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Hygiene Report 2/2022

HYGIENE Report ist das Forum für Qualitätssicherung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. In Zusammenarbeit mit hochkarätigen Autoren aus Wissenschaft und Wirtschaft berichtet das Periodikum anwenderorientiert und praxisnah zu allen relevanten Aspekten rund um das Thema Qualitätssicherung. Themen sind beispielsweise Hygiene Management, Messtechnik, Berufskleidung, Reinigung, HACCP, Personalhygiene und mikrobiologische Nachweise mit all ihren rechtlichen und gesetzlichen Problemen.

HYGIENE Report ist das Forum für Qualitätssicherung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. In Zusammenarbeit mit hochkarätigen Autoren aus Wissenschaft und Wirtschaft berichtet das Periodikum anwenderorientiert und praxisnah zu allen relevanten Aspekten rund um das Thema Qualitätssicherung.

Themen sind beispielsweise Hygiene Management, Messtechnik, Berufskleidung, Reinigung, HACCP, Personalhygiene und mikrobiologische Nachweise mit all ihren rechtlichen und gesetzlichen Problemen.

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schädlingsbekämpfung<br />

2·22<br />

Auch bei den Ameisen tut<br />

sich etwas in Deutschland,<br />

allen voran die Argentinische<br />

Ameise (Linepithema humile),<br />

die von Südamerika kommend<br />

sich mittlerweile sogar weltweit<br />

ausgebreitet hat. Und sie bringt<br />

gleich mehrere Vorteile für ihre<br />

neue Heimat mit: Trotz ihrer<br />

warmen Herkunft ist sie relativ<br />

kältetolerant und wurde sowohl<br />

in Deutschland als auch in Japan<br />

auch in den Wintermonaten<br />

aktiv im Freiland gefunden.<br />

In Südamerika haben diese<br />

Ameisen eine Königin und die<br />

Kolonien bekämpfen sich untereinander.<br />

In der neuen Heimat<br />

sind es pro Kolonie mehrere<br />

Königinnen und die Kolonien<br />

bekämpfen sich nicht, was die<br />

Überlebenschancen um ein<br />

Wesentliches erhöht. Ein weiterer<br />

Vorteil: Die Argentinische<br />

Ameise ist ein Allesfresser und<br />

kein Nahrungsspezialist, womit<br />

auch diese Eigenschaft zu<br />

ihrem Überleben in der<br />

Fremde beiträgt.<br />

Abb. 4: Schmetterlingsmücken sind auch in<br />

Deutschland keine Seltenheit mehr und können<br />

auch in Lebensmittelbetrieben auftreten.<br />

Zwar sind diese Ameisen laut<br />

wissenschaftlicher Aussage für<br />

den Menschen ungefährlich,<br />

aber sie haben dramatische<br />

Auswirkungen auf heimische<br />

Ameisenarten und das Potential,<br />

ganze Ökosysteme zu<br />

verändern, zählen damit zu den<br />

weltweit gefährlichsten<br />

invasiven Organismen.<br />

Zu den nach Deutschland<br />

eingeschleppten Ameisenarten<br />

zählt auch die aus den Tropen<br />

stammende Drüsenameise<br />

(Tapinoma melancephalum).<br />

Nützlich macht sie sich, weil sie<br />

die Eier der Stubenfliege frisst.<br />

Problematisch ist sie andererseits,<br />

weil sie als Überträger von<br />

Infektionskrankheiten auftreten<br />

kann, so sind unter anderem<br />

auch Salmonellen nachgewiesen<br />

worden. Eine weitere nach<br />

Deutschland eingeschleppte,<br />

aus den Subtropen stammende<br />

Art ist die Dickkopfameise<br />

(Pheidole megacephala), die<br />

in keiner Weise kältetolerant ist<br />

und somit in unseren Breiten<br />

an das menschliche Umfeld<br />

gebunden ist.<br />

Interessant dabei ist ferner,<br />

dass nicht bei uns heimische<br />

Insektenarten, laut einer Studie<br />

der Universität Bern, vornehmlich<br />

in wirtschaftlich florierenden<br />

Ballungsgebieten mit hohem<br />

Handels- und Reiseaufkommen<br />

auftreten, womit erstmals<br />

nachgewiesen werden<br />

konnte, dass neben dem<br />

Klimawandel auch der<br />

menschliche Einfluss<br />

dafür verantwortlich<br />

ist, dass diese Insekten<br />

nach Nord- und Mitteleuropa<br />

eingeschleppt<br />

werden und sich hier<br />

etablieren können.<br />

Was sind die<br />

konkreten Folgen<br />

dieser Entwicklung?<br />

Die konkreten Folgen<br />

der Entwicklung<br />

Klimawandel und Schädlinge<br />

sind im Moment und im<br />

Detail noch gar nicht vollständig<br />

abzusehen. Auf der Hand<br />

liegt aber, dass die Anzahl der<br />

Schädlinge und die Anzahl der<br />

Schädlingsarten im gesamten<br />

menschlichen Umfeld um ein<br />

Vielfaches zunehmen wird. Auf<br />

der Hand liegt auch, dass das<br />

Thema Schädlinge, Prophylaxe<br />

und Bekämpfung in der Lebensmittelbranche<br />

einen noch<br />

höheren Stellenwert haben wird<br />

bzw. haben muss, als man sich<br />

heute vorstellen kann.<br />

Und auch die Verantwortlichen<br />

in den Lebensmittelbetrieben<br />

werden nicht umhinkommen,<br />

sich mit dieser Thematik noch<br />

intensiver und noch detaillierter<br />

auseinanderzusetzen. Mit der<br />

bisherigen Einstellung „Der<br />

Kammerjäger wird es schon<br />

richten“ ist es im Prinzip heute<br />

schon nicht mehr getan und<br />

wird es in Zukunft erst recht<br />

nicht sein.<br />

Heute und zukünftig ist seitens<br />

der Lebensmittelunternehmen<br />

aktives Schädlingsmanagement<br />

gefragt, wozu dem interessierten<br />

Leser mein im Jahre 2017<br />

erschienenes Buch „Schädlingsmanagement<br />

im Lebensmittelbetrieb“<br />

wertvolle Tipps<br />

und Hinweise gibt. Denn klar<br />

ist: Bei einem stetig steigenden<br />

Gefährdungspotential muss<br />

die passive Rolle seitens der<br />

Verantwortlichen in der Lebensmittelbranche<br />

endgültig der<br />

Vergangenheit angehören.<br />

Eine Gefahr sehe ich darin,<br />

dass die bei uns am Markt<br />

befindlichen Schädlingsbekämpfungsmittel<br />

bei den neu<br />

zu uns gekommenen Schädlingen<br />

nicht wirken, nicht deren<br />

Gewohnheiten entsprechen<br />

oder nicht attraktiv genug sind.<br />

So stellen wir bereits heute fest,<br />

Abb. 5: Die Argentinische Ameise (Linepithema humile) stammt zwar aus<br />

Südamerika, ist aber sehr kältetolerant und kommt in unseren Breiten auch<br />

mit kälteren Temperaturen sehr gut zurecht. Fotos: Thomas F. Voigt<br />

dass unsere Schädlinge ihre<br />

Nahrungspräferenzen verändern<br />

und herkömmliche Mittel,<br />

Lockstoffe und Verfahren nicht<br />

mehr bzw. nur bedingt wirken.<br />

Hausmäuse sind beispielsweise<br />

mit dem Getreideanbau nach<br />

Nord- und Mitteleuropa gelangt,<br />

haben sich ursprünglich ausschließlich<br />

von Getreide ernährt,<br />

mittlerweile eine Getreideintoleranz<br />

entwickelt und ernähren<br />

sich in Ballungsgebieten primär<br />

von Fast-Food-Abfällen, was<br />

herkömmliche Bekämpfungsmittel<br />

unwirksam werden lässt.<br />

Hier besteht seitens Forschung<br />

und Wirtschaft dringender<br />

Handlungsbedarf. Denn<br />

Schädlinge waren schon immer,<br />

sind heute und werden auch<br />

in Zukunft für die gesamte Lebensmittelbranche<br />

eine massive<br />

Gefährdung bleiben, die bis hin<br />

zur Existenzgefährdung reichen<br />

kann.<br />

Pest Control Consult<br />

Postfach 12 17<br />

D-669511 Laudenbach<br />

36 www.hygiene-report-magazin.de

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