MinD-Mag 147
Die Zeitschrift von Mensa in Deutschland (MinD), des deutschen Ablegers der weltweiten Hochbegabten-Organisation Mensa.
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April 2022<br />
MAGAZIN <strong>147</strong><br />
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EDITORIAL<br />
Rücktritte, Wahlen und<br />
Spekulationen<br />
Von Erwin Klein<br />
Mensa lebt, wächst und gedeiht. Die aktuellen Vereins-Turbulenzen sollen damit<br />
nicht klein geredet werden.<br />
E<br />
s sind mal wieder ungewöhnliche Zeiten bei<br />
Mensa:<br />
Ein Vorstand tritt kurz vor seiner möglichen<br />
Wiederwahl-Kandidatur zurück, fast zeitgleich<br />
mit zwei Ressortleiterinnen. Ein paar Wochen<br />
später folgt der angekündigte Rücktritt von drei<br />
weiteren Vorständen.<br />
Was ist los im Verein? Geht jetzt alles den Bach<br />
runter? Wer ist eigentlich dieses „Führungsteam“?<br />
Fragen über Fragen.<br />
Es geht hier nicht um Spekulationen und Mutmaßungen:<br />
Über ihre jeweiligen Rücktrittsgründe<br />
informieren die betroffenen Vorstände selbst.<br />
Die Folgen daraus (Neuwahl des gesamten Vorstandes)<br />
organisiert und kommuniziert der Wahlausschuss.<br />
Die Vorbereitung der MV läuft weiter<br />
wie geplant. Dort sind erfahrene Ms bei der Arbeit.<br />
Wenn ihr dieses <strong>Mag</strong> – hoffentlich rechtzeitig – in<br />
den Händen haltet, sind auch die schriftlichen<br />
Vorbereitungen der Kandidaturen, der Anträge<br />
und der Rechenschaftsberichte abgeschlossen.<br />
Also business as usual? Bei weitem nicht.<br />
Die Ereignisse der vergangenen Monate müssen<br />
analysiert und diskutiert werden. Aber, und das<br />
ist auch wichtig, es gibt neben diesen „Aufregern“<br />
viele andere Ebenen und Ehrenamtliche bei Mensa<br />
in Deutschland:<br />
Da sind über 100 LocSecs, über 80 Testleiterinnen<br />
und -leiter, über 20 Ressortleitende und so<br />
weiter. Über 800 Ms sind in ihrer Freizeit für unseren<br />
Verein tätig. Die meisten leisten ihren Beitrag<br />
eher unauffällig und effizient und sorgen dafür,<br />
dass <strong>MinD</strong> vor Ort läuft.<br />
Es gibt den Cyberspace, die Vortragsreihen des<br />
WiFo-Ressorts, die KiJu-Camps, die SIGs, reichlich<br />
regionale bis internationale Veranstaltungen, und,<br />
und, und.<br />
Mensa lebt, wächst und gedeiht. Die aktuellen<br />
Turbulenzen … (siehe oben).<br />
Ein Verein mit rund 16.000 Mitgliedern muss<br />
sich Gedanken über seine Organisation, seine<br />
Struktur und seine Ziele machen. Das Mitgliederwachstum<br />
der vergangenen Jahre erzwingt Veränderungen.<br />
Dass es dabei nicht nur harmonisch<br />
zugeht, gehört dazu, dass unser Verein am Ende<br />
möglichst besser funktionieren sollte als vorher,<br />
ebenfalls.<br />
Was können die „normalen“ Mitglieder tun?<br />
Informiert euch – zum Beispiel auf Confluence<br />
oder über eure LocSecs, diskutiert mit, stellt Fragen,<br />
geht mal wieder zu einem Stammtisch.<br />
Und beteiligt euch bitte an den Wahlen. Es sind<br />
nur ein paar Kreuze – damit die besten Kandidatinnen<br />
und Kandidaten den nächsten Vorstand<br />
bilden werden. Alle Informationen dazu stehen<br />
in der Wahlbeilage und im Netz<br />
(siehe die Link-Liste auf Seite 5).<br />
Mensa ist wirklich, was du<br />
draus machst.<br />
Gerade jetzt.<br />
Erwin ist Chefredakteur des <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>.<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 3
INHALT<br />
MAGAZIN <strong>147</strong><br />
Editorial<br />
Rücktritte, Wahlen und Spekulationen<br />
Über die aktuellen Vereins-Turbulenzen 3<br />
Schwarzes Brett<br />
Erklärung des Vorstands 5<br />
Überblick zu den Wahlen 5<br />
Aus der Redaktion 5<br />
Mensa-Fotowettbewerb 2022 6<br />
Kein 2G bei KiJu Camps im Sommer 6<br />
Post von Udo 6<br />
Informationen zur Impfung7<br />
Eine M von nebenan<br />
Drei Meerschweinchen, zwei Länder, eine Bratsche<br />
Annika Kramer über das deutsche und das schwedische<br />
Gesundheitssystem und ihre große Liebe8<br />
Modellbau<br />
Ein M(ann) scheitert<br />
Eine Hommage an Kettenfahrzeuge,<br />
die Rolling Stones und an das Selbermachen17<br />
Wulf-Stiftung<br />
Spenden für einen „Mensa-Brunnen“ in Afrika:<br />
Wasser ist Leben<br />
Effektiver Altruismus: Die Wulf-Stiftung reagiert20<br />
Vorstellung<br />
Guter Kaffee und viel auf Reisen<br />
Die neue Vorstandsassistentin Laura Sperber.22<br />
Rezension<br />
Die gar nicht mehr so schöne neue Welt<br />
„Wir Internetkinder“ – ein Buch von Julia Peglow 24<br />
LOST PURPOSE DIARY<br />
Ein Auszug aus „Wir Internetkinder“26<br />
Leben mit Kindern<br />
„Wieso sind wir alle so anders?“<br />
Huschi-kawuschi und die C-Hörnchen29<br />
Wissenschaft und Forschung<br />
Mütter, Multitasking und Mental Load<br />
Wie man Flow verhindert und Menschen frustriert32<br />
Studiensteckbrief<br />
Hochbegabte Mathe-Kinder<br />
Begabungsförderungsangebote vor dem Erlass der<br />
Kultusministerkonferenz 201535<br />
Prismenfernglas<br />
Prägnanz und Unübersichtlichkeit<br />
Spielereien mit kurzen und langen Sätzen36<br />
Unendliche Welten<br />
Gemeinsam weiter denken,<br />
warum es nachts dunkel ist<br />
Was Heinrich Wilhelm Matthias Olbers<br />
noch nicht wusste38<br />
Filmkunst<br />
Action, please!<br />
Die Kino-Kolumne mit Extra-Fakten für Besserwisser42<br />
Naturphänomene<br />
Granitgipfelgrate im Gelben Gebirge<br />
Aufbruch nach Pandora featuring Huang Shan44<br />
Unprominente Prominente<br />
Als Informatik noch „Mathe mit Strom“ war<br />
Margaret Hamilton, Programmiererin des<br />
Apollo-Raumfahrt-Programms46<br />
Rätsel<br />
New Tren51<br />
Information52<br />
Vorstand, Impressum54<br />
Scheer Ware<br />
Niemand kann es dem Chef recht machen!<br />
Oder: Vielleicht doch?56<br />
4 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
Übersicht über die Anträge für die<br />
Mitgliederversammlung<br />
Infoseite Wahlausschuss<br />
Schwarzes Brett<br />
Erklärung des Vorstands<br />
Übersicht Wahlinformationen<br />
Termine zur Vorstellung und<br />
Debatten der Kandidierenden<br />
Vorstellung Kandidierende<br />
Schlichtung<br />
Vorstellung Kandidierende<br />
Finanzprüfung<br />
Vorstellung Kandidierende<br />
Vorstandsämter<br />
Weblink zur Mitgliederversammlung<br />
Online-Wahl für die Ämter bis<br />
22. April 2022<br />
Überblick zu den Wahlen<br />
D<br />
er Krieg in der Ukraine macht<br />
uns betroffen und betrifft uns<br />
auch alle, zumindest ein wenig.<br />
Bis vor kurzem war sicherlich für<br />
die meisten von uns Krieg in Europa<br />
undenkbar. Viele konnten<br />
sich nicht vorstellen, dass ein völkerrechtswidriger<br />
Angriffskrieg<br />
vor unserer Haustür Millionen von<br />
Menschen bedroht. Der Schock<br />
sitzt tief und motiviert auch viele<br />
Ms, sich zu engagieren. Wir freuen<br />
uns über das Engagement und ermutigen<br />
jeden, sich gesellschaftlich<br />
einzubringen. Wir finden es<br />
toll, dass sich Ms zusammentun<br />
und gemeinsam Hilfsprojekte fördern.<br />
Einige sind aber auch an uns<br />
herangetreten und haben uns gebeten,<br />
für den Verein eine öffentliche<br />
Erklärung abzugeben. Dem<br />
mussten wir leider eine Absage erteilen.<br />
Unsere Satzung und die Statuten<br />
von Mensa International sind<br />
sehr eindeutig. Wir dürfen im Namen<br />
des Vereins keine politischen<br />
Statements abgeben. Dazu sind<br />
wir schlicht nicht befugt. Von dieser<br />
Regel gibt es keine Ausnahme.<br />
Und das ist auch gut so. Ansonsten<br />
müssten wir das Tagesgeschehen<br />
verfolgen und von Fall zu Fall entscheiden,<br />
wozu sich der Verein nun<br />
äußern sollte und wozu nicht.<br />
Neben der Beilage zu diesem <strong>Mag</strong> gibt es natürlich im Netz reichlich<br />
weitere Informationen zu den anstehenden Wahlen. Da kaum noch jemand<br />
durchblickt, wo was zu finden ist, hier die ultimative, von Ulrike<br />
Dürnfeld zusammengestellte Auflistung aller relevanten Links.<br />
https://mind-mag.de/link/wahl22-mv<br />
https://mindwahl.de/wahl-info<br />
https://mind-mag.de/link/wahl22<br />
https://mind-mag.de/link/wahl22-Date<br />
https://mind-mag.de/link/Schlichtung<br />
https://mind-mag.de/link/Finanzpruef<br />
https://mind-mag.de/link/wahl22-vor<br />
mv.mensa.de<br />
Per personalisiertem Link<br />
(E-Mail vom Wahlausschuss)<br />
Aus der Redaktion<br />
Als dieses <strong>Mag</strong> weitgehend fertig<br />
war, wurde ein Krieg begonnen.<br />
Und es stand die Frage im<br />
Raum: Was tun? So eine Situation<br />
gab es noch nie – ich kann<br />
mich zwar noch gut etwa an<br />
den Beginn des Zweiten Golfkriegs<br />
erinnern, aber das ist<br />
mit dem derzeitigen Erschrecken<br />
nicht vergleichbar.<br />
Natürlich brach vereinsweit<br />
sofort die Diskussion um eine<br />
offizielle Mensa-Stellungnahme<br />
aus. Das Problem dahinter<br />
ist grundlegend: Sollte Mensa<br />
in solchen existenziellen Situationen<br />
Position beziehen?<br />
Wir können als Redaktion<br />
diese Frage nicht beantworten,<br />
wir konnten auch nicht<br />
mehr das Heft umbauen, aber<br />
wir tauschten eine Titelseite<br />
mit fröhlichen Ms aus gegen<br />
eine, die unserer momentanen<br />
Stimmung mehr entspricht.<br />
Und wir möchten zur Hilfe<br />
aufrufen: Es werden weiter zigtausende<br />
Geflüchtete aus der<br />
Ukraine auch nach Deutschland<br />
kommen. Um die kann<br />
man sich kümmern, für die<br />
kann man spenden, hier können<br />
Engagement, Mitgefühl<br />
und Solidarität ganz praktisch<br />
gelebt werden. An vielen Stellen<br />
sind Ms bereits aktiv – wir<br />
wollen darüber in der kommenden<br />
Ausgabe berichten.<br />
Siehe dazu auch die Info über<br />
eine neue Mailing-Liste zum<br />
Thema auf der nächsten Seite.<br />
Dann noch eine Korrektur:<br />
In dem Bericht über die Mind-<br />
Akademie in der Ausgabe 145<br />
ist irrtümlich ein falscher Fotocredit<br />
erschienen. Die dort abgedruckten<br />
Fotos wurden alle<br />
von Simon Siebers gemacht.ek<br />
Datum Uhrzeit Titel Ort Veranstalter<br />
23.04.2022 ab 10:01 <strong>MinD</strong>-Mitgliederversammlung online <strong>MinD</strong><br />
30.04.2022 19:30 bis 23:59 Online-Spieleabend in Passau online Karin Polz<br />
20.05.2022 19:00 bis 23:00 AK Hochbegabte Frauen online Karin Bayer<br />
27.07.2022 bis 31.07.2022 European Mensa Annual Gathering (EMAG) Strasbourg Mensa Frankreich
Schwarzes Brett<br />
Post von Udo<br />
Liebe <strong>MinD</strong>ianer,<br />
eine ganze Reihe<br />
von euch hat<br />
lange nicht mehr<br />
von mir gehört,<br />
aber ich lebe<br />
noch! Deshalb<br />
eine kurze Zusammenfassung<br />
meiner letzten<br />
beiden Monate:<br />
Ich bin am 3. Januar für eine<br />
dreifache Bypass-OP ins Krankenhaus<br />
gegangen, die problemlos<br />
verlief. Dennoch verursachte eine<br />
Nierenschwäche eine Wassereinlagerung<br />
in der Lunge (normal bei<br />
so großen OPs). Während der Entwässerung<br />
fing ich mir trotz Dreifachimpfung<br />
Corona ein. Ich kam<br />
relativ milde davon, aber es kam<br />
immer wieder zu Verlängerungen,<br />
bis ich auf der „Normal“-Station<br />
war. Den Sprung habe ich am<br />
23. Februar geschafft und bin jetzt<br />
auf einem guten Weg. Heute (am<br />
7. März) habe ich meine 14-tägige<br />
Reha in Kiel angetreten und kann<br />
coronafrei in der Klinik meinen<br />
Laptop benutzen. Ich freue mich,<br />
dass ich endlich wieder vernünftig<br />
kommunizieren und euch für<br />
die Genesungswünsche danken<br />
kann.<br />
Über meine „Erlebnisse“ in der<br />
Zwischenwelt (zwischen Realität<br />
und durch Narkosen und Medikamente<br />
verursachte Traumwelten)<br />
will ich ein kleines Heftchen zusammenfassen,<br />
das die merkwürdigsten<br />
Stories enthalten soll.<br />
Es grüßt euch herzlich<br />
euer Udo<br />
Udo Schultz ist Ehrenpräsident<br />
von Mensa International<br />
Das Thema ist „Natur“<br />
Mensa-Fotowettbewerb 2022.<br />
N<br />
ach der Pandemie ist immer<br />
noch nicht, aber nach<br />
dem Fotowettbewerb ist vor<br />
dem Fotowettbewerb. Fasching<br />
gab es auch 2022 keinen, obwohl<br />
jeder genügend Masken<br />
zur Hand gehabt hätte. Doch<br />
die Natur konnte sich zumindest<br />
zeitweise etwas vom Menschen<br />
erholen und so ist dies<br />
2022 unser Thema: Nature –<br />
Natur. Also ab in die Natur –<br />
am besten zu Fuß!<br />
Am 15. Juni 2022 ist Einsendeschluss<br />
– bis zu diesem Datum<br />
müssen die Bilder eingegangen<br />
sein. Sendet eure Bilder<br />
an fotowettbewerb@mensa.de<br />
– die diesjährigen Regeln<br />
findet ihr unter:<br />
Neue Liste<br />
Ukraine<br />
Um die Kommunikation<br />
zwischen<br />
Ms zur aktuellen<br />
Situation<br />
zu bündeln, wurde<br />
die Mailing-<br />
Liste „M2M-Ukraine“<br />
neu eingerichtet.<br />
Hier gibt<br />
es unter anderem<br />
Informationen<br />
über aktuelle<br />
Hilfsmöglichkeiten.<br />
Buchbar wie<br />
üblich im eMVZ<br />
unter „Abonnements“.<br />
http://intfoto.mensa.de/<br />
Regeln_Mensa-Fotowettbewerb_2022.pdf<br />
Von 1. Juli bis 31. August 2022<br />
wird die Online-Abstimmung<br />
im eMVZ stattfinden. Im Anschluss<br />
geben wir „unsere“ Sieger<br />
dann schnellstmöglich bekannt<br />
und leiten sie zum internationalen<br />
Wettbewerb weiter.<br />
Eine Expertenjury wird dann<br />
die internationalen Sieger ermitteln.<br />
Ich freue mich auf möglichst<br />
viele kreative Ideen zum Thema<br />
und bin sehr gespannt auf<br />
eure Einsendungen.<br />
Wolf-Dieter Roth<br />
Kein 2G bei den KiJu<br />
Camps im Sommer<br />
Vergangenen September wurde für die Kids<br />
& Juniors Camps die 2G-Regel beschlossen.<br />
Nachdem sich seither die pandemische<br />
Lage stark verändert hat, sehen die Veranstalter<br />
für die Freizeiten im Sommer keine<br />
Notwendigkeit dafür. Ein negativer Test ist<br />
für eine Teilnahme voraussichtlich ausreichend.<br />
Lediglich die Betreuenden müssen<br />
weiterhin einen 2G-Nachweis erbringen.<br />
Wie in den Teilnahmebedingungen der<br />
Juniors Ostercamps vereinbart, bleibt die<br />
2G-Regel für Ostern bestehen, damit sich<br />
alle Registrierten darauf verlassen können.<br />
Ausführliche Informationen und Updates<br />
gibt es in unserem Newsletter, der an die<br />
Mailingliste Ms-bis-18 verschickt wird, und<br />
unter mensa.de/kiju/camps/
Informationen<br />
zur Impfung<br />
M Thomas Köster hat zum Thema Impfen eine<br />
Informations-Webseite ins Netz gestellt. Er<br />
schreibt: Rund um die Corona-Impfung grassieren<br />
im Internet Verzerrungen, waghalsige<br />
Hypothesen und schlicht Fake News. Ich habe<br />
deshalb eine evidenzbasierte, meinungsfreie<br />
Webseite aufgebaut, um dem etwas entgegenzusetzen:<br />
https://corona-impf.info/<br />
Die Seite richtet sich an Impfskeptiker und<br />
Menschen, die mit solchen diskutieren (müssen).<br />
Dies sind die „Alleinstellungsmerkmale“:<br />
• Knappe, verständliche Texte gegen das tl;dr-<br />
Syndrom (tl;dr = too long; didn't read)<br />
• Alle Aussagen sind durch Verweise auf wissenschaftliche<br />
Studien abgesichert.<br />
• Die verwendeten Studien werden von mir<br />
aufbereitet, sodass auch Menschen ohne<br />
Fach- und Englischkenntnisse die Kernaussagen<br />
nachvollziehen können.<br />
• Typische Argumente der Impfgegner werden<br />
im Blog aufgearbeitet. Thomas Köster<br />
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EINE M VON NEBENAN<br />
Drei Meerschweinchen,<br />
zwei Länder, eine Bratsche<br />
Annika Kramer über das deutsche und das schwedische<br />
Gesundheitssystem und ihre große Liebe.<br />
Mensanerin und Meerschweinchen-Mama Annika entschloss sich vor sechs Jahren, nach<br />
Nordschweden zu ziehen. Wie es dazu kam, was sie in ihrer neuen Heimat erlebte, und wie<br />
sie speziell den Winter genießt, erzählt sie Christina Zejewski.<br />
„M von nebenan“ – so nebenan bist du<br />
ja gar nicht mehr, sondern vor sechs<br />
Jahren nach Schweden ausgewandert.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Ich bin gar nicht ausgewandert,<br />
ich bin einfach nur hierhin<br />
gezogen. Skandinavien hat<br />
mich schon immer fasziniert.<br />
Ich habe dort oft Urlaub gemacht,<br />
anfangs nur Wandern,<br />
später fuhr ich auch im Winter<br />
hin. Die deutschen Sommer<br />
finde ich zu warm, zu feucht, zu<br />
trocken. Der skandinavische<br />
Sommer mit seinen maximal 25<br />
Grad und trockener Luft ist ganz<br />
toll. Ich mag die Berge hier, ich<br />
mag das Fjäll.<br />
Als ich 2014 meinen Job in<br />
Münster gekündigt hatte, bin<br />
ich ohne großen Plan hochgeflogen,<br />
habe Freunde besucht,<br />
neue Freunde kennengelernt,<br />
sowohl in Schweden als auch<br />
in Norwegen, und da schon geguckt,<br />
wie es denn wäre, hier<br />
zu leben. Sogar ein Mini-Praktikum<br />
hab ich gemacht – einen<br />
Tag in Mo i Rana in Norwegen –,<br />
um zu sehen, wie es sich anfühlt.<br />
Es fühlte sich gut an.<br />
Allerdings hatte ich zu Hause<br />
noch einen Freund, mit dem<br />
ich schon sehr lange zusammen<br />
war. Als das kurz darauf auseinander<br />
ging, dachte ich: „Du hast<br />
den Job gekündigt, du bist aus<br />
der Beziehung raus, da kannst<br />
du auch tabula rasa machen.“<br />
Also schrieb ich dem Human-Ressource-Department<br />
der<br />
„Frühlingspaddeln.“<br />
nördlichsten Regionen Schwedens:<br />
„Wenn ich eines Tages<br />
mal in Schweden arbeiten wollen<br />
würde, was würdet ihr dann<br />
von mir brauchen?“ Mit genau<br />
so vielen Konjunktiven!<br />
Passend zu Weihnachten kam<br />
die Antwort aus Västerbotten:<br />
„Wir möchten ein Videointerview<br />
mit dir machen. Wir wollen<br />
dich haben.“<br />
Trotz Konjunktive wurdest du zum<br />
Vorstellungsgespräch eingeladen?<br />
Ja, das war im Dezember. Das<br />
Ulkige war, dass wir erstmal<br />
nicht zusammenkamen. Die<br />
wollten einen Termin montags<br />
bis freitags zwischen acht und<br />
sechzehn Uhr haben, aber da<br />
arbeitet der deutsche Arzt. Ich<br />
hatte ja nie frei! Das kannten die<br />
schwedischen Verantwortlichen<br />
nicht. „Wie, nie frei? Wann hast<br />
du denn das nächste Mal Urlaub?“<br />
– „Im Oktober vielleicht.“<br />
Das konnten die gar nicht begreifen.<br />
Mit viel Mühe und Not<br />
haben wir dann einen Termin<br />
8 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022<br />
„Auf dem Meer.“
EINE M VON NEBENAN<br />
„Mein erstes Mittsommer.<br />
Kranz noch etwas<br />
dürftig.“<br />
Alle Fotos und Bildunterschriften<br />
stammen<br />
von Annika.<br />
im Februar morgens vor einem<br />
Nachtdienst gefunden.<br />
Nach diesem Interview wurde<br />
ich nach Umeå eingeladen,<br />
der Hauptstadt von Västerbotten.<br />
Alle drei Krankenhäuser in<br />
der Provinz wollten mich, aber<br />
Umeå würde nach Meinung der<br />
HR-Frau am besten zu mir passen.<br />
Dann ging der Spaß von<br />
vorne los, denn wir mussten einen<br />
Besuchstermin finden.<br />
Im Mai habe ich dann tatsächlich<br />
drei Tage frei bekommen,<br />
war hier oben und fand es irgendwie<br />
schön, obwohl ich die<br />
Stadt selbst ganz furchtbar fand.<br />
Das Krankenhaus ist eine Uni-<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 9
EINE M VON NEBENAN<br />
klinik, aber netter als das, was<br />
ich aus Deutschland kannte.<br />
Sich dann wirklich für den<br />
Umzug zu entscheiden, war<br />
ganz, ganz schwer, weil ich in<br />
Deutschland gerade einen neuen<br />
Job auf der Palliativstation<br />
hatte, in dem ich mich unfassbar<br />
wohl fühlte. Aber ich habe<br />
mir gesagt, dass diese Chance<br />
vielleicht nie wiederkommt und<br />
habe zugesagt.<br />
Dann haben die Schweden etwas<br />
zäh geantwortet. Erst, als<br />
ich sie ein bisschen unter Druck<br />
gesetzt habe, hatte ich innerhalb<br />
von 24 Stunden eine Antwort,<br />
hab alles zusammengepackt,<br />
meinen Job gekündigt<br />
und bin im Dezember hergezogen.<br />
Von der ersten Mail bis<br />
zum Umzug hat es also genau<br />
ein Jahr gedauert.<br />
Die schwedische Sprache konntest<br />
du schon?<br />
Nein, kein bisschen! Ich hatte<br />
mal einen Volkshochschulkurs<br />
in Norwegisch gemacht<br />
und konnte auf Norwegisch sagen,<br />
wie ich heiße.<br />
Im Januar hab ich also einen<br />
Einstufungstest gemacht in der<br />
Erwartung, dass es ganz einfach<br />
losgeht mit Sätzen wie „Jag heter<br />
Annika“. Aber nein. Nach<br />
dem Test bekam ich ein Heft<br />
vor die Nase gelegt mit der Aufschrift<br />
„B1“. Weil man sich als<br />
deutscher Muttersprachler mit<br />
Grundkenntnissen in Norwegisch<br />
sehr viel erschließen kann,<br />
hatte ich blöderweise die Texte<br />
im Einstufungstest ganz gut lesen<br />
können.<br />
Dann ging also der Schwedischkurs<br />
los. Zum Glück ist<br />
Schwedisch nicht so schwer und<br />
die Lehrerin passte super.<br />
„Winterbaden.“<br />
Eine Kollegin und ich hatten<br />
zusammen Unterricht: Nach<br />
zwei Wochen hatten wir das A2-<br />
Zertifikat geschafft und nach einem<br />
weiteren Monat B1. Dann<br />
haben wir noch fünf Monate<br />
weitergemacht. Nach einem<br />
halben Jahr Unterricht kann<br />
man Schwedisch ganz passabel.<br />
Manche der seltsamen Zischund<br />
Reibelaute werde ich trotz<br />
des manchmal fast logopädischen<br />
Unterrichts nie lernen.<br />
Aber hier oben im Norden<br />
spricht man die zum Glück fast<br />
alle gleich aus.<br />
Du bist also schlauerweise in eine Region<br />
mit dankbarem Dialekt gezogen.<br />
„Auch im Sommer kann man baden.“<br />
Es ist nicht wirklich ein Dialekt,<br />
nur eine andere Ausspracheform.<br />
Es gibt aber auch richtige<br />
schwedische Dialekte, zum<br />
Beispiel Bonska in Skellefteå,<br />
und gerade die lokalen Dialekte<br />
sind echt hart. Da verstehe ich<br />
manche Wörter, aber wenn die<br />
Leute untereinander richtig loslegen,<br />
habe ich keine Chance.<br />
Reichte das B1-Zeugnis für eine<br />
schwedische Staatsbürgerschaft oder<br />
hast du die gar nicht beantragt?<br />
Ich brauchte B2, aber das hatte<br />
nichts mit Schweden an sich<br />
zu tun. Ich hatte einen Arbeitsvertrag<br />
und eine schwedische<br />
Arbeitserlaubnis, bevor ich die<br />
Sprache konnte. Der Arbeitge-<br />
10 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
er hat die Bedingung, Schwedisch<br />
auf B2-Niveau zu beherrschen,<br />
um sich mit den Patienten<br />
verständigen zu können,<br />
was ich auch sinnvoll finde.<br />
Für die Staatsbürgerschaft<br />
selbst braucht man keinen<br />
Sprachnachweis. Es ist denen<br />
genug, wenn man sich durch<br />
die Onlineformulare zur Beantragung<br />
klicken kann. Ansonsten<br />
muss man mindestens fünf<br />
Jahre im Land gelebt haben und<br />
eine Aufenthaltserlaubnis besitzen,<br />
die man als EU-Bürger ja<br />
ohnehin hat. Es gibt noch eine<br />
dritte Bedingung, die mir gerade<br />
nicht mehr einfällt.<br />
Man reicht die Nachweise online<br />
ein und dann geht es unterschiedlich<br />
schnell: Ich habe die<br />
Staatsbürgerschaft nach einem<br />
Monat erhalten. Mein Mann<br />
wartet jetzt seit zwei Jahren. Woran<br />
das liegt, ist uns unklar.<br />
Kommt dein Mann auch aus Deutschland<br />
oder hast du ihn in Schweden<br />
kennengelernt?<br />
Beides! Er ist Deutscher, aber<br />
lebt schon länger als ich in<br />
Schweden. Eine Freundin hatte<br />
mich auf diesen Typen aufmerksam<br />
gemacht, der einen Blog<br />
über sein Leben in Västerbotten<br />
führt und genauso wintervernarrt<br />
zu sein schien wie ich.<br />
In zwei Wochen habe ich mir<br />
die Artikel der letzten drei Jahre<br />
durchgelesen und viel kommentiert.<br />
Irgendwann sind wir Facebookfreunde<br />
geworden. Als ich<br />
hergezogen war, haben wir uns<br />
endlich live kennengelernt.<br />
Den Blog hast du also bereits gelesen,<br />
als du noch in Deutschland warst,<br />
und den Verfasser, der damals schon<br />
in Schweden lebte, später geheiratet?<br />
Ja. Unterschätze also nie die<br />
Macht der sozialen Medien!<br />
Wie ist die Arbeit als Medizinerin<br />
in Schweden? Kannst du deine<br />
deutschen Spezialisierungen dort<br />
ausüben?<br />
Da muss ich ausholen. Meine<br />
Grundfacharztausbildung ist<br />
Anästhesistin. In Deutschland<br />
habe ich eine Weiterbildung für<br />
Anästhesisten zur Intensivmedizin<br />
gemacht, die es in Skandinavien<br />
nicht gibt.<br />
In Schweden gelte ich damit<br />
als Doppelfachärztin für Anästhesie<br />
und Intensivmedizin, bin<br />
also geupgradet. Meine Einstellung<br />
in Schweden habe ich als<br />
Intensivmedizinerin bekommen.<br />
Das wollte ich auch so,<br />
EINE M VON NEBENAN<br />
weil ich seit vielen Jahren nicht<br />
mehr in der Anästhesie gearbeitet<br />
habe. Vielleicht kann ich<br />
noch eine Blinddarmentzündung<br />
betäuben, aber dann hört’s<br />
auch auf. Ich bin mit Leib und<br />
Seele Intensivmedizinerin.<br />
In meinem letzten Jahr in<br />
Deutschland habe ich noch eine<br />
weitere Weiterbildung gemacht,<br />
und zwar als Palliativmedizinerin.<br />
Diese Weiterbildung habe<br />
ich mir in Schweden nicht direkt<br />
anerkennen lassen.<br />
Vor drei Jahren schrieb das<br />
Krebszentrum hier in Umeå<br />
eine Stelle aus für einen Assistenzarzt<br />
mit der Facharztausbildung<br />
Palliativmedizin. Auch<br />
das ist hier im Gegensatz zu<br />
Deutschland wieder ein eigener<br />
Facharzt. Die letzten zweieinhalb<br />
Jahre habe ich also meine<br />
dritte Facharztausbildung absolviert<br />
und bin in einem Monat<br />
fertig.<br />
Hast du denn dabei noch etwas Neues<br />
gelernt, wo du die palliativmedizinische<br />
Weiterbildung doch schon in<br />
Deutschland gemacht hattest?<br />
Natürlich kann ich mir sehr<br />
viel Theorie, beispielsweise zu<br />
den Medikamenten, aus meinen<br />
anderen Ausbildungen und der<br />
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Berufserfahrung herleiten. Da<br />
kann ich wahrscheinlich sogar<br />
mehr als meine schwedischen<br />
Kollegen.<br />
Aber es ist spannend, auf die<br />
Unterschiede zu schauen: In<br />
Deutschland sind etwa ein Drittel<br />
der Palliativmediziner Anästhesisten.<br />
In meinem vierzigköpfigen<br />
Kurs in Schweden waren<br />
wir nur zwei! Die meisten<br />
anderen Kollegen in der Ausbildung<br />
waren Allgemeinmediziner,<br />
Onkologen oder auch Rehabilitationsmediziner.<br />
Ich weiß gar nicht, ob es diese<br />
Facharztrichtung in Deutschland<br />
gibt. Viele der Medikamente,<br />
die wir in Deutschland<br />
kennen, zum Beispiel gegen<br />
chronische Schmerzen, sind in<br />
Schweden gar nicht bekannt.<br />
Substanzen, mit denen in der<br />
palliativen Welt geforscht wird,<br />
wie S-Ketamin oder Psilocybin<br />
kennt hier nur ein Winzteil der<br />
Kolleginnen und Kollegen.<br />
Die Studien dazu sind sehr<br />
spannend und in Deutschland<br />
ein großes Thema, während die<br />
schwedischen Palliativmediziner<br />
noch nie davon gehört haben.<br />
Haschisch ist ein weiteres<br />
Beispiel: In Deutschland kann<br />
man es als Palliativpatient seit<br />
2017 auf Rezept bekommen, hier<br />
ist das völlig undenkbar.<br />
Ein weiterer Unterschied zu<br />
Münster: Hier arbeite ich nicht<br />
auf einer Palliativstation, sondern<br />
bei dem, was in Deutschland<br />
die SAPV, die Spezialisierte<br />
Ambulante Palliativversorgung,<br />
also die Versorgung zu Hause<br />
ist. Dabei lerne ich sehr viel,<br />
denn vorher habe ich nie Leute<br />
zu Hause besucht und dort behandelt.<br />
„Liebe auf den ersten Blick.“<br />
„Lilly und Kakan.“<br />
Wir decken in Umeå die Nachbarkommunen<br />
in einem Radius<br />
von etwa 150 Kilometern ab.<br />
Ich fahre also an manchen Tagen<br />
mal eben 150 Kilometer einen<br />
Weg hinaus aufs Land, besuche<br />
Menschen auf ihren eingeschneiten<br />
Bauernhöfen und<br />
überlege, wie ich deren Leben<br />
irgendwie verbessern kann. Unter<br />
diesen Bedingungen geht<br />
das natürlich nicht immer so,<br />
wie es im Lehrbuch steht.<br />
Die große Frage ist oft, was<br />
man machen soll und was nicht,<br />
weil es für den Patienten zu aufwendig<br />
ist: Sollte ich ihn zum<br />
Beispiel für einen Ultraschall<br />
300 Kilometer zum nächsten<br />
Krankenhaus fahren lassen?<br />
Das wäre in Deutschland ja gar<br />
keine Frage. Selbst wenn wir solche<br />
Distanzen hätten, wäre die Antwort<br />
natürlich ja. Sind das deutsche und<br />
schwedische Gesundheitssystem so<br />
unterschiedlich?<br />
Da könnte ich vier Stunden<br />
drüber reden, denn die Unterschiede<br />
sind extrem. Im Schwedischen<br />
gibt das das schöne<br />
Wort „lagom“, was „genau richtig“,<br />
„nicht zu viel, nicht zu wenig“<br />
bedeutet.<br />
Das deutsche und das schwedische<br />
Gesundheitssystem befinden<br />
sich auf der Skala, auf der<br />
„lagom“ in der Mitte steht, an<br />
den beiden gegenüberliegenden<br />
Extremen: In Deutschland hat<br />
man die totale Überversorgung;<br />
jeder, der etwas Halskratzen hat,<br />
geht sofort zum HNO-Arzt, jeder,<br />
der mal kurz ein Herzklopfen<br />
verspürt, rennt zum Kardiologen.<br />
Man wird auf den Kathetertisch<br />
gezerrt. Knieoperationen<br />
ohne Ende. Deutschland<br />
ist international bekannt dafür,<br />
dass wir Menschen überversorgen.<br />
In Schweden ist es genau andersherum:<br />
Ein stark ausgeprägtes<br />
Allgemeinmedizinsystem<br />
und insgesamt eine unglaublich<br />
niedrige Zugänglichkeit,<br />
besonders bei Fachärzten.<br />
Alles, wirklich alles läuft in erster<br />
Linie über Allgemeinmediziner.<br />
Und selbst die trifft man<br />
nicht direkt, sondern immer<br />
erst eine Krankenschwester, die<br />
dann entscheidet, ob und wen<br />
man als nächstes sehen kann.<br />
Wo ich zum Beispiel in<br />
Deutschland der Meinung<br />
wäre, dass ich ein MRT für meinen<br />
Rücken bräuchte, verweist<br />
mich die schwedische Krankenschwester<br />
an den Physiotherapeuten,<br />
mit dem ich dann nach<br />
ein paar Monaten oder auch Jahren<br />
beratschlagen darf, ob ich<br />
doch mal einen Facharzt sehen<br />
könnte, die es hier überhaupt<br />
nur in Krankenhäusern gibt.<br />
Die bekannte Vorsorgeuntersuchung<br />
aus der Gynäkologie<br />
wird hier von einer Hebamme<br />
durchgeführt. Wenn die et-<br />
12 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
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was Ungewöhnliches findet, schickt sie einen<br />
zum Gynäkologen ins Krankenhaus. In<br />
größeren Städten hat man zumindest kürzere<br />
Wege, aber bis ein Landbewohner zum<br />
Beispiel mal zum Neurologen oder Orthopäden<br />
kommt, vergeht sehr viel Zeit.<br />
Manchmal denke ich, dass das Vorteile<br />
hat; 90 bis 95 Prozent unserer Beschwerden<br />
kann ein guter Allgemeinmediziner behandeln,<br />
zumal die in Schweden viel umfangreicher<br />
ausgebildet sind als bei uns und<br />
auch kleine Operationen vornehmen können.<br />
Aber wenn es mal drauf ankommt, gibt es<br />
leider eine sehr hohe Barriere: Schon vor<br />
Corona hat man hier ein Jahr lang auf einen<br />
Termin für ein neues Hüftgelenk gewartet<br />
und ein halbes Jahr auf ein MRT bei<br />
Rückenbeschwerden. Über die, die sich in<br />
Deutschland wegen zwei Wochen Wartezeit<br />
beschweren, kann ich nur noch lachen.<br />
Übrigens sind Geschichten aus Schweden,<br />
dass beispielsweise Partnerkurse für<br />
Entbindungen im Auto angeboten werden,<br />
wahr. In Südlappland, also unserem Inland,<br />
das etwa so groß ist wie die Schweiz, gibt<br />
es genau ein Krankenhaus. Wenn das über<br />
Weihnachten für drei Wochen seine Entbindungsstation<br />
zumacht, müssen die Leute<br />
eben 400 statt 130 Kilometer zum Krankenhaus<br />
fahren, weil das Konzept Hausgeburt<br />
hier nicht existiert. Also kommt das<br />
Kind dann schon mal im Auto.<br />
Vorteile im System gibt es an anderen<br />
Stellen. An Pflegedienste kommt man zum<br />
Beispiel sehr viel leichter, weil das Versorgungssystem<br />
stark zentralisiert ist.<br />
Welche Vorteile hat Schweden denn gegenüber<br />
Deutschland? Was gibt es Cooles, was man in<br />
Deutschland nicht kennt oder nicht machen kann?<br />
So viel kann ich dazu gar nicht sagen, weil<br />
Schweden riesengroß ist und ich das Land<br />
südlich von Östersund eigentlich nicht<br />
kenne. Und achtzig Prozent der Schweden<br />
leben südlich von Östersund.<br />
Von Stockholm kenne ich den Flughafen<br />
und in Malmö immerhin ein Kongressgebäude.<br />
Irgendwann haben wir mal Freun-<br />
mind magazin 146/februar 2022 | 13<br />
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de da unten besucht und eine<br />
kleine Rundfahrt zu diesen ganzen<br />
Orten, die auf -köping enden,<br />
gemacht. War ganz nett,<br />
aber wäre das meine erste Begegnung<br />
mit dem Land gewesen,<br />
wäre ich niemals hierher<br />
gezogen!<br />
Ich wohne ja aus gutem Grund<br />
in Nordschweden. Hier gibt<br />
es einfach Winter! Ganz, ganz<br />
schönen Winter! Jetzt gerade,<br />
also Mitte Januar, ist mein Mann<br />
auf dem Weg zu seiner Arbeit in<br />
Norwegen. Er wird heute Nacht<br />
in Riksgränsen festsitzen, weil<br />
er nicht über die Grenze kommt.<br />
Nicht wegen Corona, sondern<br />
weil da gerade 120 Zentimeter<br />
Schnee fallen. Das ist großartig!<br />
Und diesen Winter hatten wir<br />
hier – wohlgemerkt an der Küste!<br />
– zwischenzeitlich Temperaturen<br />
von minus zwanzig Grad.<br />
Blöderweise ist uns dadurch<br />
die Wasserleitung schon zweimal<br />
eingefroren, aber dafür<br />
kann man auf dem Meer Schlittschuh<br />
laufen! Man kann sich<br />
über die ganze Halbinsel auf<br />
Skiern fortbewegen! Man kann<br />
im Sommer und Herbst wandern,<br />
Blaubeeren und Moltebeeren<br />
pflücken, Elche bestaunen,<br />
die vor unserem Haus übers zugefrorene<br />
Wasser laufen, oder<br />
Rentiere. Kurz gesagt: Natur!<br />
Wenn man Musik mag, ist<br />
Schweden auch nicht schlecht!<br />
Folkmusik ist hier ganz groß. In<br />
Umeå findet einmal im Jahr ein<br />
Festival statt. Vor meinem ersten<br />
Besuch hatte ich so hundert<br />
Leute erwartet. Wie viele Leute<br />
leben schon in Nordschweden?<br />
Aber es war proppenvoll! Allein<br />
der größte Veranstaltungssaal,<br />
der etwa 1500 Menschen fasst,<br />
war bei jedem Konzert überfüllt.<br />
„Winterwonderland vor<br />
Weihnachten.“<br />
Egal, wohin du dich bewegst,<br />
überall steht eine Band und<br />
spielt Nyckelharpa und Fiddle.<br />
Irgendwo wird bestimmt getanzt.<br />
Leider kann ich sowas gar<br />
nicht.<br />
Du hast es gewagt, mit über dreißig<br />
noch ein Streichinstrument zu erlernen<br />
und bist glückliche Bratschistin<br />
geworden. Wie kam es dazu?<br />
Ich hab mein Leben lang Klavier<br />
und Orgel und irgendwann<br />
davor natürlich auch Blockflöte<br />
gespielt. Musik gab es also<br />
immer schon in meinem Leben,<br />
vor allem Singen. Mit Mitte<br />
zwanzig habe ich angefangen,<br />
im Freien Musical Ensemble<br />
Münster zu singen, einer Laiengruppe<br />
auf sehr hohem Niveau.<br />
Irgendwann fand ich das, was<br />
im Orchestergraben passierte,<br />
spannender als das Bühnengeschehen,<br />
und hatte mich mit ein<br />
paar Musikern angefreundet.<br />
Deren Proben und Spielen<br />
war ganz anders als das, was ein<br />
Chorsänger erlebt. Mein Lieblingsbeispiel<br />
ist immer das Einsingen:<br />
Auf Chorfestivals macht<br />
man ja immer so verrückte Kennenlernspiele,<br />
geht herum und<br />
soll sich anlachen und so. Die<br />
Orchestermusiker gucken einen<br />
dann nur mit einem Blick an,<br />
der fragt: Können wir jetzt bitte<br />
stimmen und anfangen?<br />
In einer Musicalproduktion<br />
musste meine Rolle dann dauernd<br />
eine Geige auf der Bühne<br />
hin- und hertragen. Zehn Vorstellungen<br />
lang habe ich dieses<br />
Instrument getragen, aber<br />
nie ausgepackt, bis der Konzertmeister<br />
sagte: „Komm, jetzt<br />
spiel doch mal!“<br />
Als ich direkt ein paar Töne für<br />
„Twinkle Twinkle Little Star“ gefunden<br />
habe, obwohl’s da doch<br />
gar keine Markierungen gibt,<br />
hat es mich völlig gepackt! Daraufhin<br />
sagte eine Freundin:<br />
„Lasst uns im Chor sammeln,<br />
und zum Geburtstag kriegst du<br />
fünf Teststunden für die Geige!“<br />
Der Konzertmeister schritt zum<br />
Glück ein und meinte: „Vergiss<br />
es. Mit der Geige wirst du in diesem<br />
Leben nichts mehr werden.<br />
Wenn es wirklich dein Ziel ist,<br />
im Orchester zu spielen, lernst<br />
du Bratsche.“<br />
Bratsche kannte ich bis dahin<br />
nur flüchtig. Also haben wir uns<br />
eines Abends zu Rotwein getroffen<br />
und Musik von Kim Kashkashian<br />
gehört. Da war ich hin<br />
und weg! Meine erste Testgeigenstunde<br />
begann damit, dass<br />
ich die Lehrerin fragte, ob es in<br />
Ordnung wäre, statt der Geige<br />
die Bratsche zu nehmen. Als ich<br />
14 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
EINE M VON NEBENAN<br />
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dann eine Bratsche in der Hand<br />
hatte, war es Liebe auf den ersten<br />
Blick.<br />
Hier hatte ich auch Unterricht,<br />
bei der Stimmführerin des<br />
Opernorchesters. Das war schon<br />
anders. Nachdem sie leider<br />
nach Malmö gezogen ist, habe<br />
ich nur einen anderen Lehrer<br />
ausprobiert. Der war aber blöd.<br />
Seitdem habe ich keinen Unterricht<br />
mehr. Es fehlt mir sehr.<br />
Hast du ein Orchester in der Nähe?<br />
Ja. Dass es ein Orchester gibt,<br />
war unter anderem auch das<br />
Auswahlkriterium für Umeå.<br />
Eingestiegen bin ich dort ganz<br />
niederschwellig mit einem<br />
Stück, das ich schon mal gespielt<br />
hatte, der Hebriden-Ouvertüre.<br />
Wir haben vier Konzerte<br />
im Jahr und ein sehr buntes<br />
Programm. Jetzt im Februar hätten<br />
wir zum Beispiel die „Rhapsody<br />
in Blue“ von Gershwin gespielt<br />
und „Förklädd Gud“ von<br />
Lars-Erik Larsson.<br />
Davon habe ich noch nie gehört.<br />
Das ist etwa, wie wenn du in<br />
Deutschland sagst, dass du den<br />
„Messias“ nicht kennst. „Förklädd<br />
Gud“ ist eines der wichtigsten<br />
Musikstücke in Schweden!<br />
Im Mai werden wir mit einer lokalen<br />
Punk-Band deren neue<br />
Platte aufführen, Mittelalter-<br />
Folk-Punk, zusammen mit dem<br />
Dvořák-Cellokonzert, ziemlich<br />
bunt also. Vor zwei Jahren haben<br />
wir mit einer Big Band zusammen<br />
typisches Big-Band-Repertoire<br />
gespielt und einen Monat<br />
später die Matthäus-Passion.<br />
Hattest du trotz Corona, Job und all<br />
der Hobbys Zeit, dir die Mensa-Aktivitäten<br />
in Schweden anzuschauen?<br />
Zumindest habe ich mich mal<br />
durch deren Internetseiten gekämpft,<br />
die ich ganz schön unübersichtlich<br />
finde, und festgestellt,<br />
dass es in Umeå einen<br />
Stammtisch gibt.<br />
Der Besuch eines schwedischen<br />
Mensa-Treffens steht<br />
noch bei mir auf der Liste, im<br />
März ist wieder Stammtisch!<br />
Ein Bekannter meines Mannes<br />
ist auch bei Mensa, das habe ich<br />
im Mitgliedermagazin gelesen.<br />
Ihr habt nie mal so drüber gesprochen?<br />
Auf keinen Fall! In Schweden<br />
gibt’s das „Jantelag“, also die gesellschaftliche<br />
Konvention, anderen<br />
nichts zu sagen, was einen<br />
selbst besser dastehen lässt. Für<br />
manche ist es auch in Deutschland<br />
schwierig zu erzählen, dass<br />
man bei Mensa ist. In Schweden<br />
ist das nicht anders.<br />
Hochbegabtenförderung gibt es gar<br />
nicht in Schweden, oder?<br />
Nein. Das Land ist extrem sozialdemokratisch<br />
geprägt. Alle<br />
müssen gleich sein. Es gibt ja,<br />
wie du weißt, auch quasi keine<br />
unterschiedlichen Schulformen.<br />
Fast neunzig Prozent der Kinder<br />
hier machen „Abitur“. Allerdings<br />
ist die Note auch weniger<br />
starr als in Deutschland, was<br />
die Systemdurchlässigkeit erhöht.<br />
Wenn man eine bestimmte<br />
Punktzahl, die man für seinen<br />
Traumjob bräuchte, nicht erreicht<br />
hat, kann man die in der<br />
Abendschule nachmachen.<br />
In Schweden ist es daher ganz<br />
üblich, nach der zehnten Klasse<br />
erstmal vor lauter Schulmüdigkeit<br />
abzugehen. Wenn man<br />
dann Lust hat, geht man eben<br />
mind magazin 146/februar 2022 | 15<br />
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in die Abendschule und qualifiziert<br />
sich wieder hoch.<br />
Die vielen gebrochenen Lebensläufe<br />
hier finde ich wirklich<br />
cool! Ich hatte einen Oberarzt<br />
auf der Intensivstation, der<br />
mit sechzehn von der Schule<br />
gegangen ist, weil er lieber fotografieren<br />
wollte. Er hat zehn<br />
Jahre lang in Stockholm Promifotos<br />
geschossen. Irgendwann<br />
hatte er die Nase voll von dieser<br />
Schickimickigesellschaft, hat<br />
die Abendschule besucht, um<br />
sich die fehlenden Hochschulpunkte<br />
für das Medizinstudium<br />
zu erarbeiten, und mit 28 das<br />
Studium begonnen. Später hat<br />
er dann auch die Fachrichtung<br />
mehrfach gewechselt.<br />
So etwas ist hier völlig normal<br />
und wundert niemanden. Da es<br />
kein Prestigegehabe gibt, ist es<br />
auch nicht verpönt, in der „Hierarchie“<br />
abzusteigen. Die Menschen<br />
freuen sich wirklich für<br />
einen, wenn man sich ein neues<br />
Tätigkeitsfeld erschließt.<br />
„Mal wieder kurz Anästhesistin.“<br />
Klingt ziemlich mensatypisch. Du bist<br />
ja auch in Deutschland M-sozialisiert.<br />
Wann und wie kamst du zu Mensa?<br />
Ich glaube, mit achtzehn oder<br />
neunzehn. Ich konnte lesen und<br />
schreiben, als ich in die Schule<br />
kam, meine Eltern, die beide<br />
Lehrer waren, haben darüber<br />
verhandelt, was man mit<br />
mir machen solle. Mein Papa<br />
fand, dass ich gut in der zweiten<br />
Klasse anfangen könne, meine<br />
Mama fand, aus Sozialisierungsgründen<br />
solle man die Grundschule<br />
komplett durchlaufen.<br />
Letzteres ist dann passiert und<br />
ich bin brav zur Grundschule gegangen.<br />
Das war auch ganz super,<br />
aber am Gymnasium wurde<br />
es dann langweilig. Schließlich<br />
durfte ich von der 10.1 in die<br />
11.2 springen.<br />
Als klar war, dass ein Medizinstudium<br />
eine Option für mich<br />
ist, habe ich den Medizinertest<br />
gemacht, und zwar ziemlich gut.<br />
Aber erstmal habe ich Physik<br />
studiert und im Studium Christian<br />
Severin aus Münster getroffen.<br />
Christian war damals schon<br />
Mensa-Mitglied. Er schlug mir<br />
vor, nach dem Mediziner- den<br />
Mensa-Test zu machen. Also bin<br />
ich hin und erinnere mich noch<br />
sehr gut an diesen Tag. Wir wurden<br />
vorher gefragt, ob wir Testerfahrung<br />
hätten. „Ja, ich habe<br />
gerade den Medizinertest gemacht“,<br />
sagte ich, und wurde<br />
angeguckt, also wäre ich ein Idiot<br />
und völlig fehl am Platz.<br />
Dann hab ich erstmal Medizin<br />
studiert und hatte genug anderes<br />
zu tun. Irgendwann während<br />
einer Nachtschicht habe ich im<br />
Internet gesurft, bin auf der<br />
Mensa-Seite gelandet und dachte:<br />
„Jetzt wirst du auch endlich<br />
mal Mitglied.“<br />
Zum Stammtisch bin ich dann<br />
allerdings nicht so oft gegangen,<br />
weil alle immer wissen wollten,<br />
was ich denn gerne spiele, ich<br />
Spiele aber total blöd finde.<br />
Ich finde es sehr erfrischend, heute<br />
mit jemandem zu videochatten, bei<br />
dem nicht dauernd eine Katze durchs<br />
Bild läuft. Danke dafür!<br />
Na gern! Aber ein Ohr habe<br />
ich trotzdem immer nach hinten<br />
gerichtet, weil ich vor zwei<br />
Tagen neue Meerschweinchen<br />
bekommen habe, die gerade sozialisiert<br />
werden und mit dem<br />
alteingesessenen Meerschweinchen<br />
noch nicht so gut zurechtkommen.<br />
Deshalb muss ich immer<br />
hinhören, ob sich hinter<br />
mir jemand prügelt.<br />
Du hast also eine ganze Meerschweinchenkolonie?<br />
Im Moment sind es nur drei.<br />
Eigentlich habe ich immer vier.<br />
In den letzten Wochen hatten<br />
wir leider zwei plötzliche Todesfälle.<br />
Daher habe ich ganz frisch<br />
ein älteres Mädchen-Pärchen<br />
aus der Nachbarstadt adoptiert.<br />
Jetzt werde ich sehen, ob Helene,<br />
Malin und Elisabeth gut miteinander<br />
auskommen.<br />
Diese Meerschweinchenpassion<br />
hab ich immer schon gehabt.<br />
Als ich klein war, hatten wir<br />
eine Phase mit circa zehn Stück,<br />
frühe Prägung also.<br />
Zur Einschulung habe ich<br />
mein erstes eigenes bekommen.<br />
Das hieß Schnuckelchen,<br />
hat aber leider nicht mehr in<br />
die Schultüte gepasst. Irgendwann<br />
in der Pubertät hab ich es<br />
mal mit einer Ratte namens Sokrates<br />
versucht, aber nach deren<br />
Tod ging es zurück zu den<br />
Schweinchen.<br />
Eine Reinfektion mit Meerschweinchen<br />
im hohen Alter<br />
von achtzehn Jahren verläuft<br />
schlechter. Die Prognose ist ungünstig:<br />
Wer als Erwachsener<br />
mit Meerschweinchen anfängt,<br />
hört auch nicht mehr auf.<br />
16 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
MODELLBAU<br />
Ein M(ann) scheitert<br />
Eine Hommage an Kettenfahrzeuge,<br />
die Rolling Stones und an das Selbermachen.<br />
Von Andreas C. Matthiessen<br />
Ich bin Modellbauer. Natürlich kenne ich meine Grenzen, ein<br />
Mann muss seine Grenzen kennen (Zitat Clint Eastwood).<br />
Das Miniaturwunderland (kurz: MiWuLa – die größte<br />
Modelleisenbahnanlage der Welt) in Hamburg würde mir<br />
keine Lehrstelle geben, es mangelt an Phantasie, Begabung<br />
und Fertigkeit.<br />
D<br />
as hindert mich keineswegs<br />
daran, etwas zu bauen, was<br />
ferngelenkt durch die Gegend<br />
oder über Wasser kurvt. Ein<br />
Auto zu bauen, würde mir wenig<br />
Freude bereiten, ein Mann<br />
ist ernst und spielt nicht. Das<br />
Ding muss schon eine Daseinsberechtigung<br />
haben.<br />
Ich baute einst ein Kettenfahrzeug,<br />
um einen Fotoapparat<br />
durch Vogelbrutgebiete im<br />
Hamburger Hafen zu steuern.<br />
Die Vögel hatten weder Angst<br />
vor dem Ding, noch haben sie<br />
sich beim Brüten stören lassen.<br />
Sind teilweise schöne Bilder geworden,<br />
Autofocus gab es damals<br />
leider noch nicht.<br />
Kettenfahrzeug<br />
mit Aufgabe<br />
Jetzt wird das Kettenfahrzeug<br />
neu gebaut, und natürlich hat<br />
es eine Aufgabe. Seit es GPS gibt,<br />
trägt jeder Snowboarder einen<br />
Sender im Hinterteil implantiert,<br />
daher braucht die Bergwacht<br />
keine Bernhardiner mehr,<br />
um Lawinenopfer zu finden.<br />
Diese treuen Hunde und ihre<br />
Rumfässchen sind ausrangiert<br />
wie der VW Diesel, zu teuer, zu<br />
unwirtschaftlich, einfach nicht<br />
mehr zeitgemäß. Heute sind sie<br />
wegen mangelnder Nachfrage<br />
ausgestorben wie Mammut und<br />
Säbelzahntiger.<br />
Ich krame diverse Kunststoffplatten hervor.<br />
Irgendwie kann M daraus ein Getriebe bauen.<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 17
MODELLBAU<br />
Vier Seitenwände, viele verschieden dicke Bohrungen<br />
für verschieden dicke Wellen und Zahnräder.<br />
Langsam bewegt sich die Krabbelmaschine vorwärts,<br />
dann riecht es komisch elektrisch.<br />
Aber es gibt immer noch Lawinenopfer,<br />
die vor der Bergung<br />
versorgt werden müssen.<br />
Allerdings muss es nicht unbedingt<br />
Alkohol wie früher sein,<br />
das kann ich nicht unterstützen.<br />
Lieber mal eine Flasche Wein<br />
oder Bier.<br />
Also – Anforderung Nr. 1: Das<br />
Kettenfahrzeug muss im Tiefschnee<br />
zwei Flaschen Bier und<br />
zwei Mars-Riegel zu den Opfern<br />
bewegen können, wegen mangelnder<br />
Reichweite der Fernlenkung<br />
aus der Adenauerzeit<br />
muss der Akku nicht länger als<br />
40 Meter Hin- und Rückfahrt<br />
aushalten.<br />
Als erstes krame ich diverse<br />
Kunststoffplatten hervor, die<br />
ich seit der ersten Währungsreform<br />
gehortet habe, und mache<br />
Klebversuche. Nun, Teflon<br />
lässt sich vergleichsweise einfacher<br />
verkleben als dieses Zeug,<br />
ich versuche es trotzdem. Sekundenkleber<br />
ist die Wahl, aber<br />
im Geiste baue ich schon am<br />
Nachfolger aus Aluplatten und<br />
Schrauben.<br />
Jetzt brauche ich zwei Getriebe,<br />
denn zwei 12V-Motoren<br />
sollen den kleinen Ketten-<br />
Krabbler kraftvoll durch Schnee<br />
und Matsch treiben. Ich habe<br />
Zahnräder und Wellen, irgendwie<br />
kann M daraus ein Getriebe<br />
bauen.<br />
Überschaubare<br />
Intelligenz<br />
Meine erfreulich überschaubare<br />
Intelligenz erlaubt mir keine<br />
großen Berechnungen, also<br />
Löduprob (Lösen durch Probieren).<br />
Es stellt sich heraus, dass<br />
die Wellen der Zahnräder erstaunlich<br />
präzise an einem bestimmten<br />
Ort sitzen müssen,<br />
sonst greifen die Zahnräder entweder<br />
nicht ineinander oder sie<br />
werden gequetscht.<br />
Beides ist blöd und führt zu<br />
keinem Ergebnis; es gibt mehr<br />
falsche Maße als die eine, die<br />
richtige Position. Also doch mit<br />
Zirkel und Zeichenpapier die<br />
exakten Punkte festlegen, die<br />
dann auf 0,5 Millimeter genau<br />
gebohrt werden müssen.<br />
Bei zwei Getrieben macht das<br />
vier Seitenwände, viele verschieden<br />
dicke Bohrungen für<br />
verschieden dicke Wellen und<br />
Zahnräder, die nicht die kleinste<br />
Abweichung verzeihen. Habe<br />
ich auch geschafft – komisch,<br />
bei mir kommt wirklich nie so<br />
etwas wie Stolz auf.<br />
Jetzt wird das Empfängerpaket<br />
eingebaut, gut, ich bin etwas<br />
ungeduldig, ich lege die Akkus,<br />
die Fahrregler und den Empfänger<br />
in die Grundschale, stelle<br />
alle Hebel auf „On“ und schiebe<br />
vorsichtig die Hebel auf der<br />
Fernlenkung nach vorn. Langsam<br />
bewegt sich die Krabbelmaschine<br />
vorwärts, dann riecht<br />
es komisch elektrisch, der Motor<br />
heult auf Höchstdrehzahl,<br />
die linke Kette läuft auf Vollgas,<br />
Nummer 5 lebt!<br />
Alle Schalter<br />
auf „off“<br />
Leider saust der dumme Kerl<br />
nun wie wild im Kreis herum<br />
und es ist schwierig, das Teil zu<br />
packen und hochzuheben. Als<br />
Katzenbesitzer bin ich es gewohnt,<br />
laufende Kreissägen mit<br />
18 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
MODELLBAU<br />
der bloßen Hand festzuhalten,<br />
also schaffe ich auch das.<br />
Ich schalte alle Schalter auf<br />
„Off“, während die fauchende<br />
Kette versucht, meinen Hemdsärmel<br />
zu packen und zu zerreißen.<br />
Zu dem elektrischen Geruch<br />
gesellt sich ein kleiner<br />
dünner Rauchfaden, der dem<br />
Fahrregler entströmt. Erwachsene<br />
wissen, was das bedeutet,<br />
den jüngeren Lesern sage ich,<br />
dass der Fahrregler nun im Elektro-Himmel<br />
ist.<br />
Positiv ist, die Größe des Modells<br />
reicht locker für zwei Flaschen<br />
Bier, die sogar den Test<br />
im Highspeed-Kreisverkehr<br />
überstanden haben, obwohl sie<br />
scheppernd abgeladen wurden,<br />
ein entsprechender Aufbau mit<br />
Halterungen wird beim nächsten<br />
Mal angefertigt.<br />
Weiterhin gibt es jetzt wieder<br />
viele Themen, auf deren Gebiet<br />
ich weder Laie noch Fachmann<br />
bin, sondern irgendwo dazwischen,<br />
und ich kann wieder bei<br />
manchen Gesprächen meinen<br />
Senf dazu geben.<br />
Die Stones und<br />
andere Helden<br />
Ja, dies ist eine Geschichte des<br />
Scheiterns, ich liebe das Scheitern.<br />
Michael Schumacher, Manuel<br />
Neuer, The Rolling Stones,<br />
Abba, J. K. Rowling, die Brüder<br />
Braun – jeder kennt sie.<br />
Im Sport kämpfen Menschen<br />
gegen eine Stoppuhr, wer ist<br />
schneller, springt höher oder<br />
fängt die meisten Bälle? Wer<br />
trifft mit seiner Musik den Geschmack<br />
der großen Menge, wer<br />
vereint als Autor die größte Leserschaft?<br />
Die Menge krönt ihre<br />
Könige, ungeachtet dessen, ob<br />
Mozart nicht vielleicht doch ein<br />
besserer Musiker ist als Helene<br />
Fischer. Wer hat mehr Fans? Die<br />
fromme Helene.<br />
Aber um der Erste zu sein,<br />
braucht es eine Menge Verlierer.<br />
Was, wenn alle aufgäben<br />
und Michael allein im Kreis herumfahren<br />
lassen würden? Was,<br />
wenn niemand mehr ein Buch<br />
schreibt, weil J. K. auf lange Zeit<br />
unerreicht bleiben wird?<br />
Anforderung Nr. 1: Das Kettenfahrzeug muss im Tiefschnee zwei<br />
Flaschen Bier und zwei Mars-Riegel zu den Opfern bewegen können.<br />
Alle Fotos: Matthiessen<br />
Im Sport suche ich Gegner in<br />
meiner Gewichtsklasse, nicht<br />
unbedingt Wladimir Klitschko.<br />
Modellbau kann ich besser<br />
als jemand, der nur die Zeitung<br />
liest. Und mein Musikgeschmack<br />
reicht von Island über<br />
Atlanta bis nach China. Und ich<br />
meine Blues, Rock und Indie<br />
vom Feinsten. Dennoch gehöre<br />
ich zur Mehrheit der Mittelmäßigen,<br />
ich bin dort in guter Gesellschaft.<br />
Selbst etwas<br />
machen<br />
Neidlos dem Besseren applaudieren<br />
und doch den eigenen<br />
Wert erkennen und eben<br />
nicht von morgens bis abends<br />
die „Influencer“ (deutsche Übersetzung:<br />
Laterne, die nur sich<br />
selbst beleuchtet) beobachten –<br />
sondern selbst etwas machen.<br />
Geschult durch eine nicht enden<br />
wollende Reihe von Fehlversuchen<br />
bin ich weder niedergeschlagen<br />
noch entmutigt; einst<br />
wollte ein Seemann auf dem<br />
Wasserweg Indien erreichen,<br />
hat er auch nicht im ersten Anlauf<br />
geschafft.<br />
Was will das sagen? Ich gebe<br />
nicht auf! Meine Fernlenkung<br />
wird komplett gegen eine neue<br />
ausgetauscht und dann geht es<br />
in die nächste Runde. Eventuell<br />
donnert schon morgen auf<br />
den Schneepisten Norddeutschlands<br />
eine Lawine ins Tal – dann<br />
werde ich gebraucht.<br />
Der Artikel wurde zuerst im<br />
Ortsblatt „HaMLet“ veröffentlicht.<br />
Mit Dank an Marisa Haufe.<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 19
WULF-STIFTUNG<br />
Spenden für einen<br />
„Mensa-Brunnen“ in Afrika:<br />
Wasser ist Leben<br />
Effektiver Altruismus: Die Wulf-Stiftung reagiert.<br />
Von Günter Wulf<br />
Im letzten <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azin steht in dem animierenden Artikel als Beispiel dafür,<br />
wie man in Entwicklungsländern die Schulquote steigern kann, dass man die Kinder<br />
entwurmen lässt. Sicher ein sehr guter Ansatz.<br />
E<br />
in großes gesundheitliches<br />
Problem für noch viel mehr<br />
Menschen ist allerdings, dass<br />
immer noch 2,1 Milliarden Menschen<br />
weltweit keinen Zugang<br />
zu sauberem Trinkwasser haben.<br />
Der Wassermangel ist insbesondere<br />
für Menschen in ländlichen<br />
Regionen auf der Welt ein<br />
großes Problem und führt zu<br />
Krankheiten, Todesfällen und<br />
wirtschaftlichen Problemen. Allein<br />
in Afrika verbringen die<br />
Menschen jedes Jahr ungezählte<br />
Arbeitsstunden mit der Beschaffung<br />
von Wasser.<br />
Meistens ist es die Aufgabe<br />
von Frauen und Kindern, die<br />
weiten Wege zur nächsten –<br />
meist verunreinigten – Wasserstelle<br />
zurückzulegen. Dadurch<br />
können sie nicht zur Schule<br />
oder zur Arbeit gehen und sich<br />
nicht um die Familie kümmern.<br />
Ausreichend sauberes Wasser<br />
ist die Basis allen Lebens, das jedoch<br />
in Afrika so nicht vorhanden<br />
ist. Die Menschen warten<br />
entweder auf Regen oder müssen<br />
sich Wasser aus verschmutzten<br />
Flüssen oder Tümpeln holen.<br />
Krankheiten und Abwanderung<br />
sind die Folge.<br />
Um konkret so vielen Menschen<br />
wie möglich den Zugang<br />
zu frischem Trinkwasser zu ermöglichen<br />
und damit die Ziele<br />
Beispiel Äthiopien:<br />
Untragbare Trinkwasser-<br />
Zustände.<br />
Alle Fotos: Wulf-Stiftung<br />
der UNO in bescheidenem Rahmen<br />
zu fördern, habe ich mit<br />
meiner Familie im Jahr 2020 die<br />
Wulf-Stiftung für weltweiten<br />
Brunnenbau gegründet. Dank<br />
vieler Spenden konnten bereits<br />
im ersten Jahr Brunnen in zehn<br />
Ländern gebaut werden, aber<br />
der Stiftung liegen bereits neue<br />
Anfragen vor, für die weitere<br />
Spenden benötigt werden.<br />
20 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
WULF-STIFTUNG<br />
Erfolgreich abeschlossene<br />
Projekte in Afrika.<br />
Welche untragbaren Zustände<br />
es immer noch in der Welt gibt,<br />
zeigt das Foto links aus Äthiopien:<br />
Eine Kuh trinkt, ein Mann<br />
wäscht sein Pferd, und am gleichen<br />
Ort holen die Leute ihr<br />
Wasser!<br />
Spenden für die Wulf-Stiftung<br />
werden zu 100 Prozent zum Bau<br />
von Brunnen verwendet, weil<br />
die Verwaltungskosten (sechs<br />
Prozent im Jahr 2021) vom Vorstand<br />
der Stiftung getragen werden.<br />
An jedem Brunnen wird<br />
eine Spendertafel angebracht,<br />
von der ein Foto angefordert<br />
wird als Beweis, dass genau dieser<br />
Brunnen von der Wulf-Stiftung<br />
finanziert wurde, wie zum<br />
Beispiel auf dem Foto aus Sierra<br />
Leone.<br />
Damit auch unser Verein etwas<br />
im Sinne von Effektivem<br />
Altruismus bewirken kann,<br />
möchte die Stiftung zu folgender<br />
Challenge für den Bau eines<br />
„Mensa-Brunnens“ aufrufen:<br />
Wenn möglichst viele Mensa-<br />
Mitglieder an die Stiftung eine<br />
Spende (selbstverständlich steuerlich<br />
abzugsfähig!) überweisen<br />
und ein Betrag von 5.000 Euro<br />
erreicht wird, bauen wir einen<br />
Brunnen, an dem auf einem<br />
Schild als Spender „Mensa in<br />
Deutschland e. V.“ genannt wird.<br />
Sollten die Kosten des Brunnens<br />
eine Höhe von 5.000 Euro<br />
übersteigen (je nach Tiefe des<br />
Bohrlochs kann der Preis eines<br />
Tiefbohrbrunnens zwischen<br />
7.000 Euro und 11.000 Euro liegen),<br />
wird die Differenz von der<br />
Stiftung übernommen.<br />
Spenden könnt Ihr hier:<br />
WULF-Stiftung<br />
Bank für Sozialwirtschaft<br />
IBAN:<br />
DE96 7002 0500 5020 3270 00<br />
BIC: BFSWDE33MUE<br />
(als Betreff bitte „Mensabrunnen“<br />
angeben)<br />
Nähere Informationen zur Arbeit<br />
der Stiftung gibt es unter<br />
www.wulf-stiftung.de.<br />
Wir werden in den kommenden<br />
Ausgaben über den Spendenstand<br />
und das Projekt Mensabrunnen<br />
weiter berichten.<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 21
VORSTELLUNG<br />
Gern unterwegs in den<br />
Bergen: Laura Sperber,<br />
die neue Vorstandsassistentin.<br />
Foto: Asdin Skhiri<br />
Guter Kaffee und<br />
viel auf Reisen<br />
Die neue Vorstandsassistentin Laura Sperber.<br />
L<br />
aura<br />
Sperber, die neue Assistentin des Vorstandes,<br />
begann ihre Arbeit bei Mensa am Valentinstag<br />
(14. Februar), was ja schon mal ein gutes<br />
Datum ist. Wir wollen natürlich wissen: Wer<br />
ist sie, was macht sie, wie wird sie sich einbringen?<br />
Hier ihre Vorstellung – in ihren eigenen Worten:<br />
• geboren am 18. Dezember 1991 in Franken,<br />
dort zur Schule gegangen. Nach dem Gymnasium<br />
zur FOS gewechselt, weil ich mir sicher war<br />
über mein Studienfach: Innovation und Management<br />
im Tourismus.<br />
• Für meinen Bachelor und Master zog ich nach<br />
Salzburg, dort blieb ich insgesamt sieben Jahre.<br />
• Ich habe ein duales Studium absolviert und eigentlich<br />
immer Vollzeit gearbeitet, zunächst in<br />
verschiedenen Vier-Sterne-Hotels, danach in<br />
einer touristischen Einrichtung.<br />
• Nach dem Studium habe ich Salzburg verlassen,<br />
um „auf Wanderschaft“ zu gehen.<br />
• Meine Liebe zu gutem Kaffee hat mich nach<br />
Ostafrika gebracht, am Ende wurden es fast<br />
zwei Jahre dort ohne festen Wohnort.<br />
• Meine Reise führte mich durch Äthiopien, Kenia,<br />
Tansania, Uganda, Ruanda und schließlich<br />
nach Myanmar und Indien.<br />
• Der Liebe wegen bin ich zurück nach Deutschland<br />
gekommen und habe in Berlin einen Job<br />
in einem Unternehmen angenommen, das eine<br />
innovative Software für die Hotellerie herstellt.<br />
• Dort war ich knapp drei Jahre, vom Sales über<br />
Business Analyst bis hin zum Marketing Manager<br />
habe ich in verschiedenen Positionen gearbeitet.<br />
• Mein Interesse am Assistenzjob? Kurz gesagt,<br />
ich möchte eine Hilfe und Unterstützung sein,<br />
außerdem ist die Assistenz bei Mensa wahnsinnig<br />
abwechslungsreich (durch die unterschiedlichen<br />
Ressorts und die Struktur des Ver-<br />
22 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
eins), und ich freue mich auf die verschiedenen<br />
(Arbeits-)Themen.<br />
• Den Gedanken, Menschen dabei zu unterstützen,<br />
ihre Ziele zu erreichen und einen<br />
Ausgleich zum Alltag zu schaffen, wie<br />
es der Tourismus tut, kann man auch bei<br />
Mensa finden. Menschen kommen zusammen,<br />
schaffen Erlebnisse und neue Eindrücke<br />
und es ensteht eine Gemeinschaft.<br />
• Meine zukünftigen konkreten Aufgaben<br />
müssen sicherlich mit dem neuen Vorstand<br />
abgestimmt werden. Im Augenblick<br />
arbeite ich mich ein, indem ich die diversen<br />
<strong>MinD</strong>-Standorte besuche und mit möglichst<br />
vielen Verantwortlichen über ihre<br />
Tätigkeiten rede.<br />
• Deswegen will ich vor allem erst einmal<br />
zuzuhören und lernen, wie die ehrenamtliche<br />
Arbeit bei Mensa aufgebaut ist, damit<br />
ich mein Organisationstalent zukünftig<br />
gewinnbringend einsetzen kann. Ich<br />
möchte für den Verein eine Unterstützung<br />
und Organisationshilfe sein und freue<br />
mich schon auf die verschiedenen Aufgaben.<br />
Interessen:<br />
• Kaffee (Speciality Coffee, die Kaffeeindustrie,<br />
guter Kaffee daheim, Kaffeekultur, …)<br />
• Kochen, Essen und Genuss (Daheim und<br />
auf Reisen, Traditionelles aus aller Welt<br />
und Omas „Geheimrezepte“; ich finde, so<br />
lernt man Menschen, Länder und Kulturen<br />
auf eine andere Art kennen.)<br />
• Skifahren und Wandern (als halbe Österreicherin<br />
liebe ich natürlich den Schnee<br />
und die Berge, bin aber keine Spitzensportlerin,<br />
sondern genieße es einfach, in den<br />
Bergen zu sein).<br />
• Reisen und Destinationsentwicklung (Klar<br />
reise ich gerne, ich finde es aber manchmal<br />
noch viel spannender, über Orte zu lesen<br />
und zu verfolgen, wie sich gewisse Destinationen<br />
entwickeln.)<br />
Ich freue mich, für Mensa eine Unterstützung<br />
zu sein, und bin ganz begeistert, was ihr<br />
als Freiwillige bereits alles erreicht und auf<br />
die Beine gestellt habt. Da können einige Organisationen<br />
von Mensa lernen!<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 23<br />
Meine Kernkompetenz und Antwort auf den Null-Zins: Der gut gemanagte<br />
Investmentfonds zum langfristigen Vermögensaufbau, zur Altersvorsorge<br />
und als Entnahmemodell als Alternative zur Rentenversicherung. Als<br />
Mensaner erhaltet Ihr 20 % Rabatt auf alle Fonds-Dienstleistungen.<br />
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REZENSION<br />
Die gar nicht mehr so<br />
schöne neue Welt<br />
„Wir Internetkinder“ – ein Buch von Julia Peglow.<br />
Von Erwin Klein<br />
E<br />
in M hat ein Buch geschrieben<br />
und veröffentlicht. Na<br />
und? Das passiert ständig, wir<br />
weisen hier im <strong>Mag</strong> unregelmäßig<br />
auf mensanische Neuerscheinungen<br />
hin.<br />
Dieses Buch von Julia Peglow<br />
ist etwas Besonderes. Es heißt<br />
„Wir Internetkinder“ und beschreibt<br />
eine Generation, die<br />
mehr technologische Umbrüche<br />
und Veränderungen erlebt<br />
hat als jede Generation vor ihr.<br />
Und sie beschreibt eine Lebenswelt,<br />
in der Hochbegabung,<br />
technisches Verständnis, Bereitschaft<br />
für Neues und das Verarbeiten<br />
von Enttäuschungen eine<br />
zentrale Rolle spielen.<br />
Es geht um die Digitalisierung<br />
unseres täglichen Lebens in den<br />
vergangenen 40 Jahren und deren<br />
Folgen.<br />
Julia ist Jahrgang 1973, studierte<br />
Designerin und 20 Jahre<br />
lang in der Kreativ- und Digitalbranche<br />
tätig. 2017 beschloss<br />
sie, anders zu arbeiten, um, wie<br />
sie sagt, „wieder zum Denken zu<br />
kommen“. Ein Ergebnis dieses<br />
Anders-Arbeiten ist das vorliegende<br />
Buch, erschienen bei Hermann<br />
Schmidt, einem sehr renommierten<br />
Fachverlag für Typografie<br />
und Grafidkesign.<br />
In ihrem Vorwort schreibt sie:<br />
„Dieses Buch handelt von meiner<br />
Suche nach dem Ursprung dieser<br />
rätselhaften Vorgänge. Worin<br />
genau sie bestehen und wann<br />
das eigentlich angefangen hat.<br />
Es ist der Versuch, eine Sprache<br />
zu finden für die unsichtbaren,<br />
subtilen Veränderungn, die innerhalb<br />
weniger Jahre unser Leben<br />
auf den Kopf gestellt haben.“<br />
Auch diejenigen, die nicht mit<br />
Smartphone und PC aufgewachsen<br />
sind, können sich kaum<br />
noch erinnern, dass eine Welt<br />
ohne Internet wirklich existierte<br />
und tatsächlich funktionierte.<br />
Eine Zeittafel im Anhang des<br />
Buches verdeutlicht die Rasanz<br />
der Entwicklung:<br />
1973: Erster Personal Computer<br />
„Alto“.<br />
1977: Der „Apple II“ wird vorgestellt.<br />
1979: „Walkman“ von Sony.<br />
1984: Die erste E-Mail erreicht<br />
Deutschland.<br />
1990: Beginn der kommerziellen<br />
Nutzung des Internets<br />
1998: Sergey Brin und Larry<br />
Page gründen Google<br />
2000: Mehr als die Hälfte des<br />
internationalen Informationsaustauschs<br />
läuft über das Internet.<br />
2004: Gründung von Facebook.<br />
2007: Das iPhone wird vorgestellt.<br />
2014: Facebook übernimmt<br />
WhatsApp für 20 Mrd. Dollar.<br />
2017: 39 Prozent aller Internetnutzer<br />
berichten über<br />
Bullying, Hass und Einschüchterung<br />
im Netz.<br />
24 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
REZENSION<br />
Julia Peglow ist kein Digital<br />
Native, sie gehört – so beschreibt<br />
sie es – einer Generation<br />
an, die „mit einem Bein im<br />
analogen und mit dem anderen<br />
im digitalen Zeitalter steht“.<br />
Am Anfang stand die Euphorie,<br />
die Entdeckung des virtuellen<br />
Raumes, der Rausch und<br />
der Hype. Der erste Apple Mac<br />
Performa 630, erste Erfahrungen<br />
mit neuen Programmen wie<br />
Adobe Photoshop oder Macromedia<br />
Director.<br />
Julia berichtet von dem Gefühl,<br />
zu den Auserwählten zu gehören.<br />
Eine von denen zu sein, die<br />
dem virtuellen Raum als Designerin<br />
ein Gesicht gaben. Sie beschreibt<br />
es so: „Mitleidig schaute<br />
ich damals auf die Studenten<br />
und Professoren, die immer<br />
noch an ihren Printbroschüren<br />
Alle Fotos: Julia Peglow<br />
und Plakatserien arbeiteten. Sie<br />
waren jetzt – in meinen Augen –<br />
die Rückwärtsgewandten.“<br />
Danach folgt die Karriere in<br />
Agenturen und Kommunikationsbüros,<br />
und, man ahnt es<br />
schon, die Ernüchterung.<br />
Die schöne neue digitale Welt<br />
war nicht nur schön. Die Mit-Arbeit<br />
an einer neuen Wunderwelt<br />
verlor ihre Faszination und der<br />
Rausch wurde zum Kater.<br />
„Wir waren so mit uns selbst<br />
beschäftigt, dass wir gar nicht<br />
bemerkt haben, dass andere die<br />
Superstrukturen um uns errichtet<br />
haben, die das Internet heute<br />
zu einem kalten, kontrollierten<br />
und kommerziellen Ort machen.“<br />
Julia Peglow zog die Konsequenzen.<br />
Sie sah das Zerstörerische<br />
der unentwegten Beschleunigung,<br />
sie entdeckte den den<br />
Wert des „heilsamen“ Bücherlesens<br />
neu, und 2017 stieg sie<br />
aus ihrem bisherigen Berufsleben<br />
aus.<br />
Heute berät sie Unternehmen<br />
und schreibt auf ihrem Blog<br />
„diary of the digital age“.<br />
Ihr Buch (Untertitel: „Vom<br />
Surfen auf der Exponentialkurve<br />
der Digitalisierung und dem<br />
Riss in der Wirklichkeit einer<br />
Generation“) liest sich selbst<br />
wie ein Tagebuch. Man blickt ihr<br />
bei ihren Gedankengängen und<br />
dem Beschreiben ihrer schönen<br />
neuen Arbeitswelt praktisch<br />
über die Schulter.<br />
Das macht ihr Buch lebendig<br />
und nachvollziehbar. Darüber<br />
hinaus ist es herausragend<br />
schön gestaltet.<br />
Jede und jeder über 40 (und<br />
auch Jüngere) haben ihre eigenen<br />
Digitalisierungs-Erfahrungen.<br />
Ob im Job, an der Spielkonsole,<br />
im Zoom-Chat oder auf Social<br />
Media.<br />
Fast allen dämmert es, dass<br />
die strahlende neue Welt möglicherweise<br />
auch ein paar ziemlich<br />
dunkle Ecken hat. Die Stichworte<br />
sind bekannt: Datenschutz,<br />
Überwachung, Machtkonzentration,<br />
Künstliche<br />
Intelligenz. „Wir Internetkinder“<br />
ist keine Kampfschrift gegen das<br />
vermeintlich Böse da draußen.<br />
Aber es liefert ein paar ziemlich<br />
gute Ansätze zum Nachdenken<br />
über das, was in den letzten<br />
Jahrzehnten passiert ist.<br />
Julia Peglow<br />
Wir Internetkinder<br />
Verlag Hermann Schmidt<br />
29,80 Euro<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 25
REZENSION / AUSZUG<br />
LOST PURPOSE<br />
DIARY<br />
Ein Auszug aus „Wir Internetkinder“.<br />
Birmingham, 16. März 2017<br />
Ich sitze in einem Meeting. Es ist sehr<br />
eng: Zwanzig Leute oder mehr quetschen<br />
sich in dem fensterlosen Raum auf Bürostühlen<br />
um den Tisch herum, Engländer,<br />
Koreaner, Franzosen, Deutsche. Wir warten.<br />
Keiner spricht. Ein paar tippen auf ihren<br />
aufgeklappten Laptops oder scrollen<br />
durch ihre E-Mails auf dem Smartphone.<br />
Einer nippt an seinem Kaffee in einem türkisfarbenen<br />
Pappbecher. Ein Mann ist aus<br />
den USA zugeschaltet. Zumindest theoretisch,<br />
im Moment sehe ich auf dem Tisch<br />
nur eine schwarze Telefonspinne hocken,<br />
aus der kein Laut dringt. Der Grund, warum<br />
wir alle hier sind: Elf Produktlaunches<br />
in achtzehn Monaten. Insgeheim wissen<br />
wahrscheinlich alle, dass der Zeitplan nicht<br />
zu schaffen ist.<br />
Die Szene kommt mir surreal vor. Keiner<br />
schaut den anderen an, niemand spricht,<br />
nicht mal Smalltalk. Weil das Meeting noch<br />
nicht begonnen hat. „Das Meeting“ ist der<br />
Boss. Geht es nur mir so? Ich blicke mich<br />
um. Die Laptops der Koreanerinnen gegenüber<br />
sind mit bunten Manga-Stickern<br />
beklebt. Eine hat ein iPhone mit Mickey-<br />
Mouse-Ohren in der Hand, die mit Strasssteinchen<br />
besetzt sind. Ihre Fingernägel<br />
leuchten rot. Bei ihrer Nachbarin ist jeder<br />
Nagel anders lackiert. Einer hellrosa, der<br />
nächste mit einem Verlauf von rot nach<br />
fleischfarben, auf dem anderen Nagel ist<br />
ein winziges Tattoo aufgeklebt. Die Koreanerinnen<br />
tippen. Sie sprechen kein Wort.<br />
Dann stellt sich der Projektleiter vorne<br />
ins grelle Beamerlicht. Er klickt durch<br />
eine PowerPoint-Präsentation: die Vision<br />
für das neue, digitale Produkt. Es hat viele<br />
neue Features, Connectivity, Cloud-Services.<br />
Er sagt, es ginge um nicht weniger<br />
als die digitale Neuerfindung des Automobils.<br />
Danach fordert er alle auf, sich kurz<br />
der Reihe nach vorzustellen: Name, Funktion,<br />
Rolle. Ich kann mir einen Namen nie<br />
sofort merken. Ich muss ihn mindestens<br />
zweimal hören. Einige der Engländer haben<br />
wir schon eben nach unserer Ankunft<br />
getroffen, haben mit ihnen in der Firmenkantine<br />
zusammen gegessen, Curry in einer<br />
Pappbox. Ihre Namen kenne ich also:<br />
Christian, der dandyhafte Ire, Darren, Damien<br />
und Phil. Es war ganz nett mit ihnen,<br />
ich habe versucht, irgendwie zu connecten.<br />
Aber jetzt ist das alles wie weggeblasen.<br />
Die Stimme in der Telefonspinne, die<br />
dem Mann in Amerika gehört, präsentiert<br />
ein paar PowerPoint-Charts. Der Projektleiter<br />
fordert ihn auf, langsamer zu sprechen.<br />
Der Amerikaner sagt „alright“ und redet<br />
genauso weiter wie zuvor. Nach jedem<br />
Punkt auf der Agenda fragt der Projektleiter<br />
mit Blick in die Runde, ob noch jemand<br />
eine Frage hat. Keiner fragt. Auch ich nicht.<br />
Obwohl ich nichts verstehe.<br />
Ich fühle mich unbehaglich und rutsche<br />
auf meinem Stuhl herum. Auf einmal muss<br />
ich daran denken, was in anderen Lebensbereichen<br />
passiert, wenn zwanzig Leute in<br />
einem Raum zusammenkommen, auf einer<br />
26 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
REZENSION / AUSZUG<br />
Küchenparty zum Beispiel. Aber nicht im<br />
Meeting. Das Meeting, dessen eigentliche<br />
Aufgabe darin besteht, alle an einen Tisch<br />
zusammenzuholen, ist der Ort, wo man am<br />
wenigsten miteinander spricht. Trotz Deadlines,<br />
Produktlaunches und der Neuerfindung<br />
des Automobils. Einer fragt: „So why<br />
are we here?“ Ich blicke hinunter auf meine<br />
Hände. Ich weiß es nicht.<br />
Alles Fake<br />
Am Abend nach dem Meeting sitzen<br />
mein Kollege und ich im Restaurant unseres<br />
Business-Hotels, ein Pub, der auf den<br />
ersten Blick gemütlich aussieht: mit dicken,<br />
alten Holzdielen am Boden, blau gestrichener<br />
Holzvertäfelung und gemusterten<br />
Tapeten an den Wänden, einem Kamin<br />
in einer Ecke des Raums und einem Tresen<br />
mit goldenen Zapfhähnen. Vor uns steht<br />
ein Pint Bier. Trotz der Atmosphäre hört<br />
das unbehagliche Gefühl nicht auf. Woher<br />
kommt diese Ahnung, dass hier etwas<br />
nicht stimmt? Ich habe Mühe, mich auf das<br />
zu konzentrieren, was mein Kollege mir erzählt,<br />
höre nur mit halbem Ohr hin; er regt<br />
sich über das Projekt und die unmöglichen<br />
Timings auf.<br />
Ich starre nachdenklich in mein Glas und<br />
durch den Boden hindurch auf den Tisch.<br />
Auf einmal wird mir klar, was mich die ganze<br />
Zeit stört; warum mir das alles nicht echt<br />
vorkommt. Die Holzoberfläche ist gar nicht<br />
aus Holz. Sie ist mit einem Plastikfurnier<br />
beklebt, die Holzoptik nur aufgedruckt. Ich<br />
blicke mich im Raum um, und jetzt sehe<br />
ich, dass alles in diesem Raum nur Fake ist:<br />
Die dicken, alten Bohlen am Boden mit ihren<br />
geschwärzten Kanten sind gar nicht alt,<br />
sondern nur auf alt gemacht. Im Kamin in<br />
der Ecke des Raums glimmt bei näherer Betrachtung<br />
ein LED-Feuer.<br />
Das ganze Restaurant ist gar kein Pub,<br />
sondern nur die folkloristische Kulisse eines<br />
Pubs; wahrscheinlich gibt es Hunderte<br />
von identischen Systemgastro-Einrichtungen<br />
in identischen Business-Hotels in ganz<br />
Großbritannien. Ich blicke genervt an die<br />
Decke, während das Gerede meines Kollegen<br />
in eine Tirade über seine Rolle im Konzern<br />
abdriftet. Das kenne ich, er ist permanent<br />
unzufrieden.<br />
Ich kehre gedanklich zu dem Meeting<br />
zurück. Warum kommt es mir im Nachhinein<br />
so surreal vor? Warum erzeugt es ein<br />
solch tiefes Unwohlsein in meiner <strong>Mag</strong>engegend?<br />
Ist das nicht dasselbe untrügliche<br />
Gefühl wie das, das der Fake-Pub in mir<br />
hervorruft? Irgendetwas an diesem Meeting<br />
war ganz gewaltig nicht in Ordnung!<br />
Bin ich zur Beobachterin eines Schauspiels<br />
geworden, an dem ich früher „echt“ teilgenommen<br />
habe?<br />
Allmählich dämmert mir, dass ich mich<br />
schon seit einer ganzen Weile von den Geschehnissen<br />
vor meinen Augen, dieser hektischen<br />
Betriebsamkeit, den Meetings, täglichen<br />
Calls, Exceltabellen, unhaltbaren Timings<br />
und der niemals endenden Flut an<br />
hereinprasselnden E-Mails, irgendwie entfernt<br />
und innerlich abgelöst habe. Und<br />
während ich dem Mädchen hinter dem<br />
Tresen aus Fake-Holz dabei zuschaue, wie<br />
es ein neues Bier für uns zapft, realisiere<br />
ich, dass ich dem Treiben der geschäftlichen<br />
Welt schon seit einiger Zeit nur<br />
noch aus der Distanz zusehe: ein Bühnenstück<br />
mit dem Titel „Digitale Transformation“.<br />
Ich spiele meine Rolle, aber nur noch<br />
mit einstudierten Bewegungen, gelernten<br />
Stichworten – nur, um den Schein zu wahren.<br />
Ein LED-Feuer. Damit niemand etwas<br />
merkt.<br />
Mein Kollege redet immer noch hitzig<br />
auf mich ein und berichtet haarklein von<br />
irgendwelchen für ihn extrem frustrierenden<br />
Situationen. Ich frage mich, ob ich allein<br />
bin mit diesem Gefühl – immerhin liest<br />
man oft, dass sich in diesem Land vier von<br />
fünf Arbeitnehmern in der inneren Kündigung<br />
befinden. Aber dennoch fühlt sich<br />
für mich diese merkwürdige Distanziertmind<br />
magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 27
REZENSION / AUSZUG<br />
heit befremdlich an, da ich noch nie zuvor<br />
so empfunden habe. Ich habe zwanzig Jahre<br />
in der Kreativindustrie gearbeitet, voller<br />
Überzeugung. Was mich immer begeistert<br />
hat, ist die Kernaufgabe eines Designers<br />
(und jedes anderen Kreativen): aus dem<br />
Nichts etwas Neues zu erschaffen. Eine anfassbare<br />
Vision von dem zu gestalten, was<br />
es in der Welt nicht gibt und was sich keiner<br />
vorzustellen vermag. Immer wieder auf<br />
einem weißen Blatt Papier neu und groß zu<br />
denken. Das Gefühl zu haben, etwas bewirken<br />
zu können.<br />
Ich habe an die Macht der Idee und an<br />
Veränderung geglaubt – das war es, was<br />
sich lohnte, voranzutreiben. Ich wollte die<br />
restriktiven Kräfte überwinden, die überall<br />
lauern – die Bedenkenträger, die Nörgler,<br />
Opportunisten, Politiker, Profilneurotiker;<br />
oder einfach nur diese merkwürdige,<br />
menschliche Eigenschaft, allem Neuen gegenüber<br />
wenig aufgeschlossen zu sein und<br />
denjenigen, die mit neuen Impulsen kommen,<br />
aus Prinzip Steine in den Weg zu legen.<br />
Ich habe an den Fortschritt geglaubt<br />
und die Geschwindigkeit geliebt – auch<br />
angesichts des zunehmenden Tempos der<br />
letzten Jahre dachte ich immer, die Dinge<br />
im Griff zu haben und kontrollieren zu können;<br />
wenn mehr Chaos auf mich einstürzte,<br />
kompensierte ich das einfach mit noch<br />
mehr Struktur, Organisation und Projektmanagement.<br />
Aber was für einen Menschen<br />
hat das aus mir gemacht, im Laufe<br />
der Zeit?<br />
Ich habe an das geglaubt, was wir taten,<br />
und infizierte auch andere ständig mit diesem<br />
unerschütterlichen Glauben. Das war<br />
der Grund, warum mein<br />
inneres Ich und mein geschäftliches<br />
Ich immer<br />
ein und dieselbe Person<br />
waren. Ich war zu einhundert<br />
Prozent überzeugt,<br />
dass es richtig war,<br />
was wir taten. Dass wir im Prinzip für eine<br />
„gute Sache“ arbeiteten.<br />
Als Führungskraft spornte ich meine Leute<br />
dazu an, sich durch nichts in der Welt<br />
vom „Machen“ abhalten zu lassen. Mit der<br />
Zeit entwickelte ich ein Gespür für das<br />
breite wie raffinierte Repertoire an salonfähigen<br />
Ausreden meiner Kollegen und<br />
Mitarbeiter, hinter dem sie sich versteckten:<br />
hinter ihrem Kalender („Wir haben<br />
noch keinen Termin gefunden, um das zu<br />
besprechen“), hinter den Strukturen („Ich<br />
warte noch auf Freigabe von xyz“), hinter<br />
ihrem Job Title („Das gehört nicht zu meinen<br />
Aufgaben“), hinter der Technologie<br />
(„Ich konnte xyz noch nicht machen, da<br />
ich die Software nicht habe“) oder hinter<br />
dem Team („Wir müssen erst xyz ins Boot<br />
holen“). Ich verfügte über einen eingebauten<br />
Detektor für diese diffusen Handlungshohlräume.<br />
Eines habe ich nie verstanden: Unzufriedenheit<br />
bei gleichzeitiger, chronischer Passivität.<br />
Selbst nichts machen, aber kritisieren,<br />
was andere tun. Stillstand, Komfortzone<br />
und Aufrechterhaltung der Struktur nur<br />
um der Struktur willen, das ging mir auf<br />
die Nerven.<br />
Bin ich nun so geworden, wie ich nie sein<br />
wollte? Habe ich mich auf eine innere Distanz<br />
zurückgezogen? Das, was ich tue, hat<br />
nichts mehr mit mir zu tun. Mein geschäftliches<br />
Ich hat sich von meinem inneren Ich<br />
entfernt.<br />
Auf einmal schrecke ich auf, weil mein<br />
Gegenüber mich in seiner Rage am Arm<br />
fasst und ungeduldig bedrängt: „Jetzt sag<br />
doch mal! Was meinst<br />
denn du dazu?!“ Und<br />
ohne nachzudenken, stehe<br />
ich auf, sage: „Genug<br />
jetzt. Ich kann’s nicht<br />
mehr hören.“, drehe<br />
mich um und gehe hinauf<br />
in mein Zimmer.<br />
28 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
LEBEN MIT KINDERN<br />
„Wieso sind wir alle<br />
so anders?“<br />
Huschi-kawuschi und die C-Hörnchen.<br />
Von Christina S. Böhm<br />
E<br />
igentlich sitze ich gerade an<br />
der Literatur für meine Dissertation.<br />
Aber ich habe Unstimmigkeiten<br />
in der Statistik<br />
der Literatur gefunden und<br />
frage mich in einem Fach meines<br />
Hirns*, ob ich diesen Fund<br />
nicht lieber ignorieren sollte,<br />
denn vermutlich merkt es sowieso<br />
kaum jemand außer mir,<br />
während ein anderes Fach sich<br />
gleichzeitig mit einer der letzten<br />
Ausgaben des <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azins<br />
beschäftigt:<br />
Die Bilder des Fotowettbewerbs,<br />
explizit das mit einer<br />
Aufnahme des Mondes und<br />
mein Ausruf: „Das ist aber nicht<br />
das Mare Crisium, oder?“, führten<br />
zu einer Diskussion über Astrophysik<br />
und die Berechnungen<br />
von Licht, Albedo-Effekt, …<br />
Kreatives Chaos in der<br />
Wohnung und im Kopf<br />
Mutter und Sohn: C-Hörnchen<br />
und huschi-kawuschi Foto: Böhm<br />
Also, mein Mensa-Fach* beschäftigt<br />
sich damit, dass unsere<br />
Tochter nach einigen Diskussionen<br />
in die Runde warf:<br />
„Mensch, sind wir alle huschikawuschi!<br />
Wieso sind wir alle<br />
so anders?“ und unser Sohn<br />
entgegnete: „Na, das ist bei C-<br />
Hörnchen** halt so.“ Ich sah<br />
mich nur im Wohnzimmer um<br />
und dachte, „huschi-kawuschi“<br />
trifft es ganz gut: Vom Mondatlas<br />
zwischen Butter und Käse<br />
und Wurst mal abgesehen, glühte<br />
der Globus, vergessen auszuknipsen<br />
nach der Demo mit<br />
Orange bezüglich Mondphasen<br />
und möglicher Aufenthaltsorte<br />
des Fotografen beim Schießen<br />
des Fotos; fünf verschiedene<br />
Flöten auf dem Sofa (2xC, Alt,<br />
Knickbass, Tenorflöte) samt dazugehöriger<br />
Jazz- und Barocknotensätze,<br />
meterweise Gravitrax,<br />
Trampolin und so weiter.<br />
Das „anders“<br />
verfolgt uns<br />
Mein Selbstreflexions-Fach*<br />
agiert gleichzeitig noch auf einer<br />
anderen Ebene. Ich höre<br />
und spüre körperlich die Aussage<br />
unserer Tochter: „Wieso sind<br />
wir alle so anders?“ Wir versuchen,<br />
dieses „anders“ sonntags<br />
gebündelt in der Familienkonferenz<br />
zu besprechen. Nicht jeden<br />
Sonntag gelingt das, aus Zeit-<br />
* Die Fach-Theorie hat unsere Tochter für sich mit fünf Jahren erfunden: „Mama, ich habe ganz viele Fächer da oben im Kopf. Und je<br />
nachdem, welches ich brauche, öffne ich es. Meistens sind mehrere offen!“<br />
** Ein Freund unseres Sohnes hat aus Verzweiflung heraus seine Mitmenschen in A-, B- und C-Hörnchen eingeteilt. C-Hörnchen sind<br />
die HB. Unsere Kinder haben dann noch die D-Hörnchen (Deppen-Hörnchen) dazugefügt, das ist aber nicht alltagstauglich und wird<br />
geahndet.<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 29
LEBEN MIT KINDERN<br />
gründen. Und dann verfolgt uns<br />
das „anders“ über die Woche.<br />
Das ist nicht gut. Für uns alle.<br />
Obwohl wir immer mehr damit<br />
zurechtkommen, das „anders“<br />
für jeden von uns so individuell<br />
zu formulieren, dass es sich netter,<br />
besser, gemeinsamer, wohliger,<br />
liebevoller und passender<br />
anfühlt.<br />
Im Falle des morgendlichen<br />
oder spontanen „anders“ habe<br />
ich mir angewöhnt, ganz tief zu<br />
atmen, mich zu regulieren und<br />
dann das jeweilige Kind zu fragen:<br />
„Doll dringend, dringend<br />
oder heute Nachmittag dringend?“<br />
Im Fall von doll dringend:<br />
„Was hilft dir jetzt sofort, was<br />
brauchst du, weil du weißt, dass<br />
du in die Schule musst?“<br />
Grummelchenkarten<br />
rausholen<br />
Im Fall von dringend: „Ist es<br />
jetzt dringend oder kann es vertagt<br />
werden? Was braucht es<br />
zum Vertagen?“<br />
Im Fall von Nachmittag dringend:<br />
„Wir holen nachher die<br />
Grummelchenkarten*** raus<br />
und dann besprechen wir das<br />
‚anders‘.“<br />
Oft funktioniert die Strategie.<br />
In manchen Fällen muss<br />
das „anders“ schnell auf einem<br />
Post-it verschriftlicht werden,<br />
manchmal reicht eine Umarmung,<br />
ein Mutzauber**** und<br />
manchmal eine paradoxe Intervention:<br />
Also zum Beispiel irgendwas<br />
Bescheuertes, um die<br />
Spannung zu entladen.<br />
Vom Umgang mit<br />
Störgefühlen<br />
Ähnlich ist es mit Störgefühlen.<br />
So wichtig Störgefühle sind,<br />
weil sie Reflexionsprozesse auf<br />
allen Ebenen, vor allem auf der<br />
Beziehungsebene, anstoßen<br />
und ein wunderbares Tool im<br />
systemischen Coaching, in der<br />
Beratung und Therapie sind, so<br />
unpraktisch und anstrengend<br />
sind sie ehrlicherweise im Alltag.<br />
Ein Beispiel: Unser Sohn wollte<br />
lernen, wie man Fußball<br />
spielt. Uns wurde ein einwöchiges<br />
Sommercamp empfohlen<br />
und einer seiner besten Freunde<br />
war auch mit dabei. Jeden Morgen<br />
das Gleiche: Abfahrt um<br />
8:30 Uhr, Freund einsammeln<br />
und einmal quer durch die Stadt.<br />
Circa 40 Minuten Fahrdauer.<br />
Montag und Dienstag war alles<br />
gut. Mittwoch: Unser Sohn<br />
(8) zieht sich an. Merklich langsamer<br />
als die Tage zuvor, will<br />
nichts essen. Es ist 8:15 Uhr.<br />
Wohlweislich sind wir früh aufgestanden,<br />
haben alles fertig gepackt,<br />
alles Wichtige besprochen.<br />
Denkste!!!<br />
8:20 Uhr: Sohn: „Mama, ich<br />
will nicht.“ (Störgefühl des Kindes)<br />
Ich: „Wieso?“<br />
Schweigen. Schweigen. Tränen.<br />
(Uih! Massives Störgefühl<br />
des Kindes)<br />
Ich: „Ach je. Was ist los?“<br />
Sohn: „Nichts.“<br />
Ich: „Aha.“<br />
Schweigen.<br />
Sohn: „Mama, morgen soll ich<br />
Punkte spielen.“<br />
Ich: „Aha.“<br />
Sohn: „Ich kann keine Punkte<br />
spielen.“<br />
Ich: „Aha.“<br />
Sohn: „Mama du verstehst<br />
das nicht.“ Noch mehr Tränen.<br />
(UIUIUIUIUIUIUI!)<br />
Sohn: „Ich soll 300 Punkte<br />
erreichen und weiß doch gar<br />
nicht, wie das geht. Wie können<br />
die das denn von mir verlangen.<br />
Nach zwei Tagen Training!“<br />
„Das sind<br />
schlechte Lehrer“<br />
8:25 Uhr: Ich: „Ah, verstehe<br />
ich das richtig? Ihr sollt Punkte<br />
erreichen und du hast das Gefühl,<br />
du kannst es nicht.“<br />
Sohn: „Ja, hat mir ja keiner gezeigt.<br />
Die haben uns gar nicht<br />
richtig gezeigt, wie das geht.<br />
Das sind schlechte Lehrer. Wie<br />
soll ich es denn dann können?“<br />
Unauffälliger Blick zur Uhr,<br />
ich fange an zu schwitzen.<br />
Ich: „Mmh. Und du willst besonders<br />
gut sein, richtig?“<br />
Sohn: „Ja, Mensch Mama, darum<br />
geht es doch!“<br />
Ich: „Mmh.“ (Lieber Gott, ich<br />
brauche eine Eingebung! Hilfe!<br />
Irgendwas Altbewährtes. Jetzt<br />
sofort. Übung, Übung, nicht alles<br />
sofort können müssen, altes<br />
Thema, von allen in der Familie.<br />
Hilfe!)<br />
*** Weiner, Christine: Erzähl doch mal von dir! Wie sich Ihr Kind öffnet. Kindercoaching für den Alltag, Ariston<br />
**** Neumeyer, Annalisa: Einführung in das therapeutische Zaubern, Carl-Auer<br />
30 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
LEBEN MIT KINDERN<br />
Ich: „Herzele, man kann<br />
manches einfach nicht auf einmal,<br />
sondern das geht nur über<br />
Übung. Und du hast erzählt,<br />
dass da viele Kinder sind, die<br />
schon spielen können.“<br />
Nicken.<br />
Ich: „Kennst du den inneren<br />
Schweinehund?“<br />
Nicken.<br />
Ich: „Den hat jeder von uns.<br />
Also gibt es jetzt drei Möglichkeiten:<br />
Du gibst auf oder du<br />
trittst deinem inneren Schweinehund<br />
in den Hintern oder ihr<br />
zeigt gemeinsam, was ihr könnt<br />
und, … puh …, wir müssen echt<br />
los.“<br />
Kurzes Zögern. Grinsen mit<br />
Tränen in den Augen.<br />
Sohn: „Mama, ich trete dem<br />
Schweinehund erst in den<br />
Arsch und dann umarme ich<br />
ihn. Und ich brauch‘ noch ‘nen<br />
Mutzauber.“<br />
Also zaubere ich und konzentriere<br />
mich auf mein Atmen.<br />
Ich raste gleich aus, aber das<br />
bringt ja gerade ü-ber-haupt<br />
gar nichts.<br />
Sohn: „Jetzt können wir los.“<br />
Mama-Sein als<br />
Herausforderung<br />
Es ist 8:45 Uhr, ich bin<br />
schweißgebadet. Unser Sohn<br />
schnappt sich sein Trainingszeug,<br />
der Verkehrsgott meint<br />
es gut, die Jungs verschwinden<br />
fröhlich auf dem Platz. Es ist<br />
9:15 Uhr und eigentlich könnte<br />
ich direkt wieder ins Bett.<br />
An manchen Tagen ist Mamasein<br />
nach wie vor meine größte<br />
Herausforderung. Oder, wie es<br />
unsere Tochter an jenem Mensa-Mondfotografie-Morgen<br />
abschließend<br />
und ziemlich trocken<br />
formulierte:<br />
„In was für eine Familie bin<br />
ich da nur hineingeraten?“<br />
Christina S. Böhm ist studierte<br />
Hebamme und Systemische<br />
Beraterin und Therapeutin.<br />
Anzeige
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
Mütter, Multitasking<br />
und Mental Load<br />
Wie man Flow verhindert und Menschen frustriert.<br />
Von Tanja Gabriele Baudson & Sara Köser<br />
Seit einigen Jahren macht das Phänomen Mental Load<br />
Furore im Internet: Vor allem Mütter beschreiben, wie die<br />
Hauptverantwortung für den Familienalltag ihnen zufällt,<br />
wie anstrengend das ist und wie wenig es gewürdigt wird.<br />
Wir verbinden für das <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azin die psychologischen<br />
Grundlagen in dieser Ausgabe mit pragmatischen<br />
Lösungsansätzen in der nächsten Ausgabe.<br />
„Das Witzige am Thema Mental<br />
Load ist: Frauen muss man<br />
in der Regel gar nicht erklären,<br />
was Mental Load ist.“ – so bemerkt<br />
es Patricia Cammarata,<br />
eine Pionierin im Thema, einleitend<br />
in ihrem Buch. Diese Erfahrung<br />
teilen wir. Und versuchen<br />
uns trotzdem an einer weiterführenden<br />
Erklärung. Denn<br />
Mental Load passt bestens in<br />
unser Fachgebiet – die Psychologie.<br />
Es geht nicht um die Aufgaben<br />
und das Management an<br />
sich, sondern um die subjektive<br />
Anstrengung und den Druck,<br />
alles im Blick zu behalten, bei<br />
gleichzeitig mangelnder Wertschätzung.<br />
Und all das begrenzt<br />
uns darin, uns wohlzufühlen<br />
und Potenziale zu entfalten.<br />
Das Problem<br />
Den ersten Furore-Moment<br />
löste die französische Zeichnerin<br />
Emma mit ihrem Comic(buch)<br />
„The Mental Load: A<br />
Feminist Comic“ 1 aus. Sie beobachtet<br />
bei einer Einladung<br />
zum Abendessen, wie ihre Kollegin<br />
versucht, gleichzeitig ihre<br />
Kinder zu füttern und das geplante<br />
Abendessen zu kochen,<br />
während Emma als eingeladene<br />
Kollegin mit dem Mann im<br />
Wohnzimmer sitzt. Als das Essen<br />
überkocht, vollzieht sich<br />
der Wortwechsel, der so manchen<br />
vertraut vorkommen mag:<br />
Er: „Was hast du denn gemacht?“<br />
– Sie: „Was? Ich hab‘ ALLES gemacht!“<br />
– Er: „Hättest du gefragt,<br />
hätte ich geholfen.“<br />
Das Problem, für das diese Situation<br />
symptomatisch steht,<br />
definiert Emma so:<br />
„When a man expects his partner<br />
to ask him to do things, he’s<br />
viewing her as the manager of<br />
household chores. […] The problem<br />
with that is that planning<br />
und organizing things is already<br />
a full-time job. […] So when we<br />
ask women to take on this task<br />
of organization, and at the same<br />
time to execute a large portion,<br />
in the end it represents 75 %<br />
of the work. […] It’s permanent<br />
and exhausting work. And it’s<br />
invisible.”<br />
Die bereits zitierte Patricia<br />
Cammarata, die Mental Load in<br />
ihrem Blog 2 schon lange zum<br />
Thema macht und mit „Raus<br />
aus der Mental Load-Falle“ 3 eines<br />
der ersten Bücher dazu publizierte,<br />
streicht folgende drei<br />
Punkte bei der Definition besonders<br />
heraus:<br />
„Die (sichtbaren und) unsichtbaren<br />
Aufgaben, die es rund um<br />
die Familie zu erledigen gibt.<br />
1 Seven Stories Press, ISBN 978-1609809188 2 dasnuf.de 3 Beltz, ISBN 978-3407866325 4 https://mind-mag.de/link/caregap<br />
32 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
Illustration: pixabay<br />
Den deutlichsten Hinweis darauf,<br />
dass im Durchschnitt Frauen<br />
mehr unter Mental Load leiden<br />
als Männer, bietet der sogenannte<br />
„Gender Care Gap“, der<br />
„den unterschiedlichen Zeitaufwand,<br />
den Frauen und Männer<br />
für unbezahlte Sorgearbeit aufbringen“,<br />
bezeichnet 4 .<br />
Frauen verwenden im Durchschnitt<br />
gut 50 Prozent mehr<br />
Zeit auf Care-Arbeit als Männer,<br />
Mütter sogar 83 Prozent mehr<br />
als Väter. Die Rushhour des Lebens<br />
zeigt eklatante Unterschiede:<br />
Die 34-jährigen Frauen erledigen<br />
210 Prozent des Männerpensums<br />
an Care-Arbeit. Ja, sie<br />
erledigen im Gegenzug auch<br />
weniger Erwerbsarbeit, aber<br />
wenn man die statistischen Berichte<br />
übergreifend vergleicht,<br />
ist die Mehrarbeit der Männer<br />
in der Erwerbsarbeit geringer<br />
als die Mehrarbeit der Frauen in<br />
der Care-Arbeit. (Zu allem, was<br />
über heteronormative Lebenskonzepte<br />
hinausgeht, gibt es leider<br />
kaum Zahlen.)<br />
Die Zahlen zu Care-Arbeit,<br />
auch im Vergleich zur Erwerbsarbeit,<br />
verdeutlichen einen Teil<br />
des Problems, der oftmals fehlinterpretiert<br />
wird: Es geht nicht<br />
um die Aufgabenerfüllung und<br />
ebenso wenig nur um die Management-Arbeit,<br />
sondern um<br />
das Unsichtbare und die mangelnde<br />
Wertschätzung.<br />
Projektmanagement ist an<br />
sich ein begehrter und gesuchter<br />
Job – aber im Privatleben<br />
wird er nicht bezahlt und nur<br />
wenig beachtet. Aber warum ist<br />
das eigentlich eine so aufwändige<br />
Aufgabe?<br />
Der Umstand, dass alles auf einer<br />
Person lastet und dass es in<br />
der Regel ziemlich wenig Wertschätzung<br />
für diesen Job gibt.“<br />
Nur für Frauen?<br />
Wenn man sich im Internet,<br />
auf dem Buchmarkt und im Bekanntenkreis<br />
so umschaut, äußern<br />
sich hauptsächlich Frauen<br />
über Mental Load. Emma weist<br />
die Genderrollen klar zu. Patricia<br />
Cammarata spricht in ihrer<br />
Definition genderneutral, benennt<br />
aber auch, dass Frauen<br />
deutlich stärker betroffen sind.<br />
Ist Mental Load also ein „Frauenproblem“,<br />
oder jammern<br />
Frauen nur mehr?<br />
Arbeitsgedächtnis<br />
Die Idee, dass zu viel an Informationen<br />
für den Geist eine Belastung<br />
sein kann, stammt aus<br />
der Kognitionsforschung der<br />
1970er Jahre. 1974 entwickelten<br />
die Psychologen Alan D. Baddeley<br />
und Graham J. Hitch das bis<br />
heute gültige Arbeitsgedächtnismodell.<br />
Es nimmt unterschiedliche<br />
Teilsysteme an, die jeweils in ihrer<br />
Kapazität begrenzt sind. So<br />
gibt es zum einen zwei separate<br />
Teilsysteme für die Verarbeitung<br />
von visuellen und auditiven<br />
Informationen, zum anderen<br />
die übergeordnete „zentrale<br />
Exekutive“ – sozusagen die Führungskraft,<br />
die priorisiert und<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 33
WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG<br />
Ressourcen zur Informationsverarbeitung<br />
auf die Teilsysteme<br />
verteilt.<br />
Zumindest, solange Ressourcen<br />
da sind! Es ist ähnlich wie<br />
beim Computer: Wenn der Arbeitsspeicher<br />
überfordert ist,<br />
verlangsamt das zunächst das<br />
gesamte System. Dann passieren<br />
mehr und mehr Fehler, und<br />
im Extremfall kommt es irgendwann,<br />
wenn gar nichts mehr<br />
geht, zum Systemcrash.<br />
Geteilte<br />
Aufmerksamkeit<br />
Im Grunde liegt das Problem<br />
also darin, dass die Gesamtlast<br />
zu hoch ist. Erschwerend<br />
kommt aber hinzu, dass ja nicht<br />
nur die Informationsmenge<br />
insgesamt den Absturz herbeiführt.<br />
Viele Personen, die hauptsächlich<br />
Kinder betreuen, würden<br />
sich wohl gerne mal wieder<br />
einer komplexen Aufgabe<br />
über längere Zeit am Stück widmen<br />
können. Aber was passiert<br />
im Alltag? Kaum will man den<br />
Rechner aufklappen, hat das<br />
kleine Kind seinen Kakao umgeworfen,<br />
das andere bekommt einen<br />
Wutanfall, weil seine Lieblingsjeans<br />
noch nass in der fiependen<br />
Waschmaschine liegt,<br />
an der Tür klingelt der Paketbote,<br />
und siedend heiß fällt einem<br />
ein, dass Tante Berta an ihrem<br />
90. Geburtstag übermorgen<br />
wohl ein Geschenk erwartet.<br />
Wer meint, gutes Multitasking<br />
führe hier zum Ziel, verkennt<br />
ein grundlegendes Problem:<br />
Multitasking funktioniert<br />
nicht. Was wir als parallel wahrnehmen,<br />
ist in Wahrheit nämlich<br />
eine sequenzielle Informationsverarbeitung,<br />
für die man<br />
rasant zwischen Aufgaben hinund<br />
herspringt, mithin eine koordinative<br />
Herkulesarbeit. Und<br />
jeder dieser Wechsel braucht<br />
Zeit, damit man in die neue Aufgabe<br />
„reinkommen“ kann. Man<br />
kann sich lebhaft vorstellen, wie<br />
hoch der Frustrationsgrad ist,<br />
wenn am Ende des Tages etliche<br />
Dinge nicht fertig geworden<br />
sind, einfach, weil man dauernd<br />
unterbrochen wurde.<br />
Offene Aufgaben<br />
Hier kommt dann wiederum<br />
ein Effekt zum Zuge, den<br />
die sowjetische Gestaltpsychologin<br />
Bljuma Zeigarnik in ihrer<br />
Dissertation 1927 erstmals beschrieben<br />
hat: Der Zeigarnik-Effekt<br />
besagt, dass die Aufgaben,<br />
die wir nicht abschließen konnten,<br />
besser im Gedächtnis hängen<br />
bleiben. Eine weitere Quelle<br />
des Mental Load, die immer weiter<br />
sprudelt …<br />
Der Zeigarnik-Effekt hat aber<br />
auch Konsequenzen über die<br />
reine kognitive Belastung hinaus.<br />
Aus der klinischen Psychologie<br />
wissen wir, dass nicht erledigte<br />
Aufgaben dazu beitragen,<br />
dass Depressionen entstehen<br />
und andauern. Und aus der Motivationsforschung<br />
ist bekannt,<br />
dass kaum etwas den Flow, bei<br />
dem man in seinem Tun komplett<br />
aufgeht, so wirksam verhindern<br />
kann wie Unterbrechungen<br />
und unabgeschlossene<br />
Aufgaben. Für Potenzialentfaltung<br />
und Zufriedenheit ist<br />
das also nicht zuträglich.<br />
Was tun?<br />
Sämtliche Ideen, dass die Mamis<br />
sich einfach mal locker machen<br />
sollen, halten wir für fahrlässig.<br />
Selbstwirksamkeit ist gut<br />
und gesund, aber so verlagert es<br />
das strukturelle Problem in bester<br />
neoliberaler Manier fälschlicherweise<br />
auf die individuelle<br />
Ebene. Ebenso unhaltbar sind<br />
alle Ratschläge, einfach alles effizienter<br />
zu erledigen. Der Mutterpart<br />
unseres Autorinnenduos<br />
rollt die Augen und gibt zu<br />
bedenken: Noch effizienter geht<br />
echt nicht mehr.<br />
Die verlässliche nicht-wissenschaftliche<br />
Ratgeberliteratur<br />
gibt recht einhellig an, dass eine<br />
klare Bestandsaufnahme, Umverteilung<br />
und gute Kommunikation<br />
zwischen den Eltern hilfreich<br />
sind. In welchen Bestandteilen<br />
und Geschmacksrichtungen<br />
das genau sein soll, ordnen<br />
wir in der nächsten Ausgabe ein.<br />
Die Autorinnen<br />
Tanja Gabriele Baudson ist Professorin<br />
für Differentielle Psychologie<br />
und psychologische Begabungsforschung<br />
an der Hochschule<br />
Fresenius Heidelberg. Bei Mensa<br />
leitet sie das Ressort Wissenschaft<br />
und Forschung. Sie hat vier Patenkinder<br />
zwischen 7 und 13 Jahren.<br />
Sara Köser ist Professorin für Sozial-<br />
und Wirtschaftspsychologie<br />
an der Hochschule Fresenius<br />
Heidelberg. Bei Mensa hat sie das<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong> geleitet, bis der Mental<br />
Load um Erwerbs- und Care-Arbeit<br />
zu groß wurde. Die Verantwortung<br />
für ihre beiden Kinder (8 und<br />
2 Jahre) macht sie müde und froh.<br />
34 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
STUDIENSTECKBRIEF<br />
Hochbegabte Mathe-Kinder<br />
Begabungsförderungsangebote vor dem<br />
Erlass der Kultusministerkonferenz 2015.<br />
Autor: Nik Julian Paul<br />
Titel der Arbeit: „Eine Erkundungsstudie<br />
zur Förderung<br />
hochbegabter Kinder in der<br />
Grundschule mit Schwerpunkt<br />
auf den Mathematikunterricht“<br />
Abgabe: 12/2021<br />
Worum ging es?<br />
Begabte und leistungsfähige<br />
Kinder wurden bis in die<br />
1980er-Jahre stark gebremst.<br />
Danach gab es einige allgemeine<br />
Beschlüsse zur besseren Inklusion<br />
aller Schülerinnen und<br />
Schüler und auch erste spezielle<br />
Begabungsförderungsangebote.<br />
Erst 2015 gab die Kultusministerkonferenz<br />
einen Erlass zur<br />
spezifischen Förderung begabter<br />
Kinder in deutschen Schulen<br />
heraus. Ich wollte herausfinden,<br />
wie gut Hochbegabte vor 2015<br />
schon gefördert wurden und<br />
wie sich dies verändert hat.<br />
Wen hast Du untersucht?<br />
Hochbegabte (primär Ms), die<br />
zwischen 1990 und 2015 eine<br />
deutsche Grundschule besucht<br />
haben.<br />
Wie hast Du das gemacht?<br />
Mit einer Online-Umfrage. Um<br />
den zeitlichen Verlauf zu modellieren,<br />
habe ich die Teilnehmenden<br />
nach dem Einschulungsjahr<br />
in Gruppen eingeteilt.<br />
Dann habe ich Häufigkeit und<br />
zum Teil Stärke der verschiedenen<br />
Fördermaßnahmen (etwa<br />
Überspringen, AGs, individualisierte<br />
Unterrichtsformen) ermittelt.<br />
Die Antworten auf Freitextfragen<br />
musste ich dafür zunächst<br />
quantifizieren, benutzte<br />
die Originalantworten jedoch<br />
auch, um die konkreten Mängel<br />
zu identifizieren.<br />
Was kam heraus?<br />
Besonders zu Beginn des untersuchten<br />
Zeitraums wurden die<br />
Fördermöglichkeiten nur in geringem<br />
Maße genutzt. Für die<br />
meisten von ihnen stellte sich<br />
im Verlaufe der Zeit auch keine<br />
gravierende Verbesserung<br />
ein und sie erhielten im quantitativen<br />
Bereich weniger als 30<br />
Prozent der möglichen Punkte.<br />
Eine wirkliche Ausnahme bildete<br />
nur der Einsatz von weiterführendem<br />
Material oder ähnlichem<br />
im Unterricht für schnellere<br />
Kinder, der fast durchgehend<br />
anstieg.<br />
Das Wissen der Lehrkräfte um<br />
die Hochbegabung hatte nur<br />
teilweise einen positiven Einfluss;<br />
einige versuchten sogar,<br />
bekanntermaßen hochbegabte<br />
Kinder aktiv zu bremsen. Die<br />
Förderung schien oft primär auf<br />
die Inklusion aller Kinder mit<br />
dem Fokus auf Leistungsschwächere<br />
ausgelegt zu sein und die<br />
Bedürfnisse Hochbegabter zu<br />
vernachlässigen. Das zeigte sich<br />
auch beim Anbieten von zusätzlichem<br />
Material, da statt weiterführender<br />
teilweise nur gleichartige,<br />
weiterhin unterfordernde<br />
Aufgaben eingesetzt wurden,<br />
welche die schnelleren Kinder<br />
häufig eher stärker frustrierten<br />
als förderten.<br />
Was lief schief?<br />
Ein Teilziel bestand eigentlich<br />
auch darin, Vergleiche zwischen<br />
den alten und neuen Bundesländern<br />
zu ziehen, da die<br />
DDR schon einige sinnvolle Förderansätze<br />
hatte. Aus diesem<br />
Gebiet kamen allerdings kaum<br />
Rückmeldungen, sodass hier<br />
keine reliable Untersuchung<br />
möglich war.<br />
Was bedeuten die<br />
Ergebnisse praktisch?<br />
Meine Studie kann als „Baseline“<br />
für das gesehen werden,<br />
was sich nach 2015 geändert hat.<br />
Für den untersuchten Zeitraum<br />
kann ich sagen, dass Lehrkräfte<br />
für die besonderen Merkmale<br />
und (Förder-)Bedürfnisse begabter<br />
Kinder sensibilisiert und<br />
ihre Einstellungen, dass diese<br />
quasi „Übermenschen“ sind und<br />
keiner Unterstützung bedürfen,<br />
geändert werden müssen.<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 35
PRISMENFERNGLAS<br />
Prägnanz und<br />
Unübersichtlichkeit<br />
Spielereien mit kurzen und langen Sätzen.<br />
Von Hartmut Blessing<br />
„Es geht.“ Das ist ein sehr kurzer<br />
Satz, immerhin hat er Subjekt<br />
und Prädikat. Noch kürzer sind<br />
die „Interjektionen“ genannten<br />
Wörter, wobei die Gelehrten<br />
streiten, ob so etwas wirklich<br />
ein richtiger Satz ist. Beispiele<br />
sind Loriots berühmtes „Ach?“<br />
oder auch „Huch!“.<br />
Dies wird gerne in Comics<br />
eingesetzt, wie das berühmte<br />
„Ächz! Keuch! Stöhn!“, das die<br />
Übersetzerin Erika Fuchs in die<br />
Donald-Duck-Comics einführte.<br />
Ihr zu Ehren wird das auch als<br />
„Erikativ“ bezeichnet. Ähnlich<br />
kreativ war Herbert Feuerstein<br />
im „MAD“-Comic, mit Beispielen<br />
wie „Lechz! Gier!“. Am kürzesten<br />
ist wohl die lateinische<br />
Befehlsform „I!“ für „Geh!“.<br />
Sprachspieler suchen nach<br />
kurzen Schüttelreimsätzen wie:<br />
PRISMENFERNGLAS<br />
Warum Prismenfernglas?<br />
Prismenfernglas steht für die<br />
Buntheit des Lebens, vor allem der<br />
Sprache — das Fernglas steht für den<br />
Blick über den Tellerrand.<br />
Unter dieser Rubrik erscheinen<br />
regelmäßig Beiträge zu Sprachspielen<br />
und Etymologie.<br />
„Du bist Buddhist.“ Schön ist<br />
auch: „Lutz scheute Schutzleute.“<br />
Interessant ist es, kurze Palindromsätze<br />
zu suchen. Ein<br />
Beispiel wäre: „Na, Jan?“ Oder<br />
auch: „Stahl hat’s.“ (Habe ich<br />
mir ausgedacht, als Art Werbung<br />
für Stahl.)<br />
Im Deutschen gibt es jedoch<br />
oft sehr lange Sätze. Deshalb<br />
musste der Kurznachrichtendienst<br />
Twitter in seiner deutschen<br />
Version eine größere Zeichenlänge<br />
erlauben.<br />
Die Linguistin Ursula Pieper<br />
ermittelte 1979 bei Hörspielen<br />
im Median 6,64 Wörter pro Satz,<br />
bei Briefen 16,63 Wörter, bei<br />
wissenschaftlichen Texten 19,22<br />
und bei allgemeinen Gesetzestexten<br />
23,04 Wörter pro Satz.<br />
Nach Untersuchungen des Germanisten<br />
Mittelberg liegt der<br />
Median der „Bild“-Zeitung bei<br />
zehn bis zwölf Wörtern pro Satz,<br />
während die „Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung“ immerhin auf<br />
16 bis 18 Wörter kommt.<br />
Die förmliche Sprache der Gerichte<br />
und Ämter ist oft voll langer<br />
Sätze: „Dadurch, dass derjenige,<br />
der vom Angeklagten, der<br />
ein Geständnis, das von Zeugen,<br />
die unter Eid, auf dessen Bedeutung<br />
sie unter Hinweis auf die<br />
etwaigen Folgen aufmerksam<br />
gemacht wurden, aussagten, bekräftigt<br />
worden ist, ablegte, tätlich<br />
angegriffen wurde, an der<br />
Streitursache nicht ganz schuldlos<br />
war, kann die Strafe zur Bewährung<br />
ausgesetzt werden.“<br />
(aus dem „Simplicissimus“)<br />
Oder das: „Derjenige, der den<br />
Täter, der den Wegweiser, der<br />
an der Brücke, die an der Straße,<br />
die nach Kleinkleckersdorf<br />
führt, liegt, steht, umgerissen<br />
hat, anzeigt, erhält zehn Euro<br />
Belohnung.“<br />
Hier sind gleich sechs Verben<br />
hintereinander: „Denken<br />
Sie, wie schön der Krieger, der<br />
die Nachricht, die den Sieg, den<br />
die Athener bei Marathon, nach<br />
Athen, das in großer Sorge, ob es<br />
die Perser zerstörten, schwebte,<br />
erfochten, verkündete, brachte,<br />
starb.“ Die beiden Sätze sind aus<br />
dem Buch „Alles Unsinn“.<br />
Sehr kreativ war der Autor<br />
Friedrich Dürrenmatt in seiner<br />
Novelle „Der Auftrag oder Vom<br />
Beobachten des Beobachters der<br />
Beobachter“. Das Buch ist in 24<br />
einzelnen Sätzen geschrieben,<br />
jeder Satz bildet ein Kapitel.<br />
36 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
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UNENDLICHE WEITEN<br />
Gemeinsam weiter<br />
denken, warum es nachts<br />
dunkel ist<br />
Was Heinrich Wilhelm Matthias Olbers<br />
noch nicht wusste.<br />
von Uwe Doetzkies<br />
Lars-Hendrik Schilling berichtete im<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azin 146 vom Bremer Hobby-Astronomen Olbers<br />
(1758–1840), der mit dem Olbers'schen Paradox in die<br />
Wissenschaftsgeschichte einging.<br />
O<br />
lbers' Theorie richtet sich<br />
gegen die frühneuzeitliche<br />
Auffassung von einem in Raum<br />
und Zeit unendlichen Weltall.<br />
Er argumentierte: Wäre das<br />
Weltall unendlich, müsste unser<br />
Blick an jedem Punkt des Nachthimmels<br />
auf einen Stern fallen,<br />
mithin müsse es auf der Erde<br />
Tag und Nacht hell sein. Da dem<br />
aber nicht so ist, könne das Universum<br />
nicht unendlich sein.<br />
Olbers' These brachte die damalige,<br />
noch theologisch untermauerte<br />
Annahme eines unendlichen<br />
Weltalls ins Wanken und<br />
bereitete den Weg, das Universum<br />
(wieder) endlich zu denken.<br />
Nachfolgend entstanden Kosmologien<br />
eines endlichen Universums,<br />
so auch die Urknalltheorie.<br />
Sie geht davon aus, dass<br />
unser Universum vor 14 Milliarden<br />
Jahren entstanden ist.<br />
Die Grenzen<br />
des Blicks<br />
Doch ist Olbers' Argumentation<br />
nach heutigem Wissensstand<br />
noch schlüssig? Mittlerweile<br />
ist bekannt, dass Licht<br />
elektromagnetische Strahlung<br />
ist, die auf bestimmten Teilchen,<br />
den Photonen, basiert. Das war<br />
dem Goethezeitgenossen noch<br />
unbekannt.<br />
Es ist nicht unser Blick, der auf<br />
einen Himmelskörper treffen<br />
muss. Vielmehr sind es die vom<br />
Himmelskörper ausstrahlenden<br />
Photonen, die auf unsere Netzhaut<br />
treffen müssen, damit wir<br />
den Stern wahrnehmen können.<br />
Wie weit dürfen Sterne entfernt<br />
sein, um von der Erde aus<br />
noch wahrgenommen zu werden?<br />
Angenommen, 25 Photonen<br />
pro Sekunde würden ausreichen,<br />
um einen Stern als solchen<br />
mit bloßem Auge zu erkennen,<br />
wie weit wäre unsere<br />
Sonne dann noch sichtbar?<br />
Ich habe das einmal ausgerechnet<br />
(vergleiche boggs.sigs.<br />
philosophie vom 29. Oktober<br />
2011). Die Entfernung beträgt<br />
gerade einmal 653 Lichtjahre.<br />
Das bedeutet, dass das<br />
Licht unserer Sonne nicht einmal<br />
bis zum Ende unseres Spiralarmes<br />
der Milchstraße reicht,<br />
geschweige denn in die Unendlichkeit.<br />
Licht von weiter entfernten<br />
Himmelskörpern empfangen<br />
38 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
UNENDLICHE WEITEN<br />
Ein Modell von „James<br />
Webb“, dem neuen Weltraumteleskop.<br />
Eine Vorstellung<br />
von dessen Größe vermittelt<br />
das Foto unten.<br />
Fotos: Wikipedia commons<br />
wir zwar auch noch, doch sehen<br />
wir diese nicht mehr als Sterne –<br />
selbst dann nicht, wenn sie tausendmal<br />
mehr Licht aussenden<br />
als unsere Sonne. Da die Lichtmenge,<br />
die uns erreicht, mit der<br />
dritten Potenz der Entfernung<br />
abnimmt, können wir Sterne<br />
mit eintausendfacher Sonnenhelligkeit<br />
aus einer Entfernung<br />
von maximal 7.000 Lichtjahren<br />
noch identifizieren. Weiter weg<br />
erscheint es uns nur als ein zufälliges<br />
Aufblitzen eines Photons.<br />
Es sind gerade einmal circa<br />
4.000 Sterne, die wir mit bloßem<br />
Auge sehen können. Alles,<br />
was weiter weg ist, erreicht<br />
uns nur sporadisch und lässt<br />
sich keinem bestimmten Objekt<br />
mehr zuordnen. Ferne Galaxien<br />
sehen wir nur deshalb, weil<br />
sie aus Milliarden Sternen bestehen,<br />
die uns eng beieinander<br />
erscheinen, sodass sich der Eindruck<br />
eines Nebelflecks ergibt.<br />
Die Erweiterung<br />
des Blicks<br />
Wir Menschen wollten aber<br />
schon immer mehr sehen. Mit<br />
der Erfindung des Fernglases,<br />
des Teleskopes und mit dem<br />
Bau von Weltraumteleskopen<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 39
UNENDLICHE WEITEN<br />
werden unsere Pupillen gewissermaßen<br />
immer größer und<br />
können jetzt eine Himmelsregion<br />
immer länger fixieren.<br />
Das hat man mit dem Hubble-<br />
Teleskop getan und in scheinbar<br />
sternenlose Regionen geschaut.<br />
Entstanden sind die berühmten<br />
Deep-Field-Aufnahmen, die einen<br />
Teil des ansonsten schwarzen<br />
Nachthimmels zeigen.<br />
Plötzlich wurden Objekte sichtbar<br />
gemacht, die weiter von der<br />
Erde entfernt sind, als sie es<br />
nach dem Forschungsstand von<br />
1995 hätten sein dürfen.<br />
Salopp gesagt: Es wurden Objekte<br />
sichtbar, die sich quasi jenseits<br />
der angenommenen Grenze<br />
des Universums befinden.<br />
Wie konnte das sein? Wie war<br />
das mit der Urknalltheorie vereinbar?<br />
Ein großer Sprung<br />
nach vorn<br />
Gelöst wurde der Widerspruch<br />
seinerzeit, indem man dem Universum<br />
kurz nach dem Urknall<br />
eine Phase der beschleunigten<br />
Expansion zubilligte. Das All hat<br />
gewissermaßen einen großen<br />
Sprung nach vorn gemacht, sodass<br />
seine jetzige Ausdehnung<br />
größer ist, als es die Berechnungen<br />
ursprünglich erwarten ließen.<br />
Die sogenannte Hintergrundstrahlung<br />
soll dabei entstanden<br />
sein und gilt quasi als<br />
„Echo“ des Urknalls.<br />
Je weiter ein Objekt, und wir<br />
sprechen hier von Objekten, die<br />
mit bloßem Auge nicht mehr<br />
gesehen werden können, von<br />
uns entfernt ist, desto energieärmer<br />
ist das Licht, das bei uns<br />
ankommt.<br />
Deep-Field-Aufnahme des<br />
Hubble-Teleskops von 1995.<br />
Foto: NASA - public domain<br />
Das äußert sich in der sogenannten<br />
Rotverschiebung, über<br />
deren Ursprung verschiedene<br />
Theorien existieren. Licht, das<br />
uns aus der „Unendlichkeit“ erreicht,<br />
müsste weit ins Rote verschoben<br />
sein. Allerdings sollte<br />
es die Energie Null nicht erreichen<br />
können, deshalb muss es<br />
irgendwo in der Nähe des Nullpunktes<br />
eine Grenze geben.<br />
Olbers wusste noch nichts von<br />
Photonen und Rotverschiebung.<br />
Er wusste auch nichts von der<br />
Hintergrundstrahlung, die uns<br />
aus allen Richtungen des Himmels<br />
erreicht. Liegt dann der<br />
Gedanke nicht nahe, dass unser<br />
Blick dort, wo er keinen nahen<br />
Stern trifft, extrem energiearmes<br />
Licht sehen müsste, wenn<br />
er es denn könnte?<br />
Da das Auge aber dieses Licht<br />
nicht rezipieren kann, erscheinen<br />
uns die Stellen zwischen<br />
den nahen Sternen dunkel.<br />
Doch je genauer wir dorthin sehen<br />
können, desto mehr Objekte<br />
werden wir entdecken.<br />
Blick in die<br />
Unendlichkeit<br />
Die Welt wartet gespannt auf<br />
die ersten Bilder von „James<br />
Webb“, dem neuen Weltraumteleskop.<br />
Was, wenn sich Objekte<br />
in der kosmischen Hintergrundstrahlung<br />
finden, die noch weiter<br />
von uns entfernt sind, als es<br />
die Urknall-Theorie gegenwärtig<br />
erlaubt?<br />
Ich habe nie verstanden, weshalb<br />
die kosmische Hintergrundstrahlung<br />
ein Beweis für<br />
den Urknall sein soll. Sie könnte<br />
genauso das Sternenlicht aus<br />
der Unendlichkeit sein, das Olbers<br />
zwar vermutet hat, aber mit<br />
den technischen Möglichkeiten<br />
seiner Zeit nicht sehen konnte,<br />
weil es extrem ins (Infra-)Rote<br />
verschoben ist.<br />
Unser Blick könnte tatsächlich<br />
an jedem Punkt des Nachthim-<br />
40 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
mels auf einen Stern fallen, nur<br />
erreicht uns sein Licht aufgrund<br />
der Unendlichkeit des Universums<br />
nicht.<br />
Warten wir ab, was „James<br />
Webb“ uns zeigen wird. Wenn<br />
unser Blick noch weitere 100<br />
Milliarden Lichtjahre in das<br />
Universum hinausgehen wird<br />
und immer mehr Objekte sichtbar<br />
werden, könnte die kosmische<br />
Hintergrundstrahlung<br />
ebenso der Beweis für die Unendlichkeit<br />
von Raum und Zeit<br />
sein, wie sie es heute für den Urknall<br />
ist.<br />
UNENDLICHE WEITEN<br />
Ich freue mich auf eure Reaktionen<br />
an mensa@uwe.doetzkies.de<br />
oder im nächsten Mind-<br />
<strong>Mag</strong>.<br />
Olbers'sches Paradoxon –<br />
siehe Mind<strong>Mag</strong> Februar 2022<br />
(S. 48)<br />
Rotverschiebung<br />
Das Spektrum weit entfernter<br />
kosmischer Objekte scheint uns<br />
in Richtung auf rote und infrarote<br />
Wellenlängen verschoben<br />
zu sein. Ein Anteil ist mit dem<br />
Doppler-Effekt erklärbar, für<br />
den anderen Anteil, die „kosmologische<br />
Komponente“, wird<br />
derzeit die „Expansion des Raumes“<br />
verantwortlich gemacht.<br />
Begriffe<br />
Kosmische Hintergrundstrahlung<br />
eine das ganze Universum erfüllende,<br />
nahezu isotrope (in allen<br />
Richtungen gleiche) Strahlung<br />
im Mikrowellenbereich<br />
(Wikipedia vom 10. Februar<br />
2022). (In der Folge wird die<br />
Hintergrundstrahlung bereits<br />
ausschließlich mit dem Urknall<br />
in Zusammenhang gebracht,<br />
siehe nächster Begriff)<br />
Urknall, Expansion des Raumes,<br />
Echo des Urknalls<br />
Begriffe aus der Urknalltheorie,<br />
die zu Objekten und Prozessen<br />
gehören, die derzeit nicht<br />
direkt beobachtet werden können.<br />
Damit sind sie nicht Gegenstand<br />
dieses Beitrags.<br />
Unendlichkeit und Ewigkeit<br />
14 Milliarden Jahre sind nicht<br />
ewig und 100 Milliarden Lichtjahre<br />
sind nicht unendlich.<br />
Auch wenn wir die Zahlen vertausendfachen,<br />
nähern wir uns<br />
noch keinem Bruchteil von<br />
Ewigkeit und Unendlichkeit –<br />
doch ist der von uns beobachtbare<br />
Teil des Universums in der<br />
Tat sowohl im Raum als auch in<br />
der Zeit endlich.<br />
Absolute Helligkeit<br />
Helligkeit, in der uns ein Stern<br />
in einer Entfernung von 10 Parsec<br />
erscheinen würde. Die Skala<br />
ist logarithmisch, eine Differenz<br />
von -1 entspricht einer<br />
2,5-fachen Helligkeit.<br />
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Action, please!<br />
Die Kino-Kolumne mit Extra-Fakten für Besserwisser.<br />
Von Karin Polz<br />
M<br />
ittendrin statt nur dabei –<br />
das ist seit einigen Jahren<br />
das Motto bei Actionfilmen. Allerlei<br />
visuelle Tricks und technischer<br />
Schnickschnack sollen<br />
den „Zuschauer“ zum „Miterleber“<br />
machen. Das klappt allerdings<br />
nur, wenn auch die Handlung<br />
stimmt.<br />
Ein mieser Film wird durch<br />
3D-Effekte nicht besser. Das<br />
mussten auch die Filmproduzenten<br />
feststellen. 2009 waren<br />
die Erwartungen an die neue<br />
Technik noch hoch: Gerade war<br />
„Avatar“ rausgekommen, der<br />
mit seinen Computeranimationen<br />
und 3D-Effekten begeisterte.<br />
Viele prophezeiten, es werde<br />
bald nur noch 3D-Filme geben.<br />
Doch inzwischen ist die Zahl der<br />
3D-Filme wieder deutlich zurückgegangen.<br />
Viele finden 3D anstrengend<br />
und wenig erholsam, andere<br />
konzentrieren sich lieber auf<br />
die Handlung als auf die Effekte.<br />
Wurden Filme in 2D und 3D gezeigt,<br />
bevorzugte manchmal nur<br />
eine Minderheit Letzteres – vielleicht<br />
auch wegen der Ticketpreise.<br />
Mehr Action lässt sich<br />
das Kino etwas kosten – das gilt<br />
auch für Spielereien wie D-Box<br />
Motion Seats (bewegliche Sitze,<br />
die je nach Kinobetreiber auch<br />
andere Bezeichnungen tragen),<br />
die Filmhandlungen spürbar<br />
machen. Doch brauchen Kinos<br />
überhaupt zusätzliche Anreize?<br />
Ist nicht das, was auf der Leinwand<br />
passiert, schon Aufregung<br />
und Abenteuer genug? Bei diesen<br />
drei actionreichen Filmen<br />
haben sich die Produzenten jedenfalls<br />
ins Zeug gelegt, damit<br />
sich niemand im Kino langweilen<br />
muss.<br />
Morbius<br />
ab 31. März<br />
Wo Marvel ist, da ist Action. Jeder<br />
der Helden aus dem Marvel-Verlag<br />
bewegt sich mit Superkräften<br />
und in einer Kulisse,<br />
die ohne visuelle und Spezial-Effekte<br />
undenkbar wären. So<br />
auch Morbius, eine faszinierende,<br />
aber ambivalente Figur, dargestellt<br />
vom ebenso ambivalenten<br />
Jared Leto. Im Film versucht<br />
Dr. Morbius, der an einer gefährlichen<br />
Blutkrankheit leidet,<br />
sich durch die DNA der Vampirfledermaus<br />
zu heilen. Dadurch<br />
erlangt Morbius unglaubliche<br />
Fähigkeiten, gleichzeitig kommt<br />
jedoch eine dunkle Seite zum<br />
Vorschein. Das macht den Film<br />
zu einem faszinierend düsteren<br />
Spektakel.<br />
Für mehr Action wird „Morbius“<br />
auch in IMAX gezeigt. Eine<br />
Technologie, die schon lange<br />
vor dem 3D-Boom damit experimentiert<br />
hat, wie man das Publikum<br />
mitten ins Geschehen<br />
zieht: Hochauflösende Bilder,<br />
wuchtiger Sound und ein spezielles<br />
Leinwand-Design sind typisch<br />
für IMAX-Kinos.<br />
Doctor Strange in the<br />
Multiverse of Madness<br />
ab 4. Mai<br />
„Seien Sie dabei, wenn Doctor<br />
Strange mit der Hilfe alter und<br />
neuer Verbündeter die verblüffenden<br />
und gefährlichen alternativen<br />
Realitäten des Multiversums<br />
durchquert, um sich einem<br />
mysteriösen neuen Gegner<br />
zu stellen“, lockt die Pressemitteilung<br />
von Disney. Schon im<br />
42 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
© 2021 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH; MARVEL and all related character names: © & 2021 MARVEL<br />
Trailer wird einiges an Action<br />
geboten: Explosionen, plötzlich<br />
hervorschießende Monster,<br />
bombastische Kampfszenen.<br />
Das alles gibt es dann natürlich<br />
auch in 3D zu sehen – genauer<br />
gesagt in RealD 3D. Jede<br />
andere Entscheidung würde die<br />
Fans der Marvel-Reihe auch enttäuschen.<br />
Denn opulente visuelle<br />
Effekte gehören genauso zum<br />
Marvel-Erlebnis wie bekannte<br />
Schauspieler – in diesem Fall Benedict<br />
Cumberbatch. Dem ersten<br />
Doctor-Strange-Film wurde<br />
übrigens eine „berauschende<br />
Machart“ bescheinigt. Die Messlatte<br />
für diese Fortsetzung liegt<br />
also hoch.<br />
Top Gun: Maverick<br />
ab 26. Mai<br />
1986 strömten vor allem Mädchen<br />
ins Kino, um „Top Gun“<br />
zu sehen: Tom Cruise war ein<br />
Teenie-Idol, „Take my breath<br />
away“ aus dem Soundtrack landete<br />
auf „Kuschelrock 2“. Die<br />
meisten Mädchen ignorierten<br />
das Action-Potenzial des Films,<br />
das viele Jahre später (2013)<br />
dazu führte, dass der Film digital<br />
überarbeitet und im Format<br />
IMAX 3D kurzzeitig noch einmal<br />
in ausgewählte Kinos kam.<br />
Flugszenen sind einfach perfekt<br />
für 3D – und deshalb darf die<br />
Fortsetzung jetzt auch mit purer<br />
Action werben.<br />
Tom Cruise spielt wieder den<br />
Kampfpiloten Pete „Maverick“<br />
Mitchel, der diesmal als Ausbilder<br />
ein Team für eine spezielle<br />
Mission fit macht. Doch<br />
die Handlung interessiert nicht<br />
weiter – stattdessen wird zum<br />
Beispiel darüber fachgesimpelt,<br />
dass beim Dreh gleichzeitig<br />
sechs IMAX-Kameras im Cockpit<br />
verwendet wurden. Wer in<br />
den Film geht, sollte sich also<br />
für actionreiche Flugszenen<br />
mehr interessieren als für Tom<br />
Cruise.<br />
Extra-Fakten<br />
FILMKUNST<br />
Mehr Tempo durch<br />
schnellere Schnitte<br />
A<br />
ction braucht Tempo: Damit<br />
das Auge nicht abschweift,<br />
werden die Einstellungen immer<br />
kürzer. In einem Artikel in<br />
„brand eins“ von 2015 (https://<br />
mind-mag.de/link/action), der<br />
sich genau mit diesem Thema<br />
beschäftigt, sind folgende Beispiele<br />
genannt: War ein Bild<br />
in den Dreißigerjahren, als der<br />
Tonfilm eingeführt wurde, noch<br />
zehn Sekunden zu sehen, so<br />
sind es jetzt nur noch fünf Sekunden.<br />
Und: Je actionreicher<br />
der Film, desto schneller die<br />
Schnitte. Zum Beispiel sind im<br />
Trailer zum Batman-Film „The<br />
Dark Knight Rises“ die Einstellungen<br />
nur 1,6 Sekunden lang.<br />
Oft kann das Publikum diese<br />
schnellen Schnitte gar nicht<br />
mehr richtig wahrnehmen. Paradoxerweise<br />
scheint die kalkulierte<br />
Reizüberflutung dennoch<br />
ein Erfolgsfaktor bei Actionfilmen<br />
zu sein.<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 43
NATURPHÄNOMENE<br />
Granitgipfelgrate im<br />
Gelben Gebirge<br />
Aufbruch nach Pandora featuring Huang Shan.<br />
Von Peter Schmidt<br />
Gut gefüllt: der<br />
Granitgipfelgrat-Wanderweg.<br />
Alle Fotos: Peter Schmidt<br />
A<br />
m liebsten würde ich jetzt<br />
wie so ein Toruk Makto einfach<br />
zwischen diesen schmalen,<br />
inselhaft gen Himmel ragenden<br />
Bergen herumschweben. Stattdessen<br />
steige ich schwindelfrei<br />
an senkrechten Steilwänden auf<br />
und ab – mangels Flügeln auf kilometerlangen<br />
Treppen, die so<br />
viele Stufen haben, wie ich gefühlt<br />
im gesamten Leben noch<br />
nie gegangen bin.<br />
Wenn man in den Atlas schaut,<br />
kommt man gar nicht auf die<br />
Idee, dass in jener Gegend, wo<br />
ich gerade bin, überhaupt irgendwelche<br />
spektakulären Berge<br />
sein sollen. Denn die ganz<br />
großen Höhen, die in Atlanten<br />
üblicherweise in bergbraun<br />
dargestellt werden, gibt es hier<br />
nicht. Und dennoch befinde ich<br />
mich im Idealtyp einer beeindruckenden<br />
Berglandschaft.<br />
Gewaltige Erosionsprozesse<br />
legten über Jahrmillionen diese<br />
einzigartige Ansammlung<br />
plutonischen Gesteins frei. Das<br />
sind keine Steine vom Zwergplaneten<br />
Pluto, sondern Gesteine,<br />
die aus dem Erdinnern aufstiegen,<br />
es aber nicht geschafft haben,<br />
zur Erdoberfläche in Form<br />
eines Vulkanausbruchs durch-
NATURPHÄNOMENE<br />
zustoßen, sondern als Tiefengesteine<br />
erstarrten.<br />
An der Erdoberfläche<br />
eruptiertes Gestein sind<br />
Vulkanite. Das austretende<br />
<strong>Mag</strong>ma wird zu Lava.<br />
In der Erdkruste stecken<br />
gebliebene Intrusivgesteine<br />
heißen Plutonite. Und<br />
wenn dann Jahrmillionen<br />
später die Erosion das<br />
Drumherum, was weicheres<br />
Sedimentgestein war,<br />
wegfräst, bleiben die Plutone,<br />
tiefe fossile <strong>Mag</strong>makammern,<br />
nacktsteinig über.<br />
„Feldspat, Quarz und Glimmer<br />
– die vergess ich nimmer“: Das<br />
bekannteste plutonische Gestein<br />
ist Granit. Und das sieht<br />
dann im spektakulärsten Fall<br />
so aus wie im Huang Shan, von<br />
dem hier die Schreibe ist. Wir<br />
kennen diese Bergwelt im ansonsten<br />
reisfelderflachen Osten<br />
Chinas als das sogenannte Gelbe<br />
Gebirge: ein wahres Labyrinth<br />
aus Granitgipfeln!<br />
Tiefe Schluchten und nadelförmige<br />
Berge stehen dicht an<br />
dicht. Unzählige Künstlerinnen<br />
Windzerzauste Gipfelkiefer.<br />
und Künstler erlagen dieser einzigartigen<br />
Landschaft aus hohen<br />
Gipfeln und tiefen Abgründen,<br />
bizarr geformten Felsen<br />
und skurril gewachsenen, knorrigen<br />
Kiefern. Meine ersten Berge,<br />
die ich als kleines Kind malte,<br />
sahen auch so ähnlich aus<br />
wie diese Landschaft.<br />
Wenn weiße Wolken durch<br />
die Täler ziehen und die Berge<br />
umhüllen, dann beginnen die<br />
spektakulär schmalen spitzen<br />
Berge scheinbar zu schweben.<br />
Und so diente dann diese beeindruckende<br />
Szenerie tatsächlich<br />
auch als inspirierende Vorlage<br />
für einen Film, den ihr alle,<br />
liebe Ms, kennen dürftet:<br />
Avatar – Aufbruch<br />
nach Pandora.<br />
Tausende von Treppenstufen<br />
und spektakuläre<br />
Wanderwege<br />
entlang senkrechter<br />
Felswände erschließen<br />
diese einzigartige<br />
Bergwelt. Das Wandern<br />
in und durch die<br />
Kulissen der irdischen<br />
Hallelujah-Berge erfordert<br />
viel Ausdauer, Trittsicherheit<br />
und vor allem Schwindelfreiheit.<br />
Die Gelben Berge liegen nur<br />
wenige Autostunden westlich<br />
von Shanghai und gehören zu<br />
den beeindruckendsten Bergen<br />
Chinas. Sie sind nicht einmal<br />
2000 Meter hoch, aber von<br />
bizarrer, inspirierender Schönheit.<br />
Liebe Ms, solltet ihr nach<br />
China im Allgemeinen und<br />
nach Shanghai im Besonderen<br />
kommen, nutzt die Gelegenheit<br />
zu einem Ausflug in diese geile<br />
Gegend!<br />
Anzeige<br />
Vielbegabtencoach und Intuitionsmentorin<br />
<strong>Mag</strong>st du deine vielen Interessen uneingeschränkt<br />
leben und dich dabei stimmig fühlen?<br />
"Ich habe schon mehrere Erfahrungen mit Coaches<br />
gemacht, die mal mehr, mal weniger gewinnbringend<br />
waren. Von Christines Coaching hatte ich zunächst einmal<br />
erwartet, dass sie mich als M besonders klug abholt. Dass<br />
sie mich aber dazu bringt, dass ich mich mit meinen<br />
eigenen Vorstellungen selbst klug abhole, hätte ich so nicht<br />
erwartet. Möglich wurde dies durch..."<br />
Fortsetzung auf:<br />
christinekleinert.de/<br />
vielbegabt/
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
Margret Hamilton<br />
während<br />
ihrer Zeit als<br />
„Lead Apollo<br />
Flight Software<br />
Designer“.<br />
Foto: public domain<br />
46 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
Als Informatik noch<br />
„Mathe mit Strom“ war<br />
Margaret Hamilton, Programmiererin des<br />
Apollo-Raumfahrt-Programms.<br />
Von Jan-Hendrik Schilling<br />
Name: Margaret Hamilton (geb.<br />
Heafield)<br />
Lebensdaten: geboren am 17.<br />
August 1936 in Paoli, Indiana<br />
In aller Kürze: Margaret Hamilton<br />
ist eine Mathematikerin<br />
und Programmiererin, die die<br />
Software-Entwicklung für die<br />
amerikanische Mondlandung<br />
leitete.<br />
Im Detail: Ihr kennt vermutlich<br />
den Vergleich, ein modernes Rechengerät<br />
(Taschenrechner, Mobiltelefon,<br />
Smartwatch) habe<br />
mehr Rechenleistung, als für<br />
die Mondlandung notwendig<br />
war. Das ist vollkommen richtig,<br />
denn die Rechenleistung der<br />
Mikrochips ist seit den 1960ern<br />
stark gestiegen. Im Umkehrschluss<br />
bedeutet es, dass Programmierung<br />
damals sehr geschickt<br />
und sparsam sein musste,<br />
um aus den Computern des<br />
Apollo-Programms eine Mondlandung<br />
herauszukitzeln. Die<br />
Fachfrau dafür war eine Programmiererin<br />
namens Margaret<br />
Hamilton, geboren 1936 als<br />
Margaret Elaine Heafield.<br />
Margaret Heafield kam in Paoli<br />
zur Welt, einer Kleinstadt in<br />
einem sehr dünn besiedelten<br />
Teil des eh recht dünn besiedelten<br />
US-Bundesstaat Indiana.<br />
Später lebte ihre Familie auf<br />
der Keweenaw-Halbinsel in Michigan,<br />
die – ebenfalls völlig ab<br />
vom Schuss – in den Oberen See<br />
ragt. In eine größere Stadt zog<br />
Margaret erst, als sie Mathematik<br />
studierte, allerdings nur<br />
kurz. Bald wechselte sie zurück<br />
in eine Kleinstadt, an die Privat-<br />
Uni Earlham College.<br />
Dort studierte sie Mathematik<br />
im Hauptfach und Philosophie<br />
im Nebenfach – Letzteres<br />
wählte sie, weil ihr Vater Philosoph<br />
und Dichter war und ihr<br />
Großvater Schulleiter und Quäker-Pastor.<br />
Von Boston<br />
nach Boston<br />
In Earlham lernte Margaret<br />
auch ihren ersten Mann kennen,<br />
den Chemiestudenten James<br />
Cox Hamilton. Sie heirateten<br />
im Sommer 1958. Nach ihrem<br />
Studienabschluss unterrichtete<br />
Margaret kurz in einem kleinen<br />
Dorf in Indiana, welches zufälligerweise<br />
Boston hieß. Danach<br />
zog das Ehepaar nach Boston,<br />
Massachusetts, 1959 wurde<br />
eine Tochter geboren. 1967 ließen<br />
Margaret und James sich<br />
scheiden; Margaret heiratete<br />
1969 Dan Lickly.<br />
In Boston durchlief nicht<br />
nur Margarets Privatleben viele<br />
Wandlungen. Ursprünglich<br />
wollte sie nach der Geburt ihrer<br />
Tochter weiter studieren,<br />
und zwar abstrakte Mathematik.<br />
Tatsächlich fand Margaret<br />
aber schon 1959 einen Job als<br />
Programmiererin: Sie arbeitete<br />
in der meteorologischen Sektion<br />
des MIT unter Edward Norton<br />
Lorenz, dem Vater der Chaostheorie.<br />
Margaret Hamiltons<br />
Arbeit bildete eine wichtige<br />
Grundlage für Lorenz’ Entwicklung<br />
dieser Theorie.<br />
Margaret hatte keinerlei Informatik-Hintergrund,<br />
das war damals<br />
normal. Computer waren<br />
so neu, dass Fachleute aus angrenzenden<br />
Ressorts sich das<br />
Wissen aneigneten. Die Informatik<br />
war viel näher an der Mathematik<br />
und kaum mehr als<br />
„Mathe mit Strom“. Und damit<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 47
UNPROMINENTE PROMINENTE<br />
war die kompetente Mathematikerin<br />
Hamilton definitiv qualifiziert<br />
und wurde völlig zu Recht<br />
eingestellt.<br />
1961 wechselte Hamilton in<br />
das SAGE-Projekt. SAGE steht<br />
für Semi-Automatic Ground Environment<br />
und war darauf ausgelegt,<br />
feindliche Angriffsjäger<br />
computergestützt mittels Radars<br />
und Satellitenaufklärung<br />
zu identifizieren.<br />
Mit Mathe, Griechisch<br />
und Latein zum Erfolg<br />
Margaret Hamilton bekam<br />
hier direkt einen komplizierten<br />
Fall übertragen – ein Programm,<br />
das einer ihrer Kollegen trotz<br />
Bemühen nicht hatte fertigstellen<br />
können. Der vorherige Bearbeiter<br />
hatte seine Kommentare<br />
zum Code zudem auf Griechisch<br />
und Latein verfasst. Hier half<br />
nicht nur Hamiltons mathematische<br />
Expertise, sondern auch<br />
ihre klassische Bildung, um diese<br />
Nuss zu knacken.<br />
Unter anderem durch diesen<br />
Erfolg konnte Hamilton in das<br />
Apollo-Projekt einsteigen, wo<br />
sie Programme entwickelte und<br />
später die Systementwicklung<br />
leitete. Margaret Hamilton bewegte<br />
sich auf vielen Hierarchieebenen<br />
und war sich auch<br />
nicht zu schade, in Führerkabinen<br />
herumzuklettern. Sie leitete<br />
mit großem Erfolg eine Gruppe,<br />
die monumentale Programmentwicklungen<br />
für die Mondflüge<br />
vollbrachte.<br />
Allein die ausgedruckten<br />
Codes stapelten sich höher als<br />
die Mathematikerin selbst.<br />
Allgemein sorgte sie dafür,<br />
dass die Arbeit ihres Teams<br />
ernstgenommen wurde. So soll<br />
sie den Begriff „software engineering“<br />
eingeführt haben,<br />
um zu betonen, dass ihre Arbeit<br />
für den Erfolg der Mission<br />
ebenso entscheidend war wie<br />
die Entwicklung von Triebwerken,<br />
Raumanzügen oder Mondfähren.<br />
Überlastungswarnung<br />
für Apollo 11<br />
2016 wurde sie von Barack Obama<br />
mit der „Presidential Medal of Freedom“<br />
ausgezeichnet. Foto: public domain<br />
Hamiltons wichtigste Entwicklung<br />
betraf die Mondlandefähre<br />
Eagle: Die Computer der<br />
Apollo-Mission waren aus heutiger<br />
Sicht schneckenlangsam.<br />
Deshalb konnte es passieren,<br />
dass der Rechner mit den Datenmengen<br />
einfach nicht hinterherkam.<br />
Hamilton hatte ein<br />
System gebaut, welches die Astronauten<br />
warnte, dass die Steuerung<br />
verzögert reagieren würde.<br />
Während der ersten Mondlandung<br />
trat genau dieser Fall<br />
ein. Das Notfallsystem von Hamilton<br />
gab eine Fehlermeldung<br />
mit Priorität aus. Armstrong<br />
und Aldrin konnten das Manöver<br />
auch deshalb erfolgreich abschließen,<br />
weil Hamiltons Mechanismus<br />
sie bezüglich möglicher<br />
Probleme vorgewarnt hatte.<br />
Nach ihren herausragenden<br />
Leistungen für die Mondmissionen<br />
blieb Margarete Hamilton<br />
noch ein paar Jahre bei der<br />
NASA. 1976, vier Jahre nach<br />
dem Ende des Apollo-Programms,<br />
ging sie in die Wirtschaft,<br />
indem sie ihre eigene<br />
Firma gründete. Staatlichen Institutionen<br />
blieb sie weiterhin<br />
verbunden. Zu ihren Kunden<br />
gehörten immer wieder Regierungsorganisationen.<br />
Hamilton ist mittlerweile<br />
längst in Rente und für ihre<br />
enormen Leistungen vielfach<br />
ausgezeichnet. Dazu gehört neben<br />
mehreren Ehrendoktorwürden<br />
auch die „Presidential Medal<br />
of Freedom“, die höchste zivile<br />
Auszeichnung der Vereinigten<br />
Staaten.<br />
48 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
H<br />
ier kommt New<br />
Tren. Es beruht auf<br />
der Rätselart Tren, die<br />
Shinichi Aoki erfunden<br />
hat. 2009 tauchte sie<br />
zum ersten Mal bei einer<br />
WM auf. Diese Variante<br />
hat eine Zusatzkomponente,<br />
nämlich<br />
dass die Leerfelder alle<br />
verbunden sein müssen.<br />
Für mich eine echte Verbesserung,<br />
weil es mehr<br />
Raum für Lösetechniken<br />
bietet. Allerdings<br />
New Tren<br />
sind die Rätsel dadurch<br />
auch schwerer zu erstellen.<br />
Silke Berendes<br />
Anleitung: Platziere<br />
Blöcke der Größen<br />
2x1 und 3x1 so im Diagramm,<br />
dass diese<br />
sich nicht überlappen<br />
RÄTSEL<br />
und jeder Block genau<br />
eine Zahl enthält. Diese<br />
Zahl gibt die Anzahl<br />
der möglichen Bewegungen<br />
des Blocks in<br />
Längsrichtung an, wobei<br />
nur Bewegungen zulässig<br />
sind, bei denen<br />
der Block nicht über<br />
den Rand des Gitters hinausgeht<br />
und auch keine<br />
anderen Blöcke überlagert.<br />
Alle Weißfelder<br />
müssen orthogonal zusammenhängen.<br />
Auflösungen<br />
Ausgabe 146<br />
Auflösungen im nächsten Heft<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 49
ORGANISATION<br />
Wer weiß mehr?<br />
Organisatoren lokaler Treffen.<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
01… Dresden / SAMIR KÖCKRITZ / 01520 – 7 070 090<br />
04… Leipzig / MARIO STOLL / 0341 – 3 038 020<br />
06… Halle / MARCUS HILLMANN / 0162 – 4 968 254<br />
07… Jena / WOLFGANG KLINGHAMMER / 0176 – 39 649 614<br />
Chemnitz / STEFANIE WEBER / 01525 – 3 442 810<br />
09…<br />
Annaberg / ALMUT NITZSCHE / 03733 – 289 418<br />
10…<br />
Berlin / MATTHIAS KRIBBEN / 0172 – 5 656 004<br />
Brandenburg / PETER OEHLKE / 030 – 41 999 861<br />
19… Schwerin/Mecklenburg-Vorpommern /<br />
KARSTA LINKE / 03883 – 723 338<br />
20… Hamburg / HENNING SCHRAMM / 0171 – 3 411 543<br />
Hamburg-Harburg / HEIKE HARNACK /<br />
21… 0162-4 291 482<br />
Lüneburg / JÜRGEN REIMERS / 04131 – 37 887<br />
22…<br />
Ahrensburg / HERBERT ZUR NEDDEN /<br />
0152 – 51 364 568<br />
23… Lübeck / MARISA HAUFE / 0173 – 6 019 490<br />
Kiel / SIGRID UND UDO SCHULTZ / 0431 – 521 269<br />
Flensburg / GERD BORCHERS / 0461 – 79 501 322<br />
24…<br />
Bad Bramstedt / ULRIKE SANDER-HOYER /<br />
0170 – 6 053 874<br />
Pinneberg / ANDREA BAHRENFUSS / 04123 – 929 934<br />
25…<br />
Heide/Husum / LARS MEYER / 0162 – 5 273 363<br />
26… Oldenburg / DIRK BOSHOVEN / 0151 – 15 311 785<br />
28… Bremen / NICOLE RETAT / 0176 – 56 799 944<br />
30… Hannover / RAINER NEUSÜSS / 05108 – 9 217 686<br />
32… Minden / CHRISTOPHER KRAUS / 0571 – 3 851 868<br />
Paderborn / DANIEL KEYHANI / 0173 – 6 955 510<br />
33… Ostwestfalen/Lippe / ANNETTE FRANZ /<br />
0521 – 42 826 586<br />
34… Kassel / NORBERT FAULSTICH / 0160 – 4 281 179<br />
Marburg / BETTINA BAGUNK / 06421 – 51 403<br />
35… Gießen / FRANK BRANDT / 0 64 03 – 926 543<br />
Wetzlar / MARKUS MATTZICK / 06441 – 446 970<br />
36… Fulda / KARSTEN ASSMANN / 0661 – 9 600 083<br />
37… Göttingen / NORBERT FAULSTICH / 0160 – 4 281 179<br />
Braunschweig / TIMO WEIL / 0177 – 4 131 826<br />
38… Clausthal-Zellerfeld / GUNNAR KAESTLE /<br />
05323 – 997 724<br />
39… <strong>Mag</strong>deburg / GUNNAR HENDRICH / 01 76 – 42 095 828<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
40… Düsseldorf / MARC-ANDRÉ KAISER / 0211 – 2 393 676<br />
41… Mönchengladbach / BODO SCHNELL / 02433 – 525505<br />
42… Wuppertal / ACHIM WAGENKNECHT / 0179 – 4 517 387<br />
44…<br />
45…<br />
Dortmund / KERSTIN PAUL-KRUMMRICH /<br />
0231 – 9 586 387<br />
Essen / SANDRA BAUMANN-TRAMPE / 0201 – 782 983<br />
Mülheim/Ruhr / JENS HELLBING / 01575 – 5 786 932<br />
Marl / ROBERT KLOSE / 0173 – 7 144 636<br />
46… Wesel / BURKHARD HOCHSTRASS / 0163 - 90 69 570<br />
47…<br />
48…<br />
Duisburg / INA PAULS / 0203 – 593 214<br />
Kevelaer / ROLF EGGING / 02832 – 4 557<br />
Kleve / HANS-GERD THEUNISSEN / 0 28 21 – 29 404<br />
Münster / MELANIE JÄGER / 0171 – 2 190 967<br />
Münster / SIMON SIEBERS / 0151 – 22 602 621<br />
49… Osnabrück / BIRGIT WIPPERMANN / 01 77 – 2 608 004<br />
Köln / KLAUS BAUMHAUER / 0157 – 73 808 128<br />
50…<br />
Köln / FRAUKE RIEKEN / 0221 – 8 231 808<br />
52… Aachen / LUKAS FISCHER-WULF / 0241 – 18 991 357<br />
53… Bonn / SVETLA KNÖSCHKE / 0160 – 7 082 153<br />
55… Mainz / KAI GEHRETH / 01577 – 3 969 315<br />
56… Koblenz / MARTIN SCHULZE / 0261 – 309 382<br />
57… Siegen / SABINE SCHIRM-SPRINGOB / 02761 – 7 039 911<br />
58… Hagen / ANDREA SCHÖNEBERG / 0172 – 9 367 921<br />
59… Soest / DIETER PIPER / 02381 – 948 666<br />
60… Frankfurt / JENS SCHROBBACK / 0173 – 9 807 687<br />
61… Bad Homburg / JESSICA JOHN<br />
63… Aschaffenburg / JAN ZBIKOWSKI / 0162 – 8 492 917<br />
64… Darmstadt / BEHROUZ CHAGHERI / 0173 – 3 103 633<br />
65… Wiesbaden / SILKE HANSEN / 069 – 1 553 676<br />
66… Saarbrücken / PETER MOOG / 0171 – 3 787 722<br />
67…<br />
68…<br />
69…<br />
Kaiserslautern und Pfalz / CRISTINA KRAUSS / 0162 –<br />
2 701 102 / MARC HILLER / 0176 – 81 687 948<br />
Mannheim / KATJA WALDORF UND MARTIN VITEK /<br />
06221 – 3016 66<br />
Heidelberg / KATJA WALDORF UND MARTIN VITEK /<br />
06221 – 3016 66<br />
70… Stuttgart / MARTIN JÄKLE / 0151 – 72 712 329<br />
72… Tübingen / JÜRGEN SCHAICH / 0176 – 96 358 274<br />
75… Pforzheim / GABRIELE WALTER / 0176 – 61 048 332<br />
50 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
ORGANISATION<br />
PLZ Wohnort / Name / Telefonnummer<br />
76…<br />
77…<br />
Karlsruhe / JULIANE SCHNEIDER / 07243 – 728 774<br />
Pfalz / CRISTINA KRAUSS / 0162 – 2 701 102<br />
Pfalz / MARC HILLER / 06731 – 9 079 640<br />
Lahr/Schwarzwald / MARTIN KATZNER /<br />
07821 – 37 679<br />
78… Bodensee / MARTIN ROSCHER / 07541 – 836 739<br />
79…<br />
80…<br />
81…<br />
Freiburg im Breisgau / HENDRIK FREYTAG /<br />
0177 – 7 607 919<br />
München / BRIGITTE BRECHT / 089 – 8 644 939<br />
München / CHRISTIAN ROSENKRANZ /<br />
0176 – 61 198 156<br />
München-Pasing / MAX VOIGTMANN /<br />
089 – 30 004 913<br />
83… Holzkirchen / HEIKE WEBER / 08024 – 476 626<br />
84...<br />
85…<br />
Landshut-Freising / WERNER KELNHOFER /<br />
08762 – 2 189<br />
Ingolstadt / BRIGITTE MAIER / 0157 – 35 663 678<br />
Alpenland/Region / HANS GEORG MICHNA /<br />
0179 – 3 217 777<br />
86… Augsburg / THOMAS KRAUSS / 08232 – 77 782<br />
87… Memmingen / TINA ACHAM / 08331 – 8 339 744<br />
88… Wangen im Allgäu / BRIGITTE GÖSER / 07561 – 7 715<br />
89… Ulm/Neu Ulm / INGRID RENZ / 0174 – 3 337 549<br />
89… Heidenheim / HEIKE VOGLER / 01577 – 3 237 078<br />
90… Nürnberg / CHRISTOPH RUGE / 09131 – 9 752 945<br />
91… Erlangen / CHRISTOPH RUGE / 09131 – 9 752 945<br />
93… Regensburg / LUDWIG KOLB / 0941 – 5 987 095<br />
94…<br />
Passau / KARIN POLZ / 08502 – 915 840<br />
Philippsreut / CHRISTIAN KOCH / 08557 – 729<br />
95… Bayreuth / STEFAN WLADARSCH / 0921 – 5 167 420<br />
96… Bamberg / CORNELIA SCHUMANN / 0151 – 401 419 32<br />
96… Coburg / FRANK EISENWIENER / 09561 – 6 209 400<br />
97… Würzburg / ANNETTE KUNZ / 0931 – 980 880<br />
99… Erfurt / LINDA SOLCHER / 0162 – 4 162 631<br />
Termine & Treffen<br />
Eine Übersicht mit aktuellen<br />
Treffen und Terminen gibt<br />
es im Internet unter:<br />
ř db.mensa.de/events<br />
Die E-Mailadressen der<br />
lokalen Ansprechpersonen<br />
findet ihr unter:<br />
ř db.mensa.de/kontakt.htm<br />
Adressänderungen<br />
Da Postvertriebsstücke von der<br />
Post nicht nachgesandt werden,<br />
kommen <strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>azine<br />
trotz Nachsendeauftrag als unzustellbar<br />
an die Geschäftsstelle<br />
zurück. Änderungen von Adressen<br />
oder Daten bitte an die<br />
Geschäftsstelle oder selbst im<br />
eMVZ unter „Meine Daten“ eingeben!<br />
ř office@mensa.de<br />
Änderungswünsche an<br />
der Tabelle bitte an:<br />
ř mindmag@mensa.de<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 51
INFORMATION<br />
Internet<br />
Ì www.mensa.de<br />
Ì www.mensa.de/social/<br />
eMVZ<br />
Ì https://db.mensa.de<br />
Schlichter<br />
Christiane Schmetzer<br />
¼ 07822 / 780 027<br />
ì schmetzer@kabelbw.de<br />
Michael Robert Biber<br />
¼ 0175 / 1 649 242<br />
ì biber@newdirection.de<br />
Monika Maria Sommer<br />
ì monika@msommer.de<br />
Kinder- und Jugendbereich<br />
Camps:<br />
Michael Bonfert<br />
Regional:<br />
Annette Schlüter<br />
Daniela Hirscheider<br />
Volker Schwarz<br />
¼ 0179 / 6 758 335<br />
ì kiju-ko@mensa.de<br />
Spenden an Mensa<br />
<strong>MinD</strong>-Stiftung gGmbH<br />
IBAN:<br />
DE26 5109 0000 0071 4576 05<br />
BIC: WIBADE5W<br />
SIGHT<br />
Couchsurfen und mehr im smarten<br />
Umfeld. Deutsche SIGHT-Co:<br />
Andrea Schwelm<br />
ì sight@mensa.de<br />
Sozialfonds<br />
Frank Pirman<br />
¼ 0157 / 88 052 000<br />
ì frank.pirman@t-online.de<br />
IBAN:<br />
DE40 4306 0967 4034 1168 02<br />
BIC: GENODEM1GLS<br />
Sozialprojekt zum JT<br />
Jörg Büttner<br />
Sebastianstraße 21 a<br />
10179 Berlin<br />
¼ 030 / 33 878 731<br />
ì mann-le@web.de<br />
IBAN:<br />
DE74 1007 7777 0480 4738 00<br />
BIC: NORSDE51XXX<br />
Vereinskonto<br />
ì kasse@mensa.de<br />
IBAN:<br />
DE03 5109 0000 0071 4586 01<br />
BIC: WIBADE5W<br />
Mitgliedsbeitrag: 55 Euro im Jahr<br />
Leitender Psychologe (NSP)<br />
Kai Bestmann Dipl.-Psychologe<br />
Neuenkamp 30, 25497 Prisdorf<br />
¼ 04101 / 6 046 232<br />
ì testbetrieb@mensa.de<br />
Intelligenztest<br />
Termine und Anmeldemöglichkeit<br />
gibt es auf unseren Webseiten.<br />
Ì www.mensa.de<br />
Vorstandsassistenz<br />
Laura Sperber<br />
¼ 0176 / 60 389 216<br />
ì assistenz@mensa.de<br />
Verwaltung<br />
Geschäftsführung<br />
Martin Jäkle<br />
gf@mensa.de<br />
Geschäftsstelle<br />
Cirsten Novellino<br />
Wandlhamerstraße 2<br />
82166 Gräfelfing<br />
¼ 089 / 86 466 251<br />
Fax: 089 / 86 466 252<br />
ì office@mensa.de<br />
Geschäftszeiten<br />
Dienstag und Donnerstag<br />
8:30 bis 16:30 Uhr<br />
International/<br />
Deutschsprachige Nachbarn<br />
International Office<br />
Michael Freenan<br />
Executive Director Mensa<br />
International Ltd.<br />
Slate Barn, Church Lane,<br />
Caythorpe<br />
Lincolshire NG 32 3EL<br />
United Kingdom<br />
¼ 0044 / 1 400 272 675<br />
Fax: 0044 / 1 400 272 675<br />
ì mensainternational@<br />
mensa.org<br />
Ì www.mensa.org<br />
Chairman<br />
Björn Liljeqvist<br />
ì chairman-mil@mensa.org<br />
NatReps<br />
Peter Fröhler<br />
ì peter.froehler@mensa.de<br />
Yu Jin Son<br />
ì yu_jin.son@mensa.de<br />
Mensa Österreich<br />
Gerald Schmidt<br />
Paulasgasse 17/3/26<br />
A-1110 Wien<br />
ì vorsitz@mensa.at<br />
Ì www.mensa.at<br />
Mensa Schweiz<br />
Christine Ryser<br />
Ruchackerweg 5<br />
CH-4565 Recherswil<br />
ì chair@mensa.ch<br />
Ì www.mensa.ch<br />
52 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
IMPRESSUM<br />
Vorstand<br />
Melanie Jäger<br />
Regionale Struktur,<br />
Mensa Youth Regional,<br />
KiJu Regional, Testbetrieb,<br />
Ortsblätter, BoutIQue<br />
ì melanie.jaeger@mensa.de<br />
Rüdiger Klings<br />
IT, Datenschutz (IT),<br />
Organisation,<br />
Vorschlagswesen,<br />
Ansprechpartner GF<br />
ì ruediger.klings@mensa.de<br />
Ansgar Lindhauer<br />
Recht & Compliance,<br />
Datenschutz (Recht),<br />
Finanzen<br />
ì ansgar.lindhauer@mensa.de<br />
Swante Scholz<br />
Mensa Youth Überregional,<br />
Großveranstaltungen,<br />
<strong>MinD</strong>-<strong>Mag</strong>, Prävention,<br />
Mitgliederbetreuung, SIGs<br />
ì swante.scholz@mensa.de<br />
Yu Jin Son<br />
Vorsitz, Internationales,<br />
Kooperationen,<br />
Presse & Öffentlichkeitsarbeit,<br />
Wissenschaft & Forschung,<br />
Bildung, Strategie,<br />
Marketing, Webseite<br />
ì yu_jin.son@mensa.de<br />
Impressum<br />
<strong>MinD</strong> <strong>Mag</strong>azin<br />
Die offizielle Zeitschrift<br />
von Mensa in Deutschland e.V.<br />
ISSN 1866-9867<br />
Redaktionsanschrift<br />
ì mindmag@mensa.de<br />
Herausgeber<br />
Mensa in Deutschland e.V.<br />
Rodinger Straße 19<br />
93413 Cham<br />
Registergericht: Köln, VR 8190<br />
Kontakt<br />
Wandlhamerstraße 2<br />
82166 Gräfelfing<br />
Zuständig im Vorstand<br />
und V.i.S.d.P.:<br />
Swante Scholz<br />
Chefredakteur<br />
Erwin Klein<br />
ì chefredakteur@mensa.de<br />
Redaktion<br />
Babette Mairoth-Voigtmann<br />
Christina Zejewski<br />
Cornelia Capito<br />
Jan Zbikowski<br />
Julian Lemburg<br />
Kathrin Viergutz<br />
Katrin Sluka<br />
Martin Sluka<br />
Monika Besselmann<br />
Ralf Müller<br />
Sören Köser<br />
Swen Neumann<br />
Ulrike Dürnfeld<br />
Uta Viegener<br />
Layout<br />
KURT Media<br />
Celler Straße 1<br />
38518 Gifhorn<br />
Anzeigen<br />
Martin Jäkle<br />
gf@mensa.de<br />
0151 / 72 712 329<br />
Druck<br />
Passavia GmbH & Co. KG<br />
Medienstraße 5b<br />
94036 Passau<br />
Ì www.passavia.de<br />
Auflage<br />
15.300<br />
Abo für Nichtmitglieder<br />
Jährlich einschließlich Zustellung<br />
und 7 Prozent USt im Inland 18,50<br />
Euro, im Ausland 21,50 Euro<br />
Die mit dem Namen des Verfassers<br />
oder seinen Initialen gekennzeichneten<br />
Beiträge geben die Meinung<br />
des Autors wieder. Nachdruck nur<br />
mit schriftlicher Zustimmung und<br />
mit Quellenangabe. Die Redaktion<br />
behält sich vor, Leserbriefe und<br />
eingeschickte Artikel gekürzt zu<br />
veröffentlichen.<br />
Redaktionsschluss<br />
Ausgabe 148: 20. April 2022<br />
Ausgabe 149: 20. Juni 2022<br />
Ausgabe 150: 20. August 2022<br />
mind magazin <strong>147</strong>/april 2022 | 53
SCHEER WARE<br />
Niemand kann es dem<br />
Chef recht machen!<br />
Oder: Vielleicht doch?<br />
Von Heinz-Detlef Scheer<br />
N<br />
eulich im Meeting der Service<br />
GmbH: „Was bildest du<br />
dir eigentlich ein, dich hier so<br />
aufzuspielen?! Du bist mal wieder<br />
die Beste, Schönste, Tollste<br />
oder was?! Und vor allem die<br />
Einzige, die mal wieder kapiert,<br />
wo´s langgehen soll, oder? Wir<br />
sind hier ein Team, verdammt<br />
noch mal!“<br />
„Dabei habe ich doch bloß gesagt,<br />
dass wir uns die Diskussion<br />
schenken können, weil ich<br />
längst die Lösung habe!“, erzählt<br />
sie völlig frustriert am<br />
Abend.<br />
„Und der Chef hat mich doch<br />
damals eingestellt, weil er so begeistert<br />
davon war, dass ich offenbar<br />
schnell Lösungen für alle<br />
finde!“, fährt sie fort. „Jetzt geht<br />
kein Meeting zu Ende, ohne<br />
dass er oder sonst jemand an<br />
mir herumkrittelt. Dabei tue ich<br />
doch nur meine Arbeit! – Und<br />
wir haben eben keine Zeit, uns<br />
gegenseitig mit unseren Emotionen<br />
zu bremsen, wir sind ja<br />
schließlich keine Selbsterfahrungsgruppe<br />
hier! Wir haben<br />
immer Zeit-Stress und ich wollte<br />
nur den anderen helfen, die<br />
das sowieso oft nicht verstehen,<br />
weil das gar nicht ihr Metier ist!“<br />
„Das ist jetzt das dritte Mal in<br />
zwei Jahren, dass ich kurz vorm<br />
Jobwechsel stehe, und immer<br />
das Gleiche: Erst erzählen sie<br />
mir, wie interessant der Job ist<br />
und dass sie schon lange auf<br />
schnellere Problemlösungen<br />
warten.<br />
Und nach einem halben Jahr<br />
heißt es, ich wäre arrogant und<br />
würde mich aufführen wie eine<br />
Diva und die anderen Teammitglieder<br />
demotivieren!“<br />
Wenn Du es eilig<br />
hast, gehe langsam<br />
Neulich bei der Konkurrenz:<br />
„Hey, was ich dir mal sagen<br />
wollte: Seitdem du bei uns<br />
im Team bist, kriegen wir auch<br />
die schwierigsten Situationen in<br />
den Griff!“ – „Ja, und ein Tempo<br />
legst du vor! Wenn wir das bei<br />
diesem verrückten Kunden letztes<br />
Jahr auch hingekriegt hätten,<br />
hätten wir noch Leute einstellen<br />
müssen, um die Aufträge<br />
abzuarbeiten. Naja, ich mochte<br />
den sowieso nicht!“ – „Übrigens<br />
danke noch mal für deine Erklärung<br />
neulich, ich hatte das echt<br />
am Anfang gar nicht kapiert.<br />
Deine Geduld ist Gold wert! Das<br />
habe ich neulich sogar in meinem<br />
Verein nutzen können.“ –<br />
„Ja, wie sagt der Japaner? ’Wenn<br />
Du es eilig hast, gehe langsam.‘“<br />
„Hallo, wenn ich euch mal unterbrechen<br />
darf …!“ – „Ach, du<br />
meine Güte, die Chefin spricht!“<br />
– „Ja, und das bin ich!“ – „Hätten<br />
wir sonst nicht gemerkt, Chefin.<br />
Danke für den Hinweis, was<br />
gibtʼs denn? Ist eigentlich noch<br />
Kaffee da?“ – „Die Meyer-im-Hagen-KG<br />
hat einen neuen Auftrag<br />
für uns, aber das muss verdammt<br />
schnell gehen!“<br />
„Stress, Jungs und Mädels!<br />
Stress! Lass rüberwachsen, Chefin,<br />
das kriegen wir hin! Übrigens:<br />
Ich gebe einen aus beim<br />
nächsten Doppelkopf-Turnier,<br />
wenn wir den Auftrag erfolgreich<br />
erledigt haben.“<br />
Quizfrage: Wo liegt hier der<br />
umsetzbare Unterschied im alltäglichen<br />
Umgang miteinander?<br />
54 | mind magazin <strong>147</strong>/april 2022
Unternehmer lesen:<br />
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