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atw - International Journal for Nuclear Power | 03.2022

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information. www.nucmag.com

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<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Dossier: Debatte über den Weiterbetrieb<br />

von Kernkraftwerken zur Energiesicherung im<br />

Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine<br />

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine führt dort zu Zerstörung, Leid und Tod sowie zu einer<br />

Welle von Millionen Kriegsflüchtlingen innerhalb des Landes und in die Nachbarstaaten bzw. die<br />

gesamte Europäische Union. Darüber hinaus ist die europäische Ordnung nach dem Kalten Krieg<br />

herausge<strong>for</strong>dert und die geopolitische Situation nicht nur in Europa, sondern möglicherweise auch<br />

weltweit verändert.<br />

Neben diesen ganz großen Themen, die die<br />

Nachrichtenlage und Sondersendungen wie<br />

Analysen dominieren, wird mit gutem Grund<br />

auch über die energiepolitischen Auswirkungen<br />

der geopolitischen Krise diskutiert. Russland ist<br />

in Summe über die verschiedenen Energieträger<br />

der bedeutendste Exporteur von Energierohstoffen<br />

und besonders mit Europa eng<br />

verbunden, aus historischen wie kommerziellen<br />

Gründen. Gerade in Deutschland wurde diese<br />

Verflechtung, die eben auch Abhängigkeit<br />

bedeutet, geradezu gepflegt als Element einer<br />

partnerschaftlichen Beziehung zu Russland, als<br />

Unterpfand eines friedlichen Europa, als Beitrag<br />

zur wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und<br />

– auch dies – als Absicherung der deutschen<br />

Energiewende, die auf die Abschaffung der<br />

Kernenergie und der Kohleverstromung zielt.<br />

Ganz unmittelbar bringt die Krise eine schwerwiegende<br />

Unsicherheit in der Energieversorgung,<br />

denn im vergangenen Jahr bezog Deutschland<br />

55 % seines Erdgases, 50 % der Kraftwerksund<br />

Kokskohle sowie 35 % seines Ölbedarfs in<br />

Form von Rohöl und Ölprodukten, insbesondere<br />

Diesel bzw. leichtes Heizöl aus Russland. Innerhalb<br />

Deutschlands sind russische Unternehmen<br />

oder ihre Gesellschaften Betreiber von Energieinfrastruktur<br />

wie Gasspeichern, Pipelines und<br />

Raffinerien sowie auf verschiedenen Ebenen des<br />

Handels und der Distribution aktiv.<br />

Damit steht nun ein wesentlicher Teil der deutschen<br />

Energieversorgung gleichsam von einem<br />

Tag auf den anderen zur Disposition, sei es, dass<br />

in einer politischen Eskalation Russland die<br />

Lieferungen aussetzt oder seine Marktposition<br />

missbraucht, sei es, dass ein Embargo gegen<br />

russische Energielieferungen verhängt wird.<br />

Letzteres ist im Fall der Kohle durch die EU<br />

bereits beschlossen worden.<br />

Vor diesem Hintergrund hat Bundeswirtschaftsminister<br />

Robert Habeck bereits am 27.02.2022<br />

in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ angekündigt,<br />

die Möglichkeit eines Weiterbetriebs<br />

von Kernkraftwerken zur Sicherung der Energieversorgung<br />

zu prüfen und zwar ohne Denkverbote<br />

und ohne eine solche Option „ideologisch<br />

abwehren“ zu wollen.<br />

In der Folge, im Lauf des 28. Februar haben zwei<br />

Energieversorger ihre bis dato bezüglich allen<br />

zuvor geführten Diskussionen über einen Weiterbetrieb<br />

aus Gründen des Klimaschutzes ablehnenden<br />

Positionen modifiziert. Bislang galt, dass<br />

kein Interesse an einem Weiterbetrieb bestehe,<br />

da alle Planungen etwa im Hinblick auf die<br />

Technik und die Rückbauplanungen, die Personalplanung<br />

und die vertraglichen Regelungen<br />

seit Jahren auf die Abschaltung und den unverzüglichen<br />

Rückbau gerichtet seien. Im Lichte der<br />

neuen Lage wurde die Bereitschaft erklärt, die<br />

Möglichkeiten in Richtung eines Weiterbetriebs<br />

zu prüfen und unter geeigneten Rahmenbedingungen<br />

und auf ausdrücklichen Wunsch der<br />

Bundesregierung von der geplanten Vorgehensweise<br />

abzuweichen. Ein anderer Betreiber<br />

äußerte sich sehr skeptisch und betonte die<br />

Hürden, die einem solchen Weg im Wege<br />

stünden. Alle drei Betreiber stromerzeugender<br />

Kernkraftwerke betonten, zum beschlossenen<br />

Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland zu<br />

stehen.<br />

Seitens der Bundesumweltministerin Steffi<br />

Lemke kam unmittelbar eine negative Einschätzung,<br />

die mit Sicherheitsbedenken begründet<br />

wurde. Einige Landespolitiker und Bundestagsabgeordnete<br />

haben dagegen eine ergebnisoffene<br />

Prüfung der Einbeziehung der Kernenergie in die<br />

Versorgungssicherheitsplanung ge<strong>for</strong>dert. Diese<br />

Diskussion hat in den folgenden Wochen<br />

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KERND BRANCHENINFORMATION<br />

KernD Branchenin<strong>for</strong>mation

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