VdK-Zeitung - Ausgabe RLP Dezember 21/Januar 22
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
75. Jahrgang<br />
Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
<strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
THEMEN<br />
Reportage<br />
Warum die Grundrente<br />
viele enttäuscht Seite 3<br />
Pflege<br />
CSU-Minister kritisiert<br />
Spahns Pflegereform Seite 6<br />
Gesundheit<br />
Virtuelle Realität<br />
für ältere Menschen Seite 8<br />
<strong>VdK</strong>-TV<br />
Was ist wichtig beim<br />
EM-Renten-Antrag? Seite 12<br />
Verbraucher<br />
Leben mit Hartz IV<br />
in der Weihnachtszeit Seite <strong>21</strong><br />
Gemüse und Obst müssen günstiger werden, damit sich mehr Menschen gesünder ernähren können.<br />
Foto: picture alliance/ZB/Jens Kalaene<br />
Aus dem<br />
Landesverband<br />
<strong>VdK</strong>-Wünsche zum<br />
Jahreswechsel Seite 13<br />
Klimaschutz fängt beim Essen an<br />
Der <strong>VdK</strong> fordert eine Steuerreform, die nachhaltige und gesunde Lebensmittel begünstigt<br />
Eine konsequente Klimaschutzpolitik<br />
ist dringend notwendig. Da sind<br />
sich Experten einig. Doch je mehr<br />
Parteien am Tisch sitzen, umso<br />
schwerer ist eine solche Politik umzusetzen.<br />
Das hat zuletzt die Weltklimakonferenz<br />
gezeigt, die Mitte<br />
November in Glasgow mit weniger<br />
weitreichenden Ergebnissen endete,<br />
als viele gehofft hatten.<br />
Vor diesem Hintergrund fordert<br />
der Sozialverband <strong>VdK</strong> gemeinsam<br />
mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband<br />
(vzbv) und Greenpeace<br />
von den drei Ampel-Koalitionären<br />
eine Steuerreform, die nachhaltige<br />
und gesunde Lebensmittel begünstigt:<br />
Die Mehrwertsteuer auf frisches<br />
Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte<br />
sollte so weit wie möglich<br />
gesenkt werden. „Damit werden<br />
Anreize gesetzt, mehr pflanzliche<br />
statt tierischer Lebensmittel zu essen.<br />
Zugleich wird dadurch eine<br />
gesunde, umwelt- und klimaverträgliche<br />
Ernährung für alle Menschen<br />
möglich und bezahlbar“, sagt<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele.<br />
Eine solche Politik findet auch in<br />
der Bevölkerung breite Zustimmung:<br />
71 Prozent der Deutschen<br />
wünschen sich, dass Lebensmittelpreise<br />
die wahren Kosten abbilden,<br />
also auch die Kosten der Umweltund<br />
Klimaschäden, die bei der Produktion<br />
entstehen. Das ist das Ergebnis<br />
einer repräsentativen Umfrage<br />
des Meinungsforschungsinstituts<br />
Kantar im Auftrag des vzbv. 81 Prozent<br />
der Befragten befürworten<br />
zudem steuerliche Anreize, die einen<br />
umwelt- und klimaverträglichen<br />
Konsum fördern.<br />
Die drei Verbände sehen darin<br />
einen klaren Auftrag an die Bundesregierung,<br />
die Mehrwertsteuer<br />
auf pflanzliche Lebensmittel so<br />
weit wie möglich zu senken und<br />
sich in Brüssel für eine EU-weite<br />
Steuerbefreiung einzusetzen. Es<br />
sei schließlich Aufgabe der Bundesregierung,<br />
die vom Klimaschutzgesetz<br />
vorgegebenen Emissionsziele<br />
zu erreichen, sagt Klaus<br />
Müller, Vorstand des vzbv. „Das<br />
könnte auch helfen, den aktuellen<br />
Preisanstieg bei Lebensmitteln<br />
auszugleichen“, betont Bentele.<br />
Die drei Organisationen begrüßen<br />
zudem eine Tierwohlabgabe. Eine<br />
Expertenkommission unter Vorsitz<br />
des ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministers<br />
Jürgen Borchert<br />
(CDU) hatte eine solche Abgabe<br />
2020 vorgeschlagen: Bäuerinnen<br />
und Bauern sollten mit den Einnahmen<br />
aus einer zweckgebundenen<br />
Abgabe gezielt unterstützt werden,<br />
wenn sie dafür weniger Tiere und<br />
diese unter artgerechten Bedingungen<br />
halten. „Die Landwirtschaft<br />
kann ihren Beitrag zur Klimaneutralität<br />
nur leisten, wenn halb so<br />
viele Tiere gehalten werden und<br />
Anreize so gesetzt werden, dass die<br />
Nachfrage nach tierischen Produkten<br />
entsprechend sinkt“, sagte Martin<br />
Kaiser, geschäftsführender Vorstand<br />
von Greenpeace.<br />
Wer seine Ernährung auf mehr<br />
Obst und Gemüse umstellt, ernährt<br />
sich gesünder, hilft dem<br />
Klima und kann sogar noch Geld<br />
sparen. Doch viele arme Menschen<br />
können sich eine gesunde, ausgewogene<br />
Ernährung nicht leisten.<br />
Bentele fordert daher, dass die<br />
Regelsätze für Hartz IV und die<br />
Grundsicherung im Alter neu berechnet<br />
werden: „Gerade Ältere<br />
sind auf gesunde, frische Lebensmittel<br />
angewiesen. Wer chronisch<br />
krank ist oder Medikamente einnimmt,<br />
braucht oft eine besondere<br />
Ernährung.“ Heike Vowinkel<br />
Voll Zuversicht – trotz allem<br />
Neujahrsgruß von <strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />
SEITE 5<br />
So hilft der <strong>VdK</strong><br />
Liebe <strong>VdK</strong>-Mitglieder,<br />
liebe Leserinnen und Leser,<br />
hinter uns liegt das zweite Jahr,<br />
das von der Corona-Pandemie geprägt<br />
war. Die damit verbundenen<br />
Einschränkungen und die persönlichen<br />
Sorgen haben allen unseren<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
in Haupt- und Ehrenamt und den<br />
Mitgliedern viel abverlangt. 20<strong>21</strong><br />
war für unseren Verband trotz<br />
dieser Umstände ein erfolgreiches<br />
Jahr, und darauf können wir als<br />
<strong>VdK</strong>-Gemeinschaft sehr stolz sein.<br />
Dafür möchte ich Ihnen sehr herzlich<br />
auch im Namen des <strong>VdK</strong>-<br />
Präsidiums und der <strong>VdK</strong>-Bundesgeschäftsführung<br />
danken.<br />
Mit der Stärke von 2,1 Millionen<br />
Mitgliedern an meiner Seite gehe<br />
ich deshalb mit viel Rückenwind<br />
ins neue Jahr. Gemeinsam packen<br />
wir die Herausforderungen in der<br />
Pflege, bei Rente und Teilhabe und<br />
in anderen Bereichen an.<br />
Viel Einsatz hat der <strong>VdK</strong> in<br />
seiner <strong>VdK</strong>-Aktion zur Bundestagswahl<br />
„Sozialer Aufschwung<br />
JETZT!“ bewiesen. Mit unseren<br />
sozialpolitischen Forderungen<br />
waren wir eine der wenigen großen<br />
Sozialorganisationen, die sich im<br />
Vorfeld der Bundestagswahl öffentlich<br />
klar positioniert haben.<br />
Unsere Forderungen tragen wir in<br />
die Koalitionsverhandlungen, und<br />
natürlich werden wir die Arbeit der<br />
neuen Regierung gewohnt kritisch<br />
begleiten. So planen wir 20<strong>22</strong> eine<br />
große Pflegekampagne, damit pflegende<br />
Angehörige endlich mehr<br />
Unterstützung bekommen.<br />
Trotz Pandemie: Verlieren Sie<br />
bitte weder Schwung noch Zuversicht.<br />
Ich wünsche Ihnen ein frohes<br />
Weihnachtsfest und ein gesundes<br />
neues Jahr. Danke für Ihre<br />
Unterstützung zu allen Zeiten!<br />
<br />
Ihre Verena Bentele<br />
Foto: imago/blickwinkel<br />
Ein <strong>VdK</strong>-Mitglied mit Multipler<br />
Sklerose hat mithilfe des Landesverbands<br />
Hessen-Thüringen vor<br />
Gericht eine volle Erwerbsminderungsrente<br />
durchgesetzt. Die<br />
Rentenversicherung hatte lange<br />
versucht, das zu verhindern, und<br />
sogar Berufung beim Landessozialgericht<br />
eingelegt.
2 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
Politik<br />
Wie sind wir, und wie sollen wir werden?<br />
Aktuell läuft eine große <strong>VdK</strong>-Mitgliederbefragung – machen Sie mit!<br />
Der <strong>VdK</strong> ist der größte Sozialverband<br />
Deutschlands mit großem<br />
Mitgliederwachstum. Das freut uns<br />
sehr, aber wir wollen für die Menschen,<br />
die wir vertreten, jeden Tag<br />
noch besser werden und fragen<br />
deshalb regelmäßig bei Mitgliedern<br />
und Interessierten nach. Bis<br />
zum 15. <strong>Dezember</strong> haben Sie die<br />
Möglichkeit, bei unserer Online-<br />
Umfrage mitzumachen.<br />
Wie positioniert sich der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> innerhalb der anderen<br />
Sozialorganisationen in<br />
Deutschland? Wie wichtig ist der<br />
<strong>VdK</strong> als Interessenvertreter für<br />
aktuelle soziale Themen? Treffen<br />
die <strong>VdK</strong>-Kampagnen den Nerv der<br />
Zeit? Wie zufrieden sind unsere<br />
Mitglieder mit der Arbeit des Verbands<br />
vor Ort? Mit Fragen wie<br />
diesen wollen wir herausfinden,<br />
Mitmachen<br />
Mit diesem QR-Code kommen<br />
Sie direkt zu unserer Online-Umfrage.<br />
Weitere Infos im Internet<br />
unter www.vdk.de/umfrage<br />
<strong>VdK</strong> steht für Vielfalt: Mit der <strong>VdK</strong>-Mitgliederbefragung wollen wir etwas<br />
über die Erwartungen an unseren Verband erfahren. Foto: Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
wie unsere Mitglieder, aber auch<br />
Außenstehende den Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> wahrnehmen. Das Ziel: Wir<br />
wollen noch besser und attraktiver<br />
für möglichst viele weitere Mitglieder<br />
werden. Unter anderem fragen<br />
wir, welche Themen des <strong>VdK</strong> ganz<br />
besonders interessieren, und welche<br />
unserer Angebote am häufigsten<br />
genutzt werden.<br />
„Als größter deutscher Sozialverband<br />
können wir jetzt schon<br />
viel bewegen – politisch und individuell<br />
für jedes einzelne Mitglied.<br />
Doch wir möchten uns nicht auf<br />
den Erfolgen ausruhen, sondern<br />
wollen mit der Zeit gehen, um unsere<br />
Position als parteineutraler<br />
und unabhängiger Gegenpart zur<br />
Politik noch mehr zu schärfen.<br />
Außerdem wollen wir unsere Angebote<br />
vor Ort in der Beratung und<br />
im Ehrenamt noch verbessern.<br />
Deshalb bitte ich Sie sehr herzlich:<br />
Machen Sie mit bei unserer großen<br />
Umfrage“, sagt <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Verena Bentele.<br />
Seit dem 15. November und noch<br />
bis zum 15. <strong>Dezember</strong> kann jeder<br />
mitmachen. Die Online-Teilnahme<br />
nimmt etwa 15 Minuten in Anspruch.<br />
Die Umfrage erfolgt anonym<br />
ohne Angabe persönlicher<br />
Daten. Einfach den nebenstehenden<br />
Code einscannen oder die<br />
Webadresse www.vdk.de/umfrage<br />
in den Browser tippen.<br />
Zuletzt wurde 2016 eine solche<br />
Umfrage durchgeführt. Aus dem<br />
Vergleich der Ergebnisse ergeben<br />
sich spannende Einblicke in die<br />
Entwicklung des <strong>VdK</strong>. Wir freuen<br />
uns auf Ihre Antworten!<br />
Dr. Bettina Schubarth<br />
KOMMENTAR<br />
Von wegen Goldesel<br />
Verena Bentele<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Sagt Ihnen „Teil-Kapitaldeckung<br />
der Rentenversicherung“ etwas?<br />
Diese soll eingeführt werden, um<br />
eine Stabilisierung des Beitragssatzes<br />
und des Rentenniveaus zu<br />
erreichen, wie es im Sondierungspapier<br />
der Ampel-Parteien<br />
heißt. Die Rentenfinanzierung<br />
soll deshalb künftig zum Teil<br />
durch Anlagen am Kapitalmarkt<br />
ersetzt werden. Als Kapitalstock<br />
will die neue Bundesregierung<br />
20<strong>22</strong> zehn Milliarden Euro an die<br />
Deutsche Rentenversicherung<br />
überweisen.<br />
Klingt viel, ist es aber nicht. Denn<br />
um Beitragssatz und Rentenniveau<br />
dauerhaft zu stabilisieren,<br />
müsste es schon ein deutlich<br />
dreistelliger Milliardenbetrag<br />
sein, hat das Deutsche Institut für<br />
Wirtschaftsforschung berechnet.<br />
Aber so viel Geld ausgeben?<br />
Ich sage: Nein. Denn Steuergeld<br />
ist kein Spielgeld, schon gar<br />
nicht für so etwas Existenzielles<br />
wie die gesetzliche Altersvorsorge.<br />
Sicherheit ist das A und O,<br />
und den Ruf als eifriger Gold esel<br />
für alle hat der Kapitalmarkt<br />
meiner Meinung nach verspielt.<br />
Ich erinnere nur an den Crash<br />
von 2009, unter dem wir teils bis<br />
heute leiden.<br />
Die Deutsche Rentenversicherung<br />
sagt zu Recht, sie seien<br />
keine Finanzmarktexperten. Also<br />
bräuchte es dafür teures Wissen<br />
von außen. Und so viel Ehrlichkeit<br />
muss bei aller neu erwachten<br />
Kapitalmarkt-Euphorie sein:<br />
Es gibt keineswegs nur Geldanlagen,<br />
die hohe Renditen abwerfen<br />
und den Garantiestempel<br />
„ethisch, ökologisch und sicher“<br />
tragen. Doch das muss der Anspruch<br />
sein.<br />
Aber stopp, wir haben da ja<br />
was, was dem Ideal näher<br />
kommt: Das Umlageverfahren<br />
der Rentenversicherung funktioniert<br />
unabhängig vom Auf und<br />
Ab der Börse. Es ist ja auch deshalb<br />
1957 eingeführt worden,<br />
weil in den Jahrzehnten davor<br />
kapitalgedeckte staatliche Rentenmodelle<br />
zuverlässig an die<br />
Wand gefahren sind.<br />
Mein Vorschlag: Lieber zehn Milliarden<br />
Euro in die Hand nehmen<br />
und damit Frauen, Migranten<br />
und arme Kinder fördern und<br />
ihnen zu ordentlichen Berufen<br />
verhelfen. So erreichen wir eine<br />
breitere Basis für die gesetzliche<br />
Rente. Den Kapitalmarkt überlassen<br />
wir besser denen, die Spielgeld<br />
übrighaben.<br />
Arbeiten mit Behinderung<br />
Frauen finden schwer eine geeignete Stelle<br />
Ausgrenzung verfestigt sich<br />
<strong>VdK</strong> fordert klaren gesetzlichen Rückhalt für mehr Inklusion<br />
Der Arbeitsmarkt ist besonders für<br />
Frauen mit einer Schwerbehinderung<br />
schwierig. Die meisten finden<br />
nur mit großen Mühen eine ihrer<br />
Qualifikation angemessene Stelle.<br />
Sie sind doppelt benachteiligt, als<br />
Frau und als Mensch mit Behinderung,<br />
so das Fazit einer Studie der<br />
Aktion Mensch zusammen mit dem<br />
SINUS-Institut.<br />
In der Studie wird erneut die<br />
Erwerbssituation von Frauen mit<br />
und ohne Schwerbehinderung mit<br />
den entsprechenden männlichen<br />
Bevölkerungsgruppen systematisch<br />
verglichen. Für eine gerechte<br />
Teilhabe am Arbeitsleben sei ein<br />
Bewusstseinswandel erforderlich.<br />
Frauen mit Schwerbehinderung<br />
würden das Schlusslicht bei Lohn<br />
sowie Vollzeit- und Führungspositionen<br />
bilden. 37 Prozent arbeiteten<br />
Teilzeit. Im Durchschnitt verdienten<br />
die Frauen monatlich 667<br />
Euro weniger als die Männer.<br />
Hinzu kämen die Belastungen<br />
durch Haushalts- und Familienaufgaben,<br />
heißt es in der Studie.<br />
Ohne Inklusion und Gendergerechtigkeit<br />
sei die doppelte Diskriminierung<br />
nicht zu beenden,<br />
bilanziert die Aktion Mensch die<br />
Ergebnisse.<br />
Der Sozialverband <strong>VdK</strong> setzt<br />
sich seit Langem für eine bessere<br />
Teilhabe ein. Doch statt Arbeitsplätze<br />
mit Menschen mit Behinderung<br />
zu besetzen, zahlen Arbeitgeber<br />
immer noch lieber eine<br />
Ausgleichsabgabe. „Damit muss<br />
Schluss sein“, so <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Verena Bentele. Die Ausgleichsabgabe<br />
für Arbeitgeber, die der Beschäftigungspflicht<br />
nicht oder nur<br />
unzureichend nachkommen, müsse<br />
angehoben werden. Nötig sei<br />
zudem ein Mindestlohn von 13 Euro<br />
und die Eindämmung prekärer<br />
Beschäftigungen wie Minijobs.<br />
Für Frauen mit und ohne Behinderung<br />
ist es oft sehr schwierig,<br />
Familie und Beruf zu vereinbaren.<br />
Daher müssen Teilzeitbeschäftigte,<br />
die Kinder erziehen oder Angehörige<br />
pflegen, einen Rechtsanspruch<br />
darauf haben, ihre Arbeitszeit bis<br />
auf Vollzeit auszuweiten. Auch<br />
flexible Arbeitszeiten sowie gute<br />
Betreuungsangebote für Kinder<br />
und Pflegebedürftige befördern<br />
eine bessere Vereinbarkeit von<br />
Beruf und Familie. sko<br />
Arbeit gehört zur gesellschaftlichen<br />
Teilhabe dazu. Foto: imago/Jochen Eckel<br />
Jede dritte Beschwerde wegen<br />
erfahrener Diskriminierung kommt<br />
von Menschen mit Behinderung.<br />
Anlässlich des Internationalen<br />
Tags der Menschen mit Behinderung<br />
am 3. <strong>Dezember</strong> fordert <strong>VdK</strong>-<br />
Präsidentin Verena Bentele von<br />
der neuen Bundesregierung eine<br />
Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes<br />
(AGG).<br />
Die Erfahrung von Ausgrenzung<br />
ist für sehr viele Menschen mit<br />
Behinderung oder gesundheitlichen<br />
Einschränkungen Alltag. Das<br />
zeigt ein gemeinsamer Bericht der<br />
Antidiskriminierungsstelle des<br />
Bundes, des Beauftragten der Bundesregierung<br />
für die Belange von<br />
Menschen mit Behinderung und<br />
der Beauftragten der Bundesregierung<br />
für Migration, Flüchtlinge<br />
und Integration. Demnach beziehen<br />
sich ein Drittel der Anfragen<br />
und Beschwerden auf das Diskriminierungsmerkmal<br />
Behinderung.<br />
„Von den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
zu Barrierefreiheit<br />
und gleichberechtigter<br />
Teilhabe sind wir in Deutschland<br />
meilenweit entfernt. Seit vielen<br />
Jahren fordert der <strong>VdK</strong> gemeinsam<br />
mit anderen Verbänden eine umfassende<br />
Reform des AGG. Die<br />
neue Bundesregierung muss das<br />
endlich in Angriff nehmen“, fordert<br />
Bentele.<br />
Momentan führen Fortschritte<br />
wie bei der Digitalisierung teils zu<br />
Rückschritten in der Inklusion.<br />
Bei der Umstellung der Zahlungen<br />
Diskriminierung gehört für viele Menschen mit Behinderung leider zur<br />
Alltagserfahrung.<br />
auf das TAN-Verfahren mit dem<br />
Smartphone bleiben manche auf<br />
der Strecke, weil nicht alle Banken<br />
Barrierefreiheit bei der Programmierung<br />
berücksichtigen. Selbstbestimmt<br />
die eigenen Finanzgeschäfte<br />
erledigen zu können, ist<br />
aber zentral für Inklusion. Auch<br />
Portale im Internet oder Bankautomaten<br />
sind für viele Menschen<br />
mit Behinderung nicht nutzbar.<br />
Doch den Anbietern drohen dafür<br />
keine Sanktionen.<br />
Absicherung unmöglich<br />
Menschen mit Behinderung oder<br />
Erkrankungen berichten zudem<br />
häufig von Benachteiligungen<br />
beim Abschluss von Versicherungen.<br />
Oft schließen Anbieter diese<br />
Personengruppen pauschal aus<br />
Foto: picture alliance/imagebroker/Helmut Meyer zur Capellen<br />
oder verlangen völlig überhöhte<br />
Tarife. Zwar ist eine gewisse Ungleichbehandlung<br />
in bestimmten<br />
Fällen im aktuellen AGG erlaubt,<br />
doch diese Ausnahmen werden<br />
viel zu häufig zur Regel gemacht.<br />
Faktisch ist es für Betroffene mit<br />
einer Behinderung oder einer<br />
chronischen Erkrankung kaum<br />
möglich, eine Lebensversicherung<br />
abzuschließen oder sich gegen Berufsunfähigkeit<br />
abzusichern. „Der<br />
Gesetzgeber selbst verweist auf die<br />
Notwendigkeit privater Absicherung<br />
für persönliche Lebensrisiken,<br />
deshalb müssen auch Menschen<br />
mit Behinderung uneingeschränkt<br />
Zugang zu diesen<br />
Versicherungen haben. Das muss<br />
im neuen AGG nachgebessert werden“,<br />
fordert Bentele.<br />
Dr. Bettina Schubarth<br />
2 RHPfalz<br />
Allgemein
Reportage <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> 3<br />
4,97 Euro Grundrente<br />
Viele <strong>VdK</strong>-Mitglieder erleben zurzeit eine große Enttäuschung – ein Besuch bei armen Rentnerinnen am Tegernsee<br />
Vor einem Jahr ist die Grundrente<br />
nach langen Diskussionen endlich<br />
eingeführt worden. Sie sollte Menschen,<br />
die viele Jahre gearbeitet<br />
und trotzdem nur eine geringe<br />
Rente haben, deutliche Verbesserungen<br />
bringen. Doch die ersten<br />
Bescheide, die seit Jahresmitte<br />
verschickt wurden, sorgten vielerorts<br />
für Enttäuschungen, wie die<br />
Beispiele von einigen <strong>VdK</strong>-Mitgliedern<br />
zeigen.<br />
Der Tegernsee in Oberbayern<br />
steht für viele Menschen für Wohlstand<br />
und eine herrliche Landschaft.<br />
Kaum jemand, der mit dem<br />
Ausflugsschiff oder einem Privatboot<br />
über das von Bergen umgebene<br />
tiefblaue Gewässer fährt, denkt<br />
daran, dass es hier auch Armut<br />
gibt. Doch den Beraterinnen und<br />
Beratern des Sozialverbands <strong>VdK</strong><br />
begegnen immer wieder Menschen,<br />
die finanziell nur schwer über die<br />
Runden kommen.<br />
Die 72-jährige Manuela Osterberg*<br />
ist eine davon. 937 Euro<br />
Rente bekam sie in den vergangenen<br />
Jahren im Monat ausbezahlt.<br />
Davon musste sie alle <strong>Ausgabe</strong>n<br />
von Miete über Energie bis hin zu<br />
Essen und Kleidung bezahlen.<br />
Zum Glück wohnt sie in einer Genossenschaftswohnung,<br />
deren<br />
Kosten deutlich unter dem Mietspiegel<br />
liegen. Und in den vergangenen<br />
Jahren konnte das <strong>VdK</strong>-Mitglied<br />
auch noch etwas arbeiten, um<br />
sich so monatlich rund 300 Euro<br />
hinzuzuverdienen.<br />
Alles abgelehnt<br />
Doch dies geht aus gesundheitlichen<br />
Gründen seit einiger Zeit<br />
nicht mehr. Sie versuchte, alle<br />
möglichen Hilfen zu beantragen<br />
wie Grundsicherung oder Wohngeld.<br />
Alles wurde abgelehnt, auch<br />
den Rundfunkbeitrag muss die<br />
alleinstehende Frau weiter zahlen.<br />
Ihr Einkommen war zu hoch und<br />
die Miete zu niedrig. Wie viele<br />
andere Menschen auch, liegt sie<br />
Am Tegernsee leben viele wohlhabende, aber auch arme Menschen.<br />
gerade so an der Grenze zu Sozialleistungen.<br />
Ihre große Hoffnung war daher<br />
die Grundrente. Diese soll ja Menschen<br />
wie ihr zu einem Leben mit<br />
weniger Sorgen verhelfen: Sie hat<br />
35 Jahre überwiegend ganztags als<br />
Arzthelferin gearbeitet und einen<br />
Sohn großgezogen. Wegen der<br />
enormen Bürokratie, wie zum Beispiel<br />
der aufwendigen Einkommensprüfung,<br />
gingen die ersten<br />
Bescheide mit Grundrentenprüfung<br />
erst ab dem Sommer an die<br />
Betroffenen. Da Manuela Osterberg<br />
krankheitsbedingt vorzeitig<br />
in den Ruhestand gehen musste,<br />
wurde ihre Rente bereits früher als<br />
bei den meisten neu berechnet.<br />
Als sie den Brief der Deutschen<br />
Rentenversicherung öffnete, war<br />
die Enttäuschung groß: Sie bekommt<br />
zwar einen Grundrentenzuschlag.<br />
Dieser beträgt aber<br />
brutto nur 5,60 Euro. Auf ihrem<br />
Konto landen davon 4,97 Euro.<br />
„Das war ein totaler Schock“,<br />
sagt sie. „Und dann ist dieser in<br />
Wut umgeschlagen.“ Manuela Osterberg<br />
fragte bei der <strong>VdK</strong>-Kreisgeschäftsstelle<br />
in Bad Tölz nach,<br />
die sie schon länger betreut. Doch<br />
der Bescheid ist im rechtlichen<br />
Sinne korrekt. Auf juristischem<br />
Weg kann sie dagegen nichts unternehmen.<br />
Der geringe Zuschlag<br />
liegt an der vom Gesetzgeber vorgegebenen<br />
Berechnungsformel.<br />
Ihren Unmut über den kaum<br />
spürbaren Grundrentenaufschlag<br />
hat sie in einem Fernsehinterview<br />
für ein ARD-Politikmagazin zum<br />
Ausdruck gebracht. Die knapp<br />
fünf Euro im Monat helfen ihr gar<br />
nicht. „Ich habe Existenz ängste“,<br />
erzählte sie vor der Kamera. Sie<br />
habe Sorge, ihre Wohnung zu verlieren.<br />
Foto: Sebastian Heise<br />
Nur wenige Kilometer weiter<br />
wohnt Petra Müller*, die noch auf<br />
die Grundrente hofft. In ihrem<br />
Rentenbescheid ist ebenfalls ein<br />
Zuschlag aufgeführt. Dieser wird<br />
aber nicht ausbezahlt, da ihr Einkommen<br />
noch überprüft wird.<br />
Sie erfüllt aus versicherungsrechtlicher<br />
Sicht alle Kriterien. So<br />
kommt sie auf 468 „Grundrentenmonate“.<br />
Zu diesen umgerechnet<br />
39 Jahren gehören alle Zeiten, in<br />
denen sie berufstätig war oder<br />
Krankengeld bezogen hat. Zudem<br />
sind noch zwölf Jahre für die Erziehung<br />
ihrer beiden Kinder enthalten.<br />
Obwohl sie immer wieder schwere<br />
gesundheitliche Probleme mit<br />
starken Schmerzen hatte, biss sie<br />
die Zähne zusammen und arbeitete<br />
viele Jahre neben der Kindererziehung<br />
im Dienstleistungsbereich.<br />
Petra Müller gab immer ihr<br />
Bestes, hat Verantwortung übernommen,<br />
trotz geringerem Gehalt<br />
und Teilzeit. Auf gesundheitlich<br />
empfohlene Reha-Maßnahmen<br />
verzichtete sie zugunsten der Berufstätigkeit.<br />
Zu viel Einkommen<br />
890 Euro bekommt sie an Erwerbsminderungsrente<br />
ausbezahlt.<br />
Ihr Grundrentenzuschlag läge<br />
immerhin bei 120 Euro netto. Allerdings<br />
wird sie diesen in absehbarer<br />
Zeit nicht bekommen. Denn<br />
bei ihr ist die Einkommensprüfung<br />
das Problem. So wird nicht die<br />
aktuelle Rente zugrunde gelegt,<br />
sondern der Steuerbescheid vom<br />
vorletzten Jahr, für die Rente 20<strong>21</strong><br />
zählt der von 2019. Und da Petra<br />
Müller damals noch erwerbstätig<br />
war, kommt sie mit dem Einkommen<br />
über die erlaubte Höchstgrenze<br />
für einen Zuschlag.<br />
Beide Rentnerinnen sind also<br />
weit weg von den Summen, die die<br />
Deutsche Rentenversicherung in<br />
fiktiven Rechenbeispielen veröffentlicht<br />
hat. Demnach könnte eine<br />
Floristin, die von der Lehre bis<br />
zum Ruhestand 43 Jahre in Vollund<br />
Teilzeit gearbeitet hat, dank<br />
Grundrente 911 Euro statt 633<br />
Euro bekommen. Das wären immerhin<br />
278 Euro mehr.<br />
Viele können davon nur träumen.<br />
Die Zuschläge, von denen der<br />
<strong>VdK</strong> weiß, liegen im günstigsten<br />
Fall bei 70 bis 100 Euro. Meistens<br />
jedoch sind es nur niedrige ein- bis<br />
zweistellige Beträge. Für <strong>VdK</strong>-Präsidentin<br />
Verena Bentele ist die<br />
Grundrente „definitiv nicht die<br />
Unterstützung, die viele Menschen<br />
erwartet haben“. Da müsse die<br />
neue Bundesregierung deutlich<br />
nachbessern, sagt sie.<br />
Manuela Osterberg lebt zwar an<br />
einem wunderschönen See. Doch<br />
mit 4,97 Euro käme sie mit dem<br />
Schiff nur vom Ort Tegernsee nach<br />
Rottach-Egern. Zurück aber nicht<br />
mehr.<br />
Sebastian Heise<br />
*Namen von der Redaktion geändert<br />
Aus Scham oder Angst verzichten viele Ältere auf Grundsicherung<br />
Mehr als die Hälfte der Anspruchsberechtigten stellt keinen Antrag – <strong>VdK</strong> fordert Nachbesserungen bei der Grundrente<br />
Trotz steigender Lebenshaltungskosten<br />
schrecken viele Seniorinnen<br />
und Senioren vor dem Gang zum<br />
Sozialamt zurück. Rund 60 Prozent<br />
der Anspruchsberechtigten auf<br />
Grundsicherung im Alter stellt<br />
nach Angaben des Deutschen Instituts<br />
für Wirtschaftsforschung<br />
keinen Antrag. Das hat unterschiedliche<br />
Gründe.<br />
Viele Menschen schämen sich<br />
und fühlen sich als Bittsteller,<br />
wenn sie im Alter zum Amt gehen<br />
sollen. „Wir erleben in unserer<br />
Rechtsberatung, dass die Leute<br />
rückwärts wieder rausgehen, wenn<br />
wir ihnen vorschlagen, Grundsicherung<br />
zu beantragen“, sagt<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele.<br />
Andere wiederum würden sich<br />
unbegründet sorgen, dass ihre<br />
Kinder zur Unterhaltspflicht für<br />
sie herangezogen werden.<br />
Oder sie haben Angst, dass sie<br />
umziehen oder das Auto abgeben<br />
müssen. Dabei ist der Besitz einer<br />
Viele ältere Menschen beziehen kleine Renten, die kaum zum Leben<br />
reichen.<br />
angemessenen Immobilie oder<br />
Eigentumswohnung für die eigene<br />
Nutzung sehr wohl erlaubt.<br />
Es gibt allerdings auch <strong>VdK</strong>-Mitglieder,<br />
die aus Unkenntnis keinen<br />
Foto: picture alliance/Geisler-Fotopress/Christoph Hardt<br />
Antrag auf Grundsicherung stellen.<br />
Deswegen weist der <strong>VdK</strong> Rentnerinnen<br />
und Rentner mit geringen<br />
Einkommen bei Beratungen auf<br />
diese Möglichkeit hin.<br />
„Generell aber müssen Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer<br />
nach einem langen Erwerbsleben<br />
die Sicherheit haben, eine Rente<br />
oberhalb des Grundsicherungsniveaus<br />
zu erhalten“, macht Bentele<br />
deutlich. Damit mehr ältere Menschen<br />
mit kleinen Einkommen<br />
keinen Antrag auf Grundsicherung<br />
stellen müssen, fordert der <strong>VdK</strong><br />
deshalb eine Grundrente, die diesen<br />
Namen auch verdient.<br />
Gleitzone ab 30 Jahren<br />
Der Sozialverband <strong>VdK</strong> setzt<br />
sich für weitere Verbesserungen<br />
bei der Grundrente ein und fordert,<br />
dass sie wie die Mütterrente<br />
unabhängig vom Einkommen des<br />
Partners ausbezahlt wird.<br />
Bei den Grundrentenzeiten<br />
müssten auch Jahre der Erwerbsminderung<br />
und Zeiten der Arbeitslosigkeit<br />
berücksichtigt werden.<br />
Denn nur sehr wenige Erwerbsminderungsrentnerinnen<br />
und<br />
-rentner kämen auf die mindestens<br />
notwendigen 33 Beitragsjahre. Die<br />
Lebensleistung derjenigen, die<br />
darunterliegen, wird aktuell nicht<br />
berücksichtigt. „Damit mehr Rentnerinnen<br />
und Rentner eine Grundrente<br />
erhalten, muss deshalb die<br />
Gleitzone ab 30 Grundrentenjahre<br />
gelten“, sagt Bentele.<br />
Die <strong>VdK</strong>-Präsidentin fordert außerdem,<br />
dass die Abschläge von<br />
12,5 Prozent auf den Grundrentenaufschlag<br />
wegfallen müssen. „Es<br />
ist nicht nachvollziehbar, dass bei<br />
der Grundrente wieder etwas gekürzt<br />
wird.“<br />
Langfristig sei das Ziel, dass die<br />
Zahl der Bezieherinnen und Bezieher<br />
solcher Sozialleistungen zurückgeht<br />
und die Menschen ausreichend<br />
verdienen, damit sie später nicht auf<br />
eine Grundsicherung angewiesen<br />
sind, so Bentele. „Dazu brauchen<br />
wir mehr Tarifbindung mit anständigen<br />
Löhnen und die Erhöhung<br />
des Mindestlohns auf mindestens<br />
13 Euro.“ Jörg Ciszewski<br />
3 RHPfalz<br />
Allgemein
4 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
Politik<br />
„Hingehen, Gesicht zeigen, zuhören“<br />
Mit Bärbel Bas hat erstmals ein <strong>VdK</strong>-Mitglied das zweithöchste politische Amt des Landes inne<br />
Die neue Bundestagspräsidentin<br />
ist seit 2017 <strong>VdK</strong>-Mitglied. Wie kam<br />
sie zum Sozialverband? Was verbindet<br />
sie mit ihm? Und wofür steht sie?<br />
Berührungspunkte hatte es<br />
schon lange und viele gegeben.<br />
Pflege, Rente, Gesundheit – all das<br />
sind Themen, die auch Bärbel Bas<br />
seit vielen Jahren umtreiben. Doch<br />
erst im September 2017 sprang der<br />
Funke über. Die damalige Bundestagsabgeordnete,<br />
stellvertretende<br />
Fraktionsvorsitzende der SPD und<br />
Gesundheitsexpertin besuchte ein<br />
Mitgliedertreffen des <strong>VdK</strong>-Ortsverbands<br />
Duisburg-Neudorf. Sie<br />
sprach über die Kranken- und Altenpflege.<br />
Ein kurzer Vortrag nur,<br />
doch alle, die ihn hörten, merkten<br />
gleich: „Da redet eine, die Ahnung<br />
hat.“ So erzählt es die Ortsverbandsvorsitzende<br />
Gisela Schiffers,<br />
die Bas damals eingeladen hatte.<br />
Auf Augenhöhe und sehr zugewandt<br />
habe sie im Anschluss die<br />
Fragen der Mitglieder beantwortet.<br />
Am Ende überreichte Schiffers<br />
Bas einen Blumenstrauß – und einen<br />
Aufnahmeantrag. Bas grinste<br />
und packte ihn ein. Ein paar Tage<br />
später kam er ausgefüllt zurück.<br />
Vier Jahre später ist sie nun das<br />
bundespolitisch ranghöchste Mitglied<br />
des Sozialverbands: In der<br />
ersten Sitzung nach der Bundestagswahl<br />
Ende Oktober wählten die<br />
neuen Abgeordneten Bärbel Bas zur<br />
Bundestagspräsidentin.<br />
Antrag überreicht: Bärbel Bas und<br />
Gisela Schiffers 2017. Foto: privat<br />
Bundestagspräsidentin auch ohne Abitur: Bärbel Bas am Tag ihrer Wahl.<br />
Die 53-Jährige ist erst die dritte<br />
Frau in dieser Position nach Annemarie<br />
Renger (SPD) und Rita Süßmuth<br />
(CDU). Und sie ist nach<br />
Renger und Richard Stücklen<br />
(CDU) erst die Dritte ohne Abitur.<br />
Wie nur wenige andere im Bundestag<br />
verkörpert Bas eine Aufsteiger-Karriere,<br />
schaffte es aus einfachen<br />
Verhältnissen bis ins zweithöchste<br />
Amt des Landes. Geboren<br />
wurde sie als eines von sechs<br />
Kindern in Walsum, das heute ein<br />
Stadtteil von Duisburg ist.<br />
Jenseits von Klischees<br />
Dort wuchs sie mit zwei Schwestern<br />
und drei Brüdern auf. Ihre<br />
Eltern hätten „auf Parität geachtet“,<br />
schreibt sie augenzwinkernd<br />
auf ihrer Homepage. Geschlechtergerechtigkeit<br />
ist für sie selbstverständlich,<br />
lebt sie doch selbst ein<br />
Leben jenseits von Klischees:<br />
Viele Jahre hat sie begeistert Fußball<br />
gespielt, erst als Linksaußen,<br />
Foto: picture alliance/SZ Photo/Jens Schicke<br />
später als Libero. Genauso begeistert<br />
fährt sie Motorrad.<br />
Nach der Hauptschule wollte Bas<br />
eigentlich technische Zeichnerin<br />
werden, doch es war die Zeit des<br />
wirtschaftlichen Niedergangs des<br />
Ruhrgebiets. Sie fand keinen Ausbildungsplatz<br />
und besuchte deshalb<br />
die höhere Berufsschule für Technik.<br />
Seitdem kann Bas sogar schweißen.<br />
Sie lernte Bürogehilfin, engagierte<br />
sich politisch, erst als Betriebsrätin,<br />
später als Duisburger<br />
Juso-Vorsitzende, absolvierte ein<br />
Abendstudium der Krankenkassenbetriebswirtschaft,<br />
danach der Personalmanagement-Ökonomie<br />
und<br />
leitete schließlich den Personalservice<br />
einer Betriebskrankenkasse.<br />
Ratsmitglied der Stadt Duisburg war<br />
sie auch noch, bis sie 2009 zum ersten<br />
Mal in den Bundestag gewählt<br />
wurde. Sozial- und Gesundheitspolitik<br />
waren da längst ihre Themen<br />
– und blieben es.<br />
Im politischen Berlin hat Bas sich<br />
schnell einen Namen als kompetente<br />
Fachpolitikerin gemacht. Doch<br />
die breite Öffentlichkeit nahm sie<br />
kaum wahr – nicht einmal, als sie<br />
2019 SPD-Fraktionsvize wurde.<br />
Das lag auch am übermächtigen<br />
Schatten ihres Parteifreundes Karl<br />
Lauterbach. Dessen Medienpräsenz<br />
als Gesundheitsexperte, sagte sie<br />
kürzlich der WAZ, würde sie bei<br />
ihrem Pensum gar nicht schaffen.<br />
Sacharbeit und Bürgernähe stehen<br />
für Bas an erster Stelle.<br />
Nahbar geblieben<br />
Fast jedes Wochenende fuhr Bas<br />
bislang in ihre Heimat – besuchte<br />
Feste, Fußballspiele, Bürgertreffs,<br />
auch <strong>VdK</strong>-Veranstaltungen. „Es gibt<br />
nicht viele Bundespolitiker, die so<br />
nahbar geblieben sind“, sagt Horst<br />
Vöge, Landesvorsitzender des <strong>VdK</strong><br />
Nordrhein-Westfalen. Er lernte Bas<br />
bereits Ende der 80er-Jahre bei einem<br />
Juso-Seminar kennen. Vöge<br />
war damals stellvertretender Fraktionsvorsitzender<br />
der SPD-Landtagsfraktion,<br />
sie Duisburger Juso-<br />
Vorsitzende. Schon da sei erkennbar<br />
gewesen, wie wissbegierig sie ist,<br />
aber auch, wie kritisch den Etablierten<br />
gegenüber, sagt Vöge. Später<br />
kreuzten sich ihre Wege immer wieder,<br />
zuletzt bei <strong>VdK</strong>-Veranstaltungen,<br />
auf die Bas als Bundestagsabgeordnete<br />
eingeladen war. „Ich<br />
war jedes Mal beeindruckt, wie gut<br />
sie auf Menschen zugehen kann,<br />
ihnen zuhört und ihre Probleme<br />
ernst nimmt“, sagt Vöge.<br />
Ihre Wähler in Duisburg wissen<br />
das zu schätzen. Zum dritten Mal<br />
holte sie bei der Bundestagswahl im<br />
September das Direktmandat – mit<br />
40,35 Prozent erhielt sie fast doppelt<br />
so viele Stimmen wie ihr Konkurrent<br />
von der CDU. „Hingehen, Gesicht<br />
zeigen – selbst beim kleinsten<br />
Verein – und zuhören“, so beschreibt<br />
sie ihren politischen Auftrag.<br />
In ihrer ersten Rede als Bundestagspräsidentin<br />
sprach sie davon,<br />
nicht nur die Förderung von Frauen<br />
in der Politik zu einem Schwerpunkt<br />
ihrer Präsidentschaft machen<br />
zu wollen, sondern auch<br />
Bürgernähe. „Lassen Sie uns auf<br />
all jene, die sich von der Politik seit<br />
Langem nicht mehr angesprochen<br />
fühlen, zugehen“, appellierte sie an<br />
die Abgeordneten. Sie warb für<br />
eine Sprache, die die Menschen<br />
verstehen. Und dass auch jenen<br />
zugehört werde, „die vollauf damit<br />
beschäftigt sind, für ihre Kinder<br />
und ihre alternden Eltern zu sorgen.<br />
Denen die Mittel fehlen, auf<br />
eigenen Beinen zu stehen“.<br />
Danach gefragt, was ihr in den<br />
Sinn kommt, wenn sie an den <strong>VdK</strong><br />
denkt, schreibt sie: „Dass er Menschen<br />
am Rand der Gesellschaft<br />
eine Stimme gibt. Menschen, die<br />
hart mit ihrem Alltag ringen und<br />
auf Hilfe angewiesen sind.“<br />
Es gibt auch weiterhin viele Berührungspunkte<br />
zwischen Bärbel<br />
Bas und dem <strong>VdK</strong>.<br />
<br />
Heike Vowinkel<br />
Zum 1. <strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> treten einige<br />
sozialrechtliche Änderungen in<br />
Kraft. Die <strong>VdK</strong>-ZEITUNG gibt einen<br />
kurzen Überblick.<br />
Neu im Sozialrecht geregelt<br />
Was sich im Jahr 20<strong>22</strong> für gesetzlich Versicherte ändert<br />
Mit der Beitragsbemessungsgrenze<br />
in der Sozialversicherung wird<br />
festgelegt, bis zu welcher Einkommenshöhe<br />
Beiträge gezahlt werden<br />
müssen. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung<br />
liegt die<br />
Grenze für das Brutto-Jahreseinkommen<br />
dann bei 84 600 Euro<br />
(West) beziehungsweise 81 000<br />
Euro (Ost), in der Kranken- und<br />
Pflegeversicherung bei 64 350 Euro.<br />
Der gesetzliche Mindestlohn<br />
steigt zum Jahresbeginn auf 9,82<br />
Euro pro Stunde. Zum 1. Juli 20<strong>22</strong><br />
wird er noch einmal auf 10,45 Euro<br />
pro Stunde angehoben. Aktuell<br />
liegt er bei 9,60 Euro.<br />
In der Grundsicherung steigen<br />
die Regelsätze. Das betrifft Arbeitslosengeld<br />
II (Hartz IV),<br />
Grundsicherung im Alter oder bei<br />
Erwerbsminderung sowie Hilfe zur<br />
Pflege: Alleinstehende erhalten<br />
dann 449 statt 446 Euro. Für Erwachsene,<br />
die in stationären Einrichtungen<br />
leben, beträgt der Satz<br />
360 statt 357 Euro. Kinder bis fünf<br />
Jahre bekommen 285 statt 283<br />
Euro, zwischen sechs und 13 Jahren<br />
311 statt 309 Euro, und Jugendliche<br />
zwischen 14 und 17 Jahren<br />
erhalten 376 statt 373 Euro.<br />
Für Kinderlose ab dem 23. Lebensjahr<br />
erhöht sich der Beitrag in<br />
der gesetzlichen Pflegeversicherung:<br />
Er steigt von 0,25 auf 0,35<br />
Prozent des Bruttogehalts.<br />
In der häuslichen Pflege wird<br />
mehr für die Pflegesachleistungen<br />
gezahlt. Dabei handelt es sich um<br />
Der Jahreswechsel bringt Neues für gesetzlich Versicherte.<br />
Foto: picture alliance/Zoonar/Andreas Berheide<br />
Hilfen, die Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten<br />
für Pflegebedürftige<br />
erbringen, etwa beim Essen oder<br />
bei der Körperpflege. Der Höchstbetrag<br />
liegt zukünftig zwischen<br />
maximal 724 Euro bei Pflegegrad 2<br />
und 2095 Euro bei Pflegegrad 5. In<br />
der Kurzzeitpflege erhöht sich der<br />
Betrag, den die Pflegekasse für die<br />
pflegebedingten Aufwendungen<br />
übernimmt, und zwar von 1612 auf<br />
1774 Euro pro Kalenderjahr. Dieser<br />
Betrag kann auf 3386 Euro aufgestockt<br />
werden, wenn keine Verhinderungspflege<br />
in Anspruch genommen<br />
wurde. Mit Jahresbeginn greift<br />
auch die Begrenzung des Eigenanteils<br />
bei den pflegebedingten<br />
Aufwendungen im Pflegeheim.<br />
Arztpraxen sind ab dem 1. <strong>Januar</strong><br />
verpflichtet, E-Rezepte auszustellen.<br />
In der Apotheke zeigen<br />
Patientinnen und Patienten dann<br />
das Smartphone vor oder einen<br />
Ausdruck, den sie vom Arzt erhalten.<br />
Experten rechnen damit, dass<br />
die flächendeckende Umsetzung<br />
noch bis Mitte 20<strong>22</strong> dauert.<br />
Das Budget für Ausbildung wird<br />
erweitert. Dadurch wird Menschen<br />
mit Behinderung, die in einer<br />
Werkstatt für behinderte Menschen<br />
(WfbM) arbeiten, eine reguläre<br />
Berufsausbildung ermöglicht.<br />
Wer einen Erkrankten mit einer<br />
Behinderung als sogenannte Assistenz<br />
im Krankenhaus zu einer<br />
Behandlung begleitet, hat ab<br />
1. November einen Anspruch auf<br />
Krankengeld. Voraussetzung ist,<br />
dass ein Verdienstausfall entsteht<br />
und die Begleitperson keine Leistungen<br />
der Eingliederungshilfe<br />
erhält.<br />
Kristin Enge<br />
Höherer Zuschuss<br />
zum Gesundheitsfonds<br />
Im November wurde der Bundeszuschuss<br />
zum Gesundheitsfonds für<br />
20<strong>22</strong> um weitere 14 Milliarden Euro<br />
erhöht. Der <strong>VdK</strong> begrüßt das, will<br />
aber eine dauerhafte Lösung.<br />
„Es ist gut und richtig, dass der Zuschuss<br />
für das kommende Jahr damit<br />
auf 28,8 Milliarden Euro erhöht<br />
wird. Das ständige Zuschießen von<br />
Geld in den Gesundheitsfonds zeigt<br />
aber auch, dass der bislang vorgesehene<br />
Zuschuss zu gering ist. Er muss<br />
dauerhaft erhöht werden“, forderte<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele.<br />
Um die notwendige Erhöhung berechnen<br />
zu können, müssten die<br />
Kosten für die sogenannten versicherungsfremden,<br />
also nicht beitragsgedeckten<br />
Leistungen aber erst<br />
einmal präzise ermittelt werden.<br />
Viele gesellschaftspolitisch veranlasste<br />
Leistungen wie das Mutterschaftsgeld,<br />
die aus dem Gesundheitsfonds<br />
gezahlt werden, seien<br />
unbedingt notwendig, betonte Bentele.<br />
Schätzungen zufolge werden<br />
hierfür zwischen 37,5 und 57 Milliarden<br />
Euro gebraucht. Der <strong>VdK</strong> hält<br />
einen Betrag zwischen 40 und 45<br />
Milliarden Euro für realistisch. vo<br />
4 RHPfalz<br />
Allgemein
So hilft der <strong>VdK</strong><br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
5<br />
<strong>VdK</strong> erstreitet hohe Summe für MS-Patienten<br />
Alleinerziehender Vater erhält nach jahrelangem Rechtsstreit Erwerbsminderungsrente und 42 000 Euro Nachzahlung<br />
Bernd Arck* leidet an Multipler<br />
Sklerose (MS). Lange streitet er mit<br />
der Deutschen Rentenversicherung<br />
(DRV) darüber, seit wann er<br />
wegen der Erkrankung nicht mehr<br />
arbeiten kann. Davon hängt ab, ob<br />
und ab wann ihm eine entsprechende<br />
Erwerbsminderungsrente<br />
zusteht. Der Fall landet vor dem<br />
Sozialgericht. Dort erkämpft der<br />
<strong>VdK</strong> Hessen-Thüringen für sein<br />
Mitglied eine unbefristete Erwerbsminderungsrente<br />
und eine<br />
stattliche Nachzahlung.<br />
Arck arbeitet seit vielen Jahren<br />
selbstständig als Kfz-Mechaniker,<br />
als er während einer stationären<br />
Behandlung in einer Klinik 2011<br />
erfährt, dass er Multiple Sklerose<br />
hat. Die Symptome verschlimmern<br />
sich mit der Zeit. 2013 muss er in<br />
einer Spezialklinik behandelt werden.<br />
Mit der Diagnose einer schubförmigen<br />
MS und einer Depression<br />
verlässt er die Klinik.<br />
Das Rehazentrum bescheinigt<br />
ihm, dass er nur noch für weniger<br />
als drei Stunden am Tag in seinem<br />
Beruf, aber auch in anderen Beschäftigungen<br />
leistungsfähig ist.<br />
Die DRV stellt eine volle Erwerbsminderung<br />
fest. Sie gewährt ihm<br />
aber keine Erwerbsminderungsrente,<br />
da die Voraussetzungen<br />
dafür nicht vorliegen. Denn Arck<br />
hat in den fünf Jahren, bevor die<br />
Erwerbsminderung festgestellt<br />
wurde, nicht die erforderlichen<br />
drei Jahre Pflichtbeiträge in die<br />
Rentenversicherung eingezahlt.<br />
Arbeiten trotz Krankheit<br />
Das Sozialgericht folgte der Argumentation des <strong>VdK</strong>.<br />
Trotz der gesundheitlichen Probleme<br />
arbeitet der alleinerziehende<br />
Vater seit September 2013 für zwei<br />
Jahre in Teilzeit als angestellter<br />
Einzelhandelskaufmann. Danach<br />
erhält er ein Jahr lang Arbeitslosengeld<br />
I. Dadurch hat er Anspruch<br />
auf eine Erwerbsminderungsrente<br />
erworben, denkt er. Im<br />
Herbst 2016 stellt das <strong>VdK</strong>-Mitglied<br />
erneut einen Antrag auf eine<br />
Erwerbsminderungsrente.<br />
Streit um Zeitpunkt<br />
Doch die DRV lehnt wieder ab.<br />
Sie verweist wie schon beim ersten<br />
Antrag auf eine Erwerbsminderung<br />
seit dem Jahr 2013, bei der die<br />
Voraussetzungen nicht erfüllt waren.<br />
Der <strong>VdK</strong> widerspricht und<br />
trägt vor, dass das Mitglied zwei<br />
Jahre sozialversicherungspflichtig<br />
beschäftigt war und dann ein Jahr<br />
ALG I erhielt. Eine volle Erwerbsminderung<br />
gelte demnach seit<br />
September 2016.<br />
Fortan streiten sich der <strong>VdK</strong> und<br />
die DRV darüber, ab welchem Datum<br />
Arck tatsächlich erwerbsgemindert<br />
ist. Die DRV beharrt auf<br />
ihrem Standpunkt, dass der Leistungsfall<br />
seit Juli 2013, spätestens<br />
aber seit Ende August 2015 vorlag,<br />
und bis dahin die versicherungsrechtlichen<br />
Voraussetzungen nicht<br />
erfüllt waren.<br />
Der <strong>VdK</strong> bleibt bei seiner Berechnung<br />
und klagt schließlich vor<br />
dem Sozialgericht Gießen. Das<br />
Gericht lässt daraufhin ein neues<br />
medizinisches Gutachten erstellen,<br />
das den Standpunkt des <strong>VdK</strong><br />
stützt. Darin steht, dass Arck wegen<br />
seiner Erkrankungen nur<br />
leichte Tätigkeiten unter drei Stunden<br />
im Sitzen und ohne Gebrauch<br />
der linken Hand ausführen kann.<br />
Seit seiner Rentenantragstellung<br />
im Herbst 2016 sei er voll erwerbsgemindert.<br />
Demnach stehe ihm<br />
seit diesem Zeitpunkt eine volle<br />
Erwerbsminderungsrente zu.<br />
Foto: picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow<br />
Doch die Rentenversicherung<br />
bleibt zunächst bei ihrer Haltung<br />
und legt Berufung beim Hessischen<br />
Landessozialgericht ein.<br />
Nachdem das Landessozialgericht<br />
weitere medizinische Befundberichte<br />
eingeholt hat, nimmt die<br />
DRV ihre Berufung schließlich<br />
zurück. Das Gerichtsurteil wird im<br />
März 20<strong>21</strong> rechtskräftig.<br />
Seitdem erhält Arck von der<br />
DRV monatlich rund 950 Euro, bis<br />
zum Eintritt in die Altersrente<br />
2039. Außerdem muss sie ihm<br />
42 000 Euro nachzahlen. „Für<br />
mich ist das eine riesengroße Hilfe“,<br />
sagt das <strong>VdK</strong>-Mitglied.<br />
Mut zum Weitermachen<br />
Mittlerweile kann Arck wegen<br />
der MS-Erkrankung nur noch<br />
kurze Strecken zu Fuß gehen und<br />
fühlt sich oft sehr erschöpft.<br />
Wenigstens über das Finanzielle<br />
müsse er sich keine Sorgen mehr<br />
machen, sagt er erleichtert.<br />
Während des Streits mit der DRV<br />
habe er oft mit dem Gedanken<br />
gespielt, die Sache einfach auf sich<br />
beruhen zu lassen. Wegen seiner<br />
negativen Erfahrungen mit der<br />
Rentenversicherung möchte er<br />
seinen richtigen Namen nicht in<br />
der <strong>Zeitung</strong> lesen. „Es war sehr<br />
schwer, dass ich mich immer wieder<br />
mit meinem Krankheitsverlauf<br />
beschäftigen musste. Eine Untersuchung<br />
nach der nächsten, und<br />
dann die Gerichtstermine.“<br />
Heute sei er froh, dass der <strong>VdK</strong><br />
ihn mehrfach zum Weitermachen<br />
ermutigt hat. „Es hat sich gelohnt“,<br />
sagt Arck rückblickend. „Der Erfolg<br />
ist ein Jackpot für mich.“<br />
<br />
Jörg Ciszewski<br />
*Name von der Redaktion geändert<br />
5 RHPfalz<br />
Allgemein
6 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> Pflege<br />
Pflegende Angehörige haben das Nachsehen<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele im Podcast mit Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek<br />
„Wir brauchen eine große, nachhaltige<br />
Pflegereform“, so Bayerns<br />
Gesundheitsminister Klaus Holetschek<br />
(CSU) im Interview mit<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele.<br />
Dabei nimmt er ausdrücklich die<br />
häusliche Pflege mit in den Blick.<br />
Ein <strong>VdK</strong>-Mitstreiter? Im Gespräch<br />
mit Bentele gibt es durchaus kritische<br />
Töne.<br />
Nach der Bundestagswahl plädierte<br />
Holetschek, der 20<strong>21</strong> den<br />
Vorsitz in der Gesundheitsministerkonferenz<br />
der Länder innehat,<br />
für eine stärkere Unterstützung<br />
und Entlastung pflegender Angehöriger.<br />
Im aktuellen <strong>VdK</strong>-Podcast<br />
„In guter Gesellschaft“ wollte<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />
Genaueres dazu wissen. Schließlich<br />
ist die Stärkung der häuslichen<br />
Pflege ein zentrales sozialpolitisches<br />
Anliegen des <strong>VdK</strong>.<br />
Man brauche „Lohnersatzleistungen“,<br />
ein „Pflegegeld analog<br />
dem Elterngeld“ für pflegende<br />
Bayerns Gesundheitsminister Klaus<br />
Holetschek.<br />
Foto: Stmgp Bayern<br />
Häusliche Pflege bleibt eine Herausforderung für Familien.<br />
Angehörige. Damit übernahm Holetschek<br />
zentrale <strong>VdK</strong>-Forderungen.<br />
Eine Pflegezeit vergleichbar<br />
mit Kindererziehungszeit mit Anerkennung<br />
für die Rente wäre auch<br />
wünschenswert. Zudem müsse es<br />
mehr Kurzzeit- und Tagespflegeplätze<br />
geben. Seine Idealvorstellung<br />
sei „eine Tagespflegestruktur<br />
wie bei den Kitas“. Dies alles<br />
kommt den <strong>VdK</strong>-Positionen sehr<br />
nahe, doch er schränkte ein: „Das<br />
geht nicht von heute auf morgen.<br />
Da werden wir mehr Mittel reingeben<br />
müssen, damit eine zuverlässige<br />
Entlastung erfolgen kann.“<br />
Bentele wandte kritisch ein, dass<br />
es in den vielen Jahren der CDU/<br />
CSU-Bundesregierung zahlreiche<br />
Gelegenheiten gegeben hätte, genau<br />
diese Themen anzupacken –<br />
die alle nicht genutzt wurden.<br />
Holetschek gab zu, dass die Pflegereform<br />
von Bundesgesundheitsminister<br />
Jens Spahn im Sommer 20<strong>21</strong><br />
„nicht das Ziel erreicht hat, das wir<br />
wollten“. Er sagte: „Wir brauchen<br />
eine große, nachhaltige Pflegereform.“<br />
Für die Zukunft der Pflege<br />
forderte er ein Zusammenarbeiten<br />
„jenseits des parteipolitischen<br />
Kalküls“. Die Gesundheitsministerkonferenz<br />
zeige, wie man auch<br />
über Parteigrenzen hinweg etwa in<br />
Fragen der Pandemie „an einem<br />
Ziel arbeitet“. Er persönlich habe<br />
im Wahlkampf das Thema Pflege<br />
vermisst. Doch er sehe eine „humanitäre<br />
Katastrophe“ aufgrund<br />
der demografischen Entwicklung<br />
aufs Land zurollen, wie er sagt:<br />
„Das ist ein Problem mit Ansage.“<br />
Aber auch in Bayern laufe trotz<br />
Förderung etwa der Ausbau der<br />
Foto: picture alliance/dpa-tmn/Jens Kalaene<br />
Kurzzeitpflege nur schleppend,<br />
wandte Bentele ein. Alles eine Frage<br />
der Finanzen, erklärte Holetschek.<br />
Es brauche mehr Geld, um<br />
diese Strukturen aufzubauen. Der<br />
Bund, nicht die Länder, müsse<br />
Mittel an die Kommunen geben.<br />
Warum dies in den letzten Jahren<br />
mit einem CDU-Gesundheitsminister<br />
nicht geregelt wurde, beantwortete<br />
er nicht.<br />
Das ganze Gespräch hören Sie<br />
unter www.vdk.de/podcast<br />
Dr. Bettina Schubarth<br />
Häusliche Pflege<br />
wieder vergessen<br />
Auch bei den ersten von der neuen<br />
Mehrheit im Bundestag am 18. November<br />
beschlossenen Maßnahmen<br />
zur Corona-Pandemie bleibt<br />
die große Gruppe der Pflegebedürftigen<br />
und ihrer Angehörigen<br />
unberücksichtigt.<br />
„Niemand in der Politik interessiert<br />
sich für den Schutz der Mehrheit<br />
der Pflegebedürftigen, nämlich<br />
für den der zu Hause Gepflegten<br />
und der Millionen von<br />
pflegenden Angehörigen“, stellt<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />
enttäuscht fest. Mit den neuen Beschlüssen<br />
werde an viele gedacht,<br />
die jetzt besondere Belastungen<br />
haben: „Für Soldaten und Bundesbeamte<br />
gibt es eine steuerfreie<br />
Corona-Prämie von bis zu 1500<br />
Euro. Die Ärzte erhalten für jede<br />
Impfung statt 20 nun 28 Euro.<br />
Über die Pflegeeinrichtungen wird<br />
weiterhin ein Millionenschutzschirm<br />
gespannt. Nur die zu Hause<br />
Gepflegten gehen mal wieder leer<br />
aus und müssen selbst um das Mindeste<br />
für den eigenen Gesundheitsschutz<br />
kämpfen“, sagt Bentele.<br />
Zusätzliche Kosten<br />
Dabei habe sich die Situation<br />
durch die vierte Corona-Welle weiter<br />
verschärft. Zusatzkosten für<br />
Schutzkleidung, Desinfektionsmittel,<br />
Einmalhandschuhe und Masken<br />
müssen aufgebracht werden.<br />
Dennoch läuft die erhöhte Pflegehilfsmittelpauschale<br />
für die häusliche<br />
Pflege, die längst nicht kostendeckend<br />
ist, Ende des Jahres<br />
aus. „Das ist ein Skandal“, kritisiert<br />
Bentele. <br />
bsc<br />
Entlastungsleistungen werden nicht genutzt<br />
<strong>VdK</strong> sieht Pflegebedürftige mit geringem Hilfebedarf klar benachteiligt<br />
Gemeinsam gegen die Nullrunde<br />
Über 50 potenzielle Kläger für <strong>VdK</strong>-Pflegeklage<br />
Mit einer Musterklage will der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> erreichen, dass<br />
Entlastungsleistungen besser genutzt<br />
werden können. Denn in<br />
vielen Regionen Deutschlands<br />
stehen kaum Angebote zur Verfügung,<br />
und haushaltsnahe Dienstleistungen<br />
sind besonders schwer<br />
zu bekommen.<br />
Seit 2017 haben alle Pflegebedürftigen<br />
ab Pflegegrad 1 Anspruch<br />
auf Entlastungs- und Betreuungsangebote,<br />
um den Alltag<br />
und die häusliche Pflege zu erleichtern.<br />
Dafür stellen die Pflegekassen<br />
unabhängig vom Pflegegrad<br />
monatlich 125 Euro zur Verfügung.<br />
Doch dieses Geld wird nur<br />
von den wenigsten abgerufen.<br />
Der Grund dafür liegt nicht etwa<br />
im mangelnden Interesse an bezahlter<br />
Unterstützung. Im Gegenteil:<br />
Immer wieder berichten Mitglieder,<br />
dass sie keinen nach Landesrecht<br />
anerkannten Dienst<br />
finden, der nur für kleine Hilfestellungen<br />
vorbeikommt, oder dass die<br />
ganze Region unterversorgt ist.<br />
Ein Mitglied aus Bayern ist vor<br />
Gericht gezogen. Der <strong>VdK</strong> hat ihn<br />
dabei unterstützt. Der Mann hatte<br />
für seine mittlerweile verstorbene<br />
Frau die Entlastungsleistungen<br />
abrufen wollen, aber keinen anerkannten<br />
Dienstleister gefunden.<br />
Ein Pflegedienst erklärte, es würden<br />
keine neuen Klienten mehr<br />
angenommen, zwei andere verwiesen<br />
auf lange Wartelisten. Schließlich<br />
beauftragte der Mann im Namen<br />
seiner Frau einen Hausmeisterservice<br />
für mehrere Monate mit<br />
der Reinigung der Wohnung und<br />
reichte die Rechnung bei der Pflegekasse<br />
ein. Diese lehnte die Kostenübernahme<br />
ab mit der Begründung,<br />
der Hausmeisterservice sei<br />
kein nach Landesrecht anerkannter<br />
Dienstleister. Der Kläger argumentierte,<br />
zu den Aufgaben der<br />
Pflegeversicherung gehöre auch,<br />
eine entsprechende Infrastruktur<br />
für Leistungen herzustellen.<br />
Der Fall landete erst beim Sozialgericht<br />
Augsburg, das die Klage als<br />
zulässig, aber unbegründet abgewiesen<br />
hat. Daraufhin legte der<br />
Kläger Berufung beim Bayerischen<br />
Landessozialgericht ein. Diese<br />
Für Entlastungsleistungen gibt es<br />
nur wenige Anbieter.<br />
Foto: imago images/Joko<br />
wurde abgelehnt. Zu Unrecht, ist<br />
der <strong>VdK</strong> überzeugt. Deshalb hat<br />
der Verband beim Bundessozialgericht<br />
eine Nichtzulassungsbeschwerde<br />
eingereicht.<br />
Die Rechtssache habe grundsätzliche<br />
Bedeutung, betonen die<br />
Juristen der <strong>VdK</strong>-Bundesrechtsabteilung.<br />
Der Kläger stehe mit seinem<br />
Problem, dass es für haushaltsnahe<br />
Dienstleistungen kaum<br />
Angebote gibt, nicht allein da.<br />
Viele Pflegebedürftige, die nur<br />
kleine Hilfen im Haushalt benötigen<br />
oder zu Hause versorgt werden,<br />
befänden sich in einer ähnlichen<br />
Situation.<br />
Der <strong>VdK</strong> sieht Menschen, die<br />
keinen Pflegedienst in Anspruch<br />
nehmen, klar benachteiligt. Denn<br />
ambulante Dienste bieten Entlastungsleistungen<br />
oft nur denjenigen<br />
an, die auch andere Pflegesachleistungen<br />
wie etwa Tages- oder<br />
Nachtpflege in Anspruch nehmen.<br />
Das widerspricht dem allgemeinen<br />
Gleichheitssatz, so der <strong>VdK</strong>. Die<br />
Pflegebedürftigen hingegen, die die<br />
Entlastungsleistungen nicht nutzen<br />
können, müssen jährlich viele<br />
Hundert Euro verfallen lassen.<br />
Hinzu kommt, dass Hilfen bei<br />
der Körperpflege kaum zu erhalten<br />
sind. Für haushaltsnahe Dienstleistungen,<br />
wie etwa eine Badreinigung,<br />
oder für die Begleitung<br />
beim Spaziergang werden häufig<br />
Stundensätze von 40 Euro und<br />
mehr verlangt. Annette Liebmann<br />
Pflegegeld, Entlastungsbetrag,<br />
Verhinderungspflege und Tagespflege<br />
wurden seit 2017 nicht<br />
mehr an den Preisverfall angepasst.<br />
Dagegen will der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> rechtlich vorgehen. Mehr<br />
als 50 Pflegebedürftige und deren<br />
Angehörige aus allen Teilen<br />
Deutschlands haben sich gemeldet,<br />
um den <strong>VdK</strong> als Klägerin oder<br />
Kläger zu unterstützen.<br />
Derzeit prüft die Bundesrechtsabteilung<br />
des Sozialverbands <strong>VdK</strong><br />
Deutschland, ob die geschilderten<br />
Fälle für eine Klage geeignet sind.<br />
Ziel ist es, durch alle Instanzen zu<br />
gehen, um eine Verfassungsbeschwerde<br />
zu erreichen. Selbst klagen<br />
darf der Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
nicht – das dürfen nur die Betroffenen,<br />
die sich vom <strong>VdK</strong> aber vertreten<br />
lassen können. Um eine<br />
möglichst breite Wirkung zu erzielen,<br />
wurden Pflegebedürftige aus<br />
allen Bundesländern gesucht, die<br />
Pflegegeld beziehen. Nach derzeitigem<br />
Stand stehen ausreichend<br />
Klagewillige zur Verfügung.<br />
Bis es zu einer Klage vor dem<br />
Bundesverfassungsgericht kommen<br />
kann, ist es ein weiter Weg: In<br />
einem ersten Schritt beantragen<br />
die Betroffenen die Überprüfung<br />
der aktuellen Pflegegeldbescheide<br />
und legen dann Widerspruch ein.<br />
Mit dem Erhalt des Widerspruchsbescheids<br />
kann Klage bei den örtlichen<br />
Sozialgerichten erhoben<br />
werden. Erst dann kann sich das<br />
Landessozialgericht mit dem Fall<br />
befassen. Vorletzte Instanz ist das<br />
Bundessozialgericht. Kommt auch<br />
dieses zu keinem zufriedenstellenden<br />
Urteil, ist der Weg frei für eine<br />
Verfassungsbeschwerde. Das Bundesverfassungsgericht<br />
entscheidet<br />
schließlich, ob der Gesetzgeber das<br />
Pflegegeld sowie alle anderen Pflegeleistungen<br />
alle drei Jahre an die<br />
Inflation anpassen muss.<br />
Weniger Leistungen<br />
Die Bundesregierung hatte ursprünglich<br />
geplant, ab 20<strong>21</strong> die<br />
Beträge für alle Pflegeleistungen<br />
rückwirkend an die Inflation anzupassen.<br />
Um die Zuschüsse für<br />
die stationäre Pflege zu finanzieren,<br />
hat Bundesgesundheitsminister<br />
Jens Spahn jedoch beschlossen,<br />
die Erhöhung des Pflegegelds, des<br />
Entlastungsbetrags, der Verhinderungs-<br />
und der Tagespflege bis<br />
2025 auszusetzen. Die ambulante<br />
Pflegesachleistung wird wegen der<br />
Lohnerhöhungen um fünf Prozent<br />
erhöht, die Inflation ist dabei aber<br />
noch nicht berücksichtigt.<br />
Für die Betroffenen heißt das,<br />
dass sie künftig deutlich weniger<br />
Leistungen für ihr Geld bekommen<br />
werden. Die Rechtsexperten des<br />
<strong>VdK</strong> sehen hier eine deutliche Ungleichbehandlung<br />
zwischen den<br />
häuslich und den stationär versorgten<br />
Pflegebedürftigen. ali<br />
6 RHPfalz<br />
Allgemein
Gesundheit<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
7<br />
Bei Erkrankungen<br />
Fußpflege auf Rezept<br />
Die medizinische Fußpflege darf<br />
nur von anerkannten Podologen<br />
durchgeführt werden. Bei bestimmten<br />
Erkrankungen gibt es die<br />
Behandlung auf Rezept.<br />
Anspruch auf eine ärztlich verordnete<br />
Fußpflege haben Menschen<br />
mit einem diabetischen Fußsyndrom,<br />
mit bestimmten Neuropathien<br />
sowie Querschnittslähmungen.<br />
Bei allen drei Krankheitsbildern<br />
müssen die Füße regelmäßig fachmännisch<br />
behandelt werden, um<br />
Folgeschäden, wie etwa Wundheilungsstörungen<br />
oder Entzündungen,<br />
zu vermeiden. Dabei werden<br />
unter anderem die Nägel gekürzt<br />
und die Hornhaut abgetragen.<br />
In der Regel untersucht der Arzt<br />
die Füße und stellt dann eine Verordnung<br />
aus. Kann die Patientin<br />
oder der Patient aus gesundheitlichen<br />
Gründen nicht zur Fußpflege<br />
gehen, kann er auch Hausbesuche<br />
verschreiben. Nicht jede medizinische<br />
Fußpflege- Praxis hat eine<br />
Kassenzulassung. Deshalb empfiehlt<br />
es sich, vor Be hand lungsbeginn<br />
bei der Kasse oder in der<br />
Praxis nachzufragen. Menschen,<br />
die eine Fußpflege benötigen, müssen<br />
eine Behandlungsgebühr zwischen<br />
fünf und zehn Euro bezahlen.<br />
Sind sie von der Zuzahlung<br />
befreit, entfallen diese Kosten. Bei<br />
fortgeschrittenen Schädigungen<br />
müssen die Füße jedoch von einem<br />
Arzt behandelt werden. ali<br />
Viele Menschen überstehen eine<br />
Infektion mit dem Coronavirus gut.<br />
Aber ein Teil der Betroffenen leidet<br />
noch Wochen und Monate später<br />
unter den Folgen der Erkrankung.<br />
Erschöpfung, Atemnot oder Konzentrationsstörungen<br />
sind typische<br />
Symptome. Die Rede ist von<br />
Post- oder Long-Covid.<br />
Über fünf Millionen Menschen<br />
sind bisher in Deutschland am<br />
Coronavirus erkrankt, ungefähr<br />
4,5 Millionen gelten als genesen.<br />
Wie viele unter den Langzeitfolgen<br />
der Corona-Infektion leiden, ist<br />
noch nicht erfasst. Expertinnen<br />
und Experten gehen von zehn bis<br />
15 Prozent aus. Bei Symptomen<br />
auch nach vier Wochen sprechen<br />
Medizinerinnen und Mediziner<br />
von Long-Covid, nach zwölf Wochen<br />
von Post-Covid.<br />
Am häufigsten berichten Betroffene<br />
von großer Müdigkeit und<br />
Erschöpfung, die auch als Fatigue<br />
beschrieben wird. Es fällt ihnen<br />
schwer, sich über längere Zeit zu<br />
konzentrieren, sich Dinge zu merken<br />
oder schwierige Zusammenhänge<br />
zu verstehen. Viele fühlen<br />
sich in ihrer Leistungsfähigkeit<br />
stark beeinträchtigt. Den Erkrankten<br />
geht es phasenweise besser,<br />
dann wieder schlechter.<br />
Die Forschung zu den Folgen<br />
einer Coronavirus-Infektion steht<br />
noch ganz am Anfang. Zu den<br />
Genesen, aber trotzdem krank<br />
Patientenleitlinie zu den Langzeitfolgen von Covid-19 bietet erste Orientierung<br />
Viele Betroffene fühlen sich erschöpft und nicht mehr so leistungsfähig,<br />
wie sie es gewohnt waren.<br />
Foto: picture alliance/dpa-tmn/Christin Klose<br />
Symptomen wissen Medizinerinnen<br />
und Mediziner inzwischen<br />
einiges, aber andere Fragen können<br />
sie noch nicht ausreichend<br />
beantworten. Es ist noch nicht<br />
geklärt, warum manche Menschen<br />
erkranken, andere wiederum<br />
nicht. Es scheint keinen Zusammenhang<br />
zur Schwere der Coronavirus-Infektion<br />
zu geben. So lässt<br />
sich bislang nicht vorhersagen,<br />
wen es trifft oder wie lange die<br />
Beschwerden andauern. Man<br />
weiß, dass 30- bis 50-Jährige am<br />
häufigsten erkranken und Frauen<br />
öfter betroffen sind als Männer.<br />
Unterstützung<br />
Viele Menschen fühlen sich verunsichert.<br />
Eine Patientenleitlinie<br />
soll Betroffenen und ihren Angehörigen<br />
helfen, sich im Fall einer Erkrankung<br />
besser zurechtzufinden.<br />
Die Leitlinie enthält viele nützliche<br />
Informationen. Zudem gibt sie Hinweise<br />
auf Selbsthilfegruppen oder<br />
Post-Covid-19-Ambulanzen.<br />
Auch an den Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
wenden sich Mitglieder, die an<br />
Long-Covid oder Post-Covid leiden.<br />
Ihre Fragen zum Bezug von<br />
Krankengeld oder einer Erwerbsminderungsrente<br />
lassen sich in<br />
einer Beratung klären. Der <strong>VdK</strong><br />
weiß, wer zuständig ist, etwa die<br />
Unfall-, Renten- oder Krankenversicherung.<br />
Er kann zudem bei einem<br />
Antrag für eine medizinische<br />
Reha-Maßnahme unterstützen. In<br />
den Geschäftsstellen vor Ort hilft<br />
er weiter.<br />
Kristin Enge<br />
Leitlinie<br />
Die Patientenleitlinie „Post-<br />
Covid/Long-Covid“ richtet sich an<br />
Betroffene, Angehörige und pflegende<br />
Personen. Sie wurde auf<br />
Grundlage der ärztlichen Leitlinie<br />
erarbeitet. Federführend war die<br />
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie<br />
und Beatmungsmedizin<br />
(DGP). Neben zahlreichen wissenschaftlichen<br />
medizinischen<br />
Fachgesellschaften haben auch<br />
Patienten und Selbsthilfegruppen<br />
daran mitgewirkt. Die Leitlinie<br />
wird immer wieder aktualisiert.<br />
Sie kann kostenfrei im Internet als<br />
PDF heruntergeladen werden.<br />
www.awmf.org/leitlinien/detail/<br />
ll/020-027.html<br />
7 RHPfalz<br />
Allgemein
8 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> Gesundheit<br />
Reise in die dritte Dimension<br />
In einem Projekt begegnen Heimbewohnerinnen und -bewohner der virtuellen Realität<br />
Bislang gibt es in Deutschland nur<br />
wenig Seniorenheime, die ihren<br />
Bewohnerinnen und Bewohnern<br />
VR-Brillen anbieten. Dabei haben<br />
auch Menschen in hohem Alter<br />
Spaß an digitaler Innovation. Zudem<br />
sehen Expertinnen und Experten<br />
Vorteile in dieser Technik,<br />
etwa wenn sie in der Bewegungstherapie<br />
eingesetzt wird.<br />
Das Vorurteil, Gaming und VR<br />
(Virtual Reality, virtuelle Realität),<br />
gehöre in den Jugendbereich, hält<br />
sich hartnäckig, obwohl Umfragen<br />
das widerlegen. „Silver Gamer“<br />
sind hierzulande keine Seltenheit:<br />
Laut dem Verband der deutschen<br />
Games- Branche haben 2020 mehr<br />
als 34 Millionen Menschen regelmäßig<br />
Computer- und Videospiele<br />
gespielt. 15 Prozent davon waren<br />
über 60 Jahre alt. Das heißt: Mehr<br />
als fünf Millionen Seniorinnen<br />
und Senioren sind Gamer. Tendenz<br />
steigend.<br />
Digitalisierung im Heim<br />
Die Erfahrung, dass ältere Menschen<br />
Spaß an Technik haben,<br />
macht auch Alexandra Kasper. Sie<br />
arbeitet als Betreuungskraft im<br />
Caritas-Altenzentrum Sankt Maternus<br />
in Köln und setzt sich dort<br />
für mehr Digitalisierung ein. So<br />
hat sie für ihre Einrichtung ein<br />
digitales Betreuungskonzept aufgebaut,<br />
bei dem Social Media,<br />
Computerspiele und VR-Brillen<br />
zum Einsatz kommen.<br />
Eine Heimbewohnerin des Caritas-Altenzentrums Sankt Maternus in Köln<br />
taucht in virtuelle 3D-Welten ein. Sie wird dabei von Sozialpädagogin<br />
Alexandra Kasper (rechts) betreut.<br />
Foto: Caritasverband Köln<br />
Die Sozialpädagogin blickt auf<br />
die erste Begegnung ihrer Schützlinge<br />
mit VR-Brillen zurück: Vor<br />
drei Jahren hatte sie mit Bewohnerinnen<br />
und Bewohnern eine Bi b-<br />
liothek besucht, in der diese<br />
Technik ausprobiert werden konnte.<br />
„Das hat alle so fasziniert, dass<br />
wir uns inzwischen bereits drei<br />
VR-Brillen für unser Seniorenheim<br />
angeschafft haben“, erinnert sich<br />
die 42-Jährige. Seitdem hat jeder<br />
und jede zweimal wöchentlich die<br />
Möglichkeit, in die virtuelle dritte<br />
Dimension zu wechseln.<br />
Spaziergang am Strand<br />
Welche 3D-Welten gibt es zu<br />
entdecken? Zum Einstieg sei eine<br />
bunte Unterwasserwelt mit Korallen<br />
und Fischen besonders beliebt,<br />
berichtet die Kölnerin. Außerdem<br />
werde die Software „Google Earth<br />
VR“ genutzt. Damit ist das virtuelle<br />
Reisen rund um den Globus<br />
möglich, wahlweise in der Vogelperspektive<br />
oder in der Straßenansicht.<br />
Die Betreuungskraft erzählt<br />
von einem schönen Erlebnis:<br />
„Einer unserer Bewohner kommt<br />
aus Chile. Er geht bei seiner virtuellen<br />
Reise gern am Strand seiner<br />
alten Heimatstadt spazieren.“<br />
Die Abwechslung im Pflegealltag<br />
gefällt auch den Mitarbeitenden<br />
des Altenzentrums. Kasper spricht<br />
sogar von einer Aufwertung, die<br />
der Pflegeberuf dadurch erfährt.<br />
Bislang nutzen nur wenig Pflegeeinrichtungen<br />
VR-Brillen. „Das<br />
Thema Digitalität wird in der Ausbildung<br />
zur Betreuungskraft noch<br />
zu wenig angesprochen“, bedauert<br />
die Sozialpädagogin. Es ist auch<br />
eine Frage des Budgets. Ein Modell,<br />
wie es die Kölner Einrichtung<br />
verwendet, kostet 3000 Euro. Zudem<br />
sei es eine Herausforderung,<br />
Personal zu finden. „Es braucht<br />
mindestens einen, besser zwei<br />
Menschen, die ein solches Projekt<br />
mit Leben füllen. Das gesamte<br />
Team sollte das unterstützen“, gibt<br />
Alexandra Kasper zu bedenken.<br />
Die Chancen der Techniknutzung<br />
im höheren Lebensalter untersucht<br />
Dr. Stefan Kamin am<br />
Ins titut für Psychogerontologie an<br />
der Friedrich-Alexander-Universität<br />
Erlangen-Nürnberg. „Während<br />
der Corona- Pandemie hat die digitale<br />
Technik vielen älteren Menschen<br />
die gesellschaftliche Teilhabe<br />
ermöglicht“, sagt der Experte.<br />
Therapie mit VR-Brille<br />
Kamin schätzt, dass auch<br />
VR-Brillen in Pflegeheimen einen<br />
Aufschwung erleben werden. „Ich<br />
sehe vor allem große Potenziale im<br />
Bereich der Bewegungstherapie,<br />
die durch virtuelle Realität gestützt<br />
werden kann.“ Für Menschen, die<br />
an Demenz leiden, sei die Technik<br />
dagegen nicht geeignet. „Es ist eine<br />
ethische Frage, einen Menschen,<br />
der zeitlich und räumlich nicht<br />
mehr orientiert ist, in einen virtuellen<br />
Raum zu setzen und wieder<br />
he rauszuholen.“ Eine Reise mit der<br />
VR-Brille erfordert sensibles Personal,<br />
das den emotionalen Ankerpunkt<br />
für den Demenzkranken<br />
bereitstellt, so der Gerontologe.<br />
Kamin fordert mehr Forschung im<br />
Pflegebereich, um Chancen und<br />
Grenzen besser abschätzen zu<br />
können. Elisabeth Antritter<br />
Hepatitis-Screening ab 35<br />
Gesetzliche Kassen übernehmen Kosten<br />
Krankenversicherung für Hinterbliebene<br />
Was zu beachten ist, wenn der Partner stirbt<br />
Der gemeinsame Bundesausschuss<br />
(G-BA) hat beschlossen,<br />
dass gesetzliche Krankenkassen<br />
die Kosten für ein Hepatitis-<br />
Screening übernehmen. Versicherte<br />
ab Mitte 30 können sich ab sofort<br />
einmalig auf Hepatitis B und C<br />
testen lassen.<br />
Ein kleiner Piks schafft Klarheit, ob<br />
man sich mit Hepatitis B oder C infiziert<br />
hat. Foto: imago images/HRSchulz<br />
Ab 35 Jahre zahlt die Kasse regelmäßig<br />
alle drei Jahre eine Vorsorgeuntersuchung.<br />
Unter anderem<br />
werden der Impfstatus überprüft,<br />
der Blutdruck und die Blutwerte<br />
gemessen sowie kontrolliert, ob<br />
etwa Herzprobleme vorliegen oder<br />
die Gefahr besteht, einen Typ-2-Diabetes<br />
zu entwickeln. Künftig gehört<br />
auch ein Test auf Hepatitis B<br />
und C dazu. Dafür nimmt die Hausärztin<br />
oder der Hausarzt Blut ab<br />
und schickt die Probe ins Labor.<br />
Dort wird untersucht, ob Antigene<br />
und Antikörper enthalten sind.<br />
Hepatitis B und C werden über<br />
das Blut übertragen und sind in der<br />
frühen Phase sowie im akuten Stadium<br />
hochansteckend. Schon eine<br />
geringe Menge an Viren reicht aus,<br />
um sich zu infizieren. Hepatitis B<br />
kann außerdem durch sexuelle<br />
Kontakte übertragen werden. Sie<br />
gehört zu den häufigsten Infektionskrankheiten<br />
weltweit.<br />
Der Test soll der Vorsorge dienen.<br />
Denn einige Erkrankungen<br />
verlaufen ohne Symp tome oder mit<br />
unspezifischen Beschwerden und<br />
werden erst erkannt, wenn die<br />
Hepatitis schon fortgeschritten ist.<br />
Unbehandelt drohen Spätfolgen<br />
bis hin zu Leberkrebs. Bislang<br />
mussten Patientinnen und Patienten<br />
die vorsorgliche Untersuchung<br />
aus eigener Tasche bezahlen.<br />
Gegen eine Infektion mit dem<br />
Hepatitis-B-Virus ist eine Schutzimpfung<br />
möglich. Die Ständige<br />
Impfkommission empfiehlt diese<br />
Impfung für Säuglinge und für Erwachsene<br />
in Berufen mit einem<br />
erhöhten Infektionsrisiko, etwa in<br />
medizinischen Einrichtungen, sowie<br />
für Menschen mit einem geschwächten<br />
Immunsystem. Gegen<br />
eine Hepatitis-C-Erkrankung gibt<br />
es noch keine Schutzimpfung.<br />
Mittlerweile stehen aber hochwirksame<br />
Medikamente zur Verfügung,<br />
und die Chancen auf eine vollständige<br />
Heilung sind gut. ali<br />
Wer als Erwerbstätiger gesetzlich<br />
krankenversichert war, wechselt<br />
als Rentner für gewöhnlich in die<br />
Krankenversicherung der Rentner<br />
(KVdR), sofern alle Voraussetzungen<br />
erfüllt sind. Dort läuft die Mitgliedschaft<br />
in der Krankenversicherung<br />
dann weiter. 50 Prozent<br />
der Beiträge und der Zusatzbeiträge<br />
trägt allerdings nun die Rentenversicherung<br />
statt des Arbeitgebers,<br />
50 Prozent der Versicherte<br />
selbst.<br />
Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist in der<br />
Regel gesichert, auch wenn sich die Familienverhältnisse ändern.<br />
Für die Aufnahme in die KVdR<br />
muss unter anderem die Vorversicherungszeit<br />
erfüllt sein. Das<br />
heißt, seit der erstmaligen Aufnahme<br />
einer Erwerbstätigkeit bis zur<br />
Rentenantragstellung (Rahmenfrist)<br />
muss man mindestens 9/10<br />
der zweiten Hälfte dieses Zeitraums<br />
gesetzlich krankenversichert<br />
gewesen sein.<br />
Ehefrauen sind oft über ihren<br />
Mann beitragsfrei mitversichert,<br />
als sogenannte Familienversicherte.<br />
Doch was passiert mit dem<br />
Versichertenstatus, wenn der<br />
Mann stirbt? Mit dem Tod des<br />
Hauptversicherten endet die Familienversicherung.<br />
Für eigenständig<br />
pflichtversicherte oder freiwillig<br />
versicherte Mitglieder ändert sich<br />
nichts.<br />
Die bisherige Krankenkasse<br />
führt die Familienversicherung<br />
regelmäßig als freiwillige Mitgliedschaft<br />
fort. Familienversicherte<br />
können sich innerhalb von maximal<br />
zwei Wochen bei einer anderen<br />
Kasse versichern. Diese nimmt<br />
sie aber wiederum nur als freiwillig<br />
Versicherte mit häufig höheren<br />
Beiträgen auf, wenn sie die Vorversicherungszeit<br />
der KVdR nicht erfüllen.<br />
Wird die Hinterbliebene wegen<br />
der Witwenrente selbst Rentnerin<br />
und erfüllt die Vorversicherungszeit<br />
für die KVdR, wird sie in dieser<br />
versichert. Und zwar, sobald<br />
der Antrag auf Hinterbliebenenrente<br />
bewilligt ist. Sie ist dann<br />
nicht mehr familien-, sondern eigenständig<br />
versichert.<br />
Die bisher familienversicherte<br />
Witwe stellt dazu einen Antrag auf<br />
Hinterbliebenenrente bei der Rentenversicherung.<br />
Das sollte so<br />
schnell wie möglich geschehen. Da<br />
der endgültige Rentenbescheid<br />
meist aber erst nach mehr als vier<br />
Wochen kommt, sollte die Witwe<br />
gleich eine „Meldung zur Krankenversicherung<br />
der Rentner“ einreichen.<br />
Der Rentenversicherungsträger<br />
muss diese Meldung unverzüglich<br />
an die Krankenkasse<br />
weiterleiten. So sollen rechtliche<br />
Nachteile vermieden werden, weil<br />
die Aufnahme in die KVdR noch<br />
nicht entschieden ist.<br />
Bis zur Bewilligung des Rentenantrags<br />
ist die Witwe weiter bei<br />
ihrer alten Kasse versichert. Sie<br />
kann die Kasse auch wechseln,<br />
wenn sie die neue im Rentenantrag<br />
benennt. Wird die Hinterbliebenenrente<br />
abgelehnt, wird die bisherige<br />
Familienversicherung als<br />
freiwillige Mitgliedschaft fortgeführt.<br />
Sabine Kohls<br />
Foto: imago/Niehoff<br />
8 RHPfalz<br />
Allgemein
Gesundheit<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
9<br />
Hilfsmittel von<br />
der Krankenkasse<br />
Hilfsmittel, wie Rollatoren, Seh- und<br />
Hörhilfen oder Elektrorollstühle,<br />
sollen das Leben erleichtern. Wer<br />
gut vorbereitet einen Antrag bei<br />
der Kasse stellt, kann unliebsame<br />
Überraschungen vermeiden.<br />
Alle Hilfsmittel, für die die gesetzliche<br />
Krankenversicherung<br />
anteilig die Kosten übernimmt,<br />
sind im Hilfsmittelverzeichnis gelistet.<br />
Sie sollen den Erfolg einer<br />
Krankenbehandlung sichern, einer<br />
Behinderung vorbeugen oder eine<br />
solche ausgleichen.<br />
Wer ein Hilfsmittel benötigt,<br />
sollte sich zuerst an seinen Arzt<br />
oder seine Ärztin wenden. Diese<br />
stellen eine Verordnung aus, wenn<br />
es medizinisch notwendig ist. Formal<br />
ist dafür weder ein Grad der<br />
Behinderung (GdB) noch ein Pflegegrad<br />
notwendig. Viele Betroffene<br />
verfügen aber bereits über einen<br />
GdB oder Pflegegrad oder haben<br />
einen Antrag gestellt. Das erleichtert<br />
das Verfahren bei der Krankenkasse.<br />
Beim Arzt ist es wichtig,<br />
nach einem Hilfsmittel ohne Aufzahlung<br />
zu fragen. So lassen sich<br />
zusätzliche Kosten vermeiden, die<br />
gesetzlich Versicherte sonst selbst<br />
aufbringen müssten.<br />
Das verordnete Hilfsmittel muss<br />
die Krankenkasse erst bewilligen.<br />
Sie übernimmt entweder die Kosten<br />
für die Anschaffung oder für die<br />
Miete. Die Hilfsmittel erhalten Betroffene<br />
meist über bestimmte Sanitätshäuser<br />
als Vertragspartner<br />
der Kassen. Dort sollten sie keine<br />
zusätzlichen Vereinbarungen unterschreiben,<br />
denn darin sind oft<br />
Aufzahlungen versteckt. Wenn das<br />
ausgewählte Hilfsmittel nicht ausreicht,<br />
sollten sie noch einmal ihren<br />
Arzt oder ihre Ärztin aufsuchen<br />
und eines, das besser passt, bei der<br />
Krankenkasse beantragen. ken<br />
Sorge um steigende Energiepreise<br />
Elektrische Hilfsmittel – gesetzliche Krankenkassen übernehmen Stromkosten für den Betrieb<br />
Anja F. wendet sich über die sozialen<br />
Medien an den <strong>VdK</strong>: Sie weiß<br />
nicht, wie sie ihre Stromkosten<br />
zahlen soll, wenn die Preise weiter<br />
so steigen. Seit vier Jahren ist sie<br />
halbseitig gelähmt. Nach und nach<br />
hat sie sich ihre Wohnung mit vielen<br />
elektrischen Helfern so eingerichtet,<br />
dass sie selbstbestimmt<br />
leben kann. Doch der Blick auf den<br />
Stromzähler erschreckt sie.<br />
Die 53-Jährige sitzt in einem<br />
Rollstuhl mit Schiebehilfe. Um<br />
beweglich zu bleiben, übt sie mit<br />
einem sogenannten Motomed, einem<br />
Bewegungstrainer für Arme<br />
und Beine. Sie hat einen elektrischen<br />
Lattenrost fürs Bett, damit<br />
sie keine Druckstellen bekommt,<br />
und ein elektrisches Dusch-WC.<br />
Zudem benutzt sie ein Apnoe-<br />
Gerät und hat ihre Fahrradgarage<br />
mit einem elektrischen Tor ausgestattet.<br />
So kommt sie gut zurecht.<br />
Doch der Betrieb dieser elektrischen<br />
Geräte treibt ihren Energieverbrauch<br />
in die Höhe, und ihre<br />
Stromkosten steigen immer weiter.<br />
Kostenübernahme<br />
Nach einem Ausflug wird der Elektrorollstuhl wieder aufgeladen.<br />
Dieses Problem kennen kranke<br />
oder pflegebedürftige Menschen<br />
gut. Oft werden mehrere elektrische<br />
Hilfsmittel eingesetzt, sodass<br />
sich die Stromkosten schnell zu<br />
einem größeren Betrag summieren.<br />
Dabei müssen die meisten<br />
ohnehin jeden Cent umdrehen. In<br />
Zeiten steigender Energiekosten<br />
sorgen sie sich nun, ob sie diese<br />
weiterhin zahlen können.<br />
In einigen Fällen ist diese Sorge<br />
unbegründet, denn die Krankenkassen<br />
müssen die Stromkosten<br />
übernehmen, die beim Betreiben<br />
von Hilfsmitteln anfallen. „Allerdings<br />
zahlen sie diese nur für<br />
Hilfsmittel, die sie vorab bewilligt<br />
haben“, erklärt <strong>VdK</strong>-Gesundheitsexperte<br />
Frank Weniger. Voraussetzung<br />
ist, dass eine Ärztin oder ein<br />
Arzt das Hilfsmittel ausdrücklich<br />
verordnet hat. Wer sich selbst ein<br />
Hilfsmittel kauft, muss den Strom<br />
dafür aus eigener Tasche zahlen.<br />
Ähnliches gilt auch für die Pflegehilfsmittel.<br />
Dass Krankenkassen ihren Mitgliedern<br />
bei den Stromkosten finanziell<br />
unter die Arme greifen,<br />
wusste Anja F. bisher nicht. Sie<br />
bestreitet die Kosten selbst, die<br />
durch die Nutzung ihrer elektrischen<br />
Helfer anfallen. Für die<br />
Pfälzerin, die rund 1500 Euro netto<br />
im Monat verdient, sind sie eine<br />
hohe finanzielle Belastung. „Ich<br />
bin überrascht, dass die Krankenkasse<br />
dafür aufkommen müsste“,<br />
sagt sie.<br />
Das Gute: Die Stromkosten können<br />
Betroffene noch bis zu vier<br />
Jahre rückwirkend geltend machen.<br />
Da jede Krankenkasse ihre<br />
eigenen Regelungen hat, sollten<br />
gesetzlich Versicherte vorher genau<br />
nachfragen, wie sie die krankheitsbedingte<br />
Übernahme der<br />
Stromkosten beantragen müssen.<br />
Bei manchen Kassen reicht es, einen<br />
formlosen Antrag zu stellen,<br />
bei anderen braucht es ein bestimmtes<br />
Formular.<br />
Tatsächlich oder pauschal<br />
Foto: imago/Norbert Neetz<br />
Es gibt Kassen, die den genauen<br />
Verbrauch wissen wollen, andere<br />
rechnen über eine Pauschale ab.<br />
Sollte der Verbrauch über der Pauschale<br />
liegen, kommt eine höhere<br />
Erstattung in Betracht. Dann müssen<br />
gesetzlich Versicherte nachweisen,<br />
wie viel Strom sie tatsächlich<br />
verbraucht haben.<br />
Dazu sollten sich Betroffene<br />
Folgendes notieren: Wie lange<br />
läuft das Gerät? Über welche Wattzahl<br />
verfügt es? An wie vielen<br />
Tagen im Jahr wird das Hilfsmittel<br />
genutzt? Und wie viel kostet eine<br />
Kilowattstunde Strom? Bietet die<br />
Krankenkasse einen Vordruck an,<br />
können die einzelnen Posten eingetragen<br />
und mit einer Kopie der<br />
Stromrechnung eingereicht werden.<br />
Einige Kassen benötigen die<br />
angefallenen Kosten pro Gerät,<br />
das genau zu benennen ist, in einem<br />
formlosen Anschreiben.<br />
Weigern sich die gesetzlichen<br />
Krankenkassen, die Stromkosten<br />
für verordnete Hilfsmittel zu übernehmen,<br />
sollten Betroffene Widerspruch<br />
einlegen, rät Weniger. Beratung<br />
und Hilfe dazu bieten die<br />
<strong>VdK</strong>-Geschäftsstellen vor Ort.<br />
Anja F. ist entschlossen, einen Antrag<br />
für die Hilfsmittel zu stellen,<br />
die ihre Krankenkasse genehmigt<br />
hat. Dann muss sie die Stromkosten<br />
nicht mehr allein stemmen und<br />
kann etwas ruhiger in die Zukunft<br />
blicken.<br />
Kristin Enge<br />
Sand im Auge<br />
Ein Reinigungsprozess über Nacht<br />
Für ein gutes „Bauchgefühl“<br />
Lebensmittelunverträglichkeiten – ärztliche Untersuchung wichtig<br />
Nicht der Sandmann ist es, der<br />
etwas in die Augen streut. „Schlafsand“<br />
ist eine Folge der Reinigungsprozesse<br />
an der Augenoberfläche.<br />
„Aus Staubteilchen, Zellund<br />
Sekretresten bilden sich kleine<br />
Krümel, die sich morgens vorzugsweise<br />
im inneren Augenwinkel<br />
finden“, heißt es beim Berufsverband<br />
der Augenärzte Deutschlands<br />
(BVA). „Waschen, nicht reiben“<br />
wird empfohlen.<br />
Im Schlaf haben wir die Augen<br />
geschlossen und blinzeln nicht.<br />
Dann sammelt sich Tränenflüssigkeit<br />
an den Augenrändern. Sie<br />
trocknet im Laufe der Nacht und<br />
Inhaltsstoffe können auskristallisieren.<br />
„Für die Gesundheit des<br />
Auges ist es ratsam, sich den<br />
Schlafsand nicht aus den Augen zu<br />
reiben, sondern ihn mit sauberem<br />
Wasser wegzuwaschen“, sagt Professor<br />
Dr. Gerd Geerling, Leiter<br />
des Ressorts „Trockenes Auge“ im<br />
BVA. Denn wer sich mit den Händen<br />
ins Auge fasse, könne dabei<br />
Keime auf die empfindliche Augenoberfläche<br />
übertragen.<br />
Tränenflüssigkeit bildet der Körper<br />
kontinuierlich, und das ist<br />
auch gut für die Gesundheit. Neben<br />
Wasser enthält sie unter anderem<br />
Eiweißstoffe, Salze, Fette und<br />
Schlaf in den Augen oder Schlafsand<br />
ist nach dem Aufwachen ganz<br />
normal.<br />
Kohlenhydrate. „Der Tränenfilm<br />
reinigt und ernährt die Augenoberfläche,<br />
und er schützt sie vor<br />
Krankheitserregern“, so Geerling.<br />
Er bestehe, vereinfacht gesagt, aus<br />
drei Schichten, die bei jedem Lidschlag<br />
neu auf dem Auge verteilt<br />
werden.<br />
Tagsüber fließt die Tränenflüssigkeit<br />
über die Tränenpünktchen<br />
im inneren Augenwinkel in den<br />
Tränenkanal ab. Deshalb bilden<br />
sich dann auch seltener Rückstände,<br />
die im Auge verbleiben. Wer an<br />
trockenen Augen leide, könne<br />
Augentropfen, Gele oder auch Salben<br />
verwenden, rät der Arzt. pet<br />
Foto: picture alliance/Shotshop/Madhourse<br />
Jeder dritte Deutsche verträgt<br />
bestimmte Lebensmittel oder<br />
Speisen nicht. Der Leidensdruck ist<br />
hoch, die Ursachen sind vielfältig.<br />
Mit einem guten „Bauchgefühl“<br />
fühlt man sich wohl. Wenn jedoch<br />
die Verdauung gestört ist, und das<br />
immer wieder, wissen viele nicht<br />
mehr weiter. „So viel Verzicht wie<br />
nötig, so viel Genuss wie möglich“,<br />
lautet das Credo des Deutschen<br />
Allergie- und Asthmabunds<br />
(DAAB). Er gibt Tipps, wie man mit<br />
den Beschwerden umgeht.<br />
Eine ausgewogene Ernährung, die im Alltag funktioniert, ist das Ziel einer<br />
individuellen Beratung.<br />
Foto: picture alliance/dpa Themendienst/Christin Klose<br />
„Blähungen nach einem Sahnequark<br />
oder Durchfall beim Verzehr<br />
von Obst: Hinter diesen Beschwerden<br />
können Lebensmittel-Unverträglichkeiten<br />
stecken, vor allem<br />
dann, wenn sie immer wieder<br />
auftreten“, sagt der DAAB. Je nach<br />
Reaktionsmechanismus werde<br />
zwischen einer echten Lebensmittelallergie,<br />
Pseudoallergie, Kohlenhydrat-Verwertungsstörung<br />
wie<br />
Laktose- oder Fructoseunverträglichkeit,<br />
oder einer Auto immunerkrankung<br />
wie der Zöliakie unterschieden.<br />
Unverzichtbar ist bei Lebensmittelunverträglichkeiten<br />
eine gründliche<br />
Untersuchung. Eine Milchzuckerunverträglichkeit<br />
wird beim<br />
Gastroenterologen per H2-Atemtest<br />
diagnostiziert. Und dann gibt<br />
es vor allem Ärztinnen und Ärzte,<br />
die sich auf Allergologie spezialisiert<br />
haben. Dabei gilt es herauszufinden,<br />
ob sich hinter der Unverträglichkeit<br />
eine echte Allergie<br />
oder eine Intoleranz verbirgt. Steht<br />
der Grund für die Unverträglichkeit<br />
fest, können die Betroffenen<br />
gezielt auf bestimmte Lebensmittel<br />
verzichten. „Jede Meidung des<br />
Allergieauslösers sollte durch eine<br />
individuelle Ernährungsberatung<br />
begleitet werden“, so der DAAB.<br />
„Die Ernährungstherapie bei Nahrungsmittelallergien<br />
oder -unverträglichkeiten<br />
gestaltet sich sehr<br />
individuell und lässt sich nur<br />
schwer in ein Schema pressen.“ Da<br />
die Ernährungsumstellung für viele<br />
Allergiker einen lebenslangen<br />
oder zumindest einen langfristigen<br />
Verzicht darstelle, müsse die Kost<br />
für und mit dem Patienten zusammengestellt<br />
werden und im Alltag<br />
auch gut umsetzbar sein. Es sei<br />
wichtig, dass die Ernährung trotzdem<br />
ausgewogen ist.<br />
Infos gibt der DAAB per Telefon<br />
(0 <strong>21</strong> 66) 647 88-20 und E-Mail info<br />
@daab.de. Die Internetadresse:<br />
www.daab.de Petra J. Huschke<br />
9 RHPfalz<br />
Allgemein
10 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> Generationen<br />
Von den Alpen bis zur Adria<br />
TV-Reporter radelt mit seinem an Alzheimer erkrankten Vater bis ans Mittelmeer<br />
Boulevard-Reporter Philipp Hageni<br />
hat mit seinem Vater im Sommer<br />
eine Fahrradtour von Arnoldstein<br />
in Österreich bis nach Grado an<br />
der Nordküste der Adria unternommen.<br />
Doch das war nicht irgendeine<br />
Reise. Denn Rainer Hageni<br />
leidet an Alzheimer. Sein Sohn<br />
kam auf die Idee, den gemeinsamen<br />
Trip zu filmen. Daraus ist eine<br />
sehr persönliche, einfühlsame<br />
Fernseh- Reportage geworden, die<br />
in drei Teilen beim „Frühstücksfernsehen“<br />
des Privatsenders Sat.1<br />
ausgestrahlt worden ist.<br />
Sommer, Sonne, gute Laune: Philipp Hageni (hinten) und sein Vater Rainer<br />
Hageni sind im August gemeinsam von den Alpen abwärts an die Adria<br />
gerollt – begleitet von einem Kameramann.<br />
Der kurze Dialog zwischen Vater<br />
und Sohn ist eine Szene mit leisem<br />
Humor. „Ich habe eine spezielle<br />
Sorte von Alzheimer. Bei mir vertrocknet<br />
die Hypophyse, das<br />
Kleinhirn“, erklärt Rainer Hageni<br />
dem Publikum seine Krankheit.<br />
„Du guckst also völlig klar raus,<br />
aber deine Bewegungen sind eingeschränkt?“,<br />
hakt Philipp Hageni<br />
nach. „Meine Bewegungen sind<br />
unkontrolliert wie bei einem<br />
Besoffenen“, bestätigt der 77-Jährige<br />
und schmunzelt. „Du hast<br />
Honig in der Bewegung“, schlussfolgert<br />
der Sohn.<br />
Damit spielt er auf einen erfolgreichen<br />
deutschen Kinofilm über<br />
das Thema Demenz an: In dem<br />
Spielfilm „Honig im Kopf“ von<br />
2014, Regie Til Schweiger, verkörperte<br />
Dieter Hallervorden einen<br />
Großvater, der an Alzheimer erkrankt<br />
ist. „Honig im Kopf“ ist<br />
eine Metapher für den schleichenden<br />
Abbauprozess im Gehirn,<br />
wodurch es zu Gedächtnis- und<br />
Orientierungsverlust kommt.<br />
Rainer Hageni ist nicht von Demenz<br />
betroffen. „Doch die nachlassende<br />
Motorik macht ihm sehr<br />
zu schaffen“, erzählt sein Sohn der<br />
<strong>VdK</strong>-ZEITUNG. „Diese Erkrankung<br />
hat er nun seit drei Jahren.<br />
Seit zwei Jahren wird es schlimmer.<br />
Er ist ein praktisch veranlagter<br />
Mensch und hat viel mit den<br />
Händen gemacht. Dass das jetzt<br />
nicht mehr geht, macht ihn traurig“,<br />
bedauert der 45-Jährige.<br />
Philipp Hageni hat seinen Vater<br />
während der viertägigen Tour mit<br />
dem Rollstuhl mitgenommen, den<br />
er vorne an sein Fahrrad geschraubt<br />
hat. Beschwerlich sei die<br />
Fahrt nicht gewesen. „Ich bin ein<br />
sportlicher Typ. Außerdem sind<br />
wir die meiste Zeit abwärtsgerollt“,<br />
räumt er ein und lacht. Überhaupt<br />
Am Strand der italienischen Küstenstadt<br />
Grado: Beide waren glücklich,<br />
als sie ans Ziel kamen.<br />
kommt der Humor nicht zu kurz.<br />
So erklärt der gebürtige Sachse,<br />
weshalb sein Vater eine sowjetische<br />
Panzerhaube statt eines Fahrradhelms<br />
trägt. „Er hat eben ein<br />
starkes Faible für Russland.“<br />
Mit seiner Reportage möchte er<br />
ein Stück von der unerschöpflichen<br />
Fürsorge zurückgeben, die er<br />
in seinem Elternhaus erfahren hat.<br />
„Mein Vater war vor seinem Ruhestand<br />
evangelischer Pastor. Meine<br />
Fotos: privat<br />
Eltern waren in Freiberg sehr aktiv<br />
in der Behindertenhilfe. In der<br />
ehemaligen DDR sind es vor allem<br />
die Kirchen gewesen, die sich hier<br />
engagiert haben. Das Miteinander<br />
von Menschen mit und ohne Behinderung<br />
war für mich völlig<br />
normal.“ Gleichzeitig sendet er<br />
eine Botschaft an Jung und Alt:<br />
„Kümmert euch umeinander!“<br />
Nächstes Ziel New York<br />
Angefangen hatte alles damit,<br />
dass sein Bruder dieselbe Tour mit<br />
dem Vater bereits im Mai geradelt<br />
war. Nachdem Philipp Hageni ein<br />
Foto dieser Reise in einem sozialen<br />
Netzwerk veröffentlicht hatte, erntete<br />
dies zahlreiche begeisterte<br />
Reaktionen, die ihn dazu ermutigten,<br />
diesen Trip einmal selbst zu<br />
versuchen. Dieses Mal mit Kamera-Begleitung.<br />
„Mein Vater und ich<br />
sind beide reiselustig und haben<br />
keine Scheu, in der Öffentlichkeit<br />
zu stehen. Sonst wäre der Film<br />
nicht entstanden.“<br />
Nun haben die beiden ein neues<br />
Ziel: New York City. Die Flüge sind<br />
schon gebucht. „Am 5. <strong>Dezember</strong><br />
geht’s los. Meine Mutter kommt<br />
mit auf die Reise.“ Im Gepäck sind<br />
natürlich wieder das Rollstuhlfahrrad<br />
und die sowjetische Panzerhaube.<br />
Tipp: Die Reportage ist im Internet<br />
bei www.youtube.com unter<br />
dem Suchbegriff „Honig in der<br />
Bewegung“ zu finden.<br />
<br />
Elisabeth Antritter<br />
Zu Fuß durch die Stadt<br />
Ältere Menschen fühlen sich im Straßenverkehr oft benachteiligt<br />
Einstieg in die digitale Welt<br />
100 lokale Anlaufstellen für ältere Menschen<br />
Die Ampel schaltet von Grün auf<br />
Rot. Mitten auf der Fahrbahn läuft<br />
noch ein Mann mit einem Rollator.<br />
Ein Auto fährt heran. Viele Passanten<br />
kennen die kurzen Grünphasen,<br />
in denen sie es nicht auf<br />
die andere Straßenseite schaffen.<br />
Ältere Menschen fühlen sich im<br />
Straßenverkehr gegenüber Autound<br />
Radfahrerinnen und -fahrern<br />
benachteiligt. Das ist das Fazit der<br />
Kampagne „Sicher zu Fuß – ein<br />
Leben lang“ der Deutschen Seniorenliga.<br />
Ältere Fußgängerinnen und<br />
Fußgänger haben hier von ihren<br />
Erfahrungen auf ihren alltäglichen<br />
Wegen berichtet. Seniorinnen und<br />
Senioren machen nicht nur kurze<br />
Grünphasen zu schaffen. Auch zugeparkte<br />
Gehwege oder Konflikte<br />
mit Radlern lassen an manchen<br />
Tagen die Strecke durch die Stadt<br />
für sie zum Hindernislauf werden.<br />
Verkehrsplanung<br />
Siegfried Brockmann, Leiter der<br />
Unfallforschung der Versicherer<br />
(UDV), hat die Berichte in einer<br />
wissenschaftlichen Studie ausgewertet.<br />
Er sagt, dass die Verkehrsplanung<br />
nicht auf Fußgängerinnen<br />
und Fußgänger ausgelegt ist. Auch<br />
er kritisiert, dass Ampelschaltungen<br />
Ältere unter Druck setzen:<br />
„Wer als älterer Fußgänger bei<br />
Grün die Straße betritt, muss in<br />
seniorengerechtem Tempo die andere<br />
Straßenseite gefahrlos erreichen<br />
können.“<br />
Wer in seiner Mobilität eingeschränkt ist, hat es als Fußgänger in Städten<br />
besonders schwer.<br />
Foto: picture alliance/Wolfram Steinberg<br />
Zudem teilen sich Passantinnen<br />
und Passanten Wege und Plätze mit<br />
anderen Verkehrsteilnehmern.<br />
Wird das Getümmel zu groß, kann<br />
es zu Konflikten etwa mit Scooteroder<br />
Radfahrern kommen. Manche<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
haben berichtet, dass ihnen an diesen<br />
Orten die gegenseitige Rücksichtnahme<br />
fehlt. Brockmann weiß,<br />
dass solche Konfliktsituationen ein<br />
hohes Unfallrisiko bergen.<br />
Was Fußgängerinnen und Fußgänger<br />
in der Stadt besonders<br />
stört, hat kürzlich auch der ADAC<br />
untersucht. In seiner Studie kommt<br />
er zu einem ähnlichen Ergebnis<br />
wie die Deutsche Seniorenliga.<br />
Rund die Hälfte der 3200 Befragten<br />
fühlt sich nicht sicher, wenn sie<br />
zu Fuß in der Stadt unterwegs ist.<br />
Mobilitätseingeschränkte Menschen<br />
haben es laut ADAC besonders<br />
schwer: Gehwege, die zu<br />
schmal oder in schlechtem Zustand<br />
sind, sowie unzureichende<br />
Bordsteinabsenkungen werden für<br />
sie zur gefährlichen Stolperfalle.<br />
Barrierefreiheit<br />
Die Forderungen, die sich daraus<br />
ergeben, sind klar: Stadt- und Verkehrspolitik<br />
müssen die Bedürfnisse<br />
von Fußgängerinnen und<br />
Fußgängern stärker in den Blick<br />
nehmen, gerade auch von denjenigen,<br />
die in ihrer Mobilität eingeschränkt<br />
sind. Dass es dabei nicht<br />
ohne Barrierefreiheit gehen kann,<br />
fordert der Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
schon lange. Kristin Enge<br />
An deutschlandweit 100 Digital-<br />
Kompass-Standorten erhalten<br />
ältere Menschen Hilfe, wenn sie<br />
sich mit Internet & Co. vertraut<br />
machen wollen. Digitale Dienste<br />
und Inhalte werden dort praxisnah<br />
und verständlich vermittelt.<br />
Die Corona-Krise hat gezeigt,<br />
wie wichtig der kompetente Umgang<br />
mit Internetangeboten und<br />
elektronischen Geräten ist – insbesondere<br />
auch für ältere Menschen.<br />
Doch vielen von ihnen fällt der<br />
Einstieg in die digitale Welt schwer.<br />
Unterstützung bietet der sogenannte<br />
Digital-Kompass, ein gemeinsames<br />
Projekt der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Seniorenorganisationen<br />
und „Deutschland<br />
sicher im Netz“, gefördert vom<br />
Bundesministerium der Justiz und<br />
für Verbraucherschutz.<br />
An seinen Standorten bietet der<br />
Digital- Kompass Seniorinnen und<br />
Senioren kostenlose Sprechstunden,<br />
Workshops und zahlreiche<br />
Materialien rund um das Internet<br />
und die digitale Mediennutzung<br />
an. Ehrenamtliche Internetlotsinnen<br />
und -lotsen leiten die Ratsuchenden<br />
an und ermuntern sie<br />
dazu, digitale Angebote selbst<br />
auszuprobieren. Darüber hinaus<br />
ist das Projekt auch ein Treffpunkt<br />
für den persönlichen Austausch<br />
untereinander.<br />
Die lokalen Anlaufstellen befinden<br />
sich nicht nur in größeren<br />
Städten, sondern oftmals auch in<br />
ländlichen und strukturschwachen<br />
Regionen, sodass die Internetlotsinnen<br />
und -lotsen das jeweilige<br />
Lebensumfeld der Seniorinnen<br />
und Senioren sehr genau kennen<br />
und dadurch hilfreiche Hinweise<br />
geben können. Der Digital-Kompass<br />
greift dabei auf bereits vorhandene<br />
Strukturen zurück: Vom<br />
Senioren-Computer-Club über das<br />
Mehrgenerationenhaus, den Bürgertreff,<br />
die Begegnungsstätte bis<br />
hin zur Volkshochschule sind<br />
ausschließlich bestehende Institutionen<br />
vor Ort in dem Projekt<br />
vertreten.<br />
Seit dem Projektstart im Jahr<br />
2016 haben bislang weit über<br />
10 000 Teilnehmende mehr als 600<br />
digitale Stammtische besucht. Wer<br />
keinen Standort in seiner Nähe<br />
findet, kann viele der Angebote<br />
auch über das Internet in Anspruch<br />
nehmen.<br />
Standort in der Nähe?<br />
Über Termine, Veranstaltungen<br />
und den nächstgelegenen Standort<br />
können sich Ratsuchende unter<br />
www.digital-kompass.de informieren.<br />
Eine zentrale Service-<br />
Telefonnummer existiert nicht.<br />
Älteren Menschen ohne Internetzugang,<br />
die sich für die Angebote<br />
des Projekts interessieren, bleibt<br />
somit nur die Möglichkeit, Verwandte<br />
oder Bekannte vorab um<br />
Unterstützung bei der Standortsuche<br />
zu bitten. Die einzelnen<br />
Standorte sind in der Regel telefonisch<br />
zu erreichen. mib<br />
10 RHPfalz<br />
Allgemein
Inklusion<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
11<br />
„Bestes Unglück meines Lebens“<br />
Radsportlerin Denise Schindler im Interview<br />
Aus dem Rollstuhl auf die Piste<br />
Projekt „Para Schneesport“ richtet sich an Nachwuchssportler mit Behinderung<br />
Trainingslager 2018 in Südafrika: Denise Schindler trägt am rechten Bein<br />
eine Prothese aus einem 3D-Drucker. <br />
Foto: Martin Hoffmann<br />
Denise Schindler gehört seit Langem<br />
zu den weltbesten Para-Radfahrerinnen.<br />
Im Interview mit der<br />
<strong>VdK</strong>-ZEITUNG erzählt die 36-Jährige,<br />
warum sie schon jetzt ein<br />
Buch über ihre Vergangenheit<br />
verfasst hat.<br />
Als „das beste Unglück meines<br />
Lebens“ bezeichnen Sie in Ihrem<br />
Buch den Unfall, bei dem Sie als<br />
Kind im Winter ausrutschten, unter<br />
eine Straßenbahn kamen und Ihren<br />
rechten Unterschenkel verloren.<br />
Wie können Sie dies sagen?<br />
Im Leben gibt es schwere Momente,<br />
und dann kann man erst mal<br />
nichts Positives daran finden. Es<br />
zieht einem den Boden unter den<br />
Füßen weg, und man stellt alles<br />
infrage. Aber im Nachhinein kann<br />
ich sagen, dass mich der Unfall, die<br />
BUCH<br />
TIPP<br />
„Vom Glück,<br />
Pech zu haben“<br />
In dem zusammen<br />
mit Autor<br />
Manfred Otzelberger<br />
verfasten<br />
Buch erzählt<br />
Denise Schindler<br />
nicht nur<br />
über ihr Leben<br />
und den schweren<br />
Unfall, bei dem sie ihren<br />
rechten Unterschenkel verlor. Sie<br />
gibt auch ihre zehn Grundsätze<br />
der Resilienz preis.<br />
Denise Schindler/Manfred<br />
Otzelberger: „Vom Glück,<br />
Pech zu haben“,<br />
Taschenbuch, 16 Euro<br />
ISBN 978-3-442-39373-2<br />
Mosaik-Verlag<br />
Operationen, die Prothese und die<br />
Widerstände zu der starken, reflektierten<br />
Person gemacht haben,<br />
die ich jetzt bin.<br />
Wie lange dauerte dieser Prozess?<br />
Je älter ich wurde, desto besser bin<br />
ich mit meiner Situation umgegangen.<br />
Als Kind und Jugendliche<br />
habe ich noch damit gehadert.<br />
Aber nach der Teenie-Zeit bin ich<br />
immer besser damit klargekommen<br />
und meinen Weg gegangen,<br />
auch mithilfe des Sports.<br />
Und wie kam es nun dazu, dieses<br />
Buch zu schreiben?<br />
Ich habe Manfred Otzelberger<br />
beim Ball des Sports getroffen. Er<br />
plante eigentlich, ein Buch über<br />
paralympische Sportler zu schreiben.<br />
Wir kamen immer mehr ins<br />
Gespräch. Ich habe ihm gesagt, ich<br />
wollte mit Mitte 30 noch keine<br />
Biografie verfassen. Wenn ich ein<br />
Buch schreibe, dann will ich den<br />
Menschen etwas mitgeben. Und<br />
dann hatten wir anhand meiner<br />
Person die Idee, ein Buch über das<br />
Thema Resilienz zu verfassen.<br />
Hat Ihnen die Arbeit an dem Buch<br />
neue Erkenntnisse gebracht?<br />
Ja, in den drei Jahren vom ersten<br />
Gespräch bis zum Erscheinen des<br />
Buchs habe ich viel über mein Leben<br />
nachgedacht. Als mir dabei<br />
klar wurde, welche Schritte mir in<br />
meinem Leben geholfen haben,<br />
hatte ich viele Aha-Erlebnisse.<br />
Sie fahren seit Jahren an der<br />
Weltspitze und haben zuletzt bei<br />
den Paralympics Bronze in der<br />
3000-Meter-Einzelverfolgung in<br />
persönlicher Bestzeit gewonnen.<br />
Was bedeutet Ihnen die Medaille?<br />
In der Vorbereitung lief vieles nicht<br />
so gut. Ich hatte einen Sturz, bei<br />
dem ich mich schwer verletzt habe.<br />
Aber ich hatte diesen Riesentraum,<br />
unter vier Minuten zu fahren. Dieser<br />
hat mich angepeitscht, und<br />
auch mein großartiges Team hat<br />
alles für dieses Ziel gegeben. Dass<br />
ich dann sechs Sekunden schneller<br />
als jemals zuvor gefahren bin und<br />
die Medaille gewonnen habe, ist<br />
ein ganz großer Moment.<br />
Ihr männlicher Kollege Michael<br />
Teuber, der <strong>VdK</strong>-Mitglied ist, fährt<br />
auch mit 53 Jahren in der Spitze<br />
mit. Wollen Sie ihm nacheifern?<br />
Nein, das ist nicht mein Ziel. Michaels<br />
Leistung ist beeindruckend.<br />
Er ist ein toller Sportler. Aber bei<br />
der Familienplanung ist es auch<br />
ein Unterschied, ob man Mann<br />
oder Frau ist. Bis zur WM 20<strong>22</strong><br />
will ich weitermachen. Dann<br />
schauen wir mal. Ich habe viele<br />
Ziele, die nicht alle sportlich sind.<br />
Interview: Sebastian Heise<br />
Um jüngere Menschen mit Behinderung<br />
für den Wintersport zu<br />
begeistern, hat der Deutsche Behindertensportverband<br />
(DBS) das<br />
Projekt „Para Schneesport“<br />
initiiert. Der Zeitpunkt, Strukturen<br />
für die Nachwuchsarbeit aufzubauen<br />
und Talente zu fördern,<br />
scheint günstig wie nie.<br />
Info<br />
Kommende Veranstaltungen<br />
im Para Schneesport:<br />
• Schnuppertag Para Ski alpin<br />
für Kinder und Jugend liche am<br />
17. <strong>Dezember</strong> im Alpenpark<br />
Neuss im Rheinland<br />
• Wintersport-Talenttage vom<br />
14. bis 16. <strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> für Para<br />
Ski alpin, nordisch und Biathlon<br />
in Wertach im Allgäu<br />
Weitere Termine:<br />
https://parasport.de/termine<br />
Für Fragen zum Projekt „Para<br />
Schneesport“ ist Benedikt<br />
Staubitzer zu erreichen unter:<br />
• 0152 56 76 88 46<br />
staubitzer@dbs-npc.de<br />
Der <strong>VdK</strong> Bayern veranstaltet regelmäßig<br />
Skikurse für Rollstuhlfahrerinnen<br />
und -fahrer und gehbehinderte<br />
Menschen.<br />
www.vdk.de/permalink/68703<br />
Nikolai Sommer stürzte als 16-Jähriger beim Ski-Training. Seitdem ist er<br />
querschnittgelähmt. Heute fährt er Mono-Ski.<br />
Foto: privat<br />
Benedikt Staubitzer ist seit Mai<br />
20<strong>21</strong> Leiter des Projekts „Para<br />
Schneesport“. Dieses umfasst die<br />
drei Disziplinen Para Ski alpin,<br />
Para Ski nordisch und Para Snowboard.<br />
Der ehemalige Skirennläufer,<br />
der selbst kein Handicap hat,<br />
sieht den Behindertensport im<br />
Aufwind. Nicht zuletzt durch die<br />
wachsende Popularität der Paralympics<br />
sei die Aufmerksamkeit in<br />
der Gesellschaft gestiegen. „Wir<br />
wollen als Verband diese Popularität<br />
nutzen und nachhaltige, langfristige<br />
Konzepte entwickeln, um<br />
Jugendliche und Kinder mit Behinderung<br />
für den Wintersport zu<br />
begeistern und zu fördern“, sagt er.<br />
Zusammen mit Kooperationspartnern<br />
aus dem Behindertenund<br />
Rehabilitationssport beziehungsweise<br />
den Landesverbänden<br />
des DBS werden „Para Schneesport“-Schnupperwochenenden<br />
für am Wintersport interessierte<br />
Jugendliche mit Behinderung veranstaltet<br />
(siehe Kasten). Diese<br />
richten sich unter anderem an<br />
Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer,<br />
die sich im Mono-<br />
Ski ausprobieren möchten, oder<br />
Menschen mit Arm- oder Beinamputationen.<br />
Für sehbehinderte und<br />
blinde Menschen gibt es die Möglichkeit,<br />
sich beim Skifahren oder<br />
Biathlon von einem Guide über<br />
Funk führen zu lassen.<br />
Fokus Leistungssport<br />
Um gute Trainingsmöglichkeiten<br />
zu etablieren, werden in Zusammenarbeit<br />
mit Landesverbänden<br />
aus dem olympischen und paralympischen<br />
Sport Weiterbildungen<br />
veranstaltet. „Mit einer Skischule<br />
haben wir zum Beispiel einen<br />
Lehrgang für Begleitläufer für<br />
Mono- und Bi-Ski aus dem Raum<br />
Winterberg organisiert. Die Teilnahme<br />
von 18 Skilehrern war ein<br />
voller Erfolg“, sagt Staubitzer.<br />
Das Ziel von „Para Schneesport“<br />
ist es, zuerst einmal jungen Menschen<br />
einen Einstieg in den Sport<br />
zu ermöglichen. Über die Angebote<br />
des Projekts konnten bislang<br />
fünf Kinder und Jugendliche in den<br />
Bereichen Para Ski alpin und nordisch<br />
für den Sport gewonnen<br />
werden. „Das hört sich vielleicht<br />
wenig an, ist aber ein Riesengewinn<br />
für uns.“<br />
Grundsätzlich sei der Ansatz des<br />
Projekts aber am Leistungssport<br />
orientiert. „Wir wollen Talente für<br />
unsere Nachwuchsmannschaften<br />
ausbilden, die idealerweise später<br />
unser Team bei Paralympischen<br />
Spielen verstärken“, so Staubitzer.<br />
Wie der Weg in den Parasport<br />
aussehen kann, macht der Projektkoordinator<br />
an einem Beispiel<br />
deutlich: „Leon sitzt seit einem<br />
Unfall im Rollstuhl. Der 17-Jährige<br />
wollte trotz der Querschnittlähmung<br />
weiter Sport machen und hat<br />
überlegt, was für ihn infrage<br />
kommt. Während der Reha hat er<br />
ein Bild von einem Mono-Ski-Fahrer<br />
gesehen, das ihn begeisterte“,<br />
erzählt Staubitzer. Leons Vater,<br />
der einen engen Bezug zum Skifahren<br />
hat, habe ihm geraten, sich<br />
beim DBS zu informieren. „Wir<br />
haben ihn zu einer Sichtung eingeladen.<br />
Dort hat er sich gut geschlagen<br />
und danach weiter an sich<br />
gearbeitet. Heute trainiert er mit<br />
unserer Nachwuchsmannschaft.“<br />
Nikolai Sommer, der seit einem<br />
Ski-Unfall im Rollstuhl sitzt, ist<br />
schon etwas weiter. Das <strong>VdK</strong>-Mitglied<br />
war vor einer Schulterverletzung<br />
bei den regelmäßigen Wochenendlehrgängen<br />
der Nationalmanschaft<br />
mit dabei. Derzeit<br />
trainiert der Mono-Ski-Fahrer für<br />
die Rückkehr in die Mannschaft.<br />
Der Sport habe ihm sehr geholfen,<br />
mit der Behinderung zu leben, sagt<br />
Sommer. Nach dem schweren Unfall<br />
habe ihn der <strong>VdK</strong> unterstützt.<br />
„Ich musste oft um den richtigen<br />
Rollstuhl kämpfen, und es ging<br />
einige Male vor Gericht.“<br />
Vom DBS-Team und den Trainingsmöglichkeiten<br />
mit der Mannschaft<br />
ist der <strong>21</strong>-Jährige begeistert.<br />
„Ich trainiere mit den coolsten<br />
Leuten, die ich jemals getroffen<br />
habe. Nicht zuletzt habe ich hier<br />
auch gelernt, Hindernisse zu überwinden.“<br />
Jörg Ciszewski<br />
Benedikt Staubitzer koordiniert<br />
„Para Schneesport“. Foto: privat<br />
11 RHPfalz<br />
Allgemein
12 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> <strong>VdK</strong>-TV<br />
Erwerbsminderungsrente beantragen<br />
<strong>VdK</strong>-TV erklärt, worauf Versicherte achten sollten, damit der Antrag zum Ziel führt<br />
Über 350 000 Menschen haben im<br />
Jahr 2020 eine Erwerbsminderungsrente<br />
(EM-Rente) bei der<br />
Deutschen Rentenversicherung<br />
beantragt. Von allen Fällen, die<br />
diese im vergangenen Jahr bearbeitet<br />
hat, hat sie 42 Prozent der<br />
Anträge abgelehnt. Was wichtig<br />
ist, um die EM-Rente erfolgreich<br />
durchzusetzen, zeigt ein Beitrag<br />
auf <strong>VdK</strong>-TV, dem Videoportal des<br />
Sozialverbands <strong>VdK</strong>.<br />
Daniel Overdiek, Rechtsexperte<br />
im <strong>VdK</strong> Bayern, hat die Erfahrung<br />
gemacht, dass die medizinischen<br />
Gutachten der Rentenversicherung<br />
oft nicht sehr genau sind. Seiner<br />
Ansicht nach trägt das dazu bei,<br />
dass sie fast die Hälfte der Anträge<br />
im letzten Jahr abgelehnt hat. Häufig<br />
wird nur nach Aktenlage entschieden.<br />
Manchmal begutachtet<br />
der sozialmedizinische Dienst der<br />
Rentenversicherung die Antragstellerinnen<br />
und Antragsteller sehr<br />
kurz und oberflächlich oder nicht<br />
in allen Bereichen. Es kann passieren,<br />
dass Erkrankungen als nicht<br />
gravierend genug bewertet oder im<br />
Gutachten schlicht vergessen werden.<br />
Die Leidtragenden sind diejenigen,<br />
die zu krank zum Arbeiten<br />
sind.<br />
Ein Antrag auf EM-Rente muss<br />
gut vorbereitet werden, weiß Overdiek.<br />
Es hilft, wenn Ärztinnen und<br />
Ärzte, bei denen man schon länger<br />
Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, stellt einen Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung.<br />
Sie entscheidet, ob eine EM-Rente gewährt wird. <br />
Foto: picture alliance/Fotostand/K. Schmitt<br />
in Behandlung ist, Erkrankungen<br />
sorgfältig erfasst haben. „Je besser<br />
der Arzt dokumentiert hat, desto<br />
besser sind natürlich auch die Erfolgsaussichten“,<br />
sagt er.<br />
Dennoch kann es vorkommen,<br />
dass ein Antrag abgelehnt wird.<br />
Dann haben die Betroffenen einen<br />
Monat Zeit, um Widerspruch einzulegen.<br />
Ist dieser gut begründet,<br />
kann das dazu führen, dass die<br />
Rentenversicherung die EM-Rente<br />
doch gewährt. Aber in manchen<br />
Fällen geht es nicht ohne Klage vor<br />
dem Sozialgericht. Davor schrecken<br />
viele Menschen zurück.<br />
Overdiek weist darauf hin, dass<br />
eine Klage weit weniger problematisch<br />
ist als gedacht. „Man muss<br />
bedenken, man kämpft dort für<br />
sein Recht“, sagt er. Der entscheidende<br />
Vorteil ist, dass das Sozialgericht<br />
einen Gutachter einsetzen<br />
kann, der unabhängig ist. Für die<br />
Betroffenen ist dieses Gutachten<br />
kostenfrei. Sowohl bei Widersprüchen<br />
als auch bei Klagen vor den<br />
Sozialgerichten unterstützt der<br />
<strong>VdK</strong> seine Mitglieder in den Geschäftsstellen<br />
vor Ort.<br />
Der Videobeitrag über den Antrag<br />
zur EM-Rente ist auf www.<br />
vdktv.de abrufbar. Kristin Enge<br />
<strong>VdK</strong>-TV<br />
Die Redaktion des Videoportals<br />
<strong>VdK</strong>-TV informiert Sie regelmäßig<br />
zu wichtigen sozialen und rechtlichen<br />
Themen. Folgende neue<br />
Filme sind unter www.vdktv.de ab<br />
sofort abrufbar:<br />
Inklusion<br />
Menschen mit Behinderung können<br />
gleichberechtigt am Leben<br />
teilhaben, wenn sie einen Assistenten<br />
beschäftigen, der sie unterstützt.<br />
Mit dem Alltag zwischen<br />
Arbeitgeber mit Behinderung<br />
und Assistenz beschäftigt<br />
sich der Beitrag „Inklusion mal<br />
andersherum“.<br />
Krankenhausversorgung<br />
Werden Krankenhäuser wie privatwirtschaftliche<br />
Unternehmen<br />
geführt, steht manchmal der<br />
Gewinn über dem Wohl der Patientinnen<br />
und Patienten. Warum<br />
das nicht funktionieren kann,<br />
erklärt der Animationsfilm zu den<br />
Fallpauschalen im Krankenhaus.<br />
Kinder- und Jugendhilfe<br />
Ab dem Jahr 2028 soll die Kinderund<br />
Jugendhilfe für alle Kinder<br />
mit Behinderung zuständig sein.<br />
Was die Reform der Kinder- und<br />
Jugendhilfe bringt, und wie der<br />
<strong>VdK</strong> sie einschätzt, zeigt der Film<br />
„Inklusion von klein auf“.<br />
12 RHPfalz<br />
Allgemein
Rheinland-Pfalz <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> 13<br />
LANDESVERBAND<br />
Sozialrechtstipp<br />
Steuererklärung bei<br />
niedriger Rente Seite 14<br />
Verbandskonferenz<br />
<strong>VdK</strong>-Delegierte tagen in<br />
Mainz Seite 14<br />
Ehrenamt<br />
Neues aus Orts- und<br />
Kreisverbänden<br />
KOMMENTAR<br />
Seite I<br />
<strong>VdK</strong>-Wünsche zum<br />
Jahreswechsel<br />
Ich kenne so viele starke Frauen im <strong>VdK</strong>,<br />
die sich tagtäglich für ihre Mitmenschen<br />
engagieren. Dass noch mehr von ihnen in<br />
die <strong>VdK</strong>-Vorstände gehen, ist mein Wunsch<br />
für 20<strong>22</strong>!<br />
Christa Schulz<br />
stellvertr. Landesverbandsvorsitzende<br />
Jahr der Krisen –<br />
Jahr der Chancen?<br />
Willi Jäger,<br />
Landesverbandsvorsitzender<br />
Jede Krise ist eine Chance: Dieser<br />
Spruch ist zum Klischee verkommen<br />
– vielleicht deswegen,<br />
weil er stimmt?<br />
Wir haben zwei große Krisen zu<br />
bewältigen: die anhaltende Corona-Pandemie<br />
und die Flutkatastrophe<br />
im Ahrtal.<br />
Noch diesen Sommer hatten<br />
viele gehofft, Corona ist vorbei.<br />
Aber wie vergangenes Jahr haben<br />
wir uns alle zu sehr in Sicherheit<br />
gewiegt. Die vierte Welle<br />
rollt, und wie der Winter wird,<br />
wissen wir noch nicht.<br />
Aber wir haben die Krise genutzt<br />
und dem <strong>VdK</strong> einen Digitalisierungsschub<br />
verpasst: Seit 2020<br />
haben wir Dutzende Webinare,<br />
Zoom-Sitzungen und Online-Treffen<br />
abgehalten.<br />
Viele Ehrenamtliche sind begeistert<br />
von einer Technik, an die sie<br />
sich bislang nicht getraut haben.<br />
Dazu kommt unser neues Intranet<br />
„<strong>VdK</strong>-intern“, in dem sich<br />
Ehrenamtliche austauschen können.<br />
Und um unsere Mitglieder weiterhin<br />
beraten zu können, haben<br />
die <strong>VdK</strong>-Geschäftsstellen ihre<br />
Arbeitsabläufe umgestellt –<br />
manche mit so guten Erfahrungen,<br />
dass sie dabei bleiben!<br />
Dann kam die Flutkatastrophe<br />
im Ahrtal: Viele Menschen haben<br />
ihren gesamten Besitz verloren,<br />
ihr Zuhause, Vertrauen,<br />
Sicherheit – und manche ihr Leben.<br />
Doch sofort lief eine Welle<br />
der Unterstützung durchs Land,<br />
und mit unglaublichem Lebensmut<br />
kämpfen sich die Betroffenen<br />
aus der Krise.<br />
Das hat mich tief bewegt und<br />
gleichzeitig nachdenklich gemacht:<br />
Denn mir wurde bewusst,<br />
dass wir zu oft unzufrieden sind<br />
und uns über Kleinigkeiten aufregen.<br />
Das kann man sich nur<br />
leisten, wenn es einem (zu) gut<br />
geht.<br />
Ich persönlich werde versuchen,<br />
mich stärker auf das zu konzentrieren,<br />
was wirklich wichtig ist.<br />
Hören wir auf, uns über Kleinigkeiten<br />
aufzuregen und fangen<br />
wir an, für Kleinigkeiten dankbar<br />
zu sein. Das ist die beste Voraussetzung<br />
für ein gutes Jahr 20<strong>22</strong>!<br />
Ich wünsche mir, dass nach Corona das<br />
Leben in den <strong>VdK</strong>-Ortsverbänden wieder<br />
volle Fahrt aufnimmt! Unser Ehrenamt ist<br />
das Fundament des <strong>VdK</strong>. Und ich werde<br />
alles dafür tun, um dieses Fundament zu<br />
erhalten, zu pflegen und zu festigen!<br />
Willi Jäger<br />
Landesverbandsvorsitzender<br />
Der <strong>VdK</strong> wächst! Mittlerweile haben wir<br />
in Rheinland-Pfalz über <strong>21</strong>0 000 Mitglieder,<br />
deutschlandweit 2,1 Millionen. Ich<br />
wünsche mir eine weiterhin starke Solidargemeinschaft!<br />
Damit jedem geholfen<br />
werden kann, dem geholfen werden muss.<br />
Karl Rainer Heiderich<br />
Landesschatzmeister<br />
Die Flutkatastrophe an der Ahr hat uns<br />
gezeigt, wie fest die Menschen im Krisenfall<br />
zusammenhalten. Diese Hilfsbereitschaft<br />
sollten wir uns alle bewahren – und<br />
auch im Alltag an der Seite unserer Mitmenschen<br />
stehen.<br />
Rainer Zins<br />
Landesverbandsschriftführer<br />
Das letzte Jahr war ein echter Härtetest!<br />
Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
für ihre ausgezeichnete Arbeit,<br />
vor allem während der Corona-Pandemie.<br />
Auf dass wir auch 20<strong>22</strong> mit ganzer Kraft<br />
für die Rechte unserer Mitglieder kämpfen!<br />
Rolf Burdack<br />
Geschäftsführer<br />
Der <strong>VdK</strong> ist die starke sozialpolitische<br />
Stimme in Deutschland! Politiker hören<br />
auf das, was wir sagen. Aber sie müssten<br />
noch mehr danach handeln! Nächstes Jahr<br />
startet die <strong>VdK</strong>-Pflegekampagne – dann<br />
zeigen wir, was in uns steckt!<br />
Werner Faber<br />
stellvertr. Landesverbandsvorsitzender<br />
13 RHPfalz<br />
Allgemein
14 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
Foto: Freepik/pressfoto<br />
Mehr als nur<br />
Arbeitslosengeld<br />
Die Arbeitsagenturen zahlen nicht<br />
nur Geldleistungen an Arbeitslose<br />
aus: sie bieten auch unterschiedliche<br />
Hilfen an, um wieder in ein<br />
Beschäftigungsverhältnis zu finden.<br />
Einen Schwerpunkt bildet die<br />
Arbeitsvermittlung durch Fachkräfte,<br />
die teilweise auch auf Arbeitslose<br />
mit besonderen Voraussetzungen<br />
spezialisiert sind, beispielsweise<br />
auf Schwerbehinderte,<br />
auf Führungskräfte oder auf arbeitslose<br />
Akademikerinnen und<br />
Akademiker. Bekannt ist auch die<br />
Jobbörse, ein Internetportal, das<br />
Stellenanzeigen zugänglich und<br />
durchsuchbar macht.<br />
Steuererklärung kann Grundrentenbetrag erhöhen<br />
Aktuell werden alle Bestandsrenten geprüft – Steuererklärung lohnt bei hohen Aufwendungen<br />
Die Grundrente soll Geringverdienende<br />
im Alter besserstellen und<br />
dafür sorgen, dass ihnen mehr<br />
zusteht als nur die Grundsicherung.<br />
Einen Anspruch auf einen<br />
Grundrentenzuschlag haben Rentnerinnen<br />
und Rentner, die mehr als<br />
33 Jahre gearbeitet und dabei<br />
unterdurchschnittlich verdient haben.<br />
In einigen Fällen wird aber<br />
eine Einkommensanrechnung vorgenommen,<br />
sodass der Zuschlag<br />
niedriger ausfällt. Aber mit einer<br />
freiwilligen Steuererklärung können<br />
Betroffene unter Umständen<br />
ihr zu versteuerndes Einkommen<br />
senken, sodass auch die Anrechnung<br />
geringer ausfällt.<br />
Bei der Deutschen Rentenversicherung<br />
findet gerade eine automatische<br />
Prüfung aller 26 Millionen<br />
Bestandsrenten statt. Dabei<br />
wird der Anspruch auf einen Zuschuss<br />
zur normalen Rente überprüft.<br />
Sofern sich ein Anspruch auf<br />
den sogenannten Grundrentenzuschlag<br />
ergibt, wird dieser rückwirkend<br />
zum Jahresanfang 20<strong>21</strong> ausbezahlt.<br />
Voraussetzung dafür ist,<br />
dass das eigene zu versteuernde<br />
Einkommen und auch das Einkommen<br />
des Ehegatten oder Partners<br />
bestimmte Grenzen nicht<br />
überschreitet. Dieses Einkommen<br />
wird in erster Linie aus Einkommensteuerdaten<br />
ermittelt. Wenn<br />
keine Einkommensteuererklärung<br />
abgegeben wurde, zieht die Rentenversicherung<br />
die Einkünfte<br />
heran, die ihr bekannt sind. Davon<br />
werden dann pauschale Abschläge<br />
vorgenommen.<br />
Was ist absetzbar?<br />
SOZIALRECHTSTIPP<br />
Viele Rentnerinnen und Rentner mit niedriger Rente können auf einen<br />
Grundrentenzuschlag hoffen. <br />
Foto: Freepik/wayhomestudio<br />
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung<br />
besteht oft die Möglichkeit,<br />
verschiedene Aufwendungen<br />
abzusetzen. Das kann zu einer<br />
Verringerung der Anrechnung des<br />
Einkommens und damit im Endeffekt<br />
zu einer höheren Grundrente<br />
führen. Es können etwa Versicherungsbeiträge<br />
als Sonderausgaben,<br />
aber auch Krankheitskosten<br />
oder Kosten des Pflegeheims geltend<br />
gemacht werden. Die Abgabe<br />
einer Einkommensteuererklärung<br />
lohnt sich beispielsweise auch bei<br />
hohen Werbungskosten. Auch wird<br />
gegebenenfalls der Behindertenpauschbetrag<br />
berücksichtigt. Dadurch<br />
verringert sich das zu versteuernde<br />
Einkommen und damit<br />
die Einkommensanrechnung auf<br />
die Grundrente.<br />
Bei der Einkommensanrechnung<br />
für das Jahr 20<strong>21</strong> wird der Steuerbescheid<br />
von 2019 herangezogen.<br />
Viele Rentnerinnen und Rentner,<br />
die die Grundrente beanspruchen<br />
können, haben nur ein Rentenein-<br />
kommen. Dieses ist meist so niedrig,<br />
dass sie sowieso nicht steuerpflichtig<br />
wären. Dennoch sollten<br />
die Versicherten zumindest für das<br />
Jahr 2019 die Rentenbezugsmitteilung<br />
durch ihre Rentenstelle anfordern,<br />
um zu sehen, wie hoch die<br />
Rentenleistungen im Jahr 2019 in<br />
vollem Umfang waren. Hat eine<br />
Rentnerin oder ein Rentner wegen<br />
der geringen Rente bisher keine<br />
Steuererklärung gemacht, kann<br />
man entweder eine Steuererklärung<br />
für 2019 nachholen. Aufgrund<br />
des Abzugs von Aufwendungen<br />
kann ein geringeres zu versteuerndes<br />
Einkommen ausgewiesen werden<br />
als nur mithilfe pauschaler<br />
Abschläge. Eine freiwillige Abgabe<br />
der Steuererklärung ist vier Jahre<br />
rückwirkend möglich. Für das<br />
Steuerjahr 2019 läuft die Frist zum<br />
Jahresende 2023 endgültig ab.<br />
Achtung<br />
Nicht in jedem Fall ist die freiwillige<br />
Steuererklärung vorteilhaft,<br />
deshalb ist eine sachkundige<br />
Beratung empfehlenswert. Wer<br />
seinen Grundrentenbescheid<br />
schon bekommen hat, kann innerhalb<br />
einer Frist von einem Monat<br />
einen Widerspruch einlegen, wenn<br />
man mit der Entscheidung nicht<br />
einverstanden ist und diese für<br />
rechtswidrig hält. Ida Schneider<br />
Nicht zuletzt finanziert die Arbeitsagentur<br />
ein umfangreiches<br />
Kursangebot etwa zu Bewerbung,<br />
Vorstellungsgesprächen und Weiterbildung.<br />
Aus sozialrechtlicher Sicht ist<br />
dabei wichtig, dass viele dieser<br />
Leistungen im Ermessen der jeweiligen<br />
Arbeitsvermittlerinnen und<br />
-vermittler stehen. Nicht nur derzeitig<br />
Arbeitslose, sondern auch<br />
von Arbeitslosigkeit bedrohte Versicherte<br />
und Ausbildungssuchende<br />
können Leistungen aus dem Vermittlungsbudget<br />
abrufen oder sich<br />
einen „Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein“<br />
ausstellen lassen,<br />
der bei freien Kursträgern eingelöst<br />
werden kann. Umgekehrt<br />
kann die Arbeitsagentur aber auch<br />
Aktivierungsmaßnahmen den Arbeitslosen<br />
zuweisen.<br />
Schließlich gibt es auch die klassischen<br />
Stellenangebote aus dem<br />
gesuchten Bereich, die den Arbeitslosen<br />
im Rahmen der Stellenvermittlung<br />
zugeschickt werden.<br />
Hierbei ist zu unterscheiden zwischen<br />
der unverbindlichen „Stelleninformation“<br />
und dem offiziellen<br />
„Vermittlungsvorschlag“. Bei einer<br />
„Stelleninformation“ liegt die Entscheidung,<br />
sich zu bewerben oder<br />
nicht, bei der oder dem Arbeitslosen.<br />
Bei einem „Vermittlungsvorschlag“<br />
kann es sozialrechtliche<br />
Folgen haben, wenn man sich<br />
nicht bewirbt.<br />
Weitere Informationen zu den<br />
Beratungs- und Vermittlungsangeboten<br />
für Arbeitslose haben wir im<br />
Thema des Monats <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong><br />
zusammengestellt. Es liegt in allen<br />
<strong>VdK</strong>-Kreisgeschäftsstellen aus und<br />
ist auf unserer Homepage zu finden.<br />
Moritz Ehl<br />
www.vdk.de/permalink/83540<br />
Ein starkes Ehrenamt für eine starke Zukunft<br />
Landesverbandskonferenz bilanziert Corona-Jahr und stellt Weichen für kommende Projekte<br />
Endlich wieder live und in Farbe:<br />
Zum ersten Mal seit Corona trafen<br />
sich Delegierte aus allen <strong>VdK</strong>-<br />
Kreisverbänden zur Landesverbandskonferenz<br />
in Mainz. Sie<br />
blickten zurück auf die Corona-<br />
Zeit, besprachen die Situation im<br />
Kreisverband Ahrweiler und<br />
schauten gemeinsam in die Zukunft<br />
des Sozialverbands <strong>VdK</strong><br />
Rheinland-Pfalz.<br />
„Die Flut hat uns gezeigt, wie<br />
solidarisch unsere <strong>VdK</strong>-Familie<br />
ist“, sagte <strong>VdK</strong>-Landesverbandsvorsitzender<br />
Willi Jäger in seinem<br />
Bericht über die letzten zwei Jahre.<br />
„<strong>VdK</strong>lerinnen und <strong>VdK</strong>ler haben<br />
gespendet, Unterkünfte angeboten<br />
und sich um die Mitglieder gekümmert.<br />
Ich bin auf dieses Engagement<br />
sehr stolz!“<br />
Von der Situation in Ahrweiler<br />
berichtete auch der Kreisverbandsvorsitzende<br />
selbst. „Wir sind immer<br />
noch im Notbetrieb“, sagte<br />
Heinz-Wilhelm Schaumann. „Corona<br />
und die Flut haben uns hart<br />
getroffen. Aber mittlerweile sind<br />
alle unsere Mitarbeiterinnen wieder<br />
einsatzbereit.“ Für die Ortsverbände<br />
sei es allerdings immer noch<br />
schwierig, ein Vereinsleben zu<br />
führen: „Es gibt einfach zurzeit<br />
keine Räumlichkeiten für Veranstaltungen.“<br />
Herzlich bedankte sich Schaumann<br />
für die Unterstützung aus<br />
der <strong>VdK</strong>-Familie: „Sobald es die<br />
Situation zulässt, möchten wir alle<br />
Kreisverbände besuchen und uns<br />
für die Solidarität bedanken.“<br />
Bei der Abstimmung: Delegierte aus ganz Rheinland-Pfalz kamen zur Landesverbandskonferenz nach Mainz.<br />
Außerdem berichtete Jäger, wie<br />
die Beratungen mit Telefon und<br />
E-Mails in der Pandemie sichergestellt<br />
wurden: „Am Anfang hatte<br />
ich Angst, dass wir durch Corona<br />
Mitglieder verlieren werden, aber<br />
ich habe mich getäuscht.“ Mittlerweile<br />
hat der Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
Rheinland-Pfalz über <strong>21</strong>0 000 Mitglieder<br />
– Tendenz steigend.<br />
Digitalisierungsschub<br />
Auch intern hat sich viel geändert:<br />
in den letzten zwei Jahren<br />
wurde digital aufgerüstet. „Die<br />
Situation in Ahrweiler hat uns<br />
gezeigt, wie wichtig es ist, dass<br />
Akten elektronisch geführt werden.<br />
So konnten laufende Verfahren<br />
auf andere Kreisverbände<br />
verteilt werden“, erzählt Jäger.<br />
Doch der größte Digitalisierungsschub<br />
ging durchs Ehrenamt:<br />
„Wir haben Online-Schulungen<br />
angeboten und mit ZOOM oder<br />
Microsoft Teams viele Sitzungen<br />
abgehalten“, berichtete Jäger. Seit<br />
ein paar Wochen hat der Sozialverband<br />
<strong>VdK</strong> Rheinland-Pfalz sogar<br />
ein eigenes Kommunikationsmedium:<br />
das neue Intranet „<strong>VdK</strong>-intern“.<br />
„Damit wollen wir direkt an<br />
die Basis kommen und die Verbindung<br />
zwischen den Verbandsstufen,<br />
aber auch den Ehrenamtlichen<br />
vor Ort ausbauen. Das ist mein<br />
Ziel für die kommenden Jahre!“<br />
Trotz der zwei Krisensituationen<br />
in den vergangenen zwei Jahren,<br />
geht der Blick jetzt nach vorne: die<br />
Delegierten diskutierten über zukünftige<br />
Projekte, Kosten, Beratung<br />
sowie die Stärkung von<br />
Haupt- und Ehrenamt. Manche<br />
Anträge wurden kontrovers diskutiert,<br />
wie zum Beispiel der Stellenplan,<br />
Befugnisse des Kreisverbandsvorstands<br />
oder das Beratungsangebot.<br />
Zwei wegweisende Beschlüsse<br />
wurden auf den Weg gebracht: eine<br />
betriebliche Altersversorgung für<br />
die Mitarbeitenden und die Stelle<br />
einer Ehrenamtskoordination.<br />
Beides sind wichtige Stellschrauben<br />
für Jäger: „Wir möchten Hauptund<br />
Ehrenamt stärken, um den<br />
<strong>VdK</strong> fit für die Zukunft zu machen!“<br />
Martha Lubosz<br />
Foto: Finkenzeller<br />
14 RHPfalz<br />
Allgemein
Rheinland-Pfalz<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
I<br />
Pinsel-Post zu Weihnachten<br />
Pflegebedürftigten eine Freude bereiten<br />
„Am liebsten in die Karibik fliegen“<br />
<strong>VdK</strong>-Mitglied Benni Over blickt auf sein zweites Corona-Jahr zurück<br />
Wie geht es eigentlich <strong>VdK</strong>-Mitglied<br />
Benni Over (31)? Die Corona-<br />
Pandemie hatte den unheilbar an<br />
schleichendem Muskelschwund<br />
erkrankten Umweltaktivisten in die<br />
Isolation verbannt. Dann, Anfang<br />
20<strong>21</strong>, konnte er sich endlich impfen<br />
lassen und auf mehr Normalität<br />
hoffen.<br />
Basteln Sie für Pflegebedürftige Weihnachtskarten ...<br />
Basteln, malen oder schreiben: mit<br />
Selbstgemachtem kann man Pflegebedürftigen<br />
eine Freude bereiten.<br />
Bei der <strong>VdK</strong>-Aktion „Pinsel-<br />
Post“ kann jeder mitmachen – mit<br />
der Nachbarin, mit der Familie<br />
oder mit dem ganzen <strong>VdK</strong>-Ortsverband.<br />
Grußkarten, Deko-Elemente,<br />
Fotos, Gedichte oder Gedanken:<br />
Bei dieser Aktion sind der Kreativität<br />
keine Grenzen gesetzt! Packen<br />
Sie Ihre Pinsel-Post danach in einen<br />
Umschlag oder einen Karton,<br />
wählen eine Pflegeeinrichtung aus<br />
unserer Liste aus und schreiben<br />
„<strong>VdK</strong>-Aktion: Pinsel-Post“ über das<br />
Adressfeld.<br />
Sie können Ihre Post verschicken<br />
oder in den Briefkasten der Einrichtung<br />
werfen – anonym oder mit<br />
Ihren Absenderdaten auf dem Umschlag.<br />
Wer die Kunstwerke erhält,<br />
entscheiden die Pflegerinnen und<br />
Pfleger in den Einrichtungen. Als<br />
<strong>VdK</strong>-Ortsverband können Sie auch<br />
eine persönliche Übergabe mit dem<br />
Pflegeheim vereinbaren.<br />
Wer möchte, kann uns ein Foto<br />
von seiner „Pinsel-Post“ per E-Mail<br />
schicken. Das Foto wird dann auf<br />
unserer Internetseite oder auf unseren<br />
sozialen Medien unter #pin<br />
selpost erscheinen. Mit der Aktion<br />
möchte der Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
Rheinland-Pfalz den Menschen in<br />
den Pflegeheimen zeigen, dass sie<br />
nicht allein sind – getreu dem<br />
<strong>VdK</strong>-Motto „Wir sind an Ihrer Seite!“<br />
Martha Lubosz<br />
www.vdk.de/permalink/78977<br />
martha.lubosz@rlp.vdk.de<br />
... oder bunte Fensterbilder ...<br />
Fotos: privat<br />
... oder Engel, die man Bettlägerigen<br />
übers Bett hängen kann ...<br />
... oder schreiben Sie Briefe.<br />
Benni Over aus Niederbreitbach<br />
macht sich Sorgen. Allerdings<br />
nicht um seine eigene Gesundheit,<br />
sondern um die der Mitarbeitenden<br />
seines Projekts zur Rettung<br />
der Orang-Utans und des Regenwalds<br />
in Indonesien. „Wegen Corona<br />
gibt es viel weniger Spenden<br />
für Umwelt-Projekte. Deshalb<br />
können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
nicht bezahlt werden, und<br />
leider sind auch einige an Corona<br />
gestorben. Sie hatten einen nicht<br />
wirksamen Impfstoff bekommen“,<br />
erzählt Benni. Man merkt, dass<br />
ihn das sehr mitnimmt.<br />
Er selbst und seine Familie konnten<br />
sich bereits Anfang 20<strong>21</strong> gegen<br />
Corona impfen lassen. Eine große<br />
Erleichterung für alle. Da Benni<br />
beatmet werden muss, wäre eine<br />
Corona-Infektion eine tödliche<br />
Gefahr. Trotzdem dauerte es, bis<br />
aber auch seine Therapeuten wieder<br />
zu ihm nach Hause konnten.<br />
Denn sie durften erst viel später<br />
geimpft werden. Eine zusätzliche<br />
Belastung war, dass Benni unter<br />
starken Zahnschmerzen litt und<br />
zweimal operiert werden musste.<br />
Doch im Sommer, als die Corona-Zahlen<br />
niedrig waren, kam<br />
auch wieder ein bisschen Normalität<br />
zurück in Bennis Leben. „Ich<br />
habe an einer Schule in Koblenz<br />
Vorträge zu meinen Projekten gehalten“,<br />
berichtet Benni. „Aus dem<br />
Schulprojekt wurde dann sogar<br />
eine ganze Projektwoche“, ergänzt<br />
Bennis Vater Klaus Over.<br />
Mit Frank Elstner gedreht<br />
Ein weiteres Highlight in Bennis<br />
zweitem Corona-Jahr war der Besuch<br />
seines Freundes Willie Smits.<br />
Der bekannte Tierschützer ist auch<br />
Begründer der weltweit größten<br />
Organisation zum Schutz bedrohter<br />
Orang-Utans in Indonesien.<br />
Gemeinsam standen beide mit<br />
Fernsehmoderator Frank Elstner<br />
Endlich mal wieder raus: <strong>VdK</strong>-Mitglied Benni Over (vorne) und sein Freund<br />
und Mitstreiter, Tierschützer Willie Smits (rechts hinten), bei den Dreharbeiten<br />
mit Fernsehmoderator Frank Elstner (rechts).<br />
Foto: privat<br />
vor der Kamera, um über ihre Tierund<br />
Umweltschutzprojekte zu berichten.<br />
Drehort war der Karlsruher<br />
Zoo.<br />
Auch fürs Jahr 20<strong>22</strong> hat Benni<br />
schon Pläne. Gemeinsam mit dem<br />
Wiedtal-Gymnasium arbeitet er<br />
gerade an einem Konzept, wie die<br />
Zehntklässlerinnen und -klässler<br />
ihr Wissen über Tier- und Umweltschutz<br />
an Grundschulen weitergeben<br />
können. Außerdem will er mit<br />
der Schule einen „Regenwald<br />
Award für Rheinland-Pfalz“ ins<br />
Leben rufen und hat hierfür auch<br />
schon das zuständige Ministerium<br />
angeschrieben.<br />
Doch das ist noch Zukunftsmusik.<br />
Im Moment verkriechen sich<br />
Benni und seine Eltern wegen der<br />
Kälte und den steigenden Corona-Infektionszahlen<br />
erst einmal zu<br />
Hause. „Wir lassen kaum jemand<br />
ins Haus. Selbst, wer geimpft ist,<br />
muss sich testen lassen. Das Risiko<br />
ist für Benni trotz Impfung einfach<br />
zu groß“, sagt Bennis Mutter, die<br />
gerade aus eigener Tasche für 60<br />
Euro Selbsttests gekauft hat und<br />
sich wünscht, die Krankenkasse<br />
würde die Kosten übernehmen.<br />
Wunsch für 20<strong>22</strong><br />
Und was ist Bennis größter<br />
Wunsch zu Weihnachten? „Ich<br />
würde am liebsten sofort in die<br />
Karibik fliegen“, antwortet Benni<br />
wie aus der Pistole geschossen.<br />
„Hauptsache irgendwohin, wo’s<br />
warm ist.“ Da die Pandemie-Lage<br />
Reisen weiterhin kaum möglich<br />
macht, bleibt Benni in diesem Jahr<br />
aber wohl nichts anderes übrig, als<br />
mit seiner Heizdecke zufrieden zu<br />
sein. Katie Scholl-Göttlinger<br />
AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />
Wallhalben-Oberhausen<br />
Kastellaun<br />
Kaiserslautern<br />
Unter strenger Beachtung der Hygiene- und 2G-Regeln fand der Ortsverbandstag<br />
des Ortsverbands Wallhalben-Oberhausen im Kreisverband<br />
Zweibrücken statt. Dabei wurde auch der Vorstand gewählt. Auf dem<br />
Foto sieht man von links: Kassenverwalterin Christel Rubly, Beisitzer<br />
Wolfgang Neu, Frauenvertreterin Barbara Gräber, Vorsitzender Klaus<br />
Schmitt, Stellvertreterin Erni Schmitt sowie die Beisitzerin Angelika<br />
Schmidt. Nicht im Bild ist die Beisitzerin Ingeborg Danner.<br />
Beim Waffelessen der Frauen im<br />
Ortsverband Kastellaun, Kreisverband<br />
Simmern, begrüßte der<br />
Vorsitzende Horst Peuter (rechts)<br />
das 1700ste Mitglied: Beate<br />
Schmidt (links) aus Dommershausen-Dorweiler<br />
erhielt eine Urkunde<br />
und Willkommenspräsent.<br />
Der Kreisverband Kaiserslautern hat seinen Kreiskassenverwalter Helmut<br />
Weber (rechts) verabschiedet. Für seine Verdienste erhielt Weber das<br />
Ehrenzeichen des <strong>VdK</strong>. Zusätzlich wurde der treue <strong>VdK</strong>ler für 20-jährige<br />
Mitgliedschaft geehrt. Die Ehrungen nahm der neue Kreisverbandsvorsitzende<br />
Bernd Hofmann (links) in Anwesenheit seiner Stellvertreterin<br />
und Landesfrauenvertreterin Elke Wagner-Gundacker vor.<br />
15 RHPfalz<br />
Allgemein
II <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />
Kottenheim-Thür-Ettringen<br />
Lotse im Paragrafendschungel<br />
Neuwahlen und Umzug im Kreisverband Pirmasens<br />
Der Ortsverband Kottenheim-Thür-Ettringen, Kreisverband Mayen, führte nach einem Jahr Pause wieder eine<br />
Mehrtagefahrt durch. 27 <strong>VdK</strong>-Mitglieder machten sich auf den Weg in die sächsische Landeshauptstadt Dresden.<br />
Aus aktuellem Anlass erfüllten alle Teilnehmenden die 2G-Kriterien.<br />
Waldbreitbach-Niederbreitbach<br />
Im Rahmen des Ortsverbandstags fand im Ortsverband Waldbreitbach-Niederbreitbach, Kreisverband Neuwied,<br />
die Ehrung langjähriger Mitglieder statt. Der Vorsitzende Hans-Dieter Siegel (links) und sein Stellvertreter<br />
Heinz-Dieter Höcker (Zweiter von links) bedankten sich bei den anwesenden Jubilaren und überreichten<br />
Urkunde und Treuenadel des <strong>VdK</strong>. Die nicht anwesenden Jubilare erhalten Urkunde und Nadel nachgereicht.<br />
Das neue Vorstandsteam des Kreisverbands Pirmasens präsentiert sich<br />
gemeinsam mit dem Landesverbandsvorsitzenden Willi Jäger (rechts).<br />
Der Kreisverband Pirmasens traf<br />
sich zum Kreisverbandstag in Ludwigswinkel.<br />
Dabei fanden sich 61<br />
Delegierte aus 34 Ortsverbänden<br />
ein, um die Berichte des Vorstands<br />
und der Geschäftsführung entgegenzunehmen.<br />
Anschließend wurde<br />
unter Einhaltung der Hygienevorschriften<br />
der Vorstand neu<br />
gewählt.<br />
Wolfram Stüger, der seit 2008 an<br />
der Spitze des Kreisverbands Pirmasens<br />
steht, begrüßte neben den<br />
Delegierten auch den Landesverbandsvorsitzenden<br />
Willi Jäger. Jäger<br />
lobte die serviceorientierte<br />
Arbeit im Kreisverband.<br />
Der Kreisverband wolle mit seinen<br />
über 8000 Mitgliedern auf<br />
Augenhöhe sprechen und durch<br />
den Paragrafendschungel lotsen,<br />
betonte Stüger. Mit dem Umzug<br />
der Geschäftsstelle von der Zweibrücker<br />
Straße in die Hauptstraße<br />
38 in Pirmasens werde sich im<br />
nächsten Jahr der Service weiter<br />
verbessern, kündigte der Kreisverbandsvorsitzende<br />
an.<br />
Bei der Vorstandswahl wurde er<br />
als Vorsitzender wiedergewählt;<br />
seine Stellvertreter sind Norbert<br />
Zwick und Uwe Wenzel. Die<br />
Schriftführung übernimmt<br />
Waltraud Kraft, die Kassenverwaltung<br />
verantwortet Edwin König.<br />
Kaiserslautern<br />
Simmern<br />
Winzenheim<br />
Der Kreisverband Kaiserslautern hat seinen Kreisverbandsvorsitzenden<br />
Karl-Heinz Schraß (rechts) verabschiedet. Für seine Verdienste erhielt er<br />
das Ehrenzeichen. Die Ehrung nahm der neue Kreisverbandsvorsitzende<br />
Bernd Hofmann (links) zusammen mit dem ebenfalls verabschiedeten<br />
Kreiskassenverwalter Helmut Weber (Mitte) vor.<br />
Wallhalben-Oberhausen<br />
Der Ortsverbandsvorsitzende<br />
Otto-U. Härter (links) begrüßte<br />
das 1500. <strong>VdK</strong>-Mitglied im Ortsverband<br />
Simmern. In seiner<br />
Wirkungsstätte wurde der Reha-<br />
Trainer Johannes Ludwig (rechts)<br />
aus Kümbdchen als 1500. Mitglied<br />
sehr herzlich aufgenommen<br />
und beschenkt.<br />
Merscheid<br />
Der Ortsverband Winzenheim, Kreisverband Bad Kreuznach, ehrte<br />
anlässlich seiner Mitgliederversammlung treue Mitglieder. Auf dem<br />
Foto sieht man von links: Friedhelm Theisen (zehn), Magda Mölig (zehn),<br />
Waltraud Dagenbach (zehn), Vorsitzende Marita Ingenbrand und Werner<br />
Stern (40).<br />
Gemünden/Winnen/Wilmenrod<br />
Unter strikter Beachtung der 2G-Regel ehrte der Ortsverband Wallhalben-Oberhausen,<br />
Kreisverband Zweibrücken, langjährige Mitglieder.<br />
Auf dem Foto sieht man von link (Jahreszahlen in Klammern): Horst<br />
Peifer (20), Reiner Schwab (20), Ortsverbandsvorsitzender Klaus Schmitt,<br />
Barbara Gräber (20) und Willi Lehmann (20).<br />
Klaus Rummel, Kassenverwalter<br />
im Ortsverband Merscheid,<br />
Kreisverband Bernkastel-Zell,<br />
wurde für seine langjährige Vorstandsarbeit<br />
mit der Landesverdienstnadel<br />
in Gold ausgezeichnet.<br />
Der Ortsverband gratuliert.<br />
Nach einer langen, entbehrungsreichen Zeit unternahm der Westerwälder<br />
Ortsverband Gemünden/Winnen/Wilmenrod mit seinen Mitgliedern<br />
eine Rundfahrt. Angesteuert wurde die Westerwälder Seenplatte, vorbei<br />
an Marienstatt, wo es dann durch die Kroppacher Schweiz ging. Nach<br />
einer Kaffeepause in Müschenbach erkundete die Gruppe den Stöffelpark<br />
gemeinsam mit einem Reiseleiter, der alle auf eine interessante Zeitreise<br />
zu prähistorischen Funden und Fossilien mitnahm.<br />
16 RHPfalz<br />
Allgemein
Rheinland-Pfalz <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> 15<br />
Pirmasens-Süd<br />
AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />
Hamm (Sieg)<br />
<strong>VdK</strong> berichtet Sozialminister<br />
Armutsgefährdete Menschen Verlierer der Pandemie<br />
Im Ortsverband Pirmasens-Süd<br />
stand eine nicht alltägliche Ehrung<br />
an: Der 94-jährige Gregor<br />
Wiedemann (Mitte) wurde für<br />
70 Jahre Mitgliedschaft im <strong>VdK</strong><br />
geehrt. Der Vorsitzende Dieter<br />
Ranscht (rechts) und sein Stellvertreter<br />
Franz Pröckl (links)<br />
dankten dem Jubilar für seine<br />
langjährige Treue und überreichten<br />
ihm eine Urkunde nebst Goldener<br />
Ehrennadel. Gregor Wiedemann<br />
ist das zweitälteste<br />
Mitglied des Ortsverbands. 1949<br />
schloss sich der Pirmasenser<br />
dem <strong>VdK</strong> an, der ihn seither mit<br />
Rat und Tat unterstützte.<br />
UMZÜGE<br />
Die Rechtschutzstelle Trier<br />
befindet sich ab dem kommenden<br />
Jahr in der Herzogenbuscher<br />
Straße 52 in 54292 Trier.<br />
Die Kreisgeschäftsstelle Pirmasens<br />
zieht zum Jahreswechsel<br />
um in die Hauptstraße 38 in<br />
66953 Pirmasens.<br />
FASTNACHT<br />
Leider entfällt die Sondersitzung<br />
der MCC-Fastnacht in Mainz<br />
aufgrund der ungewissen Pandemielage<br />
und Künstlerabsagen.<br />
WEIHNACHTSZEIT<br />
Bitte beachten Sie unsere Schließungszeiten<br />
zwischen den Jahren:<br />
Ahrweiler 24.12.<strong>21</strong> bis 7.1.<strong>22</strong>,<br />
Altenkirchen 24.12.<strong>21</strong> bis 2.1.<strong>22</strong>,<br />
Alzey 24.12.<strong>21</strong> bis 2.1.<strong>22</strong>, Bad<br />
Kreuznach <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis 7.1.<strong>22</strong>,<br />
Bernkastel-Zell 23.12.<strong>21</strong> bis<br />
3.1.<strong>22</strong>, Birkenfeld 20.12.<strong>21</strong> bis<br />
4.1.<strong>22</strong>, Bitburg-Prüm <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis<br />
3.1.<strong>22</strong>, Cochem-Zell 24.12.<strong>21</strong> bis<br />
31.12.<strong>21</strong>, Donnersberg <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong><br />
bis 4.1.<strong>22</strong>, Kaiserslautern <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong><br />
bis 5.1.<strong>22</strong>, Koblenz 23.12.<strong>21</strong> bis<br />
7.1.<strong>22</strong>, Kusel <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis 2.1.<strong>22</strong>,<br />
Landau <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis 5.1.<strong>22</strong>, Ludwigshafen<br />
<strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis 2.1.<strong>22</strong>,<br />
Mainz-Bingen <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis 4.1.<strong>22</strong>,<br />
Mayen 24.12.<strong>21</strong> bis 2.1.<strong>22</strong>, Neustadt-Bad<br />
Dürkheim <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis<br />
4.1.<strong>22</strong>, Neuwied 27.12.<strong>21</strong> bis<br />
2.1.<strong>22</strong>, Pirmasens 20.12.<strong>21</strong> bis<br />
7.1.<strong>22</strong>, Rhein-Lahn 27.12.<strong>21</strong> bis<br />
2.1.<strong>22</strong>, Simmern 23.12.<strong>21</strong> bis<br />
9.1.<strong>22</strong>, Stankt Goar 24.12.<strong>21</strong> bis<br />
7.1.<strong>22</strong>, Trier-Saarburg <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis<br />
3.1.<strong>22</strong>, Westerwald <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis<br />
3.1.<strong>22</strong>, Wittlich-Daun <strong>22</strong>.12.<strong>21</strong> bis<br />
3.1.<strong>22</strong>, Worms 24.12.<strong>21</strong> bis 2.1.<strong>22</strong>,<br />
Zweibrücken 23.12.<strong>21</strong> bis 2.1.<strong>22</strong>.<br />
Die Landesgeschäftsstelle und<br />
Landesrechtsschutzstelle sowie<br />
die Rechtschutzstelle Mainz sind<br />
vom 24.12.<strong>21</strong> bis 3.1.<strong>22</strong> geschlossen.<br />
Die Rechtschutzstelle Koblenz<br />
ist vom 23.12.<strong>21</strong> bis 3.1.<strong>22</strong><br />
geschlossen, die Rechtschutzstelle<br />
Speyer vom 27.12.<strong>21</strong> bis<br />
2.1.<strong>22</strong> und die Rechtschutzstelle<br />
Trier vom 24.12.<strong>21</strong> bis 2.1.<strong>22</strong>.<br />
Der Ortsverband Hamm (Sieg), Kreisverband Altenkirchen, fuhr mit<br />
seinen Mitgliedern zur Mehrtagefahrt nach Celle, in die Lüneburger<br />
Heide und nach Hannover. In Celle erfolgte ein Stadtrundgang durch<br />
die Fachwerkstadt mit einer fachkundigen Führung. Am nächsten Tag<br />
wandelte die Gruppe auf Spuren der Telenovela „Rote Rosen“ durch<br />
Lüneburg, bevor es zur Kutschfahrt nach Döhle ging (siehe Foto). Am<br />
folgenden Tag standen eine Stadtrundfahrt und Führung durch Hannover<br />
auf dem Programm, bevor die Gruppe zufrieden die Heimreise antrat.<br />
Meudt<br />
Zur Mitgliederversammlung im Ortsverband Meudt, Kreisverband Westerwald,<br />
begrüßte der Vorsitzende Uli Holzbach (links) über einhundert<br />
Teilnehmende unter Beachtung der Hygieneregeln. Nach den Berichten<br />
von Schriftführer und Kassenverwalterin wurde der Entlastung der<br />
Kassenverwalterin und des gesamten Vorstands stattgegeben. Zur neuen<br />
Frauenbeauftragten wurde Rita Kloft einstimmig gewählt. Für 20<br />
<strong>VdK</strong>-Jahre erhielten Ursula Heinz (rechts), Karl-Ernst Frenz (Zweiter von<br />
links), Anita Hilfenhaus, Reiner Heinrich, Hubert Arnst (Zweiter von<br />
rechts) und Franz-Josef Dupp, sowie für 30-jährige Mitgliedschaft Heinz<br />
Sturm, Günter Becher und Hans-Josef Zerfas (Mitte) eine Auszeichnung.<br />
<strong>VdK</strong>-Kreisgeschäftsführerin Caroline Ascher und Sozialminister Alexander<br />
Schweitzer.<br />
Es gab viel zu erzählen: Caroline<br />
Ascher, <strong>VdK</strong>-Kreisverbandsgeschäftsführerin<br />
in Rhein-Lahn, hat<br />
an einem Fachgespräch im Sozialministerium<br />
teilgenommen und<br />
damit alle 27 <strong>VdK</strong>-Kreisgeschäftsstellen<br />
vertreten. Sie berichtete<br />
Sozialminister Alexander Schweitzer,<br />
wie sich die Arbeit in den Kreisgeschäftsstellen<br />
während der<br />
Pandemie verändert hat, welche<br />
Auswirkungen die Pandemie auf<br />
armutsgefährdete Menschen hat<br />
und was die Politik aus Sicht des<br />
<strong>VdK</strong> ändern muss.<br />
„Viele kamen zu uns in die Beratung,<br />
um sich vor Armut zu schützen“,<br />
sagte Caroline Ascher. „Die<br />
Gründe waren Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit<br />
oder Krankheit. Wir haben<br />
vermehrt Anträge auf ergänzende<br />
Leistungen sowie Erwerbsminderungsrente<br />
oder vorzeitige<br />
Rente bearbeitet, insbesondere<br />
auch wegen psychischer Beschwerden<br />
und Erkrankungen.“ Doppelbelastungen<br />
durch Beruf und die<br />
Betreuung der Kinder oder Pflegebedürftigen,<br />
finanzielle Engpässe,<br />
Vereinsamung, Zukunftsängste<br />
oder Überforderung im Beruf hätten<br />
die Psyche stark belastet.<br />
Foto: MASTD<br />
Viele Stunden tauschten sich<br />
Vertreterinnen und Vertreter aus<br />
Beratung, Verbänden der Wohlfahrtspflege,<br />
Hilfsorganisationen,<br />
Sozialarbeit und Wohnungslosenhilfe<br />
darüber aus, welche Folgen die<br />
Corona-Pandemie im Bereich der<br />
sozialen Sicherung und Armutsbekämpfung<br />
hat. Sozialminister<br />
Schweitzer betonte, dass armutsgefährdete<br />
Menschen nicht zu den<br />
Verliererinnen und Verlierern der<br />
Pandemie gehören dürfen.<br />
Caroline Ascher berichtete von<br />
verschiedenen Problemen in der<br />
Beratung. Behörden waren oft<br />
nicht erreichbar, wodurch Leistungen<br />
zur sozialen Sicherung nicht<br />
oder verspätet gewährt wurden.<br />
Täglich neue Bestimmungen, wie<br />
zum Beispiel zur Kostenübernahme<br />
von Corona-Tests vor einer ambulanten<br />
Behandlung oder Reha,<br />
mussten bei der Beratung berücksichtigt<br />
werden. Zudem führten die<br />
telefonischen Begutachtungen von<br />
Pflegebedürftigkeit des Medizinischen<br />
Dienstes (MD) zu Widersprüchen<br />
und Beschwerden.<br />
Schweitzer kündigte an, die Erkenntnisse<br />
in seine künftige Strategie<br />
zur Armutsbekämpfung aufzunehmen.<br />
Martha Lubosz<br />
17 RHPfalz<br />
Allgemein
16 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
Rheinland-Pfalz<br />
AKTIVITÄTEN DER KREIS- UND ORTSVERBÄNDE<br />
Kastellaun<br />
Kinheim<br />
Der Ortsverband Kastellaun, Kreisverband Simmern, unternahm unter Beachtung der geltenden Hygieneregeln<br />
eine Reise nach Tirol. Die Teilnehmenden besichtigten faszinierende Berglandschaften, idyllischen Seen und<br />
die sprichwörtliche Tiroler Gastfreundlichkeit. Ein Hotel in den Kitzbüheler Alpen wurde zum Ausgangspunkt<br />
weiterer Ausflüge mit einem Reiseleiter. Das Foto zeigt die Gruppe am Achensee vor dem Karwendelgebirge.<br />
Im Ortsverband Kinheim, Kreisverband Wittlich-Daun, wurde der<br />
Vorstand neu gewählt. Auf dem Bild sieht man von links Beisitzerin<br />
Heike Surma, Frauenvertreterin Elke Stoffel, Schriftführerin Monika<br />
Sartoris, Kreisverbandsvorsitzende Marita Horn, Kassenverwalter<br />
Joachim Bechtel, Vorsitzende Gerhild Rieth und Beisitzer Alex Rieth.<br />
Simmern<br />
Biersdorf<br />
Die erste Aktivität des Ortsverbands Simmern nach der langen coronabedingten Auszeit führte etwa 55 Mitglieder<br />
und Gäste zu einer Wanderung rund um den Simmersee. Jeder konnte die Wanderstrecke seinem<br />
persönlichen Leistungsniveau anpassen. Die <strong>VdK</strong>lerinnen und <strong>VdK</strong>ler genossen die schöne Landschaft und<br />
waren erstaunt, dass Simmern so tolle Wanderwege hat. Nach der Wanderung sammelten sich die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer in der Domänen-Scheune, wo ein herzhafter Imbiss und kühle Getränke auf sie<br />
warteten. Es war ein gelungener Nachmittag mit vielen interessanten Gesprächen.<br />
Im Rahmen einer Benefizveranstaltung spendeten die Mitglieder des<br />
Ortsverbands Biersdorf, Kreisverband Bitburg-Prümm, Geld für die<br />
Flutopfer der Dörfer Biersdorf, Hamm und Echtershausen. Auf dem Bild<br />
sieht man den Vorsitzenden Bruno Schomer (rechts) bei der Spendenübergabe<br />
mit (von links) Revisor Klaus Thiel, Kassenverwalter Werner<br />
Vogt und Beisitzer Peter Kreuz.<br />
Mainz-Hechtsheim<br />
Kirchberg<br />
Endlich! Nach der langen Corona-Pause unternahm der Ortsverband Mainz-Hechtsheim mit seinen Mitgliedern<br />
wieder eine Fahrt, diesmal durch den Odenwald nach Armorbach. Bei herrlichem Wetter besichtigte die<br />
Gruppe unter anderem die Abteikirche und lauschte den Klängen der berühmten Orgel.<br />
Bei einer Feierstunde des Ortsverbands Kirchberg ehrte Vorsitzender<br />
Alfred Junker (rechts) langjährige Mitglieder. Auf dem Bild sieht man von<br />
links (Jahreszahl in Klammern): Walter Werber (20), Wolfgang Wickert<br />
(10), Elke Wickert (10), Ingeborg Junker (10) und Werner Rhein (10).<br />
Gerolstein<br />
Donnersberg<br />
Der Ortverband Gerolstein, Kreisverband Wittlich-Daun, führte seinen Ortsverbandstag durch. Dabei erhielten<br />
17 langjährige Mitglieder für zehn-, 20- und 30-jährige Verbandstreue eine Auszeichnung. Außerdem<br />
wurde der Vorstand gewählt. Die Versammlung wählte Ullrich Aschemann (Dritter von rechts) übereinstimmend<br />
zum neuen Vorsitzenden. Auf dem Foto sieht man den stellvertretenden Vorsitzenden Erwin Schmitz,<br />
die Beisitzer Wilfried Bell, Manfred Meeth, Olga Nußbaum und Dietmar Deges, die Kassenverwalterin Margret<br />
Matheis, den Vorsitzenden Ullrich Aschemann, die Frauenvertreterin Anna Aschemann sowie den stellvertretenden<br />
Kreisverbandsvorsitzender Klaus Nummer. Nicht im Bild ist Schriftführerin Roswitha Holzapfel.<br />
Der Ortsverband Steinbach, Kreiverband Donnersberg, hat seinen<br />
Vorstand neu gewählt. Vorsitzende bleibt Inge Krämer (links). Ihr<br />
Stellvertreter wurde Ralf Hack, Kassenverwalterin ist Bianca Krämer<br />
(nicht im Bild). Schriftführer ist Günter Bräun (Dritter von links), die<br />
Belange der Frauen vertritt Inge Dinges (nicht im Bild). Als Beisitzer<br />
wurden Klaus Wolf (rechts) und Volker Rothley (Dritter von rechts)<br />
gewählt. Erwin Windecker (Zweiter von links) und Karl-Heinz Egelhofer<br />
(Zweiter von rechts) sind die neuen Revisoren.<br />
18 RHPfalz<br />
Allgemein
Rheinland-Pfalz <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> 17
18 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
Reise und Erholung<br />
18 RHPfalz<br />
Allgemein
Reise und Erholung <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> 19<br />
19 RHPfalz<br />
Allgemein
20 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> Freizeit<br />
20 RHPfalz<br />
Allgemein
Verbraucher<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
<strong>21</strong><br />
Leben als Bedarfsgemeinschaft<br />
Eine Berliner Familie erhält vom Jobcenter rund 1650 Euro plus Miete – Für Geschenke und Christbaum bleibt kein Geld<br />
Familie Kurpanek ist das, was man<br />
im Amtsdeutsch eine Bedarfsgemeinschaft<br />
nennt. Sie bekommt<br />
Geld vom Jobcenter, weil der Verdienst<br />
nicht reicht. Die aktuellen<br />
Preissteigerungen treffen sie besonders<br />
hart.<br />
Kylo Ben Kurpanek wohnt mit seinen drei Söhnen in Berlin-Hellersdorf.<br />
Wer Familie Kurpanek besucht,<br />
steht gleich im Wohnzimmer. Die<br />
68 Quadratmeter große Wohnung<br />
hat keinen Flur. Vier kleine Zimmer,<br />
Küche, Bad für vier Menschen.<br />
Vater Kylo Ben Kurpanek<br />
lebt hier zusammen mit seinen drei<br />
Söhnen, 16, 17 und 24 Jahre.<br />
Im Wohnzimmer stehen ein alter<br />
Fernseher und ein durchgesessenes<br />
Sofa, auf dem Tisch ein Schälchen<br />
mit Chips. Dass hier eine<br />
Familie wohnt, die von wenig Geld<br />
lebt, wird auf den ersten Blick klar.<br />
„Sparen ist für uns normal“, sagt<br />
Kylo Ben Kurpanek. Doch was<br />
heißt Sparen in Zeiten steigender<br />
Preise für Strom, Heizung und<br />
Lebensmittel? Auf was lässt sich<br />
da, wo wenig ist, noch verzichten?<br />
Kurpanek ist kein Mann, der<br />
gern klagt. Er hat einen 450-Euro-<br />
Job als Aufsichtsperson in einem<br />
Indoor-Spielplatz. Außerdem bekommt<br />
er seit März Arbeitslosengeld<br />
I. Früher hat er als Reinigungskraft<br />
gearbeitet. Das ging<br />
wegen einer Halswirbelverletzung<br />
nicht mehr. „Wir kommen gerade<br />
so über die Runden“, sagt er.<br />
Von den 450 Euro darf er nach<br />
Anrechnung durch das Jobcenter<br />
einen Freibetrag von 170 Euro behalten.<br />
Das Jobcenter zahlt monatlich<br />
rund 1650 Euro. Das sind die<br />
Hartz-IV-Regelbedarfe der vier<br />
Menschen plus ein Zuschuss für<br />
Alleinerziehende. Die Miete übernimmt<br />
das Amt. „Abzüglich von<br />
Fixkosten, wie zum Beispiel Strom,<br />
Internet und die Monatskarten für<br />
die Fahrten zur Schule und zur<br />
Ausbildungsstelle, bleiben uns etwa<br />
1000 Euro monatlich zum Leben“,<br />
rechnet Kurpanek vor.<br />
Seinem 17-jährigen Sohn, der<br />
eine Ausbildung zum Mechatroniker<br />
macht, bleiben von 505 Euro<br />
brutto am Ende nur 208 Euro netto<br />
übrig.<br />
Seit Oktober wohnt sein 24-jähriger<br />
Sohn wieder zu Hause. Er<br />
holt das Abitur nach und hat sich<br />
bei seinem Bruder einquartiert.<br />
„Das Geld ist wirklich knapp und<br />
Privatsphäre gibt es in dieser Wohnung<br />
nicht“, sagt er und holt sich<br />
aus der Küche eine Suppe, die sein<br />
Vater gekocht hat.<br />
Der Vater legt Wert darauf, frisch<br />
zu kochen – auch weil es oft billiger<br />
ist. „Kartoffeln, Möhren,<br />
Lauch, Sellerie und etwas Suppenfleisch<br />
für den Geschmack“, zählt<br />
er die Zutaten für das Abendessen<br />
auf. „Kotelett oder Hähnchen<br />
Foto: Jörg Ciszewski<br />
kommen höchstens zwei- oder<br />
dreimal im Monat auf den Tisch.“<br />
Früher hätten sie einmal im Monat<br />
für alle Pizza oder Burger bestellt.<br />
„Gestrichen. Zu teuer“, sagt Kurpanek<br />
und zuckt mit den Achseln.<br />
Vorräte schwinden<br />
Um mit dem Geld einigermaßen<br />
auszukommen, kauft er Lebensmittel<br />
im Sonderangebot ein. Eine<br />
gesunde Ernährung mit Gemüse<br />
und Obst ist ihm wichtig. Doch<br />
Paprika landen nicht mehr in seinem<br />
Einkaufskorb, nachdem diese<br />
zuletzt ein Euro teurer geworden<br />
sind, auch Tomaten nicht. Stattdessen<br />
liegen vom letzten Einkauf<br />
Staudensellerie, Brokkoli und<br />
Mandarinen im Küchenregal. Suppenfleisch<br />
habe er für neun Euro<br />
das Kilo bekommen. In der Küche<br />
köchelt im großen Topf die Suppe.<br />
„Wir richten unseren Speiseplan<br />
danach aus, was günstig ist.“<br />
Am Ende des Monats wird es oft<br />
eng mit dem Geld. „Dann geht es<br />
an die Vorräte, die in besseren<br />
Monaten wieder aufgefüllt werden.“<br />
Wegen der Preissteigerungen<br />
seien diese jedoch immer weiter<br />
geschrumpft. Hosen für die Söhne<br />
kauft die Familie oft im Second-<br />
Hand-Kaufhaus. „Manchmal gibt<br />
es dort Markenjeans für 20 Euro.<br />
Unterhosen nähe ich selber. Wenn<br />
man Glück hat, gibt es einen Meter<br />
Stoff aus China im Internet<br />
schon für zwei Euro.“ Was wäre,<br />
wenn die Waschmaschine morgen<br />
den Geist aufgibt? „Oh je. Daran<br />
will ich gar nicht denken. Da ginge<br />
wohl nur Ratenzahlung“, sagt Kurpanek.<br />
Mit Blick auf die Weihnachtsfeiertage<br />
hat er ein mulmiges Gefühl.<br />
„Ich kann den Kindern in diesem<br />
Jahr keine Geschenke machen.“<br />
Sie bekämen etwas von den Großeltern.<br />
Um zu Hause wenigstens<br />
ein wenig Festtagsstimmung aufkommen<br />
zu lassen, stellt er wieder<br />
den Christbaum aus Plastik auf.<br />
„Das machen wir schon seit einigen<br />
Jahren so, eine Nordmanntanne<br />
ist einfach nicht drin.“<br />
<br />
Jörg Ciszewski<br />
Weniger als die Ärmsten der Gesellschaft<br />
Als Berechnungsgrundlage für Hartz IV dienen die untersten Einkommen – und selbst davon wird noch einiges abgezogen<br />
Wer arbeitslos ist oder eine niedrige<br />
Rente bezieht, muss den Gürtel<br />
sehr eng schnallen. Denn<br />
Hartz IV und Grundsicherung reichen<br />
oft nicht zum Leben. Der<br />
Sozialverband <strong>VdK</strong> kritisiert schon<br />
seit Jahren, wie die Höhe der Sozialleistungen<br />
festgelegt wird.<br />
Als Berechnungsgrundlage für<br />
Bedarfsgemeinschaften dienen die<br />
<strong>Ausgabe</strong>n der Familien mit den<br />
unteren 20 Prozent der Einkommen,<br />
bei den Single-Haushalten<br />
sind es die unteren 15 Prozent.<br />
Darin liegt nach Ansicht des Sozialverbands<br />
<strong>VdK</strong> schon der erste<br />
Rechenfehler: Zu diesen Einkommensgruppen<br />
zählen nicht nur<br />
Menschen mit niedrigen Löhnen,<br />
sondern auch diejenigen, die mit<br />
ihrem Einkommen nicht über die<br />
Runden kommen.<br />
Dazu gehören Aufstocker, die<br />
zwar einen Job haben, aber<br />
Hartz IV beantragen müssen, weil<br />
das Geld sonst nicht zum Leben<br />
reicht. Ebenfalls in die Berechnung<br />
miteinbezogen werden Menschen,<br />
die ihren Anspruch auf<br />
Grundsicherung nicht wahrnehmen<br />
– sei es aus Scham, weil sie<br />
schlecht informiert sind, oder aus<br />
anderen Gründen. Auch Erwerbsminderungsrentner,<br />
deren Einkünfte<br />
oftmals nur wenige Hundert<br />
Euro betragen, fließen in die<br />
Kalkulation mit ein.<br />
Der <strong>VdK</strong> verweist auf den Zirkelschluss,<br />
der durch den Einbezug<br />
Die Grafik zeigt, wie sich der Hartz-IV-Regelbedarf für eine Alleinstehende<br />
oder einen Alleinstehenden zusammensetzt. Grafik: Sozialverband <strong>VdK</strong><br />
dieser Gruppen bei der Berechnung<br />
des Bedarfssatzes entsteht: Viele<br />
Betroffene bleiben selbst unter dem<br />
Existenzminimum. Wenn ihr Konsumverhalten<br />
zur Berechnung von<br />
Hartz IV herangezogen wird, dient<br />
das nicht der Erfassung des tatsächlichen<br />
Bedarfs, sondern nur der<br />
Verringerung der Regelsatzhöhe.<br />
Von diesen ermittelten <strong>Ausgabe</strong>n<br />
werden nun die Posten abgezogen,<br />
die für die Existenzsicherung als<br />
nicht notwendig bewertet werden.<br />
Unter welchen Maßstäben das geschieht,<br />
ist unklar. Gestrichen<br />
werden nicht nur die Beträge für<br />
Alkohol, Zigaretten, Glücksspiel<br />
und Urlaub, sondern beispielsweise<br />
auch für Textilreinigung, Katzenfutter<br />
oder eine Topfpflanze.<br />
Für einen Weihnachtsbaum ist<br />
ebenfalls kein Geld vorgesehen.<br />
Hinzu kommt, dass die Hartz-<br />
IV-Sätze der realen Preisentwicklung<br />
hinterherhinken. Für einen<br />
Erwachsenen wird der Regelsatz<br />
zum 1. <strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> um gerade mal<br />
drei Euro angehoben. Die derzeitige<br />
Inflation inklusive Kostenexplosion<br />
bei den Energiepreisen<br />
müssen die Betroffenen aus eigener<br />
Tasche ausgleichen.<br />
Strom ist im Regelsatz zwar enthalten,<br />
doch die dafür vorgesehene<br />
Summe ist fast immer zu niedrig.<br />
Der <strong>VdK</strong> fordert, dass der Betrag<br />
aus den regionalen Durchschnittswerten<br />
errechnet wird. Derzeit<br />
müssen Hartz-IV- und Grundsicherungsbezieher<br />
im Schnitt zehn<br />
Euro monatlich zuzahlen.<br />
Ähnlich sieht es mit den Mieten<br />
aus: Das Jobcenter beziehungsweise<br />
das Sozialamt bestimmen, ob<br />
die Höhe der Miete angemessen<br />
ist. Mit dem tatsächlichen Wohnungsmarkt<br />
hat das nur wenig zu<br />
tun. Etwa jede/jeder Fünfte muss<br />
den Rest der Miete aus dem knapp<br />
bemessenen Regelsatz begleichen.<br />
Bei den Telefonkosten werden<br />
zwar mittlerweile Mobiltelefone<br />
berücksichtigt, aber digitale Teilhabe<br />
– Computer und Internetzugang<br />
– sind bei Hartz IV und<br />
Grundsicherung nicht vorgesehen.<br />
Auch der Anteil für Mobilität ist zu<br />
niedrig bemessen und reicht in den<br />
meisten Städten nicht aus, um ein<br />
Sozial ticket zu bezahlen.<br />
Dramatisch wird das Kleinrechnen<br />
der Bedarfe bei Senioren,<br />
chronisch Kranken und Menschen<br />
mit Behinderung. Sie haben nicht<br />
nur mit großen Einschränkungen<br />
zu kämpfen, sondern auch einen<br />
höheren Bedarf, etwa für Medikamente,<br />
Zuzahlungen, Hilfsmittel<br />
oder Taxifahrten. Bei ihnen reicht<br />
der Regelsatz bei Weitem nicht aus,<br />
um den Alltag zu bewältigen und<br />
am Leben teilzuhaben.<br />
Kinder werden ausgegrenzt<br />
Auch für Kinder ist die Leistung<br />
viel zu niedrig angesetzt. Das führt<br />
zur sozialen Ausgrenzung, zu erheblichen<br />
Beeinträchtigungen der<br />
schulischen Laufbahn und letztendlich<br />
dazu, dass sich die soziale<br />
Benachteiligung weiter zementiert.<br />
Der <strong>VdK</strong> sowie weitere Verbände<br />
fordern eine eigene Kindergrundsicherung,<br />
die an den Bedürfnissen<br />
von Kindern ausgerichtet ist.<br />
<strong>VdK</strong>-Präsidentin Verena Bentele<br />
appelliert an die Bundesregierung,<br />
das Problem entschlossen anzugehen:<br />
„Die neue Regierung muss<br />
dringend Maßnahmen auf den<br />
Weg bringen, um Armut wirksam<br />
zu bekämpfen. Dazu gehört, die<br />
Regelsätze in der Grundsicherung<br />
so zu erhöhen, dass sie soziale<br />
Teilhabe, gesunde Ernährung und<br />
Mobilität ermöglichen. Der soziale<br />
Arbeitsmarkt muss ausgebaut und<br />
verstetigt werden, und es muss einen<br />
Anspruch auf Qualifizierung<br />
und Weiterbildung geben.“<br />
<br />
Annette Liebmann<br />
<strong>21</strong> RHPfalz<br />
Allgemein
<strong>22</strong> RHPfalz<br />
Allgemein
Verbraucher<br />
<strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong><br />
23<br />
Teurer Schlüsseldienst<br />
Bevor man einen Notdienst beauftragt, ist es ratsam, sich gut über die Firma zu informieren<br />
Wer sich versehentlich aus der<br />
Wohnung ausschließt, kann hinterher<br />
sein blaues Wunder erleben:<br />
Unter den Schlüsseldiensten gibt<br />
es viele schwarze Schafe, die horrende<br />
Preise verlangen. Matthias<br />
Bauer von der Verbraucherzentrale<br />
Baden-Württemberg erklärt, wie<br />
man seriöse Anbieter erkennt und<br />
sich gegen Betrüger zur Wehr setzt.<br />
Die Tür fällt ins Schloss, und<br />
drinnen liegt der Schlüssel. Das<br />
kann jedem passieren. Doch das<br />
Malheur kann teuer werden: Bis<br />
zu 1000 Euro und mehr fordern<br />
betrügerische Schlüsseldienste für<br />
ihre Leistungen – ein Vielfaches<br />
von den in der Branche üblichen<br />
Preisen. „Ein seriöser Anbieter<br />
berechnet etwa 80 bis 90 Euro<br />
brutto für eine einfache Türöffnung,<br />
an Sonn- und Feiertagen<br />
maximal das Doppelte“, sagt Bauer.<br />
Er rät, den Dienstleister zuvor<br />
genau unter die Lupe zu nehmen.<br />
Das fängt schon bei der Suche<br />
an: Wer Hilfe braucht, neigt dazu,<br />
die erstbeste Telefonnummer zu<br />
wählen, um das Missgeschick so<br />
schnell wie möglich zu beheben.<br />
Das wissen auch Betrüger. Deshalb<br />
haben sie in den vergangenen Jahren<br />
dafür gesorgt, dass ihr Notdienst<br />
bei der Google- Suche im<br />
Internet ganz oben landet. Zwar<br />
hat Google mittlerweile diese bezahlten<br />
Anzeigen für Schlüsseldienste<br />
in Deutschland zumindest<br />
vorläufig verboten. „Dennoch<br />
sollte man bei der Auswahl einen<br />
kühlen Kopf bewahren“, rät Bauer.<br />
Eine Türöffnung kann teuer werden, wenn man an den falschen Schlüsseldienst gerät. Foto: imago images/Klaus W. Schmidt<br />
„Es ist empfehlenswert, einen<br />
ortsnahen Dienst zu wählen, damit<br />
die Anfahrtskosten nicht zu hoch<br />
ausfallen“, sagt er. Wer im Internet<br />
nach einem Anbieter sucht, sollte<br />
darauf achten, dass die Webseite<br />
ein Impressum hat und der Betreiber<br />
namentlich genannt wird. Am<br />
Telefon lässt sich erfragen, woher<br />
der Handwerker kommt, wo die<br />
Firma ansässig ist, und wie viel die<br />
Türöffnung kosten soll. Dazu ist es<br />
wichtig, die Situation am Telefon<br />
genau zu beschreiben – etwa, um<br />
welche Art von Schloss es sich<br />
handelt, und ob der Schlüssel von<br />
innen steckt oder abgebrochen ist.<br />
Manchmal ist es auch möglich,<br />
einen verbindlichen Festpreis zu<br />
vereinbaren, der bereits die Anfahrt<br />
und eventuelle Zuschläge<br />
enthält. Hellhörig sollte man werden,<br />
wenn Firmen behaupten, sie<br />
könnten erst vor Ort sehen, wie<br />
aufwendig der Einsatz sein wird.<br />
Unseriöse Dienstleister werden<br />
meist über Callcenter vermittelt.<br />
Sie verlangen nicht nur horrende<br />
Preise, sondern liefern oft auch<br />
schlechte Qualität. So sei es schon<br />
vorgekommen, dass bei der Türöffnung<br />
das Schloss oder der Türrahmen<br />
beschädigt wurde, warnt der<br />
Experte.<br />
Auch bei der Anfahrt gibt es einige<br />
Anzeichen, an denen sich ein<br />
teurer Schlüsseldienst erkennen<br />
lässt. „Oft sind es mehrere Handwerker,<br />
obwohl nur einer benötigt<br />
wird. Sie kommen in einem Privatfahrzeug<br />
und haben kein Werkzeug<br />
dabei“, erklärt Bauer. Selbst<br />
zu diesem Zeitpunkt könne man<br />
die Türöffnung noch stoppen, so<br />
der Experte: „Schwierig wird es<br />
erst, wenn die Handwerker schon<br />
an der Tür werkeln. Dann hat man<br />
quasi einen Vertrag mit ihnen geschlossen.“<br />
Noch vor Vergabe des Auftrags<br />
sollte man deshalb genau festlegen,<br />
was gemacht werden soll. Manche<br />
Handwerker tauschen etwa das<br />
ganze Schloss aus, obwohl das<br />
nicht notwendig wäre. Außerdem<br />
lohnt es sich, das Auftragsformular<br />
genau anzusehen. Ist es unvollständig<br />
ausgefüllt, fehlen Pflichtangaben,<br />
wie beispielsweise die Steuernummer<br />
des Unternehmens, oder<br />
enthält es fehlerhafte Angaben, rät<br />
Bauer, nicht zu unterschreiben,<br />
sondern lieber einen anderen<br />
Dienstleister zu beauftragen.<br />
Nötigung und Bedrohung<br />
Meist wird das Formular im<br />
Nachhinein um mehrere Pauschalen<br />
„ergänzt“, und der Rechnungsbetrag<br />
steigt enorm an. Die Täter<br />
sind in der Regel gut geschult und<br />
überreden das Opfer, sofort und in<br />
bar zu bezahlen. Manchmal üben<br />
sie erheblichen Druck aus und erzwingen<br />
es, mit ihnen zur Bank zu<br />
fahren. Darauf solle man sich unter<br />
keinen Umständen einlassen,<br />
rät Bauer: „Nötigung und Bedrohung<br />
sind Straftaten. In solchen<br />
Fällen ist es besser, die Polizei zu<br />
rufen.“ Oft ergreifen die Täter<br />
dann schnell die Flucht.<br />
Einmal gezahlt, lässt sich das<br />
Geld meist nicht wieder zurückholen.<br />
Das liegt auch daran, dass<br />
viele Firmen gefälschte Adressen<br />
haben und deshalb kaum juristisch<br />
belangt werden können. „Wenn Sie<br />
bezahlt haben, ist das Geld weg“,<br />
sagt Bauer. „Deshalb gilt: Je früher<br />
Sie aus der Sache herauskommen,<br />
desto besser.“Annette Liebmann<br />
Kundenfreundlichere Regelungen<br />
Mehr Rechte bei Telekommunikationsverträgen<br />
Finanzaufsicht fordert Rückerstattung<br />
Bankgebühren ohne Zustimmung von Kundinnen und Kunden erhoben<br />
Ab dem 1. <strong>Dezember</strong> gilt das neue<br />
Tele kommunikationsgesetz. Es<br />
enthält verbraucherfreund lichere<br />
Regelungen für Festnetz-, Internet-<br />
und Mobilfunkverträge.<br />
Das neue Gesetz soll die Rechte von<br />
Telefon-, Internet- und Mobilfunkkundinnen<br />
und -kunden stärken.<br />
Bisher verlängerten sich Verträge,<br />
beispielsweise mit einer Laufzeit<br />
von 24 Monaten, die nicht<br />
fristgerecht gekündigt wurden,<br />
oftmals automatisch um weitere<br />
zwölf Monate – ohne die Möglichkeit,<br />
früher aus dem Vertrag herauszukommen.<br />
Dies ist fortan<br />
nicht mehr zulässig. Teilt man dem<br />
Unternehmen nicht mit, ob und<br />
wie der Vertrag weitergeführt werden<br />
soll, wird dieser zwar auch<br />
automatisch verlängert, ist nun<br />
aber monatlich kündbar.<br />
Darüber hinaus sind Anbieter<br />
künftig verpflichtet, Kundinnen<br />
und Kunden eine schriftliche Vertragszusammenfassung<br />
zukommen<br />
zu lassen. Darin müssen die Kontaktdaten<br />
des Unternehmens, die<br />
wesentlichen Vertragsinhalte und<br />
die zu erbringenden Leistungen, die<br />
Laufzeit, die Bedingungen für Verlängerung<br />
und Kündigung sowie<br />
gegebenenfalls die Höhe der Aktivierungsgebühren<br />
aufgeführt sein.<br />
Diese Zusammenfassung muss direkt<br />
bei Vertragsschluss oder – zum<br />
Beispiel bei telefonischen Angeboten<br />
– unverzüglich danach zur<br />
Verfügung gestellt werden und in<br />
letzteren Fällen von den Verbraucherinnen<br />
und Verbrauchern in<br />
Textform genehmigt werden. Andernfalls<br />
kommt der Vertrag nicht<br />
zustande. Dies soll untergeschobene<br />
Vereinbarungen zu unerwartet<br />
teuren Konditionen verhindern.<br />
Ebenfalls neu: Ändert ein Anbieter<br />
einen Vertrag einseitig, muss er<br />
seine Kundinnen und Kunden ein<br />
bis zwei Monate vorher darüber<br />
informieren. Diese können den<br />
Vertrag dann innerhalb von drei<br />
Monaten fristlos kündigen. Zudem<br />
ist bei mangelhaften Leistungen<br />
des Dienstleisters eine Zahlungsminderung<br />
oder eine Kündigung<br />
möglich, zum Beispiel wenn der<br />
Internetanschluss regelmäßig deutlich<br />
zu langsam ist. Die genannten<br />
Regelungen gelten übrigens nicht<br />
nur für neue, sondern auch für bestehende<br />
Verträge.<br />
mib<br />
Foto: picture alliance/Westend61/Frank van Delft<br />
Wie die <strong>VdK</strong>-ZEITUNG in der September-<strong>Ausgabe</strong><br />
berichtet hat,<br />
können Verbraucherinnen und<br />
Verbraucher zu viel gezahlte Bankgebühren,<br />
die ohne ihre ausdrückliche<br />
Zustimmung von ihrem Geldinstitut<br />
erhöht wurden, zurückfordern.<br />
Doch trotz gültigem Urteil des<br />
Bundesgerichtshofs (BGH) verweigern<br />
viele Banken die Erstattung.<br />
Mitte September, Anruf in der<br />
Redaktion: Ein <strong>VdK</strong>-Mitglied meldet<br />
sich. Der Mann hat den Artikel<br />
über das BGH-Urteil zur „schweigenden<br />
Zustimmung“ in der <strong>VdK</strong>-<br />
ZEITUNG gelesen und fordert, die<br />
Banken müssten die unrechtmäßigen<br />
Gebühren automatisch – also<br />
ohne Aufforderung der Kundinnen<br />
und Kunden – zurückerstatten.<br />
„Denn wer das Geld zurückfordert,<br />
läuft Gefahr, von der Bank gekündigt<br />
zu werden“, sagt er.<br />
Auch Leserbriefe zu diesem Thema<br />
erreichten die Redaktion. Einer<br />
sticht besonders hervor: ein sich<br />
über mehrere Monate hinziehender<br />
Schriftwechsel einer Kundin mit<br />
ihrer Bank. Diese weist die Forderungen<br />
des <strong>VdK</strong>-Mitglieds zurück:<br />
„Grundsätzlich ergibt sich aus diesem<br />
Urteil kein Rückerstattungsanspruch<br />
für Sie. Gegenstand des<br />
Verfahrens waren nicht die zwischen<br />
Ihnen und uns vereinbarten<br />
Geschäftsbedingungen“, schreibt<br />
das Geldinstitut. Die Kundin hat<br />
sich inzwischen von einem Rechtsanwalt<br />
beraten lassen und hält ihre<br />
Forderungen aufrecht. Der Ausgang<br />
ist derzeit noch ungewiss.<br />
Bei den Verbraucherzentralen<br />
häufen sich die Beschwerden über<br />
rückzahlungsunwillige Banken.<br />
Der Verbraucherzentrale Bundesverband<br />
(vzbv) will gegen diese<br />
Praxis vorgehen und bereitet Musterfeststellungsklagen<br />
vor, um den<br />
Verbraucherinnen und Verbrauchern<br />
zu ihrem Recht zu verhelfen.<br />
Zudem hat die Bundesanstalt<br />
für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />
(BaFin) eine Erwartungshaltung<br />
zur Umsetzung des Urteils veröffentlicht.<br />
Darin fordert sie von den<br />
Banken unter anderem die umgehende<br />
Erstattung von zu Unrecht<br />
erhobenen Gebühren und Entgelten.<br />
Darüber hinaus dürften Bankkundinnen<br />
und -kunden bei der<br />
Anpassung ihrer Verträge nicht<br />
unter Druck gesetzt werden. „Das<br />
Urteil des BGH hat Auswirkungen<br />
auf fast jede Bankkundenbeziehung“,<br />
sagt BaFin-Präsident Mark<br />
Branson. „Umso wichtiger ist eine<br />
schnelle, unbürokratische, transparente<br />
Umsetzung.“<br />
Die BaFin weist darauf hin, dass<br />
es Bankkundinnen und -kunden<br />
zusteht, Erstattungsansprüche geltend<br />
zu machen. Die Ausübung<br />
dieses Rechts könne daher keine<br />
unmittelbare Kündigung der Geschäftsverbindung<br />
zur Folge haben.<br />
Wer dazu Fragen oder Probleme<br />
hat, kann sich an das kostenfreie<br />
BaFin-Verbrauchertelefon wenden:<br />
0800 2 10 05 00. Mirko Besch<br />
Viele Bankkundinnen und -kunden haben den Gebührenerhöhungen<br />
ihrer Bank nicht ausdrücklich zugestimmt.<br />
Foto: picture alliance/imagebroker/Jan Tepass<br />
23 RHPfalz<br />
Allgemein
24 <strong>Zeitung</strong> <strong>Dezember</strong> 20<strong>21</strong>/<strong>Januar</strong> 20<strong>22</strong> Unterhaltung<br />
„Plopp heißt Stopp“<br />
Entertainer Michael Schanze wird 75 Jahre<br />
„Schalt mal dein Herz auf Empfang“,<br />
sang Michael Schanze 1978.<br />
Die Titelmelodie der ARD-Fernsehlotterie<br />
passt gut zu ihm. Einerseits,<br />
weil ihm im Verlauf seiner<br />
jahrzehntelangen Karriere ungezählte<br />
Herzen zuflogen. Andererseits,<br />
weil er selbst ein großes Herz<br />
für andere Menschen hat und sozial<br />
sehr engagiert ist. Im Jahr 1947<br />
im oberbayerischen Tutzing geboren,<br />
feiert der vielseitige Künstler<br />
am 15. <strong>Januar</strong> seinen 75. Geburtstag.<br />
Schauspieler, Moderator, Sänger,<br />
Komponist, Buchautor und Siebter<br />
bei den Weltmeisterschaften im<br />
Windsurfen 1976: Das alles ist Michael<br />
Schanze. Seine musikalische<br />
Ausbildung erhielt er beim Windsbacher<br />
Knabenchor. Ein Plattenproduzent<br />
entdeckte ihn 1968 im<br />
TV-Talentschuppen, wo er mit<br />
seiner Combo auftrat. Für die LP<br />
„Olé España“ zusammen mit der<br />
deutschen Fußballnationalmannschaft<br />
gab es 1982 eine Goldene<br />
Schallplatte.<br />
Von 1977 bis 1985 moderierte<br />
Schanze das TV-Kinder-Quiz „1, 2<br />
oder 3“, für das er in Cannes als<br />
„Bester Kinder-Entertainer Europas“<br />
ausgezeichnet wurde. Unvergessen<br />
bleibt sein Titellied mit dem<br />
Backenschnalzer „Plopp heißt<br />
Stopp“. Mit seiner ZDF-Show<br />
„Hätten Sie heut’ Zeit für mich?“<br />
Michael Schanze<br />
wuchs die Zahl seiner Fans. „Flitterabend“,<br />
die „Michael-Schanze-<br />
Show“ und vor allem seine Sendung<br />
„Kinderquatsch mit Michael“,<br />
die ihm eine Nominierung für<br />
den Adolf-Grimme-Preis einbrachte,<br />
waren große Erfolge. Dafür<br />
stehen auch Auszeichnungen wie<br />
Bambi, die Goldene Kamera und<br />
der Fernsehpreis Telestar.<br />
Heute spielt Michael Schanze<br />
vor allem Theater und hat erst<br />
jüngst das Familienmusical „Bambi“<br />
komponiert. Selbst Vater dreier<br />
Söhne, engagiert er sich unter anderem<br />
im Stiftungsrat des „Bündnis<br />
für Kinder. Gegen Gewalt.“<br />
sowie in der Lebenshilfe Starnberg.<br />
sko<br />
Foto: Gaetano De Martino<br />
24 RHPfalz<br />
Allgemein