30.03.2022 Aufrufe

Magazin für StadtLandundLeuteWildeshausenAusgabe6

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2. Jahrgang Ausgabe 6 | März 2022 | kostenlos<br />

STADT. LAND. LEUTE<br />

WILDESHAUSER KÖPFE<br />

LUTZ MEYER<br />

NORDERNEY<br />

DIE „GRANDE DAME DER NORDSEE“<br />

STADTGESCHICHTE<br />

WILDESHAUSEN ALS SIEDLUNG<br />

Wildeshausen, Twistringen, Bassum, Syke, Hude, Wardenburg, Hatten,<br />

Ganderkesee, Großenkneten, Dötlingen, Harpstedt, Visbek, Goldenstedt


IHRE SAUNA- &<br />

WELLNESSLANDSCHAFT<br />

IM HERZEN DER<br />

WILDESHAUSER GEEST<br />

WIR FREUEN UNS AUF IHREN BESUCH!<br />

Krandelstraße 15|27793 Wildeshausen | 04431 / 7482100


Liebe Leserinnen und Leser,<br />

haben wir die Lockdowns überwunden? Sind die „großen“ politischen Verhältnisse stabil(er), haben wir<br />

unsere verhältnismäßig kleine Welt der neuen Normalität angepasst? Können wir zukünftig auf solche<br />

allumfassenden und doch sehr persönlichen Fragen verzichten? Wir werden es erleben, wobei<br />

„LIFE is what happens to you while you are busy making other plans“<br />

(John Lennon)<br />

Während was auch immer geschehen wird, in der Zwischenzeit stoßen die hier folgenden Geschichten bei<br />

Ihnen sicherlich auf Interesse, machen Ihnen hoffentlich Spaß und informieren zudem.<br />

Anzeige<br />

Dazu gehört auch eine Notiz in eigener Sache, da aus dem ehemaligen Stadtmagazin <strong>für</strong> Wildeshausen<br />

165 x 60 mm<br />

& umzu Das <strong>Magazin</strong> Stadt. Land. Leute geworden ist. Weil das <strong>Magazin</strong> ab sofort in der großen Region<br />

Ausgabe 43 Cloppenburg<br />

verteilt wird (siehe Cover) und niemand dort ein „Umzu“ ist, sondern mittendrin!<br />

Ausgabe 06 Wildeshausen<br />

je 190 EUR<br />

In diesem Sinne und wie immer mit besten Wünschen und herzlichen Grüßen,<br />

Ihr Team des <strong>Magazin</strong>s Stadt. Land. Leute<br />

SCHUHHAUS LAING<br />

Hauptstraße 1 • 49429 Visbek<br />

Telefon: 04445 2823<br />

info@schuhhaus-laing-visbek.de<br />

www.schuhhaus-laing-visbek.de<br />

ÖFFNUNGSZEITEN:<br />

Montag bis Freitag:<br />

10:00–12:00 Uhr<br />

und von 15:00–18:00 Uhr<br />

Samstag: 10:00–13:00 Uhr<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Editorial<br />

3


11<br />

28 Die Alexanderkirche<br />

Norderney<br />

Blickpunkt 3<br />

Stadtgeschichte – Die Stadt Wildeshausen als Siedlung 6<br />

Der Tränenkrug 10<br />

Die Alexanderkirche – ein Gesamtkunstwerk erstrahlt 11<br />

Buchtipp: Vernichten 14<br />

Agieren statt reagieren 15<br />

Jüdische Familien: Moritz und Sophie de Haas 16<br />

Buchtipp: Der glücklichste Mensch der Welt 18<br />

Rena Schilling Stiftung 20<br />

Schnittker am Markt 22<br />

Norderney – die „Grande Dame der Nordsee“ 28<br />

Konzentration statt Käse und Wein 32<br />

Buchtipp: Rosa sucht das Regenbogenland 33<br />

4<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Inhalt


42<br />

Lili Servicekino<br />

60 52<br />

Klinikclowns<br />

Der Mann, sein preisgekröntes Design<br />

Gut älter werden 34<br />

Früh und sicher in die Automobilität starten 38<br />

Die einfache Botschaft des Kleingeschriebenen 39<br />

Erst vergessen - heute geliebt 42<br />

Käthe Nebel 44<br />

Leserbrief 46<br />

Die Gilde Buchhandlung 47<br />

De Tweete Translatio 50<br />

Der Mann, sein preisgekröntes Design und die Radlader von Atlas Weyhausen 52<br />

Mit Vietnam essen 56<br />

Ein stilles Örtchen mitten in der Natur 59<br />

Lachen ist gesund! 60<br />

So wachsen Gärtners Träume hoch hinaus 64<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Inhalt 5


STADTGESCHICHTE<br />

Huntestraße um 1910 Richtung Hunte<br />

Die Stadt Wildeshausen<br />

ALS SIEDLUNG<br />

Aus Aufzeichnungen von Dr. Fritz Strahlmann<br />

Mit der Siedlungsgeschichte verschiedener niederdeutscher<br />

Städte befasst sich ein Aufsatz von Archivrat<br />

Dr. Martiny „Städte und Flecken des alten<br />

Sachsenstammes“ im 47. Band der „Osnabrücker Mitteilungen“<br />

1925. Der Verfasser führt aus: „Die Umfestigung eines<br />

Ortes mußte dazu führen, daß die weit ins Land hinaus erstreckte<br />

Bebauung fortfiel und da<strong>für</strong> Anbau innerhalb der<br />

Mauern oder Wälle trat, daß also eine Verdichtung des Stadtkörpers<br />

eintrat.“<br />

Der Stadtplan von Wildeshausen verdeutlicht die Gestaltung<br />

einer echten, umfestigten Stadt von „strahliger Bildung“,<br />

wo die wenigen nicht nach außen verlaufenden Straßen<br />

entweder der Mauer parallel ziehen oder ergänzende<br />

Seitenstraßen sind. Ein „Fremdkörper“ ist nur das rundliche<br />

Stiftsgebiet von St. Alexander. Der Marktplatz stellt sich als<br />

erweiterte Straßenkreuzung dar.<br />

Burgstraße vom Marktplatz zum Burgberg<br />

6<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte


Frühe Anlagen der Stadt<br />

Aus Martinys Darlegungen geht hervor, daß es sich bei dem Stadtgebiet von<br />

Wildeshausen um eine Siedlung handelt, die wahrscheinlich lange vor dem<br />

rundlichen Stift von St. Alexander entstand, so daß in der Tat siedlungsgeschichtlich<br />

das Stiftsgebiet von St. Alexander, also das Gebiet der Alexanderkirche<br />

und des Kapitelhauses, geradezu als [sic.] eine eigene und man kann<br />

sogar sagen, als eine selbständige Siedlung außerhalb der Stadt angesehen<br />

werden muß, während es sich bei dem Sonderstadtteil Zwischenbrücken nicht<br />

um eine besondere Siedlung handelt.<br />

125 Jahre<br />

Tradition in der Huntestraße<br />

Schmuck<br />

Uhren<br />

Trauringe &<br />

Brautschmuck<br />

Goldschmiede<br />

Zwischenbrücken mit der alten Huntebrücke um 1900<br />

Zwischenbrücken ist kein „Fremdkörper“, sondern die natürliche Erweiterung<br />

der Stadt am anderen Hunte-Ufer. Während das ursprüngliche und älteste<br />

Stadtgebiet anfänglich wohl aufgrund von Hunte-Überschwemmungen zu<br />

leiden hatte, war das bei dem erst später angelegten rundlichen Stiftsgebiet<br />

von St. Alexander weniger oder gar nicht der Fall, wählten doch die weltlichen<br />

und geistlichen Gründer des Stifts zum Bau der Kirche und des Klosters eine<br />

höhere Stelle am Hunte-Ufer – während die Grafen von Wildeshausen und<br />

Oldenburg sich Jahrhunderte später am Burg Berg erst noch eine künstliche<br />

Erhöhung oder Anhöhe <strong>für</strong> ihre Burg schaffen mußten.<br />

Uhrmacher<br />

Gravuren<br />

Die Kirche als die erste Siedlerin außerhalb der Wohnbereiche hatte somit<br />

einen leichteren Stand. Daß das Stiftsgebiet höher lag als die Stadt, das beweist<br />

noch heute die Steigung der Kirchstraße, die noch heute vorhanden ist,<br />

die aber nicht mehr so auffällt, wie vielleicht in früheren Zeiten, weil die Straßen<br />

der Stadt, besonders die Hunte- und Westerstraße im Laufe der Jahrhunderte<br />

häufig aufgefahren wurden.<br />

Altgoldankauf<br />

Webshop<br />

Die Wester Straße um 1910 mit Alexanderkirche<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte<br />

7<br />

Juwelier<br />

MEYER &<br />

RADEMACHER<br />

seit 1895<br />

partner<br />

Wildeshausen<br />

Huntestraße 10-12<br />

info@meyer-rademacher.de<br />

meyer-rademacher.de<br />

meyer-rademacher.shop


Kreuzung Wester-Hunte-Kirchstraße<br />

Tieferliegende Häuser, Tränenkrüge<br />

und eingegrabene Körper<br />

Aus diesem Auffahrwen oder Erhöhungen der Straßen<br />

erklärt sich auch die Tatsache, die bei dem Abbruch schon<br />

so mancher Häuser festgestellt wurde, daß die Fußböden,<br />

besonders die Tennen oder Lehmböden der früheren Häuser<br />

weit unter der heutigen Straßenhöhe lagen. Besonders<br />

deutlich ist das zu Tage getreten bei dem Neubau des Schröders´chen<br />

Hauses in der Huntestraße und bei dem Erweiterungsbau<br />

des Schnittker´schen Hauses an der Westerstraße.<br />

Amtsgericht<br />

In der Huntestraße wurden in einer Tiefe von über einem<br />

Meter auf einem Lehmdielen-Boden verbrannte und unverbrannte<br />

Körper gefunden, bei dem Schnittker´schen Haus an<br />

der Westerstraße in entsprechender Tiefe sogenannte Tränenkrüge,<br />

die früher unter den Türschwellen vergraben oder<br />

eingegraben wurden. [sic]<br />

Getan was notwendig war – die Stadtväter<br />

waren schließlich verantwortlich<br />

Daß der Marktplatz ursprünglich die erweiterte Straßenkreuzung<br />

der Hunte- und Westerstraße war, das kommt<br />

heute nicht mehr zur Geltung, da zwischen Huntestraße und<br />

Markt ein Häuserblock von drei Häusern entstanden ist –<br />

und dieser Häuserblock verdankt sicher einem vor Jahrhunderten<br />

empfundenen Mangel an Bauplätzen innerhalb der<br />

Stadt, innerhalb der Wälle und Mauern, sein Entstehen, wenn<br />

es heute auch etwas merkwürdig erscheint und unverständlich,<br />

warum nicht noch eine Straße vom Marktplatz aus über<br />

die sogenannte Köneken- oder Höpken Wiese Richtung der<br />

Hunte gelegt wurde, um so dem Mangel an Bauplätzen abzuhelfen<br />

und ihn zu beheben.<br />

Aber die Stadtväter werden wohl nach Notwendigkeiten<br />

gehandelt haben, nach Notwendigkeiten, die zeitlich oder<br />

örtlich oder sonstwie bedingt waren, und die sich von der<br />

Nachwelt nicht ohne weiteres feststellen lassen, da darüber<br />

aller Wahrscheinlichkeit nach, keine Aufzeichnungen mehr<br />

vorliegen. [sic]<br />

8<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte


Wester Straße mit Joh. Kramer und Gasthaus zum Stern von L. Panschar Wester Straße Richtung Huntestraße 1910<br />

Die Wester Straße nach dem großen Brand 1900<br />

Amtsgericht<br />

Getränke online<br />

bestellen!<br />

Aus der Region,<br />

<strong>für</strong> die Region:<br />

Zisch Express<br />

Ihr Getränkespezialist!<br />

Online bis 10.00 Uhr Getränke<br />

bestellen, am selben Tag bequem an<br />

die Haustür geliefert bekommen.<br />

Leergut nehmen wir natürlich<br />

auch wieder mit.<br />

oder per Scan des<br />

QR-Codes<br />

Probieren Sie es jetzt aus:<br />

www.zischexpress.de<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte<br />

9


DER TRÄNENKRUG<br />

Nun haben wir uns und eine Reihe anderer eigentlich gut informierter Mitmenschen gefragt, was denn wohl ein „Tränenkrug“<br />

ist beziehungsweise war. Es war Alfred Panschar, der folgendes „ausgegraben“ hat: In der Alexanderkirche soll<br />

ein Tonkrug gestanden haben in dem Tränen aufgefangen wurden. Der Tonkrug leuchtet ein, aber zum Auffangen von<br />

Tränen? Das ist nicht so gut zu verstehen, wohl aber eine andere Version: So sollen in der Fastenzeit sogenannte Tränenkrüge<br />

aufgestellt worden sein in den, bis Ostern handtellergroße Papiertränen eingeworfen werden konnten. Auf diesen Zetteln<br />

waren Fürbitten, Wünsche, Gedanken aber auch Ausdruck von Trauer und Hilflosigkeit beschrieben. Beim Osterfeuer, so sagt<br />

man, wurden diese Tränen dann verbrannt. Und auch, was einem Menschen vor seinem Tod nicht mehr gesagt werden konnte,<br />

durfte aufgeschrieben und im Tränenkrug versenkt werden. Dieses traurige Lied berichtet davon:<br />

Der Tränenkrug<br />

(Überliefert und angeblich gesungen von einem Sturmpercht*)<br />

Man soll den Toten nicht nachweinen, denn jede Träne,<br />

Die um sie vergossen wird, schmerzt sie gar <strong>für</strong>chterlich.<br />

Die Verstorbenen finden dann keine Ruhe, es ist ihnen,<br />

als müssten sie zu ihren Angehörigen auf Erden zurückkehren.<br />

Kinder, die vor der Taufe gestorben waren, müssen alle Tränen,<br />

die um ihretwillen geweint werden,<br />

in einem Krug auffangen und diesen mit sich tragen.<br />

Eine Mutter, der ihr Kind noch vor der Taufe<br />

Gestorben war, weinte stets nach ihrem verlorenen Kind.<br />

Als in der Zhomasnacht die Mutter weg zum Grab<br />

Ihres Kindes ging, begegnete sie dem Zuge der Perchtl.<br />

Da sah sie ihr zartes Kind.<br />

Das einen großen Krug mit sich schleppte und wehmütig sprach:<br />

„Mutter liebe Mutter, weine nicht!<br />

Schau, ich muss all deine Tränen in diesem Krug auffangen<br />

Und herumtragen. Nun kann ich nicht mehr<br />

Denn der Krug ist mir schon zu schwer geworden.<br />

*Sturmperchte sind gute und böse Fabelwesen, die in den zwölf Raunächten zwischen Weihnachten und dem 6. Januar auf Erden<br />

unterwegs sein sollen: Wenn das Geisterreich offensteht und die Seelen der Verstorbenen sowie die Geister Ausgang haben.<br />

10<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Stadtgeschichte


Wahrhafte Kunstwerke sind die neue Orgel und die freigelegte Rosette –<br />

ein Gesamtwerk, das die Alexanderkirche zum Klingen und zum Strahlen bringt<br />

ALEXANDERKIRCHE –<br />

ein Gesamtkunstwerk erstrahlt<br />

REPORTAGE<br />

Text & Fotos // Sigrid Lünnemann<br />

„Neuer Klang – Neues Licht – Neues Leben“ unter diesem<br />

Motto haben die Mitglieder des Orgelfördervereins der Alexanderkirche<br />

ein ehrgeiziges Projekt angeschoben. Der beeindruckende<br />

Neubau der Kirchenorgel und die Freilegung<br />

der Fensterrosette stehen dank dieses großen Engagements<br />

und der vielfältigen finanziellen Unterstützung von öffentlicher,<br />

kirchlicher und privater Seite vor der Vollendung.<br />

Mit Begeisterungsfähigkeit, Geduld und viel Herzblut<br />

engagierten sich die Aktiven des Orgelfördervereins, des<br />

Gemeindekirchenrates sowie Pastor Markus Löwe und viele<br />

weitere Unterstützer in den vergangenen Jahren und<br />

Jahrzehnten <strong>für</strong> dieses Projekt. Die neue Orgel und die Freilegung<br />

der Rosette wurde <strong>für</strong> viele Wildeshauser sowie Musik-<br />

und Kunstliebhaber aus der Region zu einer Herzensangelegenheit<br />

und nun freuen sich alle darauf, die neue Orgel<br />

endlich erklingen zu hören.<br />

„Die Orgel ist ein wahres Kunstwerk und der Kontakt zur<br />

Orgelbauer-Familie Woehl ist ein wahrer Glücksfall <strong>für</strong> unsere<br />

Kirche. Sie haben die Orgel nicht nur klanglich, sondern<br />

auch baulich perfekt in die vorhandene Architektur eingepasst“,<br />

schwärmt Pfarrer Markus Löwe.<br />

Orgelbauer erschaffen ein Kunstwerk<br />

Aktuell ist die neue Orgel, die von Orgelbauer Gerald<br />

Woehl und seinem Sohn Claudius MayWoehl aus Marburg<br />

konzipiert und gebaut wurde, noch nicht komplett fertig.<br />

Bereits jetzt lässt sich aber erkennen, dass sie mit den<br />

mächtigen Orgelpfeifen und der versilberten halbmondförmigen<br />

Einfassung ein wahres Schmuckstück wird. Die<br />

Orgel nimmt Detail <strong>für</strong> Detail, Pfeife <strong>für</strong> Pfeife, Gestalt an.<br />

Dabei haben die Orgelbauer das Kunststück geschafft, die<br />

neue Orgel mit ihren 2998 großen und kleinen Pfeifen so<br />

zu gestalten, dass der Blick auf die Rosette über der Orgelempore<br />

wieder frei gelegt wurde und sich das imposante<br />

Musikinstrument harmonisch in die vorhandene Architektur<br />

einfügt. Von unten betrachtet, wirkt die Orgel relativ<br />

klein. Bei einem Besuch auf der Empore wird jedoch sicht-<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

11


Einzigartig: Der Altarraum<br />

fasziniert durch seine prächtigen<br />

Jugendstil-Malereien<br />

Die Kleuker-Orgel verdeckte<br />

die kunstvoll gestaltete Rosette<br />

im Turmgewölbe vollständig<br />

bar, mit wieviel handwerklichem Fachwissen und Gespür<br />

<strong>für</strong> künstlerische Ästhetik diese Orgel geschaffen wurde.<br />

Schließlich musste diese große Zahl von Orgelpfeifen, eine<br />

beeindruckende Windanlage und jede Menge moderne<br />

Technik untergebracht werden. Eben diese technischen Aspekte<br />

haben zu einer Verzögerung geführt, denn aufgrund<br />

fehlender elektronischer Bauelemente verschiebt sich nun<br />

die Fertigstellung.<br />

Jugendstilmalereien machen die<br />

Alexanderkirche einzigartig<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Alexanderkirche<br />

renoviert und im kompletten Altarraum mit aufwändigen<br />

Jugendstilmalereien reich verziert. Diese Malereien machten<br />

die älteste Kirche im Oldenburger Land noch einzigartiger<br />

und zu einem beeindruckenden Gesamtkunstwerk.<br />

Die künstlerische Bemalung des Chorraumes, der Empore<br />

und die Gestaltung der Glasfenster lag in den Händen des<br />

Oldenburger Künstlers und Glasmalers Georg Karl Rohde<br />

(1847-1959). Im Rahmen der Neugestaltung wurde 1910 auch<br />

die alte Fensterrosette im westlichen Turmgewölbe durch<br />

eine Rosette von Georg Karl Rohde ersetzt. Sie greift die Jugendstil-Elemente<br />

des Altarraums mit seinen farbigen Glasfenstern<br />

auf und schafft eine künstlerische Verbindung zum<br />

gegenüberliegenden Turmgewölbe mit dem Eingangsportal.<br />

Die Fenster des Altarraums, wunderbar in Szene gesetzt<br />

von der aufgehenden Sonne, zeigen den segnenden und<br />

auferstandenen Christus. Die Rosette auf der gegenüberliegenden<br />

Seite, durch die das Abendlicht fällt, versinnbildlicht<br />

mit den dargestellten Getreideähren und Traubenreben die<br />

göttliche Stärkung der Gläubigen durch das empfangene<br />

Abendmahl. Beim Gang aus der Kirche liegt der Blick der<br />

Gläubigen heute wieder auf der Rosette und ihrer christlichen<br />

Botschaft.<br />

Die farbigen Glaselemente sorgen zudem <strong>für</strong> eine besondere<br />

Atmosphäre im gesamten Kirchenraum. Je nach<br />

Sonnenstand und Jahreszeit tauchen sie die Kirche in unterschiedliches<br />

Licht und vermitteln so ein stimmungsvolles<br />

Farben- und Lichterspiel.<br />

Neue Sachlichkeit hält Einzug<br />

Zu Beginn der 1970er Jahre war die verspielte Farben- und<br />

Formensprache des Jugendstils jedoch nicht mehr gefragt.<br />

Die aufwändigen Malereien wurden übertüncht und Beton-Elemente<br />

hielten stattdessen Einzug in die historischen<br />

Kirchenräume. Auch die Christian Vater-Barock Orgel wurde<br />

ausgebaut und bekam erst 1978 ihren neuen Platz in St.<br />

Stephanus in Fedderwarden. Den Auftrag zum Bau einer neuen<br />

Orgel erhielt 1970 die Orgelbau-Firma von Detlef Kleuker.<br />

Die Disposition übernahm verantwortlich der Kirchenmusikdirektor<br />

Dr. Artur Kalkhoff. Die sogenannte „Kleuker-Orgel“<br />

wurde auf einer massiven Beton-Empore im Turmgewölbe<br />

platziert, wo sie seitdem die Fensterrosette von Karl Georg<br />

Rohde vollständig verdeckte. Die aus heutiger Sicht unverständliche<br />

Begründung lautete damals: „Das Kirchenfenster<br />

wird nicht mehr benötigt, denn es gibt schließlich elektrisches<br />

Licht.“ Und so geriet in den folgenden Jahrzehnten die<br />

Schönheit dieses Glasfensters fast in Vergessenheit.<br />

Malereien erstrahlen im neuen Glanz<br />

Dies änderte sich, als im Jahr 2000 die Jugendstil-Malereien<br />

an den Wänden, eng begleitet von der zuständigen<br />

Denkmalpflege, wiederhergestellt wurden und seitdem die<br />

Kirchenbesucher erneut faszinieren. Allerdings wirkte die<br />

Betonempore nun wie ein Fremdkörper und außerdem hatte<br />

die Kleuker-Orgel zu dieser Zeit bereits ihre besten Jahre<br />

hinter sich. Die in der Orgel verarbeiteten und in den 1970er<br />

Jahren als innovativ gefeierten Kunststoffelemente wurden<br />

brüchig und sorgten <strong>für</strong> einen erheblichen Verlust an Klang-<br />

12 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


qualität. Hinzu kam, dass die Kleuker-Orgel von Beginn an zu<br />

hoch im Kirchenraum positioniert worden war, so dass die<br />

Musik nicht in der gesamten Kirche ihren Klang entfalten<br />

konnte. „Es gab Bereiche, in denen die Orgel kaum zu hören<br />

war. Außerdem war sie nicht zum Spielen von Musikstücken<br />

der Romantik geeignet. Das war sehr schade, da aus dieser<br />

Stilepoche die größten symphonischen Werke stammen“, erklärt<br />

Organist und Kantor Ralf Grössler.<br />

Einhergehend mit der Freilegung der Jugendstil-Malereien<br />

gab es nunmehr Bestrebungen, den Neubau der Orgel<br />

mit der Freilegung der Rosette zu verbinden. Eine Mammutaufgabe,<br />

die von allen Beteiligten mit Geduld, Zielstrebigkeit,<br />

Begeisterungsfähigkeit und vor allem viel Liebe zur<br />

Alexanderkirche getragen wurde.<br />

Orgelförderverein wird aktiv<br />

Zur Realisierung und Finanzierung des ehrgeizigen Projektes<br />

wurde 2015 unter dem Motto „Neuer Klang – Neues Licht<br />

– Neues Leben“ der Orgelförderverein ins Leben gerufen,<br />

der mithilfe verschiedenster Projekte die Öffentlichkeit informierte,<br />

<strong>für</strong> eine breite Unterstützung warb und erfolgreich<br />

Spenden zur Finanzierung der Orgel sammelte.<br />

„In Wildeshausen gibt es eine tiefe Verbundenheit mit<br />

der Alexanderkirche auch jenseits von Glaube und Religion.<br />

Dieses Wir-Gefühl ist konfessionsübergreifend zu spüren<br />

und daher gab es eine sehr große Bereitschaft, uns beim Orgelneubau<br />

zu unterstützen“, zeigt sich Pfarrer Markus Löwe<br />

dankbar <strong>für</strong> die breite Unterstützung. Und auch viele ehemalige<br />

Wildeshauser, die hier getauft wurden, ihre Konfirmation<br />

feierten oder den Bund <strong>für</strong>s Leben schlossen, unterstützten<br />

mit zahlreichen großen und kleinen Spenden das Orgel-Projekt.<br />

Hinzu kamen die Einnahmen durch mehrere Aktionen<br />

und Veranstaltungen und vor allem durch die Orgelpatenschaften,<br />

bei der Wildeshauser eine Patenschaft <strong>für</strong> „ihre“<br />

Orgelpfeife übernehmen konnten.<br />

Ein Rückbau der Betonempore mit seiner massiven Betonbrüstung,<br />

die eine ungehinderte Ausbreitung des Klanges<br />

verhinderte, war jedoch aus Gründen des Denkmalschutzes<br />

Den Altar schmücken wunderschöne Engelsstatuen aus Sandstein des<br />

1954 verstorbenen Oldenburger Bildhauers Max Gökes<br />

nicht möglich. Denn auch sie ist Teil der bewegten Geschichte<br />

der Alexanderkirche. So wurde in intensiven Diskussionen<br />

ein Kompromiss gefunden: Lediglich die Beton-Brüstung<br />

wurde entfernt und durch eine filigrane Brüstung aus Metallstreben<br />

ersetzt. Nun ist der Blick auf die Orgel nicht mehr<br />

verdeckt und der Klang kann sich frei entfalten.<br />

Beim Blick auf die endlich wieder erstrahlende Rosette, deren<br />

Licht sich in den versilberten Bauelementen sowie den<br />

Orgelpfeifen widerspiegelt, wird jedem Betrachter klar, wie<br />

wichtig dieses jahrelange Engagement war und welchen Gewinn<br />

die Woehl-Orgel und die freigelegte Rosette auch <strong>für</strong><br />

die kommenden Generationen haben wird.<br />

Der bisherige Termin im Februar 2022, an dem das sehenswerte<br />

und hörenswerte Eröffnungskonzert stattfinden<br />

sollte, wird aufgrund der oben schon erwähnten Lieferengpässe<br />

unverzichtbarer elektronischer Bauteile leider nicht<br />

eingehalten werden können. Ein neuer Termin wird erst nach<br />

kompletter Fertigstellung festgelegt.<br />

Die intensive und ehrenamtliche Arbeit des Orgelfördervereins<br />

und seiner aktiven Mitglieder stellen wir im nächsten<br />

Stadtmagazin detailliert vor. Weitere Geschichten und Informationen<br />

rund um die neue Orgel und die Alexanderkirche<br />

werden ebenfalls folgen.<br />

Die Orgelbauer Gerald Woehl und<br />

Claudius MayWoehl erschaffen ein<br />

wahres Kunstwerk, auf dessen hoffentlich<br />

baldiges Erklingen zahlreiche<br />

Wildeshauser sowie Musik- und<br />

Kunstkenner aus der ganzen Region<br />

sich schon lange wieder freuen


BUCHTIPP<br />

Vernichten<br />

Da sind sie wieder, die<br />

Deutungen und Mutmaßungen,<br />

die jeder<br />

neuen Romanveröffentlichung<br />

des französischen<br />

Schriftsellers Michel<br />

Houellebecqs garantiert<br />

und prompt folgen.<br />

Und die Verwirrungen<br />

ob des neuerlichen Gedankengutes,<br />

das der<br />

geniale Denker über uns<br />

ausschüttet. In seiner,<br />

eben dieser Art, uns daran<br />

teilhaben zu lassen. Insofern sind die Verwirrungen legitim<br />

– wenn es heißt, dass der Meister sich langweilt oder<br />

lieber eine Schildkröte sein will – doch wären die Rezensionen<br />

wahrhaftiger, wenn man sie einfach zugäbe. Wie es die<br />

F.A.Z. zum Beispiel getan hat, die den Bestsellerautor Michel<br />

Houellebecq rühmt als „ein gewaltig überlegenes Gehirn.<br />

Man kann sich vor diesem verkappten Humanisten, diesem<br />

wirklich freien Geist nur verneigen.“<br />

Nehmen und lesen, ist die Empfehlung. Ja natürlich, wobei<br />

das nicht reicht, denn auch „Vernichten“ ist von solcher<br />

Intensität, dass man hineinlesen muss, hineinversetzen. In<br />

die Handlung, um darüber Zutritt zu finden in das Konstrukt<br />

der Welt um 2027, als in Frankreich Präsidentschaftswahlen<br />

anstehen und im Internet ein Video auftaucht, in dem die<br />

Hinrichtung eines der möglichen Kandidaten gezeigt wird,<br />

mittels einer Guillotine, auf einer Wiese mit kahlen Bäumen.<br />

Gleichzeitig gehen Videos mit Attentaten auf eine Samenbank,<br />

auf Containerschiffe und auf ein Flüchtlingsboot viral<br />

– in der typisch Houellebecq`schen Lesart die Metapher <strong>für</strong><br />

das Bestreben der heutigen Gesellschaft durch Einwanderung<br />

und künstliche Fortpflanzung sinkende Geburtenraten,<br />

die Auflösung der eigenen Kultur zu kompensieren. Was ausschließlich<br />

den Zielvorgaben des herrschenden Mega-Kapitalismus<br />

– Wachstum <strong>für</strong> noch mehr Rendite – dient.<br />

Die Protagonisten von „Vernichten“ sind Paul Raison, ein<br />

karriereversessener Pariser Staatsbeamter und seine Familie<br />

im Beaujolais, der berühmten Weinregion. Einer vermeintlichen<br />

Idylle, die sich jedoch innerhalb Raisons Familie bei seiner<br />

Rückkehr als ebenso korrupte, versiffte und nur schwer<br />

zu ertragende Provinz-Bigotte entlarvt. Mit guten Zeiten<br />

darin, wie bei Rückblicken auf seine Jugend, die sich in einer<br />

einst nicht wahrgenommenen aber jetzt endlich verwirklichten<br />

Liebe realisieren – bis Paul Raison an Krebs erkrankt und<br />

alles ganz anders kommen wird als geplant. Wie auch in der<br />

großen Politik, wie beim Leben in der Idylle, wie bei allem,<br />

was jeden einzelnen von uns angeht.<br />

Houellebecq zeigt mit dem Finger darauf, wie immer. Einfühlsam<br />

hier, zynisch dort, abgründig und visionär. Houellebecq<br />

eben, der weit davon entfernt ist, altersmilde zu werden.<br />

Danke! usch<br />

Michel Houellebecq:<br />

Vernichten<br />

DuMont Verlag<br />

ISBN 978-3-8321-8193-2<br />

Euro 28,00<br />

14<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Buchtipp


AGIEREN STATT REAGIEREN<br />

REPORTAGE<br />

Fazit und Appell von Ingo Hermes<br />

Unsere wirtschaftliche<br />

wie auch gesellschaftliche<br />

Situation ist nicht<br />

schönzureden und auch<br />

nicht zu diskutieren,<br />

denn die Pandemie hält<br />

uns weiterhin im Klammergriff.<br />

Zu Beginn dieser<br />

nunmehr schon zwei<br />

Jahre andauernden Ausnahmesituation<br />

– oder<br />

nennen wir es besser<br />

„Zäsur“ – wurde ich gefragt,<br />

wie diese sich auf<br />

das Handwerk auswirken<br />

wird. Meine Antwort war:<br />

„Solange wir im Handwerk weiterarbeiten dürfen, wird uns<br />

die Pandemie nicht treffen. Aber langfristig könnte der Bedarf<br />

sinken, wenn keine neuen Bauprojekte angeschoben<br />

werden. Es könnte also eine Krise in der Bauwirtschaft, mit<br />

einem Jahr Verspätung, geben…“<br />

Mit dieser Annahme hatte ich unrecht. Der Bedarf ist nicht<br />

abgerissen. So wie Einzelhandel und Gastronomie nach wie<br />

vor leiden, treibt die Materialknappheit nun auch der übrigen<br />

Wirtschaft die Schweißperlen auf die Stirn. Die Wirtschaft leidet<br />

an diesen indirekten Folgen der Pandemie, indem wir die<br />

Quittung bekommen <strong>für</strong> die jahrelange Outsourcing- und<br />

Gewinnmaximierungspolitik der Konzerne. Produktionen in<br />

der Industrie sind in den letzten Jahren immer mehr auf „Just<br />

in time“ umgestellt worden. Die Vorratshaltung in den eigenen<br />

Lagern wurde fast auf Null gefahren. Und nun, bedingt<br />

durch zahlreiche Verkettungen, kommen die Billigprodukte<br />

aus Fernost nicht mehr rechtzeitig an. Das ganze Uhrwerk<br />

ist ins Stocken geraten. Bei vielen Werkstoffen kommen<br />

Hamsterkäufe hinzu, die die ganze Situation an das „Klopapier-Drama“<br />

zu Beginn der Coronazeit erinnern lässt. Nur<br />

mit viel schlimmeren Folgen <strong>für</strong> die Wirtschaft. Autokonzerne<br />

beispielsweise schließen ihre Werke und retten sich mit<br />

staatlichen Hilfen und Förderungen, doch die kleinen mittelständischen<br />

Zulieferer sind am Ende die Leidtragenden.<br />

Es ist aus meiner Sicht deshalb heute umso wichtiger, dass<br />

sich die mittelständische Wirtschaft gut vernetzt. Auf Bundesebene<br />

muss sich die CDU jetzt auf eine neue Rolle einstellen.<br />

Die Ampelkoalition lässt nicht wirklich auf eine unternehmerfreundliche<br />

Politik hoffen. Es wird deshalb wichtiger<br />

denn je, dass der Mittelstand Gehör findet. Die Mittelstandsvereinigung<br />

der CDU (der wir bekanntlich nicht direkt angehören)<br />

kann da beispielsweise eine gute Vernetzung bilden.<br />

Auf kommunaler Ebene tun wir (die MIT Wildeshausen<br />

e.V.) das, gemeinsam mit dem HGV. Die Zusammenarbeit mit<br />

der Politik und der Verwaltung funktioniert sehr gut; auch<br />

wenn vieles aus unserer Sicht zu langsam geht. Ein Problem,<br />

das Wildeshausen aber nicht allein hat. Viel zu dicht ist der<br />

Dschungel an Vorschriften und Verfahren geworden. Als<br />

umso wichtiger sehen wir hier, dass die handelnden Personen<br />

die beschlossenen Ratsentscheidungen energisch umsetzen.<br />

Agieren statt reagieren ist hier das Gebot der Stunde.<br />

Was wollen wir zukünftig in und <strong>für</strong> Wildeshausen erreichen?<br />

Das Industriegebiet West muss schnellstens realisiert<br />

werden. Über 60 Bewerber auf zehn Grundstücke im interkommunalen<br />

Gewerbegebiet Nord sollte die letzten Zweifler<br />

überzeugen. Wenn sich nur die Hälfte der 50 leer ausgehenden<br />

Betriebe in naher Zukunft entwickeln wollen, so sollten<br />

wir diese Chance nicht verschenken.<br />

Wir brauchen ein neues Stadtmarketing. Die Stellen <strong>für</strong><br />

Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung sind augenblicklich<br />

nur kommissarisch besetzt. Andere Städte machen es<br />

uns vor und haben längst erfolgreich reagiert. Wildeshausen<br />

blutet aus. Wir brauchen frischen Wind. Jemand, der die zahlreichen<br />

Vereine und Institutionen miteinander vernetzt und<br />

die „Schnittstelle“ zur Wirtschaft, zu den Investoren und Immobilienbesitzern<br />

bildet. Ein Fulltime-Job <strong>für</strong> (mindestens)<br />

eine(n) Spezialisten(in), der/die mit einem angemessenen<br />

Budget ausgestattet ist, und in einer vernünftigen Struktur<br />

agieren kann. Und das nicht nur „Nine to Five“!<br />

Wir stellten uns Anfang des letzten Jahres folgende Frage:<br />

Wie bekommen wir eine solche anspruchsvolle Stelle<br />

in Wildeshausen erfolgreich besetzt? Gemeinsam mit dem<br />

HGV und Experten aus dem Marketingbereich, haben wir ein<br />

vielversprechendes Konzept erarbeitet. Dies wurde in zahlreichen<br />

Gesprächen mit der Politik und der Stadtverwaltung<br />

vorgestellt und auch <strong>für</strong> die breite Öffentlichkeit in der vorigen<br />

Ausgabe dieses <strong>Magazin</strong>s ausführlich beschrieben. Seit<br />

nunmehr über einem Jahr bereits liegt der Ball bei der Politik.<br />

Dazu wiederhole ich mein Zitat aus der letzten Jahreshauptversammlung:<br />

„Wir stehen bereit – aber nur bei konsequenter<br />

Realisierung. Klein-klein könnt Ihr selbst machen!“<br />

Wir stehen bereit, weil wir um das Potential Wildeshausens<br />

wissen, das wirtschaftliche Leistungsvermögen kennen und<br />

weil uns Wildeshausen als eine der traditionsreichsten Städte<br />

im Oldenburger Land am Herzen liegt – sie sollte auch wieder<br />

eine der schönsten und attraktivsten Städte der Region<br />

werden.<br />

Ingo Hermes ist 1.Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung Wildeshausen<br />

e.V. und Geschäftsführer der Hermes Systeme GmbH<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

15


GESCHICHTE<br />

Die Geschichte der Wildeshauser Juden<br />

MORITZ UND SOPHIE DE HAAS<br />

Text // Sigrid Lünnemann<br />

In dieser Ausgabe möchten wir an Moritz und Sophie de Haas erinnern, die bis zu<br />

ihrer Verdrängung und Ermordung durch die Nationalsozialisten in Wildeshausen<br />

lebten.<br />

Moritz de Haas wurde als sechstes und letztes Kinder von<br />

Abraham de Haas und seiner Frau Betty de Haas, geborene<br />

Neublum aus Harpstedt. Abraham de Haas stammte ursprünglich<br />

aus Uchte und ließ sich im Jahr 1874 als Schlachter<br />

in Wildeshausen nieder. Von den sechs Kindern der<br />

Familie blieben Bernhard und Moritz in Wildeshausen und<br />

gründeten hier ihre Familien. Moritz de Haas, 1884 geboren,<br />

ergriff ebenfalls den Beruf des Schlachters und profitierte zunächst<br />

von der positiven wirtschaftlichen Entwicklung jener<br />

Zeit. 1911 heiratete er die 1883 geborene Sophie van der Zyl<br />

aus Weener. Das Ehepaar blieb kinderlos und adoptierte daher<br />

ihren Neffen Carl de Haas.<br />

Leben und Arbeit in Wildeshausen<br />

Im Zuge des Ersten Weltkrieges wurde Moritz de Haas zum<br />

Militärdienst einberufen. Seine Frau Sophie erwarb in dieser<br />

Zeit ein kleines Haus in der Westerstraße 24, wo ihr Mann<br />

nach Ende des Krieges eine Notschlachterei eröffnete. Adoptivsohn<br />

Carl de Haas ging nach seinem Schulabschluss zur<br />

Ausbildung nach Hannover, kehrte 1930 in seine Heimatstadt<br />

zurück und trat in das Geschäft seiner Adoptiveltern<br />

ein. Die Schlachterei und später auch der Viehhandel liefen<br />

gut. Die Familie de Haas erarbeitete sich einen bescheidenen<br />

Wohlstand und war ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft.<br />

Dies wurde auch dadurch deutlich, dass Moritz de<br />

Haas von 1919 bis zur zwangsweisen Auflösung 1939 Vorsteher<br />

der jüdischen Gemeinde in Wildeshausen war.<br />

Schließlich aber machten sich die Folgen der Wirtschaftskrise<br />

und die Ausgrenzung der jüdischen Mitbürger aus dem<br />

wirtschaftlichen und sozialen Leben auch in Wildeshausen<br />

bemerkbar. Der Verkauf von Fleisch gestaltete sich immer<br />

schwieriger, da viele Wildeshauser nicht mehr wagten, in jüdischen<br />

Geschäften einzukaufen. In den kommenden Jahren<br />

drohten mehrfach Zwangsversteigerungen – doch konnte<br />

die Familie diese Konsequenzen immer wieder abwenden.<br />

Durch die nationalsozialistische Regierung aber wurde ihnen<br />

schließlich die Erlaubnis zum Betreiben ihrer Schlachterei<br />

entzogen. Dennoch: Moritz de Haas blieb trotz zunehmender<br />

Repressalien als Viehhändler aktiv und sicherte so zunächst<br />

das wirtschaftliche Überleben seiner Familie. Jedoch<br />

litten sie, neben den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />

Repressalien, ebenso unter persönlichen Diffamierungen,<br />

die zum Teil sogar im sogenannten „Stürmerkasten“ *der NS-<br />

DAP-Ortsgruppe veröffentlicht wurden. Dort fanden sich in<br />

öffentlichen Angriffen auch die Namen jener Wildeshauser<br />

Bürger wieder, die weiterhin Geschäfte mit Juden machten.<br />

Ein Grund <strong>für</strong> diese rassistischen Diffamierungen lag wohl<br />

auch in der Verbindung des Adoptivsohnes Carl de Haas zu<br />

Wilhelmine Klöver, einer jungen Frau aus Wildeshausen, die<br />

nicht dem jüdischen Glauben angehörte. Diese Beziehung<br />

war den Rassefanatikern ein Dorn im Auge. Und so zögerte<br />

das Paar aufgrund der zu erwartenden Schwierigkeiten und<br />

vor dem Hintergrund der allgemein herrschenden Hetze mit<br />

einer Heirat. Erst nachdem ihr Sohn Helmut im Januar 1935<br />

geboren war, ließen die Eltern sich im April des gleichen Jahres<br />

standesamtlich trauen. Diese sogenannte „Mischehe“ gewährte<br />

Vater und Sohn zunächst einen gewissen Schutz.<br />

Verhaftet nach der Reichspogromnacht<br />

November 1938<br />

Die Reichspogromnacht verbreitete auch im kleinen Städtchen<br />

Wildeshausen Angst und Schrecken. Alle jüdischen<br />

Männer wurden am Morgen des 10. November 1938 verhaftet<br />

und ohne Angaben von Gründen in das örtliche Polizeigefängnis<br />

eingeliefert. Unter ihnen waren auch Moritz<br />

und Carl de Haas. Gemeinsam mit den anderen willkürlich<br />

inhaftierten Wildeshauser Juden wurden sie nach Oldenburg<br />

gebracht und anschließend in das Konzentrationslager<br />

Sachsenhausen verschleppt. Dort erlebten sie in völlig überfüllten<br />

Baracken unvorstellbare Grausamkeiten, Hunger, Not<br />

und Kälte und waren der Willkür des Wachpersonals schutzlos<br />

ausgeliefert. Erst zu Beginn des Jahres 1939 kehrten Moritz<br />

und Carl de Haas ebenso wie die anderen inhaftierten jüdischen<br />

Männer nach Wildeshausen zurück.<br />

Die Familie konnte aufgrund der Verdrängung der Juden aus<br />

dem Wirtschaftsleben durch das NS-Regime nicht mehr im<br />

16 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Geschichte


Viehhandel tätig sein und war immer stärkeren Schikanen<br />

ausgesetzt. Eine Emigration der Familie de Haas ins sichere<br />

Ausland war aufgrund ihrer mittlerweile unsicheren finanziellen<br />

Situation sowie der restriktiven Einwanderungspolitik<br />

vieler Staaten nicht mehr möglich.<br />

Kinder im Alter von zwei Monaten bis 16 Jahren – niemand<br />

von ihnen kehrte lebend zurück.<br />

Carl und Helmut de Haas überleben<br />

Carl de Haas, der in einer „Mischehe“ lebte, sowie sein Sohn<br />

Helmut konnten zunächst noch in Bremen bleiben. Die Situation<br />

wurde <strong>für</strong> sie jedoch immer schwieriger, obwohl es<br />

in all dem Elend und der Verzweiflung mit der Geburt von<br />

Tochter Monika im März 1944 einen Lichtblick gab. Die junge<br />

Familie konnte ihr kleines Glück nur kurz genießen. Im Februar<br />

1945, wenige Monate vor dem Kriegsende, wurden Carl<br />

und der erst zehnjährige Helmut de Haas zu einem angeblichen<br />

„Arbeitseinsatz“ nach Theresienstadt deportiert. Beide<br />

überlebten die dort herrschenden unmenschlichen Bedingungen<br />

und kehrten nach dem Krieg zu ihrer Familie zurück.<br />

Diffamierung und Ausgrenzung<br />

Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärften sich<br />

die Zwangsmaßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung erneut.<br />

So wurden Moritz und Carl de Haas zu Arbeiten bei der<br />

Hunte-Begradigung zwangsverpflichtet. Und um ihn vollständig<br />

zu ruinieren und aus dem Geschäftsleben der Stadt<br />

zu vertreiben, verhaftete man Moritz de Haas schließlich<br />

wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung in Höhe von<br />

4.000 Reichsmark. Es folgte eine Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe<br />

von zwei Monaten und eine Geldstrafe in Höhe<br />

von 3.000 Reichsmark. Seine Frau Sophie sollte <strong>für</strong> die Geldstrafe<br />

und die anfallenden Gerichtskosten ebenfalls haften.<br />

Deportation nach Minsk bedeutet den sicheren Tod<br />

Das Schicksal von Moritz und Sophie de Haas war jedoch bereits<br />

besiegelt. Im November 1941 mussten sie, wie alle zur<br />

Deportation bestimmten Juden, eine Erklärung unterschreiben,<br />

in der sie sich selbst bezichtigten, ein Feind der deutschen<br />

Regierung zu sein und auf ihre deutsche Staatsangehörigkeit<br />

zu verzichten. Damit verloren sie ihr Anrecht auf<br />

das von ihnen zurückgelassene Eigentum. Nur einen Koffer<br />

und ein Handgepäck durfte jeder mitnehmen. Die verlassenen<br />

Häuser und zurückgelassenen persönlichen Besitztümer<br />

wurden anschließend von den Nationalsozialisten geplündert<br />

und versteigert. Am 22. November 1941 traf der Zug<br />

aus Bremen in Minsk ein und die Ankömmlinge erlebten im<br />

mit Stacheldraht umzäunten Minsker Ghetto unvorstellbares<br />

Elend. Wenige Tage vor ihrer Ankunft waren tausende russischer<br />

Juden dort ermordet worden, um Platz <strong>für</strong> die deutschen<br />

Juden zu schaffen.<br />

Zwangsweise Umsiedlung nach Bremen<br />

Nach einer langen Zeit der Drangsalierung sowie sozialen<br />

und wirtschaftlichen Ausgrenzung musste das Ehepaar<br />

schließlich im März 1940 Wildeshausen zwangsweise verlassen<br />

und ihr Immobilienbesitz wurde zwangsversteigert. Moritz<br />

und Sophie de Haas wurden in das Haus in der Admiralstraße<br />

23 in Bremen eingewiesen. Das Haus war im Besitz<br />

von Siegfried Rennberg und seiner Frau Minna, der Schwester<br />

von Moritz de Haas. Carl de Haas und seine Familie lebten<br />

bereits seit einigen Monaten dort, ebenso wie viele andere<br />

Wildeshauser Juden.<br />

Doch auch dieses Haus bedeutete <strong>für</strong> sie keinen Schutz.<br />

Am 18. November 1941 befahlen die Schergen der NSDAP<br />

den noch in Bremen lebenden Juden, sich auf dem Hauptbahnhof<br />

einzufinden. Unter dem Vorwand zum Arbeitseinsatz<br />

in den Osten gebracht zu werden, bestiegen 440 jüdische<br />

Männer, Frauen und Kinder den Zug. Unter ihnen waren<br />

auch Moritz und Sophie de Haas sowie zahlreiche Verwandte.<br />

Allein die Familie de Haas zählte 15 Erwachsene und sechs<br />

Ein Ort des Grauens – das Minsker Ghetto<br />

Minsk, heute Hauptstadt von Weißrussland (Belarus), hatte<br />

vor dem Einmarsch der deutschen Truppen mit über 70.000<br />

Mitgliedern die größte jüdische Gemeinde in der damaligen<br />

Sowjetunion. Die Minsker Juden wurden nach dem Ein-<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Geschichte<br />

17


Der glücklichste Mensch der Welt<br />

Als Eddie Jaku, der Autor dieses Buches<br />

am 12. Oktober 2021 in seiner späteren<br />

Heimat Australien im Alter von 101 Jahren<br />

verstarb, hatte der Holocaust-Überlebende<br />

sich „nach all dem unfassbaren<br />

Leid, das er unter der Herrschaft des Nazi-Regimes<br />

erfahren musste, entschieden,<br />

sein Leben zu einem Zeugnis da<strong>für</strong><br />

zu machen, wie Hoffnung und Liebe<br />

über Verzweiflung und Hass triumphieren<br />

können.“ So die Worte des australischen<br />

Premierminister Scott Morrison bei der<br />

öffentlichen Bekanntgabe von Jakus Ableben<br />

in der „Daily Mail.“<br />

Eddie Jaku war 2020 durch seinen Bestseller<br />

„Der glücklichste Mensch der Welt“<br />

(Originaltitel: The Happiest Man on Earth<br />

– The Beautiful Life on an Auschwitz-Survivor)<br />

bekannt geworden. In dem Buch geht es um Auschwitz und um die Frage,<br />

wie man angesichts des Grauens in dieser Welt überleben konnte. Eddie<br />

Yaku, der zu der Zeit des Buchschreibens einhundert Jahre alt war, erzählt uns,<br />

warum Liebe und Hoffnung stärker sind als der Hass. Und wie er in den dunkelsten<br />

Stunden seines Lebens zu Freude, Dankbarkeit und Hoffnung fand –<br />

„der glücklichste Mensch der Welt“ wird. Und seine Geschichte ist glaubwürdig,<br />

mit einer dem Menschen zugewandten Haltung voller Weisheit und Güte.<br />

In dem Buch wendet sich der Erzähler an seine Leser, die er als seine neuen<br />

Freunde betrachtet, und nimmt sie mit auf seine Lebensreise. Aus gutem<br />

Grund: „Über all die Jahre hinweg habe ich eines gelernt: Das Leben ist schön,<br />

wenn du es schön werden lässt. Ich möchte Dir meine Geschichte erzählen."<br />

Es gab <strong>für</strong> Eddie Yaku ein Leben vor Auschwitz und ein Leben nach Auschwitz.<br />

Eddie wurde 1920 in Leipzig geboren und wuchs als Sohn einer jüdischen Mittelschichtfamilie<br />

auf. Eine glückliche Kindheit, die sich nicht von anderen Kindheiten<br />

unterschied. Die Jakus verstanden sich als Deutsche, sie waren sogar<br />

stolz darauf, und dann erst als Juden. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme<br />

1933 verkehrte sich ihre Welt. Auf einmal waren sie Juden, nichts<br />

als Juden, und keine Deutschen mehr.<br />

Der junge Eddie musste seine geliebte Familie in Leipzig zurücklassen, um in<br />

Tuttlingen unter falschem Namen Mechaniker zu werden. Als er aber am 9.<br />

November 1938, der sogenannten „Reichskristallnacht", heimlich seine Eltern<br />

besuchte, wurde er nach Buchenwald deportiert. Mit Ausbruch des Zweiten<br />

Weltkriegs begann <strong>für</strong> ihn ein Leben voller Angst, in Verstecken und auf der<br />

Flucht vor der erbarmungslosen Härte der SS. Wieviel Hass, fragte sich Eddie<br />

Yaku immer wieder, muss sich in einem Menschen aufgestaut haben, dass er<br />

zu einem solch sadistischen Verbrecher wird?<br />

Eddies Eltern wurden 1944 in Auschwitz vergast, er selbst überlebte die „Hölle<br />

auf Erden", wie er sagt, und entschied sich neu <strong>für</strong> das Leben. Er wollte jeden<br />

Tag lächeln, und sich auf das Wunder des Lebens einlassen. Und das, sagte<br />

er, geht so: „Ein Schritt nach dem anderen. Wenn du heute überstehst, wird<br />

ein Morgen kommen. Aber wenn Du deine Überzeugungen verlierst, verlierst<br />

Du dich selbst.“<br />

Wenn man dieses Buch gelesen hat, muss man das Leben lieben – oder man<br />

bleibt ein hoffnungsloser Zyniker.<br />

marsch der deutschen Soldaten im<br />

Ghetto zusammengepfercht, misshandelt<br />

und auf grausamste Weise ermordet.<br />

Im Ghetto herrschte unvorstellbares<br />

Leid. Die Menschen starben an Hunger,<br />

Kälte oder an den dort grassierenden<br />

Krankheiten und Seuchen. Sollten<br />

Moritz und Sophie de Haas die ersten<br />

Monate überlebt haben, starben<br />

sie vermutlich bei einer großen Massenmord-Aktion,<br />

die am 28. und 29.<br />

Juli 1942 durchgeführt wurde. Allein<br />

an diesen beiden Tagen ermordeten<br />

deutsche Soldaten etwa 10. 000 Ghetto-Insassen.<br />

Entweder wurden sie direkt<br />

im Ghetto erschossen oder außerhalb<br />

von Minsk in Malyj Trostenez,<br />

dem größten nationalsozialistische<br />

Massenvernichtungsort auf dem Gebiet<br />

der ehemaligen Sowjetunion, auf<br />

perfide Art und Weise ermordet. Die<br />

Männer, Frauen und Kinder wurden in<br />

umgebauten Lastwagen erstickt oder<br />

im Wald erschossen und anschließend<br />

in Massengräbern verscharrt.<br />

Wie viele Menschen im Minsker Ghetto<br />

und in Malyj Trostenez den Tod fanden,<br />

ist nicht bekannt. Die Schätzungen<br />

liegen zwischen 70.000 und über<br />

200.000 Opfern.<br />

Genaue Angaben sind schwierig, da<br />

die deutschen Besatzungstruppen<br />

versuchten, die Spuren ihrer Gräueltaten<br />

zu verwischen. Wie etwa, indem<br />

sie die Toten aus den Massengräbern<br />

exhumierten und die Leichen<br />

anschließend verbrannten. Die russischen<br />

Gefangenen, die diese schreckliche<br />

Arbeit zwangsweise verrichten<br />

mussten, wurden anschließend ebenfalls<br />

ermordet – menschenverachtend<br />

und unvorstellbar grausam.<br />

Seit 2018 erinnert eine Gedenkstätte<br />

an die unzähligen Opfer, die hier entrechtet,<br />

gequält und ermordet wurden.<br />

Von den Wildeshauser Juden, die über<br />

Bremen nach Minsk deportiert worden<br />

waren, überlebte niemand.<br />

Eddie Jaku: Der glücklichste Mensch der Welt.<br />

Knaur Verlag. ISBN 978-3-426-21299-2. Euro 18,00<br />

HUBERT GELHAUS<br />

* Anmerkung: Im sogenannten „Stürmerkasten“<br />

wurde das nationalsozialistische<br />

Propaganda-Blatt „Der Stürmer“ öffentlich<br />

ausgehangen.<br />

18 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Buchtipp


MIT RUHE UND GEMÜTLICHKEIT<br />

Tipps <strong>für</strong> einen besseren und erholsamen Schlaf<br />

Rund ein Drittel des Lebens verbringt der Mensch im<br />

Schlaf. Grund genug, sich darüber Gedanken zu machen,<br />

wie der Ruheraum gestaltet ist und was es zu<br />

verbessern gibt. Grundsätzlich gilt: Ein Schlafzimmer ist<br />

zum Schlafen da. Also am besten alles verbannen, was nach<br />

Arbeit aussieht. Dazu zählen etwa Schreibtisch, Staubsauger,<br />

Bügelbrett oder Wäschekörbe. Wenn das aus Platzgründen<br />

nicht geht und ein Homeoffice-Platz im Schlafzimmer<br />

benötigt wird, hilft eine optische Abtrennung, zum Beispiel<br />

ein Vorhang oder Paravent.<br />

DUNKELHEIT TUT GUT<br />

Helles Licht ist gut <strong>für</strong> die Gemütsverfassung, aber nicht<br />

<strong>für</strong> den Schlaf. „Vorhänge sind nicht nur ein Sicht- und Sonnenschutz,<br />

sie machen einen Raum auch wohnlicher. Also<br />

eine gute Möglichkeit, im Schlafzimmer Akzente zu setzen<br />

und die Schlafdauer zu verlängern“, erklärt Anja Wittig, die<br />

als Einrichtungsexpertin <strong>für</strong> das Wohnungsunternehmen<br />

Vonovia tätig ist. Als Profi empfiehlt sie sanfte oder warme<br />

Farbtöne <strong>für</strong> Wände und Böden, die eine beruhigende Wirkung<br />

haben. Genauso hinderlich <strong>für</strong> einen guten Schlaf wie<br />

Tageslicht ist das Licht von Smartphones und Tablets. Deshalb<br />

die elektronischen Geräte abends abschalten oder den<br />

Nachtmodus aktivieren.<br />

FÜR PRIMA KLIMA SORGEN<br />

Im Schlafzimmer sollten 16 bis 18 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit<br />

zwischen 40 und 60 Prozent herrschen. Jeder<br />

Mensch „produziert“ im Laufe einer Nacht einen halben Liter<br />

Flüssigkeit durch Atmen und Schwitzen. Deshalb ist es<br />

wichtig, mehrmals am Tag fünf bis zehn Minuten gegenüberliegende<br />

Fenster oder Türen zu öffnen, damit Durchzug<br />

entsteht. So kann die Feuchtigkeit entweichen.<br />

RUHE IST DURCH NICHTS ZU ERSETZEN<br />

Wer gut schlafen will, braucht Ruhe. Wenn nötig, kann man<br />

Ohrenstöpsel nutzen oder die Fenster schließen, um zum<br />

Beispiel den Straßenlärm zu reduzieren. In einem Mehrfamilienhaus<br />

gelten zudem allgemeine Ruhezeiten von 13 bis<br />

15 Uhr sowie von 22 bis 8 Uhr. Das bedeutet: Fernseh- und<br />

Radiogeräte laufen auf Zimmerlautstärke, laute Arbeiten im<br />

und am Haus oder auf dem Balkon sowie Musizieren sollten<br />

in einen anderen Zeitraum verlegt werden.<br />

Auch bei Modernisierungen lassen sich Lärmquellen reduzieren:<br />

„Wohnungen, aus denen die Mieter gerade ausgezogen<br />

sind, werden standardmäßig modernisiert. Dann sorgen<br />

wir zum Beispiel da<strong>für</strong>, dass Waschmaschinen nur noch<br />

im Keller aufgestellt werden können“, erläutert Daniel Ackermann,<br />

Abteilungsleiter bei Vonovia und verantwortlich <strong>für</strong><br />

Modernisierungen. „In älteren Gebäuden ist es allerdings<br />

wirtschaftlich wie baulich kaum machbar, alle konstruktionsbedingten<br />

Schallübertragungen in den Griff zu bekommen.<br />

Umso wichtiger ist, dass Nachbarn Rücksicht aufeinander<br />

nehmen.“<br />

djd<br />

• individuelle, persönliche und kompetente Fachberatung<br />

• produktneutrale Empfehlung<br />

• Partner vom Rückenzentrum Schlafen<br />

(www.rückenzentrum-schlafen.de)<br />

• Berücksichtigung persönlicher Schlafgewohnheiten<br />

und gesundheitlicher Beschwerden<br />

• Sehr gutes Preis-Leistungsniveau<br />

• hervorragender Service (Hausberatung, Bettencheck,<br />

Zufriedenheitsgarantie, kostenlose Lieferung)<br />

Familie Schlömer liegt ihre Gesundheit am Herzen!<br />

Wir freuen uns auf Ihren Besuch und beraten Sie gerne.<br />

Vlämische Am Marktplatz Straße 34 • • 49688 Lastrup • Tel: • Tel: 04472 / 688833 / info@betten-schloemer.de • • www.betten-schloemer.de<br />

©freepik<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Lifestyle<br />

19


REPORTAGE<br />

RENA SCHILLING STIFTUNG<br />

Text // Sigrid Lünnemann<br />

Armut ist die traurige Lebensrealität vieler Kinder. Laut<br />

Statistik ist jedes fünfte Kind in diesem Land von Armut<br />

betroffen – auch in unserem Landkreis und in unserer<br />

Nachbarschaft!<br />

Die Hauptgründe <strong>für</strong> Kinderarmut in Deutschland sind Arbeitslosigkeit<br />

der Eltern oder das Aufwachsen mit nur einem<br />

Elternteil. Alleinerziehende und ihre Kinder sind deutlich<br />

häufiger von Armut betroffen als Familien, in denen beide<br />

Elternteile zusammenleben. Die Gründe da<strong>für</strong> liegen auf der<br />

Hand: Alleinerziehenden, von denen 90 Prozent Frauen sind,<br />

stehen häufig keine ausreichenden Betreuungsmöglichkeiten<br />

<strong>für</strong> ihre Kinder zur Verfügung. In dieser Situation können<br />

viele von ihnen nur in Teilzeit arbeiten und rutschen daher<br />

schnell unter die Armutsgrenze. Das bedeutet, dass circa 2,6<br />

Millionen Kinder und Jugendliche in alleinerziehenden Familien<br />

mit erhöhtem Armutsrisiko aufwachsen.<br />

Die Leidtragenden sind vor allem die Kinder, die oftmals<br />

nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen können. Vieles,<br />

was <strong>für</strong> ihre Altersgenossen ganz selbstverständlich ist, wie<br />

Vereinsleben, Musikunterricht, Bücher, Kino- oder Schwimmbadbesuche,<br />

ist <strong>für</strong> sie nicht oder nur sehr selten möglich.<br />

Aufgrund dieser erschreckenden Situation möchte die Rena<br />

Schilling Stiftung alleinerziehenden Eltern und ihren Kindern<br />

ganz unbürokratisch und schnell helfen. Die Stiftung<br />

hat sich zur Aufgabe gesetzt, hier eine individuelle finanzielle<br />

Unterstützung zu leisten, die auf die jeweilige Lebenssituation<br />

der Antragssteller zugeschnitten ist.<br />

Die Rena Schilling Stiftung wurde im vergangenen Jahr von<br />

Wilhelm Schilling ins Leben gerufen. Der langjährige Wildeshauser<br />

Unternehmer möchte mit der Stiftungsgründung seiner<br />

verstorbenen Frau Rena Schilling ein bleibendes Andenken<br />

setzen. Sie hatte sich gemeinsam mit ihrem Ehemann<br />

schon seit Jahren in verschiedenen sozialen und karitativen<br />

Bereichen engagiert und mit großzügigen Spenden unterstützt.<br />

Dabei lag ihr Augenmerk vor allem in der Unterstützung<br />

von notleidenden Kindern und ihren Familien. Dieses<br />

großherzige Engagement soll nun auch in Zukunft durch die<br />

Stiftung fortgeführt werden. Das ehrenamtlich arbeitende<br />

Stiftungs-Kuratorium setzt sich aus Wilhelm Schilling, Imke<br />

Hillmann und Christina Kern zusammen.<br />

Alleinerziehende, die eine finanzielle Unterstützung benötigen,<br />

um zum Beispiel Schulmaterialien zu kaufen, eine Ferienfreizeit<br />

oder ähnliches nicht aus eigener Tasche finanzieren<br />

können oder Unterstützung bei einer medizinischen<br />

oder therapeutischen Behandlung benötigen, können sich<br />

gerne per Mail oder Anruf an die Rena Schilling Stiftung<br />

wenden. Sämtliche Anträge und Anfragen werden absolut<br />

vertraulich behandelt.<br />

Eine Unterstützung der Rena Schilling Stiftung durch Spenden<br />

oder Zustiftungen werden selbstverständlich gerne entgegengenommen,<br />

um so vielen Kindern wie möglich ein<br />

unbeschwertes Aufwachsen zu ermöglichen und ihren alleinerziehenden<br />

Eltern ein paar Sorgen von den Schultern zu<br />

nehmen.<br />

Imke Hillmann, Wilhelm Schilling und Christina Kern vom<br />

Kuratorium der Rena Schilling Stiftung möchten Alleinerziehende<br />

und ihre Kinder unterstützen<br />

Rena Schilling Stiftung<br />

Am Ziegelhof 11a, 27793 Wildeshausen<br />

www.rena-schilling-Stiftung.de<br />

rena-schilling-stiftung@gmx.de<br />

Telefon 04431/5422, Mobil 0172/427 36 00<br />

Spendenkonto DE95 2806 6214 0041 7289 00<br />

Mit großer Bestürzung haben wir erfahren, dass Wilhelm<br />

Schilling am 6. Februar 2022 an den Folgen eines tragischen<br />

Unfalls verstorben ist. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie,<br />

die hoffentlich Trost in dieser schweren Stunde finden<br />

wird.<br />

Wir haben Wilhelm Schilling als einen freundlichen und hilfsbereiten<br />

Menschen kennengelernt, der sich mit großem Engagement<br />

<strong>für</strong> seine Mitmenschen und vor allem <strong>für</strong> benachteiligte<br />

Familien in seiner Heimatstadt eingesetzt hat.<br />

Die Rena Schilling Stiftung, die er in Gedenken an seine verstorbene<br />

Frau Rena Schilling gegründet hat, lag ihm sehr am<br />

Herzen. Daher haben wir uns entschieden, den obigen Artikel<br />

in der mit ihm abgesprochenen Form zu veröffentlichen.<br />

Die Stiftung wird in seinem Sinne und in Gedenken an ein engagiertes<br />

Ehepaar fortgeführt.<br />

20<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Advertorial<br />

Kultur hinterm Feld<br />

DAS VERANSTALTUNGSHAUS<br />

„Hinterm Feld“ im malerischen Dötlingen findet man ein (noch)<br />

verborgenes Juwel: Hier haben Ute und Karl-Heinz Büsing ein<br />

ganz besonderes Veranstaltungshaus erschaffen. „KULTUR<br />

HINTERM FELD“ begeistert allein schon durch seine Lage im<br />

idyllischen Grün und seinem anspruchsvollen Ambiente.<br />

Erstklassige Konzerterlebnisse<br />

Mit einem hochkarätigen Line-up nationaler und internationaler<br />

Künstler:innen aus dem Bereich Jazz/Pop-Jazz lädt „KULTUR HIN-<br />

TERM FELD“ zu Konzertereignissen der Extraklasse ein. Die bevorstehenden<br />

Konzerte dürften bei Musikfreund:innen große Vorfreude<br />

wecken (siehe Infokasten). Tickets gibt es bei Eventim, direkt auf<br />

www.kultur-hinterm-feld.de oder unter 04432 911 74 34.<br />

Man darf also gespannt sein auf kommende Events – ob musikalische<br />

Darbietung, Vortrag oder Lesung. Die Liste der auftretenden<br />

Künstler:innen wird auf der Homepage laufend aktualisiert.<br />

02. April 2022 | 20:00 Uhr<br />

Josef Barnickel<br />

- LIVE! PIANO PICTURE SHOW<br />

Eine musikalische Reise durch die letzten 100 Jahre der Musik<br />

Besondere Location <strong>für</strong> Veranstaltungen<br />

Mit einer Kapazität von ca. 150 Personen bei Reihenbestuhlung<br />

und ca. 100 Personen bei Tischbestuhlung bietet »Kultur Hinterm<br />

Feld» vielfältige Möglichkeiten <strong>für</strong> Events und Veranstaltungen.<br />

Eine umfangreiche Getränkeauswahl, ein exklusives Catering<br />

und eine traumhafte Location machen jedes Event zu einem<br />

ganz besonderen Highlight.<br />

Im Veranstaltungshaus „KULTUR HINTERM FELD“ wird nicht nur<br />

gefeiert; hier kann auch hervorragend gearbeitet werden. Für Firmen,<br />

die hier ihre Vorträge oder Seminare veranstalten, ist dies der<br />

perfekte Ort, um sich zu fokussieren, neue Ideen zu erarbeiten u. a.<br />

Kommen Sie vorbei und lassen Sie sich inspirieren und begeistern!<br />

Ute und Karl-Heinz Büsing und ihr Team freuen sich darauf,<br />

endlich ihre Gäste im „KULTUR HINTERM FELD“ begrüßen<br />

zu dürfen.<br />

Unsere Konzerttipps<br />

7. Mai 2022 | 20:00 Uhr<br />

Jacob Karlzon Trio<br />

– The WANDERLUST-TOUR<br />

Besetzung: Jacob Karlzon (Piano), Morten Ramsbøl (Bass) und<br />

Rasmus Kihlberg (Schlagzeug)<br />

09. April 2022 | 20:00 Uhr<br />

Lisa Bassenge – Mothers<br />

Besetzung: Jacob Karlzon (piano), Andreas Lang (bass) und<br />

Lisa Bassenge (vocals)<br />

22. Mai 2022 | 20:00 Uhr<br />

Joel Lyssarides - Jazz-Konzert<br />

23. April 2022 | 20:00 Uhr<br />

Iiro Rantala – Best of Iiro Rantala<br />

Besetzung: Iiro Rantala (piano)<br />

3. September 2022 | 20:00 Uhr<br />

TAB Collective - Back in Town<br />

Besetzung: Pat Appleton (Gesang), Ken Norris (Gesang), Roland<br />

Neffe (Vibraphon), Tino Derado (Piano), Andreas Lang (Bass) und<br />

Emanuel Hauptmann (Schlagzeug)<br />

30. April 2022 | 20:00 Uhr<br />

ZEiTlos<br />

Eine literarisch-musikalische Reise in die Gegenwart mit<br />

Alexandra Kamp und Arndt Baeck<br />

11. Sptember 2022 | 17:00 Uhr<br />

Markus Häger & Thomas Schlegel -<br />

Konzert 2022<br />

Besetzung: Markus Häger (Piano) und Thomas Schlegel (Gitarre)<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage 21<br />

Es gilt die aktuell gültige Niedersachsen Corona-Verordnung und das entsprechende Hygiene-Konzept. Änderungen an Terminen sind vorbehalten.


REPORTAGE<br />

Traditionell modern oder<br />

MODERNE TRADITION<br />

Text // Ulla Schmitz<br />

„Schnittker am Markt“ ist das Symbol <strong>für</strong> echte, ehrliche<br />

Kaufmannstradition, in Wildeshausen, im Heute<br />

„Was wir machen kann man nicht diversifizieren“, sagt Johannes<br />

Lenzschau bezugnehmend auf die Philosophie des<br />

alteingesessenen Kaufhauses an der Westerstraße. Und tatsächlich<br />

trifft man das, was sich den Kunden hier an Vielfalt<br />

und ausgesuchter Qualität und Klasse präsentiert, in dieser<br />

Form und Fülle anderswo nicht an. Geschweige denn, dass<br />

die Wildeshauser auf die Idee kämen, nach etwas anderem,<br />

woanders Ausschau halten zu wollen. „Schnittker am Markt“<br />

ist eine Wildeshauser Institution und das seit fast 140 Jahren.<br />

Ganze Generationen kauften hier ihre Bauklötzchen, Legosteine,<br />

Malblöcke, Buntstifte, Schulhefte und alles was<br />

sonst noch dazu gehört. Kamen <strong>für</strong> Brausepulver und eine<br />

Tüte Lakritzschnecken vorbei. Machten sich <strong>für</strong> die Tanzstunde<br />

schick – apropos: Den passenden Modeschmuck gab es<br />

natürlich auch bei Schnittker, wie den neuesten Schrei an<br />

Gürteln, Handtaschen und so weiter. Und wenn es regnete?<br />

Was soll die Frage? Regenschirme – bei Schnittker natürlich.<br />

War es dann ernst geworden war, standen die Koffer <strong>für</strong> die<br />

gemeinsamen Reisen bei Schnittker zur Auswahl, in der Nähe<br />

der Kinderwagen. Dreiradroller in Aufstellung dazwischen.<br />

Die Kinderwagen wurden 1990 aussortiert, jedoch nur, weil<br />

die Varianten zu zahlreich geworden waren.<br />

Alles <strong>für</strong> die Kunden – von Anfang an<br />

Aber auch in anderen Bereichen änderte sich das Angebot,<br />

wieder einmal und wie so oft in der Vergangenheit, bis heute.<br />

Das geschah nie abrupt und die Klassiker behielten sowieso<br />

ihre Plätze. Das Gros der Sortimente aber wurde kontinuierlich<br />

dem jeweiligen Modetrend angepasst, auch das ist als<br />

Geschäftsgebaren einmalig, über all die Zeiten hinweg. Die,<br />

wir erinnern uns, von extremen Veränderungen geprägt waren<br />

und sind. Vom 1. Oktober 1884, als Bernhard Schnittker<br />

sein „Colonial & Kurzwaren Geschäft Bernh. Schnittker“ dort<br />

eröffnete wo jetzt Farben Brünger ansässig ist, sechs Jahre<br />

später aber schon an die Westerstraße 5 umzog, dahin, wo<br />

man heute noch „bei Schnittker“ einkaufen geht – seit damals<br />

waren die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse<br />

auch ein wirtschaftliches Auf und Ab.<br />

22 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Bestimmt von den Folgen zweier Weltkriege, zerstörter<br />

Industrien und der am Boden liegenden Landwirtschaft; der<br />

Währungsreform, dem Aufbruch in das Wirtschaftswunder,<br />

Blütezeiten, Umorientierungen und Blicke hinein in das Weltgeschehen;<br />

Jugendrebellionen mit „Sex, Drugs & Rock ´n<br />

Roll“, schnellere und ganz gemächliche Politikkarusselle und<br />

plötzlich die Digitalisierung – mit Metaversen, Bitcoins und<br />

anderen Modernen, die man bei Schnittker nicht akzeptiert.<br />

Noch, Anfang 2022. Wer weiß, wie diese neuen Welten auf<br />

uns Einfluss nehmen werden, und dann wird man möglicherweise<br />

auch hier in Krypto-Währung zahlen können. Schnittkers<br />

waren ja auch eine der ersten, die gleich zu Beginn der<br />

Corona-Pandemie mit einem durchdachten und wohlsortierten<br />

Online-Angebot auf den Markt kamen, während andere<br />

im Schock der Restriktionen wie erstarrt verharrten.<br />

Die Kunden im Mittelpunkt<br />

Vorurteile bedienen oder etwas nichts in die Sortimente<br />

aufnehmen, von dessen Nutzen man persönlich nicht überzeugt<br />

ist, das gab´s bei Schnittker nie. „Die Kunden geben<br />

uns durch ihr Verhalten schon zu verstehen, was sie kaufen<br />

wollen,“ sagt Johannes Lenzschau, der heutige Inhaber dieses<br />

konventionellen und doch so modernen Warenhauses.<br />

Dieses entdeckt und jenes, sich in Bereichen von Haushalt,<br />

Spielzeug, Taschen/Koffer, Schreibwaren stundenlang aufhält,<br />

da alleine die „Küchen-“, die „Tisch“- und die „Wohnwelt“<br />

mit ihren Offerten zu Tisch- und Esskultur wahre Verführer<br />

sind. Und wenn gewünscht, einen professionellen Ratgeber<br />

zur Kombination bestimmter Bestecke, Gläser und Geschirre<br />

inklusive.<br />

Gleiches gilt <strong>für</strong> die spezialisierte Beratung in Sachen<br />

Messer, Pfannen & Co. oder zu Koffern, Hand- und Businesstaschen,<br />

Geldbörsen, Schulranzen und was zu all dem dazugehören<br />

kann; zu Schreibwaren von Büroartikeln, über<br />

Bleistifte, Mal-Utensilien und -Sets, zu Schreibgeräten wie<br />

feinste Füllfederhalter und Kugelschreiber; zum Basteln bis<br />

hin zu den Fancy-Topmodels – bei den schon die Kleinsten<br />

zu Schnittker-Stammkunden werden. Man sieht´s, denn die<br />

Kids sind gleich in den ersten Stock verschwunden, in eine<br />

Zauberwelt, die in ihrer Vielzahl von Spielzeugen aller Art<br />

unübertrefflich ist. Es gibt einige Kunden, die behaupten,<br />

bei Schnittker in der Spielwarenabteilung anhand ihrer Wünsche<br />

und dem verfügbaren Taschengeld rechnen gelernt zu<br />

haben.<br />

Es gibt so viel – außer Ramsch, den gibt<br />

es hier nicht<br />

Was sich generell auf alles bei „Schnittker am Markt“ in Wildeshausen<br />

bezieht. Das war schon immer so, nicht umsonst<br />

stand im ersten Kassenbuch „Mit Gott“, denn es war Johann<br />

Heinrich Bernhard Schnittker eine Ehre, seine Kunden zufriedenzustellen.<br />

Noch heute hängt im Büro des Chefs dessen<br />

Maxime an der Wand: „Billig un slecht ist nums recht“ Und<br />

die Töchter – Elisabeth, Anni und Agnes – taten es ihm gleich.<br />

Mit viel Selbstvertrauen und Temperament, da kursieren so<br />

einige Anekdoten aus dem Hause der „Schnittker Damen“<br />

oder dem „DreiMädelHaus“ wie sie genannt wurden. Aufgrund<br />

der Kriegswirren waren alle drei unverheiratet geblieben.<br />

Ihren Geschäftssinn hat dies nicht beeinträchtigt. So<br />

stand es außer Frage, dass sie „Schnittker“ von ihrem Vater<br />

übernehmen und weiterführen würden. Nur die Wohnung<br />

über dem Laden, die war zu klein, um darin eine funktionierende<br />

Dreier-Lebensgemeinschaft zu bilden. Denn lebenslustig<br />

war das Trio schließlich auch. Also bauten sie sich ein<br />

Haus in der Goethestraße, schick war´s und groß genug. Und<br />

ihr privater Rückzugsort bis zum Tode.<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

23


Schnittker am Markt seit 1894 sechs Jahre später an der Wester Straße<br />

Familie Bernhard Schnittker im Jahre 1925 v.l.: Elisabeth geb. 1894, Anna<br />

geb. 1895, Mutter Anna Johanna Wilhelmine (geb. Becker), Agnes geb 1899,<br />

Berhard Schnittker<br />

Zeitläufte…<br />

1983 starb Agnes Schnitter, als letzte der legendären<br />

„Schnittker-Damen“ und in ihrem Lebensabend gepflegt<br />

von Marianne Lenzschau, wie zuvor schon ihre Schwestern.<br />

Und auch Hans Lenzschau tat alles Menschenmögliche <strong>für</strong><br />

seine „Schnittker-Tanten“, schließlich war er, nach einer abgeschlossenen<br />

Lehre im Landhandel Nolte als kaufmännischer<br />

Angestellter im „Colonial & Kurzwaren Geschäft Bernh.<br />

Schnittker“ eingetreten. Um zu bleiben, denn die Sympathie<br />

<strong>für</strong>einander war schnell entdeckt und so echt, dass Hans<br />

Lenzschau als Ziehsohn der Schnittkers galt.<br />

als das Spieleparadies im heutigen Format fand in den frühen<br />

2000er Jahren statt, unter der Ägide von Johannes und<br />

Wiebke Lenzschau.<br />

1962/63, 64 und 1966 waren <strong>für</strong> Hans Lenzschau besonders<br />

glückliche, bedeutende Jahre. Zunächst stand die Eheschließung<br />

mit Marianne Kock – dem eleganten jungen Fräulein<br />

aus der Nachbarschaft – an, dann zogen die Schnittker-Damen<br />

sich gänzlich in ihr Privatleben zurück und Marianne<br />

und Hans Lenzschau übernahmen das Traditions-Kaufhaus,<br />

auf Basis einer Erbpacht. Ein Jahr später folgte die Geburt ihres<br />

erste Kindes Bärbel. Drei Jahre später dann war das Glück<br />

mit der Geburt von Sohn Johannes komplett.<br />

…doch das Alte nicht vergessen<br />

1966 war aus dem ehemals eher kleinen Laden durch den<br />

Zukauf des Nachbarhauses, Nummer 7, schon jenes Geschäft<br />

mit dem heutigen Format entstanden. Das war noch das<br />

Werk der Schnittker-Damen gewesen, 1986 gab es die Gelegenheit,<br />

den Schweinestall von Bäcker Hespe in der Kleinen<br />

Str. 2 zu kaufen und damit die Fläche <strong>für</strong> ein richtiges Kaufhaus<br />

zu schaffen. Ein mehr als mutiges Unterfangen in der<br />

damaligen Hochzinsphase mit Sätzen von heute nicht mehr<br />

vorstellbaren über 10 Prozent. Der Umbau des 1. Stockwerks<br />

Schnittker 1914<br />

24 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Wester Straße 1910 vorne links Schnittker<br />

Anni Schnittker<br />

Das waren wieder einmal neue Zeiten, doch selbstverständlich<br />

treu der Schnittker´schen Tradition, dass man da<br />

ist und bleibt, und seinen Beruf so ausübt, dass es keinen<br />

Grund zur Klage gibt, weder von Kundenseite noch von den<br />

Lieferanten noch vor sich selbst. Dass man die Kundschaft in<br />

erster Linie als Inspiration sieht und sie getreu den Erkenntnissen<br />

daraus zufriedenstellt. Mit Warenangeboten im Stil<br />

der jeweiligen Zeiten. Man kann dieses Bild nicht oft genug<br />

veranschaulichen, denn es existiert keine Kopie davon.<br />

Traditionen hüten und die Werte der Moderne schätzen,<br />

diese Einstellung zum Leben ist gleichzeitig der Charakter<br />

von Johannes wie auch von Wiebke Lenzschau, geborene<br />

Fleck und in Bremen schon als selbstständige Unternehmerin<br />

mit ihrem Hausrats- und Porzellangeschäft „Der Fleck<br />

im Weserpark“ etabliert, als sie und Johannes sich im Rahmen<br />

von Jungunternehmen-Treffen kennenlernten. 1999<br />

wurde geheiratet, da war Johannes schon seit vier Jahren<br />

wieder zu Hause – nach einer langen siebenjährigen Reise<br />

durch die Länder Ostasiens. Geschäftlich, als beauftragter<br />

klassischer Importeur von Porzellanwaren aus diesen Ländern,<br />

<strong>für</strong> die Sortimente des deutschen Porzellanherstellers<br />

August Warnecke.<br />

In die weite Welt und wieder zurück<br />

Johannes Lenzschau war in seinem Element. Das Kennenlernen<br />

und die Nähe der faszinierenden (Hoch-) Kulturen,<br />

die Begegnungen mit Menschen und Traditionen, die ihm<br />

nahegebracht wurden, die er genießen durfte; die Freiheit<br />

sich in diesen Welten bewegen zu können, anerkannt und<br />

geschätzt von den internationalen Geschäftspartnern. Für<br />

Lenzschau ist diese Zeit des Unterwegsseins in Japan, China,<br />

Taiwan, Philippinen, Thailand, Südkorea, Singapur bis heute<br />

von unschätzbarem Wert, sieht er seine Erfahrungen doch<br />

auch als Türöffner <strong>für</strong> die Zeit danach. Das Heute. Das um<br />

1995 herum begann, als sein Vater das Alter von Mitte 60 erreicht<br />

hatte und sich allmählich aus dem Geschäftsleben zurückziehen<br />

wollte. Nicht, dass er seinen Sohn Johannes dazu<br />

drängte, sich „pro Schnittker“ zu entscheiden, wenngleich<br />

der Junior die klassische Ausbildung da<strong>für</strong> absolviert hatte.<br />

Oma Schnittker<br />

Den Einzelhandelskaufmann in Osnabrück erlernt, dann<br />

ein Jahr bei Voss in Oldenburg gearbeitet um anschließend<br />

von 1986-88 die Fachschule <strong>für</strong> Betriebswirtschaft des deutschen<br />

Einzelhandelsverbandes in Wuppertal zu absolvieren.<br />

Da war sein Interesse <strong>für</strong> alles, was man zum Führen eines<br />

Geschäftes benötigt, geweckt, das Know-how erwarb er<br />

sich in exotischen Umgebungen, mit dem letzten Schliff in<br />

den heimischen Gefilden. Bei „Schnittker am Markt“ in Wildeshausen.<br />

Die Nachfrage des Vaters war zur rechten Zeit<br />

gekommen, als Johannes Lenzschau müde war vom Umher-<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

25


Das Kaufhaus Schniiker um 1970<br />

reisen. Genug davon hatte ständig in irgendwelchen Flugzeugen<br />

zu sitzen, Monsterflugstrecken mit zahllosen Umsteigeprozeduren<br />

hinter sich zu bringen – und wieder zurück.<br />

Da blieb er 1995 lieber gleich wieder hier.<br />

Zumal jüngste Erfahrungen ihm Einblicke in diese andere<br />

Welt verschafft hatten, die nicht seinem Menschenbild<br />

entsprachen. Seine religiöse Erziehung und humanistische<br />

Weltanschauung konnten das, was er da erlebt hatte, nicht<br />

tolerieren.<br />

Wildeshausen ist Heimat<br />

Da passt es eher zu ihm, aus diesen Erkenntnissen Lehren<br />

zu ziehen und seine Weltoffenheit sozusagen in den Dienst<br />

der Öffentlichkeit zu stellen. Das würde er anders formulieren,<br />

bescheidener, da er sein Engagement als Vorsitzender<br />

des HGV Wildeshausen e.V., dem Verein <strong>für</strong> Handwerk und<br />

Handel in der Kreisstadt als selbstverständlich ansieht, im<br />

Sinne der Kaufmannschaft und dem Ansehen der Stadt.<br />

Doch selbst wer nur am Rande mitbekommt, wie oft und wie<br />

stundenlang Lenzschau mit den jeweils das Thema betreffenden<br />

Institutionen, dem Stadtrat, dem Bürgermeister, den<br />

Parteien, dem, dem und dem zusammensitzt, um bestehende<br />

Probleme zu besprechen und um letztendlich doch mal<br />

zu einem positiven Ergebnis zu kommen – der wundert sich<br />

zu recht, woher der Mann diesen Elan nimmt. Wobei er bei<br />

der Suche zu den Problemlösungen Wildeshausens mit Ingo<br />

Hermes von Hermes Systeme GmbH und 1. Vorsitzenden der<br />

hiesigen Mittelstandsvereinigung einen vehementen Mitstreiter<br />

hat. Wieviel Zeit mag in deren Diskussionen schon<br />

eingebracht worden sein?<br />

Marianne Lenzschau und Johannes<br />

Und in Lenzschau´s nunmehr 20-jähriges Engagement<br />

im Aufsichtsrat der Volksbank… Ach ja, Johannes Lenzschau<br />

sitzt seit 2016, per Kollegen-Votum, im Aufsichtsrat<br />

der EK-Servicegroup, der größten europäischen Genossenschaft<br />

<strong>für</strong> Hartwaren-Konsumgüter, das heißt <strong>für</strong> sämtliche<br />

Konsumgüter, die nicht aus dem Lebensmittelbereich stammen.<br />

Versuchen, immer über den Tellerrand zu schauen und<br />

den Weitblick zu behalten, oder wie es heute so schön heißt<br />

„Think global – Act local“ und „Immer neugierig bleiben“ das<br />

ist sein Credo.<br />

26 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Womit wir schwungvoll die Kurve zurück in den Schnittker´schen<br />

Laden genommen haben, in dem man eigentlich<br />

nur Kaffee kaufen wollte. Diesen neuen „Wilshuser Krönung“,<br />

exklusiv <strong>für</strong> Schnittker, Edeka Einemann am Westring, Euronics<br />

und der Bäckerei Kolloge geröstet und ja, eine Flasche<br />

Wein kann´s ja auch noch sein. Welchen? Die Auswahl ist äußerst<br />

repräsentabel, doch tja…<br />

An diesem Punkt des Einkaufvergnügens angekommen,<br />

muss man nicht etwa lange nach gutem Rat Ausschau halten,<br />

denn bestimmt hat eine der Verkäuferinnen die Unsicherheit<br />

bereits bemerkt und ist schon da. Was dann folgt ist ein Dialog<br />

bestehend aus Fragen und Wissen, locker im Austausch, zugewandt<br />

und höflich, mit Anekdoten ausgeschmückt und noch<br />

mehr Wissenswertem und dem sicheren, guten Gefühl der<br />

Kundin, aufgrund der hervorragenden Beratung einen hervorragenden<br />

Wein erstanden zu haben. Und ja: genauso war´s!<br />

Bei Schnittker wurde auch Zeit während der Corona-Pandemie genutzt<br />

– insofern als dass das ganze Gebäude komplett energetisch<br />

saniert worden ist. Aufgrund sämtlicher moderner Möglichkeiten,<br />

mit allem, was dazugehört!<br />

Tradition auch im Hierbleiben<br />

Ob die „gute Fee“ nun Helga Reineberg war, die bereits seit<br />

1973, seit 49 (neunundvierzig!) Jahren eine von Schnittker ist<br />

oder Waltraud Meyer, die drei Jahre später dazu kam und somit<br />

noch vier Jahre bis zum 50. Jubiläum im Schnittker-Team<br />

vor sich hat – oder ob es eine der anderen 18 bis 20 Verkäuferinnen<br />

aus dem gesamten Team war, das ist unwichtig, denn<br />

ehrliches, wirklich gutes Betriebsklima dominiert die Atmosphäre<br />

bei Schnittker am Markt. Das und das professionelle<br />

Wissen um alles, was es hier gibt oder gab. Da kann man sich<br />

sogar noch an die Lebensmittel im Sortiment und an die Sisalteppiche,<br />

auch zum Verlegen, erinnern – und wenn es nur<br />

vom Hörensagen ist, nachdem diese Warengruppen herausgenommen<br />

worden waren.<br />

Das war 1962, und so ist es eine typisch Schnittker´sche<br />

Hommage an das gute Leben, dass Lebensmittel nun wieder<br />

zu den Angeboten gehören. In Delikatessenform, ausgewählt<br />

und von erstklassiger Qualität versteht sich. Sie sind<br />

schließlich bei „Schnittker am Markt“ in Wildeshausen!<br />

Zum 125-jährigen Geschäftsjubiläum von Schnittker<br />

im Jahre 2009 wurde ein Gewinnspiel veranstaltet,<br />

unter dem Motto: „Wer hat den ältesten Kassenbon?“<br />

Johannes Lenzschau erzählt, dass „tatsächlich ein<br />

geschichtsinteressierter Kunde kam, mit einer handschriftlichen<br />

Quittung von 1891! Geschrieben von<br />

Bernhard Schnittker, ausgestellt auf den Nachtwächter<br />

von Wildeshausen <strong>für</strong> den Kauf eines Horns, freigegeben<br />

vom damaligen Bürgermeister.“<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

27


REISE<br />

NORDERNEY<br />

– die „Grande Dame der Nordsee“<br />

Text // Ulla Schmitz<br />

Von Westen aus betrachtet ist Norderney die dritte der<br />

bewohnten ostfriesischen Inseln, mit einer Gesamtfläche<br />

von gut 26 Quadratkilometern die zweitgrößte<br />

nach Borkum und – die jüngste. Denn als zusammenhängende<br />

und eigenständige Insel existiert Norderney erst seit<br />

Mitte des 16. Jahrhunderts – die Jahrhunderte davor war das<br />

Eiland in der Gewalt rasender Stürme und gewaltiger Überflutungen<br />

nicht zur Ruhe gekommen. 1578 dann schienen<br />

sich Menschen auf der Insel niedergelassen zu haben, weil<br />

500 Steine zum Bau eines Hauses vom Festland geliefert<br />

worden waren. Erstmalig schriftlich erwähnt wird Norderney<br />

im Jahre 1650 von Gräfin Anna von Oldenburg in ihrem vormundschaftlichen<br />

Kommissionsbericht vom 4. Juli: „… das<br />

Eyland Ny norderoghe, unter Behrumer Amt gehörig, hat<br />

eine Kirche und 18 Häuser hinter hohen Dünen.“ Die dort ansässigen<br />

Insulaner lebten hauptsächlich vom Fischfang und<br />

hatten sich als Erbpächter zu verdingen unter der Frohn der<br />

Landesherren zu Oldenburg, wenngleich der karge sandige<br />

Boden Ackerbau und Viehzucht kaum zuließ.<br />

Doch weiß man aus anderen Berichten zu der Region,<br />

dass diese Zeiten dort von Entbehrungen geprägt waren.<br />

Dennoch entwickelte sich bereits ab 1688 ein Dorf im<br />

westlichen Teil der Insel. Etwa 250 Menschen lebten in den<br />

kleinen Häusern rechts und links der einzigen Straße, und<br />

während die Männer zum Fischfang raus fuhren züchteten<br />

die Frauen und Kinder Muscheln. Mit den Naturgewalten,<br />

den allwinterlichen Sturmfluten und Eisgängen hatte man<br />

sich zu arrangieren und tat es. Nicht zuletzt auch mit dem<br />

Bergen von Strandgut, jenen Ladungen, die an Land gespült<br />

wurden, wenn wieder einmal ein Schiff in der Nähe gekentert<br />

war. Dass daran sich nicht jeder Insulaner nach eigenem<br />

Gutdünken bedienen konnte, darüber wachte schon seit<br />

1607 ein vom Inselpastor bestellten Strandvogt. Und wer<br />

die Geschichten liest, die von ihnen und den zahlreichen<br />

Schiffbrüchen erzählen, der versteht warum diese Männer<br />

immer von kräftiger Statur und „einflussreichen Gehabe“<br />

waren. Denn nur selten waren die Ladungen von geringem<br />

Wert gewesen...<br />

Auf diese Art soll übrigens auch der Tee nach Nordeuropa<br />

gekommen sein, doch warten die anderen Inseln mit dem<br />

gleichen Histörchen auf. Bekanntermaßen sind diese Verhältnisse<br />

heutzutage geklärt, da auch kaum mehr Schiffe<br />

kentern. Allenfalls gehen mal Container mit Schuhen oder<br />

Ü-Eiern über Bord, wie vor einigen Jahren vor Langeoog<br />

geschehen, doch war die Bergung dieses Strandguts ja ein<br />

Event, der alle Beteiligten eher belustigte.<br />

28<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reise


Hingegen sind die herbst- und winterlichen Sturmfluten,<br />

heute „Blanker Hans“ genannt, nach wie vor Bedrohungen,<br />

die insbesondere auch auf den ostfriesischen Inseln ernst genommen<br />

werden. Wobei Norderney seine Peripherien heute<br />

so stabil wie möglich gesichert hat und die Insel allein von<br />

ihrer Geografie her nicht so fragil ist wie Juist beispielsweise.<br />

Norderney – Synonym <strong>für</strong> attraktiven<br />

und exklusiven Urlaub<br />

Norderney, das sind 15 Kilometer Sandstrand im Norden,<br />

aufgeteilt in fünf verschiedene Bereiche mit allen Möglichkeiten<br />

individuell zu entspannen, sogar beim FKK. Die<br />

gesamte Osthälfte Norderneys sowie das südlich der Insel<br />

angrenzende Wattenmeer gehören zum Nationalpark „Niedersächsisches<br />

Wattenmeer“. Und die im westlichen Teil gelegene,<br />

gleichnamige Stadt ist tatsächlich eine Stadt, womit<br />

Norderney sich von den anderen ostfriesischen Inseln unterscheidet.<br />

Auch weil hier Autos unterwegs sind und überhaupt:<br />

Norderney ist exklusiv und in seinem historischen<br />

Kern noch immer mondän. Das ist seit 1851 so, seit König<br />

Georg V. von Hannover die Insel zu seiner Sommerresidenz<br />

erkor und damit den Bekanntheitsgrad des „Königlichen<br />

Seebades“ deutlich steigerte. Ab dann nämlich konnte man<br />

es sich in gewissen Kreisen nicht mehr erlauben, nicht auch<br />

Gast auf Norderney gewesen zu sein. Zu der Zeit war die<br />

Gastfreundschaft der Insel schon gediehen, verglichen mit<br />

den Anfängen ab dem 1. Mai 1800, als das Seebad offiziell<br />

eröffnet worden war und die 250 Kurgäste wegen fehlender<br />

Unterkünfte in mitgebrachten Zelten residieren mussten.<br />

Doch hatten die Insulaner bald herausgefunden, dass das<br />

Vermieten von Zimmern in ihren Wohnhäusern sehr lukrativ<br />

war. Schnell wurden kleine, überdachte Veranden als „Frühstückszimmer“<br />

angebaut und so die Gästekultur um eine bedeutende<br />

Finesse bereichert.<br />

1820 dann war die Spielbank eröffnet worden und Norderney<br />

endgültig „The place to be“! Mit der Folge, dass es 20 Jahre<br />

später schon doppelt so viele Häuser wie zuvor gab, mit<br />

etwa 1.200 Einwohnern, aber Beherbergungsplatz <strong>für</strong> mehr<br />

als 2.600 Badegäste. Das war exorbitant, denn noch wenige<br />

Jahre zuvor hatten eine Kontinentalsperre und die Besatzung<br />

durch französische Soldaten da<strong>für</strong> gesorgt, dass der<br />

Bäderbetrieb in den Jahren 1806-13 quasi nicht mehr existierte.<br />

Das war umso fataler <strong>für</strong> die Norderneyer, als dass man<br />

sich nahezu komplett auf die Einkommen aus der Kurszene<br />

eingestellt und die traditionellen Berufe wie das Fischen<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reise<br />

29


zum Beispiel abgeschafft hatte. Mitsamt Ausrüstungen und<br />

Booten. Doch dann, nach den „sieben schlechten Jahren“<br />

wurde die Insel im Zuge des Wiener Kongresses Besitztum<br />

des Königreichs Hannover und der Badebetrieb florierte erneut.<br />

Nicht zuletzt auch, weil die touristische Infrastruktur<br />

den Anforderungen angepasst worden war – mit der Errichtung<br />

des Warmbadehauses und einem Kurpark, wo es sich<br />

auf den Wegen vortrefflich wandeln und auf den Bänken im<br />

Schatten der Baumkronen sitzend feinst parlieren ließ.<br />

Die haute volée hatte ihre Bühne gefunden: Norderney!<br />

Hier musste man sein, hier musste man gesehen werden. In<br />

den Arkaden des Conversationshauses, in den bezaubernden<br />

Cafés und Teehäusern, auf den Veranden und Balkonen<br />

der Gästehäuser und Hotels. Heinrich Heine, der dieses Lebensgefühl<br />

schon 1826 in die treffenden Worte fasste:<br />

„Das Seefahren hat <strong>für</strong> diese Menschen einen großen<br />

Reiz; und dennoch, glaube ich, daheim ist ihnen allen am<br />

wohlsten zumute. Sind sie auch auf ihren Schiffen sogar<br />

nach jenen südlichen Ländern gekommen, wo die Sonne<br />

blühender und der Mond romantischer leuchtet, so können<br />

doch alle Blumen dort nicht den Leck ihres Herzens<br />

stopfen, und mitten in der duftigen Heimat des Frühlings<br />

sehnen sie sich wieder zurück nach ihrer Sandinsel, nach<br />

ihren kleinen Hütten, nach dem flackernden Herde, wo<br />

die Ihrigen, wohlverwahrt in wollenen Jacken, herumkauern,<br />

und einen Tee trinken, der sich von gekochtem<br />

Seewasser nur durch den Namen unterscheidet, und eine<br />

Sprache schwatzen, wovon kaum begreiflich scheint, wie<br />

es ihnen selber möglich ist, sie zu verstehen.“<br />

Heinrich Heine: Die Nordsee – Dritte Abteilung von 1826<br />

oder General Blücher, der Herzog von Cumberland, Fürst<br />

Bernhard von Bülow, Felix Graf von Luckner oder Gustav<br />

Stresemann. Clara und Robert Schumann, Wilhelm von<br />

Humboldt oder Theodor Fontane und Felix Nussbaum.<br />

Später dann – wenn wir schon einmal beim „name dropping“<br />

sind – kamen Willy Brandt, Karl Carstens oder Walter<br />

Scheel und so weiter und so weiter. Guido Cantz nicht<br />

zu vergessen und zahlreiche andere TV-Größen…<br />

Weltberühmt wurde Norderney dann Anfang des 20.<br />

Jahrhunderts, als jährlich mehr als 40.000 Gäste gezählt<br />

wurden. Eine Zahl, die umso bemerkenswerter ist, als<br />

dass der Bäderbetrieb während der beiden Weltkriege<br />

erneut zum Stillstand gekommen und die Kureinrichtungen<br />

aufgrund von umfassenden Renovierungen erst<br />

ab 1952 wieder genutzt werden konnten. Sieben Jahre<br />

später aber verbrachten schon 100.000 Gäste ihren Urlaub<br />

auf Norderney und als das 200-jährige Jubiläum des<br />

Seebades am 1. Mai 1997 gefeiert wurde, geschah das mit<br />

260.000 Gästen.<br />

Diese Affinität zu „La Norderney“, der Diva im Ensemble<br />

der sieben ostfriesischen Inseln basiert nicht zuletzt auf<br />

der Vielfalt dieses „Gesamtpakets“. Das <strong>für</strong> jeden Gast das<br />

spezielle Urlaubserleben vorhält in einem unverwechselbaren<br />

Rahmen von majestätischer Natur, kreativen<br />

Konzepten <strong>für</strong> Gesundheit, Fitness und Balance, einer abwechslungsreichen<br />

Palette unterschiedlichster Kulinaria,<br />

kultureller Vielfalt, moderner Lebensart und Shoppingvergnügen<br />

auf jedem Niveau. All das ist geprägt von einem<br />

offenen, entspannten Miteinander, von Großzügigkeit<br />

und hervorragender Gastfreundschaft.<br />

Das ist Lifestyle und daran partizipieren die Gäste<br />

schon auf dem Weg zur Insel, der während des Sommers<br />

im Stundentakt und in hochmodernen Fähren zurückgelegt<br />

wird. Mit dem Auto, wenn man will, ansonsten<br />

steigt man um aufs Fahrrad, und Busse und Taxen fahren<br />

zudem regelmäßig umher. Wobei per pedes, gerade im<br />

historischen Teil der Stadt Norderney die attraktivste Art<br />

der Fortbewegung ist. Allein, um nur ja nichts zu verpassen.<br />

Auf Norderney wird jeder nach seiner Fasson glücklich<br />

und dass alle Facetten dieser Ansprüche einerseits<br />

erhalten, aber gleichzeitig mit dem Zeitgeist entwickelt<br />

werden, da<strong>für</strong> sind auf politischer Ebene Bürgermeister<br />

und Rat zuständig. Sie sind die Garanten der Zukunft<br />

Norderneys. Alles andere entwickelt sich aus der Tradition<br />

heraus. Und die ist typisch Norderney´sch, stabil und<br />

weltoffen, faszinierend, vielfältig und individuell – wie´s<br />

jedem einzelnen gefällt.<br />

30 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reise


Fühlen Sie sich bei<br />

uns wie zuhause.<br />

Genießen Sie einen unvergesslichen<br />

Aufenthalt in einem unserer geschmackvoll<br />

und hochwertig ausgestatteten Appartements<br />

mit individuellem Charakter.<br />

Pension Villa Alexander | Halemstraße 8 | Norderney<br />

T: | www.villaalexander.de


REPORTAGE<br />

KONZENTRATION<br />

STATT WEIN UND KÄSE<br />

Boule kann süchtig machen. Pétanque auch.<br />

Text // Sandra Nowak<br />

Schweinchen flieg! Mit dem Wurf der kleinen Kugel,<br />

Schweinchen oder Sau genannt, beginnt das Spiel.<br />

Dann müssen die Mannschaften oder Einzelspielerinnen<br />

und -spieler ihre Kugeln so dicht wie möglich an diesem<br />

Schweinchen platzieren. Bei einem Mindestabstand von<br />

sechs Metern und einer Kugel in der Hand, die kaum größer<br />

als ein Tennisball, aber deutlich schwerer ist, kann man das<br />

leicht unterschätzen.<br />

Der zweitbeliebteste Sport unseres Nachbarlandes<br />

Frankreich, Boule, findet auch hierzulande eine wachsende<br />

Fangemeinde. Mit etwas Geschick kann man sogar schnell<br />

auf höhere Ebenen, Bezirks- und Landesebene oder sogar<br />

Bundesliga aufsteigen und damit an internationalen Wettkämpfen<br />

teil-nehmen. Die Konkurrenz ist in Deutschland<br />

noch überschaubar und damit läuft die sportliche Kar-riere<br />

steil. Gibt es in Frankreich sogar einen eigenen Fernsehsender<br />

<strong>für</strong> Boule und richtige Boule-Profisportler, muss man in<br />

Deutschland noch um Nachwuchs und <strong>für</strong> weitere Plätze<br />

werben. Dabei ist es so eine wunderbare Freizeitbeschäftigung.<br />

Man braucht nicht viel da<strong>für</strong>, um loszulegen. Drei metallene<br />

Boulekugeln, das Schweinchen und einen Platz, drei<br />

Meter mal zwölf, die internationale Norm verlangt vier mal<br />

fünfzehn Meter. Ideal ist eine ebene Bahn, damit sich keine<br />

Pfützen bilden.<br />

Andererseits sind Wurzeln von angrenzenden Bäumen<br />

oder auch kleine Schrägen zumindest <strong>für</strong> Übungsplätze im<br />

Park durchaus erwünscht. „Das erhöht doch den Reiz und<br />

die Anforderungen an das Spiel,“ sind sich am Boulodrome<br />

im Krandel alle einig. Besondere Kleidung braucht es nicht.<br />

Der Witterung entsprechend und bequem muss es sein,<br />

schließlich soll man sich wohlfühlen. Das ist am ersten Freitag<br />

im November schon etwas Auslegungssache, das mit<br />

dem Wohlfühlen. Die Luft ist klamm, die Temperaturen nagen<br />

gerade an der Zehn-Grad-Grenze und das Licht ist schon<br />

nachmittags um 15.00 Uhr dürftig. Das tut den Wildeshauser<br />

Boulespielerinnen und -spielern im Krandel keinen Abbruch.<br />

32 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Probespielen<br />

Gabriele Teichmann ist erste Vorsitzende des<br />

„Wilde Boule Pétanque Club Wildeshausen“ und<br />

hat <strong>für</strong> Gäste einen Satz Spielkugeln parat, drückt<br />

sie in die Hand und dann geht es auch schon los.<br />

Oh-ne viel Erklärung. Learning by doing ist angesagt.<br />

Ob das Boulespiel nun Sport ist oder Freizeitbe-schäftigung,<br />

beantwortet Gabriele Teichmann<br />

so: „Wir spielen hier heute Boule. Es geht um<br />

nichts, wir dürfen auch reden und entspannen uns<br />

beim Spiel.“ Diejenigen, die es ernsthafter betreiben,<br />

spielen in der Mannschaft und nehmen an<br />

Turnieren teil. Sie nennen es „Pétanque“. Von wegen<br />

„Vin Rouge, Baguette et Camembert“.<br />

Man merkt es beim Ausprobieren sofort, ohne<br />

Konzentration kommt kein brauchbarer „Wurf“<br />

zu-stande. Gabriele zeigt mit dem Fuß, wo die Kugel<br />

idealerweise hin soll. Das ist extrem hilfreich:<br />

Den Punkt fokussieren, Konzentration und… zack!<br />

Zu weit. „Nicht so wild“, lautet der Kommentar.<br />

Nächster Versuch. Das Handgelenk locker, die<br />

Kugel in der Hand eingerollt, Konzentration und<br />

dann schwupp… verkümmert. Der dritte Versuch<br />

wird deutlich besser. Ein Winner! Direkt an der kleinen<br />

Kugel geparkt. „Anfängerglück“, tönt es von<br />

der vierköpfigen Truppe auf dem Nachbar-platz.<br />

Pah, Naturtalent, so sieht´s aus.<br />

Das Spiel aus Südfrankreich bereitet Jung und<br />

Alt große Freude! Körperliche Einschränkungen<br />

können kaum als Ausrede herhalten. Selbst <strong>für</strong> das<br />

Aufheben der Kugel kann man sich einen an einem<br />

Seil befestigten Magneten besorgen. Klack, schon<br />

ist die Kugel am Seil und kann hochgeho-ben werden,<br />

ohne Bücken. Absolut gelenkschonend und<br />

sanft.<br />

Jeder ist im Verein „Wilde Boule Pétanque Club<br />

Wildeshausen“ herzlich willkommen. Und dass ein<br />

Probespiel oder auch zwei immer möglich sind,<br />

das betont die Vereinsvorsitzende Teichmann ausdrücklich.<br />

Rosa sucht das<br />

Regenbogenland<br />

Schon der Anblick dieses<br />

rosaroten Nilpferds<br />

auf dem Cover des Bilderbuchs,<br />

wie es quietschvergnügt<br />

lacht und mit keck aufgestellten Ohren fröhlich grüßt – da<br />

kann es gar nicht anders sein, als dass dieses niedliche Nilpferdmädchen<br />

gerade eine ganz wunderbare Zeit erlebt! Auf seinem Weg durch<br />

Afrika, weg von dort, wo es herkommt, denn da sind alle Nilpferde<br />

grau. So, wie sie nun mal sind. Normalerweise. Rosa aber ist anders<br />

und im Dschungel ist dies echt unpraktisch, weil Löwen, Leoparden<br />

und anderes Raubgetier Rosa schon von weitem sehen. Und was dann<br />

passieren kann, darüber wollen wir erst gar nicht nachdenken.<br />

So anders zu sein ist nicht nur <strong>für</strong> Rosa supertraurig, sondern auch <strong>für</strong><br />

die Nilpferdeltern, denn sie wollen ja, dass ihr kleines Mädchen glücklich<br />

ist, und dass ihr nichts passiert. Also darf Rosa nur im Dunkeln unterwegs<br />

sein… Wie doof und wie langweilig! Bis eines Tages, nein,<br />

eines Nachts natürlich, als sie gerade am Fluss ist, sie dort auf ein anderes<br />

Nilpferd trifft. Auf einen Nilpferdjungen! Aber der ist ja lilafarben<br />

von oben bis unten – überall! Und heißt natürlich Lilian. Auch er<br />

ist es gewohnt, möglichst unsichtbar zu bleiben und auch er versteht<br />

nicht, warum dieses „Anderssein“ <strong>für</strong> alle um ihn herum so aufsehenerregend<br />

ist. Schließlich ist es nur die Farbe, die ihn unterscheidet. Und<br />

Rosa, obwohl auch sie ja anders aussieht als er…<br />

Komisch diese Welt, wo alle so tun, als wollten sie unbedingt gleich<br />

sein. Wie mühsam und wie phantasielos! Rosa und Lilian haben es satt,<br />

also machen sie sich auf die Suche nach einem Ort, wo alle so sein können<br />

wie sie sind und sein wollen: Ins Regenbogenland! Den Weg dorthin<br />

weist ein wunderschöner, bunter Regenbogen und weil er sich<br />

weithin spannt, über Dschungel und Savanne, begegnen Rosa und Lilian<br />

natürlich auch den anderen Tieren darin. Manche von ihnen sind<br />

auch bunt, andere nicht, aber alle ganz neugierig auf das Land, wo alle<br />

glücklich und friedlich zusammenleben.<br />

Also kommen immer mehr Tiere dort zusammen, bunte und die mit<br />

ihrer „normalen“ Hautfarbe. So viele, dass der Platz bald zu eng sein<br />

wird und Regenbogenbotschafter sich aufmachen, an anderen Orten<br />

dieser Welt weitere Regenbogenländer zu gründen…<br />

Man kann nur hoffen, dass Sonja D. Stern, als Erzählerin dieser bezaubernden<br />

Geschichte und Beatrice Leeb, die Illustratorin / Schöpferin<br />

der gleichsam bezaubernden Tierfiguren und Landschaftsszenerien<br />

uns auch an diesen Ereignissen teilhaben lassen. Mit ihrer Kunst Kindern,<br />

auch im jungen Alter, die Welt als jenen Ort darzustellen, den<br />

wir uns alle wünschen, der so sein kann und der er hoffentlich bald<br />

ist: Eine Welt, frei von Vorurteilen, mit Platz <strong>für</strong> jede und jeden, egal als<br />

was man geboren ist und bleibt, egal wie man aussieht und egal, wie<br />

man leben will, in Frieden. Denn das ist Freiheit.<br />

usch<br />

Sonja D. Stern und Beatrice Leeb: Rosa sucht das Regenbogenland.<br />

Wortweit Verlag. ISBN 978-3-903326-08-8. Euro 18,50<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Buchtipp<br />

33


PORTRAIT<br />

Gut älter werden – dazu ist es nie zu spät<br />

VERSPROCHEN!<br />

Text // Ulla Schmitz<br />

Auch denen, die an Lebensjahren erst ein übersichtliches Konto aufweisen, denn Sie<br />

wissen ja: Mit dem guten Leben kann man nicht früh genug beginnen…<br />

Erwarten Sie jetzt bitte keinen Leitfaden da<strong>für</strong>, wie man<br />

sich das Älterwerden so richtig krass auffällig, auf jugendlich<br />

getrimmt einrichten kann. Und auch nicht<br />

da<strong>für</strong> sich einzusalben, um fortan auf dem restaurierten<br />

Motorbike in den Sonnuntergang fahren zu können. Nein,<br />

denn es geht auch weniger weltfremd, weniger aufwändig,<br />

da<strong>für</strong> jedoch nachhaltig <strong>für</strong> sich selbst. Rundum zufrieden,<br />

vergnügt und unternehmenslustig Tag und Nacht – weil gesund!<br />

Das aber, liebe Leserinnen und Leser, das kann nur das<br />

Ergebnis einer sportlichen Betätigung sein, da gibt es kein<br />

Schlawenzeln. Denn immerhin müssen die Couch-Kartoffeln<br />

ihre komplette, nicht selten mächtige Figur aus der dahingesunkenen<br />

Position hochbekommen, mitsamt der Einstellung<br />

dazu. Die sie ja eigentlich nicht mehr abrufen wollten,<br />

sind sie doch gemütlich schon älter geworden. Noch nicht<br />

alt – wobei das aber das Ziel ist. Und genau hier wird das<br />

klar, was wir alle wissen, weil es gesund ist und somit logisch:<br />

Kein Sport ist auch keine Lösung!<br />

Nein, nein, blättern Sie sich nicht weg von diesem Beitrag,<br />

denn noch wurden die nicht ins sprichwörtliche Boot geholt,<br />

die sportlich sind, möglicherweise sogar Zeit ihres Lebens,<br />

denen die Eintönigkeit der ständig gleichen Prozedur ihrer<br />

Sportart aber auf die Nerven geht.<br />

So erging es mir, als ich von Kerstin Friedrich hörte. Ich:<br />

nicht mehr jung im biologischen Kontext, aber fit und „noch<br />

immer frisch“, wie meine kleine Enkelin mir versichert hatte.<br />

Gut in Schuss also, doch unfassbar gelangweilt vom<br />

34 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait


täglichen Joggen oder Rennen, und Nordic Walking hatte<br />

ich auch schon versucht. Um der Prozedur Abwechslung zu<br />

verschaffen und dann auch wieder die schon lange vermissten<br />

Dopaminchen und meinetwegen auch einen Schwung<br />

Serotonine verspüren zu können. Glückshormone, hach!<br />

Nichts tat sich mehr aus dieser Richtung, außer, dass sich das<br />

Sofa als wunderbare Ruhestätte herausstellte! Getreu dem<br />

Schnack, dass man nun schon so alt geworden ist, da könne<br />

man sich <strong>für</strong> die letzten Jahre getrost Ruhe gönnen. Und<br />

„patsch“ saß ich in der Falle.<br />

Kerstin Friedrich nickt lachend, denn an dem Punkt hatte<br />

auch sie sich befunden. Wobei sie sich dann, im Gegensatz<br />

zu mir und anderer desillusionierter Bewegungsmuffel Gedanken<br />

über ihren Zustand gemacht hatte. Darüber, wie sie<br />

die „Restlaufzeit“ ihres über 60-jährigen Lebens selbstbestimmt<br />

und fröhlich verbringen wollte. Dass ihr das einfacher<br />

fiel als beispielsweise mir, ist vorbildlich im wahrsten Sinne<br />

des Wortes, denn ihr Buch „Kein Sport ist auch keine Lösung“<br />

entstammt dieser Situation und ist so etwas wie eine „Bibel<strong>für</strong>´s-fröhlich-weil-gesund-älter-und-alt-werden“.<br />

Dr. Kerstin Friedrich ist Strategieberaterin <strong>für</strong> Wirtschaftsunternehmen<br />

und dabei führende Expertin <strong>für</strong> die Erarbeitung<br />

von Entwicklungs-Tools zur Förderung von Kreativität<br />

und Engagement innerhalb der jeweiligen Teams. Diese Methoden<br />

beispielsweise, die den betreffenden Branchen und<br />

Metiers unter dem Begriff „EKS“, „Visioning“ oder „Scoreboarding“<br />

bekannt sind – sie sind an dieser Stelle nicht weiter erwähnenswert,<br />

weil wir, bezogen auf das Thema „Sport kennt<br />

kein Alter“ am Abstraktionsvermögen von Kerstin Friedrich<br />

partizipieren. Aufgrund dessen es ihr nahe lag, die strategischen<br />

Kernfragen zur ganzheitlichen Unternehmensführung<br />

auch auf der sportiven Schiene anzuwenden.<br />

Mit dem Ergebnis dieses Buches, das im Titel die Erkenntnis<br />

trägt „Kein Sport ist auch keine Lösung“ und im Inhalt<br />

Begründungen <strong>für</strong> jeden Typus Mensch, <strong>für</strong> jede prä- und<br />

finalsportive Gelegenheit und den daraus zu ziehenden Erkenntnissen<br />

präsentiert. Das Ganze in einer anschaulichen,<br />

humorvollen und unterhaltenden Sprache. Mit Beispielen<br />

auch namhafter Protagonisten auf der Suche nach dem<br />

„Konzept <strong>für</strong> Veränderung“; mit Rezepten, Anleitungen, Mutmachern<br />

und immer wieder neuen Erläuterungen und Exempeln<br />

– alles wirklichkeitsecht, aus dem Alltag Jedermanns<br />

und Jederfraus. Mit dem Ziel, zukünftig aus der Position der<br />

individuellen Stärke heraus richtig gut leben zu können.<br />

Es geht um uns<br />

Ein Bild, das sich im Bezug auf „Bewegung gleich Sport<br />

gleich Gesundheit“ weder alternativ noch abgeschwächt<br />

darstellen lässt. Denn ES GEHT UM UNS! Um Sie, um Sie –<br />

um alle, die biologisch nicht mehr jung sind und auch dazu<br />

stehen. Die Übergewicht haben, und von den zu vielen Kilos<br />

bedrückt sind – im doppelten Sinn. Es geht um Selbstverantwortung,<br />

als Konsequenz aus der Erkenntnis, dass wir mit<br />

diesem Thema alleine dastehen. Zu Zeiten, in denen Pflegenotstand<br />

zum Alltag gehört und in einer jugendhörigen Gesellschaft,<br />

die sich scheinbar darauf geeinigt hat, dass die Alten<br />

logischerweise abbauen und man ihnen schon deshalb<br />

weder eine tatkräftige noch kuratierende Unterstützung<br />

zukommen lassen muss. Keine adäquate, denn den irren<br />

Tanz um das goldene Kalb des Jugendwahns mitzumachen –<br />

eben das haben wir nicht nötig.<br />

„In diesem Kontext findet eine Art gesellschaftlicher Programmierung<br />

statt,“ konstatiert Kerstin Friedrich, die vor ein<br />

paar Jahren selbst vor dem Dilemma „Älterwerden = abbauen<br />

= ausgesondert an den Rand der Gesellschaft“ stand. Nur,<br />

dass die international erfolgreiche Strategieberaterin diese<br />

automatische Einordnung als absurd deklassierte, als zynisch<br />

und nicht nachvollziehbar obendrein. Denn mit 60+ klapprig,<br />

gehirnlahm und auch körperlich träge zu sein – warum<br />

das denn? Als einzige Alternative zum fragwürdigen „Macher-Image“<br />

und den „For-ever-young“-Quälereien? Ja, die<br />

Kondition lässt nach, wenn, ja wenn sie nicht gefordert wird.<br />

Gleichzeitig bauen die Muskeln ab, das bisschen Bauchfett<br />

dehnt sich auch in alle anderen Bereiche des Körpers aus,<br />

plötzlich schmerzen die überbelasteten Gelenke, das Herz<br />

überschlägt sich im angestammten Rhythmus und die Lungen<br />

pfeifen beim Atemholen lauter als die Luft aus einem<br />

kaputten Reifen entweicht.<br />

Die alles entscheidende Frage:<br />

Wie will ich jetzt und in Zukunft leben?<br />

Wohlgemerkt, wir sprechen hier nicht davon, dass wir superschlank<br />

sein sollen, denn „aus gesundheitlicher Sicht ist<br />

der Schlankheitswahn unsinnig“, sagt Kerstin Friedrich und<br />

weiß ebenso, dass „übergewichtige Sportler gesünder leben<br />

als magersüchtige Couchpotatoes“. Weil „nicht die Menge an<br />

Körperfett ausschlaggebend ist, sondern dessen Verteilung<br />

im Körper.“ Mit dem Ergebnis eines profunden Beitrags zur<br />

Gesundheit, innen und außen von Kopf bis Fuß, eigenverantwortlich<br />

und selbstbewusst und das sogar, wenn man sich<br />

schon „ergeben“ hatte.<br />

Sprich, wenn man sich bereits im XXL- oder im Senioren-Modus<br />

befindet. „Selbst schwer bewegliche oder über<br />

70-jährige und noch ältere Menschen können mit gezieltem<br />

Muskeltraining ihren schnell sich ausbreitenden Verfallsprozess<br />

in die Schranken weisen, auf unkomplizierte, gesunde<br />

Weise, die sogar in der Gruppe Spaß macht“, weiß Kerstin<br />

Friedrich aufgrund von zahlreichen Studien und eigenen<br />

Beobachtungen, nicht zuletzt auch in Reha-Situationen, die<br />

sich mit gezielten Muskelaufbau-, Gleichgewichtssinn- und<br />

Ruhetherapien wesentlich verbessern und beschleunigen<br />

lassen.<br />

Dabei und <strong>für</strong> alles, was in Sportlichkeiten münden wird,<br />

gilt das Grundprinzip, nach dem Bänder und Gelenke sich<br />

erst einmal der zunächst noch ungewohnten Belastung<br />

anpassen müssen. Da<strong>für</strong> brauchen wir fachgerechte Anleitungen<br />

sowie die Hilfe anderer, denn „der Mensch ist ein<br />

Sozialwesen durch und durch, das sich nur in Gemeinschaft<br />

entwickeln kann“, konstatiert Kerstin Friedrich und verweist<br />

auf die Evolution, in der die Spezies Mensch nur in der Gemeinschaft<br />

überleben konnte. Heute lassen sich diese Er-<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait<br />

35


kenntnisse in Beispielen zum Ausdruck bringen, etwa, dass<br />

verlorene Motivationen durch Gespräche mit Trainern oder<br />

Sportkumpeln einen neuen Stellenwert erhalten; einhergehend<br />

mit der Erkenntnis, dass Arbeitsüberlastung keinen<br />

Ausgleich im bewegungslosen Sitzen vor dem TV findet oder<br />

der grundfalschen Einstellung, dass Kartenspielen ja irgendwie<br />

auch ein Sport ist – mit dem Ziel, die Vision des guten<br />

Lebens wieder abrufen zu können. Lamoryanzen bringen<br />

einen umweglos an den Rollator!<br />

Der Plan: Ausstieg aus der Altersspirale<br />

Kerstin Friedrich selbst hat sich aus Vernunftgründen <strong>für</strong><br />

das Krafttraining entschieden und aus reiner Lebenslust<br />

<strong>für</strong> das Fahren mit dem Gravelbike. Wobei das ja kein reines<br />

Fahrradfahren ist, sondern eine Auseinandersetzung mit sich<br />

selbst, über das Bike. Die nur mit Balancegefühl, Muskelkraft<br />

und Ausdauer gelingt – Körperlichkeiten die antrainierbar<br />

sind. Und das gilt <strong>für</strong> alle Sportarten. Womit wir zurück zu<br />

ihrem Buch kommen, in dem alle gesundheits-adäquaten<br />

sportiven Möglichkeiten und Ambitionen aufgeführt sind<br />

und dabei genügend Platz lassen, sich <strong>für</strong> den individuell<br />

besten, also angenehmsten Sport entscheiden zu können.<br />

Das bedeutet nicht und gar nicht, dass man sich so wie<br />

Kerstin Friedrich hin zum Triathlon entwickelt, doch zu körperlichen<br />

Grenzüberschreitungen hier und da auf jeden<br />

Fall. Weil auch diese Herausforderungen Spaß machen, weil<br />

man sich selbst wieder fühlt; bemerkt, was man noch in Beine<br />

und Arme bringt und wie dieser Schwung auf die Dauer<br />

gesünder und gesund macht. Ja, und im Moment auch Lust<br />

hervorruft. Auf das, was wir gerade erreicht haben, wie extrem<br />

gut wir uns dabei fühlen und wie sich wohl der nächste<br />

Schritt anfühlt. Bis wohin? An irgendwelche Grenzen? Welche<br />

Grenzen denn?<br />

Möglicherweise werden wir Sport nie lieben, doch wir lieben<br />

ja auch unsere Autos nicht, nicht im Sinne von wahrer<br />

Liebe, und sind trotzdem unablässig mit ihnen unterwegs.<br />

Pflegen sie, hüten sie und lassen jeden Schaden sofort reparieren.<br />

Noch Fragen zur eigenen Wellness?<br />

P. S. Was als Portrait über Kerstin Friedrich gedacht war,<br />

hat sich in dieser Geschichte summiert. Eindeutig aufgrund<br />

der Begeisterung darüber, wie diese sympathische, weltoffene<br />

und eloquente Frau den aktiven Ausstieg aus der Altersspirale<br />

im Duktus eines prallen, vergnügten, lebensfreudigen<br />

Daseins darstellt und – vermitteln kann. So dass ich<br />

mich jetzt auf den Crosstrainer verabschiede. Wo ich zwar<br />

heute Morgen schon ein Pensum erledigt habe, doch wie<br />

ist das mit den eigenen Grenzen und den wieder erwachten<br />

Glückshormonen?<br />

Der Motivations-Coach in Buchform:<br />

Kerstin Friedrich: Kein Sport ist auch keine Lösung.<br />

Patmos Verlag. ISBN 978-3-8436-1321-7. Euro 20,00<br />

Anmerkung: Greifen Sie bei dem Buch zu, trotz des rosafarbenen<br />

Einbands und der quietsch-pinken Kästen und Überschriften<br />

im Innenteil! Das wird sich ab der zweiten Auflage<br />

ändern. Bis dahin aber bloß nicht warten, denn das „Gut älter<br />

werden“ ist jetzt!<br />

36 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


lieferservice.ecenter.einemann@minden.edeka<br />

Telefon 04431 949433


Foto: djd/v. Kummer/BF17-Kampagne<br />

Früh und sicher in die<br />

Automobilität starten<br />

Mit dem Begleiteten Fahren ab 17 (BF17) können Jugendliche schon früher am<br />

Steuer sitzen und bereits vor der Volljährigkeit Auto fahren. Mit dabei ist stets eine<br />

Begleitperson, bevor es ab 18 Jahren alleine auf die Straße geht. Diese ist nicht<br />

nur Ansprechperson in unbekannten Verkehrssituationen und kann mit Ratschlägen<br />

zur Seite stehen, sondern gibt auch Sicherheit und Unterstützung in der neu<br />

erlangten Automobilität der Jugendlichen. Um pünktlich zum 17. Geburtstag die<br />

Prüfbescheinigung zu erhalten und ein ganzes Jahr begleitet zu fahren, ist eine<br />

frühzeitige Anmeldung in der Fahrschule bereits im Alter von 16 ½ Jahren empfehlenswert.<br />

Die Fahrausbildung ist die gleiche wie bei älteren Personen.<br />

So melden sich die Jugendlichen an<br />

Für die Anmeldung zum BF17 sind ein gültiger Personalausweis, ein biometrisches<br />

Passfoto, die ausgefüllten Antragsformulare und die Unterschriften der<br />

Erziehungsberechtigten notwendig. Die Jugendlichen müssen zudem vorab einen<br />

Sehtest sowie einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren und die entsprechenden<br />

Nachweise vorlegen. Auch Begleitpersonen sollten sich frühzeitig mit dem Thema<br />

befassen, da es einige Kriterien zu erfüllen gibt: Begleiten darf, wer über 30<br />

Jahre alt ist, seit mindestens fünf Jahren den Führerschein besitzt und nicht mehr<br />

als einen Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg hat. Tipps zum Begleiteten<br />

Fahren gibt es unter www.bf17.de, einer Seite des Deutschen Verkehrssicherheitsrates<br />

(DVR) und der Deutschen Verkehrswacht (DVW), sowie auf Facebook und<br />

Instagram. Das Projekt wird vom Bundesministerium <strong>für</strong> Verkehr und digitale Infrastruktur<br />

(BMVI) gefördert.<br />

BF17 hat viele Vorteile<br />

Nach der Fahrschulzeit sammeln BF17 Fahranfängerinnen und Fahranfänger bis<br />

zu einem Jahr lang in Anwesenheit ihrer Begleitpersonen Erfahrungen im Straßenverkehr.<br />

Studien belegen, dass Teenager, die am Programm teilgenommen haben,<br />

im ersten Jahr des Fahrens ohne Begleitung rund 20 Prozent seltener an Unfällen<br />

beteiligt sind als Gleichaltrige, die unmittelbar nach der Fahrschule auf sich allein<br />

gestellt waren. Auch mit Blick auf die Kfz Versicherungsbeiträge wirkt sich das Begleitete<br />

Fahren ab 17 häufig positiv aus, wenn später ein eigenes Auto versichert<br />

oder das Fahrzeug der Eltern weiter mitbenutzt werden soll. Viele Versicherungen<br />

unterscheiden sich darin, ob bei der Nutzung <strong>für</strong> das Begleitete Fahren ab 17 die<br />

Beiträge gleichbleiben oder sich erhöhen. Ist BF17 in der Familie geplant, kann<br />

eine frühzeitige Nachfrage bei der eigenen Kfz-Versicherung sinnvoll sein. djd<br />

38<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


REPORTAGE<br />

Brainstorming im Team – Arbeiten kann Spaß machen!<br />

die einfache botschaft des kleingeschriebenen<br />

…;#*! und andere Geschichten<br />

Text // Beate Deeken<br />

Für team;iken läuft es auch in Zeiten von Corona und Lieferschwierigkeiten<br />

gut. Dabei scheint das Erfolgskonzept der<br />

Werbeagentur in Wildeshausen so einfach wie besonders.<br />

Geschäftsführer Stefan Iken formuliert es so: „Wir denken<br />

nicht in Logos, nicht in Websites, nicht in Broschüren – sondern<br />

in Marken.“ Für deren Kund*innen geht es um Sichtbarkeit<br />

und Unverwechselbarkeit. Das macht den Erfolg aus.<br />

team;iken, das sind die mit dem Semikolon im Namen<br />

und der konsequenten Kleinschreibung. Mit der Kleinschreibung<br />

nehmen sie sich selbst zurück, weil nur die Botschaft<br />

zählt. Und die ist möglichst einfach. Die Kleinschreibung von<br />

Substantiven, Nomen und Satzanfängen verstößt gegen<br />

Konventionen. Das fällt auf. So soll es sein. Und natürlich ist<br />

der Name nicht nur ein Name. team;iken ist eine Marke. Das<br />

Semikolon steht <strong>für</strong> einen Neuanfang, <strong>für</strong> neue Ideen. Wie<br />

wichtig starke Marken sind, zeigt sich in alltäglichen Entscheidungen,<br />

z.B. beim Einkaufen. Marken sind ein Versprechen.<br />

Eine Garantie. Sie geben Sicherheit und vereinfachen<br />

Kaufentscheidungen. Wie anspruchsvoll die Entwicklung<br />

von starken Marken ist, kann gut nachvollziehen, wer selbst<br />

schon einmal daran gescheitert ist.<br />

Reicht das schon <strong>für</strong> den Erfolg? Kleinschreibung, ein Semikolon<br />

und gute Ideen? Mitnichten. Große Triebfeder ist die<br />

Dynamik im Team. Und die Philosophie der Werbeagentur.<br />

Wer zu team;iken gehört, liebt, was er oder sie tut. Das zeigt<br />

sich in jedem einzelnen Auftrag. Immer die besten Ideen,<br />

die beste Lösung <strong>für</strong> die Kund*innen finden – das geht nur<br />

mit der Kombination aus Leidenschaft, Disziplin und Können.<br />

Zudem bekommt team;iken seine Aufträge konsequent<br />

ohne Pitches (einer wettbewerbsartigen Bewerbung um<br />

einen Werbeauftrag), pfeift auf Awards und erwirtschaftet<br />

Erfolg nicht mit Dumpingpreisen auf Kosten von Qualität<br />

und zu Lasten von Mitarbeitenden. Sie wollen, dass Kund*innen<br />

zu Lieblingskund*innen werden und arbeiten hart da<strong>für</strong>.<br />

Die Arbeit beginnt mit der Analyse des/der Kund*innen,<br />

ihrer Produkte oder Dienstleistungen, Zielgruppen und der<br />

Unternehmenswerte. In gemeinsamen Workshops, oder<br />

der kürzeren Variante, den Kick-Off-Meetings, mit den Geschäftsführenden<br />

beziehungsweise <strong>für</strong> die Kommunikation<br />

Verantwortlichen, entsteht ein Verständnis <strong>für</strong> den Markt<br />

und welche Rolle der/die Kund*in gerade darin spielt. Die<br />

Antworten auf Fragen wie: „Was macht das Unternehmen zu<br />

etwas Besonderem?“ oder „Wo soll es in fünf Jahren stehen?“<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

39


Schriftzüge in Handarbeit – echte Handwerkskunst<br />

Firmengründer Bernhard Iken im Flow<br />

lassen ein Grundgerüst entstehen, auf das die Kommunikation,<br />

das Konzept <strong>für</strong> die Marke aufbaut. Man muss vor allem<br />

die richtigen Fragen stellen. „Es zählt der unerwartete<br />

Beitrag,“ erklärt Stefan Iken. Und meint damit die Kunst, austauschbare<br />

Dienstleistungen und Produkte emotional aufzuladen.<br />

Was überrascht, bleibt in Erinnerung.<br />

Der Startschuss <strong>für</strong> die Erfolgsgeschichte der Agentur<br />

im Stockenkamp in Wildeshausen fiel in einer Zeit, in der<br />

manche sagen würden, da war die Welt noch in Ordnung.<br />

Vater Bernhard Iken gründete 1960 eine Schilderwerkstatt.<br />

Tagelang wurden mit Pinsel und Schablonen Schriftzüge <strong>für</strong><br />

Firmenfahrzeuge entworfen und gemalt. Die Wünsche der<br />

Kund*innen trieben schon damals die Weiterentwicklung<br />

des Angebots voran.<br />

Mit der Zeit bringt Sohn Stefan, der nach seiner Ausbildung<br />

zunächst viel Erfahrung als Mediengestalter in Agenturen<br />

quer durch die ganze Republik sammelt, seine Handschrift<br />

in der väterlichen Werkstatt ein. Wo einst Farbtöpfe<br />

und Pinsel zum Einsatz kamen, hält moderne Computertechnologie<br />

Einzug. Heute werden in der einstigen Schilderwerkstatt<br />

neben Fahrzeugen alle nur denkbaren Produkte mit<br />

Firmenlogos und Schriftzügen versehen, Plakate gedruckt<br />

und großflächige Prints auf den unterschiedlichsten Untergründen<br />

angefertigt.<br />

Ausgestattet mit einer sicheren Intuition stellt Stefan Iken<br />

früh die Weichen <strong>für</strong> die Entwicklung von der Werkstatt <strong>für</strong><br />

Reklame zur heutigen Agentur <strong>für</strong> Markenkommunikation.<br />

Bereits 1996 klopft Diplom-Kommunikationsdesigner Andre<br />

Ostendorf bei Iken in Wildeshausen an die Tür. Und bleibt.<br />

Mit ihm als zweiten Geschäftsführer und „kreativen Kopf“<br />

lenken sie fortan gemeinsam die Geschicke der Agentur,<br />

die sich als Allrounder mit vielen Kompetenzen unter einem<br />

Dach von den Mitbewerbern abgrenzt.<br />

Das Jubiläumsjahr 2010 bringt gleich eine ganze Reihe von<br />

Veränderungen. Nach 50jähriger Firmengeschichte steht<br />

der Generationenwechsel ins Haus, ein neues Kapitel wird<br />

aufgeschlagen und die Agentur zu „team;iken“ umgetauft.<br />

Hendrik Breuer wird dritter Geschäftsführer und ergänzt das<br />

Führungsduo zum Trio. Der ehemalige Auszubildende von<br />

team;iken unterstützt das „Haus der Marken“ mit seinem<br />

unternehmerischen Denken und dem Sinn <strong>für</strong> Struktur als<br />

Qualitäts- und Projektmanager. Im gleichen Jahr bezieht die<br />

Agentur den Neubau gegenüber der Werkstatt. Nicht nur im<br />

Silicon Valley weiß man, was wertvolle Mitarbeitende brauchen:<br />

Ein Umfeld, in dem sie sich wohlfühlen – menschlich<br />

und räumlich. Das moderne, mit nachhaltiger Technik ausgestattete<br />

Gebäude bietet 15 Mitarbeitenden Raum. Schon<br />

kurz darauf drängen sich dort zu viele kreative Köpfe. Das<br />

ist der Startschuss <strong>für</strong> den zweiten Standort in der Nachbarstadt<br />

Vechta.<br />

Noch etwas ist wesentlich <strong>für</strong> den Erfolg. Alle im Team<br />

lieben die Region und die Natur. Das verbindet. Darum arbeiten<br />

sie aktiv an einer möglichst nachhaltigen Gestaltung<br />

des Alltags. Bereits seit 2010, als Klimaneutralität noch etwas<br />

<strong>für</strong> Exoten war, beziehen sie klimaneutralen Strom. Geheizt<br />

40<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Das neue Firmengebäude fügt sich harmonisch in das Umfeld ein<br />

wird mit hundert Prozent Erdwärme, statt Wasserflaschen<br />

gibt es Wasserspender und auf den Tisch kommen regionale<br />

Produkte von Wildeshauser Bauern. Mit dem Jobrad1)<br />

werden Touren vor Ort erledigt und wenn es doch ein Auto<br />

sein muss, stehen seit diesem Jahr E-Minis bereit. Zum Tanken<br />

von Mitarbeiter- und Kundenfahrzeugen gingen in diesem<br />

Jahr eigene E-Ladesäulen ans Netz. Die Bienenwiese <strong>für</strong><br />

mehr Artenvielfalt gehört auch zu den Bemühungen um ein<br />

ausgewogeneres Verhältnis zwischen Geben und Nehmen<br />

mit der Natur. Für viele ist team;iken damit vorbildlich. Sie<br />

selbst sehen sich erst am Anfang.<br />

Was so leicht daherkommt, ist harte Arbeit. Kreativarbeit<br />

sei wie Hochleistungssport, sagen Werbeprofis. Hinzu kommen<br />

technologische Herausforderungen. Das betrifft auch<br />

die Kommunikation mit Kunden. Oft können sie nicht ahnen,<br />

welche Komplexität eine neue Webseite, das Herz der<br />

Unternehmenskommunikation im Internet, mit sich bringt.<br />

„Die Branche durchläuft radikale Veränderungen,“ resümiert<br />

Stefan Iken. Die Liste der technischen Innovationen scheint<br />

unendlich, ein Ende ist nicht in Sicht. Berufe verschwinden,<br />

neue entstehen. Nicht nur in der Werbebranche. Aber dort<br />

besonders. Die Druckvorlagenhersteller*innen, Schriftsetzer*innen<br />

und Grafikdesigner*innen von einst heißen heute<br />

Mediengestalter*in oder Kommunikationsdesigner*in. Ihre<br />

Jobs machen sie als Ads-Manager, Digital-Media-Consultant<br />

oder SEO- und Kanal-Manager. Die „digital natives“ - also<br />

jene, die quasi mit Handy und Tablet aufgewachsen sind –<br />

sie können mit der Entwicklung noch Schritt halten. Die Älteren<br />

tun sich damit deutlich schwerer. Das stellt auch Stefan<br />

Iken fest. Mit seinen Qualifikationen zum Handwerksmeister<br />

der Werbetechnik und als staatlich geprüfter Kommunikationsfachmann<br />

konzentriert er sich auf seine Stärken und<br />

übernimmt Aufgaben wie Strategie und Finanzen und liebt<br />

das Handwerk der Grafik. Das Handwerk, davon ist er überzeugt,<br />

wird es trotz aller Digitalisierung immer geben.<br />

Das Werbe-Wissen gibt man in der Agentur als Ausbildungsbetrieb<br />

gerne weiter. Jedes Jahr werden drei Auszubildende<br />

eingestellt – als Mediengestalter*in und Werbetechniker*in.<br />

Die Hälfte des Teams besteht aus ehemaligen<br />

Azubis. Viele bleiben nach der Ausbildung oder kommen<br />

nach dem Studium wieder zurück. Für sie gilt es, auch weiterhin<br />

die Entwicklung im Auge zu behalten.<br />

Moderne Technik statt Pinsel: Die alte Werkstatt nach dem Umbau.<br />

Beschriftungen <strong>für</strong> Fahrzeuge werden hier immer noch gemacht.<br />

1)<br />

„Jobrad“ ist ein Anbieter von Leasing-Fahrrädern, die den Mitarbeitenden<br />

von team;iken als steuerlich vorteilhafter Benefit angeboten<br />

werden.<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

41


REPORTAGE<br />

Nehmen im Lili auf französischen Luxussesseln platz: die Kinoprofis Heinz Rigbers (li) und Michael Prochnow (re)<br />

ERST VERGESSEN – HEUTE GELIEBT<br />

Das Lili Servicekino in Wildeshausen ist eine Oase<br />

<strong>für</strong> Liebhaber*innen besonderer Kinos<br />

Text // Sandra Nowak<br />

Der Wildeshauser Heinz Rigbers ist Kinoprofi seit Kindesbeinen.<br />

Die Großmutter machte Kino, der Onkel ebenso. Und<br />

als Junge verbrachte der kleine Heinz die meiste Zeit nicht<br />

auf dem Fußballplatz, sondern im Kino. Als es <strong>für</strong> Rigbers um<br />

die berufliche Zukunft ging, gab es keine Ausbildung <strong>für</strong> das,<br />

was ihm so vorschwebte. Er wollte „Kino machen“. So ging<br />

er nach Bremen, stellte sich in einem Kino vor und erlernte<br />

das Handwerk des Theaterleiters. Er blieb und war als Theaterleiter<br />

<strong>für</strong> fünf Bremer Kinos zuständig, bis er 2011 Michael<br />

Prochnows Angestellter wurde. Dass das so kam, ist ein bisschen<br />

dem Wildeshauser Gildefest zu verdanken.<br />

Tatsächlich gibt es das Kino Lili in Wildeshausens Huntestraße<br />

bereits seit 1952. Zwischenzeitlich gab es sogar drei<br />

Kinos in Wildeshausen. Und dann, im Jahr 2011, gar keins<br />

mehr. Das heißt, das Gebäude mit dem Kinoraum gab es<br />

noch. Aber keinen Betreiber. Keinen Filmtheaterleiter. Nun<br />

kommt das Gildefest ins Spiel. Als Michael Prochnow und<br />

Heinz Rigbers das Fest feierten, kamen sie am Kinogebäude<br />

vorbei. Leer und schon lange ohne Filmvorstellungen.<br />

An diesem Abend wurde der Plan geschmiedet, das zu ändern.<br />

Kurzerhand pachtete Michael Prochnow das Gebäude,<br />

machte Rigbers zu seinem Angestellten, investierte (und investiert<br />

bis heute) in Technik, Raumausstattung und Atmosphäre<br />

und wurde zum Betreiber des beliebten und vielfach<br />

prämierten Servicekinos Lili.<br />

Traditionelles Liebhaber-Kino<br />

mit High Tech Anlage<br />

Filmstart war der 09. September 2011. 130 knallrote, französische<br />

Luxussessel, kräftig blaue Wände und hinter der<br />

letzten Sitzreihe der Servicetresen. Der großzügige Reihenabstand<br />

von einem Metern dreißig passt hervorragend in<br />

die Corona-Zeit. Die Wand hinter dem Tresen ist vollgehängt<br />

mit gerahmten Fotos, die meisten mit Portraits von Schauspieler*innen.<br />

Es ist wie ein großes, dennoch kuscheliges<br />

Wohnzimmer, in dem man in Gesellschaft einen schönen<br />

Kinoabend erlebt. Einzigartig. Nicht „von der Stange.“ Und:<br />

„Technisch kann unser Kino heute mit den Multiplex-Kinos<br />

in den großen Städten mithalten,“ betont Prochnow, der ei-<br />

42<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


gentlich schon Rentner ist. Dass er es viel schöner findet als<br />

die riesigen Stadtkinos, muss er gar nicht sagen.<br />

Was sich so schnell und einfach anhört, war eine große Herausforderung.<br />

Die Technik, die sie 2011 vorfanden, war noch<br />

analog. Aus heutiger Sicht betrieben mit „musealen“ Filmrollen,<br />

<strong>für</strong> die es nur noch wenige Film-Angebote gab. An einer<br />

Modernisierung führte kein Weg vorbei. Anders war an die<br />

Blockbuster – damals liefen gerade „Ziemlich beste Freunde“<br />

– kaum heranzukommen. Zwar gab es noch Filme <strong>für</strong> analoge<br />

Vorstellungen, aber die Wartezeiten waren extrem lang.<br />

Zu lang, wenn man bedenkt, dass genau diese Filme überlebensnotwendig<br />

<strong>für</strong> Kinos sind. Auch <strong>für</strong> „liebhabergeführte“<br />

Kinos wie das Lili.<br />

Das Lili verfügt nur über einen einzigen Vorführraum. Und<br />

das ist eine Herausforderung <strong>für</strong> die Programmplanung.<br />

Möchte man beim Bundesstart eines Blockbusters, also eines<br />

Publikumsmagneten unter den Kinofilmen, zum Beispiel<br />

einen neuen James Bond-Film, dabei sein, ist der Kinobetreiber<br />

verpflichtet, den Film drei Wochen zu jeder Vorführungszeit<br />

laufen zu lassen. Bei nur einem Kinosaal läuft drei Wochen<br />

nur dieser eine Film. Das ist dann keine Einfallslosigkeit,<br />

sondern Vertragserfüllung.<br />

Ausgezeichnetes Servicekino überzeugt<br />

An Ideen mangelt es mit Sicherheit nicht. Seit Jahren können<br />

sich die Betreiber des Lili über Anerkennung durch den<br />

Niedersächsischen Kinopreis freuen. Diese Auszeichnung<br />

verdanken sie ihrem ausgeprägten Servicegedanken. Es<br />

ist nicht nur das Eis, Kaltgetränke und Snacks, die per Klingeldruck<br />

zum Sitzplatz gebracht werden. Obwohl das auch<br />

schon sehr angenehm ist. Vor allem sind es die besonderen<br />

Angebote neben den großen Kinohits. Der Mix aus Reisedokumentationen,<br />

Bühnenkunst mit dem Bremer Improtheater<br />

bis zur Auswahl deutscher Filmproduktionen, Filmkunst und<br />

Livekonzerte mit regionalen Bands, wie zuletzt vor der Corona-Zwangspause<br />

die Wildeshauser Band „Brainstorming“,<br />

machen das Lili zu einem ganz besonderen Kino. Dazu gehört<br />

auch das „Malteser-Film-Cafe“ jeden letzten Dienstagnachmittag<br />

im Monat. Für sechs Euro Eintritt gibt es zum<br />

Film Kaffee und Kuchen, der vom Krankenhaus Johanneum<br />

in Kooperation mit dem Malteser Hilfsdienst spendiert wird.<br />

An diesem Dienstag trifft man sich – 80 Prozent der Besucher*innen<br />

sind Stammkunden. „Manche,“ verrät Rigbers,<br />

„wissen gar nicht, welcher Film läuft.“ Sie verlassen sich einfach<br />

darauf, dass es schön wird. Und das wird es.<br />

Neueste technische Investition ist eine Belüftungsanlage<br />

mit Frischluftaustausch. Corona. Es wäre gut, nicht nur <strong>für</strong> Lili,<br />

wenn es keine pandemiebedingten Schließungen mehr geben<br />

müsste. „Im Moment machen wir Miese,“ gibt Prochnow<br />

unverblümt zu. Erst die monatelange komplette Schließung,<br />

nun eine maximale Auslastung von 70 Prozent. Das ist schon<br />

schwierig. Mit der neuen Belüftungsanlage tun sie, was sie<br />

können, um ein unbesorgtes Kinovergnügen zu ermöglichen.<br />

Schwierig ist auch die Entwicklung der Bezahlsender<br />

des Fernsehens, die in immer kürzeren Abständen zum Kinostart<br />

Kinofilme zum Streamen anbieten. Damit werde das<br />

sogenannte „Kinofenster“ immer kleiner, erklärt Rigbers.<br />

Mit den vielen guten Filmen, die sie in der „Pipeline“ sehen,<br />

blicken die beiden Kinobegeisterten dennoch zuversichtlich<br />

in die Zukunft.<br />

Heute gibt es übrigens einen Ausbildungsberuf <strong>für</strong> das,<br />

was sie tun: Theaterleitungsassistent (m/w/d).<br />

Raumideen mit Leidenschaft


PORTAIT<br />

KÄTHE NEBEL<br />

„Ich bestimme, wann und wo ich es will!“ betont Käthe Nebel. Die 91-Jährige mit<br />

Wohnsitz in Oldenburg ist weder verbittert noch unzufrieden. Obwohl einiges zusammengekommen<br />

ist, in diesem langen Leben, ist sie mit sich im Reinen. Kein Anschein<br />

von Lebensmüdigkeit. Aber sie ist vorbereitet. Tatsächlich. Denn den Zeitpunkt ihres<br />

Todes möchte sie selbst bestimmen.<br />

Text // Martina Seibel<br />

Das Telefon klingelt. Ein Freund Käthe Nebels möchte<br />

sie auf eine Sendung im Deutschlandfunk aufmerksam<br />

machen, die gerade ausgestrahlt wird. Es geht<br />

um das Thema „Freitod“ mit der Philosophin Suzann-Viola<br />

Renninger vom Schweizer Sterbehilfeverein „Exit“. Anlass ist<br />

die Gesetzesänderung zur assistierten Sterbehilfe nach § 217<br />

des Strafgesetzbuchs (StGB). Erst 2020, vor zwei Jahren, kippte<br />

das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen<br />

Suizidhilfe. Damit ist es erlaubt, Menschen bei der<br />

Selbsttötung zu helfen und das als Dienstleistung anzubieten.<br />

Der Bundestag hat noch nicht darüber entschieden, ob<br />

und wie assistierter Suizid in Deutschland gesetzlich neu geregelt<br />

werden soll. Das dürfte nun auf die neue Regierung<br />

zukommen. In der Schweiz besteht diese Möglichkeit bereits<br />

seit 40 Jahren.<br />

Käthe Nebel stellt das Radio an. In dem Gespräch, das nun<br />

zu hören ist, bevorzugt Suzann-Viola Renninger den Begriff<br />

des „Freitods“, um sich von dem negativ belegten „Suizid“<br />

abzugrenzen. Es wird schnell deutlich: einfach macht es sich<br />

bei den Be<strong>für</strong>wortern der aktiven Sterbehilfe keiner. Moral<br />

und Ethik werden ausführlich diskutiert. Grenzen gezogen.<br />

Man müsse auch immer alle Seiten betrachten. Wie gehen<br />

Sterbehelfende damit um? Wie die Gesellschaft? „Ach, sie<br />

spricht aus, was ich denke,“ freut sich Käthe Nebel, die der<br />

Sendung aufmerksam folgt. Es müsse sich endlich eine neue<br />

Kultur des Sterbens entwickeln, meint sie.<br />

Viele Menschen in Deutschland lehnen diese Möglichkeit,<br />

selbstbestimmt aus dem Leben zu gehen, ab. Seien es<br />

religiöse Gründe oder die Sorge um unerwünschte gesellschaftliche<br />

Zwänge, die dadurch entstehen könnten. Es sei<br />

ein Armutszeugnis, wenn eine Gesellschaft, wenn Familien<br />

sich nicht um ihre alten Menschen am Lebensende kümmerten,<br />

meinen die einen. Andere <strong>für</strong>chten, Alte könnten sich<br />

gedrängt fühlen, den Freitod zu wählen, um niemandem zur<br />

Last zu fallen. Und wann wäre man alt genug? Bedenken und<br />

Fragen, die man nicht einfach so wegwischen kann. Aber es<br />

gibt auch die Einstellung vieler Leidender, die sich den Tod<br />

herbeisehnen. Viele von ihnen fühlen sich unverstanden und<br />

44<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait


zu Unrecht bevormundet. Schließlich müssen sie Schmerzen<br />

und Einschränkungen ertragen.<br />

Und es gibt Menschen wie Käthe Nebel. Man darf sie eine<br />

rüstige Pensionärin nennen. Klar bei Verstand, eigenständig<br />

und mobil. Aber sie ist mittlerweile fast blind. Das macht ihr<br />

zu schaffen. Dank moderner Technik muss sie nicht ganz<br />

auf das Lesen verzichten. Aber es ist mühsam. Für sie, die<br />

wissbegierig Bücher verschlungen hat, ist das traurig. „Zum<br />

Glück kann ich gut hören. Ich glaube, das wäre noch schlimmer<br />

– nicht mehr zu hören,“ denkt sie laut. Und dann „nervt“<br />

es sie, dass sie mit zunehmendem Alter auch mal den Faden<br />

verliert, wenn sie erzählt. Das „gehirnmäßige Abtreten“ beschäftigt<br />

sie sehr.<br />

Käthe Nebel ist eine selbstbestimmte Frau. Das Leben hat<br />

sie dazu gemacht. Ihre alleinerziehende Mutter kämpfte <strong>für</strong><br />

die kleine Käthe und sich in Zeiten des zweiten Weltkriegs<br />

ums Überleben. Viele Jobs an vielen Orten in ganz Deutschland<br />

ließen die beiden nie wirklich ankommen. Für Käthe<br />

schwierig. Dennoch schafft sie es in ihren Wunschberuf: Sie<br />

wurde Lehrerin. Bis weit über ihre Pensionierung hinaus engagierte<br />

sie sich besonders <strong>für</strong> junge Menschen, half bei der<br />

Integrationsarbeit und nahm in den Ferien Kinder aus Tschernobyl<br />

auf. Besonders aktiv war sie außerdem im Umweltschutz.<br />

In zahlreichen Leserbriefen an die regionalen Tageszeitungen<br />

machte sie auf Fehlentwicklungen insbesondere<br />

in Bezug auf den Umgang mit der Natur aufmerksam und<br />

appellierte gerne auch mal an den gesunden Menschenverstand,<br />

den sie gelegentlich vermisste. Mit zunehmendem Alter<br />

geriet die Beschäftigung mit dem Sterben in ihren Fokus.<br />

Sie weiß, was Sterben heißen kann. Als Vierzehnjährige<br />

musste sie mit ansehen, wie Soldaten nach der Kapitulation<br />

am Ende des zweiten Weltkrieges exekutiert wurden. „Sie<br />

fielen um, wie die Figuren in den Schießbuden auf Jahrmärkten“,<br />

beschreibt die alte Käthe, was die Junge sah. So<br />

etwas vergisst man nicht. Mit 21 Jahren trat sie aus der Kirche<br />

aus. Obwohl ab dem dritten Lebensjahr voller Überzeugung<br />

gläubig, ließ der Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />

ihre Zweifel an der Glaubwürdigkeit Erwachsener wachsen,<br />

die die Gottesfurcht als erzieherisches Instrument missbrauchten.<br />

Das und die Erfahrungen, die sie in jungen Jahren<br />

im Krieg machte, ließen sie zur Atheistin werden.<br />

Wesentlicher Anstoß <strong>für</strong> ihren Einsatz in der aktiven Sterbehilfe<br />

dürfte viel später im Leben die Erfahrung im Hospizdienst<br />

gewesen sein. Sieben Jahre hat sie in Oldenburg<br />

ehrenamtlich Sterbende begleitet. Dort hat sie erlebt, was<br />

Sterben ist. Es gibt friedliches Sterben. Das stellt sie nicht in<br />

Frage. Aber „Sterben kann so voller Qual sein“, weiß sie. Die<br />

Erkenntnisse aus dieser Zeit haben sie zur überzeugten Unterstützerin<br />

der aktiven Sterbehilfe werden lassen. Wie soll<br />

die Seele Ruhe finden, wenn man sich nur noch quält? fragt<br />

sie. Seit über zwanzig Jahren ist sie Mitglied in verschiedenen<br />

Sterbehilfe Vereinen. Dass ihre Einstellung einen Sturm<br />

der Entrüstung auslöst, stört sie nicht. Es ist ihr Leben und<br />

ihr Sterben. Und darüber möchte sie, wie über alles in ihrem<br />

Leben, selbst bestimmen.<br />

Die Sendung im Deutschlandfunk lief am 15. November 2021.<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait<br />

45


LESERBRIEF<br />

Liebes Team des Wildeshauser <strong>Magazin</strong>s!<br />

LESERBRIEF<br />

Haben Sie erst einmal ganz herzlichen Dank <strong>für</strong> die <strong>Magazin</strong>e<br />

und da<strong>für</strong>, daß Sie sich so viel Mühe gemacht haben. Sie<br />

haben uns damit eine große Freude bereitet. Kaum waren<br />

die Zeitschriften aus dem Papier, da wurde schon gestöbert.<br />

Die Artikel sind alle echt interessant und sehr lesenswert und<br />

spannend.<br />

Es kommen Erinnerungen ohne Ende auf, verbrachten wir<br />

doch 23 Jahre unseres Lebens in der Wittekindstadt, bevor<br />

es uns ins Alte Land verschlug. Also, mein Mann Detlef und<br />

ich wohnten seit 1948 in Wildeshausen. 1972 zogen wir als<br />

junge Eheleute nach Esens in Ostfriesland und lebten dort<br />

gut zweieinhalb Jahre. Es war eine ganz schöne Zeit. Trotzdem<br />

zogen wir dann 1975 wieder zurück nach Wildeshausen<br />

und bauten auf dem Grundstück an der Pestruper Straße,<br />

neben meinem Elternhaus. Gerne wären wir auch ein paar<br />

Jahre ins Ausland gegangen, was <strong>für</strong> Lehrer ja sehr attraktiv<br />

war, aber wegen des Alters unserer Eltern taten wir diesen<br />

Schritt nicht. Jedenfalls lebten wir dort bis 1996 und der Weg<br />

führte uns dann ins Alte Land, wo wir bis 2017 lebten.<br />

Viele Namen, viele Personen kennen wir natürlich noch<br />

und es ist auch super, wie Familien nach wirklich schweren<br />

Schicksalsschlägen immer weitergemacht haben und nun<br />

schon die Kinder bzw. Enkel Betriebe weiterführen. Das berührt<br />

einen auf besondere Art und Weise.<br />

Da ist z.B. die Firma Riedel. Dort haben meine Eltern und<br />

Schwiegereltern immer ihre Brillen gekauft. Ich fand damals,<br />

daß die Frau Riedel so eine hübsche Frau war. Und der Herr<br />

Weißenborn. Als ich ihn auf dem Foto entdeckte, da dachte<br />

ich mir, ach Gott, ist der alt geworden. – Dabei fiel mir dann<br />

ein, daß die Zeit auch vor uns nicht halt gemacht hat. Hilfe,<br />

wir sind inzwischen ja auch 73. Ja, der Herr Weißenborn,<br />

der hat mich oft beraten, wenn ich Medizin <strong>für</strong> die Kinder<br />

brauchte.<br />

So, nun aber. Die anderen Ausgaben der Stadtmagazine<br />

schickten uns Conny und Cordula Kramer, unsere Verwandten<br />

aus Wildeshausen. Cordula, die seit Corona immer sooo<br />

schöne Fotos macht <strong>für</strong> die Nordwest-Zeitung und dann<br />

Conny, mein Cousin. Die Firma Kramer gibt es seit 1902 an<br />

der Burgstraße, gegenüber der Kath. Kirche und sie ist seit<br />

ihrem Umzug zum Jahresende an der Visbeker-Straße ansässig.<br />

Inzwischen hat sich dort aber auch wieder eine Menge<br />

getan. Mein Vater, Alfons Kramer, stammt auch aus diesem<br />

Hause. Es ist sein Elternhaus. [sic] Dazu mehr in der nächsten<br />

Ausgabe des <strong>Magazin</strong>s…<br />

Mein Schwiegervater Ernst Promp kam damals als Flüchtling<br />

nach Wildeshausen. Die Familie wurde dort seßhaft.<br />

Mein Schwiegervater war dort von Nov. 1952 bis 1964 als<br />

stellvertretender Bürgermeister im Stadtrat und als Abgeordneter<br />

im Kreistag des Landkreises Oldenburg. Auch war<br />

er von 1955 bis 1967 Erster Vorsitzender der Bau- und Siedlungsgenossenschaft.<br />

Vielen Wildeshausern, vor allem den<br />

Flüchtlingen, hat er zu einem Eigenheim verholfen. Auch<br />

wurden unter seiner Federführung einige Altenwohnungen<br />

gebaut.<br />

Sie sehen nun, daß wir eben alte Wildeshauser sind, im<br />

wahrsten Sinne des Wortes. Wir zogen dann doch noch <strong>für</strong><br />

21 Jahre in das wunderschöne Alte Land und drei Jahre nach<br />

der Pensionierung meines Mannes sind wir auf Drängen unserer<br />

Töchter nach Hüffelsheim an die schöne Nahe gezogen.<br />

Dort wächst der herrliche Nahewein und die Umgebung ist<br />

auch wirklichsehr schön. Nur mit dem Wandern kommt man<br />

manchmal an seine Grenzen, bergauf und bergab. Auch die<br />

Mundart ist nicht so einfach zu verstehen. Da ist uns das Oldenburger<br />

Platt doch näher am Herzen.<br />

In diesem Sinne senden wir ganz liebe Grüße aus dem<br />

schönen kleinen Hüffelsheim nach Wildeshausen, an alle, die<br />

uns kennen,<br />

Elisabeth und Detlef Promp<br />

Wolle, Stoffe, edle Garne, Strick-<br />

und Nähkurse, Strickaufträge,<br />

Änderungsschneiderei, Dekoartikel,<br />

Accessoires, Janome Nähmaschinen<br />

Nadelöhr<br />

Anke Raapke<br />

Im großen Ort 5<br />

27801 Brettorf<br />

Tel. 04432 541<br />

www.nadeloehr-brettorf.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Mo - Do 9.00 - 12.30 Uhr / 15.00 - 18.00 Uhr / Fr 9.00 - 18.00 Uhr<br />

Mi nachmittags geschlossen / Sa 9.00 - 12.00 Uhr<br />

46<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Leserbrief


REPORTAGE<br />

DIE GILDE BUCHHANDLUNG<br />

in der Westerstraße:<br />

Eine ganze Welt voller Bücher – und noch mehr kultureller Vielfalt<br />

Text // Ulla Schmitz<br />

Buchhandlungen sind Ruhepole, sie gehören zu unseren<br />

Stadtbildern seit es Bücher gibt, sie sind eine jener<br />

wenigen Traditionen, die nie einem wirklich verändernden<br />

Zeitgeist ausgesetzt waren. Selbstverständlich sind<br />

die Bestseller von heute nicht mehr die von vor 50 oder 100<br />

Jahren – bis auf die Bibel vielleicht, die Odyssee, den Koran<br />

oder die Märchen aus 1001 Nacht – jedoch ist die Existenz<br />

einer Buchhandlung eine Hommage an eine der wertvollsten<br />

Charaktere unserer Kultur, das Lesen. Das Verstehen<br />

dessen, was Literatur vermittelt. Die Macht der Worte, was<br />

sie bewirken können, wo<strong>für</strong> man sie einsetzen kann, <strong>für</strong> sich<br />

selbst, <strong>für</strong> die Umgebung, <strong>für</strong> das Betrachten und Verstehen<br />

dessen, was uns wichtig ist. Muße zu finden in einer Welt, die<br />

sich überschlägt im Hinterherhetzen des jeweils angesagten<br />

Zeitgeistes, mit daraus sich entwickelten Lebensumständen,<br />

die kaum mehr Raum lassen sich selbst zu sehen, zu fühlen,<br />

<strong>für</strong> sich selbst da zu sein.<br />

Danach haben Sie nun plötzlich Sehnsucht? Wie schön,<br />

da Sie in der Gilde Buchhandlung in Wildeshausen herzlich<br />

willkommen sind! Gemütlich, zum Beispiel, in die Ecke des<br />

Biedermeiersofas hinter dem großen Pfeiler gekuschelt und<br />

den Tisch vor sich mit jenen Büchern bestapelt, die Sie sich<br />

aus den Regalen der Buchhandlung zusammengesucht haben.<br />

Romane, von denen Sie schon gehört, aber nie die Ruhe<br />

hatten, sie „anzulesen“; Bestseller, Geschichtliches und dann<br />

diese Bildbände! Wunderbar zum Verschenken und ebenso<br />

schön <strong>für</strong> uns selbst, zum Erkennen unserer vielfältigen und<br />

kostbaren Kulturen, weltumspannend, spannend. Auch in<br />

Reiseführern beschrieben, die heute weniger dick, (bis auf<br />

einige Ausnahmen, ok) aber aus den Sortimenten einer „richtigen“<br />

Buchhandlung nicht wegzudenken sind.<br />

Eine solche ist die Gilde Buchhandlung par excellence.<br />

Ein Ort zum Ausruhen, zum Entdecken und sich dabei wohlfühlen.<br />

Alles ist übersichtlich (ein-) geordnet und problemlos<br />

zu erreichen. Viele Tische laden zum Einlesen ein und<br />

auch, wer nur gucken will, wird sicher nicht in irgendeiner<br />

Weise bedrängt. So dass man sich selbst dabei ertappt, wieviel<br />

Zeit seit dem Eintreten schon vergangen ist. Zeit, <strong>für</strong><br />

sich selbst.<br />

Wie viele Menschen diese Offerte nutzen, zeigt ein Blick<br />

auf die Kunden, die jung sind, ganz jung, älter und alt. Er,<br />

sie, es als Familie oder solo – der Kundenstamm der Gilde<br />

Buchhandlung ist ebenso bunt wie Auswahl der Bücher aller<br />

Spezies. Und dann stehen da noch liebevoll ausgesuchte<br />

Geschenkideen bereit, Kalender und als besonderen Service<br />

den Suchdienst <strong>für</strong> vergriffene Bücher – was übrigens täglich<br />

in Anspruch genommen wird.<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

47


Der Delmenhorster Marktplatz um 1910 links das von Architekt Bertram entworfene Geschäftshaus<br />

Buchhändler aus Passion, seit fast 170 Jahren<br />

Diese Affinität zum Buch dominiert die Familientradition<br />

von Peter H. Gebhardt, der mit Ehefrau Kerstin Gebhardt die<br />

Gilde Buchhandlung nicht nur repräsentiert, beide leben die<br />

Welt der Bücher, sind Buchhändler voller Leidenschaft und<br />

Wissen.<br />

1855 beginnt das Verhältnis der Familie Gebhardt mit<br />

der wunderbaren Welt der Bücher. Ludwig Horstmann, Ururgroßvater<br />

von Peter Gebhardt – der ursprüngliche Familienname<br />

Horstmann änderte sich aufgrund der Eheschließungen<br />

zweier Töchter bis zum heutigen Gebhardt – jener<br />

Ludwig Horstmann also war Buchbindermeister in Delmenhorst.<br />

Wo er das Buchbinderhandwerk erlernt hatte, lässt<br />

sich nicht mehr nachvollziehen, wohl aber, dass er auch als<br />

Papparbeiter den Unterhalt <strong>für</strong> seine Familie verdiente. Papparbeiter,<br />

das waren Profis im Herstellen von Hutschachteln,<br />

im Formen, ausschlagen und von außen schick verkleiden.<br />

Es war eine harte Zeit, auch als „Hungerzeit“ bekannt, so<br />

dass einige Horstmanns sogar nach Amerika auswanderten.<br />

Ludwig Horstmann aber blieb und gründete noch 1855 die<br />

„Buchhandlung Horstmann am Markt“ mitten in Delmenhorst,<br />

unübersehbar und trotz der nicht einfachen Zeiten,<br />

gut frequentiert. Wir können nur vermuten welche Art Bücher<br />

und Zeitschriften, Heftchen und Traktate dort im Angebot<br />

waren, auf jeden Fall waren in den 1860er Jahren die<br />

Fortsetzungsromane im Delmenhorster Wochenblatt äußerst<br />

begehrt.<br />

1893 wurde Heinrich Lackemann aus Bremen, verheiratet<br />

mit Elisabeth Friderike Caroline Horstmann in die schwiegerväterliche<br />

Buchhandlung aufgenommen. Später führte Sohn<br />

Ludwig das Familienunternehmen weiter, während seine<br />

Tochter Liesel, Klaus Gebhardt aus dem thüringischen Eisleben,<br />

heiratete – die Eltern von Peter Gebhardt. Das Haus, in<br />

dem all das stattfand, ist seit 1906 ein großes Geschäfts- und<br />

Wohnhaus, das Geschäft der Horstmann´schen Buchhandlung<br />

expandierte auf insgesamt fünf Filialen. 1972 eröffnete<br />

Horstmann eine Filiale im Bremer Roland-Center, und in den<br />

1990ern zwei weitere in Delmenhorst. Während die fünfte<br />

Buchhandlung Horstmann schon 1988 in Wildeshausen ansässig<br />

geworden war – heute „Gilde Buchhandlung“. Damals<br />

an der vorderen Ecke der Westerstraße, Hausnummer 39, auf<br />

79 Quadratmetern.<br />

Expansion aus und mit Leidenschaft<br />

Das war zu wenig <strong>für</strong> die Angebote, die Gebhardts in petto<br />

hatten, also kam ihnen der Auszug der Geschäftsstelle der<br />

Öffentlichen Versicherung, Hausnummer 31 gerade recht,<br />

zumal dort einem Ausbau der Räume auf 150 Quadratmeter<br />

nichts im Wege stand. Das war noch Anfang der 1990er. 2010<br />

dann ergab sich die Möglichkeit, Haus und Grundstück der<br />

Bäckerei Wellbrock zu erwerben.<br />

Das Gründerehepaar Ludwig und Anna Caroline Horstmann im<br />

Jahre 1891<br />

Gebhardts erinnern sich mittlerweile lachend an die folgenden<br />

Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen, und wie oft<br />

sie mit dem ganzen Team der Buchhandlung auf der Baustelle<br />

unterwegs gewesen waren. Sogar nachts, mit Taschenlampen,<br />

weil die Aufteilung der neuen Buchhandlung perfekt<br />

sein sollte.<br />

48<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Damals noch Bäckerei Wellbrock, Foto um 1965<br />

Ludwig Horstmann (r.) und Heinrich Lackemann (l.)<br />

Das hat geklappt: Dort wo in dem 1890 erbauten (Geschäfts-)<br />

Haus die Backstube war, befindet sich heute der<br />

Kassenbereich. 330 Quadratmeter umfasst das Ganze, ausgestattet<br />

mit einer Akustikdecke, da die Lebensart von Kerstin<br />

und Peter Gebhardt plus dem des liebenswert freundlichen<br />

und angenehm gebildeten Teams aus Vanessa Thomas, Maik<br />

Schulze, Thuy Nguyen, Frerik Welz, Anna-Lena Oestmann<br />

von kulturellem Engagement geprägt ist.<br />

Kulturelle Vielfalt<br />

Das sich auf Buchpräsentationen bezieht, auf Autorenlesungen<br />

oder auf Konzerte aller Genres… Dazu und weil die Gilde<br />

Buchhandlung darüber hinaus zum Treffpunkt von Kulturinteressierten<br />

geworden ist, sind jene Events zum Bestandteil Wildeshauser<br />

Kulturveranstaltungen geworden. In diesen Zeiten<br />

Corona-bedingter Einschränkungen nur klein, doch wird es<br />

hoffentlich bald wieder so sein, dass dem gewohnten Muster<br />

der angestammte Platz zusteht: 60 Zuhörerinnen und Zuhörer<br />

direkt vor dem Biedermeiersofa platziert – wo natürlich die Akteure<br />

Platz genommen haben – und weitere 100 Interessierte<br />

bis hin zu den Regalen im Hintergrund des Ladens verteilt.<br />

So stellen sich Begeisterung und Leidenschaft dar <strong>für</strong><br />

die Vielfalt unserer Kultur, inmitten einer ganzen Welt von<br />

Büchern. Damit diese Werte auch weiterhin von Bestand<br />

sein können, unterstützt die Gilde Buchhandlung seit vielen<br />

Jahren schon den alljährlichen Vorlesewettbewerb des<br />

deutschen Buchhandels in der Art, dass Gebhardts die verschiedenen<br />

Durchgänge bis zum Entscheid <strong>für</strong> den Kreis Oldenburg<br />

organisieren. Das Finale findet dann immer im Juni<br />

in Berlin statt, doch die Überraschungen, die Gebhardts in<br />

dem Wettstreit bis dahin erlebt haben, sind oftmals spannender<br />

als der Ausgang.<br />

Ähnlich dynamisch geht es auf dem jährlich stattfindenden<br />

Bücher Bazaar des Rotary Clubs Ganderkesee zu, dessen<br />

Erlös dem Projekt „Schüler helfen Schülern“ des Gymnasiums<br />

in Ganderkesee zugutekommt. Auch da bringen Gebhardts<br />

sich ein, privat mit ihrem Wissen. Womit sich so ganz nebenbei<br />

ein Kreis von Nutzen und Nachhaltigkeit auf eine Weise<br />

erschließt, die jedem offensteht. In der Gilde Buchhandlung<br />

in Wildeshausen ist auch da<strong>für</strong> alle Zeit der Welt.<br />

Treffpunkt <strong>für</strong> Leser: die Gilde-Buchhandlung heute<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

49


REPORTAGE<br />

DE TWEETE TRANSLATIO<br />

de dreete Deel<br />

Die abenteuerliche Geschichte der Kirchturmuhr der Alexanderkirche in Wildeshausen,<br />

stattgefunden im Jahr 1947, erzählt von dem Zeitzeugen Uhrmachermeister „Ürker“<br />

Hermann Rademacher, auf Plattdeutsch aufgeschrieben von Gustav Roggemann<br />

und im Mai 2014 überarbeitet von Alfred Panschar.<br />

Annern morn, Klock seß, gung<br />

dat loos na Süden to.<br />

Vör den Wagen weg knatter de Rucksackpastor Karstedt<br />

mit sien Motorrad. An Krüzungen, wor dat nich ganz eendütig<br />

weer, tööv he un wies ähr den Weg. Ümmer woller keek<br />

he sik üm as so ne Meesch an ne Foorstäe. He möß jo kieken,<br />

of de Luft rein weer. Ünnerwegens hool de Fohrer van denn<br />

Holtgaswagen en paar Mal an. Denn möß he in sein Kaakpott<br />

stoekern un roetern un frische Holtklötz naschütten. Mit de<br />

Weil kemen se bit kort vör Bramsche. Dor weer ne groote<br />

Krüzung. Een Wiespahl stund dor nich. De Spion steeg af un<br />

geev ähr een Teken, dat he nich wieter wüß. Wat nu? Se keken<br />

sik üm. Woll hunnert Meter hen segen se een Kroog. „Och“<br />

sä de Patoor, „laat us dor man eben ringahn un na denn Weg<br />

fragen. So up`n Slump köönt wi doch nich wieterföhrn.“ Se<br />

kutscheern denn jo vör`n Kroog vör un stegen all ut. Se harrn<br />

Glück, de Kroog weer apen. Eene junge Deern, woll de Magd<br />

oder sowat, maak sauber. Se harr de Stöhl mit de Been na baben<br />

up de Dische stellt.<br />

Pastor Prochnow dee dat Snaken un froog, wo dat na Melle<br />

hengung. „Dat weet ik uk nich,“ antwoort de Deern. „Dor<br />

bün ik noch nie nich wäsen, nich mal up`n Ball.“ Hermann<br />

Rademaker, de van Natuur `n vergnöögden Kerl weer, as wi<br />

al höört hebbt, wies hie, dat he uk in swierige Lage sein Galgenhumor<br />

nich verleren dee. „Dat is nich wieter slimm“, sä<br />

he so krott hen, „wenn Se nich Bescheed wäät, denn mööt<br />

wi eben na`n nögsten Polizeiposten gahn un us dor slaufragen.“<br />

Do lach de Deern un fung an, de Stöhl woller tröögtosetten.<br />

„Dat harrn se al licht hebben kunnt. Twee Schandarms<br />

hebbt hier stunnenlang rümgammelt un hojaant.<br />

Jüst eben, sowat vör tein Minuten, sünd se rutgahn. Hebbt<br />

se de nich sehn?“<br />

Disse Utkunft leet all veer de kolen Gräsen över`n Puckel<br />

lopen. Ja, dor stunnen se nu as so fate Sünners un wussen<br />

nich wieter. De eenziege, de den Mund apendee, weer<br />

Karstedt. „Jungedi, dat weer man knapp.“ Stöhn he. Mehr wüß<br />

he aver uk nich to seggen. De Deern har blitzflink dat egenaardige<br />

Quartett ut`n Norden för sik taxeert. Ähr Oordeel,<br />

kien normale Verbräkers, bloot eenfache Lü, de in disse Tiet<br />

wat up’e scheeve Bahn kamen sünd. För eenfache Lü harr se<br />

ümmer wat över. To de sä se för gewöhnlich du, un dat de se<br />

van nu an uk. „Ik weet jo nich, wat ji utfräten hebbt oder noch<br />

anstellen wöt,“ legg se los, „schall mi uk piepegaal wäsen. Ik<br />

hebb vörhen bloot maarkt, dat jo de Schreck in de Beene<br />

slaan is, as ik van de beiden Polizisten vertellde. Weeke Been<br />

köönt ji nu aver nich bruken, dat weet ik. Ji bruukt wat deftiges.<br />

Ik kenn dor ne feine Medizin, de jo in disse Situatschoon<br />

goot deit, echten sülvsbrennten Rövenschluck. Dor nehmt jo<br />

mal een to’e Bost. Ik wät de Stä’e wo de Krögersche den Buddel<br />

verstäken hett.“<br />

„Hüpenvull loop hüpenöver. Prost!“<br />

So birs se uk al na achtern un keem mit’n Buddel woller<br />

tröög. Up denn Buddel weer en Zettel upbackt, dor stunn<br />

to lesen: „Für besondere Gäste.“ Se nehm denn noch flink en<br />

Sluckglas ut’n Schapp un drück dat den Baas in’e Hand: „Hier,<br />

hol mal fast.“ Un denn glucker se em uk al dat glas vull. „Is all<br />

Gottsgav. Nei em weg,“ nöög se em. Pastor Prochnow pareer<br />

as so’n Lehrjung un kipp dat Tüüchs man so achter de Binn.<br />

He möß sik dorna düchtig schüddeln as so’n Hund, de jüst<br />

ut’t Water stägen is. Nu krääg de Timmermann dat Glas. De<br />

kunn van Berufswegen dor bäter mit ümgahn. He leet den<br />

Sluck ganz sinnig de Kehl hendallopen. Denn pust he bloot<br />

eenmal un meen: „Van Sluckbrennen verstaht ji wat. Erkenn<br />

ik an.“ At nögste kreeg de Ührker dat Glas in’e Hand drückt.<br />

De Deern pülsch em uk geschickt dat Glas bit baben hen vull.<br />

„Hüpenvull loop hüpenöver. Prost,“ sä se denn, „well nix hett<br />

de hoost.“ De Ührker hool dat Glas hoch, as wenn he de Klöör<br />

van den Sluck pröven wull un sä: „Ratzeputz, ik kenn di.“<br />

„Nu maak dor nich noch lange Wippjes,“ drängel de Deern<br />

em. „Liek staht hier womöglich de Schandarms woller in ne<br />

Döör. Denn hebbt se jo all bi’n Moors.“ „Bloot dat nich,“ sä he<br />

gau un spööl denn Fusel rünner. To’n sluß kreeg de Rucksackpastor<br />

noch een. De sneer dorbi en Gesicht, as wenn he in’n<br />

suren Pisonappel bäten harr. Jüst nu gung de Döör. „Gottsverdori.“<br />

Verjoog de Deern sik un steek den Buddel ünner ehr<br />

Schort. So seeg aver foorns, dat dat nien Polizist weer, de dor<br />

rinkeem. Dorvan reep se denn gau: „Entwarnung, Entwarnung.“<br />

Dat seet van’n Krieg bi ähr noch so in Fleesch un Bloot.<br />

Den nee’en Gast kenn se goot. Dat weer de Handelsmann<br />

Fiet Hake. „Du Fiet,“ fung se dat Gespräch an, „du kummst<br />

jüst gelegen. Hier staht fiev Indianers, de sünd up’n Padd,<br />

as Karl May seggen woord. Aver nu sünd se van Padd af un<br />

50<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


hebbt sik verbiestert. Kannst du ähr nich ut de Verlegenheit<br />

helpen un ähr den Weg na Melle wiesen? Kriggst uk’n Sluck.“<br />

Fiet wüß goot Bescheed un verklaar ähr geern, wor’t langs<br />

gahn schull. Nu mössen de veer Verkehrtfahrers jo foorns<br />

wieter. Se bedanken sik, besünners bi de Deern. In’n stillen<br />

dachen all wat Ähnliches, is `n wunnerboret Minschenkind.<br />

Se pultern na buten. De Deern gung ähr bit vör’e Döör na.<br />

„Doot mi den Gefallen un passt goot up jo up,“ reep se ähr<br />

noch to. Denn geven se bede Gas. De Rucksackpastor mit sin<br />

Motorrad toeers un Hermann Kieselhorst mit den Holtgaswagen<br />

achterheer.<br />

„Bloot nich noch de Schandarms in’n Hals lopen,“ dachten<br />

de Veer. De leßden Dage harr dat in’e Uhrenfabrik Korfhage<br />

bloot eene Frage gäven: „Kaamt se oder kaamt se nich?“<br />

Vandagen weern se all kribbelig. Dor leeg wat in’e Luft. Een<br />

van de Arbeiters, de sien Waarkbank liek an’t Fenster stahn<br />

harr, un so de Straat fein afkieken kunn, seeg mit eens, dat<br />

dor en eegenordigen Zog ankeem. En Motorrad vörweg un’n<br />

Lastwagen achteran. Dat mössen se wäsen. „Se kaamt, se<br />

kaamt,“ bölk he un ronn na buten. De ganze Belegschaft achterna.<br />

Dor stunnen se nu mit alle Mann un keken ut, as wenn<br />

‚t Heiligabend mit’e Bescherung loosgahn schull. Alle klatschten,<br />

as de beiden Fohrtüüg up’t Firmengelände rupschaukeln<br />

deen. Nu weer jo wat loos. Wat’n Gedo. Foors fungen Arbeiters<br />

an, de Schätze aftolade, un de Chef mittenmang. Allens<br />

woord eers in’n besünnern Rum brocht. Nahst schull ehrlich<br />

deelt weern.<br />

Un denn keem de nee Uhr up denn Lastwagen. Allens wut<br />

mit Stroh inwickelt un goot verpackt. De Arbeiters kunnen<br />

dat nich faten, dat de Keerls ut Wilshusen `ne Fohrt mit so’ne<br />

gefährliche Fracht wagt harrn un uk noch heel hier ankamen<br />

weern. Dat wör schon fast een Wunner as bi Waltbert bi seine<br />

Translatio Alexandri. Ganz langsam gungen Angst un Spannung<br />

bi de Veer tröög. Een na’n anner wickel sien Botter ut<br />

un fung an to kauen. De Fro ut’t Büro brocht jeden noch ne<br />

hete Tass Mockefuck. Nu mössen se aver ganz nödig woller<br />

na Hus hen. De Warkmeester un de Chef geev jeden de Hand,<br />

bedank sik van Harten un sä: „Noch disse Wääk kaamt wi mit’n<br />

Trupp na Wilshusen un boot de Uhr in.“<br />

As se wegföhrn, winken ähr de Arbeiters noch so lange na,<br />

bit se achtern Dreih verswunnen weern. Nu gung’t lichter,<br />

den Weg kennen se jo. Lang un laat kemen se woller in Wilshusen<br />

an. Dor stunn nüms to klatschen. Se föhrn na’n Maarktplatz<br />

hen. Hier harr de Ührker`n olen Stall. Dor henn drogen<br />

se de Uhrendele. Denn rammeln se de Döör to. Nu man gau<br />

na Hus hen, wor de Froonslü al so lang in Angst töven deen.<br />

Dree Dage later kemen de Keerls van Melle un boon de Uhr<br />

in. As de denn leep un sloog, weer de Jubel groot.<br />

Leeve Lü, wenn ji is mal in Wilshusen sünd, kiekt doch uk<br />

mal den Toorn in’e Höchte. De Uhr, de ji dor seht, is jüst de, de<br />

in’e slechte Tiet haalt woorn is. Se sleit jümmer noch all Lü de<br />

Stunnen, de goden un de annern. Ik meen, dat de Geschichte<br />

van de tweete Translatio sik uk hören laten kann.<br />

MIT GUTEM<br />

GEHÖR FIT FÜR<br />

DIE ZUKUNFT.<br />

Mit mehr als 70 Jahren Erfahrung, persönlicher Nähe<br />

und einer Extraportion Einfühlungsvermögen bringen<br />

wir Ihnen den Klang des Lebens zurück.<br />

Wir bei Riedel sind immer persönlich <strong>für</strong> Sie da und nehmen uns<br />

Zeit <strong>für</strong> Ihre Fragen und Anliegen. Ob Hörgerät zum Nulltarif oder<br />

High-End-Gerät – gemeinsam finden wir das auf Ihre Lebensgewohnheiten<br />

zugeschnittene Hörgerät.<br />

Investieren Sie jetzt in Ihre Gesundheit und<br />

vereinbaren einen Termin mit uns.<br />

Wildeshausen | Heemstr. 4 | (0 44 31) 42 00 | www.riedel-hoeren.de<br />

Montag bis Freitag: 08.30 bis 12.30 Uhr und 14.00 bis 18.00 Uhr


PORTRAIT<br />

DER MANN,<br />

SEIN PREISGEKRÖNTES DESIGN<br />

und die Radlader von Atlas Weyhausen<br />

Text // Ulla Schmitz<br />

Natürlich können Radlader nicht „schön“ sein. Und<br />

auch bei dem Begriff „der eleganten Formgebung“<br />

sträuben sich bei den Männern vom Bau vermutlich<br />

die Nackenhaare. Doch wer die Radlader weycor AR 620 bis<br />

AR 680 (zuvor weycor AR 200e und 250e) neben einem der<br />

anderen von der Konkurrenz zu sehen bekommt, wird sich<br />

angesichts der formvollendeten Linienführung beim AR<br />

250e auch nicht zurück-halten können. „Ästhetisch“ – gut,<br />

sagen wir es so. Und haken „die Konkurrenz“ auch gleich ab,<br />

denn dieses Design und seine Umsetzung ist einzigartig.<br />

Wenn es bei der Vorstellung dieses neuen Radlader-Modells<br />

hieß, dass Atlas Weyhausen da<strong>für</strong> den begehrten<br />

„German Design Award 2018“ gewonnen hat, so war das im<br />

Detail nicht ganz korrekt, denn die Wildeshauser Baumaschinenhersteller<br />

sitzen nicht am Zeichentisch und entwerfen<br />

ihre Maschinen alleine. Da<strong>für</strong> haben sie im Team einen der<br />

renommiertesten Industrie-Designer der Branche gewonnen,<br />

Lutz Meyer, Diplom Industrie Designer aus Leidenschaft<br />

und weil er´s kann. Da<strong>für</strong> wurde er bereits mehrfach mit dem<br />

Red Dot Design ausgezeichnet sowie mit dem begehrten IF<br />

Design Award 2017, einschließlich des „Bundespreis Design“.<br />

1960 in Wildeshausen geboren, sieht Meyer seine Ausbildung<br />

zum Feinblechner im Karosseriebau bei Daimler-Benz<br />

von 1977-80 als „Schlüssel und beste Voraussetzung“ <strong>für</strong> das<br />

anschließende Design-Studium, an der Muthesius Kunstschule<br />

(damals Fachhochschule <strong>für</strong> Kunst und Gestaltung)<br />

in Kiel, mit dem Abschluss als Diplom Designer FH. Parallel<br />

dazu war er als studentischer Mitarbeiter bei Prof. W. Granzeier<br />

an der Hamburg University of applied sciences (Fachbereich<br />

Fahrzeugtechnik) tätig. Es folgten drei Jahre als Junior-Designer<br />

bei Prof. Dr. Arnold Schürer in Bielefeld, damals<br />

die erste Adresse <strong>für</strong> Investitionsgüter Design in Deutschland.<br />

Diese Zeit und dann wieder freier Designer, auch im<br />

Messedesign prägten Lutz Meyers „besondere Handschrift“<br />

wie Holger Wagner, Marketingchef bei Atlas Weyhausen den<br />

unverwechselbaren Stil der Meyer-Designs beschreibt.<br />

52<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait


IF Design Award<br />

Seit über 60 Jahren ist der IF Design<br />

Award ein weltweit anerkanntes Markenzeichen<br />

<strong>für</strong> ausgezeichnete Gestaltung.<br />

Die Marke „IF“ ist als Symbol<br />

<strong>für</strong> herausragende Designleistungen<br />

international etabliert. Der IF Design<br />

Award gehört zu den wichtigsten<br />

Designpreisen der Welt. Er prämiert<br />

Gestaltungsleistungen aller Disziplinen:<br />

Produkt-, Verpackungs-, Kommunikations-<br />

und Service-Design;<br />

Architektur und Innenarchitektur sowie<br />

„professional concepts“. Alle ausgezeichneten<br />

Beiträge werden im „IF<br />

World Design Guide“ und auf der „IF<br />

Design App“ veröffentlicht und in der<br />

„IF Design Exhibition Hamburg“ ausgestellt.<br />

Industrial design at ist best<br />

So war es nur logisch, dass Meyer im Jahr 2001 das design<br />

studio „lumede lutz meyer industrial design“ gründete. In<br />

Münster, wo er lebt und seither seine Karriere als gefragter<br />

Designer <strong>für</strong> Investitionsgüter Design und Messe Design fortsetzt.<br />

Was das <strong>für</strong> die Branche heißt, beschreibt Lutz Meyer<br />

so: Design bedeutet <strong>für</strong> uns, einen ganz bestimmten Zweck<br />

in eine physische Form umzusetzen, unter Berücksichtigung<br />

von Herstellungsmöglichkeiten, Konstruktion, Funktion,<br />

Ergonomie, und Umgebung. Ebenso spielen die ökonomischen,<br />

wie ökologischen Parameter eine bedeutende Rolle<br />

im Gestaltungsprozess. Es ist unser Ziel, unsere Augen und<br />

Gedanken zu öffnen und mit Empathie zu hinterfragen, wie<br />

sich Design nachhaltig an menschlichen Bedürfnissen und<br />

Wünschen weiterentwickeln lässt.<br />

Die sind, gerade was „die von Atlas Weyhausen“ betrifft<br />

nicht immer einfach. „Die sind nie einfach,“ sagt Lutz Meyer<br />

und lacht, „denn jeder hier will die technischen Faktoren seines<br />

Bereichs selbstverständlich dort eingebracht haben, wo<br />

sie laut den Ergebnissen aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung<br />

unbedingt hinmüssen oder dorthin wo ihre<br />

Technik schon seit ewigen Zeiten funktioniert. Neues Design<br />

hin oder her. Ein Radlader ist ein Radlader. Der muss arbeiten,<br />

wie er soll – nach modernen Richtlinien, ganz klar, aber seinen<br />

Job tun. Nicht umkippen und die komplette Übersicht<br />

auf das Umfeld bieten“ – so oder ähnlich sind die anfänglichen<br />

Einwände des weycor-Teams Technik. Wobei Meyer es<br />

nicht unbedingt darauf anlegt, „alles neu zu machen“. Im Gegenteil<br />

ist es ihm wichtig, zu erhalten, was sich bewährt hat.<br />

Wenn es sich denn in das neue Design einfügen lässt. Unter<br />

Berücksichtigung aller Maßgaben aus der weycor-Abteilung<br />

Innovation.<br />

Bei lutz meyer industrial design bringen wir all unsere<br />

Erfahrung, unsere Sachkenntnis und unsere Leidenschaft<br />

in jede an uns gestellte Aufgabe ein. Die Arbeit der unterschiedlichen<br />

Disziplinen, sei es das klassische Industrial Design<br />

<strong>für</strong> unsere Kunden z.b. im Maschinenbau aber genauso<br />

die Gestaltung von Messeständen, unter-liegt hierbei der<br />

gleichen Methodologie. Unsere lange Kooperation mit vertrauten<br />

Netzwerkpartnern gibt uns die Möglichkeit sehr flexibel<br />

und effizient zu arbeiten.<br />

Das sichtbare Ergebnis am Ende ist immer ein Produkt<br />

gemeinsamer Entwicklungsprozesse mit unseren Auftraggebern.<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait<br />

53


Lutz Meyer erfindet diese Neuerungen ja nicht aus Langweile,<br />

sondern weil „ein evolutionärer Schritt in eine andere<br />

neue Richtung des Designs“ den Markenauftritt der Atlas<br />

Weyhausen GmbH um einen weiten Vorsprung im Wettbewerb<br />

steigert. Ein Plus, das gerade in diesen Zeiten wo immer<br />

neue Marktteilnehmer auftauchen, weycor by Atlas Weyhausen<br />

vom Einheits-Look unterscheidet.<br />

Also geht es rund bei Atlas Weyhausen, wenn Meyer dem<br />

Portfolio mal wieder ein neues Design hinzufügen will. Man<br />

kann es anfänglich kaum <strong>für</strong> möglich halten, dass gerade<br />

dieser ruhige, zurückhaltende und mit sanfter Stimme sprechende<br />

Mann ausgerechnet solche Auseinandersetzungen<br />

schätzt. Sie forciert, denn „je eher der Designer in die technische<br />

Entwicklung des Produkts eingebunden wird, desto<br />

stimmiger wird das Ergebnis sein“, weiß Lutz Meyer und hat<br />

sein Markenzeichen, den „besonderen Touch“ schon visualisiert.<br />

Für sich zunächst…<br />

In diesem Zusammenhang ist die Anekdote um die „abgeschaffte“<br />

eckige Motorhaube beim „AR 65 Radlader“ (Projekt-Titel<br />

„Sammy“) noch immer Gesprächsstoff. Damals, es<br />

war 1997, war Lutz Meyer vom heutigen Atlas-Konstruktionsleiter<br />

Gabriel gefragt worden, ob er nicht ein Design-Studio<br />

empfehlen könne, das die Neukonstruktion des neuen<br />

Radladers design-technisch begleiten könne. Da Meyer zu<br />

der Zeit noch andernorts angestellt war, führten seine Empfehlungen<br />

dazu, dass „Budde Industrie Design“ in Münster<br />

den Job bekamen und „Sammy“ ein komplett neues Design<br />

erhielt, einschließlich eines ebenso bahnbrechenden neuen<br />

Aufbaus der Technik. Doch nicht das, sondern die neue<br />

Formgebung sorgte bei den Handelspartnern <strong>für</strong> Skepsis.<br />

„So sieht doch kein Radlader aus“, war deren Argumentation.<br />

Nachdem man jedoch mittels einer Pressemitteilung eines<br />

Mitbewerbers informiert war, in der auffällig viele Parallelen<br />

zum Projekt „Neue Radlader von Atlas Weyhausen“ zu finden<br />

waren, konnte man die Vorbehalte gegen die neue Radladergeneration<br />

ausräumen.<br />

Vier Jahre später präsentierten alle relevanten Baumaschinenhersteller<br />

„ihre neuen“ Radlader, allesamt angelehnt an<br />

das Atlas Weyhausen-Design. Da gaben sich die treugebliebenen<br />

Händler souverän und mit stolz geschwellter Brust,<br />

schließlich hatten sie die neuen Geräte schon tüchtig verkauft.<br />

Und die Leute von Atlas Weyhausen bekommen in<br />

Erinnerung daran noch heute das Grinsen nicht aus den Gesichtern.<br />

Ganz zu schweigen von dem Stolz über ihre Originale.<br />

Und wissend, dass Lutz Meyer, der seine Ideen und Gestaltungen<br />

auf „Formen von Sammy“ weiterentwickelte, dass<br />

der noch lange seine Leidenschaft als „ihr“ Industrie-Designer<br />

ausleben wird. Das ist so und wird so sein, denn Meyers<br />

Empathie zu dem eingeschworenen Haufen in Wildeshausen<br />

ist unerschütterlich. Selbstverständlich ist er auch Gildemitglied,<br />

das muss an dieser Stelle zwar nur am Rande, aber<br />

auch gesagt werden.<br />

Atlas Weyhausen ist in der Branche auch international bekannt.<br />

Nicht zuletzt, weil man dezidiert auf die Vorschläge<br />

und Wünsche der Kunden eingeht. Seit nunmehr 50 plus 1<br />

Jahr, zum Vorteil <strong>für</strong> beide Seiten. Cui bono! Das Selbstbewusstsein<br />

dar-aus prägt die Marke so beharrlich, dass selbst<br />

die Änderung des Logos zu weycor ihr nichts anhaben konnte.<br />

„weycor by Atlas Weyhausen“ heißt es nunmehr seit 2016.<br />

Dem Markt ist es gleich, denn die Qualität der Produkte ist<br />

unverwechselbar, weil erstklassig. Einschließlich des Designs<br />

dieser „schicken Geräte“, wie man im Werk so hört…<br />

54<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait


Fest im Team<br />

Seit 2008 zählt Lutz Meyer fest zum Team by Atlas Weyhausen,<br />

als externer selbst-ständiger Designer und Berater<br />

aller an der Entwicklung neuer Maschinen Beteiligter. Dazu<br />

trifft man ihn an zwei, manchmal auch drei Tagen pro Woche<br />

im Werk in Wildeshausen an, sein Netzwerk aber funktioniert<br />

bei allen Gelegenheiten und zu jeder Zeit. Als direkten<br />

Draht zum interdisziplinären Austausch mit den assoziierten<br />

Abteilungen bei Atlas Weyhausen, wie natürlich auch an<br />

jede mögliche Stelle der Branche, gerne übergreifend. Wie<br />

zur Hochschule in Osnabrück beispielsweise, wo „Industrial<br />

Design“ in der Fakultät Ingenieurswissenschaften und Informatik<br />

als Bachelorstudiengang angeboten wird. Hier ist<br />

sein Vortrag über die „Entwicklung von Design anhand von<br />

Großmaschinen“ geschätzt, aufgrund seiner Klarheit und<br />

seines Innovationsgehalts. Der sich auch auf Themen wie<br />

„emissionsfreie Maschinen und Assistenzsysteme bis zu vollautonom<br />

agierenden Geräten in der Verdichtungstechnik“<br />

bezieht. Und dass Lutz Meyer in 2020 einen Design-Leitfaden<br />

entwickelt hat, mag vorrangig seine Kolleg*innen im<br />

(Industrie-) Design interessieren.<br />

Erwähnenswert auch seine Mitwirkung bei dem komplett<br />

neu zu überarbeitenden und auf den aktuellen Entwicklungsstand<br />

zu bringenden Bedienkonzept von Radladern.<br />

Bis hin zum intuitiven und gleichzeitig extrem robusten<br />

HMI-Bediensystem, das macht die weycor Baumaschinen der<br />

neuen Generation speziell <strong>für</strong> die Nutzer besonders attraktiv.<br />

Hierbei ist zu erwähnen, dass von Lutz Meyer eine weycor-eigene<br />

Symbolbibliothek erarbeitet wurde.<br />

2021 kam der neue weyor AR 530 auf den Markt, viel beachtet,<br />

trotz der merkwürdigen Zeiten, mit denen die Welt<br />

derzeit klarkommen muss. Die Baubranche spürt von den<br />

allgemeinen Rezessionen weniger, umso deutlicher ist die<br />

Nachfrage nach Erstklassigkeit, nach Qualität – in allen Bereichen<br />

dieser Arbeitsgebiete. Und wenn die Maschinen dann<br />

auch noch schick sind und in ihrer ästhetischen Formgebung<br />

unverwechselbar, dann – Sie wissen schon – entstammen sie<br />

der Baumaschinen-Schmiede aus Wildeshausen: weycor by<br />

Atlas Weyhausen. Design made by Lutz Meyer.<br />

German Design Award<br />

Der Radlader weycor AR 250e überzeugte die 58-köpfige,<br />

unabhängige, internationale Experten Jury durch<br />

seine innovative Gesamtgestaltung im Interieur wie<br />

auch im Exterieur. Die Zahl der Bewerber war groß: die<br />

Juroren hatten unter 5.575 Einreichungen aus 59 Ländern<br />

das begehrte Gütesiegel zu vergeben.<br />

Vergeben wird der German Design Award vom Rat <strong>für</strong><br />

Formgebung, der deutschen Marken- und Designinstanz.<br />

Sein Auftrag ist es von höchster angeordnet, das<br />

deutsche Designgeschehen zu repräsentieren. 1953<br />

auf Initiative des Deutschen Bundestages als Stiftung<br />

gegründet, unterstützt der Rat die Wirtschaft dabei,<br />

konsequent Markenwert durch Design zu erzielen. Das<br />

macht den Rat <strong>für</strong> Formgebung zu einem der weltweit<br />

führenden Kompetenzzentren <strong>für</strong> Kommunikation<br />

und Markenführung im Bereich Design. Zum exklusiven<br />

Netzwerk der Stiftungsmitglieder gehören neben<br />

Wirtschaftsverbänden und Institutionen insbesondere<br />

die Inhaber und Markenlenker vieler namhafter Unternehmen.<br />

Der German Design Award legt die höchsten Ansprüche<br />

an die Ermittlung seiner Preisträger: In einem<br />

aufwändigen Nominierungsverfahren werden durch<br />

Expertengremien des Rats <strong>für</strong> Formgebung nur solche<br />

Produkte und Kommunikationsdesignleistungen zur<br />

Teilnahme am Wettbewerb eingeladen, die sich nachweislich<br />

durch ihre gestalterische Qualität im Wettbewerb<br />

differenzieren. Sämtliche Auszeichnungen werden<br />

während einer zweitägigen Jurysitzung ermittelt.<br />

Für den German Design Award 2018 kamen 49 Prozent<br />

der 5.575 Einreichungen aus dem Bereich „excellent<br />

product design“ und 51 Prozent aus dem Bereich<br />

„excellent communications design“. 758 Einreichungen<br />

kamen aus dem Ausland.<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Portrait<br />

55


REPORTAGE<br />

MIT VIETNAM ESSEN<br />

Kulinarisches, seine Geschmäcker<br />

und seine Bedeutung<br />

Text & Bilder // Maria Than Mai Phan<br />

Vietnamesisches Essen gehört zu meinem Leben dazu.<br />

Auch aufgrund der Zeit, die ich selbst in Vietnam verbracht<br />

habe, aber mehr noch, weil wir zu Hause, hier<br />

in Wildeshausen oft vietnamesisch essen. Das ist unsere Tradition,<br />

wie auch die Etikette: Anfangs, wenn alle sich Küchentisch<br />

versammelt, wird jeder, der mitisst, bei seinem Namen<br />

zum Essen „eingeladen“.<br />

alle eng beieinander, die sich <strong>für</strong> das Abendessen im Haus<br />

meiner Großeltern versammelten. In diesen Fällen wurden<br />

Mahlzeiten am Boden aufgetischt, da auf dem richtigen Tisch<br />

nicht genügend Platz war. Das heißt natürlich, dass zum Essen<br />

alle auf dem Boden sitzen, um die Beilagen herum. Am<br />

Ende einer jeden Mahlzeit wird übrigens gesagt, dass man<br />

genug gegessen hat.<br />

Es wird hauptsächlich mit Stäbchen gegessen. Exotische<br />

Beilagen und Soßen liegen auf separaten Schalen <strong>für</strong> jeden<br />

zur Verfügung. Unter den möglichen Soßen wird in der Regel<br />

nước mắm (Fischsoße) benutzt, wo dann Gemüse, zum Beispiel<br />

Chinakohl, eingetunkt wird.<br />

In Vietnam habe ich erlebt, dass immer in großen Familien<br />

gegessen wurde, ob sie im selben Haus oder in der Nachbarschaft<br />

lebten. So kamen oftmals auch Großeltern, Onkeln,<br />

Tanten, Cousins, Cousinen und bei besonderen Anlässen<br />

auch fernere Verwandte zusammen, und immer wurde gemeinsam<br />

gegessen. Was mir am meisten im Kopf geblieben<br />

ist, sind die zahlreichen Verwandten und weitere Freunde,<br />

56<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Wenn man oft bestimmte Gewürze schmeckt und sie auch<br />

mag, will man sie nicht missen. So habe ich mir zur Gewohnheit<br />

gemacht, die meisten meiner Gerichte mit Chilli zu würzen.<br />

Beispielsweise würze ich auch Omelette mit Chilisoße,<br />

da es sonst zu mild schmeckt. Es gibt aber bestimmte Gerichte,<br />

an die ich mich nie gewöhnen werde. Insekten und sogar<br />

Hundefleisch, die in Vietnam als normal angesehen werden,<br />

sind schon weit über meine Grenze – und gibt es hier ja auch<br />

nicht!<br />

Essen in der vietnamesischen Kultur ist, neben den ungewöhnlichen<br />

Gerichten und Etiketten, ein Weg, Zuneigung zu<br />

zeigen, sei es <strong>für</strong> Familie, Freunde oder Partner. Das ist nicht<br />

einzigartig, weil das auch in anderen Ländern Tradition ist.<br />

Doch macht es das nicht weniger besonders.<br />

Es gibt die gewöhnlichen Restaurants, aber auch Imbissstände,<br />

die sich oft in Gassen befanden. Dort werden auch<br />

volle Mahlzeiten zubereitet, zum Beispiel Phở, (Reisbandnudeln),<br />

das wahrscheinlich ikonischste Gericht von Vietnam.<br />

Zum Sitzen gibt es in den meisten Fällen nur fußgroße Hocker.<br />

Alle dicht nebeneinander, wie eine große Gesellschaft.<br />

Zuhause essen wir viel Reis, seltener aber Phở, Bún (Reisnudeln)<br />

oder Miến (Glasnudeln). Das heißt jedoch nicht, dass<br />

bei uns ausschließlich vietnamesisch oder asiatisch gekocht<br />

wird. Denn natürlich essen wir auch Kartoffeln, Nudelauflauf,<br />

Pommes und Fischstäbchen. Letzteres am liebsten von<br />

meinem jüngsten Bruder. Meine Eltern aber essen lieber vietnamesisch<br />

und, im Gegensatz zu mir, gerne Gerichte mit gebratenen<br />

Zwiebeln und Lauch. Meine älteren Brüder und ich<br />

finden sowohl östliche als auch westliche Speisen schmackhaft,<br />

solange sie gut zubereitet werden. Von diesen Gerichten<br />

sind Sushi und panierte Chicken Wings meine Favoriten. Leider<br />

kann ich beides noch nicht zubereiten – Spiegelei jedoch,<br />

Omelette oder gebratener Reis gelingen mir schon gut.<br />

Tết Nguyên Đán – Fest des ersten Morgens<br />

Zu besonderen Anlässen wie zum „Fest des ersten Morgens“,<br />

werden Nem cuốn (Sommerrollen) oder Nem rán<br />

(Frühlingsrollen) zubereitet. Meine Familie feiert dieses Fest<br />

nicht, wir schauen es uns jedoch im Fernsehen an, auf vietnamesischen<br />

Kanälen. Die Logos der Stationen werden dann<br />

mit Kirschblüten verziert. Bánh chưng und Bánh dầy, herzhafte<br />

Kuchen aus Klebreis mit Fleischfüllung, sind ein wichtiger<br />

Bestandteil dieses Festes. Und natürlich Miến, die Glasnudeln<br />

nicht zu vergessen.<br />

Man kann das „Fest des ersten Morgens“ etwa mit Silvester<br />

und Neujahr vergleichen. Hierbei wird nämlich das neue Jahr<br />

gefeiert, allerdings nicht nach dem hiesigen Kalendersystem,<br />

sondern nach dem chinesischen Mondkalender. Das jetzige<br />

Jahr 2022 fängt demnach am 1. Februar an. Das „Fest des ersten<br />

Morgens“ dauert einen ganzen Monat lang, jedoch feiern<br />

die meisten nur die erste Woche und kehren danach zurück<br />

zur Arbeit oder Schule. Die festliche Stimmung hört jedoch<br />

damit noch nicht auf. Man kann also glauben, dass der „erste<br />

Morgen“ 28 und alle vier Jahre sogar 29 Tage bedeutet.<br />

Und noch etwas ist schön am „Fest des ersten Morgens“,<br />

denn dazu wird neue Kleidung getragen! Einfach, um einen<br />

neuen Start zu zeigen. Die Familien kommen zusammen, um<br />

sich gegenseitig zu beglückwünschen und Kinder bekommen<br />

von älteren Verwandten Geld <strong>für</strong>s neue Jahr. Auch geht<br />

man zu den buddhistischen Tempeln, um Geld zu spenden<br />

oder Weissagungen <strong>für</strong> Zukunft zu bekommen. Auf den Straßen<br />

finden Tanzvorführungen und Straßenmärkte statt. Es<br />

geht bunt und laut zu, denn wie mit unserem Neujahr heißt<br />

man das anstehende Jahr auch in Vietnam mit großer Freude<br />

willkommen!


Märchen, Legenden und Sagen – fantastische Erzählungen<br />

machen einen Großteil auch unserer Kultur aus. Mit ihnen<br />

kann man sich vom Alltag lösen und ein wenig in der Fantasie<br />

tummeln. Gleichzeitig übermitteln viele dieser fantastischen<br />

Geschichten, wie es zu bestimmten geschichtlichen oder kulturellen<br />

Ereignissen kam. Eine von Vietnams vielen Sagen „erklärt“,<br />

woher die vietnamesischen Kuchen aus Klebreis, Bánh<br />

chưng und Bánh dầy, kommen.<br />

Darin heißt es, dass Bánh chưng und Bánh dầy aus dem<br />

Wettstreit eines Königs stammen. Welcher besagte, dass derjenige<br />

Prinz, der das beste und tiefsinnigste Mahl ferindet,<br />

der Nachfolger des Königs werde. Das ließ den 18. Prinz und<br />

Sohn des Königs ratlos werden, bis er in seinem Traum die Anweisung<br />

wie ein Rezept von einer Gottheit erhielt. Der Prinz<br />

befolgte die Worte der Gottheit, bereitete die Kuchen zu und<br />

WACHSE MIT UNS!<br />

ORLE<br />

NORmales LEben<br />

gemeinnützige GmbH<br />

gab es den Namen Bánh chưng und Bánh dầy. Reis spielt hier<br />

eine wichtige Rolle, da er die Menschen ernähre. Bánh chưng,<br />

der Reiskuchen in quadratischer Form symbolisiert die Erde.<br />

Die Bohnen- und Fleischfüllung steht <strong>für</strong> das Leben auf der<br />

Erde. Bánh dầy ist rund und steht <strong>für</strong> den Himmel. Die Füllung<br />

und die Blätter um den Kuchen herum symbolisieren hier den<br />

Schutz der Eltern <strong>für</strong> ihre Kinder. Der König, anfangs verwundert,<br />

lobte nach dieser Erklärung die Bedeutung hinter Bánh<br />

chưng und Bánh dầy, empfand diese als schmackhaft und<br />

überließ seinem 18. Sohn den Königsthron.<br />

Diese Sage veranschaulicht, warum am „Fest des ersten<br />

Morgens“ die Gerichte Bánh chưng und Bánh dầy so eine prominente<br />

Rolle spielen. Wobei sie heutzutage an jenem Fest<br />

auch serviert werden, um auf dem Festtisch den Gottheiten<br />

sozusagen „Himmel und Erde“ darzubringen.<br />

Nacherzählt von Maria Than Mai Phan<br />

Quelle: https://buske-elibrary.de/media/upload/leseprobe/9783875489668.pdf<br />

WIR HABEN DA WAS FÜR DICH (m/w/d)<br />

FINDE AUCH DU<br />

DEINEN PLATZ BEI UNS!<br />

Auf Anfrage bieten wir auch<br />

- Praktikumsplätze<br />

- freiw. soz. Jahr (FSJ)<br />

- Bundesfreiwilligendienst (Bufdi)<br />

WIR SIND:<br />

- Sozialpädagogen<br />

- Heilerziehungspfleger<br />

- Erzieher<br />

- vergleichbare Berufsgruppen<br />

- Quereinsteiger<br />

(Assistenten ohne Fachausbild.)<br />

WIR SIND:<br />

- Examinierte Pflegefachkräfte wie<br />

Gesundheits- und Krankenpfleger,<br />

Altenpfleger<br />

- Pflegeassistenten<br />

- Pflegehelfer<br />

- Quereinsteiger<br />

Haben Sie Fragen rund<br />

um Vögel, andere Tiere,<br />

Pflanzen oder sonstige Themen im<br />

Natur- und Umweltschutz?<br />

NABU-Info-Hotline<br />

030.28 49 84-60 00<br />

Montag bis Freitag, 9 bis 16 Uhr<br />

WERDE EIN TEIL<br />

VON UNSEREM TEAM!<br />

www.norle.de<br />

Heideweg 20 · 27801 Dötlingen · Tel. 04433 / 968 - 0<br />

58 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Ob Van oder Wohnmobil: Mit einer Trenntoilette ist man nachhaltig unterwegs<br />

Ein stilles Örtchen mitten<br />

in der Natur<br />

(djd). Hinreisen, wo man möchte, ohne auf die Geborgenheit eines eigenen<br />

Heims und den nötigen Abstand zu anderen zu verzichten – Wohnmobile und<br />

Vans haben durch die Coronapandemie immens an Beliebtheit gewonnen. So<br />

stiegen die Neuzulassungen im Segment Wohnmobile 2020 laut Kraftfahrt-Bundesamt<br />

um über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wer mit seinem Zuhause<br />

auf vier Rädern auch an abgelegeneren Orten anhalten will, muss allerdings gut<br />

ausgerüstet sein. Denn egal, ob man am Bergsee steht, eine einsame Landstraße<br />

entlangfährt oder am Surf-Spot übernachtet: Manche Bedürfnisse lassen sich<br />

nicht aufschieben. Dann braucht es eine eigene Toilette, um die besuchten Lieblingsorte<br />

sauber zu halten und die Natur zu schützen.<br />

Raffiniertes Prinzip macht Chemie überflüssig<br />

Oft kommen klassische Chemietoiletten zum Einsatz. Doch diese müssen nicht<br />

nur an speziellen Entsorgungsstationen geleert werden, sie enthalten auch – wie<br />

der Name schon sagt – chemische Stoffe und riechen dadurch häufig unangenehm.<br />

Eine nachhaltige, chemiefreie Lösung kann dann eine Trenntoilette sein –<br />

mehr dazu unter www.trelino.de. Diese funktioniert nach folgendem raffinierten<br />

Prinzip: Unter der bequemen Klobrille sitzt ein Trenneinsatz, der den Urin in einen<br />

Kanister leitet, während der Feststoff in einem Eimer mit Kompostbeutel aufgefangen<br />

wird. Dort wird er mit Streumittel wie Kleintierstreu oder Rindenmulch<br />

bedeckt, damit er trocknen kann, was die Entstehung von Gerüchen verhindert.<br />

Trenntoiletten gibt es in verschiedenen Größen und Ausführungen. Für Vans, Bullis<br />

und Kastenwagen ist zum Beispiel die Trelino S konzipiert. Kompakt und leicht,<br />

mit dicht schließendem Deckel und geschützt gegen Auslaufen, übersteht das<br />

mobile stille Örtchen auch ruppigere Fahrten abseits asphaltierter Straßen.<br />

Einfache Entsorgung dank Trennung<br />

Größere Modelle sind <strong>für</strong> Wohnmobile, aber auch <strong>für</strong> Gartenhäuser oder Tiny<br />

Houses geeignet. Doch egal, wie groß und an welchem Einsatzort: Nicht nur Chemie<br />

ist überflüssig, es wird auch kein Wasser verbraucht, das unterwegs ohnehin<br />

meist knapp ist. Die Trennung ermöglicht darüber hinaus eine denkbar einfache<br />

Entsorgung: Das Flüssige wird in die Kanalisation gegeben oder verdünnt als Dünger<br />

<strong>für</strong> den eigenen Garten genutzt, während der Beutel mit den Feststoffen in<br />

den üblichen Hausmüll wandern kann. Insgesamt eine rundum saubere Sache. djd<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

59


REPORTAGE<br />

Marilyn und Carlotta<br />

LACHEN IST GESUND!<br />

Es begann mit einem Anruf in New York<br />

Text // Beate Deeken<br />

Ein Impuls von außen ließ einst den Amerikaner Michael<br />

Christiansen zum Vater der professionellen Krankenhausclowns<br />

werden. Selbst Clown von Beruf und<br />

Gründer des Big Apple Circus mitten in New York, bekam er<br />

bald darauf den Anruf einer Dame, die ihn bat, als Clown in<br />

einer Klinik aufzutreten. Mit der Intention, dort herzkranken<br />

Kindern eine Freude zu bereiten. Später zählte Michael Christiansen<br />

diese Erfahrung zu den besten Zeiten seines Lebens.<br />

Das war um 1986. Recht schnell überzeugte diese Idee der<br />

Klinikclowns auch Kinderkliniken in Österreich, der Schweiz<br />

und in Deutschland, wo 1994 der Verein Clown Doktoren e.V.<br />

gegründet wurde.<br />

Einer der bekanntesten Unterstützer hierzulande dürfte<br />

Dr. Eckart von Hirschhausen sein, der vor über zehn Jahren<br />

die Stiftung „Humor Hilft Heilen“ – kurz HHH – gründete.<br />

Nina Pohovski, über die wir gleich noch mehr erfahren werden,<br />

war 1992 die jüngste Clownin in Frankfurt am Main und<br />

gehört übrigens zu den Gründungsmitgliedern der Stiftung.<br />

Die Idee verbreitete sich und einige Kilometer weiter nördlich,<br />

in Oldenburg, ging die gebürtige und in Ostfriesland<br />

aufgewachsene Andrea Voermann ihren eigenen Weg, indem<br />

sie bereits im Jahr 2000 die „Klinikclowns Nordwest“<br />

ins Leben rief. Zunächst ohne eigene Rechtsform und auch<br />

ohne clownerische Unterstützung. Es dauerte aber nicht lange,<br />

da kreuzte Nina Pohovski Andrea Voermanns Weg. Auch<br />

eine Rechtsform der Klinikclowns Nordwest wurde bald gefunden.<br />

Sie etablierten sich als gemeinnützige Unternehmergesellschaft“<br />

(gUG).<br />

Das andere Ich<br />

Seitdem machen sie als „Carlotta“ und „Marylin“ gemeinsame<br />

Sache. Marylin ist kein zufällig gewählter Name. Nina<br />

suchte ihn aus <strong>für</strong> ihre Clownsidentität in Anlehnung an<br />

Marilyn Monroe – nur falsch geschrieben. „Wir brauchen<br />

nicht viel, um in unsere Clowns-Rolle zu schlüpfen. Allein<br />

die rote Nase, ohne Schminke und Kostüm, lässt dieses andere<br />

Ich in den Vorschein treten,“ sind sich Nina Pohovski,<br />

Andrea Voermann und auch Thorsten Frank einig. Thorsten<br />

ist seit über fünf Jahren Mitglied des nun sechsköpfigen<br />

Teams der „Klinikclowns Nordwest“, das in Oldenburg und<br />

Leer junge und alte Patientinnen und Patienten im Krankenhaus<br />

besucht.<br />

60 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


Ausbildung: Klinikclown<br />

„Die Figur des Clowns hängt sehr eng mit der individuellen<br />

Biografie zusammen,“ beschreibt Nina alias Marylin die<br />

Figur des Clowns. „Es gibt einen starken Bezug zu dem zivilen<br />

Menschen darin.“ So beeinflusst und bereichert neben<br />

persönlichen Erfahrungen auch der „normale“ Beruf die Stile<br />

im Clowns-Spiel. Doch immer ist ein Clown frei in dem was<br />

er tut, ungebunden und stets unterwegs. Er ist Kind ähnlich.<br />

Das ist der Schlüssel zum Erfolg eines Clowns. Indem er die<br />

Denkweise der Kinder annimmt, sich auf eine Ebene mit<br />

ihnen stellt, baut er Distanz und Unsicherheit ab. Errichtet<br />

stattdessen verbindende Brücken.<br />

Carlos und Carlotta<br />

immer noch wach und so absolvierte sie endlich eine Ausbildung<br />

zur Clownin und im Anschluss die des staatlich anerkannten<br />

Klinikclowns an der offiziellen Ausbildungsstätte<br />

<strong>für</strong> Proficlowns in Deutschland an der „TuT-Schule <strong>für</strong> Tanz,<br />

Clown und Theater“ in Hannover. Später folgte noch das Studium<br />

der Frühpädagogik.<br />

Die Fähigkeiten dazu kamen bei Nina Pohovski schon als<br />

Kind zum Vorschein, als sie nämlich der bekannten Clownin<br />

Laura Fernandez begegnete. Da war es um sie geschehen.<br />

Fasziniert vom freien Clownsgeist erlernte sie bereits seit<br />

dem zehnten Lebensjahr bei verschiedenen renommierten<br />

Lehrern weltweit die Clownerei. Und auch als erwachsene<br />

Frau ist diese Leidenschaft neben einem Studium <strong>für</strong> Kunstund<br />

Museumspädagogik und ihrem Beruf geblieben. 1993,<br />

noch gar nicht in Norddeutschland gestrandet, wurde sie<br />

Klinikclown. Und war so der Entwicklung in Deutschland ein<br />

gutes Stück voraus. 1995 gründete sie das Klinikclowns-Projekt<br />

in der DRK-Kinderklinik in Siegen.<br />

Die Gabe des Clowns, aus Niederlagen das Beste zu machen<br />

und auch mal über sich selbst zu lachen, Witze zu machen<br />

und Tabus zu brechen – <strong>für</strong> all das haben Klinikclowns<br />

kein Drehbuch. Anders als Straßen- oder Zirkusclowns. Denn<br />

ein Klinikclown improvisiert immer. Da ist es gut, dass es vor<br />

jedem Besuch bei den jungen Patienten eine „Übergabe“<br />

gibt – wie beim Schichtwechsel des Klinikpersonals. „Wir<br />

müssen ja wissen, ob ein Kind wegen einer bevorstehenden<br />

Operation nüchtern sein muss. Da passen weder Gummibärchen<br />

noch Getränke ins Spiel,“ erklären die Clowninnen. Klar,<br />

dass Klinikclowns auch der Schweigepflicht unterliegen. Und<br />

der Einhaltung strenger Hygienevorschriften. Eine Spieleinheit<br />

im Zimmer kann bis zu 20 Minuten dauern, sie kann aber<br />

Zunächst einen „ordentlichen Beruf“<br />

Ganz anders ist Andrea Voermann „auf den Clown gekommen“.<br />

Ihr Berufswunsch „Schauspielerin“ kam bei den Eltern<br />

in Friesland nicht sonderlich gut an. Also lernte sie erst einmal<br />

einen „ordentlichen“ Beruf und wurde Erzieherin. Doch<br />

der Kindheitstraum von Clownerie und Schauspielerei war<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage<br />

61


auch kürzer sein, zum Beispiel zwei Minuten. Die Dauer<br />

ist <strong>für</strong> den positiven Effekt nicht entscheidend, manchmal<br />

reicht schon ein kurzer Blick ins Zimmer.<br />

Dürfen wir reinkommen – statt Manege auf<br />

„Dürfen wir reinkommen?“ lautet der Türöffner, und damit<br />

beginnt das Spiel. Lautet die Antwort „Ja“, geht es weiter.<br />

Lautet sie „Nein“, geht es auch weiter. Nur anders. Natürlich<br />

werden die Wünsche der Patientinnen und Patienten ernst<br />

genommen. Ist der Clown gerade nicht erwünscht, wird das<br />

respektiert und er zieht sich zurück. Auf dem Flur aber wird<br />

das Spiel fortgesetzt, denn die Clowns bleiben in ihrer Rolle.<br />

Dort binden sie Eltern, Reinigungskräfte oder Schwestern<br />

und manche Ärzte mit ein. Nicht alle, vielleicht weil oft keine<br />

Zeit da<strong>für</strong> ist. Doch auch Mediziner wissen um den positiven<br />

Einfluss von Lachen und Unsinn machen. Übrigens können<br />

Clowns auch unsichtbar werden. Zum Beispiel wenn Ärzte<br />

zur Visite kommen. Die Clowns stehen dann in der Ecke,<br />

neben dem Fenster, hinter der Tür – und machen schon mal<br />

im Rücken der Doktoren Faxen. Und sind, mindestens <strong>für</strong> sie,<br />

unsichtbar. Ist doch klar!<br />

Regeln? Die bestimmt der junge Patient!<br />

Die Klinikclowns Nordwest treten immer im Zweierteam<br />

auf. „Nicht zuletzt, um sich in schwierigen Situationen zu<br />

retten,“ erklärt Thorsten. „Und um das Spiel aufzulockern.<br />

Die Möglichkeiten sind größer zu zweit“, ergänzt Nina. Mal<br />

verbündet sich ein Clown mit dem Kind gegen den anderen<br />

Clown, oder alle verbünden sich gegen den Arzt. Es gelten<br />

keine Normen, keine Bestimmungen. Mit dem Clown darf<br />

man Dinge tun, die ansonsten tabu sind. Popeln zum Beispiel.<br />

Anderen eine lange Nase zeigen. Oder behaupten,<br />

Doktor der Furzologie zu sein.<br />

Mit dem Clown zusammen kann der junge Patient im<br />

Krankenhaus selbst mal die Regeln bestimmen. Den Clown<br />

rausschmeißen oder ihn beschimpfen. Und herzlich lachen.<br />

Kinder merken gar nicht, dass sie mitspielen. Alte, vielleicht<br />

demente Menschen hingegen bleiben eher passiv beim<br />

Clownsbesuch. Doch egal: sind die Klinikclowns wieder weg,<br />

schwingt der positive Effekt noch nach, mit der gewissen<br />

Leichtigkeit, die sie zurücklassen.<br />

Das Lachen<br />

Wenn man bedenkt, dass Klinikclown Carlotta einst über<br />

den Posten „Spiel- und Bastelmaterial“ beim Förderverein<br />

abgerechnet wurde, hat sich Vieles getan bei der Arbeit mit<br />

dem heilenden Lachen: Der positive Effekt der Klinikclowns<br />

ist längst anerkannt.<br />

2020 wollten die Klinikclowns Nordwest eigentlich ihr<br />

zwanzigjähriges Jubiläum feiern. Aber es war ja Corona.<br />

Stattdessen standen kontaktlose, virtuelle Besuche auf dem<br />

Plan. Zur Zeit freuen sie sich über Lockerungen, die es ihnen<br />

ermöglichen, vor Ort richtig loszulegen. Ihre Finanzierung<br />

jedoch läuft, bei aller Etablierung und Anerkennung ihrer<br />

Arbeit, weiterhin über Fördervereine und ist von Spenden<br />

abhängig. Das ist weniger zum Lachen, aber das wissen die<br />

Kinder ja nicht.<br />

Noch mehr dazu unter:<br />

www.klinikclowns-nordwest.de<br />

62 Das <strong>Magazin</strong> | Stadt.Land.Leute | Reportage


Individuelle Hilfen <strong>für</strong> individuelle Menschen<br />

Seit über 25 Jahren <strong>für</strong> dich da.<br />

Ambulant<br />

betreutes Wohnen<br />

Individuelle<br />

pädagogische<br />

Unterstützung<br />

Besondere<br />

Wohnform<br />

Sexualberatung<br />

25 Jahre<br />

1995 - 2020<br />

Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs<br />

und das Pferd<br />

Es ist das derzeit „klügste und schönste Buch der Welt“.<br />

Niemand, der dieses ungewöhnliche Buch in Händen hält,<br />

wird das bestreiten wollen. Niemand wird es freiwillig wieder<br />

hergeben, jeder liest es von vorne bis zur letzten Seite<br />

und kann die zauberhaften Zeichnungen einfach nicht aus<br />

den Augen lassen. Und wie gut es sich anfühlt, mit diesem<br />

fein-glatten Cover, mit den festen Seiten aus Karton – und<br />

dann wieder diese Zeichnungen, komplettiert von den<br />

klügsten Gedanken, auf die man selber gerne gekommen<br />

wäre. Die man mitnimmt, unwillkürlich und glücklich, in die<br />

Alltage, die durch die „Weisheiten des Jungen, des Maulwurfs,<br />

des Fuchses und des Pferds“ zurücklächeln.<br />

Wunderbar auch in welcher der vier Protagonisten man<br />

selbst sich sieht und – prompt wieder wechselt, wenn Fuchs,<br />

Pferd oder der Junge noch etwas Klügeres als zuvor erkennen<br />

und das den faszinierten Menschen mitteilen, die über<br />

ihr Buch gebeugt, jede Klugheit begierig aufnehmen. Zumal,<br />

wenn der Maulwurf seine Leidenschaft <strong>für</strong> Kuchen auf<br />

so hinreißende Weise immer wieder neu und anders verkündet,<br />

dass selbst der größte Unsinn im Menschenleben<br />

sich auf das Maß eines Kuchens aufwerten lässt. Und wenn´s<br />

ganz blöd gelaufen ist, wurde der Kuchen eben kurz vorher<br />

aufgegessen. Von wem..?<br />

Es geht in dem Buch um Liebe, Freundschaft, Güte und<br />

um Mut. Um Klugheit und um die Blicke über den Horizont<br />

hinweg, direkt hinein ins menschliche Herz. „Der Junge, der<br />

Maulwurf, der Fuchs und das Pferd“ ist ein Kunstwerk, universell<br />

in Sprache und Bildern, <strong>für</strong> alle Menschen von klein<br />

an und bis an jedes Lebensende.<br />

usch<br />

Charlie Mackesy: Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und<br />

das Pferd. List Verlag. ISBN 978-3-471-36021-7. Euro 22,00<br />

Geschäftssitz<br />

Dötlingen<br />

Tel. 04433/968-0<br />

Solidarische<br />

Landwirtschaft<br />

Ambulanter<br />

Pflegedienst<br />

Zweigstelle<br />

Delmenhorst<br />

Tel. 04221/15 57 89<br />

Wohnvorbereitung<br />

Pflegewohngemeinschaften<br />

Familienentlastender<br />

Dienst<br />

Verwaltung<br />

Wildeshausen<br />

Tel. 04431/74837-0<br />

Natürlicher<br />

näher<br />

nachhaltiger<br />

ENGAGIERTE, SOLIDARISCHE GEMEINSCHAFT BIETET<br />

AB APRIL WÖCHENTLICHE KISTEN MIT FRISCHEM,<br />

SAISONALEM BIOGEMÜSE AUS BECKSTEDT/COLNRADE<br />

Wir freuen uns auf Menschen mit Interesse<br />

an ökologischem und klimafreundlichem<br />

Denken und Handeln.<br />

Gemeinsam <strong>für</strong> eine zukunftsfähige Landwirtschaft!<br />

www.solawi-wildes-gemuese.de<br />

wildes.gemuese@posteo.de<br />

Irmtraud Keppler: 04244 96 73 16<br />

Lutz Beckröge: 0176 47 16 91 24<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Buchtipp<br />

63


REPORTAGE<br />

So wachsen des Gärtners Träume hoch hinaus<br />

Gemüse und Obst in Beeten oder Hochbeeten erfolgreich selbst anbauen<br />

Knackigen Salat und frische Kräuter direkt aus eigenem<br />

Anbau ernten: Selbstversorgung ist <strong>für</strong> viele längst<br />

mehr als ein Hobby. Schließlich wissen Freizeitgärtner<br />

bei eigenem Obst und Gemüse genau, was drin ist. Zudem<br />

schmeckt es ohne lange Transport- und Lagerwege einfach<br />

besser. Einen besonders bequemen und einfachen Einstieg<br />

bieten Hochbeete. Sie ermöglichen nicht nur ein rückenschonendes<br />

Gärtnern, sondern versprechen obendrein gute<br />

Erträge. Ein Grund da<strong>für</strong> sind die im Inneren ablaufenden<br />

Kompostierungsprozesse. Dadurch ist es in den Holzkonstruktionen<br />

wärmer als in normalen Bodenbeeten, das Wachstum<br />

der Pflanzen wird angeregt.<br />

Befüllen in drei Schichten<br />

Einmal befüllt, lassen sich Hochbeete nicht ohne Weiteres<br />

verrücken. Also will der Standort bei einer Neuanlage gut gewählt<br />

sein. Windgeschützt sollte er sein, zudem sollte man<br />

nach Möglichkeit das Beet in Ost-West-Richtung ausrichten,<br />

um eine schnelle Erwärmung durch die Frühjahrssonne zu<br />

gewährleisten. Wenn das Hochbeet direkt auf dem Erdboden<br />

steht, schützt ein unten angebrachtes Drahtgitter vor<br />

Wühlmäusen und anderen Nagetieren. Empfehlenswert ist<br />

es auch, die Holz-Seitenwände von innen mit einer Schutzfolie<br />

auszukleiden. Das verhindert ein Durchfeuchten und verlängert<br />

somit die Lebenszeit des Hochbeets. Anschließend<br />

64<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Reportage


geht es ans Befüllen. Grundsätzlich werden grobe Materialien<br />

unten eingeschichtet, nach oben hin wird es immer feiner.<br />

Dabei besteht der Aufbau aus jeweils einer Grund-, Nähr- und<br />

Pflanzschicht. Eine gute Wahl als obere Schicht stellt etwa<br />

die torfreduzierte "DCM Aktiv-Erde Gemüse & Hochbeete" in<br />

Bio-Qualität dar. Sie enthält unter anderem wurzelaktivierende<br />

Mykorrhiza-Pilze, welche die Wasser- und Nährstoffaufnahme<br />

fördern und das Pflanzenwachstum verbessern - sogar bei<br />

Stress, Trockenheit oder Nährstoffmangel. Für einen guten<br />

Start beinhaltet die Erde einen organischen Dünger <strong>für</strong> rund<br />

150 Tage.<br />

Passenden Pflanzmix wählen<br />

Auf das Befüllen folgt das Bepflanzen. Für Hochbeete ist<br />

eine Mischkultur verschiedener Pflanzen, die sich gegenseitig<br />

im Wachstum fördern, gut geeignet. Durch eine Kombination<br />

aus flach- und tiefwurzelnden Vertretern stehen diese nicht in<br />

Konkurrenz zueinander um Nährstoffe. So können Gartenbesitzer<br />

oft bis weit in den Herbst hinein noch frisches Gemüse<br />

und knackigen Salat ernten. Viele nützliche Tipps zur Anlage<br />

eines Hochbeets finden sich etwa unter www.cuxin-dcm.de.<br />

Dort gibt es neben der Erde auch Informationen zu anwendungsfertigem<br />

Hochbeet-Kompost und Hochbeet-Mulch. Im<br />

Laufe der Zeit sackt die Erde sichtbar ab, dann sollte entsprechend<br />

aufgefüllt werden. Nach vier bis sechs Jahren empfehlen<br />

Gartenexperten, die Füllung komplett auszutauschen. djd<br />

Foto: freepik.com<br />

Aquaristik<br />

Zoobedarf<br />

Angelbedarf<br />

Tiernahrung<br />

Teichzubehör<br />

Wir erweitern unsere<br />

Gartenabteilung <strong>für</strong> Sie<br />

Sämereien, Blumenzwiebeln,<br />

Pflanzkartoffeln und Schalotten,<br />

Gartengeräte u.v.m.<br />

Gravuren<br />

Gartenbedarf<br />

Schlüsseldienst<br />

GRÜNES WARENHAUS Tel. 04431 931755<br />

Öffnungszeiten: Mo-Fr 9.00 - 13.00 Uhr und von 14.00 -18.00 Uhr / Sa 9.00-13.00 Uhr<br />

www.gruenes-warenhaus-wildeshausen.business.site / Ahlhorner Str. 3 27793 Wildeshausen


IMPRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

Verlag S.E.C. GmbH, Geschäftsführer Hasan Mutlu<br />

Rathausweg 10, 49661 Cloppenburg<br />

Redaktion/Gestaltung/Realisierung:<br />

Das <strong>Magazin</strong> Stadt. Land. Leute.<br />

Redaktion: Ulla Schmitz (V.i.S.d.P.)<br />

E-Mail: redaktion@das-stadtmagazin.com<br />

Anzeigen: E-Mail: media@das-stadtmagazin.com<br />

Grafik: Daniela Wilke, E-Mail: d.wilke@das-stadtmagazin.com<br />

Druck: Printnow, Otto-Hahn-Straße 25, 34253 Lohfelden<br />

Fotonachweise, wenn nicht anders ausgezeichnet:<br />

Archiv Orgelförderverein, Archiv Rena Schilling Stiftung, Archiv<br />

Alfred Panschar, Archiv Bürger- und Geschichtsverein, Sigrid<br />

Lünnemann, Beate Deeken, Privatarchiv Dr. Kerstin Friedrich, Privatarchiv<br />

Schnittker/Lenzschau, Archiv Norderney, Privatarchiv<br />

Ingo Hermes, Archiv Lutz Meyer/lumede/Atlas Weyhausen, Archiv<br />

Käthe Nebel, Archiv team;iken, Archiv Gildebuchhandlung/<br />

Gebhardt, Archiv Lili Servicekino, Ulla Schmitz, Archiv Klinikclowns.<br />

Illustrationen: Maria Than Mai Phan<br />

Quellen- und Literaturverzeichnis:<br />

Eva-Maria Ameskamp, Königin der Instrumente, Kulturland Oldenburg,<br />

Zeitschrift der Oldenburgischen Landschaft, Ausgabe<br />

3. 2018, Nr. 177, S. 26/27. Werner Meiners, Geschichte der Juden<br />

in Wildeshausen, Oldenburg 1988. Peter Heinken, Die jüdische<br />

Gemeinde Wildeshausen in der Zeit des Nationalsozialismus<br />

1933 – 1945, in: Wildeshauser Schriften <strong>für</strong> Heimat, Geschichte &<br />

Kultur, Band 10, Jahrgang 2011, S. 20ff. Spuren jüdischen Lebens<br />

in Wildeshausen (Faltblatt), hrsg. v. Arbeitskreis <strong>für</strong> Demokratie<br />

und Toleranz im Präventionsrat der Stadt Wildeshausen sowie<br />

Bürger- und Geschichtsverein Wildeshausen e.V.<br />

Wolfgang Benz (Hrsg.), Die Juden in Deutschland 1933-1945. Leben<br />

unter nationalsozialistischer Herrschaft, München 1989.<br />

www.stolpersteine-bremen.de<br />

www.spurensuche-bremen.de<br />

www.gedenkstaettenforum.de<br />

Urheber- und Verlagsrecht<br />

Das <strong>Magazin</strong> und alle in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen<br />

sind urheberrechtlich geschützt. Mit Annahme des<br />

Manuskriptes gehen das Recht zur Veröffentlichung sowie die<br />

Rechte zur Übersetzung, zur Vergabe von Nachdruckrechten,<br />

zur Elektronischen Speicherung in Datenbanken, zur Herstellung<br />

von Sonderdrucken, Fotokopien und Mikrokopien an den<br />

Verlag über. Jede Verwertung außerhalb der durch das Urheberrechtsgesetz<br />

festgelegten Grenzen ist ohne Zustimmung des<br />

Verlags unzulässig. In der unaufgeforderten Zusendung von Beiträgen<br />

und Informationen an den Verlag liegt das jederzeit widerrufliche<br />

Einverständnis, die zugesandten Beiträge bzw. Informationen<br />

in Datenbanken einzustellen, die vom Verlag, von<br />

kooperierenden Verlagen und kooperierenden Dritten geführt<br />

werden. Die Inhalte der Anzeigen stellen nicht unbedingt die<br />

Meinung der Redaktion dar.<br />

WICHTIGE<br />

TELEFONNUMMERN<br />

NOTRUFNUMMERN BUNDESWEIT<br />

Polizei 110<br />

Rettungsdienst/Notarzt 112<br />

Corona Hotline des<br />

Berufsverbandes Deutsche<br />

Psychologinnen und Psychologen 0800 777 22 44<br />

Opfernotruf (Weißer Ring e.V.) 01803 34 34 34<br />

Deutscher Kinderschutzbund<br />

(Kinder- und Jugendtelefon) 116111<br />

Deutscher Kinderschutzbund<br />

(Elterntelefon) 0800 111 0 550<br />

Hilfetelefon Sexueller Missbrauch 0800 22 55 530<br />

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen 0800 116 016<br />

Hilfetelefon Gewalt gegen Männer 0800 123 99 00<br />

Hilfetelefon Schwangere in Not 0800 40 40 420<br />

Medizinische Kinderschutz-Hotline 0800 1921 000<br />

Infotelefon Depressionen 0800 33 44 533<br />

Krisendienst <strong>für</strong> Menschen<br />

in seelischen Nöten 0800 111 0 111<br />

oder 0800 111 0 222<br />

NOTRUFNUMMERN REGIONAL<br />

Frauen- und Kinderschutzhaus<br />

in Wildeshausen 04431 738080<br />

Bereitschaftsdienstpraxis<br />

am Krankenhaus Johanneum 04431 9821010<br />

AIDS-Hilfe Oldenburg e.V. 0441 14 500<br />

BeKoS Beratungs- und<br />

Koordinationsstelle <strong>für</strong><br />

Selbsthilfegruppen<br />

e.V. in Oldenburg 0441 884848<br />

BKE Suchtselbsthilfe Ahlhorn<br />

Urte und Hanno Naber 04487 521<br />

und 0173 6192817<br />

66<br />

Das <strong>Magazin</strong> | Stadt. Land. Leute | Impressum


Fotografen: Reinhard Berlin • Michael Rasche •<br />

Uwe Kalin • Klaus-Dieter Hilbrecht • Stefanie Bomhoff


469 € *<br />

STUHL BOWL<br />

Bezug: Stoff Wiesbaden<br />

grau. Untergestell: Stativ<br />

Wildeiche hell soft gebürstet geölt.<br />

STUHL BOWL<br />

Bezug: Stoff Würzburg rot.<br />

511 € *<br />

Stuhl<br />

optional<br />

DREHBAR<br />

ESSTISCH FOX<br />

Wildeiche hell soft gebürstet<br />

geölt. Optional mit Auszug<br />

gegen Aufpreis erhältlich.<br />

Maße: ca. L 160 x B 90 x H 75 cm.<br />

In weiteren Ausführungen erhältlich.<br />

gegen Mehrpreis<br />

1.315 € *<br />

AUCH BEIM ESSZIMMER<br />

ISST DAS AUGE MIT.<br />

Die neuen Esszimmer-Ideen der SCHÖNER WOHNEN-<br />

Kollektion. Geschmackvoll essen und zusammensitzen –<br />

mit der Familie, mit Freunden oder einfach nur zu zweit.<br />

Stuhl<br />

optional<br />

DREHBAR<br />

gegen Mehrpreis<br />

416 € * POLSTERSTUHL COSY<br />

Schalenstuhl mit Schaumauflage,<br />

Stoff- bzw. Lederkombination möglich<br />

Gestell Holz, Maße: ca.‚B 58 x H 87 x T 64 cm,<br />

mit optionaler Drehfunktion<br />

* Alle Preise in Euro inkl. MwSt. Unverbindliche Preisempfehlung. Ohne Deko. Technische Änderungen und Irrtümer vorbehalten. In weiteren Ausführungen erhältlich.<br />

...2x in Visbek<br />

Ihr Möbelspezialist<br />

Haverkamp 3-5<br />

(0 44 45) 96 05 00<br />

Ihr Küchenspezialist<br />

Goldenstedter Str. 12<br />

(0 44 45) 9 60 5056<br />

Öffnungszeiten: Mo.-Fr. 9.00 bis 18.00 Uhr, Do. 9.00 bis 19.00 Uhr Sa. 9.00 bis 16.00 Uhr<br />

www.moebel-debbeler.de<br />

Direkt im<br />

Herzen von<br />

Visbek!<br />

facebook.com/moebeldebbeler<br />

info@moebel-debbeler.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!