MinD-Mag 147
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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UNENDLICHE WEITEN<br />
Gemeinsam weiter<br />
denken, warum es nachts<br />
dunkel ist<br />
Was Heinrich Wilhelm Matthias Olbers<br />
noch nicht wusste.<br />
von Uwe Doetzkies<br />
Lars-Hendrik Schilling berichtete im<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azin 146 vom Bremer Hobby-Astronomen Olbers<br />
(1758–1840), der mit dem Olbers'schen Paradox in die<br />
Wissenschaftsgeschichte einging.<br />
O<br />
lbers' Theorie richtet sich<br />
gegen die frühneuzeitliche<br />
Auffassung von einem in Raum<br />
und Zeit unendlichen Weltall.<br />
Er argumentierte: Wäre das<br />
Weltall unendlich, müsste unser<br />
Blick an jedem Punkt des Nachthimmels<br />
auf einen Stern fallen,<br />
mithin müsse es auf der Erde<br />
Tag und Nacht hell sein. Da dem<br />
aber nicht so ist, könne das Universum<br />
nicht unendlich sein.<br />
Olbers' These brachte die damalige,<br />
noch theologisch untermauerte<br />
Annahme eines unendlichen<br />
Weltalls ins Wanken und<br />
bereitete den Weg, das Universum<br />
(wieder) endlich zu denken.<br />
Nachfolgend entstanden Kosmologien<br />
eines endlichen Universums,<br />
so auch die Urknalltheorie.<br />
Sie geht davon aus, dass<br />
unser Universum vor 14 Milliarden<br />
Jahren entstanden ist.<br />
Die Grenzen<br />
des Blicks<br />
Doch ist Olbers' Argumentation<br />
nach heutigem Wissensstand<br />
noch schlüssig? Mittlerweile<br />
ist bekannt, dass Licht<br />
elektromagnetische Strahlung<br />
ist, die auf bestimmten Teilchen,<br />
den Photonen, basiert. Das war<br />
dem Goethezeitgenossen noch<br />
unbekannt.<br />
Es ist nicht unser Blick, der auf<br />
einen Himmelskörper treffen<br />
muss. Vielmehr sind es die vom<br />
Himmelskörper ausstrahlenden<br />
Photonen, die auf unsere Netzhaut<br />
treffen müssen, damit wir<br />
den Stern wahrnehmen können.<br />
Wie weit dürfen Sterne entfernt<br />
sein, um von der Erde aus<br />
noch wahrgenommen zu werden?<br />
Angenommen, 25 Photonen<br />
pro Sekunde würden ausreichen,<br />
um einen Stern als solchen<br />
mit bloßem Auge zu erkennen,<br />
wie weit wäre unsere<br />
Sonne dann noch sichtbar?<br />
Ich habe das einmal ausgerechnet<br />
(vergleiche boggs.sigs.<br />
philosophie vom 29. Oktober<br />
2011). Die Entfernung beträgt<br />
gerade einmal 653 Lichtjahre.<br />
Das bedeutet, dass das<br />
Licht unserer Sonne nicht einmal<br />
bis zum Ende unseres Spiralarmes<br />
der Milchstraße reicht,<br />
geschweige denn in die Unendlichkeit.<br />
Licht von weiter entfernten<br />
Himmelskörpern empfangen<br />
38 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022