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Angelika Reiser-Fischer: Cantate domino (Leseprobe)

Eine Limonadenflasche, die sehr effektvoll während einer Audienz beim Bischof in der Tasche explodiert. Eine Bach-Arie aus dem Weihnachtsoratorium auf der Polizeistation. Ein besonderes Abschiedsritual im Hafen von Kloster, bei dem sogar völlig Unbeteiligten die Tränen kommen. Ein Kapitän, der des Nachts zum zweiten Mal beerdigt wird. Ein Cello, auf dem so heftig musiziert wird, dass es zu qualmen beginnt. Die Erinnerungen der Musici Jenenses an ihre Sommer auf der Insel Hiddensee sind ein unerschöpflicher Quell von Geschichten, heiteren, besonderen, auch traurigen. Aber immer gewähren sie einen Blick in die Zeitgeschichte und auf die besonderen Umstände, unter denen sich junge und alte, professionelle und Hobby-Musiker aus inzwischen ganz Deutschland seit fast 60 Jahren in der kleinen Inselkirche von Kloster treffen – allen Widrigkeiten zum Trotz –, um unter einem gemeinsamen Motto zu musizieren: Cantate domino – Singt dem Herrn.

Eine Limonadenflasche, die sehr effektvoll während einer Audienz beim Bischof in der Tasche explodiert. Eine Bach-Arie aus dem Weihnachtsoratorium auf der Polizeistation. Ein besonderes Abschiedsritual im Hafen von Kloster, bei dem sogar völlig Unbeteiligten die Tränen kommen. Ein Kapitän, der des Nachts zum zweiten Mal beerdigt wird. Ein Cello, auf dem so heftig musiziert wird, dass es zu qualmen beginnt.

Die Erinnerungen der Musici Jenenses an ihre Sommer auf der Insel Hiddensee sind ein unerschöpflicher Quell von Geschichten, heiteren, besonderen, auch traurigen. Aber immer gewähren sie einen Blick in die Zeitgeschichte und auf die besonderen Umstände, unter denen sich junge und alte, professionelle und Hobby-Musiker aus inzwischen ganz Deutschland seit fast 60 Jahren in der kleinen Inselkirche von Kloster treffen – allen Widrigkeiten zum Trotz –, um unter einem gemeinsamen Motto zu musizieren: Cantate domino – Singt dem Herrn.

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Annegret Bormann<br />

»Unausgeschlafen, aber glücklich«<br />

von Beruf: Krankenschwester<br />

Jahrgang: 1960<br />

stammt aus: Kitzscher bei<br />

Borna, lebt in Erfurt<br />

beruflich hauptsächlich<br />

tätig: als Krankenschwester<br />

in einem Erfurter Krankenhaus<br />

kam nach Hiddensee: 1998,<br />

seit 1999 bei den Musici<br />

dabei<br />

bei den Musici aktiv als:<br />

Küchenleiterin und Mitglied<br />

der Blechbläsergruppe<br />

(Tenorhorn)<br />

Wie und durch wen bist du zu den Musici und auf die Insel gekommen?<br />

Durch Clemens, meinen Mann. Damals, Ende der 1990er Jahre, wir waren verliebt,<br />

schwärmte er von den Musici und von Hiddensee. Aber vor der Wende,<br />

als DDR-Bürgerin, war die Insel für mich unerreichbar. Ich kannte sie nicht.<br />

1998 bin ich dann allein mit meinen drei Kindern als Tagesgast auf Hiddensee<br />

gewesen, denn ich wollte herausfinden: Was ist das dort, das die Menschen –<br />

und auch Clemens – so verzaubert? Drei Stunden sind wir damals mit dem<br />

Schiff von Zingst nach Hiddensee geschippert und am Strand rauf und runter<br />

gewandert. Mein Sohn Ludwig, der war damals 13, fand dabei einen winzigen<br />

Hühnergott im Sand, den trage ich bis heute an einer Kette am Hals. Aber – war<br />

das nicht ein gutes Zeichen?<br />

1999 durfte ich dann mit Clemens zu den Musici fahren und nahm meine Johanna<br />

mit, die war gerade 11. Allerdings – die Umstände waren ziemlich gewöhnungsbedürftig.<br />

Da war die Gemeinschaftsunterkunft. Wir hatten unsere<br />

Betten auf dem Spitzboden. Zu dritt campierten wir dort auf Isomatten. Dazu<br />

die Gemeinschaftsduschen, zum Klo musste man nachts durchs ganze Haus…<br />

Und ich fragte mich wirklich: Muss ich mir das als Mutter von drei Kindern<br />

antun? Auf dem Erdboden zu schlafen, zwischen mir völlig unbekannten Menschen?<br />

Kann ich mich hier überhaupt von meiner täglichen anstrengenden Arbeit<br />

als Krankenschwester erholen? In diesem Gewusel und Getümmel so vieler<br />

Menschen? Dazu die ungewohnten Lebensgewohnheiten der Künstler, die oft<br />

noch bis spät in die Nacht zusammensaßen. Ich hatte Zweifel, ob das das Richtige<br />

für mich ist. Aber wir waren dann doch jedes Jahr dabei – nur 2000 nicht,<br />

als unser Sohn Anton geboren wurde. Per Telefon haben Clemens und ich seine<br />

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