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Ernährung und orale Gesundheit<br />

13<br />

Die Zunge und<br />

das orale Mikrobiom<br />

Sie sind Dentalhygienikerin und kratzen täglich von den Zähnen ih<strong>re</strong>r Patienten harte und weiche<br />

Beläge ab und in ganz harten Fällen setzen sie gar Antibiotika ein? Dann ist es Zeit, sich intensiv<br />

Gedanken über ihr tägliches Wirken zu machen. Die kurz- und mittelfristige Wirkung von „Scaling<br />

und Root Planning“ ist allseits bekannt und gut wissenschaftlich dokumentiert. Sie ist die Basis<br />

dieses täglichen Tuns.<br />

Text Prof. Dr. Werner Birglechner Bilder Medical School 11<br />

Seit einigen Jah<strong>re</strong>n rückt aber ein neues Thema in den Blickpunkt der<br />

Forschung: das orale Mikrobiom. Die Erkenntnis, dass unse<strong>re</strong> Mundgesundheit<br />

eng mit dem oralen Mikrobiom verfl ochten ist, etabliert sich<br />

Zusehens. Die neuen Erkenntnisse füh<strong>re</strong>n auch dazu, bestimmte Therapieformen<br />

und Maßnahmen kritischer zu beurteilen oder aber neue zu<br />

empfehlen.<br />

Das Mikrobiom selbst ist ein äußerst komplexes und ebenso lebensnotwendiges<br />

Ökosystem und bezeichnet alle auf unse<strong>re</strong>n Häuten und<br />

Schleimhäuten angesiedelten Mikroben. Also Bakterien, Pilze, Vi<strong>re</strong>n,<br />

Archaebakterien und Protozoen, samt Ausscheidungsprodukten. Der<br />

Darm als Schleimhaut zeigt dabei die größte Bakteriendichte auf, eng<br />

gefolgt vom Mikrobiom der Mundhöhle.<br />

In der Mundhöhle selbst überziehen die Mikroben die gesamte orale<br />

Mukosa und die Zahnoberfl ächen. Der Zunge kommt dabei auch aufgrund<br />

Ih<strong>re</strong>r besonde<strong>re</strong>n Morphologie mit ih<strong>re</strong>n tiefen Krypten eine ganz<br />

besonde<strong>re</strong> Rolle als Rückzugs<strong>re</strong>servoir zu. Deshalb befi nden sich auf der<br />

Zunge auch circa 60 bis 70 Prozent des oralen Bakterien<strong>re</strong>servoirs. Aktuell<br />

betrachtet man lokale Erkrankungen wie Karies oder Parodontitis<br />

oft als „lokale E<strong>re</strong>ignisse am Symptomort“ und entsp<strong>re</strong>chend leitet man<br />

auch örtlich fokussierte Maßnahmen ab. Die biologisch-physiologischen<br />

Zusammenhänge werden dabei nicht oder nicht immer einbezogen.<br />

Genau hier setzt aber die neue Denkweise an. Alle Häute und Schleimhäute<br />

sind eng miteinander verknüpft. Sie sind immunologisch miteinander<br />

vernetzt, kommunizie<strong>re</strong>n und interagie<strong>re</strong>n. Sie sind funktionell<br />

verbunden.<br />

Deshalb überrascht es wenig, dass Wechselbeziehungen zwischen Parodontitis<br />

und systemischen Erkrankungen wie zum Beispiel Adipositas,<br />

Typ-2-Diabetes oder kardiovaskulä<strong>re</strong> Erkrankungen nachgewiesen<br />

werden können. Orale Mikroben werden verschluckt und können somit<br />

das Intestinum kolonisie<strong>re</strong>n, dort die Darmmikrobiota verändern und<br />

dadurch auch das Immunsystem beeinfl ussen und sogar Krankheiten<br />

initiie<strong>re</strong>n oder de<strong>re</strong>n Verlauf modellie<strong>re</strong>n.<br />

Alte Traditionen und neue Methoden<br />

Zwar steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen, aber sie entwickelt<br />

sich dynamisch, auch weil neue Methoden zur Analyse und Beurteilung<br />

des Mikrobioms zur Verfügung stehen. So eröffnet zum Beispiel<br />

„Gene Sequencing“ neue Möglichkeiten. Es ist erst seit wenigen Jah<strong>re</strong>n<br />

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