MinD-Mag 147
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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UNENDLICHE WEITEN<br />
werden unsere Pupillen gewissermaßen<br />
immer größer und<br />
können jetzt eine Himmelsregion<br />
immer länger fixieren.<br />
Das hat man mit dem Hubble-<br />
Teleskop getan und in scheinbar<br />
sternenlose Regionen geschaut.<br />
Entstanden sind die berühmten<br />
Deep-Field-Aufnahmen, die einen<br />
Teil des ansonsten schwarzen<br />
Nachthimmels zeigen.<br />
Plötzlich wurden Objekte sichtbar<br />
gemacht, die weiter von der<br />
Erde entfernt sind, als sie es<br />
nach dem Forschungsstand von<br />
1995 hätten sein dürfen.<br />
Salopp gesagt: Es wurden Objekte<br />
sichtbar, die sich quasi jenseits<br />
der angenommenen Grenze<br />
des Universums befinden.<br />
Wie konnte das sein? Wie war<br />
das mit der Urknalltheorie vereinbar?<br />
Ein großer Sprung<br />
nach vorn<br />
Gelöst wurde der Widerspruch<br />
seinerzeit, indem man dem Universum<br />
kurz nach dem Urknall<br />
eine Phase der beschleunigten<br />
Expansion zubilligte. Das All hat<br />
gewissermaßen einen großen<br />
Sprung nach vorn gemacht, sodass<br />
seine jetzige Ausdehnung<br />
größer ist, als es die Berechnungen<br />
ursprünglich erwarten ließen.<br />
Die sogenannte Hintergrundstrahlung<br />
soll dabei entstanden<br />
sein und gilt quasi als<br />
„Echo“ des Urknalls.<br />
Je weiter ein Objekt, und wir<br />
sprechen hier von Objekten, die<br />
mit bloßem Auge nicht mehr<br />
gesehen werden können, von<br />
uns entfernt ist, desto energieärmer<br />
ist das Licht, das bei uns<br />
ankommt.<br />
Deep-Field-Aufnahme des<br />
Hubble-Teleskops von 1995.<br />
Foto: NASA - public domain<br />
Das äußert sich in der sogenannten<br />
Rotverschiebung, über<br />
deren Ursprung verschiedene<br />
Theorien existieren. Licht, das<br />
uns aus der „Unendlichkeit“ erreicht,<br />
müsste weit ins Rote verschoben<br />
sein. Allerdings sollte<br />
es die Energie Null nicht erreichen<br />
können, deshalb muss es<br />
irgendwo in der Nähe des Nullpunktes<br />
eine Grenze geben.<br />
Olbers wusste noch nichts von<br />
Photonen und Rotverschiebung.<br />
Er wusste auch nichts von der<br />
Hintergrundstrahlung, die uns<br />
aus allen Richtungen des Himmels<br />
erreicht. Liegt dann der<br />
Gedanke nicht nahe, dass unser<br />
Blick dort, wo er keinen nahen<br />
Stern trifft, extrem energiearmes<br />
Licht sehen müsste, wenn<br />
er es denn könnte?<br />
Da das Auge aber dieses Licht<br />
nicht rezipieren kann, erscheinen<br />
uns die Stellen zwischen<br />
den nahen Sternen dunkel.<br />
Doch je genauer wir dorthin sehen<br />
können, desto mehr Objekte<br />
werden wir entdecken.<br />
Blick in die<br />
Unendlichkeit<br />
Die Welt wartet gespannt auf<br />
die ersten Bilder von „James<br />
Webb“, dem neuen Weltraumteleskop.<br />
Was, wenn sich Objekte<br />
in der kosmischen Hintergrundstrahlung<br />
finden, die noch weiter<br />
von uns entfernt sind, als es<br />
die Urknall-Theorie gegenwärtig<br />
erlaubt?<br />
Ich habe nie verstanden, weshalb<br />
die kosmische Hintergrundstrahlung<br />
ein Beweis für<br />
den Urknall sein soll. Sie könnte<br />
genauso das Sternenlicht aus<br />
der Unendlichkeit sein, das Olbers<br />
zwar vermutet hat, aber mit<br />
den technischen Möglichkeiten<br />
seiner Zeit nicht sehen konnte,<br />
weil es extrem ins (Infra-)Rote<br />
verschoben ist.<br />
Unser Blick könnte tatsächlich<br />
an jedem Punkt des Nachthim-<br />
40 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022