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Hygiene Report 2/2022

HYGIENE Report ist das Forum für Qualitätssicherung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. In Zusammenarbeit mit hochkarätigen Autoren aus Wissenschaft und Wirtschaft berichtet das Periodikum anwenderorientiert und praxisnah zu allen relevanten Aspekten rund um das Thema Qualitätssicherung. Themen sind beispielsweise Hygiene Management, Messtechnik, Berufskleidung, Reinigung, HACCP, Personalhygiene und mikrobiologische Nachweise mit all ihren rechtlichen und gesetzlichen Problemen.

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Themen sind beispielsweise Hygiene Management, Messtechnik, Berufskleidung, Reinigung, HACCP, Personalhygiene und mikrobiologische Nachweise mit all ihren rechtlichen und gesetzlichen Problemen.

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schädlingsbekämpfung<br />

2·22<br />

Thomas F. Voigt<br />

Schädlinge und der Klimawandel<br />

Massive Veränderungen erfordern ein spezielles Management für Lebensmittelbetriebe<br />

Sowohl von politischer als auch von wissenschaftlicher Seite ist mittlerweile bestätigt, dass sich in den vergangenen Jahren<br />

ein Klimawandel mit gestiegenen Temperaturen vollzogen hat. Da gerade Insekten, die häufig auch in der Welt der<br />

Schädlinge anzutreffen sind, wechselwarme Tiere sind und deren Entwicklungen sowie Aktivitäten ganz maßgeblich von<br />

den Außentemperaturen abhängig sind und beeinflusst werden, hat dieser Temperaturanstieg im ersten Schritt natürlich<br />

auch Folgen für die Schadinsekten – und im zweiten Schritt auch für die gesamte Lebensmittelbranche.<br />

Alle bei uns auftretenden<br />

Schädlinge stammen aus<br />

wärmeren Regionen der Erde<br />

Über einen in diesem Zusammenhang<br />

wichtigen Faktor<br />

sollte man sich zu Beginn einer<br />

solchen Betrachtung im Klaren<br />

sein: Alle bei uns derzeit auftretenden<br />

Schädlinge stammen<br />

(wie aus Tabelle 1 ersichtlich)<br />

aus den wärmeren Regionen<br />

dieser Erde und haben sich<br />

mitunter vollständig unsrem<br />

Klima angepasst. So stammt<br />

beispielsweise die Große<br />

Stubenfliege (Musca domestica)<br />

aus Ostafrika, kann bei<br />

uns ganzjährig überleben und<br />

schafft es mittlerweile auch, in<br />

unseren Breiten im Freiland zu<br />

überwintern.<br />

Selbst die stark temperaturabhängigen<br />

Schaben können<br />

unter bestimmten Voraussetzungen<br />

im Freiland leben und<br />

auftreten. Im Raum Hamburg<br />

wurden Deutsche Schaben<br />

(Blatella germanica) im Dezember<br />

an der Außenwand eines<br />

Kesselhauses gefunden. Und<br />

auch Motten können in den<br />

Sommermonaten bei uns in<br />

Deutschland im Freiland auftreten<br />

– und deren Eier tolerieren<br />

sogar Tiefsttemperaturen von<br />

bis zu -18 °C, während der<br />

erwachsene Falter bereits bei<br />

4 °C verendet.<br />

Natürlich ist dies im Moment<br />

noch nicht für alle Schädlinge<br />

möglich, so dass andere Schaben-<br />

und Käferarten noch an<br />

die warmen Temperaturen im<br />

menschlichen Umfeld gebunden<br />

sind, aber auch das wird<br />

sich in Zukunft ändern.<br />

Was verändert der Klimawandel<br />

bei den bereits hier<br />

lebenden Schädlingen?<br />

Durch die stetig zunehmende<br />

Erwärmung der Außentemperaturen<br />

haben sich die Aktivitätsund<br />

Entwicklungsbedingungen<br />

für Schädlinge ganz wesentlich<br />

verbessert. Erstens führt dies<br />

zu kürzeren Ruhephasen und<br />

längeren Aktivitätsperioden, so<br />

dass die ursprüngliche Einstellung,<br />

Insekten könne man in<br />

den Wintermonaten vernachlässigen,<br />

keine Gültigkeit mehr hat.<br />

Längere Aktivitätsperioden haben<br />

wiederum zur Folge, dass<br />

den Schädlingen mehr Zeit für<br />

die Vermehrung zur Verfügung<br />

steht, was in der Regel zu<br />

Abb. 1: Die Kaisergoldfliege (Lucilia sericata), seit längerer Zeit in Deutschland<br />

vertreten, profitiert vom Klimawandel mit höheren Vermehrungsraten.<br />

höheren Populationsdichten<br />

und damit zu einem Mehr an<br />

Schädlingen führt.<br />

Fliegen beispielsweise, die auch<br />

für die Lebensmittelbranche<br />

eine massive Gefahr darstellen,<br />

da sie gefährliche Krankheitskeime<br />

übertragen können,<br />

reagieren extrem sensibel auf<br />

geringste Temperaturveränderungen.<br />

Die Zeit der Eientwicklung<br />

der Goldfliege (Lucilia<br />

spp.), von Ei bis Larve, beträgt<br />

bei Temperaturen > 25 °C nur<br />

etwa 24 Stunden. Bei 30 °C ist<br />

die gesamte Entwicklung (Ei bis<br />

erwachsene Fliege) der Goldfliegen<br />

innerhalb von nur fünf<br />

Tagen abgeschlossen. Im Sommer<br />

kann unter Umständen alle<br />

2 bis 3 Wochen mit einer neuen<br />

Generation gerechnet werden.<br />

Und ein Fliegenweibchen dieser<br />

Gattung legt bei durchschnittlich<br />

25 °C 2000 Eier, bei 30 °C<br />

sind es schon 3000 Eier.<br />

Auch andere Fliegenarten<br />

können mithalten, die Kleine<br />

Stubenfliege (Fannia canicularis)<br />

braucht bei 30 °C etwa<br />

acht Tage für ihre Entwicklung.<br />

Die Große Stubenfliege (Musca<br />

domestica) ist mit ihrer Entwicklung<br />

hier etwas langsamer,<br />

bei 16 °C gute vier Wochen,<br />

bei 25 °C noch knapp 14 Tage,<br />

aber bei 33 °C, die in unseren<br />

Sommern heutzutage keine<br />

Seltenheit mehr sind, aber nur<br />

noch sieben Tage.<br />

Folge davon ist, dass in einer<br />

mittleren Sommerperiode von<br />

einem Fliegenweibchen ausgehend<br />

bis zu zehn Generationen<br />

mit 20.000 bis 30.000 Fliegen<br />

möglich sind. Und Fliegen<br />

sollten keineswegs – wie in<br />

vielen Lebensmittelbetrieben<br />

immer noch angenommen – als<br />

unschädlich bagatellisiert werden.<br />

Im Gegenteil: Sie können<br />

34 www.hygiene-report-magazin.de

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