Magazin für StadtLandundLeuteWildeshausenAusgabe6
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2. Jahrgang Ausgabe 6 | März 2022 | kostenlos<br />
STADT. LAND. LEUTE<br />
WILDESHAUSER KÖPFE<br />
LUTZ MEYER<br />
NORDERNEY<br />
DIE „GRANDE DAME DER NORDSEE“<br />
STADTGESCHICHTE<br />
WILDESHAUSEN ALS SIEDLUNG<br />
Wildeshausen, Twistringen, Bassum, Syke, Hude, Wardenburg, Hatten,<br />
Ganderkesee, Großenkneten, Dötlingen, Harpstedt, Visbek, Goldenstedt
IHRE SAUNA- &<br />
WELLNESSLANDSCHAFT<br />
IM HERZEN DER<br />
WILDESHAUSER GEEST<br />
WIR FREUEN UNS AUF IHREN BESUCH!<br />
Krandelstraße 15|27793 Wildeshausen | 04431 / 7482100
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
haben wir die Lockdowns überwunden? Sind die „großen“ politischen Verhältnisse stabil(er), haben wir<br />
unsere verhältnismäßig kleine Welt der neuen Normalität angepasst? Können wir zukünftig auf solche<br />
allumfassenden und doch sehr persönlichen Fragen verzichten? Wir werden es erleben, wobei<br />
„LIFE is what happens to you while you are busy making other plans“<br />
(John Lennon)<br />
Während was auch immer geschehen wird, in der Zwischenzeit stoßen die hier folgenden Geschichten bei<br />
Ihnen sicherlich auf Interesse, machen Ihnen hoffentlich Spaß und informieren zudem.<br />
Anzeige<br />
Dazu gehört auch eine Notiz in eigener Sache, da aus dem ehemaligen Stadtmagazin <strong>für</strong> Wildeshausen<br />
165 x 60 mm<br />
& umzu Das <strong>Magazin</strong> Stadt. Land. Leute geworden ist. Weil das <strong>Magazin</strong> ab sofort in der großen Region<br />
Ausgabe 43 Cloppenburg<br />
verteilt wird (siehe Cover) und niemand dort ein „Umzu“ ist, sondern mittendrin!<br />
Ausgabe 06 Wildeshausen<br />
je 190 EUR<br />
In diesem Sinne und wie immer mit besten Wünschen und herzlichen Grüßen,<br />
Ihr Team des <strong>Magazin</strong>s Stadt. Land. Leute<br />
SCHUHHAUS LAING<br />
Hauptstraße 1 • 49429 Visbek<br />
Telefon: 04445 2823<br />
info@schuhhaus-laing-visbek.de<br />
www.schuhhaus-laing-visbek.de<br />
ÖFFNUNGSZEITEN:<br />
Montag bis Freitag:<br />
10:00–12:00 Uhr<br />
und von 15:00–18:00 Uhr<br />
Samstag: 10:00–13:00 Uhr<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Editorial<br />
3
11<br />
28 Die Alexanderkirche<br />
Norderney<br />
Blickpunkt 3<br />
Stadtgeschichte – Die Stadt Wildeshausen als Siedlung 6<br />
Der Tränenkrug 10<br />
Die Alexanderkirche – ein Gesamtkunstwerk erstrahlt 11<br />
Buchtipp: Vernichten 14<br />
Agieren statt reagieren 15<br />
Jüdische Familien: Moritz und Sophie de Haas 16<br />
Buchtipp: Der glücklichste Mensch der Welt 18<br />
Rena Schilling Stiftung 20<br />
Schnittker am Markt 22<br />
Norderney – die „Grande Dame der Nordsee“ 28<br />
Konzentration statt Käse und Wein 32<br />
Buchtipp: Rosa sucht das Regenbogenland 33<br />
4<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Inhalt
42<br />
Lili Servicekino<br />
60 52<br />
Klinikclowns<br />
Der Mann, sein preisgekröntes Design<br />
Gut älter werden 34<br />
Früh und sicher in die Automobilität starten 38<br />
Die einfache Botschaft des Kleingeschriebenen 39<br />
Erst vergessen - heute geliebt 42<br />
Käthe Nebel 44<br />
Leserbrief 46<br />
Die Gilde Buchhandlung 47<br />
De Tweete Translatio 50<br />
Der Mann, sein preisgekröntes Design und die Radlader von Atlas Weyhausen 52<br />
Mit Vietnam essen 56<br />
Ein stilles Örtchen mitten in der Natur 59<br />
Lachen ist gesund! 60<br />
So wachsen Gärtners Träume hoch hinaus 64<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Inhalt 5
STADTGESCHICHTE<br />
Huntestraße um 1910 Richtung Hunte<br />
Die Stadt Wildeshausen<br />
ALS SIEDLUNG<br />
Aus Aufzeichnungen von Dr. Fritz Strahlmann<br />
Mit der Siedlungsgeschichte verschiedener niederdeutscher<br />
Städte befasst sich ein Aufsatz von Archivrat<br />
Dr. Martiny „Städte und Flecken des alten<br />
Sachsenstammes“ im 47. Band der „Osnabrücker Mitteilungen“<br />
1925. Der Verfasser führt aus: „Die Umfestigung eines<br />
Ortes mußte dazu führen, daß die weit ins Land hinaus erstreckte<br />
Bebauung fortfiel und da<strong>für</strong> Anbau innerhalb der<br />
Mauern oder Wälle trat, daß also eine Verdichtung des Stadtkörpers<br />
eintrat.“<br />
Der Stadtplan von Wildeshausen verdeutlicht die Gestaltung<br />
einer echten, umfestigten Stadt von „strahliger Bildung“,<br />
wo die wenigen nicht nach außen verlaufenden Straßen<br />
entweder der Mauer parallel ziehen oder ergänzende<br />
Seitenstraßen sind. Ein „Fremdkörper“ ist nur das rundliche<br />
Stiftsgebiet von St. Alexander. Der Marktplatz stellt sich als<br />
erweiterte Straßenkreuzung dar.<br />
Burgstraße vom Marktplatz zum Burgberg<br />
6<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte
Frühe Anlagen der Stadt<br />
Aus Martinys Darlegungen geht hervor, daß es sich bei dem Stadtgebiet von<br />
Wildeshausen um eine Siedlung handelt, die wahrscheinlich lange vor dem<br />
rundlichen Stift von St. Alexander entstand, so daß in der Tat siedlungsgeschichtlich<br />
das Stiftsgebiet von St. Alexander, also das Gebiet der Alexanderkirche<br />
und des Kapitelhauses, geradezu als [sic.] eine eigene und man kann<br />
sogar sagen, als eine selbständige Siedlung außerhalb der Stadt angesehen<br />
werden muß, während es sich bei dem Sonderstadtteil Zwischenbrücken nicht<br />
um eine besondere Siedlung handelt.<br />
125 Jahre<br />
Tradition in der Huntestraße<br />
Schmuck<br />
Uhren<br />
Trauringe &<br />
Brautschmuck<br />
Goldschmiede<br />
Zwischenbrücken mit der alten Huntebrücke um 1900<br />
Zwischenbrücken ist kein „Fremdkörper“, sondern die natürliche Erweiterung<br />
der Stadt am anderen Hunte-Ufer. Während das ursprüngliche und älteste<br />
Stadtgebiet anfänglich wohl aufgrund von Hunte-Überschwemmungen zu<br />
leiden hatte, war das bei dem erst später angelegten rundlichen Stiftsgebiet<br />
von St. Alexander weniger oder gar nicht der Fall, wählten doch die weltlichen<br />
und geistlichen Gründer des Stifts zum Bau der Kirche und des Klosters eine<br />
höhere Stelle am Hunte-Ufer – während die Grafen von Wildeshausen und<br />
Oldenburg sich Jahrhunderte später am Burg Berg erst noch eine künstliche<br />
Erhöhung oder Anhöhe <strong>für</strong> ihre Burg schaffen mußten.<br />
Uhrmacher<br />
Gravuren<br />
Die Kirche als die erste Siedlerin außerhalb der Wohnbereiche hatte somit<br />
einen leichteren Stand. Daß das Stiftsgebiet höher lag als die Stadt, das beweist<br />
noch heute die Steigung der Kirchstraße, die noch heute vorhanden ist,<br />
die aber nicht mehr so auffällt, wie vielleicht in früheren Zeiten, weil die Straßen<br />
der Stadt, besonders die Hunte- und Westerstraße im Laufe der Jahrhunderte<br />
häufig aufgefahren wurden.<br />
Altgoldankauf<br />
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Die Wester Straße um 1910 mit Alexanderkirche<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte<br />
7<br />
Juwelier<br />
MEYER &<br />
RADEMACHER<br />
seit 1895<br />
partner<br />
Wildeshausen<br />
Huntestraße 10-12<br />
info@meyer-rademacher.de<br />
meyer-rademacher.de<br />
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Kreuzung Wester-Hunte-Kirchstraße<br />
Tieferliegende Häuser, Tränenkrüge<br />
und eingegrabene Körper<br />
Aus diesem Auffahrwen oder Erhöhungen der Straßen<br />
erklärt sich auch die Tatsache, die bei dem Abbruch schon<br />
so mancher Häuser festgestellt wurde, daß die Fußböden,<br />
besonders die Tennen oder Lehmböden der früheren Häuser<br />
weit unter der heutigen Straßenhöhe lagen. Besonders<br />
deutlich ist das zu Tage getreten bei dem Neubau des Schröders´chen<br />
Hauses in der Huntestraße und bei dem Erweiterungsbau<br />
des Schnittker´schen Hauses an der Westerstraße.<br />
Amtsgericht<br />
In der Huntestraße wurden in einer Tiefe von über einem<br />
Meter auf einem Lehmdielen-Boden verbrannte und unverbrannte<br />
Körper gefunden, bei dem Schnittker´schen Haus an<br />
der Westerstraße in entsprechender Tiefe sogenannte Tränenkrüge,<br />
die früher unter den Türschwellen vergraben oder<br />
eingegraben wurden. [sic]<br />
Getan was notwendig war – die Stadtväter<br />
waren schließlich verantwortlich<br />
Daß der Marktplatz ursprünglich die erweiterte Straßenkreuzung<br />
der Hunte- und Westerstraße war, das kommt<br />
heute nicht mehr zur Geltung, da zwischen Huntestraße und<br />
Markt ein Häuserblock von drei Häusern entstanden ist –<br />
und dieser Häuserblock verdankt sicher einem vor Jahrhunderten<br />
empfundenen Mangel an Bauplätzen innerhalb der<br />
Stadt, innerhalb der Wälle und Mauern, sein Entstehen, wenn<br />
es heute auch etwas merkwürdig erscheint und unverständlich,<br />
warum nicht noch eine Straße vom Marktplatz aus über<br />
die sogenannte Köneken- oder Höpken Wiese Richtung der<br />
Hunte gelegt wurde, um so dem Mangel an Bauplätzen abzuhelfen<br />
und ihn zu beheben.<br />
Aber die Stadtväter werden wohl nach Notwendigkeiten<br />
gehandelt haben, nach Notwendigkeiten, die zeitlich oder<br />
örtlich oder sonstwie bedingt waren, und die sich von der<br />
Nachwelt nicht ohne weiteres feststellen lassen, da darüber<br />
aller Wahrscheinlichkeit nach, keine Aufzeichnungen mehr<br />
vorliegen. [sic]<br />
8<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte
Wester Straße mit Joh. Kramer und Gasthaus zum Stern von L. Panschar Wester Straße Richtung Huntestraße 1910<br />
Die Wester Straße nach dem großen Brand 1900<br />
Amtsgericht<br />
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Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte<br />
9
DER TRÄNENKRUG<br />
Nun haben wir uns und eine Reihe anderer eigentlich gut informierter Mitmenschen gefragt, was denn wohl ein „Tränenkrug“<br />
ist beziehungsweise war. Es war Alfred Panschar, der folgendes „ausgegraben“ hat: In der Alexanderkirche soll<br />
ein Tonkrug gestanden haben in dem Tränen aufgefangen wurden. Der Tonkrug leuchtet ein, aber zum Auffangen von<br />
Tränen? Das ist nicht so gut zu verstehen, wohl aber eine andere Version: So sollen in der Fastenzeit sogenannte Tränenkrüge<br />
aufgestellt worden sein in den, bis Ostern handtellergroße Papiertränen eingeworfen werden konnten. Auf diesen Zetteln<br />
waren Fürbitten, Wünsche, Gedanken aber auch Ausdruck von Trauer und Hilflosigkeit beschrieben. Beim Osterfeuer, so sagt<br />
man, wurden diese Tränen dann verbrannt. Und auch, was einem Menschen vor seinem Tod nicht mehr gesagt werden konnte,<br />
durfte aufgeschrieben und im Tränenkrug versenkt werden. Dieses traurige Lied berichtet davon:<br />
Der Tränenkrug<br />
(Überliefert und angeblich gesungen von einem Sturmpercht*)<br />
Man soll den Toten nicht nachweinen, denn jede Träne,<br />
Die um sie vergossen wird, schmerzt sie gar <strong>für</strong>chterlich.<br />
Die Verstorbenen finden dann keine Ruhe, es ist ihnen,<br />
als müssten sie zu ihren Angehörigen auf Erden zurückkehren.<br />
Kinder, die vor der Taufe gestorben waren, müssen alle Tränen,<br />
die um ihretwillen geweint werden,<br />
in einem Krug auffangen und diesen mit sich tragen.<br />
Eine Mutter, der ihr Kind noch vor der Taufe<br />
Gestorben war, weinte stets nach ihrem verlorenen Kind.<br />
Als in der Zhomasnacht die Mutter weg zum Grab<br />
Ihres Kindes ging, begegnete sie dem Zuge der Perchtl.<br />
Da sah sie ihr zartes Kind.<br />
Das einen großen Krug mit sich schleppte und wehmütig sprach:<br />
„Mutter liebe Mutter, weine nicht!<br />
Schau, ich muss all deine Tränen in diesem Krug auffangen<br />
Und herumtragen. Nun kann ich nicht mehr<br />
Denn der Krug ist mir schon zu schwer geworden.<br />
*Sturmperchte sind gute und böse Fabelwesen, die in den zwölf Raunächten zwischen Weihnachten und dem 6. Januar auf Erden<br />
unterwegs sein sollen: Wenn das Geisterreich offensteht und die Seelen der Verstorbenen sowie die Geister Ausgang haben.<br />
10<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte
Wahrhafte Kunstwerke sind die neue Orgel und die freigelegte Rosette –<br />
ein Gesamtwerk, das die Alexanderkirche zum Klingen und zum Strahlen bringt<br />
ALEXANDERKIRCHE –<br />
ein Gesamtkunstwerk erstrahlt<br />
REPORTAGE<br />
Text & Fotos // Sigrid Lünnemann<br />
„Neuer Klang – Neues Licht – Neues Leben“ unter diesem<br />
Motto haben die Mitglieder des Orgelfördervereins der Alexanderkirche<br />
ein ehrgeiziges Projekt angeschoben. Der beeindruckende<br />
Neubau der Kirchenorgel und die Freilegung<br />
der Fensterrosette stehen dank dieses großen Engagements<br />
und der vielfältigen finanziellen Unterstützung von öffentlicher,<br />
kirchlicher und privater Seite vor der Vollendung.<br />
Mit Begeisterungsfähigkeit, Geduld und viel Herzblut<br />
engagierten sich die Aktiven des Orgelfördervereins, des<br />
Gemeindekirchenrates sowie Pastor Markus Löwe und viele<br />
weitere Unterstützer in den vergangenen Jahren und<br />
Jahrzehnten <strong>für</strong> dieses Projekt. Die neue Orgel und die Freilegung<br />
der Rosette wurde <strong>für</strong> viele Wildeshauser sowie Musik-<br />
und Kunstliebhaber aus der Region zu einer Herzensangelegenheit<br />
und nun freuen sich alle darauf, die neue Orgel<br />
endlich erklingen zu hören.<br />
„Die Orgel ist ein wahres Kunstwerk und der Kontakt zur<br />
Orgelbauer-Familie Woehl ist ein wahrer Glücksfall <strong>für</strong> unsere<br />
Kirche. Sie haben die Orgel nicht nur klanglich, sondern<br />
auch baulich perfekt in die vorhandene Architektur eingepasst“,<br />
schwärmt Pfarrer Markus Löwe.<br />
Orgelbauer erschaffen ein Kunstwerk<br />
Aktuell ist die neue Orgel, die von Orgelbauer Gerald<br />
Woehl und seinem Sohn Claudius MayWoehl aus Marburg<br />
konzipiert und gebaut wurde, noch nicht komplett fertig.<br />
Bereits jetzt lässt sich aber erkennen, dass sie mit den<br />
mächtigen Orgelpfeifen und der versilberten halbmondförmigen<br />
Einfassung ein wahres Schmuckstück wird. Die<br />
Orgel nimmt Detail <strong>für</strong> Detail, Pfeife <strong>für</strong> Pfeife, Gestalt an.<br />
Dabei haben die Orgelbauer das Kunststück geschafft, die<br />
neue Orgel mit ihren 2998 großen und kleinen Pfeifen so<br />
zu gestalten, dass der Blick auf die Rosette über der Orgelempore<br />
wieder frei gelegt wurde und sich das imposante<br />
Musikinstrument harmonisch in die vorhandene Architektur<br />
einfügt. Von unten betrachtet, wirkt die Orgel relativ<br />
klein. Bei einem Besuch auf der Empore wird jedoch sicht-<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
11
Einzigartig: Der Altarraum<br />
fasziniert durch seine prächtigen<br />
Jugendstil-Malereien<br />
Die Kleuker-Orgel verdeckte<br />
die kunstvoll gestaltete Rosette<br />
im Turmgewölbe vollständig<br />
bar, mit wieviel handwerklichem Fachwissen und Gespür<br />
<strong>für</strong> künstlerische Ästhetik diese Orgel geschaffen wurde.<br />
Schließlich musste diese große Zahl von Orgelpfeifen, eine<br />
beeindruckende Windanlage und jede Menge moderne<br />
Technik untergebracht werden. Eben diese technischen Aspekte<br />
haben zu einer Verzögerung geführt, denn aufgrund<br />
fehlender elektronischer Bauelemente verschiebt sich nun<br />
die Fertigstellung.<br />
Jugendstilmalereien machen die<br />
Alexanderkirche einzigartig<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Alexanderkirche<br />
renoviert und im kompletten Altarraum mit aufwändigen<br />
Jugendstilmalereien reich verziert. Diese Malereien machten<br />
die älteste Kirche im Oldenburger Land noch einzigartiger<br />
und zu einem beeindruckenden Gesamtkunstwerk.<br />
Die künstlerische Bemalung des Chorraumes, der Empore<br />
und die Gestaltung der Glasfenster lag in den Händen des<br />
Oldenburger Künstlers und Glasmalers Georg Karl Rohde<br />
(1847-1959). Im Rahmen der Neugestaltung wurde 1910 auch<br />
die alte Fensterrosette im westlichen Turmgewölbe durch<br />
eine Rosette von Georg Karl Rohde ersetzt. Sie greift die Jugendstil-Elemente<br />
des Altarraums mit seinen farbigen Glasfenstern<br />
auf und schafft eine künstlerische Verbindung zum<br />
gegenüberliegenden Turmgewölbe mit dem Eingangsportal.<br />
Die Fenster des Altarraums, wunderbar in Szene gesetzt<br />
von der aufgehenden Sonne, zeigen den segnenden und<br />
auferstandenen Christus. Die Rosette auf der gegenüberliegenden<br />
Seite, durch die das Abendlicht fällt, versinnbildlicht<br />
mit den dargestellten Getreideähren und Traubenreben die<br />
göttliche Stärkung der Gläubigen durch das empfangene<br />
Abendmahl. Beim Gang aus der Kirche liegt der Blick der<br />
Gläubigen heute wieder auf der Rosette und ihrer christlichen<br />
Botschaft.<br />
Die farbigen Glaselemente sorgen zudem <strong>für</strong> eine besondere<br />
Atmosphäre im gesamten Kirchenraum. Je nach<br />
Sonnenstand und Jahreszeit tauchen sie die Kirche in unterschiedliches<br />
Licht und vermitteln so ein stimmungsvolles<br />
Farben- und Lichterspiel.<br />
Neue Sachlichkeit hält Einzug<br />
Zu Beginn der 1970er Jahre war die verspielte Farben- und<br />
Formensprache des Jugendstils jedoch nicht mehr gefragt.<br />
Die aufwändigen Malereien wurden übertüncht und Beton-Elemente<br />
hielten stattdessen Einzug in die historischen<br />
Kirchenräume. Auch die Christian Vater-Barock Orgel wurde<br />
ausgebaut und bekam erst 1978 ihren neuen Platz in St.<br />
Stephanus in Fedderwarden. Den Auftrag zum Bau einer neuen<br />
Orgel erhielt 1970 die Orgelbau-Firma von Detlef Kleuker.<br />
Die Disposition übernahm verantwortlich der Kirchenmusikdirektor<br />
Dr. Artur Kalkhoff. Die sogenannte „Kleuker-Orgel“<br />
wurde auf einer massiven Beton-Empore im Turmgewölbe<br />
platziert, wo sie seitdem die Fensterrosette von Karl Georg<br />
Rohde vollständig verdeckte. Die aus heutiger Sicht unverständliche<br />
Begründung lautete damals: „Das Kirchenfenster<br />
wird nicht mehr benötigt, denn es gibt schließlich elektrisches<br />
Licht.“ Und so geriet in den folgenden Jahrzehnten die<br />
Schönheit dieses Glasfensters fast in Vergessenheit.<br />
Malereien erstrahlen im neuen Glanz<br />
Dies änderte sich, als im Jahr 2000 die Jugendstil-Malereien<br />
an den Wänden, eng begleitet von der zuständigen<br />
Denkmalpflege, wiederhergestellt wurden und seitdem die<br />
Kirchenbesucher erneut faszinieren. Allerdings wirkte die<br />
Betonempore nun wie ein Fremdkörper und außerdem hatte<br />
die Kleuker-Orgel zu dieser Zeit bereits ihre besten Jahre<br />
hinter sich. Die in der Orgel verarbeiteten und in den 1970er<br />
Jahren als innovativ gefeierten Kunststoffelemente wurden<br />
brüchig und sorgten <strong>für</strong> einen erheblichen Verlust an Klang-<br />
12 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
qualität. Hinzu kam, dass die Kleuker-Orgel von Beginn an zu<br />
hoch im Kirchenraum positioniert worden war, so dass die<br />
Musik nicht in der gesamten Kirche ihren Klang entfalten<br />
konnte. „Es gab Bereiche, in denen die Orgel kaum zu hören<br />
war. Außerdem war sie nicht zum Spielen von Musikstücken<br />
der Romantik geeignet. Das war sehr schade, da aus dieser<br />
Stilepoche die größten symphonischen Werke stammen“, erklärt<br />
Organist und Kantor Ralf Grössler.<br />
Einhergehend mit der Freilegung der Jugendstil-Malereien<br />
gab es nunmehr Bestrebungen, den Neubau der Orgel<br />
mit der Freilegung der Rosette zu verbinden. Eine Mammutaufgabe,<br />
die von allen Beteiligten mit Geduld, Zielstrebigkeit,<br />
Begeisterungsfähigkeit und vor allem viel Liebe zur<br />
Alexanderkirche getragen wurde.<br />
Orgelförderverein wird aktiv<br />
Zur Realisierung und Finanzierung des ehrgeizigen Projektes<br />
wurde 2015 unter dem Motto „Neuer Klang – Neues Licht<br />
– Neues Leben“ der Orgelförderverein ins Leben gerufen,<br />
der mithilfe verschiedenster Projekte die Öffentlichkeit informierte,<br />
<strong>für</strong> eine breite Unterstützung warb und erfolgreich<br />
Spenden zur Finanzierung der Orgel sammelte.<br />
„In Wildeshausen gibt es eine tiefe Verbundenheit mit<br />
der Alexanderkirche auch jenseits von Glaube und Religion.<br />
Dieses Wir-Gefühl ist konfessionsübergreifend zu spüren<br />
und daher gab es eine sehr große Bereitschaft, uns beim Orgelneubau<br />
zu unterstützen“, zeigt sich Pfarrer Markus Löwe<br />
dankbar <strong>für</strong> die breite Unterstützung. Und auch viele ehemalige<br />
Wildeshauser, die hier getauft wurden, ihre Konfirmation<br />
feierten oder den Bund <strong>für</strong>s Leben schlossen, unterstützten<br />
mit zahlreichen großen und kleinen Spenden das Orgel-Projekt.<br />
Hinzu kamen die Einnahmen durch mehrere Aktionen<br />
und Veranstaltungen und vor allem durch die Orgelpatenschaften,<br />
bei der Wildeshauser eine Patenschaft <strong>für</strong> „ihre“<br />
Orgelpfeife übernehmen konnten.<br />
Ein Rückbau der Betonempore mit seiner massiven Betonbrüstung,<br />
die eine ungehinderte Ausbreitung des Klanges<br />
verhinderte, war jedoch aus Gründen des Denkmalschutzes<br />
Den Altar schmücken wunderschöne Engelsstatuen aus Sandstein des<br />
1954 verstorbenen Oldenburger Bildhauers Max Gökes<br />
nicht möglich. Denn auch sie ist Teil der bewegten Geschichte<br />
der Alexanderkirche. So wurde in intensiven Diskussionen<br />
ein Kompromiss gefunden: Lediglich die Beton-Brüstung<br />
wurde entfernt und durch eine filigrane Brüstung aus Metallstreben<br />
ersetzt. Nun ist der Blick auf die Orgel nicht mehr<br />
verdeckt und der Klang kann sich frei entfalten.<br />
Beim Blick auf die endlich wieder erstrahlende Rosette, deren<br />
Licht sich in den versilberten Bauelementen sowie den<br />
Orgelpfeifen widerspiegelt, wird jedem Betrachter klar, wie<br />
wichtig dieses jahrelange Engagement war und welchen Gewinn<br />
die Woehl-Orgel und die freigelegte Rosette auch <strong>für</strong><br />
die kommenden Generationen haben wird.<br />
Der bisherige Termin im Februar 2022, an dem das sehenswerte<br />
und hörenswerte Eröffnungskonzert stattfinden<br />
sollte, wird aufgrund der oben schon erwähnten Lieferengpässe<br />
unverzichtbarer elektronischer Bauteile leider nicht<br />
eingehalten werden können. Ein neuer Termin wird erst nach<br />
kompletter Fertigstellung festgelegt.<br />
Die intensive und ehrenamtliche Arbeit des Orgelfördervereins<br />
und seiner aktiven Mitglieder stellen wir im nächsten<br />
Stadtmagazin detailliert vor. Weitere Geschichten und Informationen<br />
rund um die neue Orgel und die Alexanderkirche<br />
werden ebenfalls folgen.<br />
Die Orgelbauer Gerald Woehl und<br />
Claudius MayWoehl erschaffen ein<br />
wahres Kunstwerk, auf dessen hoffentlich<br />
baldiges Erklingen zahlreiche<br />
Wildeshauser sowie Musik- und<br />
Kunstkenner aus der ganzen Region<br />
sich schon lange wieder freuen
BUCHTIPP<br />
Vernichten<br />
Da sind sie wieder, die<br />
Deutungen und Mutmaßungen,<br />
die jeder<br />
neuen Romanveröffentlichung<br />
des französischen<br />
Schriftsellers Michel<br />
Houellebecqs garantiert<br />
und prompt folgen.<br />
Und die Verwirrungen<br />
ob des neuerlichen Gedankengutes,<br />
das der<br />
geniale Denker über uns<br />
ausschüttet. In seiner,<br />
eben dieser Art, uns daran<br />
teilhaben zu lassen. Insofern sind die Verwirrungen legitim<br />
– wenn es heißt, dass der Meister sich langweilt oder<br />
lieber eine Schildkröte sein will – doch wären die Rezensionen<br />
wahrhaftiger, wenn man sie einfach zugäbe. Wie es die<br />
F.A.Z. zum Beispiel getan hat, die den Bestsellerautor Michel<br />
Houellebecq rühmt als „ein gewaltig überlegenes Gehirn.<br />
Man kann sich vor diesem verkappten Humanisten, diesem<br />
wirklich freien Geist nur verneigen.“<br />
Nehmen und lesen, ist die Empfehlung. Ja natürlich, wobei<br />
das nicht reicht, denn auch „Vernichten“ ist von solcher<br />
Intensität, dass man hineinlesen muss, hineinversetzen. In<br />
die Handlung, um darüber Zutritt zu finden in das Konstrukt<br />
der Welt um 2027, als in Frankreich Präsidentschaftswahlen<br />
anstehen und im Internet ein Video auftaucht, in dem die<br />
Hinrichtung eines der möglichen Kandidaten gezeigt wird,<br />
mittels einer Guillotine, auf einer Wiese mit kahlen Bäumen.<br />
Gleichzeitig gehen Videos mit Attentaten auf eine Samenbank,<br />
auf Containerschiffe und auf ein Flüchtlingsboot viral<br />
– in der typisch Houellebecq`schen Lesart die Metapher <strong>für</strong><br />
das Bestreben der heutigen Gesellschaft durch Einwanderung<br />
und künstliche Fortpflanzung sinkende Geburtenraten,<br />
die Auflösung der eigenen Kultur zu kompensieren. Was ausschließlich<br />
den Zielvorgaben des herrschenden Mega-Kapitalismus<br />
– Wachstum <strong>für</strong> noch mehr Rendite – dient.<br />
Die Protagonisten von „Vernichten“ sind Paul Raison, ein<br />
karriereversessener Pariser Staatsbeamter und seine Familie<br />
im Beaujolais, der berühmten Weinregion. Einer vermeintlichen<br />
Idylle, die sich jedoch innerhalb Raisons Familie bei seiner<br />
Rückkehr als ebenso korrupte, versiffte und nur schwer<br />
zu ertragende Provinz-Bigotte entlarvt. Mit guten Zeiten<br />
darin, wie bei Rückblicken auf seine Jugend, die sich in einer<br />
einst nicht wahrgenommenen aber jetzt endlich verwirklichten<br />
Liebe realisieren – bis Paul Raison an Krebs erkrankt und<br />
alles ganz anders kommen wird als geplant. Wie auch in der<br />
großen Politik, wie beim Leben in der Idylle, wie bei allem,<br />
was jeden einzelnen von uns angeht.<br />
Houellebecq zeigt mit dem Finger darauf, wie immer. Einfühlsam<br />
hier, zynisch dort, abgründig und visionär. Houellebecq<br />
eben, der weit davon entfernt ist, altersmilde zu werden.<br />
Danke! usch<br />
Michel Houellebecq:<br />
Vernichten<br />
DuMont Verlag<br />
ISBN 978-3-8321-8193-2<br />
Euro 28,00<br />
14<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Buchtipp
AGIEREN STATT REAGIEREN<br />
REPORTAGE<br />
Fazit und Appell von Ingo Hermes<br />
Unsere wirtschaftliche<br />
wie auch gesellschaftliche<br />
Situation ist nicht<br />
schönzureden und auch<br />
nicht zu diskutieren,<br />
denn die Pandemie hält<br />
uns weiterhin im Klammergriff.<br />
Zu Beginn dieser<br />
nunmehr schon zwei<br />
Jahre andauernden Ausnahmesituation<br />
– oder<br />
nennen wir es besser<br />
„Zäsur“ – wurde ich gefragt,<br />
wie diese sich auf<br />
das Handwerk auswirken<br />
wird. Meine Antwort war:<br />
„Solange wir im Handwerk weiterarbeiten dürfen, wird uns<br />
die Pandemie nicht treffen. Aber langfristig könnte der Bedarf<br />
sinken, wenn keine neuen Bauprojekte angeschoben<br />
werden. Es könnte also eine Krise in der Bauwirtschaft, mit<br />
einem Jahr Verspätung, geben…“<br />
Mit dieser Annahme hatte ich unrecht. Der Bedarf ist nicht<br />
abgerissen. So wie Einzelhandel und Gastronomie nach wie<br />
vor leiden, treibt die Materialknappheit nun auch der übrigen<br />
Wirtschaft die Schweißperlen auf die Stirn. Die Wirtschaft leidet<br />
an diesen indirekten Folgen der Pandemie, indem wir die<br />
Quittung bekommen <strong>für</strong> die jahrelange Outsourcing- und<br />
Gewinnmaximierungspolitik der Konzerne. Produktionen in<br />
der Industrie sind in den letzten Jahren immer mehr auf „Just<br />
in time“ umgestellt worden. Die Vorratshaltung in den eigenen<br />
Lagern wurde fast auf Null gefahren. Und nun, bedingt<br />
durch zahlreiche Verkettungen, kommen die Billigprodukte<br />
aus Fernost nicht mehr rechtzeitig an. Das ganze Uhrwerk<br />
ist ins Stocken geraten. Bei vielen Werkstoffen kommen<br />
Hamsterkäufe hinzu, die die ganze Situation an das „Klopapier-Drama“<br />
zu Beginn der Coronazeit erinnern lässt. Nur<br />
mit viel schlimmeren Folgen <strong>für</strong> die Wirtschaft. Autokonzerne<br />
beispielsweise schließen ihre Werke und retten sich mit<br />
staatlichen Hilfen und Förderungen, doch die kleinen mittelständischen<br />
Zulieferer sind am Ende die Leidtragenden.<br />
Es ist aus meiner Sicht deshalb heute umso wichtiger, dass<br />
sich die mittelständische Wirtschaft gut vernetzt. Auf Bundesebene<br />
muss sich die CDU jetzt auf eine neue Rolle einstellen.<br />
Die Ampelkoalition lässt nicht wirklich auf eine unternehmerfreundliche<br />
Politik hoffen. Es wird deshalb wichtiger<br />
denn je, dass der Mittelstand Gehör findet. Die Mittelstandsvereinigung<br />
der CDU (der wir bekanntlich nicht direkt angehören)<br />
kann da beispielsweise eine gute Vernetzung bilden.<br />
Auf kommunaler Ebene tun wir (die MIT Wildeshausen<br />
e.V.) das, gemeinsam mit dem HGV. Die Zusammenarbeit mit<br />
der Politik und der Verwaltung funktioniert sehr gut; auch<br />
wenn vieles aus unserer Sicht zu langsam geht. Ein Problem,<br />
das Wildeshausen aber nicht allein hat. Viel zu dicht ist der<br />
Dschungel an Vorschriften und Verfahren geworden. Als<br />
umso wichtiger sehen wir hier, dass die handelnden Personen<br />
die beschlossenen Ratsentscheidungen energisch umsetzen.<br />
Agieren statt reagieren ist hier das Gebot der Stunde.<br />
Was wollen wir zukünftig in und <strong>für</strong> Wildeshausen erreichen?<br />
Das Industriegebiet West muss schnellstens realisiert<br />
werden. Über 60 Bewerber auf zehn Grundstücke im interkommunalen<br />
Gewerbegebiet Nord sollte die letzten Zweifler<br />
überzeugen. Wenn sich nur die Hälfte der 50 leer ausgehenden<br />
Betriebe in naher Zukunft entwickeln wollen, so sollten<br />
wir diese Chance nicht verschenken.<br />
Wir brauchen ein neues Stadtmarketing. Die Stellen <strong>für</strong><br />
Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung sind augenblicklich<br />
nur kommissarisch besetzt. Andere Städte machen es<br />
uns vor und haben längst erfolgreich reagiert. Wildeshausen<br />
blutet aus. Wir brauchen frischen Wind. Jemand, der die zahlreichen<br />
Vereine und Institutionen miteinander vernetzt und<br />
die „Schnittstelle“ zur Wirtschaft, zu den Investoren und Immobilienbesitzern<br />
bildet. Ein Fulltime-Job <strong>für</strong> (mindestens)<br />
eine(n) Spezialisten(in), der/die mit einem angemessenen<br />
Budget ausgestattet ist, und in einer vernünftigen Struktur<br />
agieren kann. Und das nicht nur „Nine to Five“!<br />
Wir stellten uns Anfang des letzten Jahres folgende Frage:<br />
Wie bekommen wir eine solche anspruchsvolle Stelle<br />
in Wildeshausen erfolgreich besetzt? Gemeinsam mit dem<br />
HGV und Experten aus dem Marketingbereich, haben wir ein<br />
vielversprechendes Konzept erarbeitet. Dies wurde in zahlreichen<br />
Gesprächen mit der Politik und der Stadtverwaltung<br />
vorgestellt und auch <strong>für</strong> die breite Öffentlichkeit in der vorigen<br />
Ausgabe dieses <strong>Magazin</strong>s ausführlich beschrieben. Seit<br />
nunmehr über einem Jahr bereits liegt der Ball bei der Politik.<br />
Dazu wiederhole ich mein Zitat aus der letzten Jahreshauptversammlung:<br />
„Wir stehen bereit – aber nur bei konsequenter<br />
Realisierung. Klein-klein könnt Ihr selbst machen!“<br />
Wir stehen bereit, weil wir um das Potential Wildeshausens<br />
wissen, das wirtschaftliche Leistungsvermögen kennen und<br />
weil uns Wildeshausen als eine der traditionsreichsten Städte<br />
im Oldenburger Land am Herzen liegt – sie sollte auch wieder<br />
eine der schönsten und attraktivsten Städte der Region<br />
werden.<br />
Ingo Hermes ist 1.Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung Wildeshausen<br />
e.V. und Geschäftsführer der Hermes Systeme GmbH<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
15
GESCHICHTE<br />
Die Geschichte der Wildeshauser Juden<br />
MORITZ UND SOPHIE DE HAAS<br />
Text // Sigrid Lünnemann<br />
In dieser Ausgabe möchten wir an Moritz und Sophie de Haas erinnern, die bis zu<br />
ihrer Verdrängung und Ermordung durch die Nationalsozialisten in Wildeshausen<br />
lebten.<br />
Moritz de Haas wurde als sechstes und letztes Kinder von<br />
Abraham de Haas und seiner Frau Betty de Haas, geborene<br />
Neublum aus Harpstedt. Abraham de Haas stammte ursprünglich<br />
aus Uchte und ließ sich im Jahr 1874 als Schlachter<br />
in Wildeshausen nieder. Von den sechs Kindern der<br />
Familie blieben Bernhard und Moritz in Wildeshausen und<br />
gründeten hier ihre Familien. Moritz de Haas, 1884 geboren,<br />
ergriff ebenfalls den Beruf des Schlachters und profitierte zunächst<br />
von der positiven wirtschaftlichen Entwicklung jener<br />
Zeit. 1911 heiratete er die 1883 geborene Sophie van der Zyl<br />
aus Weener. Das Ehepaar blieb kinderlos und adoptierte daher<br />
ihren Neffen Carl de Haas.<br />
Leben und Arbeit in Wildeshausen<br />
Im Zuge des Ersten Weltkrieges wurde Moritz de Haas zum<br />
Militärdienst einberufen. Seine Frau Sophie erwarb in dieser<br />
Zeit ein kleines Haus in der Westerstraße 24, wo ihr Mann<br />
nach Ende des Krieges eine Notschlachterei eröffnete. Adoptivsohn<br />
Carl de Haas ging nach seinem Schulabschluss zur<br />
Ausbildung nach Hannover, kehrte 1930 in seine Heimatstadt<br />
zurück und trat in das Geschäft seiner Adoptiveltern<br />
ein. Die Schlachterei und später auch der Viehhandel liefen<br />
gut. Die Familie de Haas erarbeitete sich einen bescheidenen<br />
Wohlstand und war ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft.<br />
Dies wurde auch dadurch deutlich, dass Moritz de<br />
Haas von 1919 bis zur zwangsweisen Auflösung 1939 Vorsteher<br />
der jüdischen Gemeinde in Wildeshausen war.<br />
Schließlich aber machten sich die Folgen der Wirtschaftskrise<br />
und die Ausgrenzung der jüdischen Mitbürger aus dem<br />
wirtschaftlichen und sozialen Leben auch in Wildeshausen<br />
bemerkbar. Der Verkauf von Fleisch gestaltete sich immer<br />
schwieriger, da viele Wildeshauser nicht mehr wagten, in jüdischen<br />
Geschäften einzukaufen. In den kommenden Jahren<br />
drohten mehrfach Zwangsversteigerungen – doch konnte<br />
die Familie diese Konsequenzen immer wieder abwenden.<br />
Durch die nationalsozialistische Regierung aber wurde ihnen<br />
schließlich die Erlaubnis zum Betreiben ihrer Schlachterei<br />
entzogen. Dennoch: Moritz de Haas blieb trotz zunehmender<br />
Repressalien als Viehhändler aktiv und sicherte so zunächst<br />
das wirtschaftliche Überleben seiner Familie. Jedoch<br />
litten sie, neben den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />
Repressalien, ebenso unter persönlichen Diffamierungen,<br />
die zum Teil sogar im sogenannten „Stürmerkasten“ *der NS-<br />
DAP-Ortsgruppe veröffentlicht wurden. Dort fanden sich in<br />
öffentlichen Angriffen auch die Namen jener Wildeshauser<br />
Bürger wieder, die weiterhin Geschäfte mit Juden machten.<br />
Ein Grund <strong>für</strong> diese rassistischen Diffamierungen lag wohl<br />
auch in der Verbindung des Adoptivsohnes Carl de Haas zu<br />
Wilhelmine Klöver, einer jungen Frau aus Wildeshausen, die<br />
nicht dem jüdischen Glauben angehörte. Diese Beziehung<br />
war den Rassefanatikern ein Dorn im Auge. Und so zögerte<br />
das Paar aufgrund der zu erwartenden Schwierigkeiten und<br />
vor dem Hintergrund der allgemein herrschenden Hetze mit<br />
einer Heirat. Erst nachdem ihr Sohn Helmut im Januar 1935<br />
geboren war, ließen die Eltern sich im April des gleichen Jahres<br />
standesamtlich trauen. Diese sogenannte „Mischehe“ gewährte<br />
Vater und Sohn zunächst einen gewissen Schutz.<br />
Verhaftet nach der Reichspogromnacht<br />
November 1938<br />
Die Reichspogromnacht verbreitete auch im kleinen Städtchen<br />
Wildeshausen Angst und Schrecken. Alle jüdischen<br />
Männer wurden am Morgen des 10. November 1938 verhaftet<br />
und ohne Angaben von Gründen in das örtliche Polizeigefängnis<br />
eingeliefert. Unter ihnen waren auch Moritz<br />
und Carl de Haas. Gemeinsam mit den anderen willkürlich<br />
inhaftierten Wildeshauser Juden wurden sie nach Oldenburg<br />
gebracht und anschließend in das Konzentrationslager<br />
Sachsenhausen verschleppt. Dort erlebten sie in völlig überfüllten<br />
Baracken unvorstellbare Grausamkeiten, Hunger, Not<br />
und Kälte und waren der Willkür des Wachpersonals schutzlos<br />
ausgeliefert. Erst zu Beginn des Jahres 1939 kehrten Moritz<br />
und Carl de Haas ebenso wie die anderen inhaftierten jüdischen<br />
Männer nach Wildeshausen zurück.<br />
Die Familie konnte aufgrund der Verdrängung der Juden aus<br />
dem Wirtschaftsleben durch das NS-Regime nicht mehr im<br />
16 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Geschichte
Viehhandel tätig sein und war immer stärkeren Schikanen<br />
ausgesetzt. Eine Emigration der Familie de Haas ins sichere<br />
Ausland war aufgrund ihrer mittlerweile unsicheren finanziellen<br />
Situation sowie der restriktiven Einwanderungspolitik<br />
vieler Staaten nicht mehr möglich.<br />
Kinder im Alter von zwei Monaten bis 16 Jahren – niemand<br />
von ihnen kehrte lebend zurück.<br />
Carl und Helmut de Haas überleben<br />
Carl de Haas, der in einer „Mischehe“ lebte, sowie sein Sohn<br />
Helmut konnten zunächst noch in Bremen bleiben. Die Situation<br />
wurde <strong>für</strong> sie jedoch immer schwieriger, obwohl es<br />
in all dem Elend und der Verzweiflung mit der Geburt von<br />
Tochter Monika im März 1944 einen Lichtblick gab. Die junge<br />
Familie konnte ihr kleines Glück nur kurz genießen. Im Februar<br />
1945, wenige Monate vor dem Kriegsende, wurden Carl<br />
und der erst zehnjährige Helmut de Haas zu einem angeblichen<br />
„Arbeitseinsatz“ nach Theresienstadt deportiert. Beide<br />
überlebten die dort herrschenden unmenschlichen Bedingungen<br />
und kehrten nach dem Krieg zu ihrer Familie zurück.<br />
Diffamierung und Ausgrenzung<br />
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärften sich<br />
die Zwangsmaßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung erneut.<br />
So wurden Moritz und Carl de Haas zu Arbeiten bei der<br />
Hunte-Begradigung zwangsverpflichtet. Und um ihn vollständig<br />
zu ruinieren und aus dem Geschäftsleben der Stadt<br />
zu vertreiben, verhaftete man Moritz de Haas schließlich<br />
wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung in Höhe von<br />
4.000 Reichsmark. Es folgte eine Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe<br />
von zwei Monaten und eine Geldstrafe in Höhe<br />
von 3.000 Reichsmark. Seine Frau Sophie sollte <strong>für</strong> die Geldstrafe<br />
und die anfallenden Gerichtskosten ebenfalls haften.<br />
Deportation nach Minsk bedeutet den sicheren Tod<br />
Das Schicksal von Moritz und Sophie de Haas war jedoch bereits<br />
besiegelt. Im November 1941 mussten sie, wie alle zur<br />
Deportation bestimmten Juden, eine Erklärung unterschreiben,<br />
in der sie sich selbst bezichtigten, ein Feind der deutschen<br />
Regierung zu sein und auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit<br />
zu verzichten. Damit verloren sie ihr Anrecht auf<br />
das von ihnen zurückgelassene Eigentum. Nur einen Koffer<br />
und ein Handgepäck durfte jeder mitnehmen. Die verlassenen<br />
Häuser und zurückgelassenen persönlichen Besitztümer<br />
wurden anschließend von den Nationalsozialisten geplündert<br />
und versteigert. Am 22. November 1941 traf der Zug<br />
aus Bremen in Minsk ein und die Ankömmlinge erlebten im<br />
mit Stacheldraht umzäunten Minsker Ghetto unvorstellbares<br />
Elend. Wenige Tage vor ihrer Ankunft waren tausende russischer<br />
Juden dort ermordet worden, um Platz <strong>für</strong> die deutschen<br />
Juden zu schaffen.<br />
Zwangsweise Umsiedlung nach Bremen<br />
Nach einer langen Zeit der Drangsalierung sowie sozialen<br />
und wirtschaftlichen Ausgrenzung musste das Ehepaar<br />
schließlich im März 1940 Wildeshausen zwangsweise verlassen<br />
und ihr Immobilienbesitz wurde zwangsversteigert. Moritz<br />
und Sophie de Haas wurden in das Haus in der Admiralstraße<br />
23 in Bremen eingewiesen. Das Haus war im Besitz<br />
von Siegfried Rennberg und seiner Frau Minna, der Schwester<br />
von Moritz de Haas. Carl de Haas und seine Familie lebten<br />
bereits seit einigen Monaten dort, ebenso wie viele andere<br />
Wildeshauser Juden.<br />
Doch auch dieses Haus bedeutete <strong>für</strong> sie keinen Schutz.<br />
Am 18. November 1941 befahlen die Schergen der NSDAP<br />
den noch in Bremen lebenden Juden, sich auf dem Hauptbahnhof<br />
einzufinden. Unter dem Vorwand zum Arbeitseinsatz<br />
in den Osten gebracht zu werden, bestiegen 440 jüdische<br />
Männer, Frauen und Kinder den Zug. Unter ihnen waren<br />
auch Moritz und Sophie de Haas sowie zahlreiche Verwandte.<br />
Allein die Familie de Haas zählte 15 Erwachsene und sechs<br />
Ein Ort des Grauens – das Minsker Ghetto<br />
Minsk, heute Hauptstadt von Weißrussland (Belarus), hatte<br />
vor dem Einmarsch der deutschen Truppen mit über 70.000<br />
Mitgliedern die größte jüdische Gemeinde in der damaligen<br />
Sowjetunion. Die Minsker Juden wurden nach dem Ein-<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Geschichte<br />
17
Der glücklichste Mensch der Welt<br />
Als Eddie Jaku, der Autor dieses Buches<br />
am 12. Oktober 2021 in seiner späteren<br />
Heimat Australien im Alter von 101 Jahren<br />
verstarb, hatte der Holocaust-Überlebende<br />
sich „nach all dem unfassbaren<br />
Leid, das er unter der Herrschaft des Nazi-Regimes<br />
erfahren musste, entschieden,<br />
sein Leben zu einem Zeugnis da<strong>für</strong><br />
zu machen, wie Hoffnung und Liebe<br />
über Verzweiflung und Hass triumphieren<br />
können.“ So die Worte des australischen<br />
Premierminister Scott Morrison bei der<br />
öffentlichen Bekanntgabe von Jakus Ableben<br />
in der „Daily Mail.“<br />
Eddie Jaku war 2020 durch seinen Bestseller<br />
„Der glücklichste Mensch der Welt“<br />
(Originaltitel: The Happiest Man on Earth<br />
– The Beautiful Life on an Auschwitz-Survivor)<br />
bekannt geworden. In dem Buch geht es um Auschwitz und um die Frage,<br />
wie man angesichts des Grauens in dieser Welt überleben konnte. Eddie<br />
Yaku, der zu der Zeit des Buchschreibens einhundert Jahre alt war, erzählt uns,<br />
warum Liebe und Hoffnung stärker sind als der Hass. Und wie er in den dunkelsten<br />
Stunden seines Lebens zu Freude, Dankbarkeit und Hoffnung fand –<br />
„der glücklichste Mensch der Welt“ wird. Und seine Geschichte ist glaubwürdig,<br />
mit einer dem Menschen zugewandten Haltung voller Weisheit und Güte.<br />
In dem Buch wendet sich der Erzähler an seine Leser, die er als seine neuen<br />
Freunde betrachtet, und nimmt sie mit auf seine Lebensreise. Aus gutem<br />
Grund: „Über all die Jahre hinweg habe ich eines gelernt: Das Leben ist schön,<br />
wenn du es schön werden lässt. Ich möchte Dir meine Geschichte erzählen."<br />
Es gab <strong>für</strong> Eddie Yaku ein Leben vor Auschwitz und ein Leben nach Auschwitz.<br />
Eddie wurde 1920 in Leipzig geboren und wuchs als Sohn einer jüdischen Mittelschichtfamilie<br />
auf. Eine glückliche Kindheit, die sich nicht von anderen Kindheiten<br />
unterschied. Die Jakus verstanden sich als Deutsche, sie waren sogar<br />
stolz darauf, und dann erst als Juden. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme<br />
1933 verkehrte sich ihre Welt. Auf einmal waren sie Juden, nichts<br />
als Juden, und keine Deutschen mehr.<br />
Der junge Eddie musste seine geliebte Familie in Leipzig zurücklassen, um in<br />
Tuttlingen unter falschem Namen Mechaniker zu werden. Als er aber am 9.<br />
November 1938, der sogenannten „Reichskristallnacht", heimlich seine Eltern<br />
besuchte, wurde er nach Buchenwald deportiert. Mit Ausbruch des Zweiten<br />
Weltkriegs begann <strong>für</strong> ihn ein Leben voller Angst, in Verstecken und auf der<br />
Flucht vor der erbarmungslosen Härte der SS. Wieviel Hass, fragte sich Eddie<br />
Yaku immer wieder, muss sich in einem Menschen aufgestaut haben, dass er<br />
zu einem solch sadistischen Verbrecher wird?<br />
Eddies Eltern wurden 1944 in Auschwitz vergast, er selbst überlebte die „Hölle<br />
auf Erden", wie er sagt, und entschied sich neu <strong>für</strong> das Leben. Er wollte jeden<br />
Tag lächeln, und sich auf das Wunder des Lebens einlassen. Und das, sagte<br />
er, geht so: „Ein Schritt nach dem anderen. Wenn du heute überstehst, wird<br />
ein Morgen kommen. Aber wenn Du deine Überzeugungen verlierst, verlierst<br />
Du dich selbst.“<br />
Wenn man dieses Buch gelesen hat, muss man das Leben lieben – oder man<br />
bleibt ein hoffnungsloser Zyniker.<br />
marsch der deutschen Soldaten im<br />
Ghetto zusammengepfercht, misshandelt<br />
und auf grausamste Weise ermordet.<br />
Im Ghetto herrschte unvorstellbares<br />
Leid. Die Menschen starben an Hunger,<br />
Kälte oder an den dort grassierenden<br />
Krankheiten und Seuchen. Sollten<br />
Moritz und Sophie de Haas die ersten<br />
Monate überlebt haben, starben<br />
sie vermutlich bei einer großen Massenmord-Aktion,<br />
die am 28. und 29.<br />
Juli 1942 durchgeführt wurde. Allein<br />
an diesen beiden Tagen ermordeten<br />
deutsche Soldaten etwa 10. 000 Ghetto-Insassen.<br />
Entweder wurden sie direkt<br />
im Ghetto erschossen oder außerhalb<br />
von Minsk in Malyj Trostenez,<br />
dem größten nationalsozialistische<br />
Massenvernichtungsort auf dem Gebiet<br />
der ehemaligen Sowjetunion, auf<br />
perfide Art und Weise ermordet. Die<br />
Männer, Frauen und Kinder wurden in<br />
umgebauten Lastwagen erstickt oder<br />
im Wald erschossen und anschließend<br />
in Massengräbern verscharrt.<br />
Wie viele Menschen im Minsker Ghetto<br />
und in Malyj Trostenez den Tod fanden,<br />
ist nicht bekannt. Die Schätzungen<br />
liegen zwischen 70.000 und über<br />
200.000 Opfern.<br />
Genaue Angaben sind schwierig, da<br />
die deutschen Besatzungstruppen<br />
versuchten, die Spuren ihrer Gräueltaten<br />
zu verwischen. Wie etwa, indem<br />
sie die Toten aus den Massengräbern<br />
exhumierten und die Leichen<br />
anschließend verbrannten. Die russischen<br />
Gefangenen, die diese schreckliche<br />
Arbeit zwangsweise verrichten<br />
mussten, wurden anschließend ebenfalls<br />
ermordet – menschenverachtend<br />
und unvorstellbar grausam.<br />
Seit 2018 erinnert eine Gedenkstätte<br />
an die unzähligen Opfer, die hier entrechtet,<br />
gequält und ermordet wurden.<br />
Von den Wildeshauser Juden, die über<br />
Bremen nach Minsk deportiert worden<br />
waren, überlebte niemand.<br />
Eddie Jaku: Der glücklichste Mensch der Welt.<br />
Knaur Verlag. ISBN 978-3-426-21299-2. Euro 18,00<br />
HUBERT GELHAUS<br />
* Anmerkung: Im sogenannten „Stürmerkasten“<br />
wurde das nationalsozialistische<br />
Propaganda-Blatt „Der Stürmer“ öffentlich<br />
ausgehangen.<br />
18 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Buchtipp
MIT RUHE UND GEMÜTLICHKEIT<br />
Tipps <strong>für</strong> einen besseren und erholsamen Schlaf<br />
Rund ein Drittel des Lebens verbringt der Mensch im<br />
Schlaf. Grund genug, sich darüber Gedanken zu machen,<br />
wie der Ruheraum gestaltet ist und was es zu<br />
verbessern gibt. Grundsätzlich gilt: Ein Schlafzimmer ist<br />
zum Schlafen da. Also am besten alles verbannen, was nach<br />
Arbeit aussieht. Dazu zählen etwa Schreibtisch, Staubsauger,<br />
Bügelbrett oder Wäschekörbe. Wenn das aus Platzgründen<br />
nicht geht und ein Homeoffice-Platz im Schlafzimmer<br />
benötigt wird, hilft eine optische Abtrennung, zum Beispiel<br />
ein Vorhang oder Paravent.<br />
DUNKELHEIT TUT GUT<br />
Helles Licht ist gut <strong>für</strong> die Gemütsverfassung, aber nicht<br />
<strong>für</strong> den Schlaf. „Vorhänge sind nicht nur ein Sicht- und Sonnenschutz,<br />
sie machen einen Raum auch wohnlicher. Also<br />
eine gute Möglichkeit, im Schlafzimmer Akzente zu setzen<br />
und die Schlafdauer zu verlängern“, erklärt Anja Wittig, die<br />
als Einrichtungsexpertin <strong>für</strong> das Wohnungsunternehmen<br />
Vonovia tätig ist. Als Profi empfiehlt sie sanfte oder warme<br />
Farbtöne <strong>für</strong> Wände und Böden, die eine beruhigende Wirkung<br />
haben. Genauso hinderlich <strong>für</strong> einen guten Schlaf wie<br />
Tageslicht ist das Licht von Smartphones und Tablets. Deshalb<br />
die elektronischen Geräte abends abschalten oder den<br />
Nachtmodus aktivieren.<br />
FÜR PRIMA KLIMA SORGEN<br />
Im Schlafzimmer sollten 16 bis 18 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit<br />
zwischen 40 und 60 Prozent herrschen. Jeder<br />
Mensch „produziert“ im Laufe einer Nacht einen halben Liter<br />
Flüssigkeit durch Atmen und Schwitzen. Deshalb ist es<br />
wichtig, mehrmals am Tag fünf bis zehn Minuten gegenüberliegende<br />
Fenster oder Türen zu öffnen, damit Durchzug<br />
entsteht. So kann die Feuchtigkeit entweichen.<br />
RUHE IST DURCH NICHTS ZU ERSETZEN<br />
Wer gut schlafen will, braucht Ruhe. Wenn nötig, kann man<br />
Ohrenstöpsel nutzen oder die Fenster schließen, um zum<br />
Beispiel den Straßenlärm zu reduzieren. In einem Mehrfamilienhaus<br />
gelten zudem allgemeine Ruhezeiten von 13 bis<br />
15 Uhr sowie von 22 bis 8 Uhr. Das bedeutet: Fernseh- und<br />
Radiogeräte laufen auf Zimmerlautstärke, laute Arbeiten im<br />
und am Haus oder auf dem Balkon sowie Musizieren sollten<br />
in einen anderen Zeitraum verlegt werden.<br />
Auch bei Modernisierungen lassen sich Lärmquellen reduzieren:<br />
„Wohnungen, aus denen die Mieter gerade ausgezogen<br />
sind, werden standardmäßig modernisiert. Dann sorgen<br />
wir zum Beispiel da<strong>für</strong>, dass Waschmaschinen nur noch<br />
im Keller aufgestellt werden können“, erläutert Daniel Ackermann,<br />
Abteilungsleiter bei Vonovia und verantwortlich <strong>für</strong><br />
Modernisierungen. „In älteren Gebäuden ist es allerdings<br />
wirtschaftlich wie baulich kaum machbar, alle konstruktionsbedingten<br />
Schallübertragungen in den Griff zu bekommen.<br />
Umso wichtiger ist, dass Nachbarn Rücksicht aufeinander<br />
nehmen.“<br />
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Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Lifestyle<br />
19
REPORTAGE<br />
RENA SCHILLING STIFTUNG<br />
Text // Sigrid Lünnemann<br />
Armut ist die traurige Lebensrealität vieler Kinder. Laut<br />
Statistik ist jedes fünfte Kind in diesem Land von Armut<br />
betroffen – auch in unserem Landkreis und in unserer<br />
Nachbarschaft!<br />
Die Hauptgründe <strong>für</strong> Kinderarmut in Deutschland sind Arbeitslosigkeit<br />
der Eltern oder das Aufwachsen mit nur einem<br />
Elternteil. Alleinerziehende und ihre Kinder sind deutlich<br />
häufiger von Armut betroffen als Familien, in denen beide<br />
Elternteile zusammenleben. Die Gründe da<strong>für</strong> liegen auf der<br />
Hand: Alleinerziehenden, von denen 90 Prozent Frauen sind,<br />
stehen häufig keine ausreichenden Betreuungsmöglichkeiten<br />
<strong>für</strong> ihre Kinder zur Verfügung. In dieser Situation können<br />
viele von ihnen nur in Teilzeit arbeiten und rutschen daher<br />
schnell unter die Armutsgrenze. Das bedeutet, dass circa 2,6<br />
Millionen Kinder und Jugendliche in alleinerziehenden Familien<br />
mit erhöhtem Armutsrisiko aufwachsen.<br />
Die Leidtragenden sind vor allem die Kinder, die oftmals<br />
nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen können. Vieles,<br />
was <strong>für</strong> ihre Altersgenossen ganz selbstverständlich ist, wie<br />
Vereinsleben, Musikunterricht, Bücher, Kino- oder Schwimmbadbesuche,<br />
ist <strong>für</strong> sie nicht oder nur sehr selten möglich.<br />
Aufgrund dieser erschreckenden Situation möchte die Rena<br />
Schilling Stiftung alleinerziehenden Eltern und ihren Kindern<br />
ganz unbürokratisch und schnell helfen. Die Stiftung<br />
hat sich zur Aufgabe gesetzt, hier eine individuelle finanzielle<br />
Unterstützung zu leisten, die auf die jeweilige Lebenssituation<br />
der Antragssteller zugeschnitten ist.<br />
Die Rena Schilling Stiftung wurde im vergangenen Jahr von<br />
Wilhelm Schilling ins Leben gerufen. Der langjährige Wildeshauser<br />
Unternehmer möchte mit der Stiftungsgründung seiner<br />
verstorbenen Frau Rena Schilling ein bleibendes Andenken<br />
setzen. Sie hatte sich gemeinsam mit ihrem Ehemann<br />
schon seit Jahren in verschiedenen sozialen und karitativen<br />
Bereichen engagiert und mit großzügigen Spenden unterstützt.<br />
Dabei lag ihr Augenmerk vor allem in der Unterstützung<br />
von notleidenden Kindern und ihren Familien. Dieses<br />
großherzige Engagement soll nun auch in Zukunft durch die<br />
Stiftung fortgeführt werden. Das ehrenamtlich arbeitende<br />
Stiftungs-Kuratorium setzt sich aus Wilhelm Schilling, Imke<br />
Hillmann und Christina Kern zusammen.<br />
Alleinerziehende, die eine finanzielle Unterstützung benötigen,<br />
um zum Beispiel Schulmaterialien zu kaufen, eine Ferienfreizeit<br />
oder ähnliches nicht aus eigener Tasche finanzieren<br />
können oder Unterstützung bei einer medizinischen<br />
oder therapeutischen Behandlung benötigen, können sich<br />
gerne per Mail oder Anruf an die Rena Schilling Stiftung<br />
wenden. Sämtliche Anträge und Anfragen werden absolut<br />
vertraulich behandelt.<br />
Eine Unterstützung der Rena Schilling Stiftung durch Spenden<br />
oder Zustiftungen werden selbstverständlich gerne entgegengenommen,<br />
um so vielen Kindern wie möglich ein<br />
unbeschwertes Aufwachsen zu ermöglichen und ihren alleinerziehenden<br />
Eltern ein paar Sorgen von den Schultern zu<br />
nehmen.<br />
Imke Hillmann, Wilhelm Schilling und Christina Kern vom<br />
Kuratorium der Rena Schilling Stiftung möchten Alleinerziehende<br />
und ihre Kinder unterstützen<br />
Rena Schilling Stiftung<br />
Am Ziegelhof 11a, 27793 Wildeshausen<br />
www.rena-schilling-Stiftung.de<br />
rena-schilling-stiftung@gmx.de<br />
Telefon 04431/5422, Mobil 0172/427 36 00<br />
Spendenkonto DE95 2806 6214 0041 7289 00<br />
Mit großer Bestürzung haben wir erfahren, dass Wilhelm<br />
Schilling am 6. Februar 2022 an den Folgen eines tragischen<br />
Unfalls verstorben ist. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie,<br />
die hoffentlich Trost in dieser schweren Stunde finden<br />
wird.<br />
Wir haben Wilhelm Schilling als einen freundlichen und hilfsbereiten<br />
Menschen kennengelernt, der sich mit großem Engagement<br />
<strong>für</strong> seine Mitmenschen und vor allem <strong>für</strong> benachteiligte<br />
Familien in seiner Heimatstadt eingesetzt hat.<br />
Die Rena Schilling Stiftung, die er in Gedenken an seine verstorbene<br />
Frau Rena Schilling gegründet hat, lag ihm sehr am<br />
Herzen. Daher haben wir uns entschieden, den obigen Artikel<br />
in der mit ihm abgesprochenen Form zu veröffentlichen.<br />
Die Stiftung wird in seinem Sinne und in Gedenken an ein engagiertes<br />
Ehepaar fortgeführt.<br />
20<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Advertorial<br />
Kultur hinterm Feld<br />
DAS VERANSTALTUNGSHAUS<br />
„Hinterm Feld“ im malerischen Dötlingen findet man ein (noch)<br />
verborgenes Juwel: Hier haben Ute und Karl-Heinz Büsing ein<br />
ganz besonderes Veranstaltungshaus erschaffen. „KULTUR<br />
HINTERM FELD“ begeistert allein schon durch seine Lage im<br />
idyllischen Grün und seinem anspruchsvollen Ambiente.<br />
Erstklassige Konzerterlebnisse<br />
Mit einem hochkarätigen Line-up nationaler und internationaler<br />
Künstler:innen aus dem Bereich Jazz/Pop-Jazz lädt „KULTUR HIN-<br />
TERM FELD“ zu Konzertereignissen der Extraklasse ein. Die bevorstehenden<br />
Konzerte dürften bei Musikfreund:innen große Vorfreude<br />
wecken (siehe Infokasten). Tickets gibt es bei Eventim, direkt auf<br />
www.kultur-hinterm-feld.de oder unter 04432 911 74 34.<br />
Man darf also gespannt sein auf kommende Events – ob musikalische<br />
Darbietung, Vortrag oder Lesung. Die Liste der auftretenden<br />
Künstler:innen wird auf der Homepage laufend aktualisiert.<br />
02. April 2022 | 20:00 Uhr<br />
Josef Barnickel<br />
- LIVE! PIANO PICTURE SHOW<br />
Eine musikalische Reise durch die letzten 100 Jahre der Musik<br />
Besondere Location <strong>für</strong> Veranstaltungen<br />
Mit einer Kapazität von ca. 150 Personen bei Reihenbestuhlung<br />
und ca. 100 Personen bei Tischbestuhlung bietet »Kultur Hinterm<br />
Feld» vielfältige Möglichkeiten <strong>für</strong> Events und Veranstaltungen.<br />
Eine umfangreiche Getränkeauswahl, ein exklusives Catering<br />
und eine traumhafte Location machen jedes Event zu einem<br />
ganz besonderen Highlight.<br />
Im Veranstaltungshaus „KULTUR HINTERM FELD“ wird nicht nur<br />
gefeiert; hier kann auch hervorragend gearbeitet werden. Für Firmen,<br />
die hier ihre Vorträge oder Seminare veranstalten, ist dies der<br />
perfekte Ort, um sich zu fokussieren, neue Ideen zu erarbeiten u. a.<br />
Kommen Sie vorbei und lassen Sie sich inspirieren und begeistern!<br />
Ute und Karl-Heinz Büsing und ihr Team freuen sich darauf,<br />
endlich ihre Gäste im „KULTUR HINTERM FELD“ begrüßen<br />
zu dürfen.<br />
Unsere Konzerttipps<br />
7. Mai 2022 | 20:00 Uhr<br />
Jacob Karlzon Trio<br />
– The WANDERLUST-TOUR<br />
Besetzung: Jacob Karlzon (Piano), Morten Ramsbøl (Bass) und<br />
Rasmus Kihlberg (Schlagzeug)<br />
09. April 2022 | 20:00 Uhr<br />
Lisa Bassenge – Mothers<br />
Besetzung: Jacob Karlzon (piano), Andreas Lang (bass) und<br />
Lisa Bassenge (vocals)<br />
22. Mai 2022 | 20:00 Uhr<br />
Joel Lyssarides - Jazz-Konzert<br />
23. April 2022 | 20:00 Uhr<br />
Iiro Rantala – Best of Iiro Rantala<br />
Besetzung: Iiro Rantala (piano)<br />
3. September 2022 | 20:00 Uhr<br />
TAB Collective - Back in Town<br />
Besetzung: Pat Appleton (Gesang), Ken Norris (Gesang), Roland<br />
Neffe (Vibraphon), Tino Derado (Piano), Andreas Lang (Bass) und<br />
Emanuel Hauptmann (Schlagzeug)<br />
30. April 2022 | 20:00 Uhr<br />
ZEiTlos<br />
Eine literarisch-musikalische Reise in die Gegenwart mit<br />
Alexandra Kamp und Arndt Baeck<br />
11. Sptember 2022 | 17:00 Uhr<br />
Markus Häger & Thomas Schlegel -<br />
Konzert 2022<br />
Besetzung: Markus Häger (Piano) und Thomas Schlegel (Gitarre)<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage 21<br />
Es gilt die aktuell gültige Niedersachsen Corona-Verordnung und das entsprechende Hygiene-Konzept. Änderungen an Terminen sind vorbehalten.
REPORTAGE<br />
Traditionell modern oder<br />
MODERNE TRADITION<br />
Text // Ulla Schmitz<br />
„Schnittker am Markt“ ist das Symbol <strong>für</strong> echte, ehrliche<br />
Kaufmannstradition, in Wildeshausen, im Heute<br />
„Was wir machen kann man nicht diversifizieren“, sagt Johannes<br />
Lenzschau bezugnehmend auf die Philosophie des<br />
alteingesessenen Kaufhauses an der Westerstraße. Und tatsächlich<br />
trifft man das, was sich den Kunden hier an Vielfalt<br />
und ausgesuchter Qualität und Klasse präsentiert, in dieser<br />
Form und Fülle anderswo nicht an. Geschweige denn, dass<br />
die Wildeshauser auf die Idee kämen, nach etwas anderem,<br />
woanders Ausschau halten zu wollen. „Schnittker am Markt“<br />
ist eine Wildeshauser Institution und das seit fast 140 Jahren.<br />
Ganze Generationen kauften hier ihre Bauklötzchen, Legosteine,<br />
Malblöcke, Buntstifte, Schulhefte und alles was<br />
sonst noch dazu gehört. Kamen <strong>für</strong> Brausepulver und eine<br />
Tüte Lakritzschnecken vorbei. Machten sich <strong>für</strong> die Tanzstunde<br />
schick – apropos: Den passenden Modeschmuck gab es<br />
natürlich auch bei Schnittker, wie den neuesten Schrei an<br />
Gürteln, Handtaschen und so weiter. Und wenn es regnete?<br />
Was soll die Frage? Regenschirme – bei Schnittker natürlich.<br />
War es dann ernst geworden war, standen die Koffer <strong>für</strong> die<br />
gemeinsamen Reisen bei Schnittker zur Auswahl, in der Nähe<br />
der Kinderwagen. Dreiradroller in Aufstellung dazwischen.<br />
Die Kinderwagen wurden 1990 aussortiert, jedoch nur, weil<br />
die Varianten zu zahlreich geworden waren.<br />
Alles <strong>für</strong> die Kunden – von Anfang an<br />
Aber auch in anderen Bereichen änderte sich das Angebot,<br />
wieder einmal und wie so oft in der Vergangenheit, bis heute.<br />
Das geschah nie abrupt und die Klassiker behielten sowieso<br />
ihre Plätze. Das Gros der Sortimente aber wurde kontinuierlich<br />
dem jeweiligen Modetrend angepasst, auch das ist als<br />
Geschäftsgebaren einmalig, über all die Zeiten hinweg. Die,<br />
wir erinnern uns, von extremen Veränderungen geprägt waren<br />
und sind. Vom 1. Oktober 1884, als Bernhard Schnittker<br />
sein „Colonial & Kurzwaren Geschäft Bernh. Schnittker“ dort<br />
eröffnete wo jetzt Farben Brünger ansässig ist, sechs Jahre<br />
später aber schon an die Westerstraße 5 umzog, dahin, wo<br />
man heute noch „bei Schnittker“ einkaufen geht – seit damals<br />
waren die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse<br />
auch ein wirtschaftliches Auf und Ab.<br />
22 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Bestimmt von den Folgen zweier Weltkriege, zerstörter<br />
Industrien und der am Boden liegenden Landwirtschaft; der<br />
Währungsreform, dem Aufbruch in das Wirtschaftswunder,<br />
Blütezeiten, Umorientierungen und Blicke hinein in das Weltgeschehen;<br />
Jugendrebellionen mit „Sex, Drugs & Rock ´n<br />
Roll“, schnellere und ganz gemächliche Politikkarusselle und<br />
plötzlich die Digitalisierung – mit Metaversen, Bitcoins und<br />
anderen Modernen, die man bei Schnittker nicht akzeptiert.<br />
Noch, Anfang 2022. Wer weiß, wie diese neuen Welten auf<br />
uns Einfluss nehmen werden, und dann wird man möglicherweise<br />
auch hier in Krypto-Währung zahlen können. Schnittkers<br />
waren ja auch eine der ersten, die gleich zu Beginn der<br />
Corona-Pandemie mit einem durchdachten und wohlsortierten<br />
Online-Angebot auf den Markt kamen, während andere<br />
im Schock der Restriktionen wie erstarrt verharrten.<br />
Die Kunden im Mittelpunkt<br />
Vorurteile bedienen oder etwas nichts in die Sortimente<br />
aufnehmen, von dessen Nutzen man persönlich nicht überzeugt<br />
ist, das gab´s bei Schnittker nie. „Die Kunden geben<br />
uns durch ihr Verhalten schon zu verstehen, was sie kaufen<br />
wollen,“ sagt Johannes Lenzschau, der heutige Inhaber dieses<br />
konventionellen und doch so modernen Warenhauses.<br />
Dieses entdeckt und jenes, sich in Bereichen von Haushalt,<br />
Spielzeug, Taschen/Koffer, Schreibwaren stundenlang aufhält,<br />
da alleine die „Küchen-“, die „Tisch“- und die „Wohnwelt“<br />
mit ihren Offerten zu Tisch- und Esskultur wahre Verführer<br />
sind. Und wenn gewünscht, einen professionellen Ratgeber<br />
zur Kombination bestimmter Bestecke, Gläser und Geschirre<br />
inklusive.<br />
Gleiches gilt <strong>für</strong> die spezialisierte Beratung in Sachen<br />
Messer, Pfannen & Co. oder zu Koffern, Hand- und Businesstaschen,<br />
Geldbörsen, Schulranzen und was zu all dem dazugehören<br />
kann; zu Schreibwaren von Büroartikeln, über<br />
Bleistifte, Mal-Utensilien und -Sets, zu Schreibgeräten wie<br />
feinste Füllfederhalter und Kugelschreiber; zum Basteln bis<br />
hin zu den Fancy-Topmodels – bei den schon die Kleinsten<br />
zu Schnittker-Stammkunden werden. Man sieht´s, denn die<br />
Kids sind gleich in den ersten Stock verschwunden, in eine<br />
Zauberwelt, die in ihrer Vielzahl von Spielzeugen aller Art<br />
unübertrefflich ist. Es gibt einige Kunden, die behaupten,<br />
bei Schnittker in der Spielwarenabteilung anhand ihrer Wünsche<br />
und dem verfügbaren Taschengeld rechnen gelernt zu<br />
haben.<br />
Es gibt so viel – außer Ramsch, den gibt<br />
es hier nicht<br />
Was sich generell auf alles bei „Schnittker am Markt“ in Wildeshausen<br />
bezieht. Das war schon immer so, nicht umsonst<br />
stand im ersten Kassenbuch „Mit Gott“, denn es war Johann<br />
Heinrich Bernhard Schnittker eine Ehre, seine Kunden zufriedenzustellen.<br />
Noch heute hängt im Büro des Chefs dessen<br />
Maxime an der Wand: „Billig un slecht ist nums recht“ Und<br />
die Töchter – Elisabeth, Anni und Agnes – taten es ihm gleich.<br />
Mit viel Selbstvertrauen und Temperament, da kursieren so<br />
einige Anekdoten aus dem Hause der „Schnittker Damen“<br />
oder dem „DreiMädelHaus“ wie sie genannt wurden. Aufgrund<br />
der Kriegswirren waren alle drei unverheiratet geblieben.<br />
Ihren Geschäftssinn hat dies nicht beeinträchtigt. So<br />
stand es außer Frage, dass sie „Schnittker“ von ihrem Vater<br />
übernehmen und weiterführen würden. Nur die Wohnung<br />
über dem Laden, die war zu klein, um darin eine funktionierende<br />
Dreier-Lebensgemeinschaft zu bilden. Denn lebenslustig<br />
war das Trio schließlich auch. Also bauten sie sich ein<br />
Haus in der Goethestraße, schick war´s und groß genug. Und<br />
ihr privater Rückzugsort bis zum Tode.<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
23
Schnittker am Markt seit 1894 sechs Jahre später an der Wester Straße<br />
Familie Bernhard Schnittker im Jahre 1925 v.l.: Elisabeth geb. 1894, Anna<br />
geb. 1895, Mutter Anna Johanna Wilhelmine (geb. Becker), Agnes geb 1899,<br />
Berhard Schnittker<br />
Zeitläufte…<br />
1983 starb Agnes Schnitter, als letzte der legendären<br />
„Schnittker-Damen“ und in ihrem Lebensabend gepflegt<br />
von Marianne Lenzschau, wie zuvor schon ihre Schwestern.<br />
Und auch Hans Lenzschau tat alles Menschenmögliche <strong>für</strong><br />
seine „Schnittker-Tanten“, schließlich war er, nach einer abgeschlossenen<br />
Lehre im Landhandel Nolte als kaufmännischer<br />
Angestellter im „Colonial & Kurzwaren Geschäft Bernh.<br />
Schnittker“ eingetreten. Um zu bleiben, denn die Sympathie<br />
<strong>für</strong>einander war schnell entdeckt und so echt, dass Hans<br />
Lenzschau als Ziehsohn der Schnittkers galt.<br />
als das Spieleparadies im heutigen Format fand in den frühen<br />
2000er Jahren statt, unter der Ägide von Johannes und<br />
Wiebke Lenzschau.<br />
1962/63, 64 und 1966 waren <strong>für</strong> Hans Lenzschau besonders<br />
glückliche, bedeutende Jahre. Zunächst stand die Eheschließung<br />
mit Marianne Kock – dem eleganten jungen Fräulein<br />
aus der Nachbarschaft – an, dann zogen die Schnittker-Damen<br />
sich gänzlich in ihr Privatleben zurück und Marianne<br />
und Hans Lenzschau übernahmen das Traditions-Kaufhaus,<br />
auf Basis einer Erbpacht. Ein Jahr später folgte die Geburt ihres<br />
erste Kindes Bärbel. Drei Jahre später dann war das Glück<br />
mit der Geburt von Sohn Johannes komplett.<br />
…doch das Alte nicht vergessen<br />
1966 war aus dem ehemals eher kleinen Laden durch den<br />
Zukauf des Nachbarhauses, Nummer 7, schon jenes Geschäft<br />
mit dem heutigen Format entstanden. Das war noch das<br />
Werk der Schnittker-Damen gewesen, 1986 gab es die Gelegenheit,<br />
den Schweinestall von Bäcker Hespe in der Kleinen<br />
Str. 2 zu kaufen und damit die Fläche <strong>für</strong> ein richtiges Kaufhaus<br />
zu schaffen. Ein mehr als mutiges Unterfangen in der<br />
damaligen Hochzinsphase mit Sätzen von heute nicht mehr<br />
vorstellbaren über 10 Prozent. Der Umbau des 1. Stockwerks<br />
Schnittker 1914<br />
24 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Wester Straße 1910 vorne links Schnittker<br />
Anni Schnittker<br />
Das waren wieder einmal neue Zeiten, doch selbstverständlich<br />
treu der Schnittker´schen Tradition, dass man da<br />
ist und bleibt, und seinen Beruf so ausübt, dass es keinen<br />
Grund zur Klage gibt, weder von Kundenseite noch von den<br />
Lieferanten noch vor sich selbst. Dass man die Kundschaft in<br />
erster Linie als Inspiration sieht und sie getreu den Erkenntnissen<br />
daraus zufriedenstellt. Mit Warenangeboten im Stil<br />
der jeweiligen Zeiten. Man kann dieses Bild nicht oft genug<br />
veranschaulichen, denn es existiert keine Kopie davon.<br />
Traditionen hüten und die Werte der Moderne schätzen,<br />
diese Einstellung zum Leben ist gleichzeitig der Charakter<br />
von Johannes wie auch von Wiebke Lenzschau, geborene<br />
Fleck und in Bremen schon als selbstständige Unternehmerin<br />
mit ihrem Hausrats- und Porzellangeschäft „Der Fleck<br />
im Weserpark“ etabliert, als sie und Johannes sich im Rahmen<br />
von Jungunternehmen-Treffen kennenlernten. 1999<br />
wurde geheiratet, da war Johannes schon seit vier Jahren<br />
wieder zu Hause – nach einer langen siebenjährigen Reise<br />
durch die Länder Ostasiens. Geschäftlich, als beauftragter<br />
klassischer Importeur von Porzellanwaren aus diesen Ländern,<br />
<strong>für</strong> die Sortimente des deutschen Porzellanherstellers<br />
August Warnecke.<br />
In die weite Welt und wieder zurück<br />
Johannes Lenzschau war in seinem Element. Das Kennenlernen<br />
und die Nähe der faszinierenden (Hoch-) Kulturen,<br />
die Begegnungen mit Menschen und Traditionen, die ihm<br />
nahegebracht wurden, die er genießen durfte; die Freiheit<br />
sich in diesen Welten bewegen zu können, anerkannt und<br />
geschätzt von den internationalen Geschäftspartnern. Für<br />
Lenzschau ist diese Zeit des Unterwegsseins in Japan, China,<br />
Taiwan, Philippinen, Thailand, Südkorea, Singapur bis heute<br />
von unschätzbarem Wert, sieht er seine Erfahrungen doch<br />
auch als Türöffner <strong>für</strong> die Zeit danach. Das Heute. Das um<br />
1995 herum begann, als sein Vater das Alter von Mitte 60 erreicht<br />
hatte und sich allmählich aus dem Geschäftsleben zurückziehen<br />
wollte. Nicht, dass er seinen Sohn Johannes dazu<br />
drängte, sich „pro Schnittker“ zu entscheiden, wenngleich<br />
der Junior die klassische Ausbildung da<strong>für</strong> absolviert hatte.<br />
Oma Schnittker<br />
Den Einzelhandelskaufmann in Osnabrück erlernt, dann<br />
ein Jahr bei Voss in Oldenburg gearbeitet um anschließend<br />
von 1986-88 die Fachschule <strong>für</strong> Betriebswirtschaft des deutschen<br />
Einzelhandelsverbandes in Wuppertal zu absolvieren.<br />
Da war sein Interesse <strong>für</strong> alles, was man zum Führen eines<br />
Geschäftes benötigt, geweckt, das Know-how erwarb er<br />
sich in exotischen Umgebungen, mit dem letzten Schliff in<br />
den heimischen Gefilden. Bei „Schnittker am Markt“ in Wildeshausen.<br />
Die Nachfrage des Vaters war zur rechten Zeit<br />
gekommen, als Johannes Lenzschau müde war vom Umher-<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
25
Das Kaufhaus Schniiker um 1970<br />
reisen. Genug davon hatte ständig in irgendwelchen Flugzeugen<br />
zu sitzen, Monsterflugstrecken mit zahllosen Umsteigeprozeduren<br />
hinter sich zu bringen – und wieder zurück.<br />
Da blieb er 1995 lieber gleich wieder hier.<br />
Zumal jüngste Erfahrungen ihm Einblicke in diese andere<br />
Welt verschafft hatten, die nicht seinem Menschenbild<br />
entsprachen. Seine religiöse Erziehung und humanistische<br />
Weltanschauung konnten das, was er da erlebt hatte, nicht<br />
tolerieren.<br />
Wildeshausen ist Heimat<br />
Da passt es eher zu ihm, aus diesen Erkenntnissen Lehren<br />
zu ziehen und seine Weltoffenheit sozusagen in den Dienst<br />
der Öffentlichkeit zu stellen. Das würde er anders formulieren,<br />
bescheidener, da er sein Engagement als Vorsitzender<br />
des HGV Wildeshausen e.V., dem Verein <strong>für</strong> Handwerk und<br />
Handel in der Kreisstadt als selbstverständlich ansieht, im<br />
Sinne der Kaufmannschaft und dem Ansehen der Stadt.<br />
Doch selbst wer nur am Rande mitbekommt, wie oft und wie<br />
stundenlang Lenzschau mit den jeweils das Thema betreffenden<br />
Institutionen, dem Stadtrat, dem Bürgermeister, den<br />
Parteien, dem, dem und dem zusammensitzt, um bestehende<br />
Probleme zu besprechen und um letztendlich doch mal<br />
zu einem positiven Ergebnis zu kommen – der wundert sich<br />
zu recht, woher der Mann diesen Elan nimmt. Wobei er bei<br />
der Suche zu den Problemlösungen Wildeshausens mit Ingo<br />
Hermes von Hermes Systeme GmbH und 1. Vorsitzenden der<br />
hiesigen Mittelstandsvereinigung einen vehementen Mitstreiter<br />
hat. Wieviel Zeit mag in deren Diskussionen schon<br />
eingebracht worden sein?<br />
Marianne Lenzschau und Johannes<br />
Und in Lenzschau´s nunmehr 20-jähriges Engagement<br />
im Aufsichtsrat der Volksbank… Ach ja, Johannes Lenzschau<br />
sitzt seit 2016, per Kollegen-Votum, im Aufsichtsrat<br />
der EK-Servicegroup, der größten europäischen Genossenschaft<br />
<strong>für</strong> Hartwaren-Konsumgüter, das heißt <strong>für</strong> sämtliche<br />
Konsumgüter, die nicht aus dem Lebensmittelbereich stammen.<br />
Versuchen, immer über den Tellerrand zu schauen und<br />
den Weitblick zu behalten, oder wie es heute so schön heißt<br />
„Think global – Act local“ und „Immer neugierig bleiben“ das<br />
ist sein Credo.<br />
26 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Womit wir schwungvoll die Kurve zurück in den Schnittker´schen<br />
Laden genommen haben, in dem man eigentlich<br />
nur Kaffee kaufen wollte. Diesen neuen „Wilshuser Krönung“,<br />
exklusiv <strong>für</strong> Schnittker, Edeka Einemann am Westring, Euronics<br />
und der Bäckerei Kolloge geröstet und ja, eine Flasche<br />
Wein kann´s ja auch noch sein. Welchen? Die Auswahl ist äußerst<br />
repräsentabel, doch tja…<br />
An diesem Punkt des Einkaufvergnügens angekommen,<br />
muss man nicht etwa lange nach gutem Rat Ausschau halten,<br />
denn bestimmt hat eine der Verkäuferinnen die Unsicherheit<br />
bereits bemerkt und ist schon da. Was dann folgt ist ein Dialog<br />
bestehend aus Fragen und Wissen, locker im Austausch, zugewandt<br />
und höflich, mit Anekdoten ausgeschmückt und noch<br />
mehr Wissenswertem und dem sicheren, guten Gefühl der<br />
Kundin, aufgrund der hervorragenden Beratung einen hervorragenden<br />
Wein erstanden zu haben. Und ja: genauso war´s!<br />
Bei Schnittker wurde auch Zeit während der Corona-Pandemie genutzt<br />
– insofern als dass das ganze Gebäude komplett energetisch<br />
saniert worden ist. Aufgrund sämtlicher moderner Möglichkeiten,<br />
mit allem, was dazugehört!<br />
Tradition auch im Hierbleiben<br />
Ob die „gute Fee“ nun Helga Reineberg war, die bereits seit<br />
1973, seit 49 (neunundvierzig!) Jahren eine von Schnittker ist<br />
oder Waltraud Meyer, die drei Jahre später dazu kam und somit<br />
noch vier Jahre bis zum 50. Jubiläum im Schnittker-Team<br />
vor sich hat – oder ob es eine der anderen 18 bis 20 Verkäuferinnen<br />
aus dem gesamten Team war, das ist unwichtig, denn<br />
ehrliches, wirklich gutes Betriebsklima dominiert die Atmosphäre<br />
bei Schnittker am Markt. Das und das professionelle<br />
Wissen um alles, was es hier gibt oder gab. Da kann man sich<br />
sogar noch an die Lebensmittel im Sortiment und an die Sisalteppiche,<br />
auch zum Verlegen, erinnern – und wenn es nur<br />
vom Hörensagen ist, nachdem diese Warengruppen herausgenommen<br />
worden waren.<br />
Das war 1962, und so ist es eine typisch Schnittker´sche<br />
Hommage an das gute Leben, dass Lebensmittel nun wieder<br />
zu den Angeboten gehören. In Delikatessenform, ausgewählt<br />
und von erstklassiger Qualität versteht sich. Sie sind<br />
schließlich bei „Schnittker am Markt“ in Wildeshausen!<br />
Zum 125-jährigen Geschäftsjubiläum von Schnittker<br />
im Jahre 2009 wurde ein Gewinnspiel veranstaltet,<br />
unter dem Motto: „Wer hat den ältesten Kassenbon?“<br />
Johannes Lenzschau erzählt, dass „tatsächlich ein<br />
geschichtsinteressierter Kunde kam, mit einer handschriftlichen<br />
Quittung von 1891! Geschrieben von<br />
Bernhard Schnittker, ausgestellt auf den Nachtwächter<br />
von Wildeshausen <strong>für</strong> den Kauf eines Horns, freigegeben<br />
vom damaligen Bürgermeister.“<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
27
REISE<br />
NORDERNEY<br />
– die „Grande Dame der Nordsee“<br />
Text // Ulla Schmitz<br />
Von Westen aus betrachtet ist Norderney die dritte der<br />
bewohnten ostfriesischen Inseln, mit einer Gesamtfläche<br />
von gut 26 Quadratkilometern die zweitgrößte<br />
nach Borkum und – die jüngste. Denn als zusammenhängende<br />
und eigenständige Insel existiert Norderney erst seit<br />
Mitte des 16. Jahrhunderts – die Jahrhunderte davor war das<br />
Eiland in der Gewalt rasender Stürme und gewaltiger Überflutungen<br />
nicht zur Ruhe gekommen. 1578 dann schienen<br />
sich Menschen auf der Insel niedergelassen zu haben, weil<br />
500 Steine zum Bau eines Hauses vom Festland geliefert<br />
worden waren. Erstmalig schriftlich erwähnt wird Norderney<br />
im Jahre 1650 von Gräfin Anna von Oldenburg in ihrem vormundschaftlichen<br />
Kommissionsbericht vom 4. Juli: „… das<br />
Eyland Ny norderoghe, unter Behrumer Amt gehörig, hat<br />
eine Kirche und 18 Häuser hinter hohen Dünen.“ Die dort ansässigen<br />
Insulaner lebten hauptsächlich vom Fischfang und<br />
hatten sich als Erbpächter zu verdingen unter der Frohn der<br />
Landesherren zu Oldenburg, wenngleich der karge sandige<br />
Boden Ackerbau und Viehzucht kaum zuließ.<br />
Doch weiß man aus anderen Berichten zu der Region,<br />
dass diese Zeiten dort von Entbehrungen geprägt waren.<br />
Dennoch entwickelte sich bereits ab 1688 ein Dorf im<br />
westlichen Teil der Insel. Etwa 250 Menschen lebten in den<br />
kleinen Häusern rechts und links der einzigen Straße, und<br />
während die Männer zum Fischfang raus fuhren züchteten<br />
die Frauen und Kinder Muscheln. Mit den Naturgewalten,<br />
den allwinterlichen Sturmfluten und Eisgängen hatte man<br />
sich zu arrangieren und tat es. Nicht zuletzt auch mit dem<br />
Bergen von Strandgut, jenen Ladungen, die an Land gespült<br />
wurden, wenn wieder einmal ein Schiff in der Nähe gekentert<br />
war. Dass daran sich nicht jeder Insulaner nach eigenem<br />
Gutdünken bedienen konnte, darüber wachte schon seit<br />
1607 ein vom Inselpastor bestellten Strandvogt. Und wer<br />
die Geschichten liest, die von ihnen und den zahlreichen<br />
Schiffbrüchen erzählen, der versteht warum diese Männer<br />
immer von kräftiger Statur und „einflussreichen Gehabe“<br />
waren. Denn nur selten waren die Ladungen von geringem<br />
Wert gewesen...<br />
Auf diese Art soll übrigens auch der Tee nach Nordeuropa<br />
gekommen sein, doch warten die anderen Inseln mit dem<br />
gleichen Histörchen auf. Bekanntermaßen sind diese Verhältnisse<br />
heutzutage geklärt, da auch kaum mehr Schiffe<br />
kentern. Allenfalls gehen mal Container mit Schuhen oder<br />
Ü-Eiern über Bord, wie vor einigen Jahren vor Langeoog<br />
geschehen, doch war die Bergung dieses Strandguts ja ein<br />
Event, der alle Beteiligten eher belustigte.<br />
28<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reise
Hingegen sind die herbst- und winterlichen Sturmfluten,<br />
heute „Blanker Hans“ genannt, nach wie vor Bedrohungen,<br />
die insbesondere auch auf den ostfriesischen Inseln ernst genommen<br />
werden. Wobei Norderney seine Peripherien heute<br />
so stabil wie möglich gesichert hat und die Insel allein von<br />
ihrer Geografie her nicht so fragil ist wie Juist beispielsweise.<br />
Norderney – Synonym <strong>für</strong> attraktiven<br />
und exklusiven Urlaub<br />
Norderney, das sind 15 Kilometer Sandstrand im Norden,<br />
aufgeteilt in fünf verschiedene Bereiche mit allen Möglichkeiten<br />
individuell zu entspannen, sogar beim FKK. Die<br />
gesamte Osthälfte Norderneys sowie das südlich der Insel<br />
angrenzende Wattenmeer gehören zum Nationalpark „Niedersächsisches<br />
Wattenmeer“. Und die im westlichen Teil gelegene,<br />
gleichnamige Stadt ist tatsächlich eine Stadt, womit<br />
Norderney sich von den anderen ostfriesischen Inseln unterscheidet.<br />
Auch weil hier Autos unterwegs sind und überhaupt:<br />
Norderney ist exklusiv und in seinem historischen<br />
Kern noch immer mondän. Das ist seit 1851 so, seit König<br />
Georg V. von Hannover die Insel zu seiner Sommerresidenz<br />
erkor und damit den Bekanntheitsgrad des „Königlichen<br />
Seebades“ deutlich steigerte. Ab dann nämlich konnte man<br />
es sich in gewissen Kreisen nicht mehr erlauben, nicht auch<br />
Gast auf Norderney gewesen zu sein. Zu der Zeit war die<br />
Gastfreundschaft der Insel schon gediehen, verglichen mit<br />
den Anfängen ab dem 1. Mai 1800, als das Seebad offiziell<br />
eröffnet worden war und die 250 Kurgäste wegen fehlender<br />
Unterkünfte in mitgebrachten Zelten residieren mussten.<br />
Doch hatten die Insulaner bald herausgefunden, dass das<br />
Vermieten von Zimmern in ihren Wohnhäusern sehr lukrativ<br />
war. Schnell wurden kleine, überdachte Veranden als „Frühstückszimmer“<br />
angebaut und so die Gästekultur um eine bedeutende<br />
Finesse bereichert.<br />
1820 dann war die Spielbank eröffnet worden und Norderney<br />
endgültig „The place to be“! Mit der Folge, dass es 20 Jahre<br />
später schon doppelt so viele Häuser wie zuvor gab, mit<br />
etwa 1.200 Einwohnern, aber Beherbergungsplatz <strong>für</strong> mehr<br />
als 2.600 Badegäste. Das war exorbitant, denn noch wenige<br />
Jahre zuvor hatten eine Kontinentalsperre und die Besatzung<br />
durch französische Soldaten da<strong>für</strong> gesorgt, dass der<br />
Bäderbetrieb in den Jahren 1806-13 quasi nicht mehr existierte.<br />
Das war umso fataler <strong>für</strong> die Norderneyer, als dass man<br />
sich nahezu komplett auf die Einkommen aus der Kurszene<br />
eingestellt und die traditionellen Berufe wie das Fischen<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reise<br />
29
zum Beispiel abgeschafft hatte. Mitsamt Ausrüstungen und<br />
Booten. Doch dann, nach den „sieben schlechten Jahren“<br />
wurde die Insel im Zuge des Wiener Kongresses Besitztum<br />
des Königreichs Hannover und der Badebetrieb florierte erneut.<br />
Nicht zuletzt auch, weil die touristische Infrastruktur<br />
den Anforderungen angepasst worden war – mit der Errichtung<br />
des Warmbadehauses und einem Kurpark, wo es sich<br />
auf den Wegen vortrefflich wandeln und auf den Bänken im<br />
Schatten der Baumkronen sitzend feinst parlieren ließ.<br />
Die haute volée hatte ihre Bühne gefunden: Norderney!<br />
Hier musste man sein, hier musste man gesehen werden. In<br />
den Arkaden des Conversationshauses, in den bezaubernden<br />
Cafés und Teehäusern, auf den Veranden und Balkonen<br />
der Gästehäuser und Hotels. Heinrich Heine, der dieses Lebensgefühl<br />
schon 1826 in die treffenden Worte fasste:<br />
„Das Seefahren hat <strong>für</strong> diese Menschen einen großen<br />
Reiz; und dennoch, glaube ich, daheim ist ihnen allen am<br />
wohlsten zumute. Sind sie auch auf ihren Schiffen sogar<br />
nach jenen südlichen Ländern gekommen, wo die Sonne<br />
blühender und der Mond romantischer leuchtet, so können<br />
doch alle Blumen dort nicht den Leck ihres Herzens<br />
stopfen, und mitten in der duftigen Heimat des Frühlings<br />
sehnen sie sich wieder zurück nach ihrer Sandinsel, nach<br />
ihren kleinen Hütten, nach dem flackernden Herde, wo<br />
die Ihrigen, wohlverwahrt in wollenen Jacken, herumkauern,<br />
und einen Tee trinken, der sich von gekochtem<br />
Seewasser nur durch den Namen unterscheidet, und eine<br />
Sprache schwatzen, wovon kaum begreiflich scheint, wie<br />
es ihnen selber möglich ist, sie zu verstehen.“<br />
Heinrich Heine: Die Nordsee – Dritte Abteilung von 1826<br />
oder General Blücher, der Herzog von Cumberland, Fürst<br />
Bernhard von Bülow, Felix Graf von Luckner oder Gustav<br />
Stresemann. Clara und Robert Schumann, Wilhelm von<br />
Humboldt oder Theodor Fontane und Felix Nussbaum.<br />
Später dann – wenn wir schon einmal beim „name dropping“<br />
sind – kamen Willy Brandt, Karl Carstens oder Walter<br />
Scheel und so weiter und so weiter. Guido Cantz nicht<br />
zu vergessen und zahlreiche andere TV-Größen…<br />
Weltberühmt wurde Norderney dann Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts, als jährlich mehr als 40.000 Gäste gezählt<br />
wurden. Eine Zahl, die umso bemerkenswerter ist, als<br />
dass der Bäderbetrieb während der beiden Weltkriege<br />
erneut zum Stillstand gekommen und die Kureinrichtungen<br />
aufgrund von umfassenden Renovierungen erst<br />
ab 1952 wieder genutzt werden konnten. Sieben Jahre<br />
später aber verbrachten schon 100.000 Gäste ihren Urlaub<br />
auf Norderney und als das 200-jährige Jubiläum des<br />
Seebades am 1. Mai 1997 gefeiert wurde, geschah das mit<br />
260.000 Gästen.<br />
Diese Affinität zu „La Norderney“, der Diva im Ensemble<br />
der sieben ostfriesischen Inseln basiert nicht zuletzt auf<br />
der Vielfalt dieses „Gesamtpakets“. Das <strong>für</strong> jeden Gast das<br />
spezielle Urlaubserleben vorhält in einem unverwechselbaren<br />
Rahmen von majestätischer Natur, kreativen<br />
Konzepten <strong>für</strong> Gesundheit, Fitness und Balance, einer abwechslungsreichen<br />
Palette unterschiedlichster Kulinaria,<br />
kultureller Vielfalt, moderner Lebensart und Shoppingvergnügen<br />
auf jedem Niveau. All das ist geprägt von einem<br />
offenen, entspannten Miteinander, von Großzügigkeit<br />
und hervorragender Gastfreundschaft.<br />
Das ist Lifestyle und daran partizipieren die Gäste<br />
schon auf dem Weg zur Insel, der während des Sommers<br />
im Stundentakt und in hochmodernen Fähren zurückgelegt<br />
wird. Mit dem Auto, wenn man will, ansonsten<br />
steigt man um aufs Fahrrad, und Busse und Taxen fahren<br />
zudem regelmäßig umher. Wobei per pedes, gerade im<br />
historischen Teil der Stadt Norderney die attraktivste Art<br />
der Fortbewegung ist. Allein, um nur ja nichts zu verpassen.<br />
Auf Norderney wird jeder nach seiner Fasson glücklich<br />
und dass alle Facetten dieser Ansprüche einerseits<br />
erhalten, aber gleichzeitig mit dem Zeitgeist entwickelt<br />
werden, da<strong>für</strong> sind auf politischer Ebene Bürgermeister<br />
und Rat zuständig. Sie sind die Garanten der Zukunft<br />
Norderneys. Alles andere entwickelt sich aus der Tradition<br />
heraus. Und die ist typisch Norderney´sch, stabil und<br />
weltoffen, faszinierend, vielfältig und individuell – wie´s<br />
jedem einzelnen gefällt.<br />
30 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reise
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REPORTAGE<br />
KONZENTRATION<br />
STATT WEIN UND KÄSE<br />
Boule kann süchtig machen. Pétanque auch.<br />
Text // Sandra Nowak<br />
Schweinchen flieg! Mit dem Wurf der kleinen Kugel,<br />
Schweinchen oder Sau genannt, beginnt das Spiel.<br />
Dann müssen die Mannschaften oder Einzelspielerinnen<br />
und -spieler ihre Kugeln so dicht wie möglich an diesem<br />
Schweinchen platzieren. Bei einem Mindestabstand von<br />
sechs Metern und einer Kugel in der Hand, die kaum größer<br />
als ein Tennisball, aber deutlich schwerer ist, kann man das<br />
leicht unterschätzen.<br />
Der zweitbeliebteste Sport unseres Nachbarlandes<br />
Frankreich, Boule, findet auch hierzulande eine wachsende<br />
Fangemeinde. Mit etwas Geschick kann man sogar schnell<br />
auf höhere Ebenen, Bezirks- und Landesebene oder sogar<br />
Bundesliga aufsteigen und damit an internationalen Wettkämpfen<br />
teil-nehmen. Die Konkurrenz ist in Deutschland<br />
noch überschaubar und damit läuft die sportliche Kar-riere<br />
steil. Gibt es in Frankreich sogar einen eigenen Fernsehsender<br />
<strong>für</strong> Boule und richtige Boule-Profisportler, muss man in<br />
Deutschland noch um Nachwuchs und <strong>für</strong> weitere Plätze<br />
werben. Dabei ist es so eine wunderbare Freizeitbeschäftigung.<br />
Man braucht nicht viel da<strong>für</strong>, um loszulegen. Drei metallene<br />
Boulekugeln, das Schweinchen und einen Platz, drei<br />
Meter mal zwölf, die internationale Norm verlangt vier mal<br />
fünfzehn Meter. Ideal ist eine ebene Bahn, damit sich keine<br />
Pfützen bilden.<br />
Andererseits sind Wurzeln von angrenzenden Bäumen<br />
oder auch kleine Schrägen zumindest <strong>für</strong> Übungsplätze im<br />
Park durchaus erwünscht. „Das erhöht doch den Reiz und<br />
die Anforderungen an das Spiel,“ sind sich am Boulodrome<br />
im Krandel alle einig. Besondere Kleidung braucht es nicht.<br />
Der Witterung entsprechend und bequem muss es sein,<br />
schließlich soll man sich wohlfühlen. Das ist am ersten Freitag<br />
im November schon etwas Auslegungssache, das mit<br />
dem Wohlfühlen. Die Luft ist klamm, die Temperaturen nagen<br />
gerade an der Zehn-Grad-Grenze und das Licht ist schon<br />
nachmittags um 15.00 Uhr dürftig. Das tut den Wildeshauser<br />
Boulespielerinnen und -spielern im Krandel keinen Abbruch.<br />
32 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Probespielen<br />
Gabriele Teichmann ist erste Vorsitzende des<br />
„Wilde Boule Pétanque Club Wildeshausen“ und<br />
hat <strong>für</strong> Gäste einen Satz Spielkugeln parat, drückt<br />
sie in die Hand und dann geht es auch schon los.<br />
Oh-ne viel Erklärung. Learning by doing ist angesagt.<br />
Ob das Boulespiel nun Sport ist oder Freizeitbe-schäftigung,<br />
beantwortet Gabriele Teichmann<br />
so: „Wir spielen hier heute Boule. Es geht um<br />
nichts, wir dürfen auch reden und entspannen uns<br />
beim Spiel.“ Diejenigen, die es ernsthafter betreiben,<br />
spielen in der Mannschaft und nehmen an<br />
Turnieren teil. Sie nennen es „Pétanque“. Von wegen<br />
„Vin Rouge, Baguette et Camembert“.<br />
Man merkt es beim Ausprobieren sofort, ohne<br />
Konzentration kommt kein brauchbarer „Wurf“<br />
zu-stande. Gabriele zeigt mit dem Fuß, wo die Kugel<br />
idealerweise hin soll. Das ist extrem hilfreich:<br />
Den Punkt fokussieren, Konzentration und… zack!<br />
Zu weit. „Nicht so wild“, lautet der Kommentar.<br />
Nächster Versuch. Das Handgelenk locker, die<br />
Kugel in der Hand eingerollt, Konzentration und<br />
dann schwupp… verkümmert. Der dritte Versuch<br />
wird deutlich besser. Ein Winner! Direkt an der kleinen<br />
Kugel geparkt. „Anfängerglück“, tönt es von<br />
der vierköpfigen Truppe auf dem Nachbar-platz.<br />
Pah, Naturtalent, so sieht´s aus.<br />
Das Spiel aus Südfrankreich bereitet Jung und<br />
Alt große Freude! Körperliche Einschränkungen<br />
können kaum als Ausrede herhalten. Selbst <strong>für</strong> das<br />
Aufheben der Kugel kann man sich einen an einem<br />
Seil befestigten Magneten besorgen. Klack, schon<br />
ist die Kugel am Seil und kann hochgeho-ben werden,<br />
ohne Bücken. Absolut gelenkschonend und<br />
sanft.<br />
Jeder ist im Verein „Wilde Boule Pétanque Club<br />
Wildeshausen“ herzlich willkommen. Und dass ein<br />
Probespiel oder auch zwei immer möglich sind,<br />
das betont die Vereinsvorsitzende Teichmann ausdrücklich.<br />
Rosa sucht das<br />
Regenbogenland<br />
Schon der Anblick dieses<br />
rosaroten Nilpferds<br />
auf dem Cover des Bilderbuchs,<br />
wie es quietschvergnügt<br />
lacht und mit keck aufgestellten Ohren fröhlich grüßt – da<br />
kann es gar nicht anders sein, als dass dieses niedliche Nilpferdmädchen<br />
gerade eine ganz wunderbare Zeit erlebt! Auf seinem Weg durch<br />
Afrika, weg von dort, wo es herkommt, denn da sind alle Nilpferde<br />
grau. So, wie sie nun mal sind. Normalerweise. Rosa aber ist anders<br />
und im Dschungel ist dies echt unpraktisch, weil Löwen, Leoparden<br />
und anderes Raubgetier Rosa schon von weitem sehen. Und was dann<br />
passieren kann, darüber wollen wir erst gar nicht nachdenken.<br />
So anders zu sein ist nicht nur <strong>für</strong> Rosa supertraurig, sondern auch <strong>für</strong><br />
die Nilpferdeltern, denn sie wollen ja, dass ihr kleines Mädchen glücklich<br />
ist, und dass ihr nichts passiert. Also darf Rosa nur im Dunkeln unterwegs<br />
sein… Wie doof und wie langweilig! Bis eines Tages, nein,<br />
eines Nachts natürlich, als sie gerade am Fluss ist, sie dort auf ein anderes<br />
Nilpferd trifft. Auf einen Nilpferdjungen! Aber der ist ja lilafarben<br />
von oben bis unten – überall! Und heißt natürlich Lilian. Auch er<br />
ist es gewohnt, möglichst unsichtbar zu bleiben und auch er versteht<br />
nicht, warum dieses „Anderssein“ <strong>für</strong> alle um ihn herum so aufsehenerregend<br />
ist. Schließlich ist es nur die Farbe, die ihn unterscheidet. Und<br />
Rosa, obwohl auch sie ja anders aussieht als er…<br />
Komisch diese Welt, wo alle so tun, als wollten sie unbedingt gleich<br />
sein. Wie mühsam und wie phantasielos! Rosa und Lilian haben es satt,<br />
also machen sie sich auf die Suche nach einem Ort, wo alle so sein können<br />
wie sie sind und sein wollen: Ins Regenbogenland! Den Weg dorthin<br />
weist ein wunderschöner, bunter Regenbogen und weil er sich<br />
weithin spannt, über Dschungel und Savanne, begegnen Rosa und Lilian<br />
natürlich auch den anderen Tieren darin. Manche von ihnen sind<br />
auch bunt, andere nicht, aber alle ganz neugierig auf das Land, wo alle<br />
glücklich und friedlich zusammenleben.<br />
Also kommen immer mehr Tiere dort zusammen, bunte und die mit<br />
ihrer „normalen“ Hautfarbe. So viele, dass der Platz bald zu eng sein<br />
wird und Regenbogenbotschafter sich aufmachen, an anderen Orten<br />
dieser Welt weitere Regenbogenländer zu gründen…<br />
Man kann nur hoffen, dass Sonja D. Stern, als Erzählerin dieser bezaubernden<br />
Geschichte und Beatrice Leeb, die Illustratorin / Schöpferin<br />
der gleichsam bezaubernden Tierfiguren und Landschaftsszenerien<br />
uns auch an diesen Ereignissen teilhaben lassen. Mit ihrer Kunst Kindern,<br />
auch im jungen Alter, die Welt als jenen Ort darzustellen, den<br />
wir uns alle wünschen, der so sein kann und der er hoffentlich bald<br />
ist: Eine Welt, frei von Vorurteilen, mit Platz <strong>für</strong> jede und jeden, egal als<br />
was man geboren ist und bleibt, egal wie man aussieht und egal, wie<br />
man leben will, in Frieden. Denn das ist Freiheit.<br />
usch<br />
Sonja D. Stern und Beatrice Leeb: Rosa sucht das Regenbogenland.<br />
Wortweit Verlag. ISBN 978-3-903326-08-8. Euro 18,50<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Buchtipp<br />
33
PORTRAIT<br />
Gut älter werden – dazu ist es nie zu spät<br />
VERSPROCHEN!<br />
Text // Ulla Schmitz<br />
Auch denen, die an Lebensjahren erst ein übersichtliches Konto aufweisen, denn Sie<br />
wissen ja: Mit dem guten Leben kann man nicht früh genug beginnen…<br />
Erwarten Sie jetzt bitte keinen Leitfaden da<strong>für</strong>, wie man<br />
sich das Älterwerden so richtig krass auffällig, auf jugendlich<br />
getrimmt einrichten kann. Und auch nicht<br />
da<strong>für</strong> sich einzusalben, um fortan auf dem restaurierten<br />
Motorbike in den Sonnuntergang fahren zu können. Nein,<br />
denn es geht auch weniger weltfremd, weniger aufwändig,<br />
da<strong>für</strong> jedoch nachhaltig <strong>für</strong> sich selbst. Rundum zufrieden,<br />
vergnügt und unternehmenslustig Tag und Nacht – weil gesund!<br />
Das aber, liebe Leserinnen und Leser, das kann nur das<br />
Ergebnis einer sportlichen Betätigung sein, da gibt es kein<br />
Schlawenzeln. Denn immerhin müssen die Couch-Kartoffeln<br />
ihre komplette, nicht selten mächtige Figur aus der dahingesunkenen<br />
Position hochbekommen, mitsamt der Einstellung<br />
dazu. Die sie ja eigentlich nicht mehr abrufen wollten,<br />
sind sie doch gemütlich schon älter geworden. Noch nicht<br />
alt – wobei das aber das Ziel ist. Und genau hier wird das<br />
klar, was wir alle wissen, weil es gesund ist und somit logisch:<br />
Kein Sport ist auch keine Lösung!<br />
Nein, nein, blättern Sie sich nicht weg von diesem Beitrag,<br />
denn noch wurden die nicht ins sprichwörtliche Boot geholt,<br />
die sportlich sind, möglicherweise sogar Zeit ihres Lebens,<br />
denen die Eintönigkeit der ständig gleichen Prozedur ihrer<br />
Sportart aber auf die Nerven geht.<br />
So erging es mir, als ich von Kerstin Friedrich hörte. Ich:<br />
nicht mehr jung im biologischen Kontext, aber fit und „noch<br />
immer frisch“, wie meine kleine Enkelin mir versichert hatte.<br />
Gut in Schuss also, doch unfassbar gelangweilt vom<br />
34 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait
täglichen Joggen oder Rennen, und Nordic Walking hatte<br />
ich auch schon versucht. Um der Prozedur Abwechslung zu<br />
verschaffen und dann auch wieder die schon lange vermissten<br />
Dopaminchen und meinetwegen auch einen Schwung<br />
Serotonine verspüren zu können. Glückshormone, hach!<br />
Nichts tat sich mehr aus dieser Richtung, außer, dass sich das<br />
Sofa als wunderbare Ruhestätte herausstellte! Getreu dem<br />
Schnack, dass man nun schon so alt geworden ist, da könne<br />
man sich <strong>für</strong> die letzten Jahre getrost Ruhe gönnen. Und<br />
„patsch“ saß ich in der Falle.<br />
Kerstin Friedrich nickt lachend, denn an dem Punkt hatte<br />
auch sie sich befunden. Wobei sie sich dann, im Gegensatz<br />
zu mir und anderer desillusionierter Bewegungsmuffel Gedanken<br />
über ihren Zustand gemacht hatte. Darüber, wie sie<br />
die „Restlaufzeit“ ihres über 60-jährigen Lebens selbstbestimmt<br />
und fröhlich verbringen wollte. Dass ihr das einfacher<br />
fiel als beispielsweise mir, ist vorbildlich im wahrsten Sinne<br />
des Wortes, denn ihr Buch „Kein Sport ist auch keine Lösung“<br />
entstammt dieser Situation und ist so etwas wie eine „Bibel<strong>für</strong>´s-fröhlich-weil-gesund-älter-und-alt-werden“.<br />
Dr. Kerstin Friedrich ist Strategieberaterin <strong>für</strong> Wirtschaftsunternehmen<br />
und dabei führende Expertin <strong>für</strong> die Erarbeitung<br />
von Entwicklungs-Tools zur Förderung von Kreativität<br />
und Engagement innerhalb der jeweiligen Teams. Diese Methoden<br />
beispielsweise, die den betreffenden Branchen und<br />
Metiers unter dem Begriff „EKS“, „Visioning“ oder „Scoreboarding“<br />
bekannt sind – sie sind an dieser Stelle nicht weiter erwähnenswert,<br />
weil wir, bezogen auf das Thema „Sport kennt<br />
kein Alter“ am Abstraktionsvermögen von Kerstin Friedrich<br />
partizipieren. Aufgrund dessen es ihr nahe lag, die strategischen<br />
Kernfragen zur ganzheitlichen Unternehmensführung<br />
auch auf der sportiven Schiene anzuwenden.<br />
Mit dem Ergebnis dieses Buches, das im Titel die Erkenntnis<br />
trägt „Kein Sport ist auch keine Lösung“ und im Inhalt<br />
Begründungen <strong>für</strong> jeden Typus Mensch, <strong>für</strong> jede prä- und<br />
finalsportive Gelegenheit und den daraus zu ziehenden Erkenntnissen<br />
präsentiert. Das Ganze in einer anschaulichen,<br />
humorvollen und unterhaltenden Sprache. Mit Beispielen<br />
auch namhafter Protagonisten auf der Suche nach dem<br />
„Konzept <strong>für</strong> Veränderung“; mit Rezepten, Anleitungen, Mutmachern<br />
und immer wieder neuen Erläuterungen und Exempeln<br />
– alles wirklichkeitsecht, aus dem Alltag Jedermanns<br />
und Jederfraus. Mit dem Ziel, zukünftig aus der Position der<br />
individuellen Stärke heraus richtig gut leben zu können.<br />
Es geht um uns<br />
Ein Bild, das sich im Bezug auf „Bewegung gleich Sport<br />
gleich Gesundheit“ weder alternativ noch abgeschwächt<br />
darstellen lässt. Denn ES GEHT UM UNS! Um Sie, um Sie –<br />
um alle, die biologisch nicht mehr jung sind und auch dazu<br />
stehen. Die Übergewicht haben, und von den zu vielen Kilos<br />
bedrückt sind – im doppelten Sinn. Es geht um Selbstverantwortung,<br />
als Konsequenz aus der Erkenntnis, dass wir mit<br />
diesem Thema alleine dastehen. Zu Zeiten, in denen Pflegenotstand<br />
zum Alltag gehört und in einer jugendhörigen Gesellschaft,<br />
die sich scheinbar darauf geeinigt hat, dass die Alten<br />
logischerweise abbauen und man ihnen schon deshalb<br />
weder eine tatkräftige noch kuratierende Unterstützung<br />
zukommen lassen muss. Keine adäquate, denn den irren<br />
Tanz um das goldene Kalb des Jugendwahns mitzumachen –<br />
eben das haben wir nicht nötig.<br />
„In diesem Kontext findet eine Art gesellschaftlicher Programmierung<br />
statt,“ konstatiert Kerstin Friedrich, die vor ein<br />
paar Jahren selbst vor dem Dilemma „Älterwerden = abbauen<br />
= ausgesondert an den Rand der Gesellschaft“ stand. Nur,<br />
dass die international erfolgreiche Strategieberaterin diese<br />
automatische Einordnung als absurd deklassierte, als zynisch<br />
und nicht nachvollziehbar obendrein. Denn mit 60+ klapprig,<br />
gehirnlahm und auch körperlich träge zu sein – warum<br />
das denn? Als einzige Alternative zum fragwürdigen „Macher-Image“<br />
und den „For-ever-young“-Quälereien? Ja, die<br />
Kondition lässt nach, wenn, ja wenn sie nicht gefordert wird.<br />
Gleichzeitig bauen die Muskeln ab, das bisschen Bauchfett<br />
dehnt sich auch in alle anderen Bereiche des Körpers aus,<br />
plötzlich schmerzen die überbelasteten Gelenke, das Herz<br />
überschlägt sich im angestammten Rhythmus und die Lungen<br />
pfeifen beim Atemholen lauter als die Luft aus einem<br />
kaputten Reifen entweicht.<br />
Die alles entscheidende Frage:<br />
Wie will ich jetzt und in Zukunft leben?<br />
Wohlgemerkt, wir sprechen hier nicht davon, dass wir superschlank<br />
sein sollen, denn „aus gesundheitlicher Sicht ist<br />
der Schlankheitswahn unsinnig“, sagt Kerstin Friedrich und<br />
weiß ebenso, dass „übergewichtige Sportler gesünder leben<br />
als magersüchtige Couchpotatoes“. Weil „nicht die Menge an<br />
Körperfett ausschlaggebend ist, sondern dessen Verteilung<br />
im Körper.“ Mit dem Ergebnis eines profunden Beitrags zur<br />
Gesundheit, innen und außen von Kopf bis Fuß, eigenverantwortlich<br />
und selbstbewusst und das sogar, wenn man sich<br />
schon „ergeben“ hatte.<br />
Sprich, wenn man sich bereits im XXL- oder im Senioren-Modus<br />
befindet. „Selbst schwer bewegliche oder über<br />
70-jährige und noch ältere Menschen können mit gezieltem<br />
Muskeltraining ihren schnell sich ausbreitenden Verfallsprozess<br />
in die Schranken weisen, auf unkomplizierte, gesunde<br />
Weise, die sogar in der Gruppe Spaß macht“, weiß Kerstin<br />
Friedrich aufgrund von zahlreichen Studien und eigenen<br />
Beobachtungen, nicht zuletzt auch in Reha-Situationen, die<br />
sich mit gezielten Muskelaufbau-, Gleichgewichtssinn- und<br />
Ruhetherapien wesentlich verbessern und beschleunigen<br />
lassen.<br />
Dabei und <strong>für</strong> alles, was in Sportlichkeiten münden wird,<br />
gilt das Grundprinzip, nach dem Bänder und Gelenke sich<br />
erst einmal der zunächst noch ungewohnten Belastung<br />
anpassen müssen. Da<strong>für</strong> brauchen wir fachgerechte Anleitungen<br />
sowie die Hilfe anderer, denn „der Mensch ist ein<br />
Sozialwesen durch und durch, das sich nur in Gemeinschaft<br />
entwickeln kann“, konstatiert Kerstin Friedrich und verweist<br />
auf die Evolution, in der die Spezies Mensch nur in der Gemeinschaft<br />
überleben konnte. Heute lassen sich diese Er-<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait<br />
35
kenntnisse in Beispielen zum Ausdruck bringen, etwa, dass<br />
verlorene Motivationen durch Gespräche mit Trainern oder<br />
Sportkumpeln einen neuen Stellenwert erhalten; einhergehend<br />
mit der Erkenntnis, dass Arbeitsüberlastung keinen<br />
Ausgleich im bewegungslosen Sitzen vor dem TV findet oder<br />
der grundfalschen Einstellung, dass Kartenspielen ja irgendwie<br />
auch ein Sport ist – mit dem Ziel, die Vision des guten<br />
Lebens wieder abrufen zu können. Lamoryanzen bringen<br />
einen umweglos an den Rollator!<br />
Der Plan: Ausstieg aus der Altersspirale<br />
Kerstin Friedrich selbst hat sich aus Vernunftgründen <strong>für</strong><br />
das Krafttraining entschieden und aus reiner Lebenslust<br />
<strong>für</strong> das Fahren mit dem Gravelbike. Wobei das ja kein reines<br />
Fahrradfahren ist, sondern eine Auseinandersetzung mit sich<br />
selbst, über das Bike. Die nur mit Balancegefühl, Muskelkraft<br />
und Ausdauer gelingt – Körperlichkeiten die antrainierbar<br />
sind. Und das gilt <strong>für</strong> alle Sportarten. Womit wir zurück zu<br />
ihrem Buch kommen, in dem alle gesundheits-adäquaten<br />
sportiven Möglichkeiten und Ambitionen aufgeführt sind<br />
und dabei genügend Platz lassen, sich <strong>für</strong> den individuell<br />
besten, also angenehmsten Sport entscheiden zu können.<br />
Das bedeutet nicht und gar nicht, dass man sich so wie<br />
Kerstin Friedrich hin zum Triathlon entwickelt, doch zu körperlichen<br />
Grenzüberschreitungen hier und da auf jeden<br />
Fall. Weil auch diese Herausforderungen Spaß machen, weil<br />
man sich selbst wieder fühlt; bemerkt, was man noch in Beine<br />
und Arme bringt und wie dieser Schwung auf die Dauer<br />
gesünder und gesund macht. Ja, und im Moment auch Lust<br />
hervorruft. Auf das, was wir gerade erreicht haben, wie extrem<br />
gut wir uns dabei fühlen und wie sich wohl der nächste<br />
Schritt anfühlt. Bis wohin? An irgendwelche Grenzen? Welche<br />
Grenzen denn?<br />
Möglicherweise werden wir Sport nie lieben, doch wir lieben<br />
ja auch unsere Autos nicht, nicht im Sinne von wahrer<br />
Liebe, und sind trotzdem unablässig mit ihnen unterwegs.<br />
Pflegen sie, hüten sie und lassen jeden Schaden sofort reparieren.<br />
Noch Fragen zur eigenen Wellness?<br />
P. S. Was als Portrait über Kerstin Friedrich gedacht war,<br />
hat sich in dieser Geschichte summiert. Eindeutig aufgrund<br />
der Begeisterung darüber, wie diese sympathische, weltoffene<br />
und eloquente Frau den aktiven Ausstieg aus der Altersspirale<br />
im Duktus eines prallen, vergnügten, lebensfreudigen<br />
Daseins darstellt und – vermitteln kann. So dass ich<br />
mich jetzt auf den Crosstrainer verabschiede. Wo ich zwar<br />
heute Morgen schon ein Pensum erledigt habe, doch wie<br />
ist das mit den eigenen Grenzen und den wieder erwachten<br />
Glückshormonen?<br />
Der Motivations-Coach in Buchform:<br />
Kerstin Friedrich: Kein Sport ist auch keine Lösung.<br />
Patmos Verlag. ISBN 978-3-8436-1321-7. Euro 20,00<br />
Anmerkung: Greifen Sie bei dem Buch zu, trotz des rosafarbenen<br />
Einbands und der quietsch-pinken Kästen und Überschriften<br />
im Innenteil! Das wird sich ab der zweiten Auflage<br />
ändern. Bis dahin aber bloß nicht warten, denn das „Gut älter<br />
werden“ ist jetzt!<br />
36 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
lieferservice.ecenter.einemann@minden.edeka<br />
Telefon 04431 949433
Foto: djd/v. Kummer/BF17-Kampagne<br />
Früh und sicher in die<br />
Automobilität starten<br />
Mit dem Begleiteten Fahren ab 17 (BF17) können Jugendliche schon früher am<br />
Steuer sitzen und bereits vor der Volljährigkeit Auto fahren. Mit dabei ist stets eine<br />
Begleitperson, bevor es ab 18 Jahren alleine auf die Straße geht. Diese ist nicht<br />
nur Ansprechperson in unbekannten Verkehrssituationen und kann mit Ratschlägen<br />
zur Seite stehen, sondern gibt auch Sicherheit und Unterstützung in der neu<br />
erlangten Automobilität der Jugendlichen. Um pünktlich zum 17. Geburtstag die<br />
Prüfbescheinigung zu erhalten und ein ganzes Jahr begleitet zu fahren, ist eine<br />
frühzeitige Anmeldung in der Fahrschule bereits im Alter von 16 ½ Jahren empfehlenswert.<br />
Die Fahrausbildung ist die gleiche wie bei älteren Personen.<br />
So melden sich die Jugendlichen an<br />
Für die Anmeldung zum BF17 sind ein gültiger Personalausweis, ein biometrisches<br />
Passfoto, die ausgefüllten Antragsformulare und die Unterschriften der<br />
Erziehungsberechtigten notwendig. Die Jugendlichen müssen zudem vorab einen<br />
Sehtest sowie einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren und die entsprechenden<br />
Nachweise vorlegen. Auch Begleitpersonen sollten sich frühzeitig mit dem Thema<br />
befassen, da es einige Kriterien zu erfüllen gibt: Begleiten darf, wer über 30<br />
Jahre alt ist, seit mindestens fünf Jahren den Führerschein besitzt und nicht mehr<br />
als einen Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg hat. Tipps zum Begleiteten<br />
Fahren gibt es unter www.bf17.de, einer Seite des Deutschen Verkehrssicherheitsrates<br />
(DVR) und der Deutschen Verkehrswacht (DVW), sowie auf Facebook und<br />
Instagram. Das Projekt wird vom Bundesministerium <strong>für</strong> Verkehr und digitale Infrastruktur<br />
(BMVI) gefördert.<br />
BF17 hat viele Vorteile<br />
Nach der Fahrschulzeit sammeln BF17 Fahranfängerinnen und Fahranfänger bis<br />
zu einem Jahr lang in Anwesenheit ihrer Begleitpersonen Erfahrungen im Straßenverkehr.<br />
Studien belegen, dass Teenager, die am Programm teilgenommen haben,<br />
im ersten Jahr des Fahrens ohne Begleitung rund 20 Prozent seltener an Unfällen<br />
beteiligt sind als Gleichaltrige, die unmittelbar nach der Fahrschule auf sich allein<br />
gestellt waren. Auch mit Blick auf die Kfz Versicherungsbeiträge wirkt sich das Begleitete<br />
Fahren ab 17 häufig positiv aus, wenn später ein eigenes Auto versichert<br />
oder das Fahrzeug der Eltern weiter mitbenutzt werden soll. Viele Versicherungen<br />
unterscheiden sich darin, ob bei der Nutzung <strong>für</strong> das Begleitete Fahren ab 17 die<br />
Beiträge gleichbleiben oder sich erhöhen. Ist BF17 in der Familie geplant, kann<br />
eine frühzeitige Nachfrage bei der eigenen Kfz-Versicherung sinnvoll sein. djd<br />
38<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
REPORTAGE<br />
Brainstorming im Team – Arbeiten kann Spaß machen!<br />
die einfache botschaft des kleingeschriebenen<br />
…;#*! und andere Geschichten<br />
Text // Beate Deeken<br />
Für team;iken läuft es auch in Zeiten von Corona und Lieferschwierigkeiten<br />
gut. Dabei scheint das Erfolgskonzept der<br />
Werbeagentur in Wildeshausen so einfach wie besonders.<br />
Geschäftsführer Stefan Iken formuliert es so: „Wir denken<br />
nicht in Logos, nicht in Websites, nicht in Broschüren – sondern<br />
in Marken.“ Für deren Kund*innen geht es um Sichtbarkeit<br />
und Unverwechselbarkeit. Das macht den Erfolg aus.<br />
team;iken, das sind die mit dem Semikolon im Namen<br />
und der konsequenten Kleinschreibung. Mit der Kleinschreibung<br />
nehmen sie sich selbst zurück, weil nur die Botschaft<br />
zählt. Und die ist möglichst einfach. Die Kleinschreibung von<br />
Substantiven, Nomen und Satzanfängen verstößt gegen<br />
Konventionen. Das fällt auf. So soll es sein. Und natürlich ist<br />
der Name nicht nur ein Name. team;iken ist eine Marke. Das<br />
Semikolon steht <strong>für</strong> einen Neuanfang, <strong>für</strong> neue Ideen. Wie<br />
wichtig starke Marken sind, zeigt sich in alltäglichen Entscheidungen,<br />
z.B. beim Einkaufen. Marken sind ein Versprechen.<br />
Eine Garantie. Sie geben Sicherheit und vereinfachen<br />
Kaufentscheidungen. Wie anspruchsvoll die Entwicklung<br />
von starken Marken ist, kann gut nachvollziehen, wer selbst<br />
schon einmal daran gescheitert ist.<br />
Reicht das schon <strong>für</strong> den Erfolg? Kleinschreibung, ein Semikolon<br />
und gute Ideen? Mitnichten. Große Triebfeder ist die<br />
Dynamik im Team. Und die Philosophie der Werbeagentur.<br />
Wer zu team;iken gehört, liebt, was er oder sie tut. Das zeigt<br />
sich in jedem einzelnen Auftrag. Immer die besten Ideen,<br />
die beste Lösung <strong>für</strong> die Kund*innen finden – das geht nur<br />
mit der Kombination aus Leidenschaft, Disziplin und Können.<br />
Zudem bekommt team;iken seine Aufträge konsequent<br />
ohne Pitches (einer wettbewerbsartigen Bewerbung um<br />
einen Werbeauftrag), pfeift auf Awards und erwirtschaftet<br />
Erfolg nicht mit Dumpingpreisen auf Kosten von Qualität<br />
und zu Lasten von Mitarbeitenden. Sie wollen, dass Kund*innen<br />
zu Lieblingskund*innen werden und arbeiten hart da<strong>für</strong>.<br />
Die Arbeit beginnt mit der Analyse des/der Kund*innen,<br />
ihrer Produkte oder Dienstleistungen, Zielgruppen und der<br />
Unternehmenswerte. In gemeinsamen Workshops, oder<br />
der kürzeren Variante, den Kick-Off-Meetings, mit den Geschäftsführenden<br />
beziehungsweise <strong>für</strong> die Kommunikation<br />
Verantwortlichen, entsteht ein Verständnis <strong>für</strong> den Markt<br />
und welche Rolle der/die Kund*in gerade darin spielt. Die<br />
Antworten auf Fragen wie: „Was macht das Unternehmen zu<br />
etwas Besonderem?“ oder „Wo soll es in fünf Jahren stehen?“<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
39
Schriftzüge in Handarbeit – echte Handwerkskunst<br />
Firmengründer Bernhard Iken im Flow<br />
lassen ein Grundgerüst entstehen, auf das die Kommunikation,<br />
das Konzept <strong>für</strong> die Marke aufbaut. Man muss vor allem<br />
die richtigen Fragen stellen. „Es zählt der unerwartete<br />
Beitrag,“ erklärt Stefan Iken. Und meint damit die Kunst, austauschbare<br />
Dienstleistungen und Produkte emotional aufzuladen.<br />
Was überrascht, bleibt in Erinnerung.<br />
Der Startschuss <strong>für</strong> die Erfolgsgeschichte der Agentur<br />
im Stockenkamp in Wildeshausen fiel in einer Zeit, in der<br />
manche sagen würden, da war die Welt noch in Ordnung.<br />
Vater Bernhard Iken gründete 1960 eine Schilderwerkstatt.<br />
Tagelang wurden mit Pinsel und Schablonen Schriftzüge <strong>für</strong><br />
Firmenfahrzeuge entworfen und gemalt. Die Wünsche der<br />
Kund*innen trieben schon damals die Weiterentwicklung<br />
des Angebots voran.<br />
Mit der Zeit bringt Sohn Stefan, der nach seiner Ausbildung<br />
zunächst viel Erfahrung als Mediengestalter in Agenturen<br />
quer durch die ganze Republik sammelt, seine Handschrift<br />
in der väterlichen Werkstatt ein. Wo einst Farbtöpfe<br />
und Pinsel zum Einsatz kamen, hält moderne Computertechnologie<br />
Einzug. Heute werden in der einstigen Schilderwerkstatt<br />
neben Fahrzeugen alle nur denkbaren Produkte mit<br />
Firmenlogos und Schriftzügen versehen, Plakate gedruckt<br />
und großflächige Prints auf den unterschiedlichsten Untergründen<br />
angefertigt.<br />
Ausgestattet mit einer sicheren Intuition stellt Stefan Iken<br />
früh die Weichen <strong>für</strong> die Entwicklung von der Werkstatt <strong>für</strong><br />
Reklame zur heutigen Agentur <strong>für</strong> Markenkommunikation.<br />
Bereits 1996 klopft Diplom-Kommunikationsdesigner Andre<br />
Ostendorf bei Iken in Wildeshausen an die Tür. Und bleibt.<br />
Mit ihm als zweiten Geschäftsführer und „kreativen Kopf“<br />
lenken sie fortan gemeinsam die Geschicke der Agentur,<br />
die sich als Allrounder mit vielen Kompetenzen unter einem<br />
Dach von den Mitbewerbern abgrenzt.<br />
Das Jubiläumsjahr 2010 bringt gleich eine ganze Reihe von<br />
Veränderungen. Nach 50jähriger Firmengeschichte steht<br />
der Generationenwechsel ins Haus, ein neues Kapitel wird<br />
aufgeschlagen und die Agentur zu „team;iken“ umgetauft.<br />
Hendrik Breuer wird dritter Geschäftsführer und ergänzt das<br />
Führungsduo zum Trio. Der ehemalige Auszubildende von<br />
team;iken unterstützt das „Haus der Marken“ mit seinem<br />
unternehmerischen Denken und dem Sinn <strong>für</strong> Struktur als<br />
Qualitäts- und Projektmanager. Im gleichen Jahr bezieht die<br />
Agentur den Neubau gegenüber der Werkstatt. Nicht nur im<br />
Silicon Valley weiß man, was wertvolle Mitarbeitende brauchen:<br />
Ein Umfeld, in dem sie sich wohlfühlen – menschlich<br />
und räumlich. Das moderne, mit nachhaltiger Technik ausgestattete<br />
Gebäude bietet 15 Mitarbeitenden Raum. Schon<br />
kurz darauf drängen sich dort zu viele kreative Köpfe. Das<br />
ist der Startschuss <strong>für</strong> den zweiten Standort in der Nachbarstadt<br />
Vechta.<br />
Noch etwas ist wesentlich <strong>für</strong> den Erfolg. Alle im Team<br />
lieben die Region und die Natur. Das verbindet. Darum arbeiten<br />
sie aktiv an einer möglichst nachhaltigen Gestaltung<br />
des Alltags. Bereits seit 2010, als Klimaneutralität noch etwas<br />
<strong>für</strong> Exoten war, beziehen sie klimaneutralen Strom. Geheizt<br />
40<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Das neue Firmengebäude fügt sich harmonisch in das Umfeld ein<br />
wird mit hundert Prozent Erdwärme, statt Wasserflaschen<br />
gibt es Wasserspender und auf den Tisch kommen regionale<br />
Produkte von Wildeshauser Bauern. Mit dem Jobrad1)<br />
werden Touren vor Ort erledigt und wenn es doch ein Auto<br />
sein muss, stehen seit diesem Jahr E-Minis bereit. Zum Tanken<br />
von Mitarbeiter- und Kundenfahrzeugen gingen in diesem<br />
Jahr eigene E-Ladesäulen ans Netz. Die Bienenwiese <strong>für</strong><br />
mehr Artenvielfalt gehört auch zu den Bemühungen um ein<br />
ausgewogeneres Verhältnis zwischen Geben und Nehmen<br />
mit der Natur. Für viele ist team;iken damit vorbildlich. Sie<br />
selbst sehen sich erst am Anfang.<br />
Was so leicht daherkommt, ist harte Arbeit. Kreativarbeit<br />
sei wie Hochleistungssport, sagen Werbeprofis. Hinzu kommen<br />
technologische Herausforderungen. Das betrifft auch<br />
die Kommunikation mit Kunden. Oft können sie nicht ahnen,<br />
welche Komplexität eine neue Webseite, das Herz der<br />
Unternehmenskommunikation im Internet, mit sich bringt.<br />
„Die Branche durchläuft radikale Veränderungen,“ resümiert<br />
Stefan Iken. Die Liste der technischen Innovationen scheint<br />
unendlich, ein Ende ist nicht in Sicht. Berufe verschwinden,<br />
neue entstehen. Nicht nur in der Werbebranche. Aber dort<br />
besonders. Die Druckvorlagenhersteller*innen, Schriftsetzer*innen<br />
und Grafikdesigner*innen von einst heißen heute<br />
Mediengestalter*in oder Kommunikationsdesigner*in. Ihre<br />
Jobs machen sie als Ads-Manager, Digital-Media-Consultant<br />
oder SEO- und Kanal-Manager. Die „digital natives“ - also<br />
jene, die quasi mit Handy und Tablet aufgewachsen sind –<br />
sie können mit der Entwicklung noch Schritt halten. Die Älteren<br />
tun sich damit deutlich schwerer. Das stellt auch Stefan<br />
Iken fest. Mit seinen Qualifikationen zum Handwerksmeister<br />
der Werbetechnik und als staatlich geprüfter Kommunikationsfachmann<br />
konzentriert er sich auf seine Stärken und<br />
übernimmt Aufgaben wie Strategie und Finanzen und liebt<br />
das Handwerk der Grafik. Das Handwerk, davon ist er überzeugt,<br />
wird es trotz aller Digitalisierung immer geben.<br />
Das Werbe-Wissen gibt man in der Agentur als Ausbildungsbetrieb<br />
gerne weiter. Jedes Jahr werden drei Auszubildende<br />
eingestellt – als Mediengestalter*in und Werbetechniker*in.<br />
Die Hälfte des Teams besteht aus ehemaligen<br />
Azubis. Viele bleiben nach der Ausbildung oder kommen<br />
nach dem Studium wieder zurück. Für sie gilt es, auch weiterhin<br />
die Entwicklung im Auge zu behalten.<br />
Moderne Technik statt Pinsel: Die alte Werkstatt nach dem Umbau.<br />
Beschriftungen <strong>für</strong> Fahrzeuge werden hier immer noch gemacht.<br />
1)<br />
„Jobrad“ ist ein Anbieter von Leasing-Fahrrädern, die den Mitarbeitenden<br />
von team;iken als steuerlich vorteilhafter Benefit angeboten<br />
werden.<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
41
REPORTAGE<br />
Nehmen im Lili auf französischen Luxussesseln platz: die Kinoprofis Heinz Rigbers (li) und Michael Prochnow (re)<br />
ERST VERGESSEN – HEUTE GELIEBT<br />
Das Lili Servicekino in Wildeshausen ist eine Oase<br />
<strong>für</strong> Liebhaber*innen besonderer Kinos<br />
Text // Sandra Nowak<br />
Der Wildeshauser Heinz Rigbers ist Kinoprofi seit Kindesbeinen.<br />
Die Großmutter machte Kino, der Onkel ebenso. Und<br />
als Junge verbrachte der kleine Heinz die meiste Zeit nicht<br />
auf dem Fußballplatz, sondern im Kino. Als es <strong>für</strong> Rigbers um<br />
die berufliche Zukunft ging, gab es keine Ausbildung <strong>für</strong> das,<br />
was ihm so vorschwebte. Er wollte „Kino machen“. So ging<br />
er nach Bremen, stellte sich in einem Kino vor und erlernte<br />
das Handwerk des Theaterleiters. Er blieb und war als Theaterleiter<br />
<strong>für</strong> fünf Bremer Kinos zuständig, bis er 2011 Michael<br />
Prochnows Angestellter wurde. Dass das so kam, ist ein bisschen<br />
dem Wildeshauser Gildefest zu verdanken.<br />
Tatsächlich gibt es das Kino Lili in Wildeshausens Huntestraße<br />
bereits seit 1952. Zwischenzeitlich gab es sogar drei<br />
Kinos in Wildeshausen. Und dann, im Jahr 2011, gar keins<br />
mehr. Das heißt, das Gebäude mit dem Kinoraum gab es<br />
noch. Aber keinen Betreiber. Keinen Filmtheaterleiter. Nun<br />
kommt das Gildefest ins Spiel. Als Michael Prochnow und<br />
Heinz Rigbers das Fest feierten, kamen sie am Kinogebäude<br />
vorbei. Leer und schon lange ohne Filmvorstellungen.<br />
An diesem Abend wurde der Plan geschmiedet, das zu ändern.<br />
Kurzerhand pachtete Michael Prochnow das Gebäude,<br />
machte Rigbers zu seinem Angestellten, investierte (und investiert<br />
bis heute) in Technik, Raumausstattung und Atmosphäre<br />
und wurde zum Betreiber des beliebten und vielfach<br />
prämierten Servicekinos Lili.<br />
Traditionelles Liebhaber-Kino<br />
mit High Tech Anlage<br />
Filmstart war der 09. September 2011. 130 knallrote, französische<br />
Luxussessel, kräftig blaue Wände und hinter der<br />
letzten Sitzreihe der Servicetresen. Der großzügige Reihenabstand<br />
von einem Metern dreißig passt hervorragend in<br />
die Corona-Zeit. Die Wand hinter dem Tresen ist vollgehängt<br />
mit gerahmten Fotos, die meisten mit Portraits von Schauspieler*innen.<br />
Es ist wie ein großes, dennoch kuscheliges<br />
Wohnzimmer, in dem man in Gesellschaft einen schönen<br />
Kinoabend erlebt. Einzigartig. Nicht „von der Stange.“ Und:<br />
„Technisch kann unser Kino heute mit den Multiplex-Kinos<br />
in den großen Städten mithalten,“ betont Prochnow, der ei-<br />
42<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
gentlich schon Rentner ist. Dass er es viel schöner findet als<br />
die riesigen Stadtkinos, muss er gar nicht sagen.<br />
Was sich so schnell und einfach anhört, war eine große Herausforderung.<br />
Die Technik, die sie 2011 vorfanden, war noch<br />
analog. Aus heutiger Sicht betrieben mit „musealen“ Filmrollen,<br />
<strong>für</strong> die es nur noch wenige Film-Angebote gab. An einer<br />
Modernisierung führte kein Weg vorbei. Anders war an die<br />
Blockbuster – damals liefen gerade „Ziemlich beste Freunde“<br />
– kaum heranzukommen. Zwar gab es noch Filme <strong>für</strong> analoge<br />
Vorstellungen, aber die Wartezeiten waren extrem lang.<br />
Zu lang, wenn man bedenkt, dass genau diese Filme überlebensnotwendig<br />
<strong>für</strong> Kinos sind. Auch <strong>für</strong> „liebhabergeführte“<br />
Kinos wie das Lili.<br />
Das Lili verfügt nur über einen einzigen Vorführraum. Und<br />
das ist eine Herausforderung <strong>für</strong> die Programmplanung.<br />
Möchte man beim Bundesstart eines Blockbusters, also eines<br />
Publikumsmagneten unter den Kinofilmen, zum Beispiel<br />
einen neuen James Bond-Film, dabei sein, ist der Kinobetreiber<br />
verpflichtet, den Film drei Wochen zu jeder Vorführungszeit<br />
laufen zu lassen. Bei nur einem Kinosaal läuft drei Wochen<br />
nur dieser eine Film. Das ist dann keine Einfallslosigkeit,<br />
sondern Vertragserfüllung.<br />
Ausgezeichnetes Servicekino überzeugt<br />
An Ideen mangelt es mit Sicherheit nicht. Seit Jahren können<br />
sich die Betreiber des Lili über Anerkennung durch den<br />
Niedersächsischen Kinopreis freuen. Diese Auszeichnung<br />
verdanken sie ihrem ausgeprägten Servicegedanken. Es<br />
ist nicht nur das Eis, Kaltgetränke und Snacks, die per Klingeldruck<br />
zum Sitzplatz gebracht werden. Obwohl das auch<br />
schon sehr angenehm ist. Vor allem sind es die besonderen<br />
Angebote neben den großen Kinohits. Der Mix aus Reisedokumentationen,<br />
Bühnenkunst mit dem Bremer Improtheater<br />
bis zur Auswahl deutscher Filmproduktionen, Filmkunst und<br />
Livekonzerte mit regionalen Bands, wie zuletzt vor der Corona-Zwangspause<br />
die Wildeshauser Band „Brainstorming“,<br />
machen das Lili zu einem ganz besonderen Kino. Dazu gehört<br />
auch das „Malteser-Film-Cafe“ jeden letzten Dienstagnachmittag<br />
im Monat. Für sechs Euro Eintritt gibt es zum<br />
Film Kaffee und Kuchen, der vom Krankenhaus Johanneum<br />
in Kooperation mit dem Malteser Hilfsdienst spendiert wird.<br />
An diesem Dienstag trifft man sich – 80 Prozent der Besucher*innen<br />
sind Stammkunden. „Manche,“ verrät Rigbers,<br />
„wissen gar nicht, welcher Film läuft.“ Sie verlassen sich einfach<br />
darauf, dass es schön wird. Und das wird es.<br />
Neueste technische Investition ist eine Belüftungsanlage<br />
mit Frischluftaustausch. Corona. Es wäre gut, nicht nur <strong>für</strong> Lili,<br />
wenn es keine pandemiebedingten Schließungen mehr geben<br />
müsste. „Im Moment machen wir Miese,“ gibt Prochnow<br />
unverblümt zu. Erst die monatelange komplette Schließung,<br />
nun eine maximale Auslastung von 70 Prozent. Das ist schon<br />
schwierig. Mit der neuen Belüftungsanlage tun sie, was sie<br />
können, um ein unbesorgtes Kinovergnügen zu ermöglichen.<br />
Schwierig ist auch die Entwicklung der Bezahlsender<br />
des Fernsehens, die in immer kürzeren Abständen zum Kinostart<br />
Kinofilme zum Streamen anbieten. Damit werde das<br />
sogenannte „Kinofenster“ immer kleiner, erklärt Rigbers.<br />
Mit den vielen guten Filmen, die sie in der „Pipeline“ sehen,<br />
blicken die beiden Kinobegeisterten dennoch zuversichtlich<br />
in die Zukunft.<br />
Heute gibt es übrigens einen Ausbildungsberuf <strong>für</strong> das,<br />
was sie tun: Theaterleitungsassistent (m/w/d).<br />
Raumideen mit Leidenschaft
PORTAIT<br />
KÄTHE NEBEL<br />
„Ich bestimme, wann und wo ich es will!“ betont Käthe Nebel. Die 91-Jährige mit<br />
Wohnsitz in Oldenburg ist weder verbittert noch unzufrieden. Obwohl einiges zusammengekommen<br />
ist, in diesem langen Leben, ist sie mit sich im Reinen. Kein Anschein<br />
von Lebensmüdigkeit. Aber sie ist vorbereitet. Tatsächlich. Denn den Zeitpunkt ihres<br />
Todes möchte sie selbst bestimmen.<br />
Text // Martina Seibel<br />
Das Telefon klingelt. Ein Freund Käthe Nebels möchte<br />
sie auf eine Sendung im Deutschlandfunk aufmerksam<br />
machen, die gerade ausgestrahlt wird. Es geht<br />
um das Thema „Freitod“ mit der Philosophin Suzann-Viola<br />
Renninger vom Schweizer Sterbehilfeverein „Exit“. Anlass ist<br />
die Gesetzesänderung zur assistierten Sterbehilfe nach § 217<br />
des Strafgesetzbuchs (StGB). Erst 2020, vor zwei Jahren, kippte<br />
das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen<br />
Suizidhilfe. Damit ist es erlaubt, Menschen bei der<br />
Selbsttötung zu helfen und das als Dienstleistung anzubieten.<br />
Der Bundestag hat noch nicht darüber entschieden, ob<br />
und wie assistierter Suizid in Deutschland gesetzlich neu geregelt<br />
werden soll. Das dürfte nun auf die neue Regierung<br />
zukommen. In der Schweiz besteht diese Möglichkeit bereits<br />
seit 40 Jahren.<br />
Käthe Nebel stellt das Radio an. In dem Gespräch, das nun<br />
zu hören ist, bevorzugt Suzann-Viola Renninger den Begriff<br />
des „Freitods“, um sich von dem negativ belegten „Suizid“<br />
abzugrenzen. Es wird schnell deutlich: einfach macht es sich<br />
bei den Be<strong>für</strong>wortern der aktiven Sterbehilfe keiner. Moral<br />
und Ethik werden ausführlich diskutiert. Grenzen gezogen.<br />
Man müsse auch immer alle Seiten betrachten. Wie gehen<br />
Sterbehelfende damit um? Wie die Gesellschaft? „Ach, sie<br />
spricht aus, was ich denke,“ freut sich Käthe Nebel, die der<br />
Sendung aufmerksam folgt. Es müsse sich endlich eine neue<br />
Kultur des Sterbens entwickeln, meint sie.<br />
Viele Menschen in Deutschland lehnen diese Möglichkeit,<br />
selbstbestimmt aus dem Leben zu gehen, ab. Seien es<br />
religiöse Gründe oder die Sorge um unerwünschte gesellschaftliche<br />
Zwänge, die dadurch entstehen könnten. Es sei<br />
ein Armutszeugnis, wenn eine Gesellschaft, wenn Familien<br />
sich nicht um ihre alten Menschen am Lebensende kümmerten,<br />
meinen die einen. Andere <strong>für</strong>chten, Alte könnten sich<br />
gedrängt fühlen, den Freitod zu wählen, um niemandem zur<br />
Last zu fallen. Und wann wäre man alt genug? Bedenken und<br />
Fragen, die man nicht einfach so wegwischen kann. Aber es<br />
gibt auch die Einstellung vieler Leidender, die sich den Tod<br />
herbeisehnen. Viele von ihnen fühlen sich unverstanden und<br />
44<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait
zu Unrecht bevormundet. Schließlich müssen sie Schmerzen<br />
und Einschränkungen ertragen.<br />
Und es gibt Menschen wie Käthe Nebel. Man darf sie eine<br />
rüstige Pensionärin nennen. Klar bei Verstand, eigenständig<br />
und mobil. Aber sie ist mittlerweile fast blind. Das macht ihr<br />
zu schaffen. Dank moderner Technik muss sie nicht ganz<br />
auf das Lesen verzichten. Aber es ist mühsam. Für sie, die<br />
wissbegierig Bücher verschlungen hat, ist das traurig. „Zum<br />
Glück kann ich gut hören. Ich glaube, das wäre noch schlimmer<br />
– nicht mehr zu hören,“ denkt sie laut. Und dann „nervt“<br />
es sie, dass sie mit zunehmendem Alter auch mal den Faden<br />
verliert, wenn sie erzählt. Das „gehirnmäßige Abtreten“ beschäftigt<br />
sie sehr.<br />
Käthe Nebel ist eine selbstbestimmte Frau. Das Leben hat<br />
sie dazu gemacht. Ihre alleinerziehende Mutter kämpfte <strong>für</strong><br />
die kleine Käthe und sich in Zeiten des zweiten Weltkriegs<br />
ums Überleben. Viele Jobs an vielen Orten in ganz Deutschland<br />
ließen die beiden nie wirklich ankommen. Für Käthe<br />
schwierig. Dennoch schafft sie es in ihren Wunschberuf: Sie<br />
wurde Lehrerin. Bis weit über ihre Pensionierung hinaus engagierte<br />
sie sich besonders <strong>für</strong> junge Menschen, half bei der<br />
Integrationsarbeit und nahm in den Ferien Kinder aus Tschernobyl<br />
auf. Besonders aktiv war sie außerdem im Umweltschutz.<br />
In zahlreichen Leserbriefen an die regionalen Tageszeitungen<br />
machte sie auf Fehlentwicklungen insbesondere<br />
in Bezug auf den Umgang mit der Natur aufmerksam und<br />
appellierte gerne auch mal an den gesunden Menschenverstand,<br />
den sie gelegentlich vermisste. Mit zunehmendem Alter<br />
geriet die Beschäftigung mit dem Sterben in ihren Fokus.<br />
Sie weiß, was Sterben heißen kann. Als Vierzehnjährige<br />
musste sie mit ansehen, wie Soldaten nach der Kapitulation<br />
am Ende des zweiten Weltkrieges exekutiert wurden. „Sie<br />
fielen um, wie die Figuren in den Schießbuden auf Jahrmärkten“,<br />
beschreibt die alte Käthe, was die Junge sah. So<br />
etwas vergisst man nicht. Mit 21 Jahren trat sie aus der Kirche<br />
aus. Obwohl ab dem dritten Lebensjahr voller Überzeugung<br />
gläubig, ließ der Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
ihre Zweifel an der Glaubwürdigkeit Erwachsener wachsen,<br />
die die Gottesfurcht als erzieherisches Instrument missbrauchten.<br />
Das und die Erfahrungen, die sie in jungen Jahren<br />
im Krieg machte, ließen sie zur Atheistin werden.<br />
Wesentlicher Anstoß <strong>für</strong> ihren Einsatz in der aktiven Sterbehilfe<br />
dürfte viel später im Leben die Erfahrung im Hospizdienst<br />
gewesen sein. Sieben Jahre hat sie in Oldenburg<br />
ehrenamtlich Sterbende begleitet. Dort hat sie erlebt, was<br />
Sterben ist. Es gibt friedliches Sterben. Das stellt sie nicht in<br />
Frage. Aber „Sterben kann so voller Qual sein“, weiß sie. Die<br />
Erkenntnisse aus dieser Zeit haben sie zur überzeugten Unterstützerin<br />
der aktiven Sterbehilfe werden lassen. Wie soll<br />
die Seele Ruhe finden, wenn man sich nur noch quält? fragt<br />
sie. Seit über zwanzig Jahren ist sie Mitglied in verschiedenen<br />
Sterbehilfe Vereinen. Dass ihre Einstellung einen Sturm<br />
der Entrüstung auslöst, stört sie nicht. Es ist ihr Leben und<br />
ihr Sterben. Und darüber möchte sie, wie über alles in ihrem<br />
Leben, selbst bestimmen.<br />
Die Sendung im Deutschlandfunk lief am 15. November 2021.<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait<br />
45
LESERBRIEF<br />
Liebes Team des Wildeshauser <strong>Magazin</strong>s!<br />
LESERBRIEF<br />
Haben Sie erst einmal ganz herzlichen Dank <strong>für</strong> die <strong>Magazin</strong>e<br />
und da<strong>für</strong>, daß Sie sich so viel Mühe gemacht haben. Sie<br />
haben uns damit eine große Freude bereitet. Kaum waren<br />
die Zeitschriften aus dem Papier, da wurde schon gestöbert.<br />
Die Artikel sind alle echt interessant und sehr lesenswert und<br />
spannend.<br />
Es kommen Erinnerungen ohne Ende auf, verbrachten wir<br />
doch 23 Jahre unseres Lebens in der Wittekindstadt, bevor<br />
es uns ins Alte Land verschlug. Also, mein Mann Detlef und<br />
ich wohnten seit 1948 in Wildeshausen. 1972 zogen wir als<br />
junge Eheleute nach Esens in Ostfriesland und lebten dort<br />
gut zweieinhalb Jahre. Es war eine ganz schöne Zeit. Trotzdem<br />
zogen wir dann 1975 wieder zurück nach Wildeshausen<br />
und bauten auf dem Grundstück an der Pestruper Straße,<br />
neben meinem Elternhaus. Gerne wären wir auch ein paar<br />
Jahre ins Ausland gegangen, was <strong>für</strong> Lehrer ja sehr attraktiv<br />
war, aber wegen des Alters unserer Eltern taten wir diesen<br />
Schritt nicht. Jedenfalls lebten wir dort bis 1996 und der Weg<br />
führte uns dann ins Alte Land, wo wir bis 2017 lebten.<br />
Viele Namen, viele Personen kennen wir natürlich noch<br />
und es ist auch super, wie Familien nach wirklich schweren<br />
Schicksalsschlägen immer weitergemacht haben und nun<br />
schon die Kinder bzw. Enkel Betriebe weiterführen. Das berührt<br />
einen auf besondere Art und Weise.<br />
Da ist z.B. die Firma Riedel. Dort haben meine Eltern und<br />
Schwiegereltern immer ihre Brillen gekauft. Ich fand damals,<br />
daß die Frau Riedel so eine hübsche Frau war. Und der Herr<br />
Weißenborn. Als ich ihn auf dem Foto entdeckte, da dachte<br />
ich mir, ach Gott, ist der alt geworden. – Dabei fiel mir dann<br />
ein, daß die Zeit auch vor uns nicht halt gemacht hat. Hilfe,<br />
wir sind inzwischen ja auch 73. Ja, der Herr Weißenborn,<br />
der hat mich oft beraten, wenn ich Medizin <strong>für</strong> die Kinder<br />
brauchte.<br />
So, nun aber. Die anderen Ausgaben der Stadtmagazine<br />
schickten uns Conny und Cordula Kramer, unsere Verwandten<br />
aus Wildeshausen. Cordula, die seit Corona immer sooo<br />
schöne Fotos macht <strong>für</strong> die Nordwest-Zeitung und dann<br />
Conny, mein Cousin. Die Firma Kramer gibt es seit 1902 an<br />
der Burgstraße, gegenüber der Kath. Kirche und sie ist seit<br />
ihrem Umzug zum Jahresende an der Visbeker-Straße ansässig.<br />
Inzwischen hat sich dort aber auch wieder eine Menge<br />
getan. Mein Vater, Alfons Kramer, stammt auch aus diesem<br />
Hause. Es ist sein Elternhaus. [sic] Dazu mehr in der nächsten<br />
Ausgabe des <strong>Magazin</strong>s…<br />
Mein Schwiegervater Ernst Promp kam damals als Flüchtling<br />
nach Wildeshausen. Die Familie wurde dort seßhaft.<br />
Mein Schwiegervater war dort von Nov. 1952 bis 1964 als<br />
stellvertretender Bürgermeister im Stadtrat und als Abgeordneter<br />
im Kreistag des Landkreises Oldenburg. Auch war<br />
er von 1955 bis 1967 Erster Vorsitzender der Bau- und Siedlungsgenossenschaft.<br />
Vielen Wildeshausern, vor allem den<br />
Flüchtlingen, hat er zu einem Eigenheim verholfen. Auch<br />
wurden unter seiner Federführung einige Altenwohnungen<br />
gebaut.<br />
Sie sehen nun, daß wir eben alte Wildeshauser sind, im<br />
wahrsten Sinne des Wortes. Wir zogen dann doch noch <strong>für</strong><br />
21 Jahre in das wunderschöne Alte Land und drei Jahre nach<br />
der Pensionierung meines Mannes sind wir auf Drängen unserer<br />
Töchter nach Hüffelsheim an die schöne Nahe gezogen.<br />
Dort wächst der herrliche Nahewein und die Umgebung ist<br />
auch wirklichsehr schön. Nur mit dem Wandern kommt man<br />
manchmal an seine Grenzen, bergauf und bergab. Auch die<br />
Mundart ist nicht so einfach zu verstehen. Da ist uns das Oldenburger<br />
Platt doch näher am Herzen.<br />
In diesem Sinne senden wir ganz liebe Grüße aus dem<br />
schönen kleinen Hüffelsheim nach Wildeshausen, an alle, die<br />
uns kennen,<br />
Elisabeth und Detlef Promp<br />
Wolle, Stoffe, edle Garne, Strick-<br />
und Nähkurse, Strickaufträge,<br />
Änderungsschneiderei, Dekoartikel,<br />
Accessoires, Janome Nähmaschinen<br />
Nadelöhr<br />
Anke Raapke<br />
Im großen Ort 5<br />
27801 Brettorf<br />
Tel. 04432 541<br />
www.nadeloehr-brettorf.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mo - Do 9.00 - 12.30 Uhr / 15.00 - 18.00 Uhr / Fr 9.00 - 18.00 Uhr<br />
Mi nachmittags geschlossen / Sa 9.00 - 12.00 Uhr<br />
46<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Leserbrief
REPORTAGE<br />
DIE GILDE BUCHHANDLUNG<br />
in der Westerstraße:<br />
Eine ganze Welt voller Bücher – und noch mehr kultureller Vielfalt<br />
Text // Ulla Schmitz<br />
Buchhandlungen sind Ruhepole, sie gehören zu unseren<br />
Stadtbildern seit es Bücher gibt, sie sind eine jener<br />
wenigen Traditionen, die nie einem wirklich verändernden<br />
Zeitgeist ausgesetzt waren. Selbstverständlich sind<br />
die Bestseller von heute nicht mehr die von vor 50 oder 100<br />
Jahren – bis auf die Bibel vielleicht, die Odyssee, den Koran<br />
oder die Märchen aus 1001 Nacht – jedoch ist die Existenz<br />
einer Buchhandlung eine Hommage an eine der wertvollsten<br />
Charaktere unserer Kultur, das Lesen. Das Verstehen<br />
dessen, was Literatur vermittelt. Die Macht der Worte, was<br />
sie bewirken können, wo<strong>für</strong> man sie einsetzen kann, <strong>für</strong> sich<br />
selbst, <strong>für</strong> die Umgebung, <strong>für</strong> das Betrachten und Verstehen<br />
dessen, was uns wichtig ist. Muße zu finden in einer Welt, die<br />
sich überschlägt im Hinterherhetzen des jeweils angesagten<br />
Zeitgeistes, mit daraus sich entwickelten Lebensumständen,<br />
die kaum mehr Raum lassen sich selbst zu sehen, zu fühlen,<br />
<strong>für</strong> sich selbst da zu sein.<br />
Danach haben Sie nun plötzlich Sehnsucht? Wie schön,<br />
da Sie in der Gilde Buchhandlung in Wildeshausen herzlich<br />
willkommen sind! Gemütlich, zum Beispiel, in die Ecke des<br />
Biedermeiersofas hinter dem großen Pfeiler gekuschelt und<br />
den Tisch vor sich mit jenen Büchern bestapelt, die Sie sich<br />
aus den Regalen der Buchhandlung zusammengesucht haben.<br />
Romane, von denen Sie schon gehört, aber nie die Ruhe<br />
hatten, sie „anzulesen“; Bestseller, Geschichtliches und dann<br />
diese Bildbände! Wunderbar zum Verschenken und ebenso<br />
schön <strong>für</strong> uns selbst, zum Erkennen unserer vielfältigen und<br />
kostbaren Kulturen, weltumspannend, spannend. Auch in<br />
Reiseführern beschrieben, die heute weniger dick, (bis auf<br />
einige Ausnahmen, ok) aber aus den Sortimenten einer „richtigen“<br />
Buchhandlung nicht wegzudenken sind.<br />
Eine solche ist die Gilde Buchhandlung par excellence.<br />
Ein Ort zum Ausruhen, zum Entdecken und sich dabei wohlfühlen.<br />
Alles ist übersichtlich (ein-) geordnet und problemlos<br />
zu erreichen. Viele Tische laden zum Einlesen ein und<br />
auch, wer nur gucken will, wird sicher nicht in irgendeiner<br />
Weise bedrängt. So dass man sich selbst dabei ertappt, wieviel<br />
Zeit seit dem Eintreten schon vergangen ist. Zeit, <strong>für</strong><br />
sich selbst.<br />
Wie viele Menschen diese Offerte nutzen, zeigt ein Blick<br />
auf die Kunden, die jung sind, ganz jung, älter und alt. Er,<br />
sie, es als Familie oder solo – der Kundenstamm der Gilde<br />
Buchhandlung ist ebenso bunt wie Auswahl der Bücher aller<br />
Spezies. Und dann stehen da noch liebevoll ausgesuchte<br />
Geschenkideen bereit, Kalender und als besonderen Service<br />
den Suchdienst <strong>für</strong> vergriffene Bücher – was übrigens täglich<br />
in Anspruch genommen wird.<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
47
Der Delmenhorster Marktplatz um 1910 links das von Architekt Bertram entworfene Geschäftshaus<br />
Buchhändler aus Passion, seit fast 170 Jahren<br />
Diese Affinität zum Buch dominiert die Familientradition<br />
von Peter H. Gebhardt, der mit Ehefrau Kerstin Gebhardt die<br />
Gilde Buchhandlung nicht nur repräsentiert, beide leben die<br />
Welt der Bücher, sind Buchhändler voller Leidenschaft und<br />
Wissen.<br />
1855 beginnt das Verhältnis der Familie Gebhardt mit<br />
der wunderbaren Welt der Bücher. Ludwig Horstmann, Ururgroßvater<br />
von Peter Gebhardt – der ursprüngliche Familienname<br />
Horstmann änderte sich aufgrund der Eheschließungen<br />
zweier Töchter bis zum heutigen Gebhardt – jener<br />
Ludwig Horstmann also war Buchbindermeister in Delmenhorst.<br />
Wo er das Buchbinderhandwerk erlernt hatte, lässt<br />
sich nicht mehr nachvollziehen, wohl aber, dass er auch als<br />
Papparbeiter den Unterhalt <strong>für</strong> seine Familie verdiente. Papparbeiter,<br />
das waren Profis im Herstellen von Hutschachteln,<br />
im Formen, ausschlagen und von außen schick verkleiden.<br />
Es war eine harte Zeit, auch als „Hungerzeit“ bekannt, so<br />
dass einige Horstmanns sogar nach Amerika auswanderten.<br />
Ludwig Horstmann aber blieb und gründete noch 1855 die<br />
„Buchhandlung Horstmann am Markt“ mitten in Delmenhorst,<br />
unübersehbar und trotz der nicht einfachen Zeiten,<br />
gut frequentiert. Wir können nur vermuten welche Art Bücher<br />
und Zeitschriften, Heftchen und Traktate dort im Angebot<br />
waren, auf jeden Fall waren in den 1860er Jahren die<br />
Fortsetzungsromane im Delmenhorster Wochenblatt äußerst<br />
begehrt.<br />
1893 wurde Heinrich Lackemann aus Bremen, verheiratet<br />
mit Elisabeth Friderike Caroline Horstmann in die schwiegerväterliche<br />
Buchhandlung aufgenommen. Später führte Sohn<br />
Ludwig das Familienunternehmen weiter, während seine<br />
Tochter Liesel, Klaus Gebhardt aus dem thüringischen Eisleben,<br />
heiratete – die Eltern von Peter Gebhardt. Das Haus, in<br />
dem all das stattfand, ist seit 1906 ein großes Geschäfts- und<br />
Wohnhaus, das Geschäft der Horstmann´schen Buchhandlung<br />
expandierte auf insgesamt fünf Filialen. 1972 eröffnete<br />
Horstmann eine Filiale im Bremer Roland-Center, und in den<br />
1990ern zwei weitere in Delmenhorst. Während die fünfte<br />
Buchhandlung Horstmann schon 1988 in Wildeshausen ansässig<br />
geworden war – heute „Gilde Buchhandlung“. Damals<br />
an der vorderen Ecke der Westerstraße, Hausnummer 39, auf<br />
79 Quadratmetern.<br />
Expansion aus und mit Leidenschaft<br />
Das war zu wenig <strong>für</strong> die Angebote, die Gebhardts in petto<br />
hatten, also kam ihnen der Auszug der Geschäftsstelle der<br />
Öffentlichen Versicherung, Hausnummer 31 gerade recht,<br />
zumal dort einem Ausbau der Räume auf 150 Quadratmeter<br />
nichts im Wege stand. Das war noch Anfang der 1990er. 2010<br />
dann ergab sich die Möglichkeit, Haus und Grundstück der<br />
Bäckerei Wellbrock zu erwerben.<br />
Das Gründerehepaar Ludwig und Anna Caroline Horstmann im<br />
Jahre 1891<br />
Gebhardts erinnern sich mittlerweile lachend an die folgenden<br />
Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen, und wie oft<br />
sie mit dem ganzen Team der Buchhandlung auf der Baustelle<br />
unterwegs gewesen waren. Sogar nachts, mit Taschenlampen,<br />
weil die Aufteilung der neuen Buchhandlung perfekt<br />
sein sollte.<br />
48<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Damals noch Bäckerei Wellbrock, Foto um 1965<br />
Ludwig Horstmann (r.) und Heinrich Lackemann (l.)<br />
Das hat geklappt: Dort wo in dem 1890 erbauten (Geschäfts-)<br />
Haus die Backstube war, befindet sich heute der<br />
Kassenbereich. 330 Quadratmeter umfasst das Ganze, ausgestattet<br />
mit einer Akustikdecke, da die Lebensart von Kerstin<br />
und Peter Gebhardt plus dem des liebenswert freundlichen<br />
und angenehm gebildeten Teams aus Vanessa Thomas, Maik<br />
Schulze, Thuy Nguyen, Frerik Welz, Anna-Lena Oestmann<br />
von kulturellem Engagement geprägt ist.<br />
Kulturelle Vielfalt<br />
Das sich auf Buchpräsentationen bezieht, auf Autorenlesungen<br />
oder auf Konzerte aller Genres… Dazu und weil die Gilde<br />
Buchhandlung darüber hinaus zum Treffpunkt von Kulturinteressierten<br />
geworden ist, sind jene Events zum Bestandteil Wildeshauser<br />
Kulturveranstaltungen geworden. In diesen Zeiten<br />
Corona-bedingter Einschränkungen nur klein, doch wird es<br />
hoffentlich bald wieder so sein, dass dem gewohnten Muster<br />
der angestammte Platz zusteht: 60 Zuhörerinnen und Zuhörer<br />
direkt vor dem Biedermeiersofa platziert – wo natürlich die Akteure<br />
Platz genommen haben – und weitere 100 Interessierte<br />
bis hin zu den Regalen im Hintergrund des Ladens verteilt.<br />
So stellen sich Begeisterung und Leidenschaft dar <strong>für</strong><br />
die Vielfalt unserer Kultur, inmitten einer ganzen Welt von<br />
Büchern. Damit diese Werte auch weiterhin von Bestand<br />
sein können, unterstützt die Gilde Buchhandlung seit vielen<br />
Jahren schon den alljährlichen Vorlesewettbewerb des<br />
deutschen Buchhandels in der Art, dass Gebhardts die verschiedenen<br />
Durchgänge bis zum Entscheid <strong>für</strong> den Kreis Oldenburg<br />
organisieren. Das Finale findet dann immer im Juni<br />
in Berlin statt, doch die Überraschungen, die Gebhardts in<br />
dem Wettstreit bis dahin erlebt haben, sind oftmals spannender<br />
als der Ausgang.<br />
Ähnlich dynamisch geht es auf dem jährlich stattfindenden<br />
Bücher Bazaar des Rotary Clubs Ganderkesee zu, dessen<br />
Erlös dem Projekt „Schüler helfen Schülern“ des Gymnasiums<br />
in Ganderkesee zugutekommt. Auch da bringen Gebhardts<br />
sich ein, privat mit ihrem Wissen. Womit sich so ganz nebenbei<br />
ein Kreis von Nutzen und Nachhaltigkeit auf eine Weise<br />
erschließt, die jedem offensteht. In der Gilde Buchhandlung<br />
in Wildeshausen ist auch da<strong>für</strong> alle Zeit der Welt.<br />
Treffpunkt <strong>für</strong> Leser: die Gilde-Buchhandlung heute<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
49
REPORTAGE<br />
DE TWEETE TRANSLATIO<br />
de dreete Deel<br />
Die abenteuerliche Geschichte der Kirchturmuhr der Alexanderkirche in Wildeshausen,<br />
stattgefunden im Jahr 1947, erzählt von dem Zeitzeugen Uhrmachermeister „Ürker“<br />
Hermann Rademacher, auf Plattdeutsch aufgeschrieben von Gustav Roggemann<br />
und im Mai 2014 überarbeitet von Alfred Panschar.<br />
Annern morn, Klock seß, gung<br />
dat loos na Süden to.<br />
Vör den Wagen weg knatter de Rucksackpastor Karstedt<br />
mit sien Motorrad. An Krüzungen, wor dat nich ganz eendütig<br />
weer, tööv he un wies ähr den Weg. Ümmer woller keek<br />
he sik üm as so ne Meesch an ne Foorstäe. He möß jo kieken,<br />
of de Luft rein weer. Ünnerwegens hool de Fohrer van denn<br />
Holtgaswagen en paar Mal an. Denn möß he in sein Kaakpott<br />
stoekern un roetern un frische Holtklötz naschütten. Mit de<br />
Weil kemen se bit kort vör Bramsche. Dor weer ne groote<br />
Krüzung. Een Wiespahl stund dor nich. De Spion steeg af un<br />
geev ähr een Teken, dat he nich wieter wüß. Wat nu? Se keken<br />
sik üm. Woll hunnert Meter hen segen se een Kroog. „Och“<br />
sä de Patoor, „laat us dor man eben ringahn un na denn Weg<br />
fragen. So up`n Slump köönt wi doch nich wieterföhrn.“ Se<br />
kutscheern denn jo vör`n Kroog vör un stegen all ut. Se harrn<br />
Glück, de Kroog weer apen. Eene junge Deern, woll de Magd<br />
oder sowat, maak sauber. Se harr de Stöhl mit de Been na baben<br />
up de Dische stellt.<br />
Pastor Prochnow dee dat Snaken un froog, wo dat na Melle<br />
hengung. „Dat weet ik uk nich,“ antwoort de Deern. „Dor<br />
bün ik noch nie nich wäsen, nich mal up`n Ball.“ Hermann<br />
Rademaker, de van Natuur `n vergnöögden Kerl weer, as wi<br />
al höört hebbt, wies hie, dat he uk in swierige Lage sein Galgenhumor<br />
nich verleren dee. „Dat is nich wieter slimm“, sä<br />
he so krott hen, „wenn Se nich Bescheed wäät, denn mööt<br />
wi eben na`n nögsten Polizeiposten gahn un us dor slaufragen.“<br />
Do lach de Deern un fung an, de Stöhl woller tröögtosetten.<br />
„Dat harrn se al licht hebben kunnt. Twee Schandarms<br />
hebbt hier stunnenlang rümgammelt un hojaant.<br />
Jüst eben, sowat vör tein Minuten, sünd se rutgahn. Hebbt<br />
se de nich sehn?“<br />
Disse Utkunft leet all veer de kolen Gräsen över`n Puckel<br />
lopen. Ja, dor stunnen se nu as so fate Sünners un wussen<br />
nich wieter. De eenziege, de den Mund apendee, weer<br />
Karstedt. „Jungedi, dat weer man knapp.“ Stöhn he. Mehr wüß<br />
he aver uk nich to seggen. De Deern har blitzflink dat egenaardige<br />
Quartett ut`n Norden för sik taxeert. Ähr Oordeel,<br />
kien normale Verbräkers, bloot eenfache Lü, de in disse Tiet<br />
wat up’e scheeve Bahn kamen sünd. För eenfache Lü harr se<br />
ümmer wat över. To de sä se för gewöhnlich du, un dat de se<br />
van nu an uk. „Ik weet jo nich, wat ji utfräten hebbt oder noch<br />
anstellen wöt,“ legg se los, „schall mi uk piepegaal wäsen. Ik<br />
hebb vörhen bloot maarkt, dat jo de Schreck in de Beene<br />
slaan is, as ik van de beiden Polizisten vertellde. Weeke Been<br />
köönt ji nu aver nich bruken, dat weet ik. Ji bruukt wat deftiges.<br />
Ik kenn dor ne feine Medizin, de jo in disse Situatschoon<br />
goot deit, echten sülvsbrennten Rövenschluck. Dor nehmt jo<br />
mal een to’e Bost. Ik wät de Stä’e wo de Krögersche den Buddel<br />
verstäken hett.“<br />
„Hüpenvull loop hüpenöver. Prost!“<br />
So birs se uk al na achtern un keem mit’n Buddel woller<br />
tröög. Up denn Buddel weer en Zettel upbackt, dor stunn<br />
to lesen: „Für besondere Gäste.“ Se nehm denn noch flink en<br />
Sluckglas ut’n Schapp un drück dat den Baas in’e Hand: „Hier,<br />
hol mal fast.“ Un denn glucker se em uk al dat glas vull. „Is all<br />
Gottsgav. Nei em weg,“ nöög se em. Pastor Prochnow pareer<br />
as so’n Lehrjung un kipp dat Tüüchs man so achter de Binn.<br />
He möß sik dorna düchtig schüddeln as so’n Hund, de jüst<br />
ut’t Water stägen is. Nu krääg de Timmermann dat Glas. De<br />
kunn van Berufswegen dor bäter mit ümgahn. He leet den<br />
Sluck ganz sinnig de Kehl hendallopen. Denn pust he bloot<br />
eenmal un meen: „Van Sluckbrennen verstaht ji wat. Erkenn<br />
ik an.“ At nögste kreeg de Ührker dat Glas in’e Hand drückt.<br />
De Deern pülsch em uk geschickt dat Glas bit baben hen vull.<br />
„Hüpenvull loop hüpenöver. Prost,“ sä se denn, „well nix hett<br />
de hoost.“ De Ührker hool dat Glas hoch, as wenn he de Klöör<br />
van den Sluck pröven wull un sä: „Ratzeputz, ik kenn di.“<br />
„Nu maak dor nich noch lange Wippjes,“ drängel de Deern<br />
em. „Liek staht hier womöglich de Schandarms woller in ne<br />
Döör. Denn hebbt se jo all bi’n Moors.“ „Bloot dat nich,“ sä he<br />
gau un spööl denn Fusel rünner. To’n sluß kreeg de Rucksackpastor<br />
noch een. De sneer dorbi en Gesicht, as wenn he in’n<br />
suren Pisonappel bäten harr. Jüst nu gung de Döör. „Gottsverdori.“<br />
Verjoog de Deern sik un steek den Buddel ünner ehr<br />
Schort. So seeg aver foorns, dat dat nien Polizist weer, de dor<br />
rinkeem. Dorvan reep se denn gau: „Entwarnung, Entwarnung.“<br />
Dat seet van’n Krieg bi ähr noch so in Fleesch un Bloot.<br />
Den nee’en Gast kenn se goot. Dat weer de Handelsmann<br />
Fiet Hake. „Du Fiet,“ fung se dat Gespräch an, „du kummst<br />
jüst gelegen. Hier staht fiev Indianers, de sünd up’n Padd,<br />
as Karl May seggen woord. Aver nu sünd se van Padd af un<br />
50<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
hebbt sik verbiestert. Kannst du ähr nich ut de Verlegenheit<br />
helpen un ähr den Weg na Melle wiesen? Kriggst uk’n Sluck.“<br />
Fiet wüß goot Bescheed un verklaar ähr geern, wor’t langs<br />
gahn schull. Nu mössen de veer Verkehrtfahrers jo foorns<br />
wieter. Se bedanken sik, besünners bi de Deern. In’n stillen<br />
dachen all wat Ähnliches, is `n wunnerboret Minschenkind.<br />
Se pultern na buten. De Deern gung ähr bit vör’e Döör na.<br />
„Doot mi den Gefallen un passt goot up jo up,“ reep se ähr<br />
noch to. Denn geven se bede Gas. De Rucksackpastor mit sin<br />
Motorrad toeers un Hermann Kieselhorst mit den Holtgaswagen<br />
achterheer.<br />
„Bloot nich noch de Schandarms in’n Hals lopen,“ dachten<br />
de Veer. De leßden Dage harr dat in’e Uhrenfabrik Korfhage<br />
bloot eene Frage gäven: „Kaamt se oder kaamt se nich?“<br />
Vandagen weern se all kribbelig. Dor leeg wat in’e Luft. Een<br />
van de Arbeiters, de sien Waarkbank liek an’t Fenster stahn<br />
harr, un so de Straat fein afkieken kunn, seeg mit eens, dat<br />
dor en eegenordigen Zog ankeem. En Motorrad vörweg un’n<br />
Lastwagen achteran. Dat mössen se wäsen. „Se kaamt, se<br />
kaamt,“ bölk he un ronn na buten. De ganze Belegschaft achterna.<br />
Dor stunnen se nu mit alle Mann un keken ut, as wenn<br />
‚t Heiligabend mit’e Bescherung loosgahn schull. Alle klatschten,<br />
as de beiden Fohrtüüg up’t Firmengelände rupschaukeln<br />
deen. Nu weer jo wat loos. Wat’n Gedo. Foors fungen Arbeiters<br />
an, de Schätze aftolade, un de Chef mittenmang. Allens<br />
woord eers in’n besünnern Rum brocht. Nahst schull ehrlich<br />
deelt weern.<br />
Un denn keem de nee Uhr up denn Lastwagen. Allens wut<br />
mit Stroh inwickelt un goot verpackt. De Arbeiters kunnen<br />
dat nich faten, dat de Keerls ut Wilshusen `ne Fohrt mit so’ne<br />
gefährliche Fracht wagt harrn un uk noch heel hier ankamen<br />
weern. Dat wör schon fast een Wunner as bi Waltbert bi seine<br />
Translatio Alexandri. Ganz langsam gungen Angst un Spannung<br />
bi de Veer tröög. Een na’n anner wickel sien Botter ut<br />
un fung an to kauen. De Fro ut’t Büro brocht jeden noch ne<br />
hete Tass Mockefuck. Nu mössen se aver ganz nödig woller<br />
na Hus hen. De Warkmeester un de Chef geev jeden de Hand,<br />
bedank sik van Harten un sä: „Noch disse Wääk kaamt wi mit’n<br />
Trupp na Wilshusen un boot de Uhr in.“<br />
As se wegföhrn, winken ähr de Arbeiters noch so lange na,<br />
bit se achtern Dreih verswunnen weern. Nu gung’t lichter,<br />
den Weg kennen se jo. Lang un laat kemen se woller in Wilshusen<br />
an. Dor stunn nüms to klatschen. Se föhrn na’n Maarktplatz<br />
hen. Hier harr de Ührker`n olen Stall. Dor henn drogen<br />
se de Uhrendele. Denn rammeln se de Döör to. Nu man gau<br />
na Hus hen, wor de Froonslü al so lang in Angst töven deen.<br />
Dree Dage later kemen de Keerls van Melle un boon de Uhr<br />
in. As de denn leep un sloog, weer de Jubel groot.<br />
Leeve Lü, wenn ji is mal in Wilshusen sünd, kiekt doch uk<br />
mal den Toorn in’e Höchte. De Uhr, de ji dor seht, is jüst de, de<br />
in’e slechte Tiet haalt woorn is. Se sleit jümmer noch all Lü de<br />
Stunnen, de goden un de annern. Ik meen, dat de Geschichte<br />
van de tweete Translatio sik uk hören laten kann.<br />
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PORTRAIT<br />
DER MANN,<br />
SEIN PREISGEKRÖNTES DESIGN<br />
und die Radlader von Atlas Weyhausen<br />
Text // Ulla Schmitz<br />
Natürlich können Radlader nicht „schön“ sein. Und<br />
auch bei dem Begriff „der eleganten Formgebung“<br />
sträuben sich bei den Männern vom Bau vermutlich<br />
die Nackenhaare. Doch wer die Radlader weycor AR 620 bis<br />
AR 680 (zuvor weycor AR 200e und 250e) neben einem der<br />
anderen von der Konkurrenz zu sehen bekommt, wird sich<br />
angesichts der formvollendeten Linienführung beim AR<br />
250e auch nicht zurück-halten können. „Ästhetisch“ – gut,<br />
sagen wir es so. Und haken „die Konkurrenz“ auch gleich ab,<br />
denn dieses Design und seine Umsetzung ist einzigartig.<br />
Wenn es bei der Vorstellung dieses neuen Radlader-Modells<br />
hieß, dass Atlas Weyhausen da<strong>für</strong> den begehrten<br />
„German Design Award 2018“ gewonnen hat, so war das im<br />
Detail nicht ganz korrekt, denn die Wildeshauser Baumaschinenhersteller<br />
sitzen nicht am Zeichentisch und entwerfen<br />
ihre Maschinen alleine. Da<strong>für</strong> haben sie im Team einen der<br />
renommiertesten Industrie-Designer der Branche gewonnen,<br />
Lutz Meyer, Diplom Industrie Designer aus Leidenschaft<br />
und weil er´s kann. Da<strong>für</strong> wurde er bereits mehrfach mit dem<br />
Red Dot Design ausgezeichnet sowie mit dem begehrten IF<br />
Design Award 2017, einschließlich des „Bundespreis Design“.<br />
1960 in Wildeshausen geboren, sieht Meyer seine Ausbildung<br />
zum Feinblechner im Karosseriebau bei Daimler-Benz<br />
von 1977-80 als „Schlüssel und beste Voraussetzung“ <strong>für</strong> das<br />
anschließende Design-Studium, an der Muthesius Kunstschule<br />
(damals Fachhochschule <strong>für</strong> Kunst und Gestaltung)<br />
in Kiel, mit dem Abschluss als Diplom Designer FH. Parallel<br />
dazu war er als studentischer Mitarbeiter bei Prof. W. Granzeier<br />
an der Hamburg University of applied sciences (Fachbereich<br />
Fahrzeugtechnik) tätig. Es folgten drei Jahre als Junior-Designer<br />
bei Prof. Dr. Arnold Schürer in Bielefeld, damals<br />
die erste Adresse <strong>für</strong> Investitionsgüter Design in Deutschland.<br />
Diese Zeit und dann wieder freier Designer, auch im<br />
Messedesign prägten Lutz Meyers „besondere Handschrift“<br />
wie Holger Wagner, Marketingchef bei Atlas Weyhausen den<br />
unverwechselbaren Stil der Meyer-Designs beschreibt.<br />
52<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait
IF Design Award<br />
Seit über 60 Jahren ist der IF Design<br />
Award ein weltweit anerkanntes Markenzeichen<br />
<strong>für</strong> ausgezeichnete Gestaltung.<br />
Die Marke „IF“ ist als Symbol<br />
<strong>für</strong> herausragende Designleistungen<br />
international etabliert. Der IF Design<br />
Award gehört zu den wichtigsten<br />
Designpreisen der Welt. Er prämiert<br />
Gestaltungsleistungen aller Disziplinen:<br />
Produkt-, Verpackungs-, Kommunikations-<br />
und Service-Design;<br />
Architektur und Innenarchitektur sowie<br />
„professional concepts“. Alle ausgezeichneten<br />
Beiträge werden im „IF<br />
World Design Guide“ und auf der „IF<br />
Design App“ veröffentlicht und in der<br />
„IF Design Exhibition Hamburg“ ausgestellt.<br />
Industrial design at ist best<br />
So war es nur logisch, dass Meyer im Jahr 2001 das design<br />
studio „lumede lutz meyer industrial design“ gründete. In<br />
Münster, wo er lebt und seither seine Karriere als gefragter<br />
Designer <strong>für</strong> Investitionsgüter Design und Messe Design fortsetzt.<br />
Was das <strong>für</strong> die Branche heißt, beschreibt Lutz Meyer<br />
so: Design bedeutet <strong>für</strong> uns, einen ganz bestimmten Zweck<br />
in eine physische Form umzusetzen, unter Berücksichtigung<br />
von Herstellungsmöglichkeiten, Konstruktion, Funktion,<br />
Ergonomie, und Umgebung. Ebenso spielen die ökonomischen,<br />
wie ökologischen Parameter eine bedeutende Rolle<br />
im Gestaltungsprozess. Es ist unser Ziel, unsere Augen und<br />
Gedanken zu öffnen und mit Empathie zu hinterfragen, wie<br />
sich Design nachhaltig an menschlichen Bedürfnissen und<br />
Wünschen weiterentwickeln lässt.<br />
Die sind, gerade was „die von Atlas Weyhausen“ betrifft<br />
nicht immer einfach. „Die sind nie einfach,“ sagt Lutz Meyer<br />
und lacht, „denn jeder hier will die technischen Faktoren seines<br />
Bereichs selbstverständlich dort eingebracht haben, wo<br />
sie laut den Ergebnissen aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung<br />
unbedingt hinmüssen oder dorthin wo ihre<br />
Technik schon seit ewigen Zeiten funktioniert. Neues Design<br />
hin oder her. Ein Radlader ist ein Radlader. Der muss arbeiten,<br />
wie er soll – nach modernen Richtlinien, ganz klar, aber seinen<br />
Job tun. Nicht umkippen und die komplette Übersicht<br />
auf das Umfeld bieten“ – so oder ähnlich sind die anfänglichen<br />
Einwände des weycor-Teams Technik. Wobei Meyer es<br />
nicht unbedingt darauf anlegt, „alles neu zu machen“. Im Gegenteil<br />
ist es ihm wichtig, zu erhalten, was sich bewährt hat.<br />
Wenn es sich denn in das neue Design einfügen lässt. Unter<br />
Berücksichtigung aller Maßgaben aus der weycor-Abteilung<br />
Innovation.<br />
Bei lutz meyer industrial design bringen wir all unsere<br />
Erfahrung, unsere Sachkenntnis und unsere Leidenschaft<br />
in jede an uns gestellte Aufgabe ein. Die Arbeit der unterschiedlichen<br />
Disziplinen, sei es das klassische Industrial Design<br />
<strong>für</strong> unsere Kunden z.b. im Maschinenbau aber genauso<br />
die Gestaltung von Messeständen, unter-liegt hierbei der<br />
gleichen Methodologie. Unsere lange Kooperation mit vertrauten<br />
Netzwerkpartnern gibt uns die Möglichkeit sehr flexibel<br />
und effizient zu arbeiten.<br />
Das sichtbare Ergebnis am Ende ist immer ein Produkt<br />
gemeinsamer Entwicklungsprozesse mit unseren Auftraggebern.<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait<br />
53
Lutz Meyer erfindet diese Neuerungen ja nicht aus Langweile,<br />
sondern weil „ein evolutionärer Schritt in eine andere<br />
neue Richtung des Designs“ den Markenauftritt der Atlas<br />
Weyhausen GmbH um einen weiten Vorsprung im Wettbewerb<br />
steigert. Ein Plus, das gerade in diesen Zeiten wo immer<br />
neue Marktteilnehmer auftauchen, weycor by Atlas Weyhausen<br />
vom Einheits-Look unterscheidet.<br />
Also geht es rund bei Atlas Weyhausen, wenn Meyer dem<br />
Portfolio mal wieder ein neues Design hinzufügen will. Man<br />
kann es anfänglich kaum <strong>für</strong> möglich halten, dass gerade<br />
dieser ruhige, zurückhaltende und mit sanfter Stimme sprechende<br />
Mann ausgerechnet solche Auseinandersetzungen<br />
schätzt. Sie forciert, denn „je eher der Designer in die technische<br />
Entwicklung des Produkts eingebunden wird, desto<br />
stimmiger wird das Ergebnis sein“, weiß Lutz Meyer und hat<br />
sein Markenzeichen, den „besonderen Touch“ schon visualisiert.<br />
Für sich zunächst…<br />
In diesem Zusammenhang ist die Anekdote um die „abgeschaffte“<br />
eckige Motorhaube beim „AR 65 Radlader“ (Projekt-Titel<br />
„Sammy“) noch immer Gesprächsstoff. Damals, es<br />
war 1997, war Lutz Meyer vom heutigen Atlas-Konstruktionsleiter<br />
Gabriel gefragt worden, ob er nicht ein Design-Studio<br />
empfehlen könne, das die Neukonstruktion des neuen<br />
Radladers design-technisch begleiten könne. Da Meyer zu<br />
der Zeit noch andernorts angestellt war, führten seine Empfehlungen<br />
dazu, dass „Budde Industrie Design“ in Münster<br />
den Job bekamen und „Sammy“ ein komplett neues Design<br />
erhielt, einschließlich eines ebenso bahnbrechenden neuen<br />
Aufbaus der Technik. Doch nicht das, sondern die neue<br />
Formgebung sorgte bei den Handelspartnern <strong>für</strong> Skepsis.<br />
„So sieht doch kein Radlader aus“, war deren Argumentation.<br />
Nachdem man jedoch mittels einer Pressemitteilung eines<br />
Mitbewerbers informiert war, in der auffällig viele Parallelen<br />
zum Projekt „Neue Radlader von Atlas Weyhausen“ zu finden<br />
waren, konnte man die Vorbehalte gegen die neue Radladergeneration<br />
ausräumen.<br />
Vier Jahre später präsentierten alle relevanten Baumaschinenhersteller<br />
„ihre neuen“ Radlader, allesamt angelehnt an<br />
das Atlas Weyhausen-Design. Da gaben sich die treugebliebenen<br />
Händler souverän und mit stolz geschwellter Brust,<br />
schließlich hatten sie die neuen Geräte schon tüchtig verkauft.<br />
Und die Leute von Atlas Weyhausen bekommen in<br />
Erinnerung daran noch heute das Grinsen nicht aus den Gesichtern.<br />
Ganz zu schweigen von dem Stolz über ihre Originale.<br />
Und wissend, dass Lutz Meyer, der seine Ideen und Gestaltungen<br />
auf „Formen von Sammy“ weiterentwickelte, dass<br />
der noch lange seine Leidenschaft als „ihr“ Industrie-Designer<br />
ausleben wird. Das ist so und wird so sein, denn Meyers<br />
Empathie zu dem eingeschworenen Haufen in Wildeshausen<br />
ist unerschütterlich. Selbstverständlich ist er auch Gildemitglied,<br />
das muss an dieser Stelle zwar nur am Rande, aber<br />
auch gesagt werden.<br />
Atlas Weyhausen ist in der Branche auch international bekannt.<br />
Nicht zuletzt, weil man dezidiert auf die Vorschläge<br />
und Wünsche der Kunden eingeht. Seit nunmehr 50 plus 1<br />
Jahr, zum Vorteil <strong>für</strong> beide Seiten. Cui bono! Das Selbstbewusstsein<br />
dar-aus prägt die Marke so beharrlich, dass selbst<br />
die Änderung des Logos zu weycor ihr nichts anhaben konnte.<br />
„weycor by Atlas Weyhausen“ heißt es nunmehr seit 2016.<br />
Dem Markt ist es gleich, denn die Qualität der Produkte ist<br />
unverwechselbar, weil erstklassig. Einschließlich des Designs<br />
dieser „schicken Geräte“, wie man im Werk so hört…<br />
54<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait
Fest im Team<br />
Seit 2008 zählt Lutz Meyer fest zum Team by Atlas Weyhausen,<br />
als externer selbst-ständiger Designer und Berater<br />
aller an der Entwicklung neuer Maschinen Beteiligter. Dazu<br />
trifft man ihn an zwei, manchmal auch drei Tagen pro Woche<br />
im Werk in Wildeshausen an, sein Netzwerk aber funktioniert<br />
bei allen Gelegenheiten und zu jeder Zeit. Als direkten<br />
Draht zum interdisziplinären Austausch mit den assoziierten<br />
Abteilungen bei Atlas Weyhausen, wie natürlich auch an<br />
jede mögliche Stelle der Branche, gerne übergreifend. Wie<br />
zur Hochschule in Osnabrück beispielsweise, wo „Industrial<br />
Design“ in der Fakultät Ingenieurswissenschaften und Informatik<br />
als Bachelorstudiengang angeboten wird. Hier ist<br />
sein Vortrag über die „Entwicklung von Design anhand von<br />
Großmaschinen“ geschätzt, aufgrund seiner Klarheit und<br />
seines Innovationsgehalts. Der sich auch auf Themen wie<br />
„emissionsfreie Maschinen und Assistenzsysteme bis zu vollautonom<br />
agierenden Geräten in der Verdichtungstechnik“<br />
bezieht. Und dass Lutz Meyer in 2020 einen Design-Leitfaden<br />
entwickelt hat, mag vorrangig seine Kolleg*innen im<br />
(Industrie-) Design interessieren.<br />
Erwähnenswert auch seine Mitwirkung bei dem komplett<br />
neu zu überarbeitenden und auf den aktuellen Entwicklungsstand<br />
zu bringenden Bedienkonzept von Radladern.<br />
Bis hin zum intuitiven und gleichzeitig extrem robusten<br />
HMI-Bediensystem, das macht die weycor Baumaschinen der<br />
neuen Generation speziell <strong>für</strong> die Nutzer besonders attraktiv.<br />
Hierbei ist zu erwähnen, dass von Lutz Meyer eine weycor-eigene<br />
Symbolbibliothek erarbeitet wurde.<br />
2021 kam der neue weyor AR 530 auf den Markt, viel beachtet,<br />
trotz der merkwürdigen Zeiten, mit denen die Welt<br />
derzeit klarkommen muss. Die Baubranche spürt von den<br />
allgemeinen Rezessionen weniger, umso deutlicher ist die<br />
Nachfrage nach Erstklassigkeit, nach Qualität – in allen Bereichen<br />
dieser Arbeitsgebiete. Und wenn die Maschinen dann<br />
auch noch schick sind und in ihrer ästhetischen Formgebung<br />
unverwechselbar, dann – Sie wissen schon – entstammen sie<br />
der Baumaschinen-Schmiede aus Wildeshausen: weycor by<br />
Atlas Weyhausen. Design made by Lutz Meyer.<br />
German Design Award<br />
Der Radlader weycor AR 250e überzeugte die 58-köpfige,<br />
unabhängige, internationale Experten Jury durch<br />
seine innovative Gesamtgestaltung im Interieur wie<br />
auch im Exterieur. Die Zahl der Bewerber war groß: die<br />
Juroren hatten unter 5.575 Einreichungen aus 59 Ländern<br />
das begehrte Gütesiegel zu vergeben.<br />
Vergeben wird der German Design Award vom Rat <strong>für</strong><br />
Formgebung, der deutschen Marken- und Designinstanz.<br />
Sein Auftrag ist es von höchster angeordnet, das<br />
deutsche Designgeschehen zu repräsentieren. 1953<br />
auf Initiative des Deutschen Bundestages als Stiftung<br />
gegründet, unterstützt der Rat die Wirtschaft dabei,<br />
konsequent Markenwert durch Design zu erzielen. Das<br />
macht den Rat <strong>für</strong> Formgebung zu einem der weltweit<br />
führenden Kompetenzzentren <strong>für</strong> Kommunikation<br />
und Markenführung im Bereich Design. Zum exklusiven<br />
Netzwerk der Stiftungsmitglieder gehören neben<br />
Wirtschaftsverbänden und Institutionen insbesondere<br />
die Inhaber und Markenlenker vieler namhafter Unternehmen.<br />
Der German Design Award legt die höchsten Ansprüche<br />
an die Ermittlung seiner Preisträger: In einem<br />
aufwändigen Nominierungsverfahren werden durch<br />
Expertengremien des Rats <strong>für</strong> Formgebung nur solche<br />
Produkte und Kommunikationsdesignleistungen zur<br />
Teilnahme am Wettbewerb eingeladen, die sich nachweislich<br />
durch ihre gestalterische Qualität im Wettbewerb<br />
differenzieren. Sämtliche Auszeichnungen werden<br />
während einer zweitägigen Jurysitzung ermittelt.<br />
Für den German Design Award 2018 kamen 49 Prozent<br />
der 5.575 Einreichungen aus dem Bereich „excellent<br />
product design“ und 51 Prozent aus dem Bereich<br />
„excellent communications design“. 758 Einreichungen<br />
kamen aus dem Ausland.<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait<br />
55
REPORTAGE<br />
MIT VIETNAM ESSEN<br />
Kulinarisches, seine Geschmäcker<br />
und seine Bedeutung<br />
Text & Bilder // Maria Than Mai Phan<br />
Vietnamesisches Essen gehört zu meinem Leben dazu.<br />
Auch aufgrund der Zeit, die ich selbst in Vietnam verbracht<br />
habe, aber mehr noch, weil wir zu Hause, hier<br />
in Wildeshausen oft vietnamesisch essen. Das ist unsere Tradition,<br />
wie auch die Etikette: Anfangs, wenn alle sich Küchentisch<br />
versammelt, wird jeder, der mitisst, bei seinem Namen<br />
zum Essen „eingeladen“.<br />
alle eng beieinander, die sich <strong>für</strong> das Abendessen im Haus<br />
meiner Großeltern versammelten. In diesen Fällen wurden<br />
Mahlzeiten am Boden aufgetischt, da auf dem richtigen Tisch<br />
nicht genügend Platz war. Das heißt natürlich, dass zum Essen<br />
alle auf dem Boden sitzen, um die Beilagen herum. Am<br />
Ende einer jeden Mahlzeit wird übrigens gesagt, dass man<br />
genug gegessen hat.<br />
Es wird hauptsächlich mit Stäbchen gegessen. Exotische<br />
Beilagen und Soßen liegen auf separaten Schalen <strong>für</strong> jeden<br />
zur Verfügung. Unter den möglichen Soßen wird in der Regel<br />
nước mắm (Fischsoße) benutzt, wo dann Gemüse, zum Beispiel<br />
Chinakohl, eingetunkt wird.<br />
In Vietnam habe ich erlebt, dass immer in großen Familien<br />
gegessen wurde, ob sie im selben Haus oder in der Nachbarschaft<br />
lebten. So kamen oftmals auch Großeltern, Onkeln,<br />
Tanten, Cousins, Cousinen und bei besonderen Anlässen<br />
auch fernere Verwandte zusammen, und immer wurde gemeinsam<br />
gegessen. Was mir am meisten im Kopf geblieben<br />
ist, sind die zahlreichen Verwandten und weitere Freunde,<br />
56<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Wenn man oft bestimmte Gewürze schmeckt und sie auch<br />
mag, will man sie nicht missen. So habe ich mir zur Gewohnheit<br />
gemacht, die meisten meiner Gerichte mit Chilli zu würzen.<br />
Beispielsweise würze ich auch Omelette mit Chilisoße,<br />
da es sonst zu mild schmeckt. Es gibt aber bestimmte Gerichte,<br />
an die ich mich nie gewöhnen werde. Insekten und sogar<br />
Hundefleisch, die in Vietnam als normal angesehen werden,<br />
sind schon weit über meine Grenze – und gibt es hier ja auch<br />
nicht!<br />
Essen in der vietnamesischen Kultur ist, neben den ungewöhnlichen<br />
Gerichten und Etiketten, ein Weg, Zuneigung zu<br />
zeigen, sei es <strong>für</strong> Familie, Freunde oder Partner. Das ist nicht<br />
einzigartig, weil das auch in anderen Ländern Tradition ist.<br />
Doch macht es das nicht weniger besonders.<br />
Es gibt die gewöhnlichen Restaurants, aber auch Imbissstände,<br />
die sich oft in Gassen befanden. Dort werden auch<br />
volle Mahlzeiten zubereitet, zum Beispiel Phở, (Reisbandnudeln),<br />
das wahrscheinlich ikonischste Gericht von Vietnam.<br />
Zum Sitzen gibt es in den meisten Fällen nur fußgroße Hocker.<br />
Alle dicht nebeneinander, wie eine große Gesellschaft.<br />
Zuhause essen wir viel Reis, seltener aber Phở, Bún (Reisnudeln)<br />
oder Miến (Glasnudeln). Das heißt jedoch nicht, dass<br />
bei uns ausschließlich vietnamesisch oder asiatisch gekocht<br />
wird. Denn natürlich essen wir auch Kartoffeln, Nudelauflauf,<br />
Pommes und Fischstäbchen. Letzteres am liebsten von<br />
meinem jüngsten Bruder. Meine Eltern aber essen lieber vietnamesisch<br />
und, im Gegensatz zu mir, gerne Gerichte mit gebratenen<br />
Zwiebeln und Lauch. Meine älteren Brüder und ich<br />
finden sowohl östliche als auch westliche Speisen schmackhaft,<br />
solange sie gut zubereitet werden. Von diesen Gerichten<br />
sind Sushi und panierte Chicken Wings meine Favoriten. Leider<br />
kann ich beides noch nicht zubereiten – Spiegelei jedoch,<br />
Omelette oder gebratener Reis gelingen mir schon gut.<br />
Tết Nguyên Đán – Fest des ersten Morgens<br />
Zu besonderen Anlässen wie zum „Fest des ersten Morgens“,<br />
werden Nem cuốn (Sommerrollen) oder Nem rán<br />
(Frühlingsrollen) zubereitet. Meine Familie feiert dieses Fest<br />
nicht, wir schauen es uns jedoch im Fernsehen an, auf vietnamesischen<br />
Kanälen. Die Logos der Stationen werden dann<br />
mit Kirschblüten verziert. Bánh chưng und Bánh dầy, herzhafte<br />
Kuchen aus Klebreis mit Fleischfüllung, sind ein wichtiger<br />
Bestandteil dieses Festes. Und natürlich Miến, die Glasnudeln<br />
nicht zu vergessen.<br />
Man kann das „Fest des ersten Morgens“ etwa mit Silvester<br />
und Neujahr vergleichen. Hierbei wird nämlich das neue Jahr<br />
gefeiert, allerdings nicht nach dem hiesigen Kalendersystem,<br />
sondern nach dem chinesischen Mondkalender. Das jetzige<br />
Jahr 2022 fängt demnach am 1. Februar an. Das „Fest des ersten<br />
Morgens“ dauert einen ganzen Monat lang, jedoch feiern<br />
die meisten nur die erste Woche und kehren danach zurück<br />
zur Arbeit oder Schule. Die festliche Stimmung hört jedoch<br />
damit noch nicht auf. Man kann also glauben, dass der „erste<br />
Morgen“ 28 und alle vier Jahre sogar 29 Tage bedeutet.<br />
Und noch etwas ist schön am „Fest des ersten Morgens“,<br />
denn dazu wird neue Kleidung getragen! Einfach, um einen<br />
neuen Start zu zeigen. Die Familien kommen zusammen, um<br />
sich gegenseitig zu beglückwünschen und Kinder bekommen<br />
von älteren Verwandten Geld <strong>für</strong>s neue Jahr. Auch geht<br />
man zu den buddhistischen Tempeln, um Geld zu spenden<br />
oder Weissagungen <strong>für</strong> Zukunft zu bekommen. Auf den Straßen<br />
finden Tanzvorführungen und Straßenmärkte statt. Es<br />
geht bunt und laut zu, denn wie mit unserem Neujahr heißt<br />
man das anstehende Jahr auch in Vietnam mit großer Freude<br />
willkommen!
Märchen, Legenden und Sagen – fantastische Erzählungen<br />
machen einen Großteil auch unserer Kultur aus. Mit ihnen<br />
kann man sich vom Alltag lösen und ein wenig in der Fantasie<br />
tummeln. Gleichzeitig übermitteln viele dieser fantastischen<br />
Geschichten, wie es zu bestimmten geschichtlichen oder kulturellen<br />
Ereignissen kam. Eine von Vietnams vielen Sagen „erklärt“,<br />
woher die vietnamesischen Kuchen aus Klebreis, Bánh<br />
chưng und Bánh dầy, kommen.<br />
Darin heißt es, dass Bánh chưng und Bánh dầy aus dem<br />
Wettstreit eines Königs stammen. Welcher besagte, dass derjenige<br />
Prinz, der das beste und tiefsinnigste Mahl ferindet,<br />
der Nachfolger des Königs werde. Das ließ den 18. Prinz und<br />
Sohn des Königs ratlos werden, bis er in seinem Traum die Anweisung<br />
wie ein Rezept von einer Gottheit erhielt. Der Prinz<br />
befolgte die Worte der Gottheit, bereitete die Kuchen zu und<br />
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ORLE<br />
NORmales LEben<br />
gemeinnützige GmbH<br />
gab es den Namen Bánh chưng und Bánh dầy. Reis spielt hier<br />
eine wichtige Rolle, da er die Menschen ernähre. Bánh chưng,<br />
der Reiskuchen in quadratischer Form symbolisiert die Erde.<br />
Die Bohnen- und Fleischfüllung steht <strong>für</strong> das Leben auf der<br />
Erde. Bánh dầy ist rund und steht <strong>für</strong> den Himmel. Die Füllung<br />
und die Blätter um den Kuchen herum symbolisieren hier den<br />
Schutz der Eltern <strong>für</strong> ihre Kinder. Der König, anfangs verwundert,<br />
lobte nach dieser Erklärung die Bedeutung hinter Bánh<br />
chưng und Bánh dầy, empfand diese als schmackhaft und<br />
überließ seinem 18. Sohn den Königsthron.<br />
Diese Sage veranschaulicht, warum am „Fest des ersten<br />
Morgens“ die Gerichte Bánh chưng und Bánh dầy so eine prominente<br />
Rolle spielen. Wobei sie heutzutage an jenem Fest<br />
auch serviert werden, um auf dem Festtisch den Gottheiten<br />
sozusagen „Himmel und Erde“ darzubringen.<br />
Nacherzählt von Maria Than Mai Phan<br />
Quelle: https://buske-elibrary.de/media/upload/leseprobe/9783875489668.pdf<br />
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58 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Ob Van oder Wohnmobil: Mit einer Trenntoilette ist man nachhaltig unterwegs<br />
Ein stilles Örtchen mitten<br />
in der Natur<br />
(djd). Hinreisen, wo man möchte, ohne auf die Geborgenheit eines eigenen<br />
Heims und den nötigen Abstand zu anderen zu verzichten – Wohnmobile und<br />
Vans haben durch die Coronapandemie immens an Beliebtheit gewonnen. So<br />
stiegen die Neuzulassungen im Segment Wohnmobile 2020 laut Kraftfahrt-Bundesamt<br />
um über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wer mit seinem Zuhause<br />
auf vier Rädern auch an abgelegeneren Orten anhalten will, muss allerdings gut<br />
ausgerüstet sein. Denn egal, ob man am Bergsee steht, eine einsame Landstraße<br />
entlangfährt oder am Surf-Spot übernachtet: Manche Bedürfnisse lassen sich<br />
nicht aufschieben. Dann braucht es eine eigene Toilette, um die besuchten Lieblingsorte<br />
sauber zu halten und die Natur zu schützen.<br />
Raffiniertes Prinzip macht Chemie überflüssig<br />
Oft kommen klassische Chemietoiletten zum Einsatz. Doch diese müssen nicht<br />
nur an speziellen Entsorgungsstationen geleert werden, sie enthalten auch – wie<br />
der Name schon sagt – chemische Stoffe und riechen dadurch häufig unangenehm.<br />
Eine nachhaltige, chemiefreie Lösung kann dann eine Trenntoilette sein –<br />
mehr dazu unter www.trelino.de. Diese funktioniert nach folgendem raffinierten<br />
Prinzip: Unter der bequemen Klobrille sitzt ein Trenneinsatz, der den Urin in einen<br />
Kanister leitet, während der Feststoff in einem Eimer mit Kompostbeutel aufgefangen<br />
wird. Dort wird er mit Streumittel wie Kleintierstreu oder Rindenmulch<br />
bedeckt, damit er trocknen kann, was die Entstehung von Gerüchen verhindert.<br />
Trenntoiletten gibt es in verschiedenen Größen und Ausführungen. Für Vans, Bullis<br />
und Kastenwagen ist zum Beispiel die Trelino S konzipiert. Kompakt und leicht,<br />
mit dicht schließendem Deckel und geschützt gegen Auslaufen, übersteht das<br />
mobile stille Örtchen auch ruppigere Fahrten abseits asphaltierter Straßen.<br />
Einfache Entsorgung dank Trennung<br />
Größere Modelle sind <strong>für</strong> Wohnmobile, aber auch <strong>für</strong> Gartenhäuser oder Tiny<br />
Houses geeignet. Doch egal, wie groß und an welchem Einsatzort: Nicht nur Chemie<br />
ist überflüssig, es wird auch kein Wasser verbraucht, das unterwegs ohnehin<br />
meist knapp ist. Die Trennung ermöglicht darüber hinaus eine denkbar einfache<br />
Entsorgung: Das Flüssige wird in die Kanalisation gegeben oder verdünnt als Dünger<br />
<strong>für</strong> den eigenen Garten genutzt, während der Beutel mit den Feststoffen in<br />
den üblichen Hausmüll wandern kann. Insgesamt eine rundum saubere Sache. djd<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
59
REPORTAGE<br />
Marilyn und Carlotta<br />
LACHEN IST GESUND!<br />
Es begann mit einem Anruf in New York<br />
Text // Beate Deeken<br />
Ein Impuls von außen ließ einst den Amerikaner Michael<br />
Christiansen zum Vater der professionellen Krankenhausclowns<br />
werden. Selbst Clown von Beruf und<br />
Gründer des Big Apple Circus mitten in New York, bekam er<br />
bald darauf den Anruf einer Dame, die ihn bat, als Clown in<br />
einer Klinik aufzutreten. Mit der Intention, dort herzkranken<br />
Kindern eine Freude zu bereiten. Später zählte Michael Christiansen<br />
diese Erfahrung zu den besten Zeiten seines Lebens.<br />
Das war um 1986. Recht schnell überzeugte diese Idee der<br />
Klinikclowns auch Kinderkliniken in Österreich, der Schweiz<br />
und in Deutschland, wo 1994 der Verein Clown Doktoren e.V.<br />
gegründet wurde.<br />
Einer der bekanntesten Unterstützer hierzulande dürfte<br />
Dr. Eckart von Hirschhausen sein, der vor über zehn Jahren<br />
die Stiftung „Humor Hilft Heilen“ – kurz HHH – gründete.<br />
Nina Pohovski, über die wir gleich noch mehr erfahren werden,<br />
war 1992 die jüngste Clownin in Frankfurt am Main und<br />
gehört übrigens zu den Gründungsmitgliedern der Stiftung.<br />
Die Idee verbreitete sich und einige Kilometer weiter nördlich,<br />
in Oldenburg, ging die gebürtige und in Ostfriesland<br />
aufgewachsene Andrea Voermann ihren eigenen Weg, indem<br />
sie bereits im Jahr 2000 die „Klinikclowns Nordwest“<br />
ins Leben rief. Zunächst ohne eigene Rechtsform und auch<br />
ohne clownerische Unterstützung. Es dauerte aber nicht lange,<br />
da kreuzte Nina Pohovski Andrea Voermanns Weg. Auch<br />
eine Rechtsform der Klinikclowns Nordwest wurde bald gefunden.<br />
Sie etablierten sich als gemeinnützige Unternehmergesellschaft“<br />
(gUG).<br />
Das andere Ich<br />
Seitdem machen sie als „Carlotta“ und „Marylin“ gemeinsame<br />
Sache. Marylin ist kein zufällig gewählter Name. Nina<br />
suchte ihn aus <strong>für</strong> ihre Clownsidentität in Anlehnung an<br />
Marilyn Monroe – nur falsch geschrieben. „Wir brauchen<br />
nicht viel, um in unsere Clowns-Rolle zu schlüpfen. Allein<br />
die rote Nase, ohne Schminke und Kostüm, lässt dieses andere<br />
Ich in den Vorschein treten,“ sind sich Nina Pohovski,<br />
Andrea Voermann und auch Thorsten Frank einig. Thorsten<br />
ist seit über fünf Jahren Mitglied des nun sechsköpfigen<br />
Teams der „Klinikclowns Nordwest“, das in Oldenburg und<br />
Leer junge und alte Patientinnen und Patienten im Krankenhaus<br />
besucht.<br />
60 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
Ausbildung: Klinikclown<br />
„Die Figur des Clowns hängt sehr eng mit der individuellen<br />
Biografie zusammen,“ beschreibt Nina alias Marylin die<br />
Figur des Clowns. „Es gibt einen starken Bezug zu dem zivilen<br />
Menschen darin.“ So beeinflusst und bereichert neben<br />
persönlichen Erfahrungen auch der „normale“ Beruf die Stile<br />
im Clowns-Spiel. Doch immer ist ein Clown frei in dem was<br />
er tut, ungebunden und stets unterwegs. Er ist Kind ähnlich.<br />
Das ist der Schlüssel zum Erfolg eines Clowns. Indem er die<br />
Denkweise der Kinder annimmt, sich auf eine Ebene mit<br />
ihnen stellt, baut er Distanz und Unsicherheit ab. Errichtet<br />
stattdessen verbindende Brücken.<br />
Carlos und Carlotta<br />
immer noch wach und so absolvierte sie endlich eine Ausbildung<br />
zur Clownin und im Anschluss die des staatlich anerkannten<br />
Klinikclowns an der offiziellen Ausbildungsstätte<br />
<strong>für</strong> Proficlowns in Deutschland an der „TuT-Schule <strong>für</strong> Tanz,<br />
Clown und Theater“ in Hannover. Später folgte noch das Studium<br />
der Frühpädagogik.<br />
Die Fähigkeiten dazu kamen bei Nina Pohovski schon als<br />
Kind zum Vorschein, als sie nämlich der bekannten Clownin<br />
Laura Fernandez begegnete. Da war es um sie geschehen.<br />
Fasziniert vom freien Clownsgeist erlernte sie bereits seit<br />
dem zehnten Lebensjahr bei verschiedenen renommierten<br />
Lehrern weltweit die Clownerei. Und auch als erwachsene<br />
Frau ist diese Leidenschaft neben einem Studium <strong>für</strong> Kunstund<br />
Museumspädagogik und ihrem Beruf geblieben. 1993,<br />
noch gar nicht in Norddeutschland gestrandet, wurde sie<br />
Klinikclown. Und war so der Entwicklung in Deutschland ein<br />
gutes Stück voraus. 1995 gründete sie das Klinikclowns-Projekt<br />
in der DRK-Kinderklinik in Siegen.<br />
Die Gabe des Clowns, aus Niederlagen das Beste zu machen<br />
und auch mal über sich selbst zu lachen, Witze zu machen<br />
und Tabus zu brechen – <strong>für</strong> all das haben Klinikclowns<br />
kein Drehbuch. Anders als Straßen- oder Zirkusclowns. Denn<br />
ein Klinikclown improvisiert immer. Da ist es gut, dass es vor<br />
jedem Besuch bei den jungen Patienten eine „Übergabe“<br />
gibt – wie beim Schichtwechsel des Klinikpersonals. „Wir<br />
müssen ja wissen, ob ein Kind wegen einer bevorstehenden<br />
Operation nüchtern sein muss. Da passen weder Gummibärchen<br />
noch Getränke ins Spiel,“ erklären die Clowninnen. Klar,<br />
dass Klinikclowns auch der Schweigepflicht unterliegen. Und<br />
der Einhaltung strenger Hygienevorschriften. Eine Spieleinheit<br />
im Zimmer kann bis zu 20 Minuten dauern, sie kann aber<br />
Zunächst einen „ordentlichen Beruf“<br />
Ganz anders ist Andrea Voermann „auf den Clown gekommen“.<br />
Ihr Berufswunsch „Schauspielerin“ kam bei den Eltern<br />
in Friesland nicht sonderlich gut an. Also lernte sie erst einmal<br />
einen „ordentlichen“ Beruf und wurde Erzieherin. Doch<br />
der Kindheitstraum von Clownerie und Schauspielerei war<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />
61
auch kürzer sein, zum Beispiel zwei Minuten. Die Dauer<br />
ist <strong>für</strong> den positiven Effekt nicht entscheidend, manchmal<br />
reicht schon ein kurzer Blick ins Zimmer.<br />
Dürfen wir reinkommen – statt Manege auf<br />
„Dürfen wir reinkommen?“ lautet der Türöffner, und damit<br />
beginnt das Spiel. Lautet die Antwort „Ja“, geht es weiter.<br />
Lautet sie „Nein“, geht es auch weiter. Nur anders. Natürlich<br />
werden die Wünsche der Patientinnen und Patienten ernst<br />
genommen. Ist der Clown gerade nicht erwünscht, wird das<br />
respektiert und er zieht sich zurück. Auf dem Flur aber wird<br />
das Spiel fortgesetzt, denn die Clowns bleiben in ihrer Rolle.<br />
Dort binden sie Eltern, Reinigungskräfte oder Schwestern<br />
und manche Ärzte mit ein. Nicht alle, vielleicht weil oft keine<br />
Zeit da<strong>für</strong> ist. Doch auch Mediziner wissen um den positiven<br />
Einfluss von Lachen und Unsinn machen. Übrigens können<br />
Clowns auch unsichtbar werden. Zum Beispiel wenn Ärzte<br />
zur Visite kommen. Die Clowns stehen dann in der Ecke,<br />
neben dem Fenster, hinter der Tür – und machen schon mal<br />
im Rücken der Doktoren Faxen. Und sind, mindestens <strong>für</strong> sie,<br />
unsichtbar. Ist doch klar!<br />
Regeln? Die bestimmt der junge Patient!<br />
Die Klinikclowns Nordwest treten immer im Zweierteam<br />
auf. „Nicht zuletzt, um sich in schwierigen Situationen zu<br />
retten,“ erklärt Thorsten. „Und um das Spiel aufzulockern.<br />
Die Möglichkeiten sind größer zu zweit“, ergänzt Nina. Mal<br />
verbündet sich ein Clown mit dem Kind gegen den anderen<br />
Clown, oder alle verbünden sich gegen den Arzt. Es gelten<br />
keine Normen, keine Bestimmungen. Mit dem Clown darf<br />
man Dinge tun, die ansonsten tabu sind. Popeln zum Beispiel.<br />
Anderen eine lange Nase zeigen. Oder behaupten,<br />
Doktor der Furzologie zu sein.<br />
Mit dem Clown zusammen kann der junge Patient im<br />
Krankenhaus selbst mal die Regeln bestimmen. Den Clown<br />
rausschmeißen oder ihn beschimpfen. Und herzlich lachen.<br />
Kinder merken gar nicht, dass sie mitspielen. Alte, vielleicht<br />
demente Menschen hingegen bleiben eher passiv beim<br />
Clownsbesuch. Doch egal: sind die Klinikclowns wieder weg,<br />
schwingt der positive Effekt noch nach, mit der gewissen<br />
Leichtigkeit, die sie zurücklassen.<br />
Das Lachen<br />
Wenn man bedenkt, dass Klinikclown Carlotta einst über<br />
den Posten „Spiel- und Bastelmaterial“ beim Förderverein<br />
abgerechnet wurde, hat sich Vieles getan bei der Arbeit mit<br />
dem heilenden Lachen: Der positive Effekt der Klinikclowns<br />
ist längst anerkannt.<br />
2020 wollten die Klinikclowns Nordwest eigentlich ihr<br />
zwanzigjähriges Jubiläum feiern. Aber es war ja Corona.<br />
Stattdessen standen kontaktlose, virtuelle Besuche auf dem<br />
Plan. Zur Zeit freuen sie sich über Lockerungen, die es ihnen<br />
ermöglichen, vor Ort richtig loszulegen. Ihre Finanzierung<br />
jedoch läuft, bei aller Etablierung und Anerkennung ihrer<br />
Arbeit, weiterhin über Fördervereine und ist von Spenden<br />
abhängig. Das ist weniger zum Lachen, aber das wissen die<br />
Kinder ja nicht.<br />
Noch mehr dazu unter:<br />
www.klinikclowns-nordwest.de<br />
62 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt.Land.Leute | Reportage
Individuelle Hilfen <strong>für</strong> individuelle Menschen<br />
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Ambulant<br />
betreutes Wohnen<br />
Individuelle<br />
pädagogische<br />
Unterstützung<br />
Besondere<br />
Wohnform<br />
Sexualberatung<br />
25 Jahre<br />
1995 - 2020<br />
Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs<br />
und das Pferd<br />
Es ist das derzeit „klügste und schönste Buch der Welt“.<br />
Niemand, der dieses ungewöhnliche Buch in Händen hält,<br />
wird das bestreiten wollen. Niemand wird es freiwillig wieder<br />
hergeben, jeder liest es von vorne bis zur letzten Seite<br />
und kann die zauberhaften Zeichnungen einfach nicht aus<br />
den Augen lassen. Und wie gut es sich anfühlt, mit diesem<br />
fein-glatten Cover, mit den festen Seiten aus Karton – und<br />
dann wieder diese Zeichnungen, komplettiert von den<br />
klügsten Gedanken, auf die man selber gerne gekommen<br />
wäre. Die man mitnimmt, unwillkürlich und glücklich, in die<br />
Alltage, die durch die „Weisheiten des Jungen, des Maulwurfs,<br />
des Fuchses und des Pferds“ zurücklächeln.<br />
Wunderbar auch in welcher der vier Protagonisten man<br />
selbst sich sieht und – prompt wieder wechselt, wenn Fuchs,<br />
Pferd oder der Junge noch etwas Klügeres als zuvor erkennen<br />
und das den faszinierten Menschen mitteilen, die über<br />
ihr Buch gebeugt, jede Klugheit begierig aufnehmen. Zumal,<br />
wenn der Maulwurf seine Leidenschaft <strong>für</strong> Kuchen auf<br />
so hinreißende Weise immer wieder neu und anders verkündet,<br />
dass selbst der größte Unsinn im Menschenleben<br />
sich auf das Maß eines Kuchens aufwerten lässt. Und wenn´s<br />
ganz blöd gelaufen ist, wurde der Kuchen eben kurz vorher<br />
aufgegessen. Von wem..?<br />
Es geht in dem Buch um Liebe, Freundschaft, Güte und<br />
um Mut. Um Klugheit und um die Blicke über den Horizont<br />
hinweg, direkt hinein ins menschliche Herz. „Der Junge, der<br />
Maulwurf, der Fuchs und das Pferd“ ist ein Kunstwerk, universell<br />
in Sprache und Bildern, <strong>für</strong> alle Menschen von klein<br />
an und bis an jedes Lebensende.<br />
usch<br />
Charlie Mackesy: Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und<br />
das Pferd. List Verlag. ISBN 978-3-471-36021-7. Euro 22,00<br />
Geschäftssitz<br />
Dötlingen<br />
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Delmenhorst<br />
Tel. 04221/15 57 89<br />
Wohnvorbereitung<br />
Pflegewohngemeinschaften<br />
Familienentlastender<br />
Dienst<br />
Verwaltung<br />
Wildeshausen<br />
Tel. 04431/74837-0<br />
Natürlicher<br />
näher<br />
nachhaltiger<br />
ENGAGIERTE, SOLIDARISCHE GEMEINSCHAFT BIETET<br />
AB APRIL WÖCHENTLICHE KISTEN MIT FRISCHEM,<br />
SAISONALEM BIOGEMÜSE AUS BECKSTEDT/COLNRADE<br />
Wir freuen uns auf Menschen mit Interesse<br />
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Gemeinsam <strong>für</strong> eine zukunftsfähige Landwirtschaft!<br />
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Lutz Beckröge: 0176 47 16 91 24<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Buchtipp<br />
63
REPORTAGE<br />
So wachsen des Gärtners Träume hoch hinaus<br />
Gemüse und Obst in Beeten oder Hochbeeten erfolgreich selbst anbauen<br />
Knackigen Salat und frische Kräuter direkt aus eigenem<br />
Anbau ernten: Selbstversorgung ist <strong>für</strong> viele längst<br />
mehr als ein Hobby. Schließlich wissen Freizeitgärtner<br />
bei eigenem Obst und Gemüse genau, was drin ist. Zudem<br />
schmeckt es ohne lange Transport- und Lagerwege einfach<br />
besser. Einen besonders bequemen und einfachen Einstieg<br />
bieten Hochbeete. Sie ermöglichen nicht nur ein rückenschonendes<br />
Gärtnern, sondern versprechen obendrein gute<br />
Erträge. Ein Grund da<strong>für</strong> sind die im Inneren ablaufenden<br />
Kompostierungsprozesse. Dadurch ist es in den Holzkonstruktionen<br />
wärmer als in normalen Bodenbeeten, das Wachstum<br />
der Pflanzen wird angeregt.<br />
Befüllen in drei Schichten<br />
Einmal befüllt, lassen sich Hochbeete nicht ohne Weiteres<br />
verrücken. Also will der Standort bei einer Neuanlage gut gewählt<br />
sein. Windgeschützt sollte er sein, zudem sollte man<br />
nach Möglichkeit das Beet in Ost-West-Richtung ausrichten,<br />
um eine schnelle Erwärmung durch die Frühjahrssonne zu<br />
gewährleisten. Wenn das Hochbeet direkt auf dem Erdboden<br />
steht, schützt ein unten angebrachtes Drahtgitter vor<br />
Wühlmäusen und anderen Nagetieren. Empfehlenswert ist<br />
es auch, die Holz-Seitenwände von innen mit einer Schutzfolie<br />
auszukleiden. Das verhindert ein Durchfeuchten und verlängert<br />
somit die Lebenszeit des Hochbeets. Anschließend<br />
64<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage
geht es ans Befüllen. Grundsätzlich werden grobe Materialien<br />
unten eingeschichtet, nach oben hin wird es immer feiner.<br />
Dabei besteht der Aufbau aus jeweils einer Grund-, Nähr- und<br />
Pflanzschicht. Eine gute Wahl als obere Schicht stellt etwa<br />
die torfreduzierte "DCM Aktiv-Erde Gemüse & Hochbeete" in<br />
Bio-Qualität dar. Sie enthält unter anderem wurzelaktivierende<br />
Mykorrhiza-Pilze, welche die Wasser- und Nährstoffaufnahme<br />
fördern und das Pflanzenwachstum verbessern - sogar bei<br />
Stress, Trockenheit oder Nährstoffmangel. Für einen guten<br />
Start beinhaltet die Erde einen organischen Dünger <strong>für</strong> rund<br />
150 Tage.<br />
Passenden Pflanzmix wählen<br />
Auf das Befüllen folgt das Bepflanzen. Für Hochbeete ist<br />
eine Mischkultur verschiedener Pflanzen, die sich gegenseitig<br />
im Wachstum fördern, gut geeignet. Durch eine Kombination<br />
aus flach- und tiefwurzelnden Vertretern stehen diese nicht in<br />
Konkurrenz zueinander um Nährstoffe. So können Gartenbesitzer<br />
oft bis weit in den Herbst hinein noch frisches Gemüse<br />
und knackigen Salat ernten. Viele nützliche Tipps zur Anlage<br />
eines Hochbeets finden sich etwa unter www.cuxin-dcm.de.<br />
Dort gibt es neben der Erde auch Informationen zu anwendungsfertigem<br />
Hochbeet-Kompost und Hochbeet-Mulch. Im<br />
Laufe der Zeit sackt die Erde sichtbar ab, dann sollte entsprechend<br />
aufgefüllt werden. Nach vier bis sechs Jahren empfehlen<br />
Gartenexperten, die Füllung komplett auszutauschen. djd<br />
Foto: freepik.com<br />
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Öffnungszeiten: Mo-Fr 9.00 - 13.00 Uhr und von 14.00 -18.00 Uhr / Sa 9.00-13.00 Uhr<br />
www.gruenes-warenhaus-wildeshausen.business.site / Ahlhorner Str. 3 27793 Wildeshausen
IMPRESSUM<br />
Herausgeber:<br />
Verlag S.E.C. GmbH, Geschäftsführer Hasan Mutlu<br />
Rathausweg 10, 49661 Cloppenburg<br />
Redaktion/Gestaltung/Realisierung:<br />
Das <strong>Magazin</strong> Stadt. Land. Leute.<br />
Redaktion: Ulla Schmitz (V.i.S.d.P.)<br />
E-Mail: redaktion@das-stadtmagazin.com<br />
Anzeigen: E-Mail: media@das-stadtmagazin.com<br />
Grafik: Daniela Wilke, E-Mail: d.wilke@das-stadtmagazin.com<br />
Druck: Printnow, Otto-Hahn-Straße 25, 34253 Lohfelden<br />
Fotonachweise, wenn nicht anders ausgezeichnet:<br />
Archiv Orgelförderverein, Archiv Rena Schilling Stiftung, Archiv<br />
Alfred Panschar, Archiv Bürger- und Geschichtsverein, Sigrid<br />
Lünnemann, Beate Deeken, Privatarchiv Dr. Kerstin Friedrich, Privatarchiv<br />
Schnittker/Lenzschau, Archiv Norderney, Privatarchiv<br />
Ingo Hermes, Archiv Lutz Meyer/lumede/Atlas Weyhausen, Archiv<br />
Käthe Nebel, Archiv team;iken, Archiv Gildebuchhandlung/<br />
Gebhardt, Archiv Lili Servicekino, Ulla Schmitz, Archiv Klinikclowns.<br />
Illustrationen: Maria Than Mai Phan<br />
Quellen- und Literaturverzeichnis:<br />
Eva-Maria Ameskamp, Königin der Instrumente, Kulturland Oldenburg,<br />
Zeitschrift der Oldenburgischen Landschaft, Ausgabe<br />
3. 2018, Nr. 177, S. 26/27. Werner Meiners, Geschichte der Juden<br />
in Wildeshausen, Oldenburg 1988. Peter Heinken, Die jüdische<br />
Gemeinde Wildeshausen in der Zeit des Nationalsozialismus<br />
1933 – 1945, in: Wildeshauser Schriften <strong>für</strong> Heimat, Geschichte &<br />
Kultur, Band 10, Jahrgang 2011, S. 20ff. Spuren jüdischen Lebens<br />
in Wildeshausen (Faltblatt), hrsg. v. Arbeitskreis <strong>für</strong> Demokratie<br />
und Toleranz im Präventionsrat der Stadt Wildeshausen sowie<br />
Bürger- und Geschichtsverein Wildeshausen e.V.<br />
Wolfgang Benz (Hrsg.), Die Juden in Deutschland 1933-1945. Leben<br />
unter nationalsozialistischer Herrschaft, München 1989.<br />
www.stolpersteine-bremen.de<br />
www.spurensuche-bremen.de<br />
www.gedenkstaettenforum.de<br />
Urheber- und Verlagsrecht<br />
Das <strong>Magazin</strong> und alle in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen<br />
sind urheberrechtlich geschützt. Mit Annahme des<br />
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Rechte zur Übersetzung, zur Vergabe von Nachdruckrechten,<br />
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festgelegten Grenzen ist ohne Zustimmung des<br />
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Meinung der Redaktion dar.<br />
WICHTIGE<br />
TELEFONNUMMERN<br />
NOTRUFNUMMERN BUNDESWEIT<br />
Polizei 110<br />
Rettungsdienst/Notarzt 112<br />
Corona Hotline des<br />
Berufsverbandes Deutsche<br />
Psychologinnen und Psychologen 0800 777 22 44<br />
Opfernotruf (Weißer Ring e.V.) 01803 34 34 34<br />
Deutscher Kinderschutzbund<br />
(Kinder- und Jugendtelefon) 116111<br />
Deutscher Kinderschutzbund<br />
(Elterntelefon) 0800 111 0 550<br />
Hilfetelefon Sexueller Missbrauch 0800 22 55 530<br />
Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen 0800 116 016<br />
Hilfetelefon Gewalt gegen Männer 0800 123 99 00<br />
Hilfetelefon Schwangere in Not 0800 40 40 420<br />
Medizinische Kinderschutz-Hotline 0800 1921 000<br />
Infotelefon Depressionen 0800 33 44 533<br />
Krisendienst <strong>für</strong> Menschen<br />
in seelischen Nöten 0800 111 0 111<br />
oder 0800 111 0 222<br />
NOTRUFNUMMERN REGIONAL<br />
Frauen- und Kinderschutzhaus<br />
in Wildeshausen 04431 738080<br />
Bereitschaftsdienstpraxis<br />
am Krankenhaus Johanneum 04431 9821010<br />
AIDS-Hilfe Oldenburg e.V. 0441 14 500<br />
BeKoS Beratungs- und<br />
Koordinationsstelle <strong>für</strong><br />
Selbsthilfegruppen<br />
e.V. in Oldenburg 0441 884848<br />
BKE Suchtselbsthilfe Ahlhorn<br />
Urte und Hanno Naber 04487 521<br />
und 0173 6192817<br />
66<br />
Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Impressum
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