MinD-Mag 147

Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa. Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.

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UNPROMINENTE PROMINENTE Margret Hamilton während ihrer Zeit als „Lead Apollo Flight Software Designer“. Foto: public domain 46 | mind magazin 147/april 2022

UNPROMINENTE PROMINENTE Als Informatik noch „Mathe mit Strom“ war Margaret Hamilton, Programmiererin des Apollo-Raumfahrt-Programms. Von Jan-Hendrik Schilling Name: Margaret Hamilton (geb. Heafield) Lebensdaten: geboren am 17. August 1936 in Paoli, Indiana In aller Kürze: Margaret Hamilton ist eine Mathematikerin und Programmiererin, die die Software-Entwicklung für die amerikanische Mondlandung leitete. Im Detail: Ihr kennt vermutlich den Vergleich, ein modernes Rechengerät (Taschenrechner, Mobiltelefon, Smartwatch) habe mehr Rechenleistung, als für die Mondlandung notwendig war. Das ist vollkommen richtig, denn die Rechenleistung der Mikrochips ist seit den 1960ern stark gestiegen. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass Programmierung damals sehr geschickt und sparsam sein musste, um aus den Computern des Apollo-Programms eine Mondlandung herauszukitzeln. Die Fachfrau dafür war eine Programmiererin namens Margaret Hamilton, geboren 1936 als Margaret Elaine Heafield. Margaret Heafield kam in Paoli zur Welt, einer Kleinstadt in einem sehr dünn besiedelten Teil des eh recht dünn besiedelten US-Bundesstaat Indiana. Später lebte ihre Familie auf der Keweenaw-Halbinsel in Michigan, die – ebenfalls völlig ab vom Schuss – in den Oberen See ragt. In eine größere Stadt zog Margaret erst, als sie Mathematik studierte, allerdings nur kurz. Bald wechselte sie zurück in eine Kleinstadt, an die Privat- Uni Earlham College. Dort studierte sie Mathematik im Hauptfach und Philosophie im Nebenfach – Letzteres wählte sie, weil ihr Vater Philosoph und Dichter war und ihr Großvater Schulleiter und Quäker-Pastor. Von Boston nach Boston In Earlham lernte Margaret auch ihren ersten Mann kennen, den Chemiestudenten James Cox Hamilton. Sie heirateten im Sommer 1958. Nach ihrem Studienabschluss unterrichtete Margaret kurz in einem kleinen Dorf in Indiana, welches zufälligerweise Boston hieß. Danach zog das Ehepaar nach Boston, Massachusetts, 1959 wurde eine Tochter geboren. 1967 ließen Margaret und James sich scheiden; Margaret heiratete 1969 Dan Lickly. In Boston durchlief nicht nur Margarets Privatleben viele Wandlungen. Ursprünglich wollte sie nach der Geburt ihrer Tochter weiter studieren, und zwar abstrakte Mathematik. Tatsächlich fand Margaret aber schon 1959 einen Job als Programmiererin: Sie arbeitete in der meteorologischen Sektion des MIT unter Edward Norton Lorenz, dem Vater der Chaostheorie. Margaret Hamiltons Arbeit bildete eine wichtige Grundlage für Lorenz’ Entwicklung dieser Theorie. Margaret hatte keinerlei Informatik-Hintergrund, das war damals normal. Computer waren so neu, dass Fachleute aus angrenzenden Ressorts sich das Wissen aneigneten. Die Informatik war viel näher an der Mathematik und kaum mehr als „Mathe mit Strom“. Und damit mind magazin 147/april 2022 | 47

UNPROMINENTE PROMINENTE<br />

Als Informatik noch<br />

„Mathe mit Strom“ war<br />

Margaret Hamilton, Programmiererin des<br />

Apollo-Raumfahrt-Programms.<br />

Von Jan-Hendrik Schilling<br />

Name: Margaret Hamilton (geb.<br />

Heafield)<br />

Lebensdaten: geboren am 17.<br />

August 1936 in Paoli, Indiana<br />

In aller Kürze: Margaret Hamilton<br />

ist eine Mathematikerin<br />

und Programmiererin, die die<br />

Software-Entwicklung für die<br />

amerikanische Mondlandung<br />

leitete.<br />

Im Detail: Ihr kennt vermutlich<br />

den Vergleich, ein modernes Rechengerät<br />

(Taschenrechner, Mobiltelefon,<br />

Smartwatch) habe<br />

mehr Rechenleistung, als für<br />

die Mondlandung notwendig<br />

war. Das ist vollkommen richtig,<br />

denn die Rechenleistung der<br />

Mikrochips ist seit den 1960ern<br />

stark gestiegen. Im Umkehrschluss<br />

bedeutet es, dass Programmierung<br />

damals sehr geschickt<br />

und sparsam sein musste,<br />

um aus den Computern des<br />

Apollo-Programms eine Mondlandung<br />

herauszukitzeln. Die<br />

Fachfrau dafür war eine Programmiererin<br />

namens Margaret<br />

Hamilton, geboren 1936 als<br />

Margaret Elaine Heafield.<br />

Margaret Heafield kam in Paoli<br />

zur Welt, einer Kleinstadt in<br />

einem sehr dünn besiedelten<br />

Teil des eh recht dünn besiedelten<br />

US-Bundesstaat Indiana.<br />

Später lebte ihre Familie auf<br />

der Keweenaw-Halbinsel in Michigan,<br />

die – ebenfalls völlig ab<br />

vom Schuss – in den Oberen See<br />

ragt. In eine größere Stadt zog<br />

Margaret erst, als sie Mathematik<br />

studierte, allerdings nur<br />

kurz. Bald wechselte sie zurück<br />

in eine Kleinstadt, an die Privat-<br />

Uni Earlham College.<br />

Dort studierte sie Mathematik<br />

im Hauptfach und Philosophie<br />

im Nebenfach – Letzteres<br />

wählte sie, weil ihr Vater Philosoph<br />

und Dichter war und ihr<br />

Großvater Schulleiter und Quäker-Pastor.<br />

Von Boston<br />

nach Boston<br />

In Earlham lernte Margaret<br />

auch ihren ersten Mann kennen,<br />

den Chemiestudenten James<br />

Cox Hamilton. Sie heirateten<br />

im Sommer 1958. Nach ihrem<br />

Studienabschluss unterrichtete<br />

Margaret kurz in einem kleinen<br />

Dorf in Indiana, welches zufälligerweise<br />

Boston hieß. Danach<br />

zog das Ehepaar nach Boston,<br />

Massachusetts, 1959 wurde<br />

eine Tochter geboren. 1967 ließen<br />

Margaret und James sich<br />

scheiden; Margaret heiratete<br />

1969 Dan Lickly.<br />

In Boston durchlief nicht<br />

nur Margarets Privatleben viele<br />

Wandlungen. Ursprünglich<br />

wollte sie nach der Geburt ihrer<br />

Tochter weiter studieren,<br />

und zwar abstrakte Mathematik.<br />

Tatsächlich fand Margaret<br />

aber schon 1959 einen Job als<br />

Programmiererin: Sie arbeitete<br />

in der meteorologischen Sektion<br />

des MIT unter Edward Norton<br />

Lorenz, dem Vater der Chaostheorie.<br />

Margaret Hamiltons<br />

Arbeit bildete eine wichtige<br />

Grundlage für Lorenz’ Entwicklung<br />

dieser Theorie.<br />

Margaret hatte keinerlei Informatik-Hintergrund,<br />

das war damals<br />

normal. Computer waren<br />

so neu, dass Fachleute aus angrenzenden<br />

Ressorts sich das<br />

Wissen aneigneten. Die Informatik<br />

war viel näher an der Mathematik<br />

und kaum mehr als<br />

„Mathe mit Strom“. Und damit<br />

mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 47

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