MinD-Mag 147
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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EINE M VON NEBENAN<br />
klinik, aber netter als das, was<br />
ich aus Deutschland kannte.<br />
Sich dann wirklich für den<br />
Umzug zu entscheiden, war<br />
ganz, ganz schwer, weil ich in<br />
Deutschland gerade einen neuen<br />
Job auf der Palliativstation<br />
hatte, in dem ich mich unfassbar<br />
wohl fühlte. Aber ich habe<br />
mir gesagt, dass diese Chance<br />
vielleicht nie wiederkommt und<br />
habe zugesagt.<br />
Dann haben die Schweden etwas<br />
zäh geantwortet. Erst, als<br />
ich sie ein bisschen unter Druck<br />
gesetzt habe, hatte ich innerhalb<br />
von 24 Stunden eine Antwort,<br />
hab alles zusammengepackt,<br />
meinen Job gekündigt<br />
und bin im Dezember hergezogen.<br />
Von der ersten Mail bis<br />
zum Umzug hat es also genau<br />
ein Jahr gedauert.<br />
Die schwedische Sprache konntest<br />
du schon?<br />
Nein, kein bisschen! Ich hatte<br />
mal einen Volkshochschulkurs<br />
in Norwegisch gemacht<br />
und konnte auf Norwegisch sagen,<br />
wie ich heiße.<br />
Im Januar hab ich also einen<br />
Einstufungstest gemacht in der<br />
Erwartung, dass es ganz einfach<br />
losgeht mit Sätzen wie „Jag heter<br />
Annika“. Aber nein. Nach<br />
dem Test bekam ich ein Heft<br />
vor die Nase gelegt mit der Aufschrift<br />
„B1“. Weil man sich als<br />
deutscher Muttersprachler mit<br />
Grundkenntnissen in Norwegisch<br />
sehr viel erschließen kann,<br />
hatte ich blöderweise die Texte<br />
im Einstufungstest ganz gut lesen<br />
können.<br />
Dann ging also der Schwedischkurs<br />
los. Zum Glück ist<br />
Schwedisch nicht so schwer und<br />
die Lehrerin passte super.<br />
„Winterbaden.“<br />
Eine Kollegin und ich hatten<br />
zusammen Unterricht: Nach<br />
zwei Wochen hatten wir das A2-<br />
Zertifikat geschafft und nach einem<br />
weiteren Monat B1. Dann<br />
haben wir noch fünf Monate<br />
weitergemacht. Nach einem<br />
halben Jahr Unterricht kann<br />
man Schwedisch ganz passabel.<br />
Manche der seltsamen Zischund<br />
Reibelaute werde ich trotz<br />
des manchmal fast logopädischen<br />
Unterrichts nie lernen.<br />
Aber hier oben im Norden<br />
spricht man die zum Glück fast<br />
alle gleich aus.<br />
Du bist also schlauerweise in eine Region<br />
mit dankbarem Dialekt gezogen.<br />
„Auch im Sommer kann man baden.“<br />
Es ist nicht wirklich ein Dialekt,<br />
nur eine andere Ausspracheform.<br />
Es gibt aber auch richtige<br />
schwedische Dialekte, zum<br />
Beispiel Bonska in Skellefteå,<br />
und gerade die lokalen Dialekte<br />
sind echt hart. Da verstehe ich<br />
manche Wörter, aber wenn die<br />
Leute untereinander richtig loslegen,<br />
habe ich keine Chance.<br />
Reichte das B1-Zeugnis für eine<br />
schwedische Staatsbürgerschaft oder<br />
hast du die gar nicht beantragt?<br />
Ich brauchte B2, aber das hatte<br />
nichts mit Schweden an sich<br />
zu tun. Ich hatte einen Arbeitsvertrag<br />
und eine schwedische<br />
Arbeitserlaubnis, bevor ich die<br />
Sprache konnte. Der Arbeitge-<br />
10 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022