Eine Sache des Herzens Natur Eine Begegnung mit Pirmina Caminada ist auch ein Rendezvous mit ihrem Tal, ihrer Herkunft und der Natur. Die Frau, die in der Val Lumnezia unter anderem das Wild hütet, ist kaum je laut. Sie beeindruckt durch ihre Präsenz und ihr Wissen um die Kräfte der Natur. Einer wie Pirmina Caminada wäre früher der Scheiterhaufen sicher gewesen: Wildhüterin, Kräuterfachfrau, Buchautorin, Jägerin, Kennerin von Kraftorten, Räucherfrau und eine Ausstrahlung, die Steine erweichen kann. Herzen wohl auch. Dazu lange, zu einem Zopf geflochtene dunkle Haare, zwischen denen die Lebensjahre bereits etwas Schnee hinterlassen haben. In ihren Augen liegt oft etwas Fragendes. Aber es ist nicht mehr früher. Gott sei Dank. Wobei: Die Mutter von zwei Töchtern knüpft mit vielem, was sie tut, an überlieferte Erfahrungen an. Pirmina Caminada Wildhüterin, Kräuterfachfrau, Buchautorin, Jägerin, Kennerin von Kraftorten und Räucherfrau Überliefertes Kräuterwissen Bei einem Streifzug durch den Wald bei Cumbel erzählt die Frau, die zuhinterst in der Val Lumnezia geboren wurde: «Wer früher in einem abgelegenen Tal lebte, musste sich selbst helfen. Meine Vorfahren wussten genau, welche Kräuter, Früchte, Harze oder Beeren frisch, getrocknet, als Aufguss oder mazeriert gegen welche Krankheit nützten», schaut die Wildhüterin zurück auf ihre Kindheit. Bevor jeweils ein neues Jahr gegen das alte eingetauscht wurde, räucherten ihre Eltern die Zimmer auf dem Hof aus. Und so macht sie es heute auch selbst. «Es geht darum, die Räume zu harmonisieren, von Bakterien oder Viren zu befreien. Je nach Kräutern wende ich das Räuchern aber auch für seelisches Wohlbefinden, für glückliche Momente und Genuss an.» Pirmina Caminada aber wurde in eine Zeit hineingeboren, in der die Wohlgerüche zunehmend aus der Spraydose und die Gesundheit aus der Chemiefabrik kamen. Doch bevor das Wissen um die traditionellen Heilmethoden verloren ging; bevor synthetische Billigdüfte aus dem Warenhaus das Räuchern mit Salbei, Wacholder oder Meisterwurz ablösten, ging sie der Sache auf den Grund. In der zweijährigen Kräuterakademie vertiefte sie ihr Kenntnisse und eigene Nachforschungen brachten Erstaunliches zutage. Zum Beispiel das: «Lange wurden nicht nur Räumlichkeiten geräuchert. Nach dem Schlachtgemetzel etwa hat man in früheren Zeiten mit dem Duft von Kräutern die negativen Energien neutralisiert.» 42 www.rhb.ch/contura
Pirmina Caminada mit ihrer Labradorhündin «Leyla» Natur 43