Bälle, Tore und Finanzen IV - Fussball Oekonomie Aktuell
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S TUDIE Bälle, Tore und Finanzen IV
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S TUDIE<br />
<strong>Bälle</strong>, <strong>Tore</strong> <strong>und</strong> <strong>Finanzen</strong> <strong>IV</strong>
Ernst & Young<br />
Die Ernst & Young AG WirtschaftsprüfungsgesellschaftSteuerberatungsgesellschaft<br />
mit Hauptsitz in Stuttgart ist eine<br />
der drei großen deutschen Prüfungs- <strong>und</strong><br />
Beratungsgesellschaften <strong>und</strong> Mitglied des<br />
internationalen Netzwerks von Ernst &<br />
Young Global. In der Steuerberatung ist<br />
Ernst & Young die Nummer eins unter<br />
den deutschen Steuerberatungs- <strong>und</strong> Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.<br />
Ernst &<br />
Young beschäftigt r<strong>und</strong> 6.250 Mitarbeiter<br />
an 21 Standorten <strong>und</strong> erzielte im Geschäftsjahr<br />
2005/2006 einen Umsatz von<br />
1,01 Mrd. Euro. Die r<strong>und</strong> 114.000 Mitarbeiter<br />
von Ernst & Young Global erzielten<br />
im Geschäftsjahr 2005/2006 einen<br />
Umsatz von 18,4 Mrd. US-$.<br />
Der Ernst & Young-Verb<strong>und</strong> in Deutschland<br />
bietet als Partner sowohl großer als<br />
auch mittelständischer Unternehmen ein<br />
umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen<br />
an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung<br />
sowie Transaktions-, Management-,<br />
Risiko- <strong>und</strong> Immobilienberatung.<br />
Zusätzliche Informationen entnehmen Sie<br />
bitte folgender Internetseite:<br />
http://www.de.ey.com<br />
Ansprechpartner für die Medien:<br />
Dag-Stefan Rittmeister<br />
Leiter Presse- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />
Ernst & Young<br />
Mittlerer Pfad 15<br />
70499 Stuttgart<br />
Telefon: (0711) 988 11 59 80<br />
Fax: (0711) 988 11 51 77<br />
E-Mail: dag-stefan.rittmeister@de.ey.com<br />
2 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Das SCORE-Team der<br />
Ernst & Young AG<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Steuerberatungsgesellschaft<br />
Stefan Pfeiffer<br />
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer<br />
Ernst & Young AG<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Steuerberatungsgesellschaft<br />
sowie:<br />
Philipp Herpel<br />
Ernst & Young Real Estate<br />
Die Autoren<br />
Wittekindstr. 1A<br />
45131 Essen<br />
Telefon: +49 (201) 2421 21956<br />
Telefax: +49 (181) 3943 21956<br />
E-Mail: Arnd.Hovemann@de.ey.com<br />
Arnd Hovemann<br />
Dipl.-Sportwissenschaftler<br />
Ökonomie <strong>und</strong> Management<br />
European Master in Sport<br />
Management<br />
Ernst & Young AG<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Steuerberatungsgesellschaft<br />
Wissenschaftliche Unterstützung:<br />
Deutsche Sporthochschule Köln<br />
Institut für Sportökonomie <strong>und</strong><br />
Sportmanagement<br />
Univ.-Prof. Dr. Christoph Breuer<br />
Dr. Gregor Hovemann<br />
Tim Pawlowski
Inhalt<br />
Die Kernergebnisse im Überblick 4<br />
Das Design der Studie 6<br />
Umfrage zur wirtschaftlichen Lage des Profifußballs in Deutschland 7<br />
Die „Competitive Balance“ in den europäischen Top-Ligen 17<br />
Instrumente zur Aufrechterhaltung der Competitive Balance 18<br />
Messung der Competitive Balance 22<br />
Gastkommentar 33<br />
Vision Stadionbau 35<br />
Photodesign Volker Martin, www.vm-photo.de<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
3
Die Kernergebnisse im Überblick<br />
Wirtschaftliche Lage im Profifußball ausnahmslos<br />
positiv<br />
Deutschlands Fußballmanager haben die<br />
allgemeine wirtschaftliche Situation der<br />
Fußballbranche im Vergleich zu den zurückliegenden<br />
Jahren zunehmend positiv<br />
beurteilt. So stieg der Anteil derjenigen,<br />
die die gegenwärtige wirtschaftliche Lage<br />
als „gut“ (37 %) oder „eher gut“ (63 %)<br />
einschätzen, von 2004 bis 2007 kontinuierlich<br />
an. Hinsichtlich der nächsten Saison<br />
gehen die Klubs offenk<strong>und</strong>ig von einer<br />
Stabilisierung <strong>und</strong> Konsolidierung ihrer<br />
wirtschaftlichen Lage auf dem erreichten<br />
Niveau aus.<br />
Mehrheit der Klubs macht weiterhin Gewinne<br />
Bezüglich der Frage nach dem erwarteten<br />
finanziellen Ergebnis nach Steuern der<br />
Saison 2006/2007 rechnen 60 % mit einem<br />
positiven Jahresergebnis, 20 % mit<br />
einem Ergebnis von +/– 0. Dies ist ein<br />
leicht positiveres Bild als in der Befragung<br />
2006.<br />
Ausgaben werden weiter steigen<br />
Den Einschätzungen der Manager kann<br />
klar entnommen werden, dass sich der<br />
Trend zu höheren Ausgaben aus der Vorjahresuntersuchung<br />
noch verstärkt hat.<br />
Denn sowohl kurzfristig als auch für die<br />
nächsten fünf Jahre rechnet eine breite<br />
Mehrheit mit einer weiteren Steigerung.<br />
Auffällig ist dabei der konstant hohe Anteil<br />
derjenigen (70 %), die der Meinung<br />
sind, dass die Personalaufwendungen zunehmen<br />
werden.<br />
4 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Competitive Balance: Ligue 1 <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esliga<br />
am ausgeglichensten<br />
Für die europäischen Top-5-Ligen ist die<br />
Competitive Balance für die Zeiträume<br />
der letzten 25 <strong>und</strong> 14 Jahre untersucht<br />
worden. Für beide Zeiträume kristallisiert<br />
sich heraus, dass die französische Ligue 1<br />
<strong>und</strong> die deutsche B<strong>und</strong>esliga die sportlich<br />
ausgeglichensten Ligen sind. Bei der<br />
Team-Komponente der letzten 14 Jahre<br />
weist Deutschland sogar den besten Wert<br />
auf, was darauf hindeutet, dass der Kampf<br />
um die vorderen Plätze in der B<strong>und</strong>esliga<br />
am abwechslungsreichsten ist. Es liegt die<br />
Vermutung nahe, dass ein Gr<strong>und</strong> für das<br />
gute Abschneiden der französischen <strong>und</strong><br />
der deutschen Liga die relativ gleichmäßige<br />
Verteilung der Medieneinnahmen der<br />
nationalen Liga im Zuge der zentralen<br />
Vermarktung ist.<br />
Premier League <strong>und</strong> Serie A am einseitigsten<br />
In England <strong>und</strong> Italien sind die Ligen hingegen<br />
am einseitigsten. Vor allem seit der<br />
Jahrtausendwende haben die Top-5-Klubs<br />
in den dortigen Ligen einen enormen Vorsprung<br />
vor der restlichen Liga erzielt. Ob<br />
dies der Gr<strong>und</strong> für die sinkenden Zuschauerzahlen<br />
in den Stadien der Serie A<br />
<strong>und</strong> der Premier League ist, lässt sich nur<br />
schwer beurteilen. So sorgte in Italien die<br />
Gewalt in einigen Stadien <strong>und</strong> die veraltete<br />
Infrastruktur ebenfalls für ein Fernbleiben<br />
von Besuchern, während in England<br />
der hohe Eintrittspreis den ein oder<br />
anderen Fan abgeschreckt haben dürfte.<br />
Absteigende Tendenz seit der Reform der<br />
Champions League<br />
Bei der Analyse der Competitive Balance<br />
über 25 Jahre fällt des Weiteren auf, dass<br />
nahezu alle Spannungskurven (außer der<br />
französischen) nach der Jahrtausendwende<br />
nach unten zeigen. Zu diesem Zeitpunkt<br />
wurde die Champions League reformiert,<br />
was einen Anstieg auf 32 Teilnehmer<br />
<strong>und</strong> wesentlich höhere Ausschüttungen<br />
an die Teilnehmer zur Folge hatte.<br />
Die detaillierten Untersuchungen des jeweiligen<br />
Zeitraums vor <strong>und</strong> nach der Reform<br />
erhärten den Verdacht, dass diese<br />
mitverantwortlich für das Absinken der<br />
Spannungskurven ist. Seitdem erzielen<br />
die vordersten fünf Teams in jeder Liga<br />
einen größeren Vorsprung vor den restlichen<br />
Klubs als vorher.<br />
Zum Erhalt der Competitive Balance ist<br />
Einnahmenteilung ratsam<br />
Die UEFA hat bereits angekündigt, die<br />
Champions League <strong>und</strong> insbesondere die<br />
Verteilung der Prämien gr<strong>und</strong>legend zu<br />
reformieren. Dies erscheint in der Tat ratsam,<br />
um ein weiteres Absinken der Spannungskurven<br />
in den Ligen zu verhindern.<br />
In Italien <strong>und</strong> Spanien wird über eine<br />
Rückkehr zu einer zentraler Vermarktungsstruktur<br />
diskutiert, was der Competitive<br />
Balance innerhalb der Ligen ebenfalls<br />
nicht schaden dürfte. Die Einführung<br />
von Salary Caps ist hingegen wohl weniger<br />
geeignet.
Zukünftige Planungs- <strong>und</strong> Kosteneinflüsse<br />
im Stadionbau<br />
Planungs- <strong>und</strong> Kosteneinflüsse auf zukünftige<br />
Stadionbauten lassen sich wie<br />
folgt einschätzen:<br />
Die Kapazitäten werden vornehmlich<br />
durch folgende Faktoren beeinflusst:<br />
• eine insgesamt sinkende Gesamtbevölkerungszahl,<br />
• den wachsenden Anteil weiblicher<br />
Fußballfans bei den Zuschauern,<br />
• den Erfolg der Eingrenzung von Fußballgewalt<br />
bzw. der Bekämpfung des<br />
Rassismus im Stadion,<br />
• die Entwicklung <strong>und</strong> Akzeptanz des<br />
„kommerziellen“ Fußballs,<br />
• die technische Umsetzbarkeit flexibler<br />
Stadionkapazitäten.<br />
Unabhängig davon, ob Stadien in ihrer<br />
Kapazität größer oder kleiner werden,<br />
wird sich die Funktionalität durch folgende<br />
Aspekte auszeichnen:<br />
• Die Barrierefreiheit wird maßgeblich<br />
an Bedeutung gewinnen.<br />
• Spielstätten werden (in der Konzeption<br />
<strong>und</strong> im Betrieb) sicherer.<br />
• Zugleich werden sie in ihrer Kapazität<br />
<strong>und</strong> Raumausstattung flexibler.<br />
• Der Anteil an Stehplätzen wird tendenziell<br />
sinken.<br />
• Sporttechnische bzw. mannschaftsspezifische<br />
Einrichtungen nehmen zu.<br />
• Die Anzahl <strong>und</strong> Qualität geschlechtsspezifischer<br />
Einrichtungen wird steigen.<br />
DIE KERNERGEBNISSE IM ÜBERBLICK<br />
• Stadien werden ökologischer, energieeffizienter<br />
<strong>und</strong> standhaft gegen die in<br />
ihrer Intensität <strong>und</strong> Häufigkeit neuartige<br />
Form der Wetterereignisse gebaut.<br />
• Zugleich erlaubt die Gebäudetechnik<br />
sehr viel mehr Steuerungsfunktionen<br />
<strong>und</strong> die Verkaufswege im Catering<br />
werden diversifizierter ausfallen.<br />
• Auch weiterhin wird so gut wie keine<br />
Technik am Zuschauerplatz eingebaut.<br />
• Stadien werden weiterhin überdachte<br />
Landmarks darstellen. Sie werden in<br />
der Planung <strong>und</strong> Ausführung durchdachter<br />
sein. Doch obwohl sie keinesfalls<br />
multifunktional sein werden,<br />
werden sie dennoch teurer.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
5
Bereits zum vierten Mal wurden die<br />
Manager der B<strong>und</strong>esliga <strong>und</strong> 2. B<strong>und</strong>esliga<br />
zur wirtschaftlichen Situation ihrer<br />
Klubs <strong>und</strong> der Liga <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Erwartungen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
befragt. Um eine Vergleichbarkeit<br />
der Ergebnisse zu gewährleisten <strong>und</strong><br />
mögliche Veränderungen identifizieren<br />
zu können, bestanden r<strong>und</strong> zwei Drittel<br />
des Fragebogens aus Fragen <strong>und</strong> Antwortvorgaben,<br />
die bereits Bestandteil<br />
der Erhebungen in den letzten drei Jahren<br />
waren. Die Interviews wurden zwischen<br />
dem 22.05.2007 <strong>und</strong> dem<br />
16.06.2007 von dem unabhängigen<br />
Marktforschungsinstitut TNS Sport<br />
durchgeführt.<br />
30 der 36 Klubs der beiden Ligen erklärten<br />
sich zu einem Interview bereit,<br />
was einer Beteiligungsquote von gut<br />
83 % entspricht. Mit 15 Klubs aus der<br />
B<strong>und</strong>esliga <strong>und</strong> 15 aus der 2. B<strong>und</strong>esliga<br />
war die Teilnahmebereitschaft in<br />
den beiden Ligen ausgeglichen. Aus<br />
diesem guten <strong>und</strong> gleichmäßig verteilten<br />
Rücklauf ergibt sich eine hohe Qualität<br />
des Datenmaterials im Hinblick auf<br />
6 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Das Design der Studie<br />
den Entwurf eines wirklichkeitsnahen<br />
Abbilds der Situation in den beiden<br />
Ligen.<br />
Von den befragten Personen in den<br />
30 Klubs erfüllten elf die Funktion eines<br />
„Geschäftsführers“, ebenfalls elf gaben<br />
an, in der Position des „Leiters <strong>Finanzen</strong>“<br />
zu arbeiten, sieben sind „Mitglied<br />
des Vorstands“. Außerdem antwortete<br />
ein Assistent der Geschäftsleitung.<br />
Die folgende Übersicht zeigt, dass die<br />
befragten Klubs knapp zur Hälfte in der<br />
Rechtsform eines eingetragenen Vereins<br />
<strong>und</strong> zu etwas mehr als die Hälfte als<br />
Kapitalgesellschaften geführt werden:<br />
Rechtsform abs. %<br />
e. V. 14 47<br />
Kapitalgesellschaften 16 53<br />
Gesamt 30 100<br />
Tabelle 1: Rechtsform der befragten Lizenzligen-Klubs<br />
Der Fragebogen für diese Untersuchung<br />
wurde gemeinsam von Wissenschaftlern<br />
des Instituts für Sportökonomie<br />
<strong>und</strong> Sportmanagement der Deutschen<br />
Sporthochschule Köln <strong>und</strong> von Experten<br />
des SCORE-Teams der Ernst &<br />
Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Steuerberatungsgesellschaft entwickelt.<br />
Zielsetzung war es, neben der<br />
Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen<br />
Lage in der Fußballbranche durch<br />
die Manager auch die Einschätzung der<br />
Entwicklungen in der kommenden Saison<br />
sowie in den kommenden fünf Jahren<br />
zu erfragen. Entsprechend zielten<br />
die Fragen auf die Entwicklung sowohl<br />
auf der Einnahmen- als auch auf der<br />
Ausgabenseite der Vereine ab.<br />
Nach Auswertung der Umfrage haben<br />
wir wiederum eigene Analysen zu verschiedenen<br />
Themen im Fußballbusiness<br />
angefertigt. Dabei haben wir uns bemüht,<br />
die Fragen zu beantworten, die<br />
die Vereine am meisten beschäftigen.<br />
Dazu haben wir auch Experten aus unserer<br />
Real-Estate-Abteilung hinzugezogen.
Umfrage zur wirtschaftlichen Lage des Profifußballs in Deutschland<br />
Wie in den vergangenen Jahren haben wir<br />
unsere Analysen der Fußballbranche auch<br />
in diesem Jahr mit den Einschätzungen<br />
<strong>und</strong> Zukunftserwartungen der Manager<br />
der B<strong>und</strong>esliga <strong>und</strong> der 2. B<strong>und</strong>esliga<br />
untermauert.<br />
Zunächst haben wir die Manager um eine<br />
Einschätzung <strong>und</strong> Beurteilung der wirtschaftlichen<br />
Lage der Liga insgesamt gebeten.<br />
Hierbei zeigte sich, dass die allgemeine<br />
wirtschaftliche Situation der Fußballbranche<br />
im Vergleich zu den zurückliegenden<br />
Jahren zunehmend positiv beurteilt<br />
wird. So stieg der Anteil derjenigen,<br />
die die gegenwärtige wirtschaftliche Lage<br />
als „gut“ oder „eher gut“ einschätzen, von<br />
2004 bis 2007 kontinuierlich an. Die folgende<br />
Abbildung zeigt die Werte der vier<br />
Jahre im Detail.<br />
Wirtschaftlichen Lage: Ausnahmslos positiv<br />
„Wie beurteilen Sie die gegenwärtige wirtschaftliche Lage<br />
der Fußballbranche in Deutschland insgesamt?”<br />
Gut<br />
2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
37 63<br />
24 52 24<br />
12 53 35<br />
46 46 4 4<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Eher gut Eher schlecht Schlecht Keine Antwort<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Grafik 1<br />
7
Darüber hinaus wurde nach der Einschätzung<br />
der Entwicklung der wirtschaftlichen<br />
Lage in der kommenden Saison gefragt.<br />
Hier gehen die Klubs offenk<strong>und</strong>ig<br />
von einer Stabilisierung <strong>und</strong> Konsolidierung<br />
ihrer wirtschaftlichen Lage auf dem<br />
erreichten Niveau aus. Die eine Hälfte der<br />
Klubs rechnet mit einer allenfalls leichten<br />
Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation,<br />
die andere Hälfte erwartet keine<br />
Veränderungen.<br />
8<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
UMFRAGE ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LAGE DES PROFIFUSSBALLS IN DEUTSCHLAND<br />
Stabilisierung auf erreichtem Niveau<br />
„Wie wird sich die wirtschaftliche Lage Ihrer Meinung nach in der<br />
kommenden Saison in der Fußballbranche in Deutschland entwickeln?“<br />
2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004 8 46 42 4<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Deutlich verbessern Etwas verbessern Unverändert bleiben Etwas verschlechtern<br />
Deutlich verschlechtern<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
50 47 3<br />
8 60 28<br />
59 35 6<br />
4<br />
Grafik 2
UMFRAGE ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LAGE DES PROFIFUSSBALLS IN DEUTSCHLAND<br />
Einschätzung der Entwicklung der Einnahmen<br />
Wie in den letzten Jahren wurden die Manager<br />
nach ihren kurz- <strong>und</strong> langfristigen<br />
Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung<br />
der Einnahmen gefragt. In Übereinstimmung<br />
mit den Ergebnissen der vergangenen<br />
Untersuchungen fielen auch<br />
diesmal die langfristigen Erwartungen<br />
deutlich positiver aus als die kurzfristigen.<br />
73 % der Klubs rechnen mit einer Zunahme<br />
der Einnahmen in den nächsten<br />
fünf Jahren, während für die kommende<br />
Saison nur 43 % von einer Zunahme ausgehen.<br />
Grafik 3 zeigt die Werte der diesjährigen<br />
Einschätzungen im Detail.<br />
Bezogen auf den eigenen Klub rechnen<br />
56 % mit steigenden, 27 % mit gleichbleibenden<br />
<strong>und</strong> 17 % mit zurückgehenden<br />
Einnahmen in der kommenden Saison.<br />
Prognose: Einnahmen werden langfristig weiter steigen<br />
„Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Gesamteinnahmen in der<br />
Fußballbranche in der kommenden Saison/in den kommenden fünf Jahren<br />
im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich entwickeln?“<br />
... werden<br />
zunehmen<br />
... werden<br />
gleich bleiben<br />
... werden<br />
zurückgehen<br />
Kann ich nicht<br />
beurteilen<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
3<br />
24<br />
43<br />
in der kommenden Saison<br />
in den kommenden fünf Jahren<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
57<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
73<br />
Grafik 3<br />
9
Analog zu den Befragungen aus den vergangenen<br />
Jahren wurde auch detailliert<br />
nach den Erwartungen bzgl. der Entwicklung<br />
verschiedener Einnahmekategorien<br />
gefragt. Hierbei wurde zwischen Einnahmen<br />
aus den Bereichen „Spielbetrieb“,<br />
„Merchandising“, „Sponsoring/Werbung“,<br />
„TV-Rechte“ <strong>und</strong> „Transfers“ unterschieden.<br />
Etwas verhaltener als im letzten Jahr<br />
werden die Einnahmenentwicklungen aus<br />
dem Bereich „Sponsoring/Werbung“ eingeschätzt.<br />
Ansonsten zeigen sich nur geringfügige<br />
Veränderungen. Die Einschätzung<br />
der Einnahmemöglichkeiten in den<br />
Bereichen des Merchandising <strong>und</strong> des<br />
Spielbetriebs ist konstant positiv, die Bewertung<br />
des Bereichs Transfers etwas zurückhaltender.<br />
Grafik 4 zeigt die Werte<br />
der Befragungen der Jahre 2004 bis 2007<br />
im Detail.<br />
10 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
UMFRAGE ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LAGE DES PROFIFUSSBALLS IN DEUTSCHLAND<br />
Einnahmekategorien<br />
„Wie schätzen Sie die Entwicklung in den folgenden Einnahmebereichen für<br />
Ihren Klub in der kommenden Saison im Vergleich zur vergangenen ein?“<br />
Sponsoring/Werbung 2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
Merchandising 2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
Spielbetrieb 2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
TV-Rechte 2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
Transfers 2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
57 33 10<br />
84 12<br />
65 12 12 12<br />
42 46 13<br />
57 33 10<br />
56 32 12<br />
47 41 6 6<br />
13 79 8<br />
50 33 17<br />
44 40 16<br />
35 47 12 6<br />
50 50<br />
43 40 17<br />
84 4 12<br />
29 59 6 6<br />
54 46<br />
30 33 33 4<br />
20 48 24 8<br />
18 35 29 18<br />
4 29 67<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Werden zunehmen Werden gleich bleiben Werden zurückgehen Keine Bewertung<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
4<br />
Grafik 4
UMFRAGE ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LAGE DES PROFIFUSSBALLS IN DEUTSCHLAND<br />
Diejenigen, die für ihren Klub mit steigenden<br />
Einnahmen rechnen, wurden weiter<br />
gefragt, für welche Zwecke sie diese<br />
Mehreinnahmen voraussichtlich verwenden<br />
werden. Dabei kristallisieren sich<br />
zwei Schwerpunkte deutlich heraus: vermehrte<br />
Investitionen in den Spielerkader<br />
<strong>und</strong> in Sachanlagen. Weitere Verwendungszwecke<br />
der eventuellen Mehreinnahmen<br />
liegen in den Bereichen „Verbesserung<br />
der Nachwuchsförderung“ <strong>und</strong><br />
„Tilgung von Verbindlichkeiten“, wie Grafik<br />
5 zeigt.<br />
Mehreinnahmen fließen in Steine <strong>und</strong> Beine<br />
„Wozu werden die Mehreinnahmen schwerpunktmäßig verwendet?“<br />
Investitionen in<br />
Spielerkader<br />
Investitionen in<br />
Sachanlagen<br />
Verbesserung<br />
der Nachwuchsförderung<br />
Tilgung von<br />
Verbindlichkeiten<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
Mehrfachantworten möglich<br />
29<br />
0 20 40 60 80 100<br />
53<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
82<br />
88<br />
Grafik 5<br />
11
Einschätzung der Entwicklung der Aufwendungen<br />
Wie bei den Einnahmen wurde auch bezogen<br />
auf die Aufwandsseite zunächst gefragt,<br />
wie die Befragten die Entwicklung<br />
der Gesamtaufwendungen der Ligen in<br />
der kommenden Saison <strong>und</strong> in den kommenden<br />
fünf Jahren allgemein einschätzen.<br />
Diesen Einschätzungen kann klar entnommen<br />
werden, dass sich der Trend aus<br />
der Vorjahresuntersuchung noch verstärkt<br />
hat. Denn sowohl kurzfristig als auch für<br />
die nächsten fünf Jahre rechnet eine breite<br />
Mehrheit mit einer weiteren Steigerung<br />
der Aufwendungen.<br />
Bezogen auf den eigenen Klub rechnen<br />
63 % mit steigenden, 17 % mit gleichbleibenden<br />
<strong>und</strong> 20 % mit zurückgehenden<br />
Aufwendungen in der kommenden Saison.<br />
12 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
UMFRAGE ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LAGE DES PROFIFUSSBALLS IN DEUTSCHLAND<br />
Ausgaben werden weiter steigen<br />
„Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Gesamtaufwendungen in der<br />
Fußballbranche in der kommenden Saison/in den kommenden fünf Jahren<br />
im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich entwickeln?“<br />
... werden<br />
zurückgehen<br />
... werden<br />
gleich bleiben<br />
... werden<br />
zunehmen<br />
Kann ich nicht<br />
beurteilen<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
3<br />
20<br />
27<br />
in der kommenden Saison<br />
in den kommenden fünf Jahren<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
70<br />
80<br />
Grafik 6
UMFRAGE ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LAGE DES PROFIFUSSBALLS IN DEUTSCHLAND<br />
Die von den Befragten prognostizierte<br />
Entwicklung innerhalb verschiedener<br />
Aufwandskategorien ergibt folgendes<br />
Bild: Auffällig ist der konstant hohe Anteil<br />
derjenigen, die der Meinung sind, dass<br />
die Personalaufwendungen in der jeweils<br />
folgenden Saison zunehmen werden. In<br />
der diesjährigen Befragung rechneten<br />
70 % mit einer Steigerung der Aufwendungen<br />
in dieser Kategorie. In der Kategorie<br />
„Transferaufwand“ ist der Anteil<br />
derjenigen, die mit einem Rückgang der<br />
Aufwendungen in diesem Bereich rechnen,<br />
in den vier Befragungsjahren kontinuierlich<br />
gesunken. Während für den Aufwandsbereich<br />
des Spielbetriebs keine gravierenden<br />
Änderungen erwartet werden,<br />
geht auch im Jahr 2007 die Mehrheit der<br />
Befragten von einer Steigerung der Aufwendungen<br />
für die Nachwuchsförderung<br />
aus. Grafik 7 zeigt die prozentualen Anteile<br />
der jeweiligen Antwortkategorien in<br />
den vier Aufwandsbereichen im Einzelnen.<br />
Ausgabekategorien: Rosige Zeiten für Spieler?<br />
„Wie schätzen Sie die Entwicklung in den folgenden Aufwandskategorien für<br />
Ihren Klub in der kommenden Saison im Vergleich zur vergangenen ein?“<br />
Personalaufwand 2007<br />
Werden zunehmen Werden gleich bleiben Werden zurückgehen Keine Angabe<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
Nachwuchsförderung 2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
Transferaufwand 2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
Aufwand für Spielbetrieb 2007<br />
2006<br />
2005<br />
2004<br />
70 13 17<br />
60 24 16<br />
18 29 53<br />
4 25 71<br />
57 40 3<br />
64 28 8<br />
71 29<br />
58 38 4<br />
40 53 7<br />
36 44 20<br />
59 41<br />
4 25 71<br />
24 63 13<br />
36 48 16<br />
23 65 12<br />
13 83 4<br />
0 20 40 60 80 100<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Grafik 7<br />
13
Gewinnerwartung<br />
Bezüglich der Frage nach dem erwarteten<br />
finanziellen Ergebnis nach Steuern rechnen<br />
20 % mit einem hohen Gewinn, 40 %<br />
mit einem geringen Gewinn, 20 % mit einem<br />
Ergebnis von +/– 0, 13 % mit einem<br />
geringen Verlust <strong>und</strong> keiner mit einem hohen<br />
Verlust (keine Angabe = 7 %). Dies ist<br />
ein etwas positiveres Bild als in der Befragung<br />
2006.<br />
14 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
UMFRAGE ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LAGE DES PROFIFUSSBALLS IN DEUTSCHLAND<br />
Mehrheit der Klubs macht weiterhin Gewinne<br />
„Welches Ergebnis nach Steuern haben Sie mit Ihrem Klub in der<br />
vergangenen Saison erzielt?“<br />
Hoher Gewinn<br />
Geringer Gewinn<br />
+/– 0<br />
Geringer Verlust<br />
Hoher Verlust<br />
Keine Angaben<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
0<br />
7<br />
13<br />
20<br />
20<br />
0 10 20 30 40 50<br />
40<br />
Grafik 8
UMFRAGE ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LAGE DES PROFIFUSSBALLS IN DEUTSCHLAND<br />
Finanzierungsformen<br />
In einem weiteren Themenkomplex fragten<br />
wir die Experten in Anlehnung an unsere<br />
erste Fußballstudie im Jahr 2004, wie<br />
sie die Bedeutung unterschiedlicher<br />
Finanzierungsformen einschätzen. Der<br />
klassischen Kreditfinanzierung wird nach<br />
wie vor die größte Wichtigkeit beigemessen.<br />
Die Finanzierungsform „Private<br />
Equity“ hat in ihrer Bedeutung im Vergleich<br />
zu den Untersuchungsergebnissen<br />
aus dem Jahr 2004 deutlich zugenommen.<br />
Abgenommen hat demgegenüber die Bedeutung<br />
von Asset-Backed Securities, <strong>und</strong><br />
zwar von 25 % im Jahr 2004 auf nur noch<br />
3 % im Jahr 2007. Das Thema „Börsengang“<br />
scheint nach einer Phase der Ernüchterung<br />
zumindest bei einigen wenigen<br />
Klubs wieder an Bedeutung zu gewinnen.<br />
Spielte diese Finanzierungsform in<br />
der Befragung des Jahres 2004 bei keinem<br />
Klub eine Rolle, so ist sie aktuell zumindest<br />
für 10 % der Klubs bedeutsam. Grafik<br />
9 zeigt die Ergebnisse der Befragungen<br />
im Detail.<br />
Investoren gesucht<br />
„Wie wichtig sind folgende Finanzierungsformen für Ihren Klub?“<br />
Klassische Kreditfinanzierung<br />
Private Equity<br />
Anleihen<br />
Mezzanine<br />
Formen<br />
Asset-Backed<br />
Securities<br />
Börsengang<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
Kategorien „Sehr wichtig” <strong>und</strong> „Wichtig” addiert.<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
0<br />
3<br />
10<br />
25<br />
25<br />
30<br />
27<br />
30<br />
38<br />
57<br />
59<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
47<br />
2007<br />
2004<br />
Grafik 9<br />
15
International ist hinsichtlich der Finanzierungfomen<br />
eine Menge geschehen. So<br />
wagte sich mit Olympique Lyon nach langer<br />
Zeit im Frühjahr 2007 wieder ein Fußballklub<br />
an die Börse. Und in England hat<br />
geradezu ein Run auf Fußballklubs eingesetzt<br />
<strong>und</strong> eine Vielzahl von Investoren sicherten<br />
sich unterschiedlich hohe Anteile<br />
an den Fußballunternehmen.<br />
Um Investoren nicht nur eine (Minderheits-)Beteiligung,<br />
sondern auch eine<br />
Übernahme eines deutschen Klubs zu ermöglichen,<br />
müsste zunächst eine Satzungsänderung<br />
durchgeführt werden<br />
(siehe 50 + 1-Regelung der Satzung des<br />
Ligaverbands). Jedoch scheinen die befragten<br />
Manager eine Modifizierung nicht<br />
für nötig zu halten <strong>und</strong> wollen an der bisherigen<br />
Regelung festhalten. Dennoch<br />
wurde der Antrag zur Abschaffung des Paragrafen<br />
auf der Generalversammlung des<br />
Ligaverbandes am 06./07. August 2007<br />
gestellt (Ausgang stand bei Redaktionsschluss<br />
noch nicht fest).<br />
16<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
UMFRAGE ZUR WIRTSCHAFTLICHEN LAGE DES PROFIFUSSBALLS IN DEUTSCHLAND<br />
50 + 1-Regelung soll bestehen bleiben<br />
„Die ,50 + 1-Regelung‘ der Satzung des Ligaverbandes (§ 8 Abs. 2),<br />
wonach der Verein gr<strong>und</strong>sätzlich die Mehrheit an der als Kapitalgesellschaft<br />
ausgegliederten Fußballabteilung besitzen muss, sollte abgeschafft werden.“<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu Stimme nicht zu Keine Bewertung<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
Fußballinvestoren in England<br />
Club Investor Herkunft Datum Investition in €<br />
FC Fulham Mohamed Al-Fayed Ägypten Mai 1997 ca. 40 Mio.<br />
Chelsea FC Roman Abramowitsch Russland Juli 2003 ca. 210 Mio.<br />
Manchester United Malcom Glazer USA Mai 2005 ca. 1,1 Mrd.<br />
Portsmouth Alexandre Gaydamak Frankreich Januar 2006 ca. 100 Mio.<br />
Aston Villa Randy Lerner USA September 2006 ca. 100 Mio.<br />
West Ham United Eggert Magnússon Island November 2006 ca. 125 Mio.<br />
FC Liverpool George Gillett, Tom Hicks USA Februar 2007 ca. 650 Mio.<br />
Arsenal London Stan Kroenke USA April 2007 ca. 100 Mio.<br />
Newcastle United Mike Ashley England Juni 2007 ca. 187,5 Mio.<br />
Manchester City Thaksin Shinawatra Thailand Juli 2007 ca. 121,4 Mio.<br />
Birmingham City Carson Yeung China Juli 2007 ca. 22,1 Mio.<br />
Quelle: Presse<br />
13 10 20<br />
50<br />
7<br />
Tabelle 2<br />
Grafik 10
Die „Competitive Balance“ in den europäischen Top-Ligen<br />
Definition <strong>und</strong> Bedeutung von „Competitive<br />
Balance“<br />
Unter „Competitive Balance“ wird im<br />
Fußball die Ausgeglichenheit des sportlichen<br />
Wettbewerbs innerhalb einer Liga<br />
(intradivisional) oder zwischen verschiedenen<br />
Ligen einer Sportart (interdivisional)<br />
verstanden. Bei längerfristiger Betrachtung<br />
beinhaltet die Competitive Balance<br />
zwei Komponenten. Die sogenannte<br />
Saison-Komponente bezieht sich auf die<br />
Wettbewerbssituation innerhalb einer Saison.<br />
Hier geht es um die Frage, wie groß<br />
die Leistungsunterschiede zwischen den<br />
Teams innerhalb einer Spielzeit sind. Dabei<br />
ist es für den Betrachter ohne Zweifel<br />
umso spannender, je geringer die Leistungsunterschiede<br />
der Teams sind. Bei der<br />
Team-Komponente geht es um die Leistungsentwicklung<br />
einzelner Teams über<br />
mehrere Spielzeiten. Hier stellt sich die<br />
Frage, ob die Teams ihre Leistungen jede<br />
Saison reproduzieren können bzw. konstant<br />
sind. Für den Zuschauer abwechslungsreicher<br />
ist natürlich weniger Konstanz,<br />
wenn also immer wieder andere<br />
Klubs das Rennen um die Meisterschaft<br />
oder gegen den Abstieg bestreiten.<br />
Die Competitive Balance wird für Sportligen<br />
häufig als unabdingbarer Erfolgsfaktor<br />
gesehen. Das zentrale Argument,<br />
das diese Ansicht stützt, geht aus empirischen<br />
Studien hervor. Sie belegen, dass<br />
die Competitive Balance bzw. die daraus<br />
abgeleitete Ergebnisoffenheit vor einer<br />
Partie einen positiven Einfluss auf die Anzahl<br />
der Zuschauer im Stadion <strong>und</strong> vor<br />
dem Fernseher hat. Diese Erkenntnis bringt<br />
der ehemalige portugiesische Sportminister<br />
José Luís Arnaut in seinem 2006 erschienenen<br />
<strong>und</strong> vielfach zitierten Report<br />
über den europäischen Sport auf den<br />
Punkt:<br />
„An ‚unbalanced’ league<br />
will not maximise the<br />
number of its spectators/<br />
viewers.”<br />
(José Luís Arnaut)<br />
Weitere wissenschaftliche Studien zeigen<br />
zudem drei Risiken im Zusammenhang<br />
mit unausgeglichenen („unbalanced“) Ligen<br />
auf:<br />
(1) Insolvenzgefahr der schwächeren<br />
Klubs,<br />
(2) Gefahr der Abspaltung der Top-Klubs<br />
<strong>und</strong> Reorganisation in einer Konkurrenzliga,<br />
(3) fortwährendes, verstärktes Auseinanderdriften<br />
der finanziellen Situation<br />
einzelner Klubs <strong>und</strong> die Tendenz zur<br />
Überinvestition in Spielerkader.<br />
Die Competitive Balance stellt also im<br />
Fußball ein bedeutendes Element dar, das<br />
zu Recht im Fokus der Öffentlichkeit<br />
steht. <strong>Aktuell</strong>e Berichte <strong>und</strong> Diskussionsbeiträge<br />
zum Thema von José Luís Arnaut<br />
<strong>und</strong> Ivo Belet sowie das kürzlich erschienene<br />
„White Paper on Sport“ der EU-<br />
Kommission unter Führung von Kultur<strong>und</strong><br />
Sport-Kommissar Jan Figuel verdeutlichen<br />
die Brisanz des Themas.<br />
Einflussfaktoren auf die Competitive<br />
Balance<br />
Die Competitive Balance hängt vorrangig<br />
von der Verteilung der Spielerqualitäten<br />
<strong>und</strong> folglich von den finanziellen Möglichkeiten<br />
der einzelnen Klubs ab. Dass sich<br />
also ein zahlungskräftiger Klub – effektives<br />
<strong>und</strong> effizientes Handeln vorausgesetzt<br />
– durch Spielerkauf sportliche Vorteile<br />
gegenüber finanziell schwächeren Klubs<br />
verschaffen kann, dürfte unbestritten sein.<br />
Somit ist klar, dass die Einnahmesituation<br />
der Klubs einer der zentralen Einflussfaktoren<br />
auf die Competitive Balance ist. Ein<br />
weiterer Aspekt ist die unterschiedlich<br />
ausgeprägte Neigung, Investitionen in den<br />
Spielerkader über Kredite zu finanzieren.<br />
Neben diesen direkten Einflüssen können<br />
auch Faktoren, die die Competitive Balance<br />
indirekt beeinflussen, ausgemacht<br />
werden. Einer davon ist die unterschiedliche<br />
Förderung der Infrastruktur vonseiten<br />
der öffentlichen Hand (Länder <strong>und</strong> Kommunen).<br />
So werden einige Stadien öffentlich<br />
gefördert <strong>und</strong> den Klubs gegen relativ<br />
geringe Pacht zur Verfügung gestellt,<br />
während andere Klubs Betrieb <strong>und</strong> Finanzierung<br />
ihrer Spielstätte nahezu komplett<br />
selbst stemmen müssen. Letztere können<br />
entsprechend weniger finanzielle Mittel<br />
für den Spielerkader aufbringen. Dieser<br />
Umstand wird im Rahmen der Studie<br />
nicht weiter verfolgt, soll an dieser Stelle<br />
aber dennoch erwähnt werden.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
17
Instrumente zur Aufrechterhaltung der Competitive Balance<br />
Es gibt vielfältige Instrumente zur Aufrechterhaltung<br />
der Competitive Balance,<br />
die zumindest bei den genannten direkten<br />
Einflussfaktoren greifen. Beispielhaft<br />
seien an dieser Stelle die folgenden erwähnt:<br />
Instrumente zur Aufrechterhaltung<br />
der Competitive Balance<br />
• Salary Caps<br />
• Umverteilung von Einnahmen<br />
(z. B. der Medieneinnahmen)<br />
• Lizenzierungsverfahren<br />
Insbesondere Salary Caps <strong>und</strong> die Zentralvermarktung<br />
von Medienrechten zur<br />
Umverteilung der Einnahmen sind in der<br />
jüngeren Vergangenheit immer wieder in<br />
den Mittelpunkt von Diskussionen zur<br />
Wettbewerbssituation in Fußballligen gerückt.<br />
Die gr<strong>und</strong>legenden Ideen der aufgeführten<br />
Instrumente werden im Folgenden<br />
kurz skizziert.<br />
18 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Salary Caps<br />
Salary Caps sind Gehaltsobergrenzen für<br />
Spieler, die in der Regel pro Team festgelegt<br />
werden <strong>und</strong> beispielsweise in den<br />
nordamerikanischen Profiligen Anwendung<br />
finden (NBA, NHL, NFL, CFL,<br />
MLS, MLB). Salary Caps sollen nicht nur<br />
die Spielstärken ausgleichen, sondern<br />
auch das Überinvestitionsrisiko vermindern.<br />
Auch im europäischen Fußball wird die<br />
Einführung von Salary Caps immer wieder<br />
diskutiert. Basierend auf verschiedenen<br />
empirischen Wirkungsstudien sowie<br />
verschiedenen kartellrechtlichen Analysen<br />
lassen sich jedoch zahlreiche Einwände<br />
<strong>und</strong> Bedenken gegen die Einführung<br />
etwaiger Caps im europäischen Fußball<br />
formulieren, unter anderem: (1) Der<br />
Großteil der US-Teams ignoriert die Caps.<br />
(2) Die Überprüfung auf Einhaltung der<br />
Caps <strong>und</strong> ggf. eine Sanktionierung sind<br />
mit enormen Transaktionskosten verb<strong>und</strong>en.<br />
(3) Steigende Gehälter von Starspielern<br />
werden durch Gehaltseinschränkun-<br />
Salary Caps: Geteilte Meinung<br />
gen bei den restlichen Spielern kompensiert.<br />
(4) Die Einführung einer Zwangsabgabe<br />
als Sanktion bei Überschreiten der<br />
Caps („Luxury Tax“) kann den beschriebenen<br />
Problemen nur unzureichend begegnen.<br />
(5) Aufgr<strong>und</strong> der hohen Mobilität<br />
der Fußballspieler (innerhalb Europas)<br />
würde die nationale Gehaltsbegrenzung<br />
zu Abwanderungen in ein Nachbarland<br />
führen. (6) In Europa herrscht ein anderes<br />
Rechtsverhältnis <strong>und</strong> -verständnis als in<br />
den USA. Auch wenn Caps als primäres<br />
Ziel die Aufrechterhaltung der Competitive<br />
Balance verfolgen, ist die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Vereinbarkeit von Salary Caps mit<br />
dem europäischen Kartellrecht (insbesondere<br />
bei einer Umsetzung nach US-amerikanischem<br />
Vorbild) fraglich.<br />
Auch die von uns befragten Manager der<br />
deutschen Klubs stehen dieser Methode<br />
offensichtlich skeptisch gegenüber. So ergibt<br />
sich auf unsere Frage bezüglich einer<br />
Begrenzung von Personalausgaben ein<br />
sehr uneinheitliches Meinungsbild (siehe<br />
Grafik 11).<br />
„Um die wirtschaftliche Basis <strong>und</strong> die Wettbewerbsfähigkeit der Klubs<br />
langfristig zu sichern, sind europaweit gültige Regelungen notwendig, die<br />
die Personalausgaben, d. h. die Ausgaben für Spielergehälter, begrenzen.“<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu Stimme nicht zu Keine Bewertung<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
23 33 27<br />
17<br />
Grafik 11
INSTRUMENTE ZUR AUFRECHTERHALTUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
Zentralvermarktung <strong>und</strong> Umverteilung der<br />
Medieneinnahmen<br />
Zur Umverteilung bieten sich vor allem<br />
die Einnahmen aus der Vermarktung der<br />
Medienrechte an der jeweiligen nationalen<br />
Liga an. Diese nehmen eine immer bedeutendere<br />
Stellung im Profifußball ein.<br />
Insbesondere in den letzten Jahren ist ein<br />
rasanter Anstieg der Medieneinnahmen<br />
der europäischen Top-5-Ligen zu beobachten.<br />
Sie machen mittlerweile ausnahmslos<br />
den größten Anteil an deren<br />
Umsatz aus. In Deutschland werden die<br />
Medienrechte zentral durch den Ligaorganisator,<br />
die DFL Deutsche Fußball Liga<br />
GmbH, vermarktet. Weitere Länder, in<br />
denen so verfahren wird, sind Frankreich<br />
<strong>und</strong> England. Die Einnahmen werden<br />
über bestimmte Schlüssel zwischen den<br />
Klubs verteilt. So trägt der Verteilschlüssel<br />
der B<strong>und</strong>esliga neben der aktuellen<br />
Saison auch der sportlichen Performance<br />
der drei vorherigen Spielzeiten Rechnung.<br />
In England <strong>und</strong> Frankreich hingegen steht<br />
Einnahmenteilung: Breite Zustimmung<br />
„Nur durch Zentralvermarktung <strong>und</strong> Umverteilung der Einnahmen<br />
aus den Medienrechten an alle Klubs kann mehr Chancengleichheit<br />
im sportlichen Wettbewerb hergestellt werden.“<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu Stimme nicht zu Keine Bewertung<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
jedem Klub ein fixer <strong>und</strong> für alle gleich<br />
hoher Sockelbetrag zu. Darüber hinaus<br />
gibt es – abhängig von der sportlichen<br />
Leistung <strong>und</strong> von der Häufigkeit der TV-<br />
Übertragung – zusätzliche Anteile.<br />
Das Verfahren der Umverteilung der Medieneinnahmen<br />
findet in unserer Umfrage<br />
die breite Zustimmung der B<strong>und</strong>esligamanager<br />
(siehe Grafik 12).<br />
63 33 4<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Grafik 12<br />
19
Eine dezentrale Vermarktung findet hingegen<br />
individuell statt. So können sich spanische<br />
(seit 1996) <strong>und</strong> italienische Klubs<br />
(seit 1999) selbst vermarkten <strong>und</strong> sich die<br />
Einnahmen nahezu gänzlich aneignen.<br />
Dies führt dazu, dass die italienischen <strong>und</strong><br />
spanischen Top-Klubs weit überdurchschnittliche<br />
Medieneinnahmen generieren<br />
können. Grafik 13 zeigt drei Säulen für<br />
jede Liga. Betrachtet werden die höchsten<br />
<strong>und</strong> die geringsten Einnahmen aus der Vermarktung<br />
der Medienrechte. Um die Einnahmenspreizung<br />
in den einzelnen Ländern<br />
abzubilden, wurden zudem die jeweiligen<br />
Verhältnisse des länderspezifischen<br />
Einnahmenminimums zum Einnahmenmaximum<br />
gebildet.<br />
In England, Frankreich <strong>und</strong> Deutschland<br />
hatten die am schlechtesten gestellten<br />
Klubs immerhin noch r<strong>und</strong> die Hälfte der<br />
Einnahmen der am besten gestellten<br />
Klubs zu verzeichnen. In Italien betrug<br />
dieser Anteil hingegen weniger als ein<br />
Zehntel. In Spanien kommt der am<br />
schlechtesten gestellte Klub sogar nur auf<br />
r<strong>und</strong> 6 % der Medieneinnahmen des erfolgreichsten<br />
Vermarkters. Damit ist die<br />
Einnahmenspreizung aus der Vermarktung<br />
der Medienrechte in den dezentral<br />
(individuell) vermarktenden Ländern wesentlich<br />
höher als in den zentral vermarktenden<br />
Ländern.<br />
Die detaillierte Verteilung der Einnahmen<br />
aus der Vermarktung der Medienrechte<br />
hat in der deutschen B<strong>und</strong>esliga zu<br />
folgender Verteilung geführt (siehe Tabelle<br />
3). Näheres zu Medieneinnahmen<br />
<strong>und</strong> zum Verteilschlüssel der B<strong>und</strong>esliga<br />
<strong>und</strong> der europäischen TOP-5-Ligen siehe<br />
„<strong>Bälle</strong>, <strong>Tore</strong> <strong>und</strong> <strong>Finanzen</strong>“ II <strong>und</strong> III.<br />
20<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
INSTRUMENTE ZUR AUFRECHTERHALTUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
Einnahmen in Mio. €<br />
Spreizung der Medieneinnahmen in den einzelnen Ligen 2006/07<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
56%<br />
Verhältnis von min. Einnahmen<br />
zu max. Einnahmen in der Liga<br />
55%<br />
48%<br />
max. Einnahme 06/07<br />
min. Einnahme 06/07<br />
Verhältnis von min. Einnahmen zu max. Einnahmen in der Liga<br />
Quelle: EY-Research <strong>und</strong> Schätzungen<br />
Verteilung der Medieneinnahmen Saison 2006/2007<br />
9%<br />
6%<br />
Grafik 13<br />
Inlandsvermarktung Auslandsvermarktung Gesamt<br />
in Mio. Euro in Mio. Euro in Mio. Euro<br />
VfB Stuttgart 22,18 4,00 26,18<br />
FC Schalke 04 22,85 3,00 25,85<br />
Werder Bremen 23,52 2,00 25,52<br />
FC Bayern München 24,19 1,00 25,19<br />
Bayer Leverkusen 21,52 1,00 22,52<br />
Hertha BSC Berlin 20,85 0,36 21,21<br />
Borussia Dortm<strong>und</strong> 20,18 0,36 20,54<br />
Hamburger SV 19,52 0,75 20,27<br />
1. FC Nürnberg 18,81 0,75 19,56<br />
Hannover 96 18,10 0,36 18,46<br />
VfL Wolfsburg 17,39 0,36 17,75<br />
Bor. M´Gladbach 16,64 0,36 17,00<br />
Arminia Bielefeld 15,89 0,36 16,25<br />
FSV Mainz 05 15,10 0,36 15,46<br />
Eintracht Frankfurt 14,30 0,36 14,66<br />
VfL Bochum 13,51 0,36 13,87<br />
Alemannia Aachen 12,80 0,36 13,16<br />
Energie Cottbus 12,09 0,36 12,45<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
Tabelle 3
Lizenzierungsverfahren<br />
INSTRUMENTE ZUR AUFRECHTERHALTUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
Die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH<br />
verlangt im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens<br />
u. a. einen ausgeglichenen Liquiditäts-<br />
<strong>und</strong> Finanzplan sowie ein positives<br />
Nettovermögen. Eine ebenso konsequente<br />
Umsetzung des UEFA-Lizenzierungsverfahrens<br />
auf europäischer Ebene<br />
könnte eine adäquate Alternative zu Salary<br />
Caps sein. Zumindest ließe sich das<br />
Überinvestitionsrisiko durch diese Bestimmungen<br />
eingrenzen. Den Anfang<br />
dazu hat die UEFA durch Verabschiedung<br />
des Handbuchs 2.0 zum Klublizenzierungsverfahren<br />
gemacht. Es kommt erstmalig<br />
in der Saison 2008/2009 zur Anwendung.<br />
Dies sehnen die befragten Manager offenbar<br />
herbei <strong>und</strong> wollen, dass die internationale<br />
Konkurrenz ebenso strengen finanziellen<br />
Kriterien unterliegt wie ihre eigenen<br />
Klubs (siehe Grafik 14).<br />
Ausführliche Erläuterungen zum Lizenzierungsverfahren<br />
auf nationaler (DFL)<br />
<strong>und</strong> internationaler (UEFA) Ebene siehe<br />
„<strong>Bälle</strong>, <strong>Tore</strong> <strong>und</strong> <strong>Finanzen</strong> III“.<br />
UEFA-Lizenzierung: Dringend gefordert<br />
„Europaweit einheitliche finanzielle Lizenzierungskriterien sind<br />
dringend erforderlich.“<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Stimme voll zu Stimme eher zu Stimme eher nicht zu Stimme nicht zu Keine Bewertung<br />
Angaben in Prozent, ger<strong>und</strong>et<br />
57 30 3 7 3<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Grafik 14<br />
21
Messung der Competitive Balance<br />
Zur Berechnung von Daten, die die Competitive<br />
Balance in Sportligen widerspiegeln,<br />
können gr<strong>und</strong>sätzlich Siegquoten,<br />
Rangplätze <strong>und</strong> Punkte als Merkmale verwendet<br />
werden. Im Rahmen dieser Studie<br />
werden die am Saisonende von Klubs erzielten<br />
Punkte der jeweiligen Spielzeit als<br />
Indikator herangezogen. Zur Vergleichbarkeit<br />
über mehrere Spielzeiten hinweg<br />
werden die Ergebnisse aus Spielzeiten, in<br />
denen Siege zwei Punkte brachten (in<br />
Frankreich bis einschließlich zur Saison<br />
1993/94, in Deutschland, Spanien <strong>und</strong><br />
Italien bis einschließlich zur Saison<br />
1994/95), auf ein Drei-Punkte-System<br />
hochgerechnet.<br />
Bei der Analyse der Wettbewerbssituation<br />
in Sportligen finden in Analogie zur allgemeinen<br />
empirischen Wettbewerbsanalyse<br />
verschiedene Streuungs- <strong>und</strong> Konzentrationsmaße<br />
Anwendung. Im Folgenden haben<br />
wir uns für Methoden entschieden,<br />
die uns im Rahmen dieser Studie am ehesten<br />
geeignet erschienen.<br />
Zunächst soll die Saison-Komponente<br />
untersucht werden. Zur Wettbewerbssituation<br />
zwischen der Gruppe der Top-Teams<br />
<strong>und</strong> der gesamten übrigen Liga gibt die<br />
Konzentrationsrate (CR) Aufschluss. Sie<br />
gibt an, welchen Anteil die Top-Klubs an<br />
den in einer Liga insgesamt erreichbaren<br />
Punkten haben. Zur Ermittlung der Com-<br />
22 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
petitive Balance in Sportligen werden<br />
häufig die Konzentrationsraten der fünf<br />
besten Klubs in einer Liga berechnet. Die<br />
CR ist intuitiv verständlich <strong>und</strong> trägt<br />
außerdem dem Umstand Rechnung, dass<br />
sich diese Klubs im europäischen Fußball<br />
zusätzliche Gelder im internationalen<br />
Wettbewerb aneignen können (was die<br />
Competitive Balance tendenziell senkt).<br />
Um Größenänderungen einer Liga (z. B.<br />
Aufstockung auf 20 Mannschaften während<br />
des betrachteten Zeitraums) berücksichtigen<br />
zu können, kann das Maß modifiziert<br />
werden. Beim sogenannten Verhältnis<br />
der Konzentrationsraten (VCR)<br />
wird die tatsächliche CR ins Verhältnis<br />
zur idealen CR (einer komplett ausgeglichenen<br />
Liga) gesetzt. In einer vollkommen<br />
ausgeglichenen Liga hätten am Saisonende<br />
alle Mannschaften die gleiche<br />
Punktzahl, während in einer gänzlich unausgeglichenen<br />
Liga der Erste ausschließlich<br />
Siege <strong>und</strong> der Letzte ausschließlich<br />
Niederlagen (also null Punkte) zu verzeichnen<br />
hätte. Dies verdeutlicht, dass die<br />
Extremwerte nur in der Theorie existieren.<br />
Im Folgenden werden die Ergebnisse der<br />
Competitive-Balance-Analyse anhand des<br />
beschriebenen VCR-Maßes in den europäischen<br />
Top-Ligen vorgestellt. Um die<br />
Entwicklung der Competitive Balance zu<br />
untersuchen, werden zunächst die letzten<br />
25 Jahre der jeweiligen Ligen betrachtet.<br />
Die Wettbewerbssituation in den Top-5-<br />
Ligen<br />
Wie erläutert, ist die jeweilige Liga umso<br />
ausgeglichener <strong>und</strong> spannender, je geringer<br />
die Punktedifferenz innerhalb einer<br />
Saison zwischen den Teams ist. Damit<br />
eine höhere VCR-Maßzahl tatsächlich<br />
auch eine spannendere Liga impliziert,<br />
werden im Folgenden jeweils die Kehrwerte<br />
der Maßzahl betrachtet. Aufgr<strong>und</strong><br />
der starken saisonalen Schwankung der<br />
Werte wurden die gleitenden Durchschnittswerte<br />
der einzelnen Länder berechnet<br />
<strong>und</strong> deren Verläufe abgebildet.<br />
Der gleitende Durchschnitt berechnet sich<br />
dabei als arithmetisches Mittel aus den<br />
Werten der jeweils vier vorangegangenen<br />
Spielzeiten.<br />
Grafik 15 zeigt den Verlauf der Werte der<br />
analysierten Länder für die Top-5-Klubs<br />
<strong>und</strong> setzt sie ins Verhältnis zu einer komplett<br />
ausgeglichenen Liga (entspricht auf<br />
der y-Achse dem Wert 100 %). Je höher<br />
also der erreichte Prozentwert ist, desto<br />
näher befindet man sich an der vollkommen<br />
ausgeglichenen Liga, sprich<br />
desto spannender ist der Wettbewerb.
Spannungsgrad (VCR-Maß)<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Angaben in Prozent<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
Bis zur Saison 1998/99 nehmen die Werte<br />
in den einzelnen Ländern einen ähnlichen<br />
Verlauf. Lediglich in Frankreich auf der<br />
einen <strong>und</strong> Spanien/Italien auf der anderen<br />
Seite driften sie zwischen den Jahren<br />
1987 <strong>und</strong> 1993 etwas auseinander. Bis zur<br />
Saison 1998/99 haben sich jedoch alle<br />
Länderwerte angenähert. In dieser Saison<br />
ist die Spreizung zwischen den Ligen am<br />
Spannungskurven der Top-5-Ligen<br />
4 Perioden, gleitender Durchschnitt<br />
4 Perioden, gleitender Durchschnitt<br />
4 Perioden, gleitender Durchschnitt<br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
1982/83<br />
1983/84<br />
1984/85<br />
1985/86<br />
1986/87<br />
1987/88<br />
1988/89<br />
1989/90<br />
1990/91<br />
1991/92<br />
1992/93<br />
1993/94<br />
1994/95<br />
1995/96<br />
1996/97<br />
1997/98<br />
1998/99<br />
1999/00<br />
2000/01<br />
2001/02<br />
2002/03<br />
2003/04<br />
2004/05<br />
2005/06<br />
2006/07<br />
4 Perioden, gleitender Durchschnitt<br />
4 Perioden, gleitender Durchschnitt<br />
Grafik 15<br />
geringsten. Dem Maß zufolge herrscht in<br />
der Saison 1998/99 in den fünf Top-Ligen<br />
eine ähnliche Wettbewerbssituation vor,<br />
da in den betrachteten Ländern die jeweils<br />
fünf besten Klubs einen ähnlich großen<br />
Punktevorsprung vor der restlichen Liga<br />
auf sich vereinen. Danach driften die<br />
Werte der einzelnen Länder auseinander.<br />
Lediglich in Frankreich ist eine leichte,<br />
kontinuierliche Steigerung der Spannung<br />
(bzw. Abnahme der Punkteanteile der<br />
Top-5-Klubs) zu verzeichnen. In den übrigen<br />
Ländern nimmt die Spannung ab. In<br />
Spanien <strong>und</strong> Deutschland geschieht dies<br />
erst nach einem temporären Zwischenhoch.<br />
Insbesondere in Italien <strong>und</strong> in England<br />
hat sich die Wettbewerbssituation<br />
innerhalb der Liga bis zum heutigen Zeitpunkt<br />
kontinuierlich verschlechtert. Im<br />
Vergleich zur gesamten Liga konnten dort<br />
die jeweils fünf besten Klubs immer mehr<br />
Punkte sammeln, folglich ist die Spannungskurve<br />
stark abgesunken. Die Spannungskurve<br />
der B<strong>und</strong>esliga befindet sich<br />
seit Anfang der Neunzigerjahre jeweils<br />
auf einem der drei ersten Plätze.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
23
Fasst man die Kurvenverläufe zu einem<br />
25-Jahres-Durchschnittswert zusammen,<br />
fallen die Unterschiede zwischen den<br />
Ligen noch deutlicher auf. Die französische<br />
Liga scheint am ausgeglichensten zu<br />
sein <strong>und</strong> weist den höchsten Spannungsgrad<br />
auf, gefolgt von Deutschland <strong>und</strong><br />
Spanien, die nach 25 Jahren im Durchschnitt<br />
gleichauf an zweiter Stelle liegen.<br />
Die Ligen in England <strong>und</strong> Italien erreichen<br />
den geringsten Spannungsgrad.<br />
Insbesondere in Italien liegen die besten<br />
Teams im Durchschnitt am weitesten vor<br />
ihren Verfolgern.<br />
Am meisten fällt an den oben dargestellten<br />
Ergebnissen jedoch auf, dass seit der<br />
Jahrtausendwende nahezu alle Top-Ligen<br />
(außer Frankreich) eine abnehmende<br />
Spannungskurve aufweisen. Dabei liegt<br />
die Vermutung nahe, dass die Einführung<br />
<strong>und</strong> die nachfolgenden Reformen der<br />
Champions League einen unmittelbaren<br />
Einfluss auf die dargestellte Entwicklung<br />
hatten. Denn die Ausschüttungen an die<br />
Teilnehmer der Champions League sind<br />
überaus attraktiv <strong>und</strong> führten vor allem<br />
24<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
25-Jahres-Durchschnitt des erreichten Spannungsgrads in den Top-5-Ligen<br />
Spannungsgrad<br />
47<br />
45<br />
43<br />
41<br />
39<br />
37<br />
35<br />
46<br />
Angaben in Prozent<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
42 42<br />
nach der Jahrtausendwende zu großen Einnahmeunterschieden<br />
innerhalb der Ligen.<br />
Wie oben bereits aufgeführt, ist dieser Umstand<br />
einer der Haupteinflussfaktoren auf<br />
die Competitive Balance.<br />
40<br />
37<br />
Grafik 16
Entwicklung der Competitive Balance im<br />
Licht der Champions League<br />
In der Spielzeit 1992/93 wurde der Europapokal<br />
der Landesmeister erstmals<br />
unter dem neuen Titel „Champions<br />
League“ ausgespielt. Seither gab es einige<br />
Modifikationen, von denen eine der am<br />
weitesten reichenden 1998 beschlossen<br />
<strong>und</strong> in der Spielzeit 1999/2000 umgesetzt<br />
wurde: Neben der Aufstockung von 24 auf<br />
32 teilnehmende Mannschaften wurde im<br />
Zuge der höheren Vermarktungseinnahmen<br />
die Ausschüttung an die teilnehmenden<br />
Klubs enorm erhöht. Ob diese<br />
Reform tatsächlich eine Auswirkung auf<br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
die Wettbewerbssituation innerhalb der<br />
nationalen Ligen genommen hat, kann<br />
näherungsweise durch einen Vergleich der<br />
Situationen in den Spielzeiten vor <strong>und</strong><br />
nach der Reform bestimmt werden. Da ein<br />
sinnvoller Vergleich nur für die gleiche<br />
Anzahl von Jahren durchgeführt werden<br />
kann, werden die Competitive-Balance-<br />
Maße für den Zeitraum 93/94–99/00 mit<br />
denjenigen für den Zeitraum 00/01–06/07,<br />
also für jeweils sieben Saisons, verglichen.<br />
Eine interessante Erkenntnis liefert<br />
wiederum die Betrachtung der fünf im<br />
Durchschnitt besten Klubs der vergangenen<br />
14 Jahre in den einzelnen Ländern<br />
im Verhältnis zur restlichen Liga. Seit der<br />
erwähnten Reform <strong>und</strong> Aufstockung auf<br />
32 Teilnehmer konnten sich mindestens<br />
zwei bis maximal vier Mannschaften pro<br />
untersuchte Liga für die Champions<br />
League qualifizieren.<br />
Weit mehr als die Hälfte der fünf durchschnittlich<br />
besten Klubs (in Deutschland<br />
alle, in Spanien zwei Drittel) waren sowohl<br />
vor als auch nach der Reform in der<br />
Champions League zumindest zwischenzeitlich<br />
vertreten <strong>und</strong> konnten an deren<br />
Ausschüttung partizipieren. Damit könnten<br />
zumindest näherungsweise Ergebnisse<br />
aus einer Vorher-Nachher-Analyse dieser<br />
Top-5-Klubs abgeleitet werden.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
25
Seit Einführung der UEFA Champions<br />
League nahmen aus Deutschland insgesamt<br />
neun verschiedene Klubs am Wettbewerb<br />
teil. Die meisten Teilnahmen haben<br />
der FC Bayern München (11), Borussia<br />
Dortm<strong>und</strong> (6) <strong>und</strong> Bayer 04 Leverkusen<br />
(6) zu verzeichnen. Drei von vier Teilnahmen<br />
konnte Werder Bremen in den drei<br />
vergangenen Spielzeiten verzeichnen.<br />
26<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
Auch in der spanischen Liga ist eine Teilnehmerverdichtung<br />
zu beobachten. Neben<br />
dem FC Barcelona (12) <strong>und</strong> Real<br />
Madrid (11) sind der FC Valencia (5) <strong>und</strong><br />
Deportivo La Coruna (5) insbesondere in<br />
der jüngeren Vergangenheit häufig vertreten.<br />
Die übrigen sieben spanischen Klubs<br />
nahmen jeweils nur einmal an der Champions<br />
League teil.<br />
Interessanterweise nahm Olympique Lyon<br />
(7) als der am häufigsten in der Champions<br />
League vertretene französische<br />
Klub an den letzten sieben Wettbewerben<br />
in Serie teil. Ansonsten ist das Teilnehmerfeld<br />
relativ ausgeglichen.<br />
Teilnehmer CL 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07<br />
Deutschland<br />
FC Bayern München 11<br />
Borussia Dortm<strong>und</strong> 6<br />
Bayer 04 Leverkusen 6<br />
SV Werder Bremen 4<br />
VfB Stuttgart 2<br />
Hamburger SV 2<br />
FC Schalke 04 2<br />
1. FC Kaiserslautern 1<br />
Hertha BSC Berlin 1<br />
Teilnehmer CL 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07<br />
Spanien<br />
FC Barcelona 12<br />
Real Madrid 11<br />
FC Valencia 5<br />
Deportivo La Coruna 5<br />
Atlético Madrid 1<br />
Athletic Bilbao 1<br />
Real CD Mallorca 1<br />
RS San Sebastian 1<br />
FC Villarreal 1<br />
Betis Sevilla 1<br />
Celta Vigo 1<br />
Teilnehmer CL 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07<br />
Frankreich<br />
Tabelle 4: Teilnehmer an der UEFA Champions League aus Deutschland seit der Saison 1992/93 (Quelle: www.uefa.com).<br />
Tabelle 5: Teilnehmer an der UEFA Champions League aus Spanien seit der Saison 1992/93 (Quelle: www.uefa.com).<br />
Olympique Lyon 7<br />
AS Monaco 5<br />
Paris St. Germain 4<br />
Olympique Marseille 3<br />
OSC Lille 3<br />
FC Nantes 2<br />
AJ Auxerre 2<br />
Racing Club Lens 2<br />
Girondins Bordeaux 2<br />
Tabelle 6: Teilnehmer an der UEFA Champions League aus Frankreich seit der Saison 1992/93 (Quelle: www.uefa.com).
In Italien liegt wiederum eine Teilnahmekonzentration<br />
vor. Der AC Mailand (11)<br />
<strong>und</strong> Juventus Turin (10) vereinen mehr<br />
Teilnahmen auf sich als die übrigen sechs<br />
Klubs.<br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
In England liegt Manchester United mit<br />
13 Teilnahmen weit vorne, gefolgt von Arsenal<br />
London (9), dem FC Liverpool (5)<br />
<strong>und</strong> dem FC Chelsea London (5). Diese<br />
Klubs waren in den letzten Jahren sogar<br />
ausschließlich vertreten.<br />
Teilnehmer CL 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07<br />
Italien<br />
AC Mailand 11<br />
Juventus Turin 10<br />
Inter Mailand 6<br />
Lazio Rom 4<br />
AS Rom 4<br />
FC Parma 1<br />
AC Florenz 1<br />
Udinese Calcio 1<br />
Teilnehmer CL 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07<br />
England<br />
Manchester United 13<br />
Arsenal London 9<br />
FC Liverpool 5<br />
FC Chelsea London 5<br />
Newcastle United 2<br />
Leeds United 2<br />
Blackburn Rovers 1<br />
Tabelle 9 gibt einen Überblick über die<br />
häufigsten Teilnehmer in der Champions<br />
League seit der Saison 1992/93.<br />
Tabelle 7: Teilnehmer an der UEFA Champions League aus Italien seit der Saison 1992/93 (Quelle: www.uefa.com).<br />
Tabelle 8: Teilnehmer an der UEFA Champions League aus England seit der Saison 1992/93 (Quelle: www.uefa.com).<br />
Häufigste Anzahl<br />
Teilnehmer CL Teilnahmen<br />
Manchester United 13<br />
FC Barcelona 12<br />
FC Bayern München 11<br />
Real Madrid 11<br />
AC Mailand 11<br />
Juventus Turin 10<br />
Arsenal London 9<br />
Olympique Lyon 7<br />
Inter Mailand 6<br />
Borussia Dortm<strong>und</strong> 6<br />
Bayer 04 Leverkusen 6<br />
Tabelle 9: Top-Klubs mit sechs <strong>und</strong> mehr Teilnahmen<br />
an der UEFA Champions League seit der<br />
Saison 1992/93 (Quelle: www.uefa.com).<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
27
Welche Summen die Teilnehmer an der<br />
Champions League vereinnahmen konnten,<br />
zeigt Tabelle 10. Zum einen wird<br />
deutlich, dass die Ausschüttungen nach<br />
der Reform 1999/2000 enorm angestiegen<br />
sind. So konnte der Sieger des Wettbewerbs<br />
1998/1999, Manchester United,<br />
28<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
„nur“ 12,82 Mio. Euro vereinnahmen,<br />
während Real Madrid als Sieger im darauffolgenden<br />
Jahr 29,26 Mio. Euro einstreichen<br />
konnte. Die Gesamtwertung führt<br />
Bayern München mit insgesamt über<br />
240 Mio. Euro an Prämien. Knapp<br />
210 Mio. Euro davon stammen allein aus<br />
Ausschüttungen an ausgewählte Champions-League-Teilnehmer<br />
der Zeit nach der Reform zur Jahrtausendwende<br />
(!). Durch die erhöhte Teilnehmerzahl<br />
stieg die kumulierte Ausschüttung an<br />
die jeweiligen Top-Klubs jeder Liga noch<br />
weiter an. Zahlen zu vorherigen Spielzeiten<br />
liegen nicht vor.<br />
93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 gesamt<br />
Bayern München 0,00 8,80 0,00 0,00 8,96 13,11 29,67 46,19 30,65 16,80 19,45 18,36 20,04 28,73 240,76<br />
Manchester United 0,00 4,28 0,00 8,60 8,47 12,82 23,10 24,43 30,98 22,48 28,05 16,26 13,97 31,53 224,97<br />
Real Madrid 0,00 0,00 6,57 0,00 13,50 7,82 29,26 25,14 35,60 26,99 19,65 13,66 15,85 21,03 215,07<br />
AC Mailand 5,98 10,49 0,00 4,28 0,00 0,00 14,42 21,56 0,00 31,59 17,89 26,11 20,52 39,59 192,43<br />
FC Arsenal 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 5,22 11,68 23,37 20,44 23,47 28,55 23,35 35,00 19,27 190,35<br />
FC Barcelona 6,53 6,10 0,00 0,00 4,21 5,22 24,65 11,12 23,39 21,12 0,00 15,97 31,60 22,70 172,61<br />
Juventus Turin 0,00 0,00 11,31 12,60 12,53 9,60 0,00 17,01 25,09 34,74 15,24 15,03 18,98 0,00 172,13<br />
Olympique Lyon 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 19,36 18,11 23,79 19,64 20,36 25,44 22,65 149,35<br />
FC Chelsea 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 29,07 27,98 24,90 34,66 116,61<br />
FC Liverpool 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 22,50 13,33 0,00 30,58 17,87 32,22 116,50<br />
Bayer Leverkusen 0,00 0,00 0,00 0,00 8,72 0,00 13,13 18,16 32,44 23,37 0,00 13,46 0,00 0,00 109,28<br />
Borussia Dortm<strong>und</strong> 0,00 0,00 0,00 13,22 11,72 0,00 9,91 0,00 12,60 33,61 0,00 0,00 0,00 0,00 81,06<br />
Werder Bremen 3,03 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 17,05 15,38 18,47 53,93<br />
Angaben in Mio. Euro<br />
Ausschüttung jeweils ab der Gruppenphase<br />
= CL Sieger<br />
Quelle: UEFA<br />
Tabelle 10
(1) Die Saison-Komponente<br />
Wie bereits erwähnt, ist die wettbewerbliche<br />
Situation in einer Liga umso ausgeglichener<br />
<strong>und</strong> spannender, je geringer der<br />
Punkteabstand zwischen den Top-5-Klubs<br />
<strong>und</strong> der übrigen Liga ist. Bildet man die<br />
Mittelwerte der Standardabweichungen<br />
zwischen den Top 5 <strong>und</strong> den restlichen<br />
Klubs der jeweiligen Liga für den jeweils<br />
siebenjährigen Zeitraum vor <strong>und</strong> nach der<br />
Reform, so lässt sich für alle Länder ein<br />
Anstieg der durchschnittlichen saisonbezogenen<br />
Standardabweichung feststellen.<br />
Um eine Vergleichbarkeit zwischen den<br />
Ligen zu gewährleisten, werden nachfolgend<br />
die Punkte der jeweiligen Endtabelle<br />
einer Liga immer auf 18 Teams (34<br />
Spiele) hochgerechnet.<br />
Insbesondere in England <strong>und</strong> Italien<br />
scheinen die Top 5 nach der Reform stärker<br />
vom saisonalen Ligadurchschnitt abzuweichen<br />
als vorher. Das bedeutet, dass<br />
die Ligen weniger spannend geworden<br />
sind. Auch in Frankreich, Spanien <strong>und</strong><br />
Deutschland ist nach der Reform eine tendenziell<br />
unausgeglichenere Liga zu erkennen,<br />
dies jedoch auf einem anderen Niveau,<br />
das auf vergleichsweise größere<br />
Spannung sowohl vor als auch nach der<br />
Reform schließen lässt als in Italien <strong>und</strong><br />
England.<br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
Punkte<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Hierbei müssen jedoch auch die Effekte<br />
aus den Sanktionierungsmaßnamen des<br />
Manipulationsskandals in Italien (2005/06)<br />
beachtet werden. So wurden für die Berechnungen<br />
die von Juventus Turin in der<br />
Saison 2005/06 erreichten Punkte in die<br />
Saison 2006/2007 übertragen (interpoliert)<br />
<strong>und</strong> somit der Zwangsabstieg des<br />
Klubs nicht berücksichtigt. Ansonsten<br />
würde das Bild zu stark verzerrt werden.<br />
Die Punkteabzüge für den AC Mailand<br />
(acht Punkte) <strong>und</strong> Lazio Rom (drei<br />
Punkte) in der Saison 2006/07 haben wir<br />
hingegen belassen. Eine Korrektur (also<br />
Top-Teams setzen sich ab<br />
93/94–99/00<br />
00/01–06/07 (Juventus Turin mit<br />
interpolierten Punkten 2006/2007)<br />
12,6 13,0<br />
15,4<br />
14,1<br />
16,3 16,0<br />
14,1<br />
Durchschnittliche Saison-Standardabweichung der Punktzahl der Top-5-Klubs vor <strong>und</strong> nach der CL-Reform<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
21,2<br />
16,5<br />
21,1<br />
ein Hinzuaddieren) der Punkteabzüge<br />
würde die steigende Tendenz der Saison-<br />
Standardabweichung nach der Reform<br />
weiter verstärken.<br />
Insgesamt wird die Vermutung genährt,<br />
dass zumindest ein (wenn auch nicht unbedingt<br />
monokausaler) Zusammenhang<br />
zwischen den hohen Ausschüttungen an<br />
die Champions-League-Teilnehmer seit<br />
der Reform 1999/2000 <strong>und</strong> der Abnahme<br />
an Spannung (bzw. Ausgeglichenheit) in<br />
den Ligen besteht.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Grafik 17<br />
29
(2) Die Team-Komponente<br />
Für eine umfassende wettbewerbsökonomische<br />
Analyse darf auch die Team-Komponente<br />
der Competitive Balance nicht<br />
vernachlässigt werden. Eine Liga ist aus<br />
wettbewerbsökonomischer Sicht ebenfalls<br />
unausgeglichen, wenn jährlich die<br />
gleichen Teams um die Meisterschaft, die<br />
Qualifikationsplätze für die internationalen<br />
Wettbewerbe <strong>und</strong> gegen den Abstieg<br />
spielen. Abgebildet werden kann die<br />
Team-Komponente beispielsweise mithilfe<br />
der saisonalen Standardabweichung<br />
(SA) der teamindividuellen Gesamtpunktzahl<br />
von der durchschnittlichen Punktezahl<br />
des Teams über einen betrachteten<br />
Zeitraum.<br />
Je höher der Wert dieser Komponente ist,<br />
desto ausgeglichener <strong>und</strong> abwechslungsreicher<br />
ist eine Liga. Größere Schwankungen<br />
einzelner Teams über die Jahre hinweg<br />
bedeuten schließlich, dass immer<br />
wieder andere Klubs um die vorderen<br />
Plätze kämpfen. Konnten die Top-5-Klubs<br />
ihre guten Ergebnisse jedoch immer konstanter<br />
reproduzieren, so fällt der Wert<br />
niedriger aus.<br />
In Frankreich, Spanien <strong>und</strong> Deutschland<br />
nahm die durchschnittliche Standardabweichung<br />
der erzielten Punkte der Top-5-<br />
Teams nach der Reform ab, in England<br />
leicht zu. Italien verzeichnet einen überraschend<br />
starken Anstieg auch mit interpolierter<br />
Punktzahl für Juventus Turin. Dennoch<br />
dürften durch den Manipulationsskandal<br />
Verzerrungen entstanden sein. So<br />
30<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
Punkte<br />
11<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
Große Abwechslung an der Spitze der B<strong>und</strong>esliga<br />
93/94–99/00<br />
00/01–06/07 (Juventus Turin mit<br />
interpolierten Punkten 2006/2007)<br />
8,9<br />
8,3<br />
8,1<br />
7,2<br />
Durchschnittliche Team-Standardabweichung der Punktzahl der Top-5-Klubs vor <strong>und</strong> nach der CL-Reform<br />
Quelle: eigene Berechnung<br />
fiele der Wert z. B. durch Korrektur (also<br />
Hinzuaddieren) der Punkteabzüge für den<br />
AC Mailand <strong>und</strong> Lazio Rom niedriger<br />
aus.<br />
Lässt man Italien außen vor, weist<br />
Deutschland sowohl vor als auch nach der<br />
Reform die höchste Abweichung auf, was<br />
auf eine im Vergleich abwechslungsreichere<br />
Liga schließen lässt. In Spanien<br />
werden die niedrigsten Werte gemessen;<br />
dort kämpfen folglich im Vergleich eher<br />
die gleichen Teams die Meisterschaft unter<br />
sich aus.<br />
In der gebotenen Vorsicht lässt sich der<br />
Schluss ableiten, dass die erhöhten Ausschüttungen<br />
an die Champions-League-<br />
8,0<br />
7,7<br />
7,7<br />
10,0<br />
7,0 6,7<br />
Grafik 18<br />
Teilnehmer seit 1999/2000 zu einer Abnahme<br />
an Abwechslung führten. Denn<br />
tendenziell (Italien außer Acht gelassen)<br />
werden die meisten Teams nach der Reform<br />
in ihrer sportlichen Leistung immer<br />
konstanter; der Kampf um die vorderen<br />
Plätze wird also zunehmend zum „Closed<br />
Shop“. Erfreulich aus deutscher Sicht ist,<br />
dass die B<strong>und</strong>esliga bei der Team-Komponente<br />
noch besser abschneidet als bei der<br />
Saison-Komponente: Kein anderes Land<br />
verfügt über so hohe Werte, was auf vergleichsweise<br />
größere Abwechslung auf<br />
den vorderen Plätzen hindeutet.
(3) Das Verhältnis zwischen Team- <strong>und</strong><br />
Saison-Standardabweichung<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die Competitive Balance<br />
einer Liga umso ausgewogener, je<br />
niedriger der Wert der Saison-Komponente<br />
<strong>und</strong> je höher der Wert der Team-<br />
Komponente ist. Da also beide Komponenten<br />
einen gegensätzlichen Einfluss auf<br />
die Competitive Balance einer Liga haben,<br />
ist ein Maß entwickelt worden, das<br />
beide Komponenten ins Verhältnis zueinander<br />
setzt. Dabei wird die Team-<br />
Standardabweichung durch die Saison-<br />
Standardabweichung geteilt; Ergebnis ist<br />
das Maß „VSA“ (Verhältnis der Standardabweichungen).<br />
Je größer die VSA-Kennzahl<br />
ist, desto ausgeglichener ist die jeweilige<br />
Liga. Nach diesem Maß nahm die<br />
Competitive Balance in allen Ligen nach<br />
der Reform ab, da (1) die Top 5 ihre Saisonleistungen<br />
immer besser reproduzieren<br />
konnten (niedrigere Team-Standardabweichung)<br />
<strong>und</strong>/oder (2) die Punkteausbeute<br />
der Top 5 immer weiter von der<br />
durchschnittlichen Punkteausbeute der<br />
Ligakonkurrenten abwich (Saison-Standardabweichung).<br />
Wiederum würde eine<br />
Korrektur (Hinzuaddieren) der Punkteabzüge<br />
für den AC Mailand (acht Punkte)<br />
<strong>und</strong> Lazio Rom (drei Punkte) in der Saison<br />
2006/07 die erkennbare Tendenz in<br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
0,70<br />
0,65<br />
0,60<br />
0,55<br />
0,50<br />
0,45<br />
0,40<br />
0,35<br />
0,30<br />
Competitive Balance: Frankreich <strong>und</strong> Deutschland top,<br />
jedoch überall absteigende Tendenz<br />
0,64<br />
0,56<br />
0,63<br />
0,51<br />
Verhältnis der durchschnittlichen Team-Standardabweichung <strong>und</strong> der durchschnittlichen<br />
Saison-Standardabweichung der Top-5-Klubs vor <strong>und</strong> nach der CL-Reform<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
der italienischen Liga weiter verstärken.<br />
Der leichte Anstieg der durchschnittlichen<br />
Team-Standardabweichung der englischen<br />
Klubs wurde durch den sich negativ<br />
auf die Competitive Balance auswirkenden<br />
Anstieg der durchschnittlichen Saison-Standardabweichung<br />
überkompensiert.<br />
Im interdivisionalen Vergleich der Wettbewerbsintensität<br />
der letzten 14 Jahre<br />
0,49<br />
93/94–99/00<br />
00/01–06/07 (Juventus Turin mit<br />
interpolierten Punkten 2006/2007)<br />
0,44<br />
0,48 0,47<br />
0,47<br />
0,38<br />
schneidet Deutschland deutlich besser ab<br />
als bei einer Betrachtung der letzten<br />
25 Jahre (siehe oben) <strong>und</strong> liegt nur knapp<br />
hinter Frankreich an zweiter Stelle. England<br />
liegt dagegen auf dem letzten Platz<br />
<strong>und</strong> hat sowohl vor als auch nach der Reform<br />
der Champions League die unausgeglichenste<br />
Liga.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Grafik 19<br />
31
Fazit<br />
Für die europäischen Top-5-Ligen ist die<br />
Competitive Balance für die Zeiträume<br />
der letzten 25 <strong>und</strong> 14 Jahre untersucht<br />
worden. Für beide Zeiträume kristallisiert<br />
sich heraus, dass die französische Ligue 1<br />
<strong>und</strong> die deutsche B<strong>und</strong>esliga die ausgeglichensten<br />
Ligen sind. Bei der Team-<br />
Komponente der letzten 14 Jahre weist<br />
Deutschland sogar den besten Wert auf,<br />
was darauf hindeutet, dass der Kampf um<br />
die vorderen Plätze in der B<strong>und</strong>esliga am<br />
abwechslungsreichsten ist.<br />
In England <strong>und</strong> Italien sind die Ligen hingegen<br />
am einseitigsten. Vor allem seit der<br />
Jahrtausendwende erzielten die Top-5-<br />
Klubs in den dortigen Ligen einen enormen<br />
Vorsprung vor der restlichen Liga.<br />
Ob dies der Gr<strong>und</strong> für die sinkenden Zuschauerzahlen<br />
in den Stadien der Serie A<br />
<strong>und</strong> der Premier League ist, lässt sich nur<br />
schwer beurteilen. So sorgten in Italien<br />
die Gewalt in einigen Stadien <strong>und</strong> die veraltete<br />
Infrastruktur ebenfalls für ein Fernbleiben<br />
von Besuchern, während in England<br />
der hohe Eintrittspreis den ein oder<br />
anderen Fan abgeschreckt haben dürfte.<br />
Es liegt die Vermutung nahe, dass ein<br />
Gr<strong>und</strong> für das gute Abschneiden der französischen<br />
<strong>und</strong> der deutschen Liga die relativ<br />
gleichmäßige Verteilung der Medieneinnahmen<br />
der nationalen Liga im<br />
Zuge der zentralen Vermarktung ist. Das<br />
schlechte Abschneiden der englischen<br />
Premier League passt jedoch weniger in<br />
diese Argumentation. Allerdings haben<br />
dort in letzter Zeit die hohen Mittelzu-<br />
32<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
MESSUNG DER COMPETIT<strong>IV</strong>E BALANCE<br />
flüsse von Investoren (Abramowitsch<br />
u. a.) den Wettbewerb entscheidend beeinflusst.<br />
Um die Effekte der jeweiligen Vermarktungsstrategie<br />
der Ligen noch weiter<br />
zu beleuchten (zentral vs. dezentral), sind<br />
weitere detaillierte Untersuchungen erforderlich.<br />
Bei der Untersuchung über 25 Jahre fällt<br />
des Weiteren auf, dass nahezu alle Spannungskurven<br />
(außer der französischen)<br />
nach der Jahrtausendwende nach unten<br />
zeigen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die<br />
Champions League reformiert, was einen<br />
Anstieg auf 32 Teilnehmer <strong>und</strong> wesentlich<br />
höhere Ausschüttungen an die Teilnehmer<br />
zur Folge hatte. Die detaillierten Untersuchungen<br />
des jeweiligen Zeitraums vor <strong>und</strong><br />
nach der Reform erhärten den Verdacht,<br />
dass diese mitverantwortlich für das Absinken<br />
der Spannungskurven ist. Seitdem<br />
erzielen die vordersten fünf Teams in jeder<br />
Liga einen größeren Vorsprung vor<br />
den restlichen Klubs als vorher.<br />
Den Schluss, dass der neue Modus der<br />
Champions League allein für die Spannungsabnahme<br />
der Ligen verantwortlich<br />
ist, lässt die Untersuchung indes nicht zu.<br />
Zu vielschichtig sind weitere Ereignisse<br />
der letzten Jahre, wie beispielsweise das<br />
starke Ansteigen der Medieneinnahmen<br />
sämtlicher nationaler Ligen, der Manipulationsskandal<br />
in Italien, der Einstieg von<br />
Investoren vor allem bei englischen Klubs<br />
oder die Umstellung auf dezentrale Vermarktung<br />
der Medienrechte in Italien <strong>und</strong><br />
Spanien. Diese Ereignisse haben ebenfalls<br />
die dargestellten Ergebnisse beeinflusst.<br />
Die UEFA hat bereits angekündigt, die<br />
Champions League <strong>und</strong> insbesondere die<br />
Verteilung der Prämien gr<strong>und</strong>legend zu<br />
reformieren. Dies erscheint in der Tat ratsam,<br />
um ein weiteres Absinken der Spannungskurven<br />
in den Ligen zu verhindern.<br />
In Italien <strong>und</strong> Spanien wird über eine<br />
Rückkehr zu zentraler Vermarktungsstruktur<br />
diskutiert, was der Competitive<br />
Balance innerhalb der Ligen ebenfalls<br />
nicht schaden dürfte. Die Einführung von<br />
Salary Caps ist wohl hingegen weniger<br />
geeignet.<br />
Die Competitive Balance kann – neben<br />
den dargestellten Methoden – u. a. auch<br />
durch den sogenannten „Herfindahl-<br />
Hirschman-Index“ <strong>und</strong> den „Gini-Koeffizienten“<br />
berechnet oder mithilfe der „Lorenz<br />
Seasonal Balance Curve“ dargestellt<br />
werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass<br />
diese Methoden zu anderen Ergebnissen<br />
<strong>und</strong> Schlussfolgerungen führen als die<br />
hier dargestellten.<br />
Ausgewählte Literatur <strong>und</strong> Quellen<br />
Arnaut, J. L. (2006). Independent European Sport<br />
Review 2006.<br />
Buzzacchi, L., Szymanski, S. & Valletti, T. M.<br />
(2001). Static versus Dynamic Competitive Balance:<br />
Do Teams Win More in Europe or in the USA?<br />
Feddersen, A. & Maennig, W. (2005). Trends in<br />
Competitive Balance: Is there Evidence for Growing<br />
Imbalance in Professional Sports Leagues?<br />
Humphreys, B. R. (2002). Alternative Measures of<br />
Competitive Balance in Sports Leagues.<br />
Michie, J., Oughton, C. (2004). Competitive Balance<br />
in Football: Trends and Effects.
In unserer Analyse der Competitive Balance schneiden insbesondere die Ligen in Italien <strong>und</strong> England schlecht ab. Dass das Interesse<br />
von Fans an den Fußballligen jedoch von einer Vielzahl von Faktoren abhängt <strong>und</strong> sehr facettenreich ist, wollen wir mit folgendem<br />
Gastkommentar darstellen.<br />
Gastkommentar<br />
Stephan Schröder, Mitglied der Geschäftsleitung SPORT+MARKT<br />
Premier League in Europa das Maß aller<br />
nationalen Fußballligen<br />
Cristiano Ronaldo, Drogba, Ballack,<br />
Lampard, Gerrard <strong>und</strong> Co., ManU,<br />
Chelsea, Liverpool, Arsenal <strong>und</strong> all die<br />
anderen Traditionsklubs der ehrwürdigen<br />
Premier League – sie alle, die Stars<br />
<strong>und</strong> vor allem die Top-Klubs, stehen für<br />
den großen Reiz, den die britische Premier<br />
League für viele Fußballfans in<br />
Europa ausübt. Der ultimative Glamourfaktor<br />
schlug zwar in den letzten Jahren<br />
eher zugunsten der galaktischen Stars in<br />
der spanischen Primera División mit<br />
den populärsten europäischen Klubs<br />
FC Barcelona <strong>und</strong> Real Madrid aus. Im<br />
Vergleich der Potenziale beider Top-<br />
Ligen nimmt aber schon seit 2000 die<br />
Premier League den Spitzenplatz ein.<br />
Insgesamt 51,5 Mio. Fußballanhänger<br />
in den fünf europäischen Kernfußballmärkten<br />
äußerten zum Ende der letzten<br />
Saison (Mai 2007) ihr sehr starkes oder<br />
starkes Interesse für die Premier League.<br />
Die Vergleichswerte der folgenden<br />
Ligen, Primera División <strong>und</strong> Serie A,<br />
fielen mit 44,3 Mio. <strong>und</strong> 41,9 Mio.<br />
Interessenten zwar etwas niedriger aus,<br />
zeugen aber dennoch von der Strahlkraft<br />
der besagten Fußballligen. Interessanterweise<br />
kamen bei der englischen<br />
Premier League r<strong>und</strong> 60 % des Anhängerpotenzials<br />
nicht aus dem Vereinigten<br />
Königreich, für die Primera División<br />
lag der Vergleichswert sogar bei 62 %,<br />
bei der italienischen Serie A bei ca.<br />
48 %. Natürlich muss bei dieser Be-<br />
Europäische Wettbewerbe fördern das Interesse für ausländische Ligen<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
51,5<br />
Premier<br />
League<br />
trachtung der Umstand berücksichtigt<br />
werden, dass die Anzahl der Fußballinteressierten<br />
besonders in England <strong>und</strong><br />
in Spanien generell niedriger ist als in<br />
den anderen untersuchten Fußballmärkten.<br />
Nichtsdestotrotz bleiben die hohen<br />
Prozentwerte der Premier League <strong>und</strong><br />
der Primera División für ihre Anhängerschaften<br />
aus dem Ausland relevant.<br />
Doch bedeuten diese Potenziale der Ligen<br />
keineswegs international homogene<br />
Anhängergruppen, die mit Berichten<br />
Premier League am beliebtesten<br />
44,3<br />
Primera<br />
Division<br />
„Sehr interessiert“ <strong>und</strong> „Interessiert“ an Fußballligen in Mio.<br />
Gr<strong>und</strong>gesamtheit 119,35 Mio. fußballinteressierte Personen in den fünf Ländern zwischen 15 <strong>und</strong> 69 Jahren<br />
Basis: ca. 3.000 Interviews<br />
Quelle: SPORT + MARKT „Football-Monitor Europe Mai 2007“<br />
41,9<br />
39,5<br />
20,3<br />
Serie A B<strong>und</strong>esliga Ligue 1<br />
Grafik 20<br />
zum Liga-Alltag in TV <strong>und</strong> Internet<br />
über die Grenzen hinweg regelmäßig<br />
„erobert“ werden können. Die Entwicklung<br />
dieser großen Interessengruppen<br />
ergibt sich vielmehr aus den Ereignissen<br />
in der UEFA Champions League <strong>und</strong><br />
mit Abstrichen im UEFA-Pokal. Infolge<br />
der Kontakte mit den dort agierenden<br />
Klubs <strong>und</strong> den vielen Stars, die in den<br />
europäischen Wettbewerben regelmäßig<br />
auf sich aufmerksam machen, verfestigen<br />
sich bei den Fußballinteressierten<br />
die Images der einzelnen Ligen. Über<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
33
Gastkommentar (Fortsetzung)<br />
die Königsklasse des europäischen Fußballs<br />
– im Schnitt interessieren sich in<br />
allen europäischen Top-Märkten 85 %<br />
aller Fußballfans für die UEFA Champions<br />
League – wird das Interesse für<br />
die einzelnen nationalen Ligen quasi<br />
vorbereitet. Das steigende Interesse der<br />
Öffentlichkeit an internationalen Fußballstars<br />
tut sein Übriges, die Begeisterung<br />
für internationale Klubs zu fördern,<br />
was dann in einem zweiten, sicherlich<br />
weniger emotionalen Schritt<br />
auch auf die jeweilige nationale Liga<br />
transferiert wird.<br />
Ligen, denen die ganz großen Stars<br />
fehlen, wie etwa die deutsche B<strong>und</strong>esliga,<br />
auch wenn zur neuen Saison<br />
2007/2008 der eine oder andere internationale<br />
Top-Spieler verpflichtet werden<br />
konnte, oder die französische Ligue 1,<br />
finden mehrheitlich nur im Heimatmarkt<br />
große Beachtung (B<strong>und</strong>esliga-<br />
Interesse in Deutschland 94 %, Interesse<br />
für die Ligue 1 in Frankreich 77 %).<br />
34 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Europäische Wettbewerbe fördern das Interesse für ausländische Ligen<br />
Die französischen Fußballfans sind aber<br />
aufgr<strong>und</strong> der eher schwächeren Heimatliga<br />
<strong>und</strong> der Tatsache, dass die französischen<br />
Top-Stars hauptsächlich in der<br />
Fremde spielen, am stärksten an den<br />
internationalen Top-Ligen des europäischen<br />
Fußballs interessiert. Das Interesse<br />
der Deutschen an ausländischen<br />
Ligen ist traditionell nicht so stark ausgeprägt.<br />
Der Wechsel des Kapitäns der<br />
deutschen Nationalmannschaft Michael<br />
Ballack zum FC Chelsea im Sommer<br />
2006 hat aber schon die Aufmerksamkeit<br />
der deutschen Öffentlichkeit verstärkt<br />
auf England gerichtet. Das Interesse<br />
an der Premier League stieg bei<br />
den deutschen Fußballfans innerhalb eines<br />
Jahres von 31 % (Mai 2006) auf<br />
nunmehr 38 % (Mai 2007).<br />
Insgesamt zeigt sich aber auch in<br />
Deutschland, dass die Anteilnahme an<br />
den Geschehnissen in den ausländischen<br />
Ligen sukzessive steigt. Die Internationalisierung<br />
hat auch den Fußball<br />
schon seit vielen Jahren erfasst. Die ver-<br />
einfachten technischen Möglichkeiten,<br />
sich umfassend auch über andere Ligen<br />
zu informieren, <strong>und</strong> das Bedürfnis vieler<br />
Fußballfans nach großen Namen <strong>und</strong><br />
Stars ergeben eine faszinierende Mischung,<br />
von der aber bisher primär nur<br />
die englische Premier League <strong>und</strong> mit<br />
Abstrichen die Primera División profitieren.<br />
Im Zuge des steigenden Wettbewerbs<br />
der Ligen um internationale Aufmerksamkeit,<br />
um TV-Zeiten in den relevanten<br />
Märkten sowie um neue <strong>und</strong> verbesserte<br />
Einnahmequellen werden <strong>und</strong><br />
müssen aber auch die anderen Ligen<br />
versuchen, sich noch stärker international<br />
auszurichten, sowohl in den besagten<br />
europäischen Kernmärkten als auch<br />
deutlich darüber hinaus. Vielversprechende<br />
Ansätze, diese großen Potenziale<br />
im Ausland zu erschließen, sind<br />
schon bei allen Ligen zu beobachten.<br />
Die letzte Konsequenz einer internationalen<br />
Öffnung fehlt allerdings häufig<br />
noch.
Vision Stadionbau<br />
Zukünftige Planungs- <strong>und</strong> Kosteneinflüsse<br />
im Stadionbau<br />
Anlässlich der Fußball-WM 2006 wurden<br />
in Deutschland eine Vielzahl von Stadien<br />
neu bzw. umgebaut. Der oberklassige<br />
Fußball erhielt damit innerhalb weniger<br />
Jahre eine hochwertige Stadionlandschaft,<br />
die im internationalen Vergleich<br />
ihresgleichen sucht. Auch die Baumaßnahmen<br />
an den „Stadien der zweiten Generation“<br />
werden in naher Zukunft weitgehend<br />
abgeschlossen sein.<br />
Weitere Neu- oder Umbaumaßnahmen sowie<br />
Ergänzungen zu bestehenden Stadionstrukturen<br />
werden folgen. Da der Lebenszyklus<br />
der Fußballstadien im Allgemeinen<br />
circa 25 bis 30 Jahre beträgt, beschäftigt<br />
sich dieser Ausblick mit der<br />
Frage, wie Fußballstadien in 30 bis 40<br />
Jahren aussehen könnten – zu einer Zeit,<br />
in der sich Deutschland in vielerlei Hinsicht<br />
verändert haben wird. Diese Verän-<br />
derungen sollten daher schon heute ins<br />
Auge gefasst werden, damit sie Gr<strong>und</strong>lage<br />
jeder zukünftigen Bauplanung sein können.<br />
Wie mag das Stadion der Zukunft aussehen?<br />
„Quadratisch, englisch, gut“ – oder<br />
wie ein Rondell nach dem Vorbild des<br />
2000 Jahre alten Kolosseums? Dies bestimmen<br />
zu wollen wäre einerseits vermessen,<br />
andererseits irreführend. Denn<br />
unabhängig von seiner architektonischen<br />
Gestaltung muss das Stadion der Zukunft<br />
vor allem eines sein: funktional. Im<br />
Vordergr<strong>und</strong> der Überlegungen stehen daher<br />
eine Reihe von Faktoren, die für die<br />
Funktionalität eines Bauwerks maßgeblich<br />
sind, sowie deren Einfluss auf zukünftige<br />
Kosten <strong>und</strong> Planungen.<br />
Sport bedeutet bekanntlich nicht nur Fußball<br />
oder Olympia. Andererseits besuchen<br />
auch weniger sportbegeisterte Menschen<br />
gerne Großveranstaltungen. Die in der<br />
Folge dargestellten Einflussfaktoren sind<br />
deshalb auch für die Planung anderer<br />
Sport- <strong>und</strong> Veranstaltungsstätten von Belang.<br />
Die Standortfrage einer Stadionprojektentwicklung,<br />
die Einbindung von Shoppingzentren,<br />
Hotels oder Wohnkomplexen,<br />
der Zweck des Stadions, z. B. die<br />
Revitalisierung oder die Neugründung eines<br />
Stadtteils, sowie weitere Fragestellungen<br />
sollen in der Folge ebenso wenig betrachtet<br />
werden wie die aus einem Neuoder<br />
Umbau resultierenden Anforderungen<br />
an Nah- <strong>und</strong> Fernverkehrsinfrastrukturen,<br />
Tourismus <strong>und</strong> Logistik. Auch Finanzierungsfragen<br />
oder die Einschätzung<br />
der zukünftigen Investitions- oder Beteiligungsbereitschaft<br />
der Politik werden an<br />
dieser Stelle nicht untersucht. Es geht<br />
vielmehr um die „weichen“ Einflussfaktoren,<br />
die zukünftig die Planung <strong>und</strong> Kostenzusammensetzung<br />
eines Stadionprojekts<br />
beeinflussen.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
35
1 Gesellschaftliche Einflüsse<br />
1.1 Demografische Entwicklung<br />
Die Relation zwischen Alt <strong>und</strong> Jung wird<br />
sich in Zukunft stark verändern. Nach Angaben<br />
des Statistischen B<strong>und</strong>esamts waren<br />
am Ende des Jahres 2005 noch 20 %<br />
der Bevölkerung jünger als 20 Jahre. Auf<br />
die über 65-Jährigen entfielen 19 %. Die<br />
mit 61 % weitaus größte Gruppe bestand<br />
aus Personen im sogenannten Erwerbsalter<br />
zwischen 20 <strong>und</strong> 65 Jahren. Im Jahr<br />
2050 wird dagegen nur etwa die Hälfte der<br />
Bevölkerung im Erwerbsalter stehen,<br />
33 % werden 65 Jahre oder älter <strong>und</strong> nur<br />
circa 15 % unter 20 Jahre alt sein.<br />
In den kommenden 40 Jahren wird sich<br />
der Anteil der über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung<br />
verdoppeln. Das Durchschnittsalter<br />
der Bevölkerung wird von<br />
43 auf circa 50 Jahre ansteigen.<br />
Die Geburtenrate wird laut Statistischem<br />
B<strong>und</strong>esamt in den kommenden 40 Jahren<br />
auf niedrigem Niveau stagnieren, sodass<br />
die Zahl der Gesamtbevölkerung um circa<br />
10 Mio. Einwohner zurückgehen wird.<br />
Gleichzeitig ist ein weiterer Anstieg der<br />
Lebenserwartung um sieben Jahre zu erwarten.<br />
In der Mitte des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
werden in Deutschland also deutlich weniger<br />
<strong>und</strong> deutlich ältere Menschen leben<br />
als heute.<br />
36<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
VISION STADIONBAU<br />
Bevölkerung nach Altersgruppen im Jahr 2005<br />
(in Millionen <strong>und</strong> Prozent der Gesamtbevölkerung)<br />
15,9 (19%)<br />
50,1 (61%)<br />
16,5 (20%)<br />
Demografische Entwicklung<br />
65 Jahre<br />
<strong>und</strong> älter<br />
20 bis unter<br />
65 Jahre<br />
0 bis unter<br />
20 Jahre<br />
Bevölkerung nach Altersgruppen im Jahr 2050<br />
(in Millionen <strong>und</strong> Prozent der Gesamtbevölkerung)<br />
22,9 (33%)<br />
35,5 (52%)<br />
10,4 (15%)<br />
800 400 00 400 800<br />
800 400 00 400 800<br />
Tausend Personen Tausend Personen<br />
(Variante: „mittlere” Bevölkerung, Untergrenze)<br />
Quelle: Bevölkerung Deutschlands bis 2050/11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Statistischen B<strong>und</strong>esamts<br />
Alter<br />
55<br />
53<br />
51<br />
49<br />
47<br />
45<br />
43<br />
41<br />
39<br />
Durchschnittliches Alter der Bevölkerung<br />
„mittlere” Bevölkerung<br />
Untergrenze<br />
„mittlere” Bevölkerung<br />
Obergrenze<br />
0<br />
0<br />
1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Ab 2006 Ergebnisse der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung<br />
(Varianten: „mittlere” Bevölkerung, Untergrenze <strong>und</strong> Obergrenze)<br />
Quelle: Bevölkerung Deutschlands bis 2050 / 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
Quelle: des Statistischen Bevölkerung B<strong>und</strong>esamts Deutschlands bis 2050/11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Statistischen B<strong>und</strong>esamts<br />
55<br />
53<br />
51<br />
49<br />
47<br />
45<br />
43<br />
41<br />
39<br />
Grafik 21<br />
Grafik 22
Soll das älter werdende Publikum weiterhin<br />
das Live-Erlebnis im Stadion genießen<br />
können, muss die Barrierefreiheit in Zukunft<br />
sehr viel stärker in die Planung einbezogen<br />
werden, als dies heute der Fall ist<br />
(z. B. durch die Erschließung der Oberränge<br />
durch Rampen anstelle von Treppen<br />
oder, wenn finanzierbar, durch den Einbau<br />
von Aufzügen etc.).<br />
Millionen<br />
85<br />
80<br />
75<br />
70<br />
65<br />
VISION STADIONBAU<br />
Hinzu kommt: Selbst wenn das Sportinteresse<br />
<strong>und</strong> das Verhältnis von Durchschnittseinkommen<br />
zu Eintrittspreisen<br />
unverändert bleiben, wird der Kapazitätsbedarf<br />
tendenziell sinken – es sei denn, es<br />
gäbe einen unerwartet hohen Anteil an<br />
Sportbegeisterten unter den prognostizierten<br />
Zuwanderern. Außerdem werden<br />
die veränderten Zuschauerstrukturen voraussichtlich<br />
zu völlig neuen Komfort<strong>und</strong>/oder<br />
Sicherheitsanforderungen führen.<br />
Entwicklung der Bevölkerungszahl in Deutschland<br />
„mittlere” Bevölkerung<br />
Obergrenze<br />
„mittlere” Bevölkerung<br />
Untergrenze<br />
0<br />
0<br />
1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Ab 2006 Ergebnisse der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung<br />
(Varianten: „mittlere” Bevölkerung, Untergrenze <strong>und</strong> Obergrenze)<br />
Quelle: Bevölkerung Deutschlands bis 2050 / 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
Quelle: des Statistischen Bevölkerung B<strong>und</strong>esamts Deutschlands bis 2050/11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Statistischen B<strong>und</strong>esamts<br />
85<br />
80<br />
75<br />
70<br />
65<br />
Grafik 23<br />
1.2 Sicherheitsanforderungen aufgr<strong>und</strong><br />
von Terror <strong>und</strong>/oder „Hooliganismus“<br />
Bis heute sind Sportgroßveranstaltungen<br />
weitestgehend von politisch motivierten<br />
Terroranschlägen verschont geblieben. Es<br />
bleibt zu hoffen, dass sich daran auch in<br />
Zukunft nichts ändern wird. Dennoch verlangen<br />
die Entwicklungen seit der Jahrtausendwende,<br />
der Terrorgefahr auch im<br />
Sportstättenbau <strong>und</strong> -betrieb mit gesteigerter<br />
Aufmerksamkeit zu begegnen. Die<br />
Gefahreneinstufung seitens der Sicherheitsbehörden,<br />
die Sicherheitsmaßnahmen<br />
bis hin zur Veranstaltungsabsage<br />
nach sich ziehen kann, ist <strong>und</strong> bleibt eine<br />
wichtige Gr<strong>und</strong>lage der Gefahrenminderung.<br />
Der Schutz der Stadionbesucher<br />
kann darüber hinaus durch organisatorische<br />
<strong>und</strong> bauliche Maßnahmen verbessert<br />
werden.<br />
Die Herstellung eines oder mehrerer geschlossener<br />
Stadionringe ist ein wirksames<br />
Mittel, um unkontrollierte Zutritte<br />
von Fans <strong>und</strong> an der Organisation Beteiligten<br />
zu verhindern. Bei der Fußball-WM<br />
2006 z. B. kamen Zaunanlagen als äußere<br />
<strong>und</strong> innere Sicherheitsringe zum Einsatz.<br />
Die Kontrolle persönlicher Daten beim<br />
Erwerb der Eintrittskarten war ein weiterer<br />
Schlüssel zum friedvollen Ausgang<br />
der WM.<br />
Sicherheitsringe erfordern bestimmte bauliche<br />
Voraussetzungen, wie z. B. effektive<br />
Zutrittskontrollanlagen. Zusätzlich muss<br />
sichergestellt sein, dass geschulte Sicherheits-<br />
<strong>und</strong> Ordnungskräfte im Zusammenspiel<br />
mit der Polizei <strong>und</strong> den Behörden<br />
umgehend auf eine sich ändernde Gefahrenlage<br />
reagieren können.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
37
Diese wichtige Schnittstelle zwischen<br />
baulichen <strong>und</strong> organisatorischen Maßnahmen<br />
ist auch für die Ermittlung gewaltbereiter<br />
„Fußballfans“ <strong>und</strong> den Umgang<br />
mit ihnen wichtig. Bei der Absicherung<br />
der Stadienumfelder, Gästefan-Sektoren,<br />
Anreisewege <strong>und</strong> Innenräume bedarf es<br />
klarer Verantwortlichkeiten, Hierarchien<br />
<strong>und</strong> regelmäßiger Abstimmungstermine<br />
zwischen Sicherheitsverantwortlichen <strong>und</strong><br />
Stadionplanern. Nur so kann dafür gesorgt<br />
werden, dass die Stadionbesucher<br />
höchstmögliche Sicherheit genießen, andererseits<br />
aber nicht den Eindruck gewinnen,<br />
sie erklömmen eine Festung. Schließlich<br />
ist der Besuch der Veranstaltung für<br />
99 % der Besucher ein Freizeitvergnügen<br />
<strong>und</strong> soll dies auch bleiben. Unzufriedenheit<br />
mit den Ordnungshütern oder dem<br />
Bauwerk sollte möglichst nicht entstehen,<br />
da sie das Vergnügen auf Dauer mindert.<br />
Neben bedarfsgerechten Sicherheitsleitstellen<br />
<strong>und</strong> Beschallungsanlagen (für sicherheitsrelevante<br />
Durchsagen oder auch<br />
zur Unterhaltung) bleiben unauffällig<br />
funktionierende <strong>und</strong> flächendeckende Videoüberwachungsanlagen<br />
leider immer<br />
noch unabdingbar, wenn man die Stadionbesucher<br />
vor Gewaltausbrüchen Einzelner<br />
oder von Gruppen schützen möchte. Die<br />
Einbindung der Sicherheitsbehörden<br />
während der Planungsphase sollte bereits<br />
heute eine Selbstverständlichkeit sein.<br />
38<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
VISION STADIONBAU<br />
Des Weiteren muss bei der Planung beachtet<br />
werden, dass bauphysikalisch sensible<br />
Bereiche eines Stadions nicht frei<br />
zugänglich sind. Im aktuellen Ligaspielbetrieb<br />
kann man noch Dach- oder Oberrangkonstruktionen<br />
entdecken, deren Lasten<br />
über die Konstruktion außerhalb jeglicher<br />
Absperrungen in den Baugr<strong>und</strong> abgetragen<br />
werden <strong>und</strong> frei zugängliche Angriffspunkte<br />
bieten, die womöglich erst<br />
die Fantasie potenzieller Gewalttäter anregen.<br />
Nach heutiger Einschätzung werden die<br />
Olympischen Sommerspiele 2012 in London<br />
die vorerst größte Bewährungsprobe<br />
für die bislang kaum wahrgenommene<br />
Terrorprävention im Sportveranstaltungsbetrieb<br />
sein.<br />
Abgesehen von der Tatsache, dass Gewalt<br />
in Fußballstadien den Freizeitwert für die<br />
Besucher mindert, stellt sie ein erhebliches<br />
wirtschaftliches Risiko dar. Darauf<br />
soll an späterer Stelle noch genauer eingegangen<br />
werden.<br />
2 Soziologische Faktoren<br />
2.1 Konsumverhalten von VIP-K<strong>und</strong>en<br />
Hospitality-Flächen werden spätestens<br />
alle zehn Jahre renoviert, modernisiert<br />
oder modifiziert, um gewohnte Standards<br />
zu halten, Gewöhnungseffekten vorzubeugen<br />
oder den zahlungskräftigsten<br />
K<strong>und</strong>en „regelmäßig“ neue Anreize zu<br />
bieten. Der Fußball sollte darauf bedacht<br />
sein, zukünftig eine Vorreiterrolle zu spielen<br />
<strong>und</strong> innovative Entwicklungen zum<br />
Beispiel nicht einfach Hallen-, Golf- oder<br />
Segelsportarten zu überlassen.<br />
In ihrer Raumkonzeption sollten Hospitality-Flächen<br />
so flexibel wie möglich gestaltet<br />
werden. Nutzungskonzepte sollten<br />
möglichst innerhalb des Zeitraums einer<br />
Sommerpause kostengünstig <strong>und</strong> mit verhältnismäßig<br />
geringem Aufwand neuen<br />
Anforderungen angepasst werden können.<br />
Momentan werden vormals „vornehmere“<br />
Ausstattungen eher in Richtung einer exklusiven<br />
„Kneipenatmosphäre“ umgestaltet.<br />
Eine weniger steife Atmosphäre soll<br />
helfen, den Austausch „B2B“ unkomplizierter<br />
zu gestalten bzw. den Freizeitwert<br />
einer Geschäftseinladung <strong>und</strong> somit deren<br />
Nutzen zu steigern. Warum auch sollte<br />
versucht werden, ausgerechnet im Stadion<br />
ein Ambiente zu kreieren, das der K<strong>und</strong>e<br />
an anderer Stelle oder zu Hause weitaus<br />
exklusiver erlebt?
Allmählich hält der volkstümliche Aspekt<br />
einer Fußballveranstaltung auch in die<br />
Hospitality-Flächen Einzug. Die UEFA<br />
bzw. ihre Sponsoren verfolgen vergleichbare<br />
Entwicklungen bereits im Rahmen<br />
der Europameisterschaften.<br />
Dessen ungeachtet ist davon auszugehen,<br />
dass der Anspruch an kurze Anfahrtszeiten<br />
<strong>und</strong> -wege steigen wird <strong>und</strong> dass die<br />
schnelle <strong>und</strong> bequeme Erreichbarkeit des<br />
Sitzplatzes innerhalb der Stadionanlage<br />
sogar ein wesentliches Entscheidungskriterium<br />
für oder gegen den Kauf eines VIP-<br />
Pakets sein wird.<br />
Eine exklusive <strong>und</strong> gleichzeitig gelöste<br />
Freizeitatmosphäre, verb<strong>und</strong>en mit hohem<br />
Komfort, stellt den größten Kaufanreiz<br />
für den VIP-K<strong>und</strong>en dar. Kurze Wegstrecken<br />
müssen daher in Zukunft stärker<br />
denn je in der Planung von VIP-Bereichen<br />
berücksichtigt werden.<br />
2.2 Konsumverhalten der Zuschauer/<br />
„Non-VIP-K<strong>und</strong>en“<br />
Ist der heutige Stadionbesucher – aus alter<br />
Gewohnheit – noch gewillt, sich in der<br />
Halbzeit ein Getränk zu „erkämpfen“,<br />
wird sich im Zuge steigender Komfortansprüche<br />
neben dem steigendem Einsatz<br />
mobiler <strong>und</strong> temporärer Verkaufsstände in<br />
verstärktem Maß das sogenannte „Hawking-Modell“<br />
(Verkauf von Speisen <strong>und</strong><br />
Getränken mithilfe eines Rucksacks oder<br />
Bauchladens) durchsetzen. Im Vergleich<br />
zu den Vereinigten Staaten erscheint es<br />
verw<strong>und</strong>erlich, dass in hiesigen Stadien<br />
noch immer wenige derartige Bauchladenverkäufer<br />
agieren <strong>und</strong> sich diese auf<br />
Eis, Brezeln <strong>und</strong> Cola beschränken.<br />
Millionen<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
VISION STADIONBAU<br />
Ab 2006 Ergebnisse der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung<br />
(Variante: „mittlere” Bevölkerung, Untergrenze)<br />
Quelle: Bevölkerung Deutschlands bis 2050 / 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
Quelle: des Statistischen Bevölkerung B<strong>und</strong>esamts Deutschlands bis 2050/11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Statistischen B<strong>und</strong>esamts<br />
Das Stadionbier an der Wurstbude scheint<br />
trotz des beschleunigten Verkaufs mithilfe<br />
des „Electronic Payments“ ein Auslaufmodell<br />
zu sein. Die Bedienung am Platz<br />
wird zukünftig andere Dimensionen erreichen:<br />
Der Besucher wird vermutlich in<br />
größerem Maß Getränke, Speisen oder<br />
auch Informationen über seinen PDA, ein<br />
Handy oder ein anderes Kommunikationsgerät<br />
bestellen, am Platz in Empfang<br />
nehmen <strong>und</strong> abrechnen können.<br />
Des Weiteren ist zu beachten, dass die<br />
Fußballbegeisterung unter Frauen in letzter<br />
Zeit deutlich zugenommen hat – unter<br />
anderem auch aufgr<strong>und</strong> des größeren<br />
Event-Charakters der Veranstaltungen. So<br />
ist der Anteil der weiblichen Zuschauer<br />
bei einem B<strong>und</strong>esligaspiel – abhängig von<br />
Stadion <strong>und</strong> Verein – stetig gestiegen. Geschlechtsspezifische<br />
Bedürfnisse, z. B. in<br />
Bezug auf sanitäre Anlagen, müssten theoretisch<br />
schon aufgr<strong>und</strong> der Versammlungsstättenverordnung<br />
beachtet worden<br />
sein. Jedoch lässt sich feststellen, dass sogar<br />
einige der neu gebauten Spielstätten in<br />
dieser Hinsicht Nachholbedarf aufweisen.<br />
Unter 20-Jährige nach Altersgruppen<br />
0- bis unter 6-Jährige<br />
10- bis unter 16-Jährige<br />
16- bis unter 20-Jährige<br />
6- bis unter 10-Jährige<br />
0<br />
0<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Sollen Frauen – eine Zuschauergruppe,<br />
die womöglich die größten Wachstumspotenziale<br />
aufweist – langfristig als K<strong>und</strong>innen<br />
gewonnen werden, werden Stadionplaner<br />
vermehrt geschlechtsspezifische<br />
Komfortansprüche berücksichtigen müssen.<br />
Die Zahl der Kinder, Jugendlichen <strong>und</strong><br />
jungen Erwachsenen unter 20 Jahren wird<br />
schon 2010 um fast 10 % niedriger sein<br />
als heute <strong>und</strong> in den folgenden Jahren<br />
noch stärker abnehmen. Die Zahl der Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen im Betreuungs- <strong>und</strong><br />
Schulalter sinkt ebenso wie die der jungen<br />
Menschen im Auszubildendenalter. Der<br />
Anteil der Zehn- bis 20-Jährigen an der<br />
Gesamtbevölkerung wird von heute circa<br />
zehn Millionen um r<strong>und</strong> 40 % auf ungefähr<br />
fünf bis sechs Millionen Menschen<br />
sinken. Im ausbildungsrelevanten Alter<br />
von 16 bis 20 Jahren befinden sich heute<br />
knapp vier Millionen Menschen. 2020<br />
werden es bereits unter drei Millionen<br />
sein.<br />
Betrachtet man den großen Anteil junger<br />
Menschen an den K<strong>und</strong>en mit Stehplatzdauerkarten,<br />
müsste der Bedarf an Stehplätzen<br />
in Zukunft also tendenziell zurückgehen.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
Grafik 24<br />
39
2.3 Radikale „Fußballanhänger“<br />
In Anbetracht neuerer Entwicklungen in<br />
Italien <strong>und</strong> anderer Ligen in Europa müssen<br />
der Hooliganismus <strong>und</strong> Rechtsradikalismus<br />
als eine der größten Gefahren für<br />
den Fortbestand eines in sportlicher <strong>und</strong><br />
wirtschaftlicher Hinsicht prosperierenden<br />
Fußballs betrachtet werden.<br />
Der professionelle Fußball wird angesichts<br />
dieses Problems in Zukunft immer<br />
wieder auf dem Prüfstand stehen <strong>und</strong> hat<br />
es gemeinsam mit den Fans im ober- <strong>und</strong><br />
unterklassigen Spielbetrieb zu meistern.<br />
Jedwede Toleranz oder gar Protektion<br />
rechtsradikaler oder gewalttätiger Auswüchse<br />
vonseiten der Fans, Vereine, Verbände<br />
oder der Politik kann das Übel nur<br />
vorübergehend verdecken. Wirtschaftlich<br />
betrachtet werden Gewalttaten mittelfristige<br />
Einbußen in den Bereichen Ticketing,<br />
Hospitality, Vermarktung <strong>und</strong> letztlich<br />
in der nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />
B<strong>und</strong>esliga-Wertigkeit zur Folge haben.<br />
In Großbritannien konnte eine der negativen<br />
Folgen von Hooliganismus, nämlich<br />
der stetige Rückgang von Zuschauerzahlen,<br />
abgewendet werden. Dies gelang<br />
durch eine konsequente Verfolgung der<br />
Gewalttäter <strong>und</strong> insbesondere durch die<br />
Erhöhung der Sicherheitsstandards in den<br />
Stadien. Des Weiteren trug die personalisierte<br />
Kartenvergabe nebst einer hochpreisigen<br />
(international jedoch kaum<br />
durchsetzbaren) Eintrittskartenpolitik<br />
dazu bei, dass englische Fußballspiele<br />
insbesondere in der Premier League bei<br />
Weitem nicht mehr das Gewaltpotenzial<br />
der 1980er-Jahre aufweisen.<br />
40<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
VISION STADIONBAU<br />
Durchschnittlicher Zuschauerbesuch/Ligaspiel in der Serie A<br />
35.000<br />
30.000<br />
25.000<br />
20.000<br />
15.000<br />
Quelle: EY-Research<br />
31.100 30.800<br />
29.900<br />
29.400<br />
26.000<br />
Der italienische Fußball hingegen verzeichnete<br />
zwischen 1998 <strong>und</strong> 2005, also<br />
bereits vor den Betrugsskandalen der zurückliegenden<br />
Spielzeiten, einen Rückgang<br />
der Stadionbesucher um knapp<br />
20 %. Die Alterung der Stadien, der sinkende<br />
Komfort <strong>und</strong> der zunehmende Hooliganismus<br />
können als maßgebliche Ursachen<br />
für diese Entwicklung angesehen<br />
werden. Nach den Betrugsskandalen <strong>und</strong><br />
dem Abstieg des Zuschauermagneten Juventus<br />
Turin verringerte sich der Zuschauerandrang<br />
binnen zweier Spielzeiten um<br />
weitere 30 %. Ob sich die aktuelle Anpassung<br />
der Sicherheitsstandards positiv auf<br />
den Zuschauerzuspruch auswirken wird,<br />
bleibt abzuwarten. Die Tifosi haben sich<br />
zwischenzeitlich gemütlich zu Hause vor<br />
den Bildschirmen eingerichtet.<br />
25.500<br />
25.700<br />
25.800<br />
22.500<br />
18.200<br />
1997/98<br />
1998/99<br />
1999/00<br />
2000/01<br />
2001/02<br />
2002/03<br />
2003/04<br />
2004/05<br />
2005/06<br />
2006/07<br />
Grafik 25<br />
Nicht erst seit der vergangenen Weltmeisterschaft<br />
dürfte allen Beteiligten bewusst<br />
sein, wie sehr der Fußball von der<br />
begeisterten Atmosphäre im Stadion <strong>und</strong><br />
einer positiven Berichterstattung profitiert<br />
– sowohl kurz- als auch mittelfristig.<br />
Zu Zeiten, in denen Privatspiele, ehedem<br />
als „Fre<strong>und</strong>schaftsspiele“ bekannt, aufgr<strong>und</strong><br />
des hohen Gewaltpotenzials der<br />
Gastvereine abgesagt werden, muss nicht<br />
zuletzt aus ökonomischen Gründen alles<br />
daran gesetzt werden, unbequeme Wahrheiten<br />
stets umgehend zu benennen <strong>und</strong><br />
langfristige Fehlentwicklungen im Keim<br />
zu ersticken.
Zukünftig erforderliche Kapazitäten eines<br />
Fußballstadions werden in einem engen<br />
Zusammenhang mit der erfolgreichen<br />
Eingrenzung von Gewalt im Fußball bzw.<br />
mit der erfolgreichen Bekämpfung des<br />
Rassismus in den Stadien stehen.<br />
Insbesondere die kommenden beiden Europameisterschaften<br />
werden den Erfolg<br />
oder Misserfolg nationaler <strong>und</strong> internationaler<br />
Bemühungen zur Ausgrenzung von<br />
Gewalt <strong>und</strong> Radikalismus offenbaren.<br />
2.4 Die gesellschaftliche Bedeutung des<br />
Fußballs im Vergleich zu anderen Sportarten<br />
<strong>und</strong> die Entwicklung des kommerziellen<br />
Fußballs<br />
Momentan erscheint es vollkommen abwegig,<br />
dass der Fußball in Deutschland jemals<br />
eine weniger prominente Rolle einnehmen<br />
könnte. Doch seine jahrzehntelange<br />
Vorherrschaft im Sportbereich bietet<br />
keine Garantie für die Zukunft. Der<br />
Fußball gewinnt gerade aus seiner Tradition<br />
<strong>und</strong> Emotion die größte Wertschöpfung<br />
in der Vermarktungskette. Umso größer<br />
können sich langfristig wirtschaftliche<br />
Risiken darstellen, wenn an diesen<br />
Stellschrauben unbedacht gedreht wird.<br />
Der Präsident des Deutschen Fußballb<strong>und</strong>es,<br />
Dr. Theo Zwanziger, hat bereits auf<br />
die Grenzen des Kommerzes hingewiesen.<br />
Kurzfristige Gewinne Einzelner dürften<br />
nicht das stetige <strong>und</strong> langfristige<br />
Wachstum <strong>und</strong> damit die Zukunft des gesamten<br />
Sports gefährden.<br />
VISION STADIONBAU<br />
Die breite Masse des Publikums wird darüber<br />
entscheiden, ob es auf kommerzielle<br />
Entwicklungen mit Akzeptanz oder ab einem<br />
Punkt x mit Abwesenheit reagiert.<br />
Die Nachfrage der Fußballfans bzw. Konsumenten<br />
wirkt sich auch auf den zukünftigen<br />
Bedarf an Stadionbauten <strong>und</strong> deren<br />
erforderliche Kapazitäten aus – zumal der<br />
professionelle Fußball eine Monopolstellung<br />
innehat, sodass Fans als gleichzeitige<br />
„K<strong>und</strong>en“ <strong>und</strong> nicht einfach den „Anbieter“<br />
wechseln, sondern eher dem Fußball<br />
den Rücken kehren würden.<br />
Die Vergrößerung der Trainer- <strong>und</strong> Betreuerstäbe,<br />
eine noch relativ junge Entwicklung<br />
im professionellen Fußball,<br />
wird zu einer Zunahme räumlicher Anforderungen<br />
im Stadion führen. Neben zusätzlich<br />
eventuell erforderlichen Lagermöglichkeiten<br />
für aufwärm- <strong>und</strong> trainingsspezifisches<br />
Equipment, werden<br />
gleichfalls die Anforderungen an die Zahl<br />
der Trainerumkleiden oder Besprechungsräume<br />
wachsen.<br />
Des Weiteren wurde in den WM-Stadien<br />
ein zusätzlicher Bedarf im Bereich der<br />
Entmüdungsbecken festgestellt. Das Wasser<br />
wurden von Teilen der Nationalmannschaften<br />
aufgr<strong>und</strong> sportmedizinischer Bedürfnisse<br />
nicht beheizt, sondern auf sieben<br />
bis zehn Grad Celsius abgekühlt. Dieser<br />
Umstand fand in den meisten Fällen im<br />
Planungsvorfeld keine Berücksichtigung,<br />
sodass die Becken jeweils an den Spieltagen,<br />
teilweise auch im Vorlauf einer Trainingseinheit,<br />
mithilfe von Eiswürfeln abgekühlt<br />
wurden.<br />
In Zukunft werden sporttechnische bzw.<br />
mannschaftsspezifische Einrichtungen noch<br />
mehr an Bedeutung gewinnen, sodass z. B.<br />
die wachsenden Trainer- <strong>und</strong> Betreuerstäbe<br />
Platz in unmittelbarer Nähe ihrer Mannschaft<br />
finden werden oder auch die Abkühlung<br />
der Räume oder Wasserbecken in vereinfachtem<br />
Maß möglich sein wird.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
41
3 Umwelt, Ressourcen, Baukosten<br />
3.1 Klimawandel<br />
Die unmittelbaren Folgen des Klimawandels<br />
sowie neue Ansätze in der europäischen<br />
<strong>und</strong> nationalen Klimapolitik werden<br />
sich außer auf den täglichen Lebenswandel<br />
in Deutschland auch auf den Bausektor<br />
auswirken. Dies gilt in gleichem<br />
Maß für den Stadionbau. Die nachstehend<br />
zitierten Prognosen entstammen dem aktuellen<br />
Sachstandsbericht 2007 des Intergovernmental<br />
Panel on Climate Change<br />
(IPCC), das Ende der 1980er-Jahre von<br />
der World Meteorological Organization<br />
(WMO) <strong>und</strong> vom United Nations Environment<br />
Programme (UNEP) gegründet<br />
wurde. Die Berichte dieses Gremiums<br />
stellen den letzten international akzeptierten<br />
Kenntnisstand in der Klimaforschung<br />
dar. Die Veröffentlichung des IPCC-Sachstandsberichts<br />
2007 bildet auch die<br />
Gr<strong>und</strong>lage für die seit Anfang des Jahres<br />
erheblich ernstere Diskussion über die<br />
Folgen des Klimawandels im neuen Jahrtausend.<br />
42<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
VISION STADIONBAU<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Frosttage<br />
Heiße<br />
Tage<br />
Klimawandel<br />
Kenntage Berlin/Dahlem Kenntage Freiburg im Breisgau<br />
Tropennächte<br />
1961/1990<br />
2071/2100<br />
Frosttage<br />
Veränderung der Zahl der<br />
Frosttage (Minimumtemperatur < 0 °C),<br />
heißen Tage (Maximumtemperatur > 30 °C) <strong>und</strong><br />
Tropennächte (Minimumtemperatur > 20 °C)<br />
für die Jahre 2071–2100 gegenüber dem Vergleichszeitraum 1961–90 in<br />
a) Berlin-Dahlem<br />
b) Freiburg im Breisgau<br />
Quelle: Umweltb<strong>und</strong>esamt<br />
Heiße<br />
Tage<br />
Tropennächte<br />
Grafik 26
Quelle: Umweltb<strong>und</strong>esamt<br />
VISION STADIONBAU<br />
Prozentuale Änderung zwischen dem Zeitraum 2071–2100 <strong>und</strong><br />
dem Zeitraum 1961–1990 für ein vergleichsweise niedriges Emissionsszenario<br />
Niederschlag im Sommer im Flächenmittel:<br />
Abnahme des sommerlichen Niederschlags um 17,7 %<br />
bis Ende des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
Im Bereich des konventionellen Stadionbaus<br />
machen die Kosten einer Dachkonstruktion<br />
bislang durchschnittlich circa<br />
20 % der Gesamtinvestition aus. Kann auf<br />
diese Position zukünftig eventuell verzichtet<br />
werden, da aufgr<strong>und</strong> des Klimawandels<br />
die Niederschlagshäufigkeit radikal<br />
abnimmt? Vermutlich nicht – eher<br />
im Gegenteil.<br />
Betrachtet man die Prognosen der Klimaforscher<br />
für Deutschland, so werden extreme<br />
Wetterereignisse zukünftig eher zuals<br />
abnehmen. Häufigere <strong>und</strong> zugleich extremere<br />
Niederschläge erfordern in einem<br />
höheren Maß überdachte Zuschauertribünen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des prognostizierten Anstiegs<br />
der Temperatur wird zudem der Bedarf<br />
an Schattenplätzen zunehmen – nach<br />
den Vorhersagen des UN-Klimagremiums<br />
Niederschlag im Winter im Flächenmittel:<br />
Zunahme des winterlichen Niederschlags um 19,0 %<br />
bis Ende des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
-90,0 -70,0 -50,0 -30,0 -10,0 10,0 30,0 50,0 70,0 90,0 (%) -90,0 -70,0 -50,0 -30,0 -10,0 10,0 30,0 50,0 70,0 90,0 (%)<br />
soll es in Deutschland zukünftig deutlich<br />
mehr Sommer- (+ 25 °C) <strong>und</strong> heiße Tage<br />
(+ 30 °C) geben.<br />
Möchte man den Stadionbesuchern weiterhin<br />
den gewohnten Komfort bieten <strong>und</strong><br />
das Niveau der Eintrittspreise halten, wird<br />
der zukünftige Standard im höherklassigen<br />
Fußball nach wie vor das komplett<br />
überdachte Stadion sein.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
Grafik 27<br />
43
Mit wachsender Niederschlagswahrscheinlichkeit<br />
<strong>und</strong> -intensität wird eine<br />
Zunahme der Windstärke bei extremen<br />
Wetterereignissen erwartet. Die Statik von<br />
Bauwerken, speziell von freitragenden<br />
Dachkonstruktionen, wird demnach in<br />
Zukunft größeren dynamischen Belastungen<br />
ausgesetzt sein.<br />
Die Anforderungen an die Standfestigkeit<br />
von Stadionbauten gegenüber orkanartigen<br />
Windlasten werden tendenziell steigen.<br />
Außerdem werden wegen bautechnischer<br />
<strong>und</strong> ökologischer Vorschriften verstärkt<br />
Dämmstoffe zum Einsatz kommen,<br />
die ebenfalls erhöhten Ansprüchen genügen<br />
müssen.<br />
Steigende Anforderungen, speziell statischer<br />
Natur, wirken sich naturgemäß auch<br />
auf den Preis einer Stadionkonstruktion<br />
aus.<br />
Während sich Niederschlag <strong>und</strong> Sonneneinstrahlung<br />
vornehmlich auf die Bauwerksanforderungen<br />
auswirken, wird der<br />
Temperaturanstieg in erster Linie Folgen<br />
für den Veranstaltungsbetrieb haben. Von<br />
den moderaten Annahmen des IPCC-Expertengremiums<br />
ausgehend, ist bis 2050<br />
je nach Wirtschaftswachstum, Technologie-<br />
<strong>und</strong> Emissionsentwicklung von einem<br />
Anstieg der Temperatur um etwa ein<br />
Grad Celsius auszugehen. Dieser Anstieg<br />
wird ökonomische Auswirkungen auf<br />
Fußballveranstaltungen haben.<br />
44<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
VISION STADIONBAU<br />
Temperaturänderung (˚C)<br />
+3<br />
+2<br />
+1<br />
0<br />
-1<br />
1950<br />
1969<br />
1970<br />
1980<br />
Quelle: Max-Planck-Institut für Meteorologie (Verlauf bei niedrigem Emissionsanstieg)<br />
Quelle: Bevölkerung Deutschlands bis 2050 / 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung<br />
des Statistischen B<strong>und</strong>esamts<br />
In Anbetracht des veränderten Freizeitverhaltens<br />
der Deutschen kann davon ausgegangen<br />
werden, dass das Bedürfnis<br />
nach (überdachten) Freiluftveranstaltungen<br />
auch in Zukunft weiter wachsen wird.<br />
Des Weiteren ist bereits heute zu beobachten,<br />
dass Fußballfans an warmen Spieltagen<br />
reger konsumieren als unter kälteren<br />
Witterungsbedingungen. Der Verein oder<br />
Stadionbetreiber darf zukünftig im Bereich<br />
des Caterings also eher Zuwächse<br />
erwarten.<br />
Große Stadien werden der temperaturbedingt<br />
steigenden Nachfrage nach Catering-Artikeln<br />
mit einer größeren Zahl an<br />
Verkaufsstellen oder sonstigen der zuvor<br />
beschriebenen Verkaufswege begegnen.<br />
Jahrestemperaturänderung<br />
1990<br />
2000<br />
2010<br />
Verlauf bei niedrigem<br />
Emissionsanstieg<br />
2020<br />
2030<br />
2040<br />
2050<br />
2060<br />
2070<br />
2080<br />
2090<br />
2100<br />
Grafik 28<br />
3.2 Ressourcen<br />
In der Investitionsanalyse für einen Stadionbau<br />
werden detaillierte Betriebskosten<br />
sowie Kosten der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
in Zukunft verstärkt ins Gewicht fallen.<br />
Strom<br />
Deutschland wird in Zukunft tendenziell<br />
noch stärker auf den Import von Erdöl <strong>und</strong><br />
Erdgas angewiesen sein als heute. Hiesige<br />
Primärenergiepreise werden daher weiterhin<br />
in hohem Maß von den Weltenergiemärkten<br />
bestimmt. Eine vor zwei Jahren<br />
angestellte Studie des Energiewirtschaftlichen<br />
Instituts der Universität zu Köln<br />
(im Auftrag des B<strong>und</strong>esministeriums für<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Arbeit) kommt zu folgendem<br />
Schluss: Die Erdöl- <strong>und</strong> Erdgaspreise
werden im Jahr 2030 doppelt so hoch sein<br />
wie in den 1990er-Jahren. Im Jahr 2005<br />
wurde für das Jahr 2030 noch ein Preis<br />
von 37 US-$/Barrel (Basis = 2000) prognostiziert.<br />
Der derzeitige Kurs schwankt<br />
allerdings bereits zwischen 75 <strong>und</strong> 80 US-$/<br />
Barrel. Für das Jahr 2007 wird ein Durchschnittspreis<br />
von 67 US-$/Barrel erwartet.<br />
Darüber hinaus dürften eine verschärfte<br />
Klimaschutzpolitik <strong>und</strong> potenzielle CO 2 -<br />
Aufschläge die Energiepreise weiter in die<br />
Höhe treiben. Dieser Effekt könnte allerdings<br />
abgewendet werden, wenn die Nutzung<br />
erneuerbarer Energien <strong>und</strong> die Förderung<br />
von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen<br />
in gleichem Maß zunehmen würden.<br />
Wie man es auch dreht <strong>und</strong> wendet: Die<br />
Kosten für die Energieversorgung eines<br />
konventionellen Stadions werden in Zukunft<br />
voraussichtlich deutlich steigen. Bei<br />
neuen Stadien wird die Bauweise sehr viel<br />
stärker ökologisch <strong>und</strong> damit ökonomisch<br />
ausgerichtet sein. Die Steuerung der Gebäudefunktionen<br />
über die Gebäudeleittechnik<br />
<strong>und</strong> die Gebäudedämmung werden<br />
sehr viel effizienter ausfallen, als dies<br />
heutzutage der Fall ist.<br />
Wasser & Abwasser<br />
Zurzeit unterliegt die Erhebung der Abwassergebühren<br />
strikt dem Kostendeckungsprinzip.<br />
Das heißt: Die Verbraucher<br />
tragen verursachungsgerecht die<br />
Kosten, die dem Entsorger für die Ableitung<br />
<strong>und</strong> Aufbereitung der Abwässer entstehen.<br />
In Zukunft wird es jedoch weniger<br />
VISION STADIONBAU<br />
Einwohner <strong>und</strong> damit weniger Endverbraucher<br />
geben. Gleichzeitig stehen aufwendige<br />
Instandsetzungsarbeiten an. So<br />
ist zu erwarten, dass die Kosten für die<br />
Trinkwasserversorgung <strong>und</strong> die Abwasserentsorgung<br />
in den kommenden 30 bis<br />
40 Jahren stärker ansteigen werden als die<br />
allgemeine Inflationsrate – es sei denn,<br />
der Staat übernimmt im Sinne der Bevölkerungsgr<strong>und</strong>versorgung<br />
zusätzliche Aufwendungen.<br />
Im Stadionbau wird die Regenwassernutzung<br />
eine wichtige betriebskostensenkende<br />
Lösung darstellen. Mithilfe groß<br />
dimensionierter Regenrückhaltebecken<br />
können unter anderem die für die Rasenerhaltung<br />
<strong>und</strong> -pflege erforderlichen hohen<br />
Wassermengen quasi in „eigener Produktion“<br />
gewonnen werden. Regenwasserbetriebene<br />
Spülanlagen oder wasserlose<br />
Urinale können zusätzlich dazu beitragen,<br />
die sanitäre Gebäudeausstattung<br />
zu verbessern bzw. Einsparungen zu erzielen.<br />
Bauliche Voraussetzung sind getrennte<br />
Rohrleitungssysteme für Regenwasser<br />
<strong>und</strong> Schmutzabwässer.<br />
Laut Angaben des Deutschen Städte- <strong>und</strong><br />
Gemeindeb<strong>und</strong>s weist Deutschland die<br />
weltweit höchste Abfallverwertungsquote<br />
auf. Einzelne Abfallsorten wie z. B. Verkaufsverpackungen,<br />
die in großer Menge<br />
auch im Stadionbetrieb anfallen, werden<br />
zurzeit mit einer Recyclingquote von<br />
80 % verwertet. Im Stadionbetrieb besteht<br />
allerdings noch Nachholbedarf bei der<br />
umweltgerechten Müllentsorgung. Dabei<br />
ließen sich durch konsequente Mülltrennung<br />
das Restmüllaufkommen <strong>und</strong> damit<br />
die Abfallgebühren deutlich senken. Der<br />
Aufwand für das Sammeln des Abfalls im<br />
Rahmen der Stadionreinigung ist ebenfalls<br />
ein nicht zu vernachlässigender, da<br />
personalintensiver Kostenfaktor.<br />
Müllsammelbehälter sollten in ausreichender<br />
Anzahl <strong>und</strong> in gut zugänglichen<br />
Bereichen aufgestellt werden. Es sollte<br />
eine fortwährende „Anleitung“ der Zuschauer<br />
zur Mülltrennung geben. Außerdem<br />
sollten die Stadionreinigung <strong>und</strong> Abfallsammlung<br />
schnell <strong>und</strong> effizient erfolgen.<br />
Deshalb ist darauf zu achten, dass in<br />
den Publikumsbereichen, vom Stadionumfeld<br />
bis zum Steh- <strong>und</strong> Sitzplatz, sämtliche<br />
Flächen einfach zu reinigen sind <strong>und</strong><br />
effektive Hilfsmittel kostengünstig zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Bei Nutzung adäquater Abfallkonzepte<br />
(vom Produzenten über den Verbraucher<br />
bis hin zum Entsorger) sind bei der Müllentsorgung<br />
zukünftig eher Einsparpotenziale<br />
als Mehrkostenfallen zu vermuten.<br />
3.3 Baukosten<br />
Unter dem Begriff „Baukosten“ sollen<br />
hier Einflussfaktoren erfasst werden, die<br />
bereits heute Aufschluss über zukünftige<br />
Preisentwicklungen geben. Politisch beeinflusste<br />
Mindestlohnfragen, schwankende<br />
Kosten bei der Einbindung von<br />
Fremdfirmen <strong>und</strong> Einflüsse verschiedener<br />
Vergabe- <strong>und</strong> Finanzierungsarten bleiben<br />
an dieser Stelle ebenso unberücksichtigt<br />
wie Konjunkturschwankungen, von denen<br />
die Bauindustrie erfahrungsgemäß besonders<br />
stark betroffen ist.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
45
Da zur Erzeugung vieler Baustoffe Rohöl<br />
erforderlich ist, kann man davon ausgehen,<br />
dass Bauen in Zukunft teurer wird.<br />
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie<br />
(HDB) verzeichnet deutlich gestiegene<br />
Baustoffpreise, darunter insbesondere<br />
für Stahl <strong>und</strong> Bitumen. Bei einem<br />
stark konstruktionslastigen Bau wie dem<br />
eines überdachten Stadions ist der Stahlpreis<br />
im Rahmen der Gesamtinvestition<br />
ein wichtiger Kostenfaktor.<br />
Für den Zeitraum 2004 bis 2008 prognostiziert<br />
die Canadian Imperial Bank of<br />
Commerce in ihrem „World Markets Steel<br />
Price Forecast“ einen Preisanstieg um<br />
20 %. Im Bausektor sind für die kommenden<br />
Jahre weitere Preissteigerungen bei<br />
gleicher Leistung zu erwarten. Gründe dafür<br />
sind neben den gestiegenen Materialkosten<br />
die wachsende Nachfrage in der<br />
Baubranche, eine aufgr<strong>und</strong> von Insolvenzen<br />
<strong>und</strong> Firmenzusammenschlüssen erfolgte<br />
Marktbereinigung, ein von Geschäftsverlagerungen<br />
beeinflusster Strukturwandel<br />
im Bausektor sowie der Bauboom<br />
auf dem Weltmarkt.<br />
Der Baupreisindex (BPI) des Statistischen<br />
B<strong>und</strong>esamts erfasst die von Bauherren<br />
tatsächlich gezahlten Baupreise. Demnach<br />
stiegen die Preise allein für Rohbauarbeiten<br />
im Zeitraum Mai 2006 bis Mai<br />
2007 um 8,1 %, allerdings vornehmlich<br />
aufgr<strong>und</strong> aktueller Konjunktureinflüsse.<br />
Da die Baukosten insgesamt steigen werden,<br />
wird auch der Stadionbau real teurer<br />
werden. Die Suche nach alternativen Baustoffen<br />
<strong>und</strong> Konstruktionsarten dürfte<br />
aufgr<strong>und</strong> wachsender Anforderungen<br />
aber nur bedingt eine Lösung darstellen.<br />
46<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
VISION STADIONBAU<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
500<br />
4 Gebäudestruktur <strong>und</strong> Stadiontechnik<br />
4.1 Veranstaltungsarten <strong>und</strong> Anforderungen<br />
an die Flexibilität einer Veranstaltungsstätte<br />
In der deutschen Stadion- <strong>und</strong> Arenenlandschaft<br />
finden mittlerweile eine Vielzahl<br />
von Veranstaltungen statt, die keinen<br />
rein sportlichen Charakter haben. Viele<br />
dieser Events werden in geschlossenen<br />
Arenen mit Kapazitäten von 10.000 bis<br />
20.000 Zuschauern aufgeführt. Doch nur<br />
wenige Veranstaltungen locken so viele<br />
Zuschauer an, dass sie auf weitere Bühnen<br />
wie zum Beispiel Sportstadien ausweichen<br />
müssten. Multifunktionsstadien mit<br />
Arenencharakter tun sich deshalb schwer,<br />
eine ausreichende Zahl von Events zu akquirieren,<br />
die zusätzliche Investitionen in<br />
eine Multifunktionalität wie z. B. eine<br />
schließbare Dachkonstruktion oder eine<br />
mobile „Rasenschublade“ rechtfertigen<br />
Average Long Products<br />
507<br />
2004 2005 2006 2007E 2008E<br />
Angaben in $ (Average Long Products erfassen u. a. Stahlträger, Bewehrungen etc.)<br />
Quelle: Canadian Imperial Bank of Commerce/World Markets Steel Price Forecast<br />
555<br />
613<br />
595<br />
Grafik 29<br />
würden. Konzert- oder Show-Veranstaltungen<br />
helfen zwar, den jährlichen Betrieb<br />
eines Stadions profitabler zu gestalten.<br />
Mehrinvestitionen in Höhe von bis zu<br />
30 Mio. € für ein mobiles Dach nebst<br />
Schublade lassen sich wirtschaftlich allerdings<br />
nicht begründen.<br />
Die reinen Fußballstadien in Hamburg<br />
oder Köln zeigen, dass auch ohne eine explizite<br />
Ausrichtung auf Multifunktionalität<br />
regelmäßig Konzerte veranstaltet<br />
werden können, die ein großes Publikum<br />
finden – wenngleich eine Innenraumüberdachung<br />
fehlt <strong>und</strong> im Nachhinein der Austausch<br />
eines Teils oder der kompletten Rasenfläche<br />
erforderlich ist. Nach Einschätzung<br />
der derzeitigen Marktlage muss man<br />
zu dem Schluss kommen, dass auch künftig<br />
die Multifunktionsausrichtung eines<br />
Fußballstadions als wirtschaftlich schwierig<br />
einzustufen ist.
Investoren werden mehr denn je die Renditemöglichkeiten<br />
einer Zusatzinvestition<br />
in ihren Stadionprojekten <strong>und</strong> Betreiberkonzepten<br />
bewerten. Wenn sie dennoch<br />
eine Multifunktionalität fordern, dann<br />
wird diese mehr <strong>und</strong> mehr mit der ausgereiften<br />
Flexibilität eines „Ein-Sportarten-<br />
Stadions“ einhergehen. Diese ließe sich<br />
bereits mithilfe standardisierter, modularer<br />
Bauten bis hin zu einer anpassungsfähigeren<br />
Gebäudetechnik erzielen. Die<br />
Innenraumüberdachung eines Stadions<br />
oder der Einbau einer Rasenschublade<br />
werden wohl Ausnahmen bleiben.<br />
4.2 Architektur<br />
Ziel eines Architekten wird weiterhin die<br />
Planung einer identitätsstiftenden Fußballinfrastruktur<br />
sein. Allerdings werden<br />
bauwerksbedingte Mehrkosten (zum Beispiel<br />
für die illuminierte Verkleidung oder<br />
die großzügig gestalteten Geschossflächen<br />
der Münchener Allianz-Arena) vom<br />
Nutzer nicht immer finanzierbar oder gewollt<br />
sein.<br />
Für den Architekten eines „Durchschnittsstadions“<br />
bleibt es eine der größten Herausforderungen,<br />
Raum-, Flächen- <strong>und</strong><br />
Funktionsprogramme (in Bezug auf Bruttogeschossflächen,<br />
deren Aufteilung <strong>und</strong><br />
die Gebäudetechnik) so umzusetzen, dass<br />
die Ausführungs- <strong>und</strong> Betriebskosten<br />
möglichst gering ausfallen. Die bauliche<br />
Aufteilung des Stadions in eindeutige Gebäudeabschnitte<br />
wird helfen, diese separiert<br />
ansteuern, nutzen <strong>und</strong> letztlich abrechnen<br />
zu können. Der damit einhergehende<br />
ökologische Nutzen hat aufgr<strong>und</strong><br />
der steigenden Energiekosten zudem eine<br />
wirtschaftlich positive Seite.<br />
VISION STADIONBAU<br />
Das Ziel wird also im Regelfall ein kompakter<br />
<strong>und</strong> intelligenter Entwurf sein.<br />
Denn nur in den seltensten Fällen muss<br />
der Bauherr oder Investor Anforderungen<br />
eines FC Bayern oder FC Barcelona erfüllen.<br />
Neben aufwendigen Fassadenlösungen<br />
oder überdurchschnittlichen Raum<strong>und</strong><br />
Funktionsangeboten ist – wie bereits<br />
erwähnt – das Dach ein wichtiger Kostenfaktor.<br />
Die Wahl wird hier auch künftig<br />
zwischen einfacher Funktionalität (Überdachung)<br />
<strong>und</strong> der Option „Landmark“<br />
(wie z. B. beim Stuttgarter Gottlieb-<br />
Daimler-Stadion) getroffen. Es wäre wünschenswert,<br />
wenn diese Entscheidungen<br />
auch in Zukunft möglichst divers ausfallen,<br />
sodass das Stadion in seiner architektonischen<br />
Einzigartigkeit weiterhin als<br />
städtebaulicher Fingerabdruck wahrgenommen<br />
werden kann.<br />
Die Verantwortung der Architekten, auf<br />
kostengünstige Alternativen <strong>und</strong> bewährte<br />
Konstruktionen zurückzugreifen <strong>und</strong> den<br />
Anteil kostengünstiger Fertigteile am Gesamtbau<br />
stetig zu erhöhen, wird steigen.<br />
Die sorgfältige Bestimmung der Ausbaustandards<br />
<strong>und</strong> eine markante <strong>und</strong> dennoch<br />
einfache Dachkonstruktion r<strong>und</strong>en<br />
die zukünftige Leistung eines Stadionbauspezialisten<br />
ab.<br />
Im Bereich der Technik werden aus Kostengründen<br />
ebenfalls Beschränkungen zu<br />
verzeichnen sein: Nicht alles, was möglich<br />
ist, muss auch eingebaut werden.<br />
4.3 Technische Gebäudeausstattung<br />
Beim Bau der meisten WM-Stadien<br />
wurde in erster Linie auf die Höhe der<br />
Erstinvestition geachtet. Folgeinvestitionen<br />
<strong>und</strong> Betriebskosten gerieten häufig<br />
erst mit dem Einsetzen des Betriebs in den<br />
Fokus der Aufmerksamkeit.<br />
Einer der entscheidenden Kostenfaktoren<br />
für den Stadionbetrieb sind Grad <strong>und</strong><br />
Tiefe der angewandten Gebäudetechnik.<br />
Zudem verursachen die gewählten Qualitäten<br />
<strong>und</strong> Quantitäten mehr oder weniger<br />
hohe Folgekosten. So können Beschallungsanlagen,<br />
vernetzte Kassen- <strong>und</strong> Zugangssysteme,<br />
Videotafeln etc. anfangs<br />
als optimale Lösungen (Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis) erscheinen, in wenigen Jahren<br />
aber schon nicht mehr up to date oder in<br />
ihrer Zahl ausreichend sein. Zudem führen<br />
vermeintlich günstige Ausschreibungs-<br />
<strong>und</strong> Ausführungsmodelle in Teilen<br />
zu unnötig hohen Betriebskosten oder<br />
kostspieligen Anpassungsmaßnahmen<br />
nach wenigen Jahren.<br />
An einem langfristig rentablen Betrieb<br />
interessierte Bauherren sollten bereits in<br />
der Planungsphase des Stadionbaus auf<br />
die Einbeziehung versierter Betreiber<br />
oder Berater achten. Erlaubt die Gebäudeleittechnik<br />
die Einteilung des Stadions in<br />
Segmente <strong>und</strong> eine separate Ansteuerung,<br />
könnten zukünftige Stadionbauten – über<br />
ihren gesamten Lebenszyklus betrachtet –<br />
kostengünstiger ausfallen.<br />
Noch vor wenigen Jahren wurde auf diversen<br />
Fachkongressen davon geschwärmt,<br />
wie das Stadion der Zukunft<br />
aussehen werde: Jeder Zuschauer solle<br />
schon bald einen Mini-Fernseher an seinem<br />
Platz vorfinden <strong>und</strong> per Knopfdruck<br />
Getränke ordern können. Dieses Szenario<br />
wurde in Anbetracht der heute möglichen<br />
<strong>und</strong> finanzierbaren Technik allerdings<br />
wieder ad acta gelegt.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
47
Das Stadion der Zukunft wird für den<br />
Non-VIP-Gast voraussichtlich weit weniger<br />
technische Spielereien bieten, als<br />
manche es sich bislang ausmalten. Denn<br />
bereits heute bringt der Stadionbesucher<br />
seine Technik selbst mit (Blackberry,<br />
Handy-TV etc.). Die „technische Aufrüstung<br />
pro Platz“ wäre daher völlig unrentabel.<br />
Ebenso überholt wirkt die Vorstellung,<br />
dass der Zuschauer bald überall beheizte<br />
Sitzplätze erwarte, wie er sie zum Beispiel<br />
im Leverkusener Stadion kennengelernt<br />
hat. Vermutlich wird der Stadionbesucher<br />
der Zukunft eher mit neuartigen <strong>und</strong> maßgeschneiderten<br />
„Thermotextilien“ ausgestattet<br />
sein, als sich auf Stadiontechnik in<br />
Form beheizbarer Sitze oder Heizstrahler<br />
zu verlassen. Ob der Trend doch noch in<br />
Richtung „R<strong>und</strong>umversorgung“ umschwenken<br />
wird, ist heute noch nicht absehbar.<br />
4.4 Modulare Elemente<br />
Die Anforderungen an die quantitative<br />
Flexibilität eines Stadions werden in Zukunft<br />
steigen. Ein aktuelles Beispiel: Ein<br />
neu zu bauendes Leichtathletikstadion in<br />
London soll langfristig als Trainings- <strong>und</strong><br />
Sportstätte dienen. Erwartet wird ein dauerhafter<br />
Kapazitätsbedarf von maximal<br />
25.000 Plätzen. Darüber hinaus soll dort<br />
die Eröffnungsfeier der Olympischen<br />
Sommerspiele 2012 stattfinden. Anforderung<br />
des IOC für diese Veranstaltung:<br />
mindestens 80.000 Plätze.<br />
48<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
VISION STADIONBAU<br />
So wird folgerichtig nach derzeitigem<br />
Planungsstand das „Basisstadion“ vorübergehend<br />
um 55.000 Plätze ergänzt<br />
<strong>und</strong> temporär zum vollwertigen Olympiastadion.<br />
Wie verhält es sich im deutschen Ligafußball<br />
mit derartigen „Innovationen“? Bislang<br />
wurden in keinem Stadion temporäre<br />
Tribünen, die gewissen Ansprüchen an die<br />
Architektur genügen könnten, in größerem<br />
Umfang eingesetzt. Aus der Not heraus<br />
wurden diverse Stadien zwar bereits<br />
vorübergehend aufgestockt. Dabei war<br />
das Ziel aber immer, eine kostengünstige<br />
Alternative gegenüber dem klassischen<br />
permanenten Ausbau zu finden, der eigentlich<br />
erforderlich war.<br />
Leichtbauweisen <strong>und</strong> modulare Bauteile<br />
bzw. standardisierte Stadionelemente<br />
könnten den flexiblen Bedürfnissen eines<br />
Durchschnittsklubs besser gerecht werden.<br />
Für die potenziell auf- <strong>und</strong> absteigende<br />
sportliche Klasse ist ein anpassungsfähiges<br />
Stadion wegen schwankender<br />
Kapazitätsanforderungen sinnvoll.<br />
Die Vermeidung sogenannter „White Elephants“<br />
sowie gestiegene Anforderungen<br />
an gleichmäßig <strong>und</strong> kosteneffizient ausgelastete<br />
Stadien machen den nächsten<br />
Schritt im Sportstättenbau in Richtung<br />
flexibler Kapazität mithilfe des Zusammenspiels<br />
permanenter <strong>und</strong> temporärer<br />
Bauteile mehr als wahrscheinlich.<br />
Planungsmaßnahmen <strong>und</strong> Budgetansätze<br />
beim Bau des „Gr<strong>und</strong>stadions“ sollten<br />
allerdings berücksichtigen, dass auch später<br />
noch bauliche Vorkehrungen wie<br />
Untergr<strong>und</strong>schutz, erweiterbare Fluchtwege<br />
oder die Installation brandschutztechnischer<br />
Maßnahmen möglich sind.<br />
Spätere Folgekosten schwanken je nach<br />
Ausbauqualität <strong>und</strong> -quantität des „Basisstadions“.<br />
Sie werden unter anderem von<br />
der geforderten Überdachung abhängen<br />
<strong>und</strong> sich voraussichtlich zwischen 500 Euro<br />
<strong>und</strong> 1.000 Euro pro modular eingebauten<br />
Platz bewegen. Diese Kosten beinhalten<br />
bereits einen Teil der erforderlichen Erstinvestitionen<br />
sowie die eigentlichen Einbaukosten.
5 Fazit<br />
Planungs- <strong>und</strong> Kosteneinflüsse auf zukünftige<br />
Stadionbauten lassen sich wie<br />
folgt einschätzen:<br />
Die Kapazitäten werden vornehmlich<br />
durch folgende Faktoren beeinflusst:<br />
• eine insgesamt sinkende Gesamtbevölkerungszahl,<br />
• den wachsenden Anteil weiblicher<br />
Fußballfans an den Zuschauerzahlen,<br />
• den Erfolg der Eingrenzung von Fußballgewalt<br />
bzw. der Bekämpfung des<br />
Rassismus im Stadion,<br />
• die Entwicklung <strong>und</strong> Akzeptanz des<br />
„kommerziellen“ Fußballs,<br />
• die technische Umsetzbarkeit flexibler<br />
Stadionkapazitäten.<br />
VISION STADIONBAU<br />
Unabhängig davon, ob Stadien in ihrer<br />
Kapazität größer oder kleiner werden,<br />
wird sich die Funktionalität durch folgende<br />
Aspekte auszeichnen:<br />
• Die Barrierefreiheit wird maßgeblich<br />
an Bedeutung gewinnen.<br />
• Spielstätten werden (in der Konzeption<br />
<strong>und</strong> im Betrieb) sicherer.<br />
• Zugleich werden sie in ihrer Kapazität<br />
<strong>und</strong> Raumausstattung flexibler.<br />
• Der Anteil an Stehplätzen wird tendenziell<br />
sinken.<br />
• Sporttechnische bzw. mannschaftsspezifische<br />
Einrichtungen nehmen zu.<br />
• Die Anzahl <strong>und</strong> Qualität geschlechtsspezifischer<br />
Einrichtungen wird steigen.<br />
• Stadien werden ökologischer, energieeffizienter<br />
<strong>und</strong> standhaft gegen die in<br />
ihrer Intensität <strong>und</strong> Häufigkeit neuartige<br />
Form der Wetterereignisse gebaut.<br />
• Zugleich erlaubt die Gebäudetechnik<br />
sehr viel mehr Steuerungsfunktionen<br />
<strong>und</strong> die Verkaufswege im Catering<br />
werden diversifizierter ausfallen.<br />
• Auch weiterhin wird so gut wie keine<br />
Technik am Zuschauerplatz eingebaut.<br />
• Stadien werden weiterhin überdachte<br />
Landmarks darstellen. Sie werden in<br />
der Planung <strong>und</strong> Ausführung durchdachter<br />
sein. Doch obwohl sie keinesfalls<br />
multifunktional sein werden,<br />
werden sie dennoch teurer.<br />
Die wichtigsten Schritte in Richtung einer<br />
dauerhaft rentablen Veranstaltungsstätte<br />
sind weiterhin:<br />
• ein verstärktes Zusammenspiel der<br />
Projektbeteiligten vom Planungsbeginn<br />
an,<br />
• eine realistische Ermittlung des Bedarfs<br />
für einen langfristigen Betrieb<br />
<strong>und</strong><br />
• eine konkrete Beschreibung der Bauaufgabe<br />
im Vorfeld einer Investition.<br />
Im Idealfall achtet der Stadioninvestor<br />
auch zukünftig auf ein ausgewogenes Maß<br />
zwischen wirtschaftlichem Bauen <strong>und</strong> optimiertem<br />
Betrieb sowie Funktionalität<br />
<strong>und</strong> Zuschauerfre<strong>und</strong>lichkeit.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
49
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50 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
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• Beratung bei Rechtsformumwandlung<br />
• Beratung bei strategischen Partnerschaften,<br />
Privatplatzierung <strong>und</strong> Börsengang<br />
• Internationale Steuer- <strong>und</strong> Rechtsberatung<br />
für Unternehmen, Vereine <strong>und</strong><br />
Sportler<br />
• Einführung <strong>und</strong> Betreuung von integrierten<br />
Saisonplanungen<br />
• Konzepte zur Kostenreduzierung <strong>und</strong><br />
Ertragssteigerung<br />
• Beratung <strong>und</strong> Betreuung bei (sich abzeichnenden)<br />
Krisen<br />
• Einführung moderner Finanzberichtswesen<br />
<strong>und</strong> Kontrollsysteme<br />
Möchten Sie mehr über unsere Leistungen<br />
wissen? Dann sprechen Sie mit uns. Unsere<br />
SCORE-Experten stehen Ihnen jederzeit<br />
für ein informatives Gespräch zur<br />
Verfügung.<br />
Ihre Ansprechpartner<br />
Ernst & Young AG<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
SCORE<br />
Wittekindstraße 1a<br />
45131 Essen<br />
Stefan Pfeiffer<br />
Arnd Hovemann<br />
Telefon: +49 (201) 2421 21956<br />
Telefax: +49 (181) 3943 21956<br />
Arnd.Hovemann@de.ey.com<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
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STEUERBERATUNGSGESELLSCHAFT<br />
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