. dem Zollstock oder<br />

dem Lineal (für die kleinen Stöcke) abgemessen.<br />

Längenmaße:<br />

Nun werden von den Stöcken folgende<br />

Längenmaße mit der Schere bzw. der<br />

Säge abgeschnitten:<br />

1 cm, 1 dm, 1 m<br />

Anschließend kann gezeigt werden, dass<br />

10 einzelne Zentimeterstücke so lang sind<br />

wie ein Dezimeterstück bzw. 10 Dezimeterstücke<br />

so lang sind wie ein Meterstück.<br />

Von den Ästen werden Holzstücke<br />

im richtigen Maß abgeschnitten<br />

bzw. abgesägt.<br />

117


4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />

Flächenmaße:<br />

In einem nächsten Schritt wird ein Quadratmeter aufgelegt. Dabei bietet es<br />

sich an, den m 2 nicht auf einem Weg, sondern an einer „durchschnittlich“ bewachsenen<br />

Stelle aufzulegen. Die Schüler:innen können nebenbei erforschen,<br />

was in diesem m 2 alles wächst oder wie viele (Klein)Tiere sich darauf bewegen.<br />

Befinden sich Bäume auf dem ausgelegten Quadratmeter? Wenn ja, kann die<br />

Frage geklärt werden, wie viele es sind bzw. kann hochgerechnet werden, wie<br />

viele Bäume dann durchschnittlich auf einem Ar, Hektar oder Quadratkilometer<br />

wachsen.<br />

RECHENAUFGABEN<br />

Wenn 24 Kinder je einen 1 m-Stab haben:<br />

Wie viele Quadratmeter können aneinandergereiht ausgelegt werden?<br />

Antwort: 7 ganze Quadratmeter; 2 Stöcke bleiben übrig<br />

(1. Quadrat = 4 Stöcke; alle anderen 3 Stöcke)<br />

Wie müssen die 24 Stöcke in Quadratmeter-Form aufgelegt werden,<br />

sodass KEIN Stock übrigbleibt und wie groß ist diese Fläche dann?<br />

Antwort: 9 Quadratmeter<br />

Weitere Rechnungen rund um<br />

Flächenmaße anstellen:<br />

Wie viele m 2 sind ein Ar, ein Hektar<br />

oder ein Quadratkilometer?<br />

118


Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />

Volumen-Berechnungen:<br />

Aufbauend auf einen Quadratmeter wird ein Kubikmeter (m³) dargestellt. Die<br />

Schüler:innen halten die Stöcke so zusammen, dass sie einen m³ ergeben.<br />

RECHENAUFGABE<br />

Wie viele Stöcke werden benötigt, um einen Kubikmeter zu bauen?<br />

Antwort: 12 Stück (für die 12 Seiten eines Würfels)<br />

Ergänzung zur Rechenaufgabe:<br />

Alle drei Sekunden wächst in Österreichs Wäldern ein Kubikmeter Holz nach<br />

(Wachstum von allen Bäumen zusammengerechnet). Schaffen es die Schüler:innen,<br />

innerhalb von drei Sekunden einen bzw. innerhalb von sechs Sekunden zwei<br />

Kubikmeter-Würfel zusammenzusetzen (kann unendlich fortgesetzt werden)?<br />

Wenn keine Stöcke mehr vorhanden sind, wird einfach der erste Kubikmeter<br />

abgebaut und an einer anderen Stelle neu aufgebaut. Die Zeit kann z.B. per<br />

Mobiltelefon mitgestoppt werden.<br />

© Martin Krondorfer, FAST Pichl<br />

119


4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />

Spezialfall: Volumen-Bezeichnungen in der Forst- und Holzwirtschaft<br />

In der Holzbranche arbeitet man mit speziellen Maßen –<br />

hier ein kurzer Überblick:<br />

Schüttmeter oder<br />

Schüttraummeter<br />

(srm)<br />

Eine lose Schüttung von Holzstücken, die in einem<br />

Kubikmeter Platz hat (z.B. wenn die Schüler:innen sich<br />

in den gebauten Kubikmeter-Würfel stellen und dazwischen<br />

„Lücken“ bleiben).<br />

Festmeter (fm)<br />

Ein Festmeter ist lückenlos mit Holz gefüllt – also ein<br />

massiver Holzwürfel.<br />

Raummeter (rm)<br />

Ein Raummeter liegt irgendwo dazwischen – es handelt<br />

sich um einen m³ mit sauber aufgestapeltem Holz (meist<br />

1 m lang). Auch hier gibt es „Lücken“, aber viel weniger<br />

als bei einer losen Schüttung.<br />

Eine altmodische Bezeichnung für Raummeter ist der<br />

„Ster“. Meist wird die Bezeichnung in Zusammenhang<br />

mit Rundholzlagern verwendet. Ein „Klafter“ ist ein veralteter<br />

Begriff für 3 Raummeter.<br />

Schichtfestmeter<br />

(Sfm)<br />

Der Sfm ist ordentlich für den Holzofen geschnittenes<br />

und gestapeltes Holz. Der Unterschied zum Raummeter<br />

liegt in der Länge der Holzstücke (sind kürzer als ein<br />

Meter).<br />

Vorratsfestmeter<br />

(Vfm)<br />

Damit gibt man die Baumstämme mit Rinde in einem<br />

(lebend) stehenden Baumbestand im Wald an (also wie<br />

viel Holz im Wald wächst – wird auch als „Holzvorrat“ bezeichnet;<br />

der Holzvorrat in Österreichs Wäldern beträgt<br />

rund 1.173 Millionen Kubikmeter, in der Steiermark sind<br />

es rund 307 Millionen Kubikmeter).<br />

Erntefestmeter<br />

(Efm)<br />

Bei der Berechnung der Erntefestmeter werden vom<br />

Vorratsfestmeter ca. 10 % für die Rinde und weitere ca.<br />

10 % für den Verlust durch die Ernte abgezogen. Jedes<br />

Jahr werden in steirischen Wäldern rund 4,6 Millionen<br />

Erntefestmeter Holz geerntet. Würde man das gesamte<br />

Holz mit der Bahn transportieren, bräuchte man dafür<br />

rund 88.000 Eisenbahnwagone. Diese aneinandergereiht<br />

würden eine Strecke von Graz nach Kopenhagen<br />

ergeben.<br />

120


Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />

UMRECHNUNGSFAKTOREN:<br />

1 Festmeter = 1,4 Raummeter = 2,3 Schüttraummeter<br />

1 Raummeter = 0,7 Festmeter = 1,4 Schüttraummeter<br />

1 Schüttraummeter = 0,4 Festmeter = 0,7 Raummeter<br />

1 Kubikmeter Rundholz = 1,25 Ster<br />

Festmeter<br />

Raummeter<br />

Schüttraummeter<br />

RECHENAUFGABE<br />

Wie viele Festmeter Holz hat ein gefällter Baumstamm?<br />

Annahme: Der gesamte Baum ist 15 Meter hoch (L)<br />

und hat einen Durchmesser (d) von 50 cm.<br />

Berechnet wird anhand der Huberschen Formel:<br />

V (Volumen in Festmeter) = d² * L * π/4<br />

π = 3,1416 (Kreiszahl)<br />

d = Durchmesser in Meter in der Stammmitte gemessen<br />

L = Baumhöhe (Länge in m)<br />

Lösung: V(fm) = = 0,5 m²*15 m*3,1416/4 = 2,94 m³<br />

Hubersche Formel<br />

121


4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />

Volumenberechnungen von Baumstämmen ohne Fällen<br />

Um das Volumen eines Baumstammes ohne Fällen abschätzen zu<br />

können, wird wie folgt vorgegangen:<br />

Zuerst wird der so genannte „Brusthöhendurchmesser“ (BHD) in cm genommen.<br />

Das ist der Durchmesser eines Baumstammes in der Höhe von 130 cm<br />

hangseitig. Dazu kann zum Beispiel eine Messkluppe verwendet werden.<br />

Berechnung:<br />

V (Volumen) = BHD²/1000<br />

RECHENAUFGABE<br />

Berechne das Volumen einer Fichte, die 32 m hoch ist und einen BHD<br />

von 55 cm hat.<br />

Lösung: V = 55cm²/1000 = 3,02 fm (Festmeter = m³ Massivholz)<br />

Diese Art der Berechnung ergibt allerdings nur einen Schätzwert. Sie gilt in<br />

der Praxis nur für Bäume, die maximal 27 m hoch sind und eine Formzahl<br />

von 0,47 haben – also Fichte, Tanne oder Buche (die Formzahl ist ein auf<br />

der Geometrie beruhender Faktor für die Spannungserhöhung aufgrund<br />

von Kerben).<br />

Um einen besseren Schätzwert zu erhalten, kann für jeden Meter, den der<br />

Baum höher ist als 27 m, 3 % aufgeschlagen werden.<br />

RECHENBEISPIEL VARIANTE II<br />

Berechne das Volumen einer Fichte,<br />

die 32 m hoch ist und einen BHD von 55 cm hat.<br />

Lösung: V = 55cm²/1000 + (3,02*0,03*5) = 3,478 fm<br />

122


Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />

4.2 Berechnung mit dem Strahlensatz:<br />

Wie hoch ist ein Baum?<br />

Um die ungefähre Höhe eines Baumes einfach und schnell herauszufinden,<br />

gibt es einen mathematischen „Trick“.<br />

Dieser funktioniert natürlich auch bei Gebäuden.<br />

variante 1<br />

» Maßband (zum Ausmessen<br />

der Schrittlänge)<br />

» langer, möglichst gerader Stock<br />

Als Vorbereitung musst du zuerst deine Schrittlänge<br />

wissen. Mach dazu einen ganz normalen<br />

Schritt und lass jemand den Abstand zwischen<br />

deinen Füßen messen. Notiere dir noch zusätzlich<br />

deine Augenhöhe (Höhe von deinen Füßen<br />

bis zu deinen Augen).<br />

Such dir einen Baum aus, dessen Größe du bestimmen<br />

willst. Das Gelände sollte möglichst<br />

eben und gerade sein. Halte nun den Stock gerade<br />

zwischen deiner Hand und deinem Auge,<br />

sodass du den Abstand zwischen Hand und<br />

Auge ausmessen kannst.<br />

Drehe den Stock 90° nach oben. Lass dabei deinen<br />

Arm ausgestreckt. Nähere dich nun so lang<br />

dem Baum, bis das obere Ende des Stocks mit<br />

der Spitze des Baumes auf einem Punkt ist.<br />

Miss nun die Entfernung zwischen dir und dem<br />

Baum aus, indem du die Schritte zählst, die du<br />

brauchst, bis du den Baum erreichst. Multipliziere<br />

nun die Anzahl der Schritte mit deiner<br />

Schrittlänge.<br />

Addiere zu diesem Zwischenergebnis noch deine<br />

Augenhöhe und du hast die ungefähre Höhe<br />

des Baumes ermittelt!<br />

123


4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />

Zwischen deinem Auge, deiner Hand und der oberen<br />

Spitze des Stockes wird ein rechtwinkliges, gleichschenkeliges<br />

Dreieck aufgespannt. Das heißt, der Abstand<br />

von deinem Auge zu deiner Hand ist gleich groß wie<br />

der von deiner Hand zu der Spitze des Stockes. Dieses<br />

Dreieck kann proportional vergrößert werden,<br />

nachdem die Strecke zwischen dir und dem<br />

Baum gleich lang wie jene zwischen der<br />

Baumspitze und dem Stamm auf deiner<br />

Augenhöhe ist. Deswegen muss<br />

zum Schluss auch noch deine<br />

Augenhöhe addiert werden,<br />

um die wirkliche Größe des<br />

Baumes zu ermitteln!<br />

a:a = b:b<br />

Als Vor- und Nachbereitung<br />

können die Dreiecke<br />

aufgezeichnet werden,<br />

auch um damit weitere<br />

mathematische Formalismen<br />

zu üben. Beispielsweise<br />

die Berechnung der<br />

Hypotenuse oder Winkel-<br />

Entfernungsbeziehungen<br />

zu anderen Objekten<br />

sowie Schattenberechnungen<br />

bei diversen Winkeln<br />

der Sonne.<br />

Variante 2: das Försterdreick<br />

» dünne Holzplatte<br />

oder dicke Pappe<br />

» Schere oder kleiner<br />

Holzbohrer<br />

» Schnur<br />

» kleiner Stein<br />

» wasserfester Stift<br />

Schneide die Pappe oder die Holzplatte zu einem rechtwinkligen,<br />

gleichschenkligen Dreieck zu. Achte darauf,<br />

dass die beiden Katheten mindesten 30 cm lang sind.<br />

Bohre mit der Schere/dem Holzbohrer ein Loch durch eine<br />

Ecke des Dreiecks (nicht durch die Ecke mit dem rechten<br />

Winkel!). Die andere spitze Ecke kann etwas abgerundet<br />

werden.<br />

Fädle nun die Schnur durch das Loch und binde sie fest.<br />

Am anderen Ende der Schnur wird der Stein befestigt.<br />

Zeichne zum Schluss vom Loch ausgehend einen parallelen<br />

Strich entlang einer Kathete. Fertig ist dein Försterdreieck!<br />

Als Variante zum Stock kannst du das Försterdreieck als<br />

Messinstrument einsetzen. Das Prinzip ist hierbei dasselbe:<br />

Halte dein Försterdreieck an ein Auge und visiere entlang<br />

der Hypotenuse die Spitze des Baumes an. Nähere<br />

dich so lange dem Baum, bis die Ecke des Dreiecks mit der<br />

Spitze des Baumes auf einem Punkt ist. Das Lot hilft dir,<br />

zu überprüfen, ob du das Dreieck gerade hältst. Wenn die<br />

Schnur auf einer Linie mit dem eingezeichneten Strich ist,<br />

machst du alles richtig!<br />

124


Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />

4.3 Wie kann ich das Alter<br />

eines Baumes berechnen?<br />

Um das Alter eines Baumes zu ermitteln, werden bei umgeschnittenen Bäumen<br />

ganz einfach die Jahresringe gezählt. Natürlich funktioniert die Altersermittlung<br />

auch bei „lebenden“ Bäumen, die noch im Wald stehen. Hier unterscheidet man<br />

zwischen invasiven und nicht-invasiven Methoden (invasiv = „eindringend“).<br />

Nicht-invasive Methoden<br />

» Maßband o.ä. um den<br />

Umfang eines Baumes<br />

zu messen<br />

Die bekannteste nicht-invasive Methode ist die Altersberechnung<br />

nach Alan Mitchell aus dem Jahr 1979. Miss den<br />

Umfang des Baumes ungefähr in Brusthöhe ab (auf einer<br />

Höhe von ca. 1 - 1,5 m über dem Wurzelansatz).<br />

Für die Altersbestimmung muss zudem der Standort des<br />

Baumes berücksichtigt werden: Steht er alleine z.B. auf<br />

einer Wiese („Solitärbaum“), dicht gedrängt in einem Wald<br />

(„Waldbaum“) oder ist er Teil einer Straßenbepflanzung<br />

(„Alleebaum“)?<br />

Als letzte wichtige Berechnungsgrundlage muss die Baumart<br />

bekannt sein. Jeder Baumart ist ein bestimmter Wachstumsfaktor<br />

zugeordnet. Alan Mitchell hat diesen auf 50jährige<br />

Bäume bezogen und daher mit f(50) bezeichnet. Der<br />

Wachstumsfaktor gibt an, wie viele Zentimeter der Umfang<br />

eines Baumes pro Jahr zunimmt.<br />

Formel zur Altersbestimmung:<br />

Umfang/Wachstumsfaktor<br />

EINZELNER BAUM:<br />

Solitärbaum<br />

ALLEE:<br />

Allebäume<br />

WALD:<br />

Waldbäume<br />

125


4 _ Wald, Holz und Mathematik<br />

Für die meisten Baumarten kann, was den<br />

Wachstumsfaktor betrifft, von einer<br />

Faustformel ausgegangen werden.<br />

Umfang (cm)/1,3 (Waldbaum)<br />

Umfang (cm)/1,7 (Alleebaum)<br />

Umfang (cm)/2,5 (Solitärbaum)<br />

Für genauere Berechnungen (nach einzelnen<br />

Baumarten) findet man online zahlreiche Sammlungen<br />

mit Umfangs-Wachstumsfaktoren (Mitchell-Faktoren).<br />

Die meisten davon decken sich<br />

mit den in der „Faustformel“ verwendeten Faktoren.<br />

Ausnahmen betreffen zum Beispiel besonders<br />

schnell wachsende Bäume wie die Pappel<br />

(Wachstumsfaktor 4,74 – 5,65). Mattheck und Kappel<br />

haben die Mitchell-Faktoren weiter überprüft.<br />

Sie haben für die häufigsten 6 Baumarten je 20<br />

Bäume untersucht und einen baumspezifischen<br />

Altersfaktor errechnet (siehe Tabelle).<br />

Screenshot Baumkataster Graz<br />

https://www.graz.at/cms/beitrag/10295863/8115447/Online_Karte_Baumkataster.html<br />

https://geodaten.graz.at/WebOffice/synserver?project=baumkataster&client=core<br />

Nicht immer sind umfangreiche Berechnungen für die Bestimmung des Baumalters<br />

notwendig. In vielen Städten gibt es so genannte „Baumkataster“ (z.B. in Graz).<br />

Hier sind Art und Alter der Bäume genau dokumentiert.<br />

WACHSTUMSFAKTOREN<br />

Baumart Waldbaum Alleebaum<br />

Solitärbaum<br />

Faktoren nach<br />

Mattheck /Kappel<br />

Buche 1,3 1,7 2,5 1,86<br />

Eiche 1,3 1,7 2,5 1,95<br />

Edelkastanie 1,3 1,7 2,5 2,44<br />

Pappel 2,5 - 3,8 3,4 - 5 5 - 7,5 5,65<br />

Fichte 1,3 1,7 2,5 2,46<br />

Kiefer 1,3 1,7 2,5 1,56<br />

Tabelle modifiziert nach „Bestimmung des Baumalters - Gegenüberstellung verschiedener<br />

Bestimmungsmethoden der Praxis“ Axel Rendenbach, Sachverständiger, Düsseldorf<br />

126


Wald, Holz und Mathematik _ 4<br />

Invasive Methoden<br />

Eine gängige invasive („eindringende“) Methode<br />

in der Forstwirtschaft ist die Bestimmung<br />

des Alters mittels „Zuwachsbohrer“. Damit<br />

wird auf einer Höhe von ca. 130 cm ein kleiner<br />

Bohrkern aus dem Baumstamm entnommen,<br />

um daraus die Jahresringe abzulesen. Weiters<br />

können von außen nicht erkennbare Probleme<br />

wie z.B. Infektionen der Leitungsbahnen<br />

erkannt werden. Die Verletzung des Baumes<br />

ist dabei so kleinräumig, dass sie einem gesunden<br />

Baum nicht schadet. Meist wird am Ende<br />

der Probenentnahme trotzdem die Bohrstelle<br />

mit Baumharz verschlossen, um das Infektionsrisiko<br />

zu minimieren.<br />

127


Forstwirtschaft<br />

Jungpflanzen (kleine<br />

Bäume) werden in<br />

speziellen Baumschulen<br />

gezüchtet und an<br />

Forstbetriebe ausgeliefert.<br />

Förster:innenbestimmen,<br />

welche<br />

Bäume wo gesetzt<br />

werden und welche<br />

Bäume geerntet werden.<br />

Sie sind auch für<br />

die Pflege des Waldes<br />

verantwortlich. Die<br />

Holzernte wird von<br />

Forsttechniker:innen<br />

durchgeführt.<br />

Rundholztransport<br />

Rundholztransporteur:innen<br />

sind die<br />

„Formel-1-Fahrer“<br />

unter den Lastwagenfahrer:innen.<br />

Sie<br />

sorgen dafür, dass<br />

das Holz vom Wald<br />

ins Sägewerk kommt.<br />

Dabei müssen mit<br />

40-Tonnern u.a. enge<br />

Forststraßen bei Eis<br />

und Schnee befahren<br />

werden.<br />

Holzhandel<br />

Der Holzhandel ist für<br />

den Ein- und Verkauf<br />

von verschiedensten<br />

Holzarten und<br />

Holzprodukten<br />

verantwortlich.<br />

Faserstofferzeugung<br />

Holz wird zu Holzfasern<br />

verarbeitet; daraus werden<br />

zum Beispiel Zellstoff,<br />

Stoffe für Kleidung und<br />

vieles mehr erzeugt.<br />

Sägewerk /<br />

Holzindustrie<br />

Im Sägewerk wird der<br />

Baumstamm zu Brettern<br />

verarbeitet. Dabei wird das<br />

Holz zuerst entrindet, geschnitten<br />

und getrocknet.<br />

In einigen Sägewerken<br />

werden die Bretter dann<br />

mit Hobelmaschinen gehobelt<br />

und vielleicht sogar zu<br />

Leimholzbindern (mehrere<br />

Holzschichten zu einem<br />

großen Holzstück verleimt –<br />

braucht man vor allem<br />

im Holzbau) oder zu<br />

Platten verarbeitet.<br />

Energieerzeugung<br />

Holz wird zur Erzeugung von Wärme (vom Kachelofen bis zum Heizwerk) und von<br />

Strom eingesetzt. Viele Holzbetriebe nützen die „Reststoffe“ (Sägespäne, Holz-Reste<br />

vom Zuschnitt), um ihre Werke mit Strom und Wärme zu versorgen.<br />

128


Papierindustrie<br />

Papier wird aus<br />

Holz oder Altpapier<br />

(Recycling-Papier)<br />

hergestellt. Nähere<br />

Informationen: www.<br />

papiermachtschule.at<br />

Fußbodenerzeugung<br />

Das Holz aus den<br />

Sägewerken wird in<br />

Parkettwerken zu<br />

Holzfußböden weiterverarbeitet<br />

...<br />

Fensterund<br />

Türenerzeugung<br />

… oder das Holz wird<br />

zur Produktion von<br />

Fenstern und Türen<br />

eingesetzt.<br />

Chemische<br />

Industrie/<br />

Bekleidungsindustrie<br />

Holz ist in vielen<br />

Produkten enthalten<br />

(u.a. Vanilleeis, Nagellack,<br />

Waschmittel etc.).<br />

Tischlerei<br />

Tischler:innen planen und<br />

erzeugen Möbel und viele<br />

andere Produkte für die<br />

Inneneinrichtung<br />

(Holzdecken, Wandverschalungen<br />

etc.).<br />

Holzbau /<br />

Zimmerei<br />

Immer mehr Häuser und<br />

andere Gebäude werden<br />

aus Holz errichtet. Für Planung<br />

und Umsetzung sind<br />

Architekt:innen und Holzbaubetriebe<br />

verantwortlich.<br />

Viele andere…<br />

Egal ob Musikinstrumente,<br />

Spielzeug, Sportgeräte,<br />

Boote und vieles mehr –<br />

zahlreiche Betriebe beund<br />

verarbeiten Holz!<br />

Endverbraucher:innen<br />

129


www.genialerstoff.at<br />

Nicht nur das Material Holz wächst,<br />

auch die Anzahl der Berufe, in denen<br />

man sich mit dem Naturmaterial<br />

beschäftigt. Hier ein kurzer Überblick<br />

über die wichtigsten Ausbildungszweige.<br />

AUSGEWÄHLTE LEHRBERUFE<br />

FORSTFACHARBEITER:IN<br />

Dauer: 3 Jahre<br />

Aufforstung, Waldpflege und Holzernte stehen<br />

im Mittelpunkt dieser Lehre. Zu den Aufgaben<br />

gehört es, die Fallrichtung von Bäumen zu bestimmen,<br />

Stämme mit der Motorsäge zu entasten,<br />

Holzqualitäten zu beurteilen, Stämme zu<br />

vermessen, zu zerteilen und mit modernsten<br />

Spezialschleppern abzutransportieren. Dabei<br />

ist man fast immer draußen im Wald unterwegs.<br />

Teamarbeit und Eigenverantwortung<br />

sind gefragt.<br />

FORSTTECHNIKER:IN<br />

Dauer: 3 Jahre<br />

Forsttechniker:innen lernen mit modernsten<br />

Holzernte- und -bringungsmaschinen umzugehen,<br />

erlangen umfassendes Elektronikwissen<br />

über die Bordsysteme, lernen Mechanik- und<br />

Reparaturmöglichkeiten kennen und erfahren,<br />

wie Holz transportiert, vermessen, sortiert und<br />

gelagert wird. Weiters bekommt man Einblick<br />

in forstliche Pflegemaßnahmen, die Instandsetzung<br />

und Erhaltung von Forstwegen und<br />

jagdliche Einrichtungen. Man eignet sich Wissen<br />

rund um Biodiversität und Ökologie an.<br />

Ziel ist, gesunde und klimafitte Wälder mitzugestalten.<br />

FORSTGARTEN- UND<br />

FORSTPFLEGEFACHARBEITER:IN<br />

Dauer: 3 Jahre<br />

In dieser Lehre geht es um die Pflege von Bäumen<br />

und Pflanzen im Forstgarten oder im<br />

Wald. Man lernt die heimischen Baumarten<br />

und Wildsträucher kennen, geht mit forstgärtnerischen<br />

Werkzeugen und Maschinen um,<br />

bewahrt Jungbäume vor Schädlingen oder<br />

Wildverbiss und bringt gesunde Forstpflanzen<br />

in die Aufforstungsgebiete. Man arbeitet im<br />

Team meist unter freiem Himmel.<br />

HOLZTECHNIKER:IN<br />

Dauer: 3, 3,5 oder 4 Jahre<br />

Bei dieser zukunftsorientierten Lehre geht<br />

es um die Verbindung von Holz und Technik.<br />

Man verarbeitet Rundholz (Baumstämme) zu<br />

130


Schnittholz (Bretter, Platten, Latten), bedient<br />

Holzbearbeitungsmaschinen, Stapler und Kräne,<br />

programmiert Steuerungen und arbeitet<br />

mit Computern, geht mit Holzwerkzeugen um,<br />

lernt alles übers Leimen, Kleben, Dübeln, Polieren,<br />

Hobeln, Schleifen oder Imprägnieren und<br />

stellt fertige Produkte wie Fenster, Türen, Möbelteile<br />

oder Spanplatten her.<br />

FERTIGTEILHAUSBAUER:IN<br />

Dauer: 3 Jahre<br />

Elemente für Holzfertigteilbauten werden hergestellt<br />

und vor Ort montiert. Die Lehre spannt<br />

den Bogen vom Lesen der Baupläne bis zur<br />

Auswahl der Baumaterialien, von der Arbeit<br />

mit vollautomatischen Maschinen bis zum Zusammenbauen,<br />

Montieren und Aufstellen der<br />

Holzelemente. Handwerkliche Verfahren wie<br />

Hobeln, Bohren, Drehen, Fräsen oder Schleifen<br />

gehören genauso dazu wie die persönliche Beratung<br />

von Kund:innen. Wesentlich ist auch die<br />

Teamarbeit mit Berufskolleg:innen.<br />

ZIMMERER:IN<br />

Dauer: 3 Jahre<br />

Holzkonstruktionen und Holzbauten stehen<br />

im Mittelpunkt. Weil dabei auch auf Leitern/<br />

Gerüsten gearbeitet wird, sollte man für diese<br />

Lehre schwindelfrei sein. Man fertigt Dachstühle,<br />

Treppen, Wand- und Deckenkonstruktionen<br />

an, stellt Elemente für Holzfertigteilbauten her<br />

und montiert sie vor Ort, verbindet Teile mittels<br />

Nageln, Dübeln, Schrauben, Zapfen oder<br />

Kleben, errichtet Verschalungen oder Verkleidungen<br />

und bedient Holzbearbeitungsmaschinen<br />

– und das alles natürlich im Team.<br />

ZIMMEREITECHNIKER:IN<br />

Dauer: 4 Jahre<br />

Dieser 4-jährige Lehrberuf beinhaltet die Ausbildung<br />

zur/m Zimmerer:in. Zusätzlich lernt<br />

man selbstständige Planung und Durchführung<br />

sowie Bearbeitungs- und Montagetechnik für<br />

alle Anforderungen im Ingenieurholzbau.<br />

TISCHLER:IN<br />

Dauer: 3 Jahre<br />

Bei dieser handwerklichen, kreativitätsbetonten<br />

Lehre ist Geschicklichkeit gefordert.<br />

Man stellt Möbel, Fenster, Türen, Holzfußböden<br />

oder Bauteile nach Skizzen, Plänen oder<br />

Werkzeichnungen her. Dazu stehen Holzbearbeitungstechniken<br />

wie Messen, Anreißen,<br />

Hobeln, Stemmen, Sägen, Bohren und Schleifen<br />

auf dem Programm. Man bearbeitet Holzwerkstoffe,<br />

Kunststoffe oder Metalle und bedient<br />

typische Tischlerwerkzeuge, Geräte und<br />

Maschinen – entweder alleine oder im Team.<br />

131


TISCHLEREITECHNIKER:IN<br />

Dauer: 4 Jahre<br />

Diese Lehre geht mit der rasch wachsenden<br />

technischen Weiterentwicklung mit. Der<br />

Schwerpunkt liegt im Rahmen der Tischlereiausbildung,<br />

dazu gehören die Bereiche<br />

Arbeitsvorbereitung, Planung sowie die Detailausführung<br />

von Möbelstücken mithilfe modernster<br />

CAD-Programme. Man fertigt Skizzen<br />

und Zeichnungen an und wird miteingebunden<br />

beim Design eines Möbels oder einer Einrichtung.<br />

Man plant Produktionsabläufe und lernt<br />

den Umgang mit Kund:innen.<br />

PAPIERTECHNIKER:IN<br />

Dauer: 3,5 Jahre<br />

Bei der Herstellung von Papier bringen High-<br />

Tech-Prozesse viel Abwechslung in die Lehre.<br />

Man lernt, hochtechnisierte, computergesteuerte<br />

Maschinen einzustellen, Steuerpulte,<br />

Bleich-, Sortier-, Mahl- oder Schneidemaschinen<br />

zu bedienen, Papierstraßen oder<br />

Verpackungsanlagen zu überwachen und die<br />

Endprodukte Papier, Pappe oder Karton herzustellen<br />

bzw. zu veredeln.<br />

Zugang zu Universitäten oder Fachhochschulen bieten eine Lehre mit Matura<br />

oder die Berufsreifeprüfung nach der Lehrausbildung.<br />

» zukunftsorientierte Arbeitsplätze<br />

und Ausbildungswege über Lehre,<br />

Fachschule, BHS, Kolleg,<br />

Fachhochschule oder Universität<br />

» beste Aufstiegschancen innerhalb der<br />

Branche mit Karrieremöglichkeiten<br />

im In- und Ausland<br />

» nachwachsender Rohstoff,<br />

Bau- und Werkstoff von morgen<br />

» internationale Technologieführerschaft<br />

132


Wer einen Holzberuf ausüben will, muss nicht unbedingt eine Lehre absolvieren.<br />

Man kann nach der Pflichtschulzeit weiterführende Schulen besuchen und<br />

anschließend an Universitäten und Fachhochschulen studieren. Hier einige<br />

Beispiele für Ausbildungsstätten:<br />

HÖHERE BUNDESLEHRANSTALT<br />

FÜR FORSTWIRTSCHAFT<br />

Bei der Höheren Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft<br />

in Bruck a. d. Mur erlernen die Schüler:innen<br />

alles, was man für die Arbeit als FörsterIn<br />

braucht. Dazu zählen die Waldökologie,<br />

der Waldbau sowie der Forst- und Umweltschutz,<br />

Jagdwesen, Forst- und Arbeitstechnik<br />

aber auch Betriebswirtschaft, Marketing, Projektmanagement<br />

und Recht.<br />

Auch in vielen anderen landwirtschaftlichen<br />

Fachschulen bzw. HTLs gibt es forstliche<br />

Schwerpunkte (siehe www.genialerstoff.at).<br />

HOLZTECHNIKUM KUCHL<br />

Das Holztechnikum (HTL, Fachschule) absolvieren<br />

Jugendliche, die sich für hochtechnische<br />

Holzbe- und -verarbeitung interessieren.<br />

Neben dem fundierten Umgang mit dem<br />

Werkstoff Holz zählen Maschinenbau, Elektrotechnik<br />

und Betriebswirtschaft zu den Lerninhalten.<br />

Das Wissen kann bei einem Besuch der<br />

Fachhochschule (Holztechnologie und Holzbau)<br />

in Kuchl erweitert werden.<br />

TISCHLEREI / INNENRAUM-<br />

GESTALTUNG / MÖBEL<br />

Mehrere Schulen in ganz Österreich haben<br />

einen holzgestalterischen Schwerpunkt. Dazu<br />

zählen z.B. die HTBLA Ortwein in Graz und die<br />

HTLs bzw. Fachschulen in Hallein, Mödling,<br />

Imst, Hallstatt oder Villach.<br />

BAUTECHNIK / HOLZBAU<br />

Holzbauingenieur:innen sind gefragt als Techniker:innen<br />

in Holzbaubetrieben und Baufirmen,<br />

in Planungs-, Architektur- und Statikbüros. Die<br />

Ausbildung wird in fast allen Bundesländern<br />

angeboten – z.B. in den HTLs und Fachschulen<br />

in Graz (Ortweinschule), Pinkafeld, Linz, Hallein<br />

oder Imst.<br />

UNIVERSITÄRE AUSBILDUNG<br />

Wer sich für Holztechnologie und Forstwissenschaft<br />

interessiert, ist an der Universität für<br />

Bodenkultur in Wien bestens aufgehoben. An<br />

der Technischen Universität Graz werden nicht<br />

nur Studien rund um Holzbau und Holzbau-Architektur<br />

angeboten, sondern auch die Ausbildung<br />

im Bereich Papier-, Zellstoff- und Fasertechnik.<br />

Auch viele andere Universitäten haben<br />

holzrelevante Studienrichtungen im Portfolio.<br />

133


www.holzmachtschule.at<br />

Holz begleitet unsere Kinder von den ersten<br />

Lebenstagen an – vom familiären Umfeld bis<br />

zum Schulunterricht und vielleicht sogar bei<br />

der Berufswahl. Wir bringen den Kindern und<br />

Jugendlichen das Thema Wald und Holz in seiner<br />

Vielfältigkeit näher. Nutzen Sie das umfangreiche<br />

Angebot von proHolz Steiermark, das laufend<br />

erweitert wird.<br />

Hier ein kleiner Auszug:<br />

HOLZFORSCHERHEFTE UND<br />

KINDERZEITUNGEN –<br />

GEDRUCKTE MATERIALIEN<br />

Das <strong>Holzforscherheft</strong> 1.0 beinhaltet rund 20<br />

Experimente und das damit verbundene Hintergrundwissen.<br />

Mehrere „Kleine Kinderzeitungen“<br />

bringen den 8 – 12jährigen Wald- und<br />

Holzwissen näher. Kostenloser Versand an<br />

steirische Schulen und Kindergärten möglich.<br />

KOSTENLOSE VERLEIHMATERIALIEN<br />

Steirischen Schulen und Kindergärten steht<br />

ein breites Angebot an Verleihmaterialien zur<br />

Verfügung. Mit dabei sind eine Holzbox „Holz<br />

mit allen Sinnen erkunden“, eine Box für Volksschule<br />

und Kindergarten rund um die Wertschöpfungskette<br />

Holz „Der Weg des Holzes“,<br />

die „Holzartenbox“, eine Klimabox mit Klimaversuchen,<br />

eine genähte Pflanzenzelle oder<br />

der Holzroboter „Cubetto“ mit Begleitmaterialien.<br />

APP INS HOLZ – MIT DIGITALEN<br />

LERNKARTEN UND QUIZDUELL<br />

WISSEN AUFBAUEN<br />

Spannendes rund um Wald/Holz/Papier/Klimaschutz<br />

und vieles mehr gibt’s auf hunderten<br />

Lernkarten in der Holzforscher-App. Diese ist<br />

kostenlos im Playstore/App Store (Android und<br />

iOS) zum Download erhältlich, sowie als webbasierte<br />

App auf allen Endgeräten kostenlos<br />

nutzbar. Einfach ein Lernkartendeck durchspielen<br />

und dann gleich das Wissen bei einem<br />

Quiz-Duell testen!<br />

PÄDAGOG:INNEN-FORTBILDUNGEN<br />

Sie möchten möglichst vielen Lehrenden an<br />

Ihrer Schule das Thema Wald, Holz & Klimaschutz<br />

näher bringen? Dann kontaktieren Sie<br />

uns und vereinbaren Sie einen Termin für eine<br />

SCHILF bzw. eine SCHÜLF. Unsere Expert:innen<br />

kommen zu Ihnen in die Schule und erarbeiten<br />

gemeinsam mit Ihnen, wie Wald und Holz<br />

in beinahe jeden Unterrichtsgegenstand eingebaut<br />

werden können. Zusätzlich werden regelmäßig<br />

Standard-Fortbildungen über die Pädagogischen<br />

Hochschulen angeboten (Termine<br />

siehe PH-Online).<br />

134


WALDSPIELE – WALDAUSGÄNGE<br />

FÜR VOLKSSCHULEN<br />

Schüler:innen der 3. und 4. Klasse Volksschule<br />

sind die Hauptzielgruppe der „Waldspiele Steiermark“.<br />

Bei diesen waldpädagogischen Ausgängen<br />

arbeitet proHolz Steiermark eng mit<br />

der Landwirtschaftskammer Steiermark zusammen.<br />

Ziel ist, den Kindern den Wald nicht<br />

nur als Lebens- und Erholungsraum zu präsentieren,<br />

sondern auch seine Funktion als Arbeitgeber,<br />

Klimaschützer und Wirtschaftsmotor<br />

aufzuzeigen.<br />

Nähere Informationen:<br />

www.waldspiele-stmk.at<br />

PAPIER MACHT SCHULE<br />

Die Papier- und Zellstoffindustrie ist einer der<br />

größten Holznutzer unseres Landes. Aufgabe<br />

von „Papier macht Schule“ ist es, junge Menschen<br />

und deren Ausbildner:innen die High-<br />

Tech-Produktionsprozesse und die damit verbundenen<br />

Berufschancen näher zu bringen.<br />

Weiters gilt es, Bewusstsein dafür zu schaffen,<br />

wie vielseitig Papier eigentlich ist und wie oft<br />

bzw. wo wir jeden Tag zu Produkten aus Papier<br />

und Karton greifen.<br />

IMPRESSUM:<br />

Holzexperimente Forscherheft <strong>2.0</strong>.<br />

Erscheinungsort Graz, 1. Auflage 2022..<br />

Herausgeber: proHolz Steiermark,<br />

Reininghausstraße 13a, 8020 Graz,<br />

T +43(0)316/587850, info@holzmachtschule.at,<br />

www.proholz-stmk.at,<br />

Geschäftsführung: Mag. Doris Stiksl.<br />

Redaktion: siehe Projektteam S. 2<br />

Layout: design your dream.<br />

Illustration: proHolz Steiermark<br />

und Taska Grafik Egger & Hofbauer OG<br />

Herstellung: Medienfabrik Graz.<br />

Alle Rechte, insbesondere die Übernahme<br />

von Beiträgen nach Urheberrechtsgesetz,<br />

sind vorbehalten.<br />

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde<br />

teilweise eine geschlechtsneutrale Schreibweise<br />

verwendet. Wir weisen ausdrücklich<br />

darauf hin, dass mit diesen Begriffen Frauen<br />

als auch Männer angesprochen werden.<br />

Fotonachweis: proHolz Steiermark: S.2,16,30,<br />

34,35,40,43,48,49,65,66,79,86,101,103,104,11<br />

1,117,127. Waldspiele: 23,82,116,117,119<br />

Helmut Lunghammer: 24,25,26,28,29,30,3<br />

1,36,39,42,43,45,46,47,50,52,54,58,59,62,6<br />

3,64,65,66,67,68,69,70,74,75,80,81,82,84,9<br />

0,96,97,98,99,100,101,102,103,105,106,10<br />

7,108,109,110,112,134,135. Privat: S.2.<br />

Konstantinov: 8. BFW Karl Gartner: 14<br />

BFW Luis Villarroel Lieberona: 14,122.<br />

Grüne Erde: 78. Werner Krug: 92 . ÖFM<br />

Stübing/Universalmuseum Joanneum: 94<br />

Christoph Strachon: 95. Holzcluster Steiermark/Schmid:<br />

100. Mattro/WoodC.A.R.:107.<br />

proHolz Austria: 130,131,132<br />

sappi: 132. Kurkommission Bad Blumau/J.<br />

Rath: 56. Wirestock Freepik.com: 57<br />

Illustrationen: proHolz Steiermark: 10,11,12,<br />

18,21,22,25,27,33,37,44,45,51,57,60,61,73,76,<br />

77,81,83,85,87,88,89,121,123,124,126. Adobe<br />

Stock: 114, 135


proHolz Steiermark<br />

Reininghausstraße 13a<br />

8020 Graz<br />

Tel: 0316/58 78 50-0<br />

info@holzmachtschule.at<br />

www.holzmachtschule.at

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