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iMAG 2011/01

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Foto: Jiri Hampl<br />

habe gelesen, sei weitergegangen, nach<br />

zehn Metern habe er gedacht, die Zeile<br />

war doch anders, er sei zurückgegangen,<br />

habe neu gelesen. Kann man sich als<br />

Autor eine größere Intensität des Lesens<br />

wünschen?<br />

Haben Sie das Gefühl, dass diese Art,<br />

Gedichte zu lesen, die Leute für die<br />

Poesie sensibilisiert?<br />

Immer wieder höre ich von Besuchern:<br />

„Komisch, ich habe nach der Schule kein<br />

Gedicht mehr gelesen, weil ich immer<br />

dachte, ich bin zu blöd. Ich hatte in der<br />

Schule keinen Spaß daran.“ Wenn solche<br />

Menschen dann sagen: „Ist es wirklich so<br />

einfach? Ich habe es doch verstanden!“<br />

und mir von sich erzählen, was sie selbst<br />

dabei erleben, dann passiert doch ausgesprochen<br />

viel. Ob sie danach weiter<br />

Gedichte lesen ist mir egal.<br />

Der Lyrikbetrieb in Deutschland ist oft<br />

sehr inzüchtig, eine in sich abgekapselte<br />

Sache, Lyrik für Lyriker, für ‚Eingeweihte‘.<br />

Es geht mir nicht um das ‚Hohe Gut<br />

Gedichte‘, es geht mir, wenn überhaupt,<br />

mehr darum, diesen blöden Quatsch vom<br />

Poesie<br />

Tage<br />

an denen du<br />

leise<br />

auftrittst<br />

um das Sein<br />

der Dinge<br />

nicht zu gefährden<br />

Tafel 3 / Arnold Leifert<br />

Denkmal-Dichter, der da oben steht, wieder<br />

runterzuholen und zu erleben, dass<br />

Gedichte Gegenstände des Alltags sind.<br />

Dass im Grunde jeder damit was anfangen<br />

kann.<br />

Mein Gott, Gedichte können lebensrettend<br />

sein. Wie viele Zeugnisse haben<br />

wir von Menschen, die in politischen<br />

oder persönlichen Krisensituationen<br />

Gedichte gelesen haben! Ich habe es<br />

immer gehasst, dass Kunst eine Sache des<br />

Bürgertums war, das ‚Kleine Schwarze‘<br />

und der Kunstgenuss.<br />

Sie machen viermal im Jahr Wanderungen<br />

mit abschließenden Gesprächen am<br />

Kamin des Hotels FIT. Haben Sie dabei<br />

eine besondere Situation erlebt?<br />

Bei einer der ersten Wanderungen drehte<br />

sich das Gespräch lange um ein Gedicht,<br />

das in den letzten Zeilen nicht ganz einfach<br />

ist: ich sehe / das gemähte Gras //<br />

und es / begreift mich. Ist nicht mit dem<br />

Kopf gemacht, überhaupt nicht, aber<br />

nachdem ich es geschrieben hatte, merkte<br />

ich, da ist der Punkt, wo das Subjekt<br />

wechselt, da hakt man sich fest. Es wurde<br />

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