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Verfahrenstechnik 4/2022

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VERFAHRENSTECHNIK IM ALLTAG I SERIE<br />

Moleküle sieben<br />

Natürliche Öffnungen im Kristallgitter technisch nutzen<br />

Forschenden aus Bielefeld, Bochum und Yale ist es gelungen, eine<br />

Schicht aus zweidimensionalem Siliziumdioxid herzustellen. Diese<br />

enthält natürliche Poren und kann daher wie ein Sieb für Moleküle<br />

und Ionen genutzt werden. Die Wissenschaft sucht schon seit<br />

Längerem nach solchen Materialien, denn sie könnten etwa beim<br />

Entsalzen von Meerwasser helfen oder in neuartigen<br />

Brennstoffzellen zum Einsatz kommen.<br />

Wenn zweidimensionale Materialien<br />

mit hoher Präzision durchstochen<br />

werden, kann man sie nutzen, um bestimmte<br />

Ionen oder Moleküle auszusieben.<br />

Forschende haben immer wieder<br />

versucht, das aus Kohlenstoff-Atomen bestehende<br />

Material Graphen für diesen<br />

Zweck zu verwenden. Da es keine natürlichen<br />

Poren besitzt, müssen diese künstlich<br />

eingefügt werden. Aber es ist schwierig,<br />

Löcher mit definierter Größe in<br />

Graphen zu erzeugen, ohne das Material<br />

nachhaltig zu schädigen, da es leicht<br />

bricht. Folglich galt es, eine Alternative zu<br />

finden. Nun hat sich ein Forschungsteam<br />

die Tatsache zunutze gemacht, dass das<br />

Autorin: Dr. Julia Weiler, Dezernat Hochschulkommunikation,<br />

Ruhr-Universität Bochum<br />

Kristallgitter von zweidimensionalem Siliziumdioxid<br />

Öffnungen besitzt.<br />

„Siliziumdioxid hat natürlicherweise eine<br />

sehr hohe Dichte an winzigen Poren,<br />

die man in künstlichen Membranen nicht<br />

erzeugen könnte“, sagt Petr Dementyev<br />

von der Bielefelder Arbeitsgruppe Physik<br />

supramolekularer Systeme und Oberflächen.<br />

„Im Unterschied zu Graphen sind<br />

die Poren alle nahezu gleich groß. Und es<br />

sind so unglaublich viele, dass sich das<br />

Material wie ein feinmaschiges Sieb für<br />

Moleküle verhält.“<br />

Die Herstellung ist aufwändig<br />

2D-Siliziumdioxid ist bereits seit 2010 bekannt.<br />

Seine Herstellung war allerdings<br />

sehr teuer und nur in kleinem Maßstab<br />

möglich. Forschende aus Bochum, Biele-<br />

feld und Yale brachten Expertise aus der<br />

Materialchemie, dem chemischen Engineering<br />

und der chemischen Physik zusammen,<br />

um einen neuen Herstellungsprozess<br />

zu erarbeiten. Sie nutzten die sogenannte<br />

Atomic Layer Deposition, um eine<br />

einzige Lage Siliziumdioxid auf einer<br />

Goldoberfläche abzuscheiden.<br />

Durch ein Hochdruckverfahren überführten<br />

die Forschenden die Lage in ihre<br />

zweidimensionale Form und charakterisierten<br />

sie dann spektroskopisch und mikroskopisch<br />

im Detail. Anschließend untersuchten<br />

sie den Gasfluss durch die 2D-<br />

Membran in einer Vakuumkammer.<br />

Während verdampftes Wasser und verdampfter<br />

Alkohol die Siliziumdioxid-<br />

Schicht durchdringen konnten, wurden<br />

die Gase Stickstoff und Sauerstoff zurückgehalten.<br />

„Materialien wie dieses mit selektiver<br />

Durchlässigkeit sind in der Industrie<br />

sehr gefragt“, sagt Prof. Dr. Anjana Devi<br />

von der Ruhr-Universität Bochum. Bevor<br />

das 2D-Siliziumdioxid in der Praxis<br />

zum Einsatz kommen kann, gilt es jedoch,<br />

genau zu evaluieren, wie sich viele verschiedene<br />

Moleküle an die Materialoberfläche<br />

anlagern oder wie sie diese durchdringen<br />

können.<br />

Bild: RUB, AG Chemie Anorganischer Materialien<br />

www.ruhr-uni-bochum.de<br />

42 VERFAHRENSTECHNIK <strong>2022</strong>/04 www.verfahrenstechnik.de

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