atw - International Journal for Nuclear Power | 03.2022

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information. www.nucmag.com Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information.

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Abb. 15: LNG Importeure und ihre Quellen atw Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai Europa Japan SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 26 China | Quelle: Abb. 15 BP Statistical Review of World Energy 2021 LNG-Importeure und ihre Quellen (in Mrd. Kubikmeter). (Quelle: BP Statistical Review of World Energy 2021) Schiefergas-Revolution in den USA. Die starke Veränderung des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage in den USA führten zu einem starken Interesse von US-Firmen an Gas-Exporten. Parallel dazu exportieren auch die Gasförderländer am Golf verstärkt LNG. In beiden Fällen war Asien der interessante Zielmarkt, da hier die Gasnachfrage sehr stark wuchs. Den Vorsprung Asiens bei LNG- Importen kann man Abb. 15 entnehmen: hier wird deutlich, dass alleine die drei Länder China, Japan und Südkorea bei den LNG-Importen Europa deutlich überflügeln. Trotz der jetzigen Sondersituation, dass Pipelineimporte nach Europa durch LNG kompensiert werden müssen, kann davon ausgegangen werden, dass die Gasnachfrage in Asien das europäische Nachfragewachstum in den Schatten stellen werden – sofern also nicht auch Exportkapazitäten für LNG stark ausgebaut werden, ist nicht mit sinkenden LNG-Preisen zu rechnen. Der große Vorteil von LNG im Unterschied zu leitungsgebundenem Gas ist die Angebotsvielfalt: LNG kann aus einer Reihe von Exportländern geliefert werden, so dass es zu keiner Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferantenland führen kann. Das kann u.U. auch eine Rolle für zukünftige Wasserstoffimporte spielen: Importe per Schiff können hier als die flexiblere und damit attraktivere Lösung gesehen werden. Bei LNG hat man aktuell die Wahl zwischen 20 Exportländern (Abb. 16), wobei die drei größten Exporteure Australien, Katar und die USA einen Marktanteil von zusammen über 55 % haben. Südkorea Zum Verschiffen des LNG stehen knapp 650 Schiffe zur Verfügung. Moderne Technologie erlaubt sogar weitergehende Flexibilisierungsmöglichkeiten: die Prelude von Shell ist ein Floating LNG-Schiff (FLNG), d. h. das Schiff ermöglicht die Erdgasförderung auf dem Meer, die Verflüssigung und Speicherung auf dem Schiff. Frachtschiffe können dann von der Prelude mit LNG beladen werden. Analog gibt es auch FSRU, Floating Storage and Regasification Units. Das sind schwimmende LNG-Terminals mit integrierter Regasifizierung. Diese Form des Anlandeterminals kann z. B. eingesetzt werden, bis ein landgestütztes LNG- Terminal fertiggestellt worden ist. Der inzwischen recht liquide LNG-Markt führt seit einigen Jahren zu zunehmenden Preisgleichheiten weltweit – allerdings immer unter Einbezug der Transportkosten, die natürlich stark von der Länge des zurückzulegenden Frachtweges abhängen. Die typischen Kosten für eine LNG-Fracht an einem Anlandehafen bestehen aus den relevanten Marktpreisen für Erdgas am Verladehafen (z. B. Henry Hub für die LNG hubs Sabine Pass oder Cameron), die Transportkosten des Erdgases zum Verladehafen, Kosten für Verflüssigung des Erdgases und der Schiffsbeladung, die Frachtkosten, Treibstoffkosten, „boil off“ (Verluste während des Transportes), etwaige Kanalgebühren (z. B. Panama-Kanal für Exporte von der Ostküste der USA nach Asien) und die Regasifizierungskosten. Der intensivere Handel Serial | Major Trends in Energy Policy and Nuclear Power Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich

Abb. 16: Übersicht zum globalen LNG-Markt atw Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai Nachfrageseite 43 Importländer 20 Exportländer | Abb. 16 Übersicht zum globalen LNG-Markt. 1 MTPA 1 MTPA = million tonnes tonnes per per annum annum . . . . . . . . 1 million tonnes LNG = 48.0279467 bcf 1 million (Quelle: tonnes GIIGNL GROUPE LNG = INTERNATIONAL 48.0279467 bcf DES IMPORTATEURS DE GAZ NATUREL LIQUÉFIÉ https://giignl.org , Annual Report 2021) mit LNG weltweit hat zu einer Parallelisierung der Preise an den Großhandelsmärkten für Erdgas geführt. In Folge wird der europäische Gashandel noch stärker als bisher auf globale Gaspreisentwicklungen reagieren. Im letzten Jahr war dies (sogar noch gedämpft) der Fall, als viele asiatische Länder ihre leeren Gasspeicher nach einem kalten Winter auffüllten und in Erwartung eines weiteren kalten Winters sehr rasch sehr hohe Mengen auf dem Weltmarkt kauften. Eine Sonderrolle spielt hier Japan, da die weggefallende nukleare Stromerzeugung durch Gaskraftwerke ersetzt wurde – und damit die Nachfrage nach LNG sowie die Zahlungsbereitschaft sehr hoch ist. Teilweise können die LNG-Importe – ausreichende Regasifizierungskapazitäten vorausgesetzt – auch Gasspeicher partiell unterstützen, da saisonale Schwankungen mit erhöhten LNG-Importen beantworten werden können. Ebenso können LNG-Schiffe auch als schwimmender Gasspeicher genutzt werden, wenn man bereit ist die Chartergebühren für den benötigten Zeitraum zu zahlen. Die Perspektive für Wasserstoffimporte Der globale Handel mit LNG kann in vielerlei Hinsicht als Vorläufer eines globalen Handels mit Wasserstoff oder mit Energieträgern auf Basis von neutral produziertem Wasserstoff. Experten sehen aktuell nicht nur Wasserstoff als möglichen Energieträger für Exporte, sondern ebenso synthetisches Methan, Methanol, Ammoniak oder andere synthetische Treib- und Brennstoffe. Diese „synfuels“ werden mit Angebotsseite 947 MTPA 1 Regasifizierungskapazität insgesamt 454 MTPA Verflüssigungskapazität insgesamt 71% der globalen LNG-Nachfrage kommt aus Asien 41% der globalen Lieferungen aus dem pazifischen Becken Die größten 5 Importländer: • Japan (74,43 MTPA; 20,9%) • China (68,91 MTPA; 19,3%) • Südkorea (40,81 MTPA; 11,5%) • Indien (26,63 MTPA; 7,5%) • Taiwan (17,76 MTPA; 5,0%) Die größten 5 Exportländer: • Australien (77,77 MTPA; 21,8%) • Katar (77,13 MTPA; 21,7%) • USA (44,76 MTPA; 12,6%) • Malaysia (23,85 MTPA; 6,7%) • Nigeria (20,55 MTPA; 5,8%) LNG Tankerflotte: 642 Frachtschiffe mit 95.2 Million Kubikmeter Transportkapazität • Gesamtes Importvolumen: 356,1 MTPA (354,7 MT in 2019; 313 MT in 2018) • Typische Vertragsdauer der lang- und mittelfristigen Verträge 11,7 Jahre • Importierte Mengen auf Basis eines Spot- oder Kurzfristvertrages (≤ 4 years): 40% des gesamten LNG- Handelsvolumens klimaneutral erzeugtem Wasserstoff erzeugt. Sie können entweder Vorteile beim Transport bieten und/oder bei ihrer Nutzung. Synthetisches Methan beispielsweise kann als Erdgasersatz dienen – das hat den Vorteil, dass Transport- und Verteilnetze für Erdgas weiter genutzt werden können, ebenso die erdgasbetriebenen Heizungen. Allerdings muss zur Herstellung von synthetischem Methan ein Kreislauf mit eingefangenem CO 2 eingerichtet werden, was zu einem relevanten Kostenblock führt. Wasserstoff oder Ammoniak würden keine direkten CO 2 -Emissionen hervorrufen, ihr Transport ist aber wegen der extrem niedrigen Temperaturen für flüssigen Wasserstoff oder der Toxizität von Ammoniak mit anderen Herausforderungen zurechtkommen muss. Quelle: GIIGNL GROUPE INTERNATIONAL DES IMPORTATEURS DE GAZ NATUREL LIQUÉFIÉ https://giignl.org , Annual Report 2021 Vorliegenden Schätzungen zufolge wird 2050 weniger als ein Drittel der im Inland für alle Einsatzzwecke benötigten Mengen an Wasserstoff aus inländischen Elektrolyse-Anlagen kommen können 14 . Gemäß Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und FDP aus November 2021 soll in Deutschland bis 2030 eine Elektrolyse-Kapazität von 10 GW errichtet werden. Damit könnten ca. 0,8 Mio. Tonnen Wasserstoff auf Basis von erneuerbar erzeugtem Strom produziert werden. Bei knapp drei Viertel wird Deutschland auf Importe angewiesen sein. Die Nationale Wasserstoff-Strategie trägt dieser Tatsache Rechnung. 15 Internationale Partnerschaften zur Realisierung entsprechender Vorhaben können dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. 16 Aktuelle Gespräche zum Thema LNG-Importe beinhalten daher nahezu immer einen Bezug zu Wasserstoffimporten. Global werden sich dabei aller Voraussicht nach Regionen bilden, die vor allem synthetische Bild 13 SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 27 14 La Revue de l´Énergie, octobre 2021, Decarbonised hydrogen imports into the European Union: challenges and opportunities 15 Die Bundesregierung (2020) 16 Ludwig-Bölkow-Systemtechnik und Weltenergierat – Deutschland (2020) Serial | Major Trends in Energy Policy and Nuclear Power Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich

Abb. 15: LNG Importeure und ihre Quellen<br />

<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 3 ı Mai<br />

Europa<br />

Japan<br />

SERIAL | MAJOR TRENDS IN ENERGY POLICY AND NUCLEAR POWER 26<br />

China<br />

| Quelle: Abb. 15 BP Statistical Review of World Energy 2021<br />

LNG-Importeure und ihre Quellen (in Mrd. Kubikmeter).<br />

(Quelle: BP Statistical Review of World Energy 2021)<br />

Schiefergas-Revolution in den USA. Die starke Veränderung<br />

des Gleichgewichts zwischen Angebot und<br />

Nachfrage in den USA führten zu einem starken Interesse<br />

von US-Firmen an Gas-Exporten. Parallel dazu<br />

exportieren auch die Gasförderländer am Golf<br />

verstärkt LNG. In beiden Fällen war Asien der interessante<br />

Zielmarkt, da hier die Gasnachfrage sehr<br />

stark wuchs. Den Vorsprung Asiens bei LNG-<br />

Importen kann man Abb. 15 entnehmen: hier wird<br />

deutlich, dass alleine die drei Länder China, Japan<br />

und Südkorea bei den LNG-Importen Europa deutlich<br />

überflügeln. Trotz der jetzigen Sondersituation,<br />

dass Pipelineimporte nach Europa durch LNG<br />

kompensiert werden müssen, kann davon ausgegangen<br />

werden, dass die Gasnachfrage in Asien das<br />

europäische Nachfragewachstum in den Schatten<br />

stellen werden – sofern also nicht auch Exportkapazitäten<br />

für LNG stark ausgebaut werden, ist nicht mit<br />

sinkenden LNG-Preisen zu rechnen.<br />

Der große Vorteil von LNG im Unterschied zu<br />

leitungsgebundenem Gas ist die Angebotsvielfalt:<br />

LNG kann aus einer Reihe von Exportländern geliefert<br />

werden, so dass es zu keiner Abhängigkeit von<br />

einem einzelnen Lieferantenland führen kann. Das<br />

kann u.U. auch eine Rolle für zukünftige Wasserstoffimporte<br />

spielen: Importe per Schiff können hier<br />

als die flexiblere und damit attraktivere Lösung<br />

gesehen werden. Bei LNG hat man aktuell die Wahl<br />

zwischen 20 Exportländern (Abb. 16), wobei die drei<br />

größten Exporteure Australien, Katar und die USA<br />

einen Marktanteil von zusammen über 55 % haben.<br />

Südkorea<br />

Zum Verschiffen des LNG stehen knapp 650 Schiffe<br />

zur Verfügung.<br />

Moderne Technologie erlaubt sogar weitergehende<br />

Flexibilisierungsmöglichkeiten: die Prelude von<br />

Shell ist ein Floating LNG-Schiff (FLNG), d. h. das<br />

Schiff ermöglicht die Erdgasförderung auf dem Meer,<br />

die Verflüssigung und Speicherung auf dem Schiff.<br />

Frachtschiffe können dann von der Prelude mit LNG<br />

beladen werden. Analog gibt es auch FSRU, Floating<br />

Storage and Regasification Units. Das sind schwimmende<br />

LNG-Terminals mit integrierter Regasifizierung.<br />

Diese Form des Anlandeterminals kann z. B.<br />

eingesetzt werden, bis ein landgestütztes LNG-<br />

Terminal fertiggestellt worden ist.<br />

Der inzwischen recht liquide LNG-Markt führt seit<br />

einigen Jahren zu zunehmenden Preisgleichheiten<br />

weltweit – allerdings immer unter Einbezug der<br />

Transportkosten, die natürlich stark von der Länge<br />

des zurückzulegenden Frachtweges abhängen. Die<br />

typischen Kosten für eine LNG-Fracht an einem<br />

Anlandehafen bestehen aus den relevanten Marktpreisen<br />

für Erdgas am Verladehafen (z. B. Henry Hub<br />

für die LNG hubs Sabine Pass oder Cameron), die<br />

Transportkosten des Erdgases zum Verladehafen,<br />

Kosten für Verflüssigung des Erdgases und der<br />

Schiffsbeladung, die Frachtkosten, Treibstoffkosten,<br />

„boil off“ (Verluste während des Transportes),<br />

etwaige Kanalgebühren (z. B. Panama-Kanal für<br />

Exporte von der Ostküste der USA nach Asien) und<br />

die Regasifizierungskosten. Der intensivere Handel<br />

Serial | Major Trends in Energy Policy and <strong>Nuclear</strong> <strong>Power</strong><br />

Perspektiven der Energieversorgung in Deutschland ı Hans-Wilhelm Schiffer, Stefan Ulreich

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