TOPFIT März 2022
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Foto: © lightfieldstudios / 123rf.com
Chronisches Fatigue Syndrom
Endlich im Fokus
der Medizin
Viele Jahre wurde das Chronische Fatigue Syndrom, kurz CFS, mit »chronischer
Müdigkeit« übersetzt. Aber das trifft es nicht. In keinster Weise. Denn CFS ist
eine extrem belastende Erkrankung, die sogar dazu führen kann, dass es dem
Betroffenen kaum mehr möglich ist, das Bett zu verlassen.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Long Covid ist derzeit in aller Munde: Noch
Wochen und oft sogar Monate später kämpft
einer von drei Patienten mit den Folgen einer
Coronavirus-Infektion. Besonders oft leiden die
Betroffenen unter einer krankhaften Erschöpfung:
Jede noch so kleine Anstrengung kann
zu vollständiger Kraft- und Energielosigkeit
führen.
Doch nicht erst seit der Corona-Pandemie ist
bekannt, dass eine Infektion schwerwiegende
Langzeitfolgen haben kann. In Deutschland leiden
rund 300000 Menschen an einem Chronischen
Fatigue Syndrom, Frauen deutlich häufiger
als Männer. Aber auch Kinder und Jugendliche
können ein CFS entwickeln – wie die Jüngeren
auch an Long Covid erkranken können.
Die Dunkelziffer ist hoch
Womöglich sind jedoch sehr viel mehr Menschen
betroffen, ohne dass sie davon wissen.
Denn leider wird die Erkrankung hierzulande
nach wie vor zu selten erkannt. Tatsächlich
kennen sich bislang nur wenige Ärzte mit dem
Chronischen Fatigue Syndrom aus. Selbst wenn
die Verdachtsdiagnose »CFS« im Raum steht,
fehlt eine eindeutige Diagnostik mit aussagekräftigen
Labortests oder bildgebenden Verfahren,
mit der die Erkrankung sicher nachgewiesen
werden kann. Deshalb steht vor allem eine
ausführliche Erhebung der Krankengeschichte
im Vordergrund. Viele Ärzte stützen sich dabei
auch auf international etablierte klinische Kriterien,
die mithilfe von Fragebögen ermittelt werden.
Dabei geht es vor allem darum, andere Erkrankungen
sicher auszuschließen.
Die beiden Hauptsymptome
Auch wenn noch vieles unklar ist – auffällig ist:
Häufig beginnt das Chronische Fatigue Syndrom
nach einem Infekt, ausgelöst etwa durch
das Epstein-Barr-Virus, Influenza- oder Coxsackie-Viren,
mitunter auch durch Bakterien wie
Legionellen. Dabei haben viele Patienten weiterhin
Symptome der vermeintlich überstandenen
Infektion, obwohl diese eigentlich abgeklungen
sein müsste. Das Hauptsymptom ist
jedoch eine extreme Erschöpfung (Fatigue), die
sich auch durch Schlaf oder längere Ruhephasen
nicht bessert. Diese Erschöpfung kann so ausgeprägt
sein, dass die Betroffenen phasenweise
zu schwach sind, um zu essen, zu trinken, nachzudenken
oder sich mit anderen auszutauschen.
Dann hilft oft nur noch, das Bett zu hüten, am
besten in einem abgedunkelten Zimmer in möglichst
leiser Umgebung.
Typisch ist außerdem, dass bereits eine leichte
körperliche oder geistige Belastung genügen
kann, um eine Verschlechterung der Beschwerden
hervorzurufen. Dieser »Crash« macht sich
bisweilen unmittelbar, meist jedoch Stunden
oder Tage später bemerkbar. Post-Exertional
Malaise, kurz PEM, nennen die Ärzte dieses
zweite Hauptsymptom der CFS, das fast immer
CFS oder ME/CFS?
Eine andere Bezeichnung für Chronische
Fatigue Syndrom bzw. CFS ist Myalgische
Enzephalomyelitis (ME), was so viel wie
»Entzündung des Gehirns und Rückenmarks
mit Muskelbeteiligung« bedeutet. Ob
das Beschwerdebild tatsächlich auf entzündliche
Veränderungen in Gehirn und Muskulatur
zurückgeht, ist bislang unklar. Zudem
ist in der Fachwelt umstritten, ob es sich bei
CFS und ME überhaupt um ein und dieselbe
Erkrankung handelt. Gleichwohl sprechen
die Ärzte immer häufiger von »ME/CFS«,
da sich die beiden Krankheitsbilder in ihrer
Symptomatik de facto kaum voneinander
unterscheiden.
TOPFIT 1 / 2022