MinD-Mag 147
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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STUDIENSTECKBRIEF<br />
Hochbegabte Mathe-Kinder<br />
Begabungsförderungsangebote vor dem<br />
Erlass der Kultusministerkonferenz 2015.<br />
Autor: Nik Julian Paul<br />
Titel der Arbeit: „Eine Erkundungsstudie<br />
zur Förderung<br />
hochbegabter Kinder in der<br />
Grundschule mit Schwerpunkt<br />
auf den Mathematikunterricht“<br />
Abgabe: 12/2021<br />
Worum ging es?<br />
Begabte und leistungsfähige<br />
Kinder wurden bis in die<br />
1980er-Jahre stark gebremst.<br />
Danach gab es einige allgemeine<br />
Beschlüsse zur besseren Inklusion<br />
aller Schülerinnen und<br />
Schüler und auch erste spezielle<br />
Begabungsförderungsangebote.<br />
Erst 2015 gab die Kultusministerkonferenz<br />
einen Erlass zur<br />
spezifischen Förderung begabter<br />
Kinder in deutschen Schulen<br />
heraus. Ich wollte herausfinden,<br />
wie gut Hochbegabte vor 2015<br />
schon gefördert wurden und<br />
wie sich dies verändert hat.<br />
Wen hast Du untersucht?<br />
Hochbegabte (primär Ms), die<br />
zwischen 1990 und 2015 eine<br />
deutsche Grundschule besucht<br />
haben.<br />
Wie hast Du das gemacht?<br />
Mit einer Online-Umfrage. Um<br />
den zeitlichen Verlauf zu modellieren,<br />
habe ich die Teilnehmenden<br />
nach dem Einschulungsjahr<br />
in Gruppen eingeteilt.<br />
Dann habe ich Häufigkeit und<br />
zum Teil Stärke der verschiedenen<br />
Fördermaßnahmen (etwa<br />
Überspringen, AGs, individualisierte<br />
Unterrichtsformen) ermittelt.<br />
Die Antworten auf Freitextfragen<br />
musste ich dafür zunächst<br />
quantifizieren, benutzte<br />
die Originalantworten jedoch<br />
auch, um die konkreten Mängel<br />
zu identifizieren.<br />
Was kam heraus?<br />
Besonders zu Beginn des untersuchten<br />
Zeitraums wurden die<br />
Fördermöglichkeiten nur in geringem<br />
Maße genutzt. Für die<br />
meisten von ihnen stellte sich<br />
im Verlaufe der Zeit auch keine<br />
gravierende Verbesserung<br />
ein und sie erhielten im quantitativen<br />
Bereich weniger als 30<br />
Prozent der möglichen Punkte.<br />
Eine wirkliche Ausnahme bildete<br />
nur der Einsatz von weiterführendem<br />
Material oder ähnlichem<br />
im Unterricht für schnellere<br />
Kinder, der fast durchgehend<br />
anstieg.<br />
Das Wissen der Lehrkräfte um<br />
die Hochbegabung hatte nur<br />
teilweise einen positiven Einfluss;<br />
einige versuchten sogar,<br />
bekanntermaßen hochbegabte<br />
Kinder aktiv zu bremsen. Die<br />
Förderung schien oft primär auf<br />
die Inklusion aller Kinder mit<br />
dem Fokus auf Leistungsschwächere<br />
ausgelegt zu sein und die<br />
Bedürfnisse Hochbegabter zu<br />
vernachlässigen. Das zeigte sich<br />
auch beim Anbieten von zusätzlichem<br />
Material, da statt weiterführender<br />
teilweise nur gleichartige,<br />
weiterhin unterfordernde<br />
Aufgaben eingesetzt wurden,<br />
welche die schnelleren Kinder<br />
häufig eher stärker frustrierten<br />
als förderten.<br />
Was lief schief?<br />
Ein Teilziel bestand eigentlich<br />
auch darin, Vergleiche zwischen<br />
den alten und neuen Bundesländern<br />
zu ziehen, da die<br />
DDR schon einige sinnvolle Förderansätze<br />
hatte. Aus diesem<br />
Gebiet kamen allerdings kaum<br />
Rückmeldungen, sodass hier<br />
keine reliable Untersuchung<br />
möglich war.<br />
Was bedeuten die<br />
Ergebnisse praktisch?<br />
Meine Studie kann als „Baseline“<br />
für das gesehen werden,<br />
was sich nach 2015 geändert hat.<br />
Für den untersuchten Zeitraum<br />
kann ich sagen, dass Lehrkräfte<br />
für die besonderen Merkmale<br />
und (Förder-)Bedürfnisse begabter<br />
Kinder sensibilisiert und<br />
ihre Einstellungen, dass diese<br />
quasi „Übermenschen“ sind und<br />
keiner Unterstützung bedürfen,<br />
geändert werden müssen.<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 35