StadtmagazinCloppenburg43WEB
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9. Jahrgang<br />
Ausgabe 43 | März 2022 | kostenlos<br />
ZU KAFFEE UND KUCHEN<br />
BEIM BÜRGERMEISTER<br />
STADTGESCHICHTE<br />
DIE BAHNHOFSTRASSE
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Liebe Leserinnen und liebe Leser,<br />
haben wir die „neuen Zeiten“ schon kennengelernt oder sind wir sogar schon darin angekommen? Sind die „großen“ politischen<br />
Verhältnisse stabil(er), haben wir unsere verhältnismäßig kleine Welt darin austariert? Können wir zukünftig auf solche<br />
allumfassenden und doch sehr persönlichen Fragen verzichten?<br />
Wir werden es erleben, wobei<br />
„LIFE is what happens to you while you are busy making other plans“<br />
(John Lennon)<br />
Während was auch immer geschehen wird, wir sind hier und sicher, dass die Geschichten auch dieses Magazins Sie interessieren,<br />
Ihnen Spaß machen und zudem informieren.<br />
In diesem Sinne und wie immer mit besten Wünschen und herzlichen Grüßen,<br />
Ihr Team des Stadtmagazins für Cloppenburg & umzu<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Editorial<br />
3
INHALT<br />
6 Beim<br />
Bürgermeister 30<br />
Andrea<br />
Laudenbach<br />
Blickpunkt 3<br />
Zu Kaffee und Kuchen beim Bürgermeister 6<br />
Buchtipp: Wir sind noch da 10<br />
Stadtgeschichte: Die Bahnhofstraße 12<br />
Das Mü – ganz neu 18<br />
Prof. Dr. Christine Aka 20<br />
rawe Hörzentrum 24<br />
Buchtipp: Eigenwillige Eigenheime 26<br />
Azubigewinnung neu denken 27<br />
Schleichwege 28<br />
Andrea Laudenbach 30<br />
Neue Zeiten auch für private Pflegedienste 32<br />
Erste Nautische Schule des Oldenburger Landes 35<br />
Norderney, die Grand Dame der Nordsee 38<br />
Traditionelles Handwerk trifft moderne Technik 42<br />
4<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Inhalt
50<br />
Ahlhorner Fischteiche<br />
38Norderney<br />
62<br />
Lachen ist gesund<br />
Hautkrebs-Screening 43<br />
Käthe Nebel 44<br />
Fünf Jahre Toys Kids World 46<br />
St. Pius-Stift – 75 Jahre… 48<br />
Die Ahlhorner Fischteiche 50<br />
Alloheim Cloppenburg 54<br />
Start in die Gartensaison – in Appeltern 56<br />
Wie es Euch gefällt: Bunte Tulpensträuße 58<br />
Buchtipp: Vernichten 58<br />
Worauf es bei der Kinderernährung ankommt 59<br />
Transidentität: Ich habe die Hölle durchlebt 60<br />
Buchtipp: Rosa sucht das Regenbogenland 61<br />
Lachen ist gesund – Die Klinikclowns 62<br />
Drees Orthopädieschuhtechnik 65<br />
Impressum & Notrufnummern 82<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Inhalt<br />
5
REPORTAGE<br />
ZU KAFFEE UND KUCHEN<br />
beim Bürgermeister und Familie<br />
Text // Ulla Schmitz<br />
Freitag halb vier, wir sind eingeladen bei Familie Varnhorn-Acquistapace<br />
oder Acquistapace-Varnhorn, auch<br />
ohne Bindestrich – in dieser Familie nimmt man das<br />
nicht wichtig. Apropos Familie: Markus Acquistapace hatte<br />
vorher gesagt: „Ich muss unsere Kinder noch schnell zum<br />
Bahnhof bringen, komme ein paar Minuten später dazu!“<br />
„Unsere Kinder“, ein Ehepaar aus zwei Männern, der eine<br />
seit gut 100 Tagen Bürgermeister von Cloppenburg, der<br />
andere Leiter der Ende 2019 eröffneten Jugendherberge<br />
Oldenburg. Die übrigens die modernste Jugendherberge<br />
Nordwest Deutschlands ist nach einem Modell, das Acquistapace<br />
maßgeblich mitentwickelt hat.<br />
Doch dazu später mehr, denn 2020 war auch das Jahr, in<br />
dem Neidhard Varnhorn begann sich mit der Möglichkeit der<br />
Bürgermeisterkandidatur in Cloppenburg 2021 auseinanderzusetzen.<br />
Was in politischen Kreisen bald befürwortet wurde,<br />
mussten die Cloppenburger aber an erster Stelle erfahren:<br />
Neidhard Varnhorn, 49 Jahre alt, will nach Dr. Wolfgang<br />
Wiese der nächste Bürgermeister in der Kreisstadt werden.<br />
Dem war eine intensive Diskussion innerhalb der Familie<br />
vorausgegangen – zwischen Varnhorn und seinem Mann,<br />
muss man sagen, denn die Kinder, Tim und Lena (beide heute<br />
17 Jahre alt) hatten ihrem Stiefvater bei diesen Plänen sofort<br />
zugestimmt.<br />
Ein schwuler Bürgermeister in Cloppenburg<br />
An dieser Stelle bietet es sich an, kurz auf die Familienverhältnisse<br />
des Cloppenburger Bürgermeisters einzugehen.<br />
Dass politische Ämter mit homosexuellen Persönlichkeiten<br />
besetzt sind, ist in diesen Zeiten, dem Himmel sei Dank,<br />
nichts mehr worüber die Gesellschaft sich hinter vorgehaltener<br />
Hand echauffiert oder wundert. Für Cloppenburg jedoch<br />
war die Wahl eines schwulen Bürgermeisters schon etwas,<br />
was aufhorchen ließ, denn niemand muss so tun, als sei<br />
Konservatismus ein Fremdwort in dieser Stadt. Was wichtig<br />
und richtig ist und wertvoll und was sich nunmehr umso farbiger<br />
und weltoffener darstellt: Mit Neidhard Varnhorn, der<br />
offen schwul und mit einem Mann verheiratet ist. Mit Markus<br />
Acquistapace, dem ehemaligen Inhaber des „Bernay´s“, der<br />
6 Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
Cloppenburger Kult-Kneipe/Restaurant/Café am gleichnamigen<br />
Platz. In der Mitte Cloppenburgs sozusagen, von wo<br />
sich auch die CSD-Bewegung (CSD Cloppenburg e.V./CSD =<br />
Christopher Street Day) vor nunmehr fast zehn Jahren in Bewegung<br />
setzte. Mit Markus Acquistapace in der ersten Reihe.<br />
Patchwork-Familie mit zwei Kindern<br />
Das war 2018, zwei Jahre nachdem Acquistapace und<br />
Varnhorn geheiratet und im Kreis ihrer zahlreichen guten<br />
Freunde und den liebsten Nachbarn in der Nordstraße ein<br />
rauschendes Fest gefeiert hatten. Mittendrin ihre Eltern, Geschwister<br />
& Co und beide Ex-Lebensgefährten. Neben ihnen<br />
ihre Kinder und die Mutter von Lena und Tim. Zu der sie an<br />
diesem Freitagnachmittag unterwegs sind, für das lange Wochenende<br />
der Zeugnisferien. Vor vier Jahren war das noch<br />
„den anderen Weg herum“ gewesen, doch als die von allen<br />
Seiten befürwortete Entscheidung anstand, die Kids nach<br />
Cloppenburg „umzusiedeln“, hatten Acquistapace und Varnhorn<br />
keine Sekunde lang gezögert. „Wir haben unser Haus<br />
zwar nicht für Kinder gebaut“, sagen sie, „doch gab es das<br />
eine Kinderbesuchszimmer und das Gästezimmer. Die waren<br />
im Nu neu eingerichtet!“<br />
„Ich habe die Regenbogenfahne nie geschwenkt“, sagt<br />
Neidhard Varnhorn sinnbildlich, gleichwohl machte er nie<br />
einen Hehl aus seiner Homosexualität. Auch nicht beim<br />
Landkreis Cloppenburg, wo er seit 2002 in verschiedenen<br />
Verwaltungsämtern tätig war. Fast 20 Jahre, ehe er begann<br />
sich nach einer neuen Herausforderung umzusehen. Varnhorn<br />
ist Diplom-Verwaltungswirt und Volljurist, er ist ein<br />
anerkannt hervorragender Verwaltungsfachmann, er ist<br />
weltoffen und empathisch. Er hört zu und fragt nach, bevor<br />
er sich eine Meinung bildet. Obschon in Vechta geboren, ist<br />
er Cloppenburger mit Herz und Seele und er hat ganz viel<br />
Lust zu verändern.<br />
Nicht, um des Veränderns willen, sondern da wo es sich<br />
anbietet und wo Innovationen das Althergebrachte ersetzen<br />
können. Er weiß, wie die „Welt tickt“, er hat jede Menge<br />
Humor – und jetzt hören diese Beschreibungen auch auf,<br />
denn Sie alle haben ja Gelegenheiten und Zeit, Ihren Bürgermeister<br />
Neidhard Varnhorn bei seiner Arbeit zu erleben.<br />
Dafür wurde er schließlich gewählt, inklusive der Einblicke in<br />
seine Familienverhältnisse, die natürlich auch während des<br />
Wahlkampfs kein Geheimnis waren. Wenn Ehemann Markus<br />
Acquistapace bei Veranstaltungen anwesend war, selbstverständlich<br />
in der ersten Reihe und hin und wieder auch Tim<br />
und Lena. Seine leiblichen Kinder, die von Neidhard Varnhorn<br />
mit erzogen werden.<br />
So unterschiedlich die beiden Männer sind, aus völlig verschiedenen<br />
Sozialisationen, mit den unterschiedlichsten Berufserfahrungen<br />
und verschiedenen Hobbys – drei Elemente<br />
rangieren in ihrem Privatleben für beide unangefochten an<br />
erster Stelle: Ihre Liebe, die daraus resultierende unbedingte<br />
Loyalität zueinander, und ihr Verständnis füreinander. Auch,<br />
wenn das manchmal erkämpft werden muss. Beispielsweise,<br />
als Varnhorn mit der Idee um die Ecke kam, Bürgermeister<br />
zu werden. Zwar war es Acquistapace schon seit einiger Zeit<br />
aufgefallen, dass sein Mann sich in seiner Position als Dezernatsleiter<br />
in der Verwaltung des Landkreises Cloppenburg<br />
nicht mehr ausgelastet fühlte, dass er sich jedoch derart prädestiniert<br />
der Gesellschaft Cloppenburgs darstellen wollte,<br />
das wollte Acquistapace anfänglich nicht unterstützen. Mehr<br />
noch, er wollte es erst gar nicht dazu kommen lassen.<br />
Die Härten des Outings<br />
Schließlich wusste er um die Härte eines öffentlichen Lebens,<br />
um Vorurteile, um unverfrorene Einmischungen, um<br />
Gemeinheiten… und das nicht erst seit seiner Mitarbeit im<br />
CSD-Verein. Sein Outing nämlich war mit dem Erkennen der<br />
eigenen Homosexualität einhergegangen. Zu der Zeit war<br />
er mit seiner damaligen Ehefrau verheiratet und die Zwillinge<br />
waren gerade auf die Welt gekommen. Während für ihn,<br />
den Ehemann und Vater, die Welt in einer fast tödlich verlaufenden<br />
Krankheit versank. Wortwörtlich, denn der Heilungsprozess<br />
setzte erst ein, als eine Psychologin in der Klinik<br />
Acquistapace den vermuteten Grund für seine Krankheit<br />
nannte: „Ich glaube, sie sind schwul und wollen das um jeden<br />
Preis verdrängen! Doch das macht ihr Körper nicht mit…“<br />
Wie genau diese Diagnose zutraf erfuhr Markus Acquistapace<br />
schnell. So schnell nämlich, wie seine physische Rekonvaleszenz<br />
einsetzte. Und es gab viel zu regeln. Mit der<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
7
Klarstellung gegenüber seiner Ehefrau, der gemeinsamen<br />
Aufarbeitung, der Scheidung, dem beiderseitigen Einvernehmen<br />
für die Kinder sowie das weitere Füreinander da<br />
sein. Die Aufklärung gegenüber seinen Eltern und der ganzen<br />
Familie „da oben in der Wesermarsch“ und den Freunden<br />
natürlich. Von denen einige sogar auf der symbolischen<br />
Strecke geblieben sind.<br />
Wie auch bei Neidhard Varnhorn anlässlich seines Outings,<br />
das jedoch überhaupt nicht dramatisch und schon lange geschehen<br />
war, bevor er und sein Mann sich kennen lernten.<br />
Das war gegen Ende der Aufarbeitungsphase, die Acquistapace<br />
gebraucht hatte, um seiner psychischen Verletzlichkeit<br />
Herr zu werden. Was nicht einfach war, trotz des Rückhalts in<br />
der ganzen Familie und bei den echten Freunden. Es war dieses<br />
Wissen, was ihn den Plänen seines Mannes Bürgermeister<br />
von Cloppenburg zu werden, abweisend gegenüberstehen<br />
ließ: „Ich will nicht, dass du zerrissen wirst!“<br />
Sind sie und auch insofern problemlos, als dass die verwaltungstechnischen<br />
und repräsentativen Verpflichtungen<br />
Corona-bedingt nicht so zahlreich waren, wie sie zu normalen<br />
Zeiten gewesen wären, sagt Neidhard Varnhorn. Wobei,<br />
wenn man sich den Kasten am Ende dieser Geschichte anschaut,<br />
man leicht zu einer anderen Auffassung kommen<br />
kann. Und sich fragt, was im Bürgermeisteramt denn los ein<br />
wird, wenn der Mann seine Auffassung von „richtig arbeiten“<br />
umsetzen kann!<br />
Aber auch dann wird es freie Zeit mit seiner Familie geben,<br />
die „die Alten“ gemütlich bei einem Wein im Garten sitzend<br />
oder vor dem Kamin oder bei den Freunden gleich nebenan<br />
verbringen. Während Lena und Tim, die gerade ihre Führerscheine<br />
machen vermutlich unterwegs sein werden. Zurzeit<br />
noch ein Jahr lang beim Autofahren von einem ihrer Väter<br />
begleitet. Natürlich nicht in Cloppenburg selbst, dafür sind<br />
die Fahrräder da, und auch zu Fuß kommt man aus der Nordstraße<br />
überall hin, doch darüber hinaus – kein Problem für<br />
die beiden Väter. Die übrigens aus ihrem Stolz aufgrund der<br />
guten Zwischenzeugnisnoten ihres Nachwuchses keinen<br />
Hehl machen. Wie auch aus der Tatsache, dass die beiden<br />
sich so leicht in Cloppenburg eingelebt haben. Unkompliziert<br />
und völlig mühelos, zunächst in der Marienschule und<br />
jetzt in der BBS am Museumsdorf und in allem, was die Stadt<br />
so bietet und was sie ist.<br />
Weltoffene Stadt Cloppenburg<br />
Damals, so scheint es, war man in Cloppenburg noch nicht<br />
so aufgeschlossen wie am 12. September 2021, als 65,4 Prozent<br />
der Bevölkerung Neidhard Varnhorn zu ihrem Bürgermeister<br />
für die nächsten fünf Jahre wählten. „Und sich keinen<br />
besseren dafür aussuchen konnten“, weiß sein Ehemann,<br />
denn: „Wenn jemand alle Parteien an einen Tisch bringen<br />
kann, für Gespräche auf Augenhöhe und gleiche Einschätzungen,<br />
dann ist Neidhard das!“ Varnhorn ist der geborene<br />
Moderator, auch in der Beziehung, bestätigt sein Mann noch<br />
einmal. „Er sieht das Ziel und erklärt den Weg dorthin so,<br />
dass er für alle Beteiligten gangbar ist.“<br />
Auf diese Weise kam auch die Zustimmung Acquistapaces<br />
zu den politischen Plänen seines Mannes zustande. Bei<br />
einem spontan arrangierten Wochenendtrip an die Küste,<br />
wo sich während ausgedehnter Strandspaziergänge und<br />
langer Abende Zeit genug bot, einerseits die verschiedenen<br />
Argumente auszutauschen, die Pro´s und Contra´s zu benennen<br />
und zu diskutieren; Ängste abzubauen zugunsten von<br />
Courage und Vertrauen – darauf, dass auch diese Herausforderungen<br />
gemeinsam zu stemmen seien.<br />
Energie und Vertrauen<br />
Die Gründe dafür liegen eindeutig im Verhalten ihrer<br />
Familie. Wo von Anfang an nie der Ruch von Andersartigkeit<br />
aufkam, sondern „andere leben schließlich auch in<br />
Patchwork-Familien!“ Das Achten von sozialen Werten, der<br />
unbedingte Respekt voreinander und die Liebe zueinander<br />
– soziologische Geheimnisse sind das alles nicht. Sie zu leben<br />
ist Familie, im ureigenen positiven Sinn. Und die Kraft, die<br />
sich daraus ergibt, die kann man sich bei Acquistapace-Varnhorns<br />
abgucken. Was nicht bedeutet, dass es zwischen den<br />
beiden Ehemännern oder in der Familie nicht auch mal<br />
kracht. „Nicht weniger als bei anderen“, geben die beiden<br />
Männer unisono zu. Meistens gleicht Varnhorn die Differenzen<br />
dann wieder aus – der Moderator. „Er hat ja ohnehin immer<br />
recht“, konstatiert Acquistapace und grinst.<br />
Wir sind an diesem gemütlichen Nachmittag voller Zuhören,<br />
Lachen und Erzählen bei einem anderen Getränk als<br />
Kaffee angekommen. Das ist eben so, wenn man sich gegenübersitzt<br />
und nicht nur die eine Seite berichtet. Da ist neben<br />
Cloppenburg und nicht ausschließlich auf Varnhorns Bürgermeisterei<br />
bezogen, das Berufsleben von Markus Acquistapace<br />
ein besonderes Highlight. Nach zehn Jahren als Manager<br />
bei Centerparks, sechs Jahren „Bernay´s“ ist er seit 2019 Leiter<br />
der hochmodernen DJH Jugendherberge Oldenburg, in der<br />
Straßburger Straße, nicht weit von der Weser-Ems-Halle, der<br />
EWE-Arena und dem Hauptbahnhof entfernt.<br />
Es ist kein Wunder, wenn man sich beim Anblick dieses<br />
schicken, fast schon imposanten Gebäudes daran erinnern<br />
muss, dass dies tatsächlich eine Jugendherberge ist. Doch<br />
sind Konzept und Anspruch das eines Treffpunkts für die<br />
Gesellschaft, nicht nur für Kinder und Jugendliche. Das Jugend-schützende<br />
und -fördernde im Vordergrund ja, dem<br />
Urgedanken dieser weltweit etablierten Unterkünfte fol-<br />
8<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
gend. Dazu gehörte es auch immer schon Verbindungen zu<br />
schaffen – ein Aspekt, der sich bei diesem neuen Modell auf<br />
alle Menschen bezieht, gleich welchen Alters ebenso. Mitten<br />
in unserem Zeitgeist, der nach Diversität verlangt und nach Integration;<br />
der den nachhaltigen Umgang und den Schutz der<br />
natürlichen Ressourcen fordert und die Auseinandersetzung<br />
mit gesellschaftspolitischen Themen; mit Aufklärung, mit<br />
dem bewussten Schutz unseres Miteinanders. Und dass damit<br />
selbstverständlich auch jene Menschen gemeint sind, die ihr<br />
Leben mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen<br />
meistern müssen.<br />
Jeder Mensch ist anders – so einfach ist das<br />
An sie dachte Markus Acquistapace ebenso wie an die anderen<br />
Mitglieder seines Teams für die neue Jugendherberge,<br />
wenn er beim Bau des DJH-Gebäudes auf der anderen Straßenseite<br />
stand und sich vorstellte, wie das Ganze mit Leben zu<br />
füllen sei. Mit Gastro-, Event-, Programm- und Tagungskapazitäten<br />
einerseits und getreu des Konzepts, das als „Leuchtturm<br />
für die Zukunft anderer Standorte“ gepriesen wird. Gleichzeitig<br />
– und vielleicht sogar mehr noch – war es dem „Landesverband<br />
Unter Weser Ems des Deutschen Jugendherbergsverbandes“<br />
wichtig einen Inklusionsbetrieb zu etablieren.<br />
Wie gut das gelungen ist und wie sehr diese Mischung sich<br />
auf die gesamte Atmosphäre in dieser Oldenburger Jugendherberge<br />
auswirkt, beweisen die vielen positiven Kommentare<br />
zu dem freundlichen, ja fröhlichen Miteinander. Für das 54<br />
Mitarbeiter verantwortlich sind, fast die Hälfte von ihnen mit<br />
körperlichen Beeinträchtigungen. Unter ihnen sind MS-Kranke<br />
und Autisten; einige sind hörgeschädigt oder wurden mit<br />
dem Down-Syndrom geboren und und und.... Sie alle und<br />
„die anderen“, sie sind ein Team, im besten Sinne des Begriffs.<br />
Professionell, unkompliziert und von solch liebenswürdiger Intensität,<br />
dass man sich unwillkürlich fragt, warum die Welt da<br />
draußen eigentlich so oberflächlich und langweilig ist.<br />
„Es ist so schön mit Menschen zu arbeiten die nicht so sind<br />
wie du und ich“, sagt Markus Acquistapace und beschreibt<br />
damit auch jenes Gefühl, das Neidhard Varnhorn dort entgegengebracht<br />
wird. Den sie richtig nett finden und sogar lieb.<br />
Der Bürgermeister von Cloppenburg ist, das ist toll und etwas<br />
Besonderes, ja. Aber in erster Linie ist er hier „der Mann von<br />
Markus“ – so einfach ist das!<br />
Was sich bei mir als Bürgermeister von Cloppenburg in den<br />
berühmten „ersten 100 Tage“ so getan hat, habe ich hier anhand<br />
meines Terminkalenders aufgeführt. Als Kurzfassung,<br />
denn alles in allem wäre es eine eher zu detaillierte Auflistung.<br />
Los ging es im November und im Dezember 2021, als ich<br />
zunächst einige repräsentative Termine für die Stadt als Bürgermeister<br />
wahrnehmen durfte. Zum Beispiel:<br />
• Der Sturm auf das Rathaus durch die Närrinnen und<br />
Narren des Cloppenburger Carneval Vereins (CCV)<br />
• Die Neuwahlen des Seniorenbeirates<br />
• Die Neuwahlen des Beirates für Menschen mit Behinderungen<br />
• Die Große Jubiläumsschau und –feier des Rassegeflügelzuchtvereins<br />
und die Rassekaninchenzuchtschau<br />
• Ehrungen von langjährigen Ratsmitgliedern<br />
• Gedenkveranstaltungen zur Reichspogromnacht<br />
und zum Volkstrauertag<br />
• Teilnahme am LKW-Korso „Lichterglanz“ des Vereins<br />
„Trucker for Kids“<br />
• Begleitung der „Can we kick it“ - Kampagne gegen<br />
Diskriminierung und für Vielfalt im Sport als Schirrmherr<br />
• Auch die Einweihung der neuen KiTa in HoKeBü (Hoheging,<br />
Kellerhöhe, Bürgermoor) Anfang November<br />
ist hier zu nennen.<br />
Leider wurden dann aber mehr und mehr viele Veranstaltungen<br />
Corona bedingt abgesagt, so dass ich, was die repräsentative<br />
Vertretung angeht, viele Termine nicht (mehr) wahrnehmen<br />
konnte beziehungsweise immer noch nicht kann.<br />
Das bedaure ich sehr, da dies ja ein Herzstück der Bürgermeisterarbeit<br />
ist: Die unmittelbare Nähe und ehrliche Rückkopplung<br />
der politischen und der Arbeit der Stadtverwaltung<br />
durch die Cloppenburgerinnen und Cloppenburger.<br />
Innerhalb der Verwaltung habe ich mich zu Beginn im Hause<br />
bei den Kolleg*innen im Rathaus und den Außenstellen<br />
vorgestellt, mit dem Personalrat regelmäßige Gespräche<br />
vereinbart, viele Personalgespräche geführt. Auch bei anderen<br />
Behörden und den Nachbargemeinden, beim Landkreis<br />
und bei sonstigen Institutionen habe ich Antrittsbesuche<br />
gemacht, beziehungsweise fanden solche im Rathaus statt<br />
mit guten, ausführlichen Gesprächen.<br />
Darüber hinaus habe ich mich mit zahlreichen Vereinsvertretern<br />
aus der Stadt zu Gesprächen und Diskussionen getroffen<br />
und mich mit Wirtschaftsvertretern und Planern über die<br />
zukünftige Gestaltung der Stadt ausgetauscht.<br />
Desweiteren wurden Online-Sitzungen zur Routine, wie<br />
überall, so auch im Rathaus und direkt von meinem Schreibtisch<br />
aus – der übrigens der meines Vorgängers ist und<br />
auch bleiben wird – habe ich an Vorstands- oder Mitgliederversammlungen<br />
von Verbänden und Institutionen, wie<br />
beispielsweise dem Ecopark, dem OOWV, dem Städte- und<br />
Gemeindebund, dem Museumsdorf, dem Bildungswerk, der<br />
Kreismusikschule, etc, teilgenommen.<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
9
Verwaltungsseitig haben wir den Haushaltsplan-Entwurf<br />
für 2022 mit den beabsichtigten Maßnahmen für dieses Jahr<br />
auf den Weg in die politischen Beratungen gebracht. Er soll<br />
in der Ratssitzung am 14.03. verabschiedet werden.<br />
Politisch haben auch Corona bedingt einige Fachausschüsse<br />
im Dezember 2021 noch nicht stattfinden können. Erst im<br />
Januar sind wir hiermit in hybrider Form richtig gestartet, so<br />
dass nunmehr auch endlich die politische Arbeit in die Gänge<br />
gekommen ist. Anders als gewohnt, aber gleich effizient.<br />
Wir haben einen interfraktionellen Arbeitskreis initiiert, der<br />
jetzt regelmäßig zusammenkommt. Der Austausch erfolgt<br />
respekt- und rücksichtsvoll und vor allem auch auf einer guten<br />
zwischenmenschlichen Ebene.<br />
Ich habe viele, viele Gespräche zu den unterschiedlichsten<br />
Projekten und Herausforderungen in den ersten nunmehr<br />
100 Tagen geführt. Beispielsweise zu folgenden Themen:<br />
• Förderprogramm Perspektive und Offensive Innenstadt<br />
• Weitere Stärkung der Innenstadt und des Einkaufsund<br />
Erlebnisstandortes Cloppenburg<br />
• Wohnbauentwicklung und Gewerbeentwicklung in<br />
der Stadt Cloppenburg<br />
• Überarbeitung älterer Bebauungspläne in der Stadt<br />
im Hinblick auf die weitere bauliche Entwicklung<br />
dort (Stichwort Weiterentwicklung der Quartiere<br />
und „maßvolle Verdichtung“)<br />
• Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum (hier<br />
insbesondere die Facharztausstattung in der Stadt<br />
Cloppenburg und die Situation des Krankenhauses)<br />
• Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes der Stadt<br />
Cloppenburg, Einführung eines Energiemanagementsystems<br />
für die Stadt Cloppenburg<br />
• Mobilität der Zukunft in der Stadt Cloppenburg<br />
• Sanierung des Rathauses<br />
• Verbesserung des digitalen Services der Stadtverwaltung<br />
• Sanierung der Münsterlandhalle<br />
• Sportentwicklungsplanung<br />
• Digitale Ausstattung von Schulen<br />
• Weiterentwicklung des Kulturstandortes Cloppenburg<br />
Und so weiter und so weiter. Es wurde viel getan in dieser<br />
Zeit, die sich anders darstellt als solche in der Vergangenheit.<br />
Deshalb aber nicht weniger effizient genutzt wurde.<br />
Nicht zuletzt auch – und das will ich deutlich hervorheben<br />
– aufgrund der loyalen, vertrauensvollen und lockeren Arbeitsweise,<br />
die alle Teams im Rathaus um mich herum und<br />
in den Außenstellen auszeichnen.<br />
Inklusive Birgit Rempe, meiner „Vorzimmerdame“, die als<br />
„Geheimwaffe“ im Rathaus für alle Fälle mit ihrer unerschütterlichen<br />
Ruhe, Übersicht und Abgeklärtheit das symbolische<br />
Auge im Hurrikan darstellt, und deren Fan ich in der<br />
kurzen Zeit geworden bin.<br />
Herzliche Grüße,<br />
Ihr Neidhard Varnhorn<br />
Wir sind noch da!<br />
Mutige Frauen aus Afghanistan<br />
Dass beim Lesen eines Buches<br />
verzweifelte Wut sich abwechselt<br />
mit einem Maß an Hochachtung<br />
und Respekt, das größer<br />
nicht sein kann – das geschieht<br />
nur selten. Zeigt, wie eindrücklich<br />
und mitnehmend die vorliegende<br />
Lektüre ist, in der Frauen<br />
aus Afghanistan zu Wort kommen. In Interviews und Texten,<br />
deren Inhalte aufgrund ihrer authentischen Klarheit so prägend<br />
sind, dass man sie erlernt und nicht mehr vergisst.<br />
Frauen haben dieses Buch gemacht. Die Entscheidung dazu<br />
„fiel wenige Tage nach der Einnahme der Hauptstadt Kabul<br />
durch die Taliban am 15. August 2021“, schreibt die Verlegerin<br />
Dr. Elisabeth Sandmann in ihrer Editorischen Notiz. Was die<br />
Welt dort mit ansehen musste war nicht zuletzt das Schicksal<br />
von zahlreichen Journalistinnen, Künstlerinnen, Aktivistinnen,<br />
Ärztinnen, Wissenschaftlerinnen, Sportlerinnen, Politikerinnen<br />
und Kulturschaffenden. „Frauen, die in den letzten Jahren in ihrem<br />
Land für den Wiederaufbau, für die Partizipation an Gesellschaft<br />
und Wirtschaft, für Mitbestimmung und die Gleichheit<br />
der Geschlechter gearbeitet und gekämpft haben…“<br />
Die Umsetzung des Buches wurde durch und mit Nahid Shahalimi<br />
möglich. In Afghanistan geboren, verfügt die seit dem Jahr<br />
2000 in München lebende Filmemacherin, Aktivistin, Künstlerin<br />
und Autorin über ein großes aktives Netzwerk von afghanischen<br />
Frauen, die schon früher flüchten konnten oder es jüngst<br />
noch hinausgeschafft haben und – von Frauen, die jetzt noch in<br />
Afghanistan leben, ausharren müssen. Nahid Shahalimi konnte<br />
längst nicht alle von ihnen erreichen. „Wir wissen nicht, wo sie<br />
sind und ob sie noch leben.“<br />
Die Berichte jener, die kontaktiert werden konnten sowie die<br />
der Gastbeiträge, sie sprechen diese Sprache, gleichzeitig aber<br />
auch die von Razia Barakzai. Die 1995 geborene Politikwissenschaftlerin<br />
lehrte als Universitätsprofessorin, bevor sie in<br />
verschiedenen Präsidialämtern angestellt war. Nach der Machtübernahme<br />
der Taliban wurde sie als die Initiatorin der Frauenproteste<br />
in Afghanistan bekannt und hält sich derzeit an einem<br />
unbekannten Ort auf, nachdem sie von den Taliban unmissverständlich<br />
mit dem Tod bedroht wurde. Razia Barakzai sagt:<br />
„Schweigen ist das Akzeptieren von Macht und das Kapitulieren<br />
gegenüber dieser Macht…“<br />
Man will, man muss sich solidarisieren. Nicht zuletzt vor dem<br />
Hintergrund, dass die Frauen Afghanistans Geschichte schreiben,<br />
denn, wie die kanadische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin<br />
Margaret Atwood sagt: „Ohne Frauen kann kein Land lange<br />
bestehen. Egal, wie sehr ein Regime Frauen hasst und straft,<br />
ganz ohne sie kommt es nicht aus. Aber von welcher Art werden<br />
diese Frauen sein? Wir werden es sehen.“<br />
usch<br />
Nahid Shahalimi (Hg): Wir sind noch da! Mutige Frauen aus Afghanistan.<br />
Elisabeth Sandmann Verlag. ISBN 978-3-945543-93-1.<br />
Euro 25,00<br />
10 Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
Ellers Ihre neue Küche schafft die perfekte<br />
Verbindung von Kochen und Wohnen.<br />
Das Familienteam Ellers plant bereits seit vielen Jahren<br />
Küchen. Die gelernten Möbeltischler Josef Ellers und<br />
sein ältester Sohn Dennis können jedoch viel mehr<br />
als „nur“ Küche. So stellten sie in den vergangenen Jahren<br />
einen Trend fest, der bereits vor dem Homeoffice Einzug in<br />
die Wohnungen gehalten hat. Dieser sogenannte „urbane<br />
Lifestyle“ kombiniert das häusliche, gesellschaftliche und<br />
berufliche Leben auf individuelle Weise.<br />
Dieses ganzheitliche Wohnkonzept erfreut sich immer<br />
größerer Beliebtheit – womit die Ergänzung der Produktpalette<br />
im Bereich Wohnen ein weiterer logischer Schritt<br />
für die Fachmänner von „Ellers Ihre neue Küche“ war und<br />
ist, denn den Ideen zur Umsetzung ihrer Kundenwünsche<br />
sind beim Team Ellers keine Grenzen gesetzt.<br />
Neue Konzepte für alle Wohnbereiche<br />
Bei der heutigen Raumknappheit ist unerlässlich, jede<br />
noch so kleine Nische zu nutzen, wie mit einer Garderobe<br />
zum Beispiel, denn diese kann ohne Weiteres in eine<br />
klassisch und zurückhaltend gestaltete Küche integriert<br />
werden. Mit einer farblich passenden Gestaltung und stimmungsvoller<br />
Beleuchtung avanciert dieser Bereich zum<br />
Raum-Highlight und ist damit eine weitere, ideale Lösung<br />
für barrierefreie Wohnkonzepte.<br />
Mit Küchenschränken einen eleganten Platz<br />
für das Arbeiten zu Hause einrichten.<br />
Die neue Kollektion Küchenmöbel aus dem Hause Ellers<br />
eignet sich hervorragend zur individuellen Wohnraumgestaltung.<br />
So können Küchenschränke kurzerhand zu Büromöbel<br />
umfunktioniert und an die Wohnsituation angepasst<br />
werden. Dieses Konzept findet Anwendungen in nahezu<br />
allen Wohn- und Arbeitsbereichen. Egal ob Vorrats- oder<br />
Hauswirtschaftsraum oder das Ankleidezimmer – mit dem<br />
richtigen Farb- und Materialkonzept können die besonderen<br />
Küchenschränke auch an diese Wohnbereiche problemlos<br />
angepasst werden. Das vereinfacht den Alltag und<br />
wertet einen Raum mit individuellem Schick auf.<br />
Innovative Wohnraumplanung<br />
Das Team von „Ellers Ihre neue Küche“ erstellt für Ihren<br />
Wohnbereich innovative Planungsbeispiele, die Ihren Wünschen<br />
angepasst werden. Besuchen Sie uns in den neuen<br />
Geschäftsräumen in der Lindenallee 4, in Cloppenburg.<br />
NEUER<br />
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INNOVATIVE<br />
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IN DEN NEUEN GESCHÄFTSRÄUMEN<br />
LINDENALLEE 4 • 49661 Cloppenburg • Tel. 04471 3147 • Mobil 0172 4595924 • info@ellers-kuechen.de • www.kuechen-cloppenburg.de<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Anzeige<br />
11
Serie<br />
DIE BAHNHOFSTRASSE<br />
Schöpfung eines neuen Zeitalters<br />
Text & Fotos // Klaus Deux<br />
Die Entstehung der Bahnhofstraße ist eng verknüpft mit<br />
der Anbindung Cloppenburgs an das Netz der „Großherzoglichen<br />
Oldenburgischen Eisenbahn“. „Kaum etwas wird<br />
wohl bis heute mehr als Symbol einer neuen Zeit im 19. Jahrhundert<br />
empfunden, kaum etwas repräsentierte so sehr die<br />
neuen Verbindungen, neue Zeitmaßstäbe, aber auch die<br />
Grundlage von Industrie- Produktion und Welthandel wie<br />
die Eisenbahn“. Man kann deshalb auch die Bahnhofstraße,<br />
ohne Zweifel als die „Schöpfung eines neuen Zeitalters“ bezeichnen.<br />
So wird auch das Stück ab Münsterländer Hof gerne<br />
die Cloppenburger Neustadt genannt.<br />
Die Entstehung und Entwicklung sowie die Bedeutung der<br />
Bahnhofstraße hängt eng zusammen mit der Geschichte der<br />
Cloppenburger Bahnstrecken. Der Bahnhof lag fernab vom<br />
eigentlichen Stadtkern. Was lag näher und was war notwendiger<br />
als der Bau einer Bahnhofstraße. 1872 wurde mit dem<br />
Bau der Eisenbahnlinie Oldenburg/Osnabrück begonnen,<br />
1875 konnte man von Cloppenburg aus die Residenzstadt<br />
Oldenburg und ein Jahr später auch Osnabrück erreichen.<br />
Erst Mitte der 1880er Jahre erfolgte die Pflasterung des Wegs.<br />
Erst um die Jahrhundertwende – „die Straße strich langsam<br />
mit den heranwachsenden Bäumen stärker ihren Alleecharakter<br />
heraus“ - sollte gründerzeitliche Wohnbebauung<br />
mit Vorgärten hier Einzug halten. Dieser Baustil erschien<br />
etwa ab 1890 „in zwei Varianten: mit einem Sockel von normaler<br />
Höhe und mit einem hohen Untergeschoss, dem sogenannten<br />
Souterrain, in dem sich die Vorrats- und Nebenräume“<br />
befanden. Die Häuser sind Vertreter des in Oldenburg<br />
seit der Mitte des 19. Jahrhunderts vielfach gebauten Giebelhauses,<br />
die sog. „Oldenburger Hundehütte“. Sie wurden<br />
aufwendig und liebevoll saniert und gehören heute zu den<br />
schönsten Denkmäler in Cloppenburg.<br />
Von prächtigen rot und weiß blühenden Kastanien eingesäumt<br />
hatte die untere Bahnhofstraße über viele Jahrzehnte<br />
den Hauch einer Prachtstraße. Dazu trugen auch die<br />
gepflegten Vorgärten und die teilweise mit Grünwuchs bedeckten<br />
Häuser der Bewohner bei.<br />
Die Bahnhofstraße wurde zunächst mit Kopfsteinen gepflastert<br />
und ausgebaut. Als die Straße Blaubasalt-Kleinpflaster<br />
und eine gewölbte Fahrbahn mit Klinkeranpflasterung zu<br />
beiden Seiten erhielt, wurde sie für Pferdegespanne und<br />
Radfahrer insbesondere bei feuchtem Wetter und im Winter<br />
sehr gefährlich. 1967 wurde die Pflasterung durch eine Teerdecke<br />
ersetzt und die Kastanien abgeholzt. Gerechtfertigt<br />
12<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Stadtgeschichte
Bahnhofstraße. Links Firma Gottfried Wessling Tankstelle<br />
und Lebensmittelgeschäft. Blick Richtung Stadtmitte<br />
Bahnhofstraße Haus Studienrat Engelbert Laing,<br />
Kinder von Laing und Weßling<br />
wurde dieses mit der Tatsache, dass die Wurzeln der Bäume<br />
den Zustand der Straße beeinträchtigen würden. Eine Argumentation,<br />
die zwar einleuchtet, aber der Straße viel von ihrem<br />
Flair nahm.<br />
Die Familie Anton Roter, eine der angesehensten Kaufmannsfamilien<br />
Cloppenburgs, betrieb bereits vor über<br />
hundert Jahren in Cloppenburg eine Kaffeerösterei und<br />
eine Kolonialwarengroßhandlung. Anton Roter verlegte<br />
das Lagerhaus, die Wagenremise und den Wohnsitz von der<br />
Oberen Mühlenstraße zur Bahnhofstraße. Die Bewohner der<br />
Bahnhofstraße konnten stets den Duft von geröstetem Kaffee<br />
wahrnehmen. In den siebziger Jahren stellte die Firma<br />
den Geschäftsbetrieb ein und das Lagerhaus wurde abgebrochen.<br />
Hier befindet sich seit 1983/84 eine Turnhalle. Der<br />
Familie Roter gehörte Ende des neunzehnten Jahrhunderts<br />
viel Grund und Boden an der Bahnhofstraße.<br />
Dieses sollte sich in der folgenden Zeit ändern. Heute<br />
befinden sich auf diesen Grundstücken u.a. das zwischen<br />
1915 und 1918 erbaute Clemens-August Gymnasium sowie<br />
das in den zwanziger Jahren errichtete Finanzamt/Zollamt<br />
sowie das Haus Laing. Studienrat Engelbert Laing erwarb<br />
das Grundstück von Roter Anfang der zwanziger Jahre und<br />
ließ dort zwischen 1920 und 1923 eines der markantesten<br />
und wohl auch noch heute schönsten Häuser an der oberen<br />
Bahnhofstraße erbauen. Laing war aber nicht der einzige Pädagoge<br />
des Gymnasiums, der nahe seiner Arbeitsstelle baute.<br />
Auch die Studienräte Diekmann, Varelmann und Schulrat<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Stadtgeschichte<br />
13
Häuserzeile Bahnhofstraße, Ensemble von drei Giebelhäuser,<br />
errichtet gegen 1899, als sog. Oldenburger Hundehütten<br />
Dr. Bellm errichteten jeweils ihre Privathäuser hier und komplettierten<br />
die Reihe von Pädagogen an der Bahnhofstraße.<br />
Aber nicht nur diese Berufsgruppe hatte ihr Domizil dort,<br />
auch Ärzte wie Dr. Peus, Dr. Cordes Dr. Dörschlag und Dr. Reckers<br />
hatten ihre Praxen an der oberen Bahnhofstraße.<br />
Geschäfte gab es dort wenige. Neben der Kolonialwarenhandlung<br />
Georg Weßling waren es der Herforder Bierverlag<br />
und die Kohlenhandlung Schewe-Varnhorn sowie die Brauerei<br />
St. Pauli (später Bahn- und Möbelspedition Theodor Steinkamp)<br />
die hier auf der Bahnhofstraße ihren Eiskeller anlegten<br />
und ihren Handel betrieben. Die Familie Clemens Dierkes<br />
eröffnete gegenüber vom Bahnhof einen Steinmetzbetrieb.<br />
Format: 60 x 80 mm<br />
Platzierung: Stadtgeschichte<br />
Preis: 190 EUR (netto)<br />
Ausgabe 43<br />
Anders sieht dieses an der unteren Bahnhofstraße aus.<br />
Während hier bis zu ihrer Schließung in den fünfziger Jahren<br />
die Baumaterial-, Kunstdünger-, Saatgut-, Futtermittel- und<br />
Brennstoffhandlung Badde und Sudendorf das Bild prägte<br />
und damit dem Straßenabschnitt einen mehr ländlichen<br />
Charakter gab, so wurde sie in den sechziger und siebziger<br />
Jahren des letzten Jahrhunderts zu einer belebten Geschäftsstraße.<br />
Grund dafür dürfte einmal die Ansiedlung<br />
neuer Geschäfte, wie z.B. des Modehauses Werrelmann, des<br />
Kaufhauses Ceka und des Möbel- und Einrichtungshauses<br />
Beckermann gewesen sein, des Weiteren aber auch die seit<br />
den fünfziger Jahren dort ansässige Post.<br />
Unser aktuelles<br />
Programm und<br />
Eventvorschläge<br />
gibt es hier<br />
Hotel Schlömer<br />
Bahnhofstraße 17<br />
49661 Cloppenburg<br />
Telefon<br />
14 Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Stadtgeschichte
Bahnhofstraße 1956: Postamt, Lagerschuppen von<br />
Badde und Sudendorf. Zentralhotel und Bank<br />
Die obere Bahnhofstraße mit Blick auf die Mühlenstraße<br />
Anfang 1900. Im Kreuzungsbereich zur Sevelter Straße das<br />
„Central Hotel“. Heute befindet sich hier in der Nachfolge des<br />
Hotels ein architektonisch auffällig gestaltetes Wohn- und<br />
Geschäftshaus.<br />
Ein verbindendes Glied zwischen unterer und oberer<br />
Bahnhofstraße wurde sicherlich das Kriegerdenkmal. Auf<br />
dem, von der Familie Roter gestifteten Boden, wurde Mitte<br />
der zwanziger Jahre ein Denkmal für die gefallenen des Ersten<br />
Weltkriegs errichtet. Es trug auf Steintafeln die Namen<br />
der über 300 Gefallenen der Stadt Cloppenburg. In den sechziger<br />
Jahren musste es wohl dem Zeitgeist sowie aber auch<br />
einer Neugestaltung der dortigen Straßenführung mit den<br />
umgebenen Grünanlagen weichen. Heute steht hier nach<br />
erneuter Umgestaltung des Platzes eine neuzeitliche und<br />
künstlerisch gestaltete Stele als Mahnmal. Es ist allen Opfern<br />
und Leidtragenden beider Weltkriege gewidmet, den Gefallenen<br />
und ermordeten Juden, den bei den Luftangriffen im<br />
April 1945 Getöteten sowie den auf der Flucht Umgekommenen.<br />
Es steht auch für das unendliche Leid, dass die Vertriebenen<br />
und Flüchtlinge erfahren mussten. Das heutige Mahnmal<br />
wurde vom Cloppenburger Bildhauer Prof. Paul Dierkes,<br />
Berlin, geschaffen und am 28. April 1968 feierlich eingeweiht.<br />
Es war zugleich das letzte vollendete Werk des großen Künstlers.<br />
Er starb am 25. März 1968 in Berlin.<br />
Bahnhofstraße, links Krudewig<br />
Kriegerdenkmal<br />
Obere Bahnhofstraße Werrelmann und Postamt 60er Jahre<br />
Bahnhofstraße, Firma Anton Roter<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Stadtgeschichte<br />
15
Bahnhofstraße St. Augustinus Kirche um 1964<br />
Haus von Studienrat Joseph Diekmann, rechts das Forstamt, später Dr. Hans Dörschlag<br />
Bahnhofstraße St. Augustinus Kirche um 1964<br />
Links: Bank der Deutschen Arbeit, um 1912 (heute Werrelmann)<br />
Rechts Gasthaus Schlömer, Sattler Kleene<br />
16<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Stadtgeschichte
DAS MÜ – GANZ NEU<br />
Text // Ulla Schmitz<br />
Ein altes Haus birgt Geheimnisse, wie ganz bestimmt auch der Münsterländer Hof<br />
– besteht dieses Cloppenburger Traditionshotel doch bereits seit fast 145 Jahren…<br />
da will man gar nicht wissen, was die Wände alles so zu berichten hätten, oder doch?<br />
Nun beginnt die Geschichte ja damit, dass an diesem<br />
Platz an der Bahnhofstraße, der damaligen Prachtstraße<br />
Cloppenburgs, 1863 ein Pferdeparkhaus gebaut<br />
wurde. Gastwirt J. Christoph Reinken war der Erbauer dieses<br />
um jene Zeit tüchtig frequentierten Parkhauses – für Pferde<br />
und Kutschen eben. Die geschützt und sicher stehen mussten,<br />
während ihre Besitzer in der Stadt waren, zum Einkaufen<br />
und Schlendern. Oder zum Viehmarkt oder… Zum Abschluss<br />
des (Geschäfts-) Tages kehrte man noch in der Schankstube<br />
bei Reinken ein. Die Männer auf Bier und Korn, die Frauen auf<br />
ein Käffchen und die Kinder durften sich aus der Bonboniere<br />
bedienen.<br />
Anspruch gehobener Gastlichkeit entsprechen kann. Initiiert<br />
von und unter der Ägide von Ute Schlömer, seiner neuen Inhaberin.<br />
Doch eigentlich wollten Johann Heinrich Schröer, genannt<br />
„Meyer“ und seine Frau Anna Maria, geborene Thoben genau<br />
hier ein Hotel bauen. Das ergab sich dann endlich 1878,<br />
als Reinken das Pferdeparkhaus an Ludwig Diekmann verkauft,<br />
der aber nicht so richtig Lust auf das Ganze hatte und<br />
darum umso erfreuter war, als Schröer ihm ein Angebot<br />
machte, was er offenbar nicht ausschlagen konnte. Kaum<br />
war der Handel getan, ließen Schröers das Pferdeparkhaus<br />
abreißen und bauten das „Hotel Münsterländer Hof“ – da, wo<br />
es heute noch steht und nach vielen Jahren mehr oder weniger<br />
erfolgreicher Nutzung, endlich dem ihm zustehenden<br />
18<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Anzeige
„Das Mü“<br />
Man kennt Ute Schlömer nicht nur als Ur-Cloppenburgerin<br />
und erfolgreiche Pächterin des Dorfkrugs im Museumsdorf,<br />
man weiß um ihren herausragenden Geschmack bei der Umsetzung<br />
ihrer Definition von Gastfreundschaft, von erstklassiger<br />
Esskultur, von Lebensstil und Wohlfühlambiente – all<br />
dies nun auch unter dem Dach des neuen Münsterländer<br />
Hofes. Von den Gästen und Liebhabern schon heute, nur wenige<br />
Wochen nach der Neueröffnung Anfang Januar 2022,<br />
„das Mü“ genannt.<br />
Die auch bildlich Einzug gehalten hat in das Ambiente des<br />
traditionellen Hotels und Restaurants. Mit der einzigartigen<br />
Landschaft eines Reviers in seiner lichten, baumbestandenen<br />
Abgeschlossenheit oder den „Ahlhorner Fischteichen“,<br />
den „Bührener Tannen“, der „Dose“ und weiteren Naturereignissen<br />
des Südoldenburgischen. Auf eindrucksvoll künstlerische<br />
Weise in die Räume des Münsterländer Hofes geholt,<br />
fotografisch komplettiert mit Fotos von Willi Rolfes.<br />
Gäste und Liebhaber? Dazu gibt es lediglich zu sagen, dass<br />
jene, die zunächst als Gäste kamen, nun Liebhaber „des Mü“<br />
sind. Die Reservierungslisten sprechen diese Sprache so eindeutig,<br />
dass man jetzt bereits etliche Tage im Voraus einen<br />
Tisch buchen muss – den Lieblingstisch noch früher.<br />
Lebensqualität ist gutes<br />
Leben ist Erstklassigkeit<br />
Wobei diese ersten Wochen eigentlich als Testphase gedacht<br />
waren, dafür, wie die Gäste – die Liebhaber – das Bewirtungskonzept<br />
des Restaurants annehmen würden. Das<br />
sich ausschließlich auf erstklassige Lebensmittel beruft. Und<br />
zwar so konsequent, dass ein Abweichen von dem bewusst<br />
gewählten, hohen Standard unter keinen Umständen stattfinden<br />
wird. Auch, wenn darum aus einigen, wenigen Gästen<br />
so schnell keine Liebhaber „des Mü“ werden – auf die längere<br />
Sicht wird die Qualität der Gastronomie im Münsterländer<br />
Hof all jene überzeugen, denen Lebensqualität sich getreu<br />
dem Anspruch von „gutem Leben“ über die erstklassigen Zutaten<br />
dazu erschließt.<br />
Was in diesem Zusammenhang bedeutet, dass auch die<br />
kulinarischen Zutaten nur von ausgesuchter Herkunft sein<br />
können – für Ute Schlömer und ihr „Mü-Team“ idealerweise<br />
aus den Schweine- und Rindfleischangeboten von Bauer &<br />
Metzger bedient oder mit den ausgesucht, nachhaltig und<br />
vorsichtig produzierten Delikatessen, die von Transgourmet<br />
Ursprung vertrieben werden. Neben dem saisonal vertriebenen<br />
Bio-Gemüse aus ausgewählten Bio-Höfen, werden im<br />
„Mü“ diese unfassbar dicken „Black Tiger“-Garnelen aus den<br />
Mangrovenwäldern Vietnams serviert. Oder dieser unglaublich<br />
schmackhafte Thunfisch aus den Westfjorden Islands<br />
oder das Fleisch vom Haschenbrocker Landschwein oder<br />
Wild aus – halt, das Wild kommt zur Saison wahrscheinlich<br />
aus der Umgebung des Oldenburger Münsterlandes, denn<br />
für Ute Schlömer bedeutet die Wiederbelebung des Münsterländer<br />
Hofes in Cloppenburg nicht zuletzt auch eine<br />
Hommage an unsere Heimat.<br />
„Wir bleiben!“<br />
Das und die vielen liebevollen Details in jeder Facette des<br />
„Mü“ stilisieren den altehrwürdigen Münsterländer Hof zu<br />
einem Gesamtwerk mitten in Cloppenburg, mit den vornehmen<br />
Werten ehrlicher, weil unverfälschter Gastkultur – im<br />
Heute. Die abgerundet wird von einer Weinkarte, die keinen<br />
auch noch so international verwöhnten Gourmet unbefriedigt<br />
lässt, was selbstverständlich auch für die besten, auffindbaren<br />
Biergenüsse gilt, einschließlich dem „Wilden Wasser“<br />
von Lütts oder oder…<br />
Willkommen im „Mü“, auf dem Weg vom Gast zum Liebhaber<br />
dieses kulinarischen Highlights in Cloppenburg und<br />
freuen Sie sich darauf eine ganze Welt voller ursprünglicher<br />
und kulinarischer Geheimnisse zu entdecken!<br />
Münsterländer Hof<br />
Bahnhofstraße 30<br />
49661 Cloppenburg<br />
0 44 71 / 70 20 70<br />
info@muensterlaenderhof.de<br />
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19
PORTRAIT<br />
PROF. DR. CHRISTINE AKA<br />
Text // Sigrid Lünnemann<br />
Im Büro von Prof. Dr. Christine Aka, Geschäftsführerin des<br />
vor drei Jahren gegründeten Instituts für Kulturanthropologie<br />
des Oldenburger Münsterlandes (KAI), fällt ein<br />
Foto besonders auf. Es zeigt die jugendliche Christine Aka an<br />
der Seite eines Stammes-Königs im westafrikanischen Togo,<br />
der sie in einer feierlichen Zeremonie zur Prinzessin ernennt.<br />
Einige Jahre später wird er auch seine Tochter Christine nennen.<br />
Ihre Namenspatin ist Prof. Dr. Christine Aka.<br />
Dahinter steckt eine spannende Geschichte: Die gebürtige<br />
Visbekerin war in ihrer Jugend Mitglied der Katholischen<br />
Landjugend, die zahlreiche Veranstaltungen und Aktionen<br />
organisierte. Bekannt waren vor allem die großen Togo-<br />
Feten, die seit 1972 alle zwei Jahre stattfanden und an die<br />
sich bis heute viele in Ehren ergraute Südoldenburger*innen<br />
noch immer gerne erinnern.<br />
Togo-Feten und Prinzessinnen-Titel<br />
Die Einnahmen der Togo-Feten waren für soziale Projekte<br />
im afrikanischen Togo bestimmt. Den Organisatoren der<br />
Landjugend war es wichtig, dass die Hilfe direkt vor Ort ankam.<br />
Bei einem ihrer Besuche vor Ort stellte sich heraus, dass<br />
der dortige Regional-König dringend einen Herzschrittmacher<br />
benötigte. Da der Familie das notwendige Geld fehlte,<br />
organisierte Christine Aka gemeinsam mit ihren Vorstandskollegen<br />
die Fahrt ins weit entfernte Krankenhaus und unterstützte<br />
auch die medizinische Versorgung finanziell. Aus<br />
Dankbarkeit wurde Christine Aka mit dem Prinzessinnen-Titel<br />
geehrt.<br />
Nach dem Abitur zog es die gebürtige Visbekerin, wie viele<br />
Schulabgänger aus der Region, zunächst in die Ferne. Trotzdem<br />
hielt sie engen Kontakt mit ihrem alten Freundeskreis<br />
und zog vor zehn Jahren wieder zurück in die alte Heimat.<br />
Hier hat sie auch ein neues Hobby für sich entdeckt und ist<br />
seit drei Jahren Mitglied in einer Erwachsene-Bläser-Gruppe,<br />
wo sie Waldhorn spielt. Da Corona das gemeinsame Üben<br />
und Auftritte unmöglich machte, organisierte die Gruppe in<br />
der Adventszeit spontan einen kleinen musikalischen Rundgang<br />
durch das Dorf und spielte – vielleicht noch nicht perfekt,<br />
aber mit viel Spaß – Weihnachtslieder.<br />
Aber zunächst zog es Christine Aka aus dem Oldenburgischen<br />
Münsterland fort. Nach dem Abitur studierte sie an der<br />
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Volkskunde,<br />
heute umbenannt in Kulturanthropologie, und Geschichte.<br />
Nach Promotion und Habilitation folgten Lehrtätigkeiten als<br />
Professorin für Kulturanthropologie an den Universitäten in<br />
Münster, Regensburg, Bonn und Mainz.<br />
20<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Portrait
Prinzessin Christine<br />
Neue Trauerorte als Habilitationsthema<br />
Bei der Wahl ihres Promotions-Themas zeigte sich die<br />
enge Verbundenheit mit ihrer Heimatregion. So erforschte<br />
sie, wie und aus welchen Gründen sich die Totenbildchen in<br />
Südoldenburg in den letzten 150 Jahren verändert haben.<br />
Während es heute kleine Erinnerungsbildchen sind, waren<br />
es früher Andachts- und Gebetsblätter, mit denen zum Gebet<br />
für die Seele des Verstorbenen aufgefordert wurde. Dem<br />
Thema „Tod und Trauer“ blieb sie als Forschungsgebiet treu.<br />
In ihrer Habilitationsschrift „Unfallkreuze – Trauerorte am<br />
Straßenrand“ analysierte sie erstmals wissenschaftlich die<br />
Bedeutung von Unfallkreuzen am Straßenrand als neue Form<br />
der Trauerbewältigung. Dazu führte sie zahlreiche Interviews<br />
mit Angehörigen von Unfallopfern und machte deutlich, wie<br />
Menschen neue Formen von Trauerbewältigung in den Alltag<br />
integrieren und sich neue Trauerrituale entwickeln. Dieses<br />
emotionale Thema erweckte reges Interesse und führte<br />
zu Interviews in zahlreichen Radiosendern und TV- Shows<br />
wie Stern TV, damals noch mit Günther Jauch.<br />
Bereits in Zusammenarbeit mit dem Museumsdorf Cloppenburg<br />
entstand das Buch „Bauern, Kirchen, Friedhöfe<br />
– Sachkultur und bäuerliches Selbstbewusstsein in der Wesermarsch<br />
vom 17. bis 19. Jahrhundert“, in dem die regionale<br />
Beerdigungskultur und das traditionelle Totengedächtnis<br />
eine große Rolle spielte. Im Zuge dieses Projektes entstand<br />
auch die Idee, eine Forschungsstelle in Cloppenburg zu etablieren,<br />
die sich mit der Kulturgeschichte der Region befasst.<br />
„Aus historischen Gründen war die Region als Niederstift immer<br />
eng mit Münster und auch der dortigen Universität verbunden.<br />
Diese enge Verbundenheit und das Bewusstsein für<br />
die Bedeutung des Niederstifts ist in den letzten Jahrzehnten<br />
aber weitestgehend verlorengegangen. Daher setzen<br />
sich weder die nordrheinwestfälischen noch die niedersächsischen<br />
kulturanthropologischen Forschungsstellen intensiv<br />
mit unserer Region auseinander“, erläutert Prof. Dr. Aka die<br />
Sonderstellung des Oldenburger Münsterlandes.<br />
KAI erforscht das Alltagsleben im Oldenburger<br />
Münsterland<br />
Aus diesen Überlegungen heraus entwickelte sie gemeinsam<br />
mit Prof. Dr. Uwe Meiners, dem damaligen Leiter des<br />
Cloppenburger Museumsdorfes, die Idee zur Gründung des<br />
Kulturanthropologischen Instituts Oldenburger Münsterland<br />
(KAI). Sie fanden Unterstützung in der Politik und beim Präsidenten<br />
der Uni Vechta. Seit 2020 hat das Institut unter der<br />
Leitung von Prof. Dr. Christine Aka seinen Sitz im ehemaligen<br />
Wärterhaus des Museumsdorfes an der Museumsstraße. Um<br />
sich mit ganzer Energie dem neuen Projekt widmen zu können,<br />
gab die Kulturanthropologin ihre universitäre Tätigkeit<br />
an der Uni Mainz weitgehend auf und widmet sich nun ganz<br />
der Leitung des Instituts und den dortigen Forschungsprojekten.<br />
Gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr.<br />
Thomas Schürmann sowie mit Unterstützung von zwei Volontär*innen<br />
untersucht Prof. Dr. Christine Aka das Alltagsleben<br />
im Oldenburger Münsterland. Die kulturellen Besonderheiten<br />
und Traditionen stehen dabei ebenso im Fokus wie<br />
aktuelle Probleme und Herausforderungen.<br />
Kohltouren und Schachtelkranz wissenschaftlich<br />
analysiert<br />
So ging unter anderem Malaika Winzheim in ihrem zweijährigen<br />
Volontariat der Frage nach, wie junge Menschen<br />
in der Region feiern und in welcher Form Bräuche wie das<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Portrait<br />
21
Das Kulturanthropologische Institut<br />
Oldenburger Münsterland (KAI)<br />
mit seinem Sitz im ehemaligen<br />
Wärterhaus des Museumsdorfes<br />
an der Museumsstraße.<br />
Ein-Mehlen zum 16. Geburtstag, Schachtelkranz, Klinkenputzen,<br />
Storch aufstellen oder gemeinsame Kohltouren und<br />
Vereinsaktivitäten in der Region als sozialer Kitt fungieren.<br />
Anhand vieler Bilder und Interviews hat sie die hiesige Festkultur<br />
zusammengetragen und wissenschaftlich analysiert.<br />
Zum Thema Strukturprobleme der Landwirtschaft interviewte<br />
Dr. Thomas Schürmann 38 Familien aus der regionalen<br />
Landwirtschaft. Mit Blick auf die aktuelle Stellung der<br />
Landwirtschaft in der Gesellschaft erzählen die Familien<br />
über ihre persönlichen Herausforderungen, Entscheidungen<br />
und Zielsetzungen und zeigen damit auch die Chancen und<br />
Probleme der regionalen Landwirtschaft auf, die aktuell an<br />
einem Wendepunkt steht.<br />
Aktuelles Forschungsthema:<br />
Missionarinnen aus der Region<br />
Prof. Dr. Aka selbst steckt augenblicklich tief in einem<br />
neuen Forschungsprojekt, das in gewisser Weise den Kreis<br />
zu ihrem früheren sozialen Engagement bei der Landjugend<br />
schließt. Viele dieser Hilfsprojekte entstanden in der<br />
Nachkriegszeit durch den Kontakt zu katholischen Missionarinnen<br />
und Missionaren, die aus Südoldenburg in die Welt<br />
gezogen waren und regelmäßig in ihren Heimatgemeinden<br />
um Spenden baten. Aktuell recherchiert sie intensiv über das<br />
Leben und Arbeiten der jungen Südoldenburgerinnen, die<br />
als Missionarinnen weit entfernt von der Heimat aktiv waren.<br />
Viele von ihnen hielten durch langjährigen Briefwechsel den<br />
Kontakt zu ihren Familien aufrecht, auch wenn gegenseitige<br />
Besuche kaum möglich waren. Zahlreiche Nonnen engagierten<br />
sich stark in sozialen Projekten und warben in ihren alten<br />
Heimatgemeinden intensiv um Unterstützung für den Bau<br />
und die Unterhaltung von Schulen oder Krankenhäusern.<br />
„Mich hat immer geärgert, dass es viel Literatur über Pastöre<br />
und Geistliche aus der Region gibt, aber über das Leben<br />
der Nonnen und Missionarinnen gibt es gar nichts! Dabei<br />
stammen aus der Region etwa 300 Missionarinnen, die<br />
auf der ganzen Welt tätig waren. Über sie aber sind in den<br />
gängigen Chroniken kaum Informationen zu finden“, erklärt<br />
Prof. Dr.Aka die Schwierigkeiten zur Recherche über ihr neuestes<br />
Forschungsthema.<br />
Briefe erzählen von einem bewegten Leben<br />
Durch persönliche Kontakte und zahlreiche Interviews mit<br />
Verwandten konnte sie bereits Briefe und Fotos von ungefähr<br />
40 Missionarinnen aus der Region digital archivieren<br />
und analysieren. Die Dokumente schlummerten oft seit Jahrzehnten<br />
unbeachtet auf Dachböden oder in Fotoalben und<br />
sind für die Kulturanthropologin unschätzbare Quellen. Sie<br />
erzählen direkt und eindrucksvoll über das Leben der Nonnen<br />
in der Mission und geben einen spannenden Einblick in<br />
ein von der historischen Forschung bisher kaum beachtetes<br />
Thema. Aber die Zeit drängt, viele der Missionarinnen, die<br />
vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg – auch aus Abenteuerlust<br />
– in die Mission gingen, sind mittlerweile hochbetagt<br />
oder verstorben. Einige Nonnen, mit denen Dr. Aka bereits<br />
Kontakt aufgenommen hatte, sind leider in den vergangenen<br />
Monaten in Brasilien oder Indien an Corona verstorben.<br />
„Ich habe total interessante Gespräche geführt und Lebensgeschichten<br />
erfahren, die mich stark beeindruckt haben.<br />
Viele dieser Frauen waren durchsetzungsfähige Persönlichkeiten,<br />
richtige Managertypen. Sie sind in die Mission<br />
gegangen, weil sie etwas erleben und bewegen wollten.<br />
Sie wollten nicht zuhause sitzen und Hausfrau und Mutter<br />
werden“, zeigt Christine Aka sich stark beeindruckt von der<br />
Willenskraft dieser Frauen, die sich in einer Zeit ohne Telefonkontakte<br />
oder der Möglichkeit einer schnellen Rückreise,<br />
für diesen Weg in die Ungewissheit entschieden. Die meisten<br />
Nonnen waren sehr jung und hatten ihre Heimatgemeinden<br />
zuvor kaum verlassen. Auf Fotografien, die sie erhalten hat,<br />
ist zu sehen, wie sie winkend an der Reling eines Passagierschiffes<br />
stehen und mit einem Lächeln und voller Tatendrang<br />
in exotische und für sie vollkommen fremde Länder und<br />
Kulturen aufbrachen. Sie traten diese Reisen in dem festen<br />
Bewusstsein an, dass sie ihre Heimat und ihre Familien nie<br />
wiedersehen werden. Heimaturlaub gab es damals für diese<br />
Nonnen nicht.<br />
Globale Vernetzung auch ohne digitale<br />
Medien<br />
Die Forschungsarbeit von Prof. Christine Aka zeigt aber,<br />
dass diese Frauen trotz der Entfernung und der zumeist jahrzehntelangen<br />
Abwesenheit per Briefwechsel stets mit ihrer<br />
22<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Portrait
Familie und der Region Südoldenburg in Kontakt blieben. Wie<br />
stark die globale Vernetzung war, wird exemplarisch am Leben<br />
zweier Schwestern aus Vechta deutlich. Sie traten zur Zeit des<br />
ersten Weltkriegs ins Kloster ein und wurden beide Missionarinnen.<br />
Während die eine Schwester nach Samoa geschickt<br />
wurde, wurde ihre Schwester Oberin in einem Krankenhaus<br />
auf Island. Daraus ergab sich ein reger Briefwechsel zwischen<br />
Vechta, Samoa und Island. Die Nonnen schickten auch dicke,<br />
handgestrickte Pullover aus Island zu ihrer Familie nach Vechta<br />
und aus Samoa gab es Pakete mit dem begehrten Kaffee.<br />
In den Briefen der Missionarinnen aus der ganzen Welt gibt<br />
es für die Kulturanthropologin noch viele weitere spannende<br />
Lebensgeschichten zu entdecken, über die sowohl ein Buch<br />
als auch eine Ausstellung im Cloppenburger Museumsdorf geplant<br />
sind. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. Wer aber<br />
noch Briefe oder Fotos zu diesem Thema zur Verfügung stellen<br />
möchte, kann sich gerne bei Prof. Dr. Aka melden.<br />
Institut für Kulturanthropologie des<br />
Oldenburger Münsterlandes e.V.<br />
Museumstraße 25<br />
49661 Cloppenburg<br />
Tel. (04471) 7010 661<br />
E-Mail: info@kai-om.de<br />
Das Kulturanthropologische Institut Oldenburger<br />
Münsterland (KAI) wurde 2018 gegründet und erforscht<br />
die historische und aktuelle Kultur der Region.<br />
Dadurch sollen auch Informationen gewonnen werden,<br />
die helfen, Klischees zu hinterfragen, vorhandene<br />
Vorurteile abzubauen und die Region zukunftsfähig<br />
zu machen. Zur Finanzierung des Projektes wurde ein<br />
Verein gegründet, der von beiden Landkreisen Cloppenburg<br />
und Vechta getragen wird und per Kooperationsvertrag<br />
als sogenanntes An-Institut mit der Universität<br />
Vechta verbunden ist. Mitglieder des Vereins sind<br />
zudem der Heimatbund, die Bernhard Remmers-Akademie,<br />
die Anna und Heinz von Döllen-Stiftung, die<br />
Niedersächsische Kommission für Volkskunde und der<br />
Heimatbund Oldenburger Münsterland.<br />
Bisherige KAI-Veröffentlichungen<br />
Malaika Winzheim, Zusammen ist man nicht allein –<br />
wie junge Menschen feiern, Schriften zur Alltagskultur<br />
im Oldenburger Münsterland, Band 1, Verlag des Museumsdorfs<br />
Cloppenburg 2020 ISBN 978-3-938061-44-2.<br />
12,90 Euro<br />
Thomas Schürmann, Höfe vor der Nachfolge – Landwirtschaft<br />
und bäuerliches Selbstverständnis im Oldenburger<br />
Münsterland, Schriften zur Alltagskultur im<br />
Oldenburger Münsterland, Band 2, Verlag des Museumsdorfs<br />
Cloppenburg 2021, ISBN 978-3-938061-45-9.<br />
24,80 Euro<br />
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23
ANZEIGE<br />
Das rawe hörzentrum in der Resthauser Straße 5<br />
„rawe hörzentrum“<br />
in Cloppenburg<br />
Text // Beate Deeken<br />
Das Knirschen kleiner Steinchen unter Autoreifen, raschelndes<br />
Zeitungspapier oder das sanfte Rauschen des<br />
Windes – selbst wenn alles still scheint, sind wir umgeben<br />
von Geräuschen. Tag und Nacht. Geräusche machen keine<br />
Pause. Das menschliche Ohr auch nicht.<br />
„Unsere laute Gesellschaft ist eine echte Herausforderung<br />
für das Ohr“, sagt Hörakustikmeister Leo Wessels, Inhaber<br />
des „rawe hörzentrum“ in Cloppenburg. Ständige Berieselung<br />
mit Musik, Straßenverkehr und lautstarke Unterhaltungen<br />
verlangen diesem kleinen Wunderwerk einiges ab. So<br />
kommt es, dass sich beim menschlichen Ohr immer früher<br />
Schädigungen zeigen.<br />
Das Ohr – ein Wunderwerk<br />
Das Ohr kann in seiner unversehrten Form Töne von 20 bis<br />
20.000 Herz wahrnehmen. Unser Sprachbereich spielt sich<br />
allerdings nur im Bereich von 250 bis 4000 Herz ab. Hohe<br />
Töne werden dabei im vorderen Bereich der Hörschnecke,<br />
tiefe Töne im hinteren identifiziert. Bei Hörschäden gehen<br />
zuerst die hohen Töne verloren. Töne im Ohr? Nicht wirklich.<br />
Das Ohr nimmt Schallwellen auf. Diese werden in elektrische<br />
Impulse umgewandelt, die über die Nerven ins Gehirn gelangen.<br />
Dort wird erst bewertet, ob es sich um Sprache, Musik<br />
oder Signale handelt und ob diese laut oder leise sind.<br />
Hörschäden sind keine Frage des Alters<br />
Unser Gehör gibt uns Orientierung im Raum, lässt uns teilhaben<br />
am gesellschaftlichen Leben und hält unser Gehirn<br />
auf Trab. Umso erstaunlicher, dass viele Menschen sich bei<br />
einer Hörminderung keine Hilfe suchen. Woran das liegt,<br />
weiß Hörspezialist Wessels. „Viele glauben, eine verminderte<br />
Hörleistung hänge mit dem Alter zusammen. Es gibt diese<br />
Vorstellung, dass nur alte Menschen schlecht hören.“ Dass<br />
dem nicht so ist, zeigen die Daten der 67-jährigen Firmengeschichte.<br />
Die jüngsten Kunden des Hörzentrums sind vier<br />
Jahre alt, die älteste Kundin war 101. Die Auslöser für Hörschäden<br />
sind vielseitig. Nicht alle haben die Hörminderung<br />
im Laufe des Lebens erworben. Einige wurden so geboren.<br />
Andere erlitten plötzliche Schädigungen durch laute Knalle<br />
in Ohrnähe oder setzten ihr Ohr ungeschützt für längere Zeit<br />
hohem Lärm aus.<br />
Wessels schätzt die Zahl der unversorgten Hörschäden in<br />
Deutschland auf etwa 5,8 Millionen. Viele davon sind nicht<br />
so gravierend, als dass es eine ernste Beeinträchtigung wäre.<br />
24<br />
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Konzentration beim Hörtest<br />
Ergebnisse werden genauestens analysiert<br />
Daher glauben die Betroffenen, es ginge schon noch ohne<br />
Hörgerät. „Das ist ein Trugschluss“ betont der Hörakustikmeister.<br />
Man weiß heute, je früher ein Hörschaden versorgt<br />
wird, desto besser kommt der Mensch damit zurecht. Das<br />
liegt insbesondere an der komplexen Funktionsweise des<br />
Ohres in Verbindung mit dem Gehirn. Diese Gehirnleistung<br />
beim Hören muss die äußerst filigrane Technik, die in Hörgeräten<br />
verbaut ist, nutzen. So ist insbesondere in der ersten<br />
Zeit der Anpassung eines Hörgerätes das Gehirn gefordert.<br />
Es muss lernen. Und je früher das geschieht, desto besser.<br />
Heißt: je früher man bei einer Hörminderung ein Hörgerät<br />
bekommt, desto leichter wird die Umstellung und desto höher<br />
der Gewinn an Lebensqualität.<br />
Zufriedene Kunden sind das Ziel<br />
Leo Wessels sitzt an seinem Schreibtisch im Hörzentrum in<br />
der Resthauser Straße 5. Auf Werbung von Hörgeräteherstellern<br />
wird bewusst verzichtet. „Es kommt doch darauf an, jeder<br />
Person die bestmögliche Lösung für die Ohren anzubieten,“<br />
erklärt Wessels die Philosophie von „rawe hörzentrum“.<br />
Die Bedürfnisse der Kund*innen stehen im Mittelpunkt. Er<br />
und sein Team können unter allen verfügbaren Hörgeräten<br />
von allen Herstellern wählen. Was geeignet ist, entscheidet<br />
sich im individuellen Gespräch mit den Kunden und der genauen<br />
messtechnischen Untersuchung des Ohres, sowie des<br />
persönlichen Empfindens. Die Anpassung eines Hörgerätes<br />
ist sehr aufwändig und erfordert einige Termine zur Einstellung<br />
der Technik. Das Gespräch ist dabei sehr wichtig.<br />
Wenn Kund*innen nach zwei Wochen von seltsamen Geräuschen<br />
im Auto berichten, wird gemeinsam danach gesucht.<br />
Dann findet der Termin eben im Auto statt. Manchmal<br />
stellt sich heraus, dass es sich um ganz normale Fahrgeräusche<br />
handelt, die das Ohr aufgrund der Schädigung vorher<br />
nicht mehr wahrgenommen hat. Es gibt einige Geräusche,<br />
berichtet Leo Wessels, die die Kund*innen gar nicht mehr<br />
hören wollen, weil es ohne sie ganz angenehm ist, Windgeräusche<br />
zum Beispiel. Aber sie gehören dazu.<br />
Der Servicegedanke wird im „rawe hörzentrum“ großgeschrieben.<br />
Vor-Ort-Termine zur Anpassung sämtlicher elektronischer<br />
Geräte, Fernseher und Telefon zum Beispiel, zählen<br />
genauso dazu, wie die Tasse Kaffee oder Tee.<br />
Anpassung erfolgt in vielen Sitzungen und Schritten<br />
Die Geschichte<br />
Die Faszination für Technik und Menschen und ein glücklicher<br />
Zufall brachten vor 67 Jahren den Gründer Hans Rawe<br />
auf die Idee, Hörgeräte anzupassen. Damals, in den frühen<br />
50er Jahren, wurde der Fernsehtechniker zu einem Kunden<br />
gerufen, dessen Fernseher defekt war. Als er im Wohnzimmer<br />
des Kunden seinen schweren Werkzeugkoffer abstellte,<br />
machte er ordentlich Krach. Der Sohn des Hauses, der im<br />
gleichen Zimmer spielte, reagierte darauf nicht. „Er sei kein<br />
guter Schüler“, erfuhr Rawe von dem Vater, doch machte<br />
das Verhalten des Jungen ihn stutzig. Und nachdem er eine<br />
Weile überlegt hatte, kam ihm der Gedanke, dass der Kleine<br />
wohl eine Hörschädigung habe. Der Junge bekam aufgrund<br />
dessen sein erstes Hörgerät, das ganze Erlebnis aber<br />
war auch für Hans Rawe wegweisend. 1955 gründete er ein<br />
Spezialgeschäft für Hörgeräte in Cloppenburg. Von Anfang<br />
an mit dabei: seine Frau und heutige Seniorchefin Annemarie.<br />
Sie kümmerte sich um die Bücher der Firma und unterstützt<br />
bis heute mit 92 Jahren immer noch gerne die Arbeit<br />
in der Buchhaltung. Auch Tochter Susanne konnte sich für<br />
die Technik am menschlichen Ohr begeistern. Sie ließ sich in<br />
Bremen zur Hörakustikerin ausbilden, um anschließend im<br />
Geschäft – damals am Capitol in Cloppenburg – zu arbeiten<br />
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25
und es Ende der 90er Jahre zu übernehmen. Ihre gute Arbeit<br />
sprach sich herum, so dass sie viel zu tun hatte. Als Ehemann<br />
Leo Wessels, selbst Hörakustikmeister, 2001 in den Betrieb<br />
einstieg, mussten dringend neue Räume gefunden werden.<br />
Mehr Platz für Beratung und Anpassung, mehr Parkfläche,<br />
zusätzliche qualifizierte Mitarbeiter*innen.<br />
Seit November 2011 findet man das Hörzentrum am jetzigen<br />
Ort in der Resthauser Str. 5. Bis zum plötzlichen Tod<br />
von Susanne Rawe-Wessels im Jahr 2015 setzte sie gemeinsam<br />
mit ihrem Mann Leo Wessels das Konzept der Kundenorientierung<br />
um. In diesem Sinne wird das Hörzentrum bis<br />
heute von Leo Wessels und seinem Team weiter geführt und<br />
-entwickelt. Heute nehmen sich fachlich spezialisierte Mitarbeiterinnen<br />
und ein Auszubildender in vier Anpassräumen<br />
Zeit für ihre Kund*innen. Das Angebot ist umfangreich: ob<br />
Hörakustik, Pädakustik, Audio-Therapie, Tinnitus-Beratung,<br />
Soundfield oder Sonderwünsche – immer steht die intensive,<br />
persönliche Beratung unter Berücksichtigung individueller<br />
Möglichkeiten und Wünsche im Vordergrund.<br />
Positiver Blick nach vorne<br />
Auch an die Nachfolge ist bereits gedacht. Eine angestellte<br />
Hörakustik-Meisterin, derzeit mit der Filialleitung in Garrel<br />
betraut, wird in den nächsten Jahren das komplette Unternehmen<br />
schrittweise übernehmen. Eine weitere Akustikerin<br />
absolviert zurzeit die Meisterschule. Sie spezialisiert sich auf<br />
die Betreuung von Kindern und die Nachbetreuung von Kunden<br />
mit Implantaten.<br />
Der Junge von damals blieb übrigens bis zum Lebensende<br />
Kunde des familiär geführten Unternehmens „rawe hörzentrum“<br />
Cloppenburg.<br />
Eigenwillige Eigenheime<br />
Der Wunsch nach Individualität treibt in der Architektur<br />
mitunter bizarre Blüten. Wenn Bauherren ihre gesamte Kreativität<br />
aufbringen, entstehen „Eigenwillige Eigenheime“ –<br />
Wohnobjekte, die einen Platz im Buch der Bausünden von<br />
Turit Fröbe redlich verdient haben. Ob bayrisches Alpenidyll<br />
oder toskanisches Landhaus mitten in der Berliner Vorstadt<br />
oder schlossartige Säulenportale, die ein eher schlichtes<br />
50erJahre-Siedlungshaus erdrücken – Turit Fröbe hat anhand<br />
zahlreicher Fotos eine bemerkenswerte Auswahl an skurrile<br />
Eigenheime zusammengetragen, die sie mit Humor und viel<br />
Sympathie zur Bausünde präsentiert.<br />
Eine Hommage an die gute Bausünde und die kreative Architektur,<br />
denn langweilig kann schließlich jeder. Die Architekturhistorikerin<br />
macht eins deutlich: Gute Bausünden sind<br />
Unikate, die den Bummel durch unsere Städte erst interessant<br />
machen. Schlechte Bausünden sind jedoch die lieblosen<br />
und charakterlosen Einheitsbauten, die Städte und Siedlungen<br />
langweilig und austauschbar machen. Eine besondere<br />
Liebe hat sie zu den „Schizohäuser“ entwickelt. Doppel- oder<br />
Reihenhäuser, bei denen die Bewohner weder Kosten noch<br />
Mühen gescheut und vor allem die gesamte Produktpalette<br />
eines gut sortierten Baumarktes genutzt haben, um sich von<br />
ihren Nachbarn abzugrenzen.<br />
Beim Gang durch Städte und Siedlungen trifft die Autorin<br />
immer wieder auf erstaunliche Eigenheime. Einige Bauherren<br />
konnten sich nicht für eine bestimmte Dachform entscheiden<br />
und beschlossen daher konsequenterweise, einfach alle<br />
möglichen Varianten auf einem Dach zu vereinen. Andere errichteten<br />
monumentale Portale vor ihren Häusern, auf die so<br />
mancher Schlossherr neidisch wäre. Und wenn kein Platz für<br />
ein Dach oder einen attraktiven Anbau vorhanden ist, gibt<br />
es ja immer noch die Möglichkeit, sich eine schöne Bausünde<br />
auf die ansonsten triste Fassade zu malen – und Bauherrn<br />
machen davon gerne Gebrauch. Der Vorteil: So kann eine<br />
Bausünde schnell und ohne viel Aufwand je nach Mode und<br />
Geschmack in eine neue Bausünde verwandelt werden.<br />
Beim Blick in so manchen Vorgarten wird es jedoch gruselig.<br />
Schotterstein und Pflastersteine lassen außer einer<br />
akribisch in Form gestutzten Zypresse keinen Lebensraum<br />
– auch nicht für das kleinste bisschen Natur. Umrahmt wird<br />
das Ganze durch Stein-Gabionen oder Plastikzäune mit aufgedruckten<br />
Naturelementen. Hier kann, dank pflegeleichter<br />
Fototapete, zwischen immergrünem Efeu, exotischem Bambus<br />
oder doch der aufgedruckten Gartenmauer gewählt<br />
werden. Schön zu sehen, dass zumindest Gartenzwerge oder<br />
exotische Plastiktiere hier einen neuen Lebensraum gefunden<br />
haben.<br />
Mit ihren humorvollen Kommentaren bricht Turit Fröbe<br />
eine Lanze für die persönliche Bausünde und macht Hoffnung<br />
auf weitere architektonische Glanzstücke: „Es ist nie<br />
zu spät! Jedes beliebige Gebäude lässt sich auch nachträglich<br />
noch in den Stand einer Bausünde erheben, sei es durch<br />
Anbau, Umbau, Überformung, Dekoration oder Bemalung.“<br />
sil<br />
Turit Fröbe, Eigenwillige Eigenheime<br />
Die Bausünden der anderen<br />
160 Seiten, 160 farbige Abbildungen<br />
Dumont Verlag 2021, ISBN 978-3-8321-9992-0<br />
20,00 Euro<br />
26<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Buchtipp
Azubigewinnung neu denken<br />
Text und Fotos// Kreishandwerkerschaft Cloppenburg<br />
Mit dem Wandel der Generationen gestaltet sich auch die Suche nach<br />
Auszubildenden schwieriger. Die Zahl derer, die sich nach dem Schulabschluss<br />
für den Weg einer Ausbildung entscheiden, sinkt kontinuierlich.<br />
Der Wettbewerb um die verbliebenen Azubis wird dadurch Jahr für Jahr härter.<br />
Mit dem Einstieg der Generation Z (1996-2010) gestaltet sich die Ausbildungssuche<br />
von Grund auf neu: denn das Unternehmen bewirbt sich heute bei den<br />
Ausbildungssuchenden.<br />
Was macht die Generation Z so besonders?<br />
Die Jugendlichen sind mit dem Internet und der Digitalisierung aufgewachsen<br />
und haben dadurch ein stark ausgeprägtes Interesse an diesen Themen. Sie<br />
möchten in Ihrem Arbeitsumfeld nicht weniger digitalisiert sein, als sie es privat<br />
sind. Die Jugendlichen sind permanent online und informieren sich auch zum<br />
Thema Ausbildung und Berufswahl im Netz. Was sie im Internet nicht finden, ist<br />
für diese Generation nicht existent und uninteressant. Wer also als Ausbildungsbetrieb<br />
versucht, Azubis zu finden, wir ohne Firmenwebsite und Social Media<br />
ganz schnell an seine Grenzen stoßen.<br />
Die Jugendlichen dieser Generation sehen die Eltern als starke Vorbilder und<br />
Ansprechpartner in allen Belangen – so auch bei der Berufswahl. Das Angebot<br />
des Ausbildungsbetriebes muss heutzutage gleich zwei Zielgruppen ansprechen,<br />
um wahrgenommen zu werden.<br />
Jugend schon früh abholen und binden<br />
Insbesondere das Handwerk muss gelebt und erlebt werden. Durch Praktika<br />
und Schnuppertage oder Kooperationsprojekte mit Schulen können Betriebe die<br />
Zielgruppe direkt erreichen, überzeugen und für eine Ausbildung an sich binden.<br />
Dieser Ablauf gibt der Jugend eine Sicherheit und wichtige Grundlage für die<br />
darauffolgende Zeit und kann im Idealfall den Bewerbungsprozess, welcher für<br />
viele Jugendliche einschüchternd wirkt, nehmen.<br />
Bewerbungsverfahrung umdenken und digitalisieren<br />
Auch das gesamte Bewerbungsverfahren sollte heutzutage im Idealfall online<br />
ablaufen: Unternehmen veröffentlichen ihr Stellenangebot in Online-Jobbörsen,<br />
für die Ausbildung gibt es oftmals spezielle Jobbörsen – so auch in der Kreishandwerkerschaft<br />
Cloppenburg. Die Bewerbungen sollten die Jugendlichen per<br />
E-Mail oder Onlineformular einreichen können. Auch die weitere Kommunikation<br />
zwischen Unternehmen und Interessenten könnte in den darauffolgenden<br />
Schritten über digitale Kanäle gesteuert werden, denn dies ist schneller und kostengünstiger<br />
als die Papierform.<br />
Es lohnt sich, im Ausbildungsmarketing diese veränderten Abläufe mitzudenken<br />
oder die Jugend bereits vor der Bewerbung zu unterstützen und abzuholen<br />
um die Angst zu nehmen. Eine Anleitung mit den wichtigsten Fakten rund um<br />
den Bewerbungsprozess im Unternehmen und dem weiteren Bewerbungsablauf<br />
beruhigt die Schüler und schütz auch vor wiederkehrenden Fragen, die sich oftmals<br />
häufen und zeitraubend sein können.<br />
Die Umstellung dieses Prozesses stellt Unternehmen auch oft vor Herausforderungen<br />
und Fragen. Die Kreishandwerkerschaft Cloppenburg bietet hier fachmännische<br />
Unterstützung.<br />
FACHMÄNNISCHE UNTERSTÜTZUNG<br />
Das Team der Passgenauen Besetzung<br />
kümmert sich um das Zusammenbringen<br />
von Ausbildungssuchenden und Ausbildungsbetrieben<br />
aus dem Handwerk.<br />
SIGRID TEBBEN<br />
Projekt<br />
Passgenaue Besetzung<br />
Telefon: 04471 179-20<br />
s.tebben@handwerk-cloppenburg.de<br />
CARMEN KRAUSE<br />
Projekt<br />
Passgenaue Besetzung<br />
Telefon 04471 179-46<br />
c.krause@handwerk-cloppenburg.de<br />
Das JobstarterPLUS-Projekt Bau + MEHR<br />
kümmert sich im Rahmen der Digitalisierung<br />
um das Azubimarketing und die Umstellung<br />
der Bau- und Ausbaubetriebe.<br />
ANDREAS<br />
DALINGHAUS<br />
Digitalisierungsberater<br />
Projekt BAU + MEHR<br />
Telefon: 04471 179-43<br />
a.dalinghaus@handwerk-cloppenburg.de<br />
DENIS BAAL<br />
Digitalisierungsberater<br />
Projekt BAU + MEHR<br />
Telefon: 04471 179-47<br />
d.baal@handwerk-cloppenburg.de<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Fachbereichtstipp<br />
27
ERINNERUNGEN<br />
SCHLEICHWEGE<br />
versteckt am Rand der Lange Straße<br />
Text // Carl Wilhelm Macke<br />
Im Lexikon werden Schleichwege als kleine Wege beschrieben,<br />
die nur wenige Menschen kennen und auf denen<br />
man schneller und bequemer an sein Ziel gelangt. Aber auf<br />
den Schleichwegen meiner Kindheit und Jugend in Cloppenburg<br />
wollte ich weder schneller noch bequemer an mein<br />
Ziel gelangen. Für mich waren sie mehr geheime Orte, entfernt<br />
von den Eltern, den Lehrern, den Pfarrern und was es<br />
damals sonst noch an Erziehungspersonal in einer Kleinstadt<br />
in der norddeutschen Tiefebene gab. Doch davon später.<br />
Wann und wie diese versteckten, manchmal verschlungenen<br />
Wege entstanden waren, weiß ich nicht. Es interessierte<br />
mich auch nicht. Sie waren einfach da. Vielleicht waren sie<br />
nach einem Straßenverkehrsplan angelegt oder mit den Jahren<br />
irgendwie entstanden. Der erste, sehr schmale Schleichweg,<br />
an den ich mich erinnere, führte an der Liebfrauenschule<br />
vorbei und verband meinen Kindergarten, später<br />
dann auch die Wallschule mit der Osterstraße. An den Seiten<br />
standen hohe, dunkle Hecken, die sich erst wieder lichteten<br />
bei den roten Holzbaracken, in denen wir, von frommen Ordensschwestern,<br />
selten liebevoll, häufig mit kalter Strenge,<br />
auf die Schule vorbereitet wurden. Oder auf das Leben, aber<br />
was soll man sich als kleines Kind schon unter diesem großen<br />
Wort vorstellen! Wenn die tiefschwarz gekleideten, in ihren<br />
Bewegungen starren Nonnen, Erwachsene aus dem Leben<br />
waren, auf das sie uns vorbereiteten, dann musste dieses<br />
Leben jedenfalls irgendetwas Bitteres und Freudloses sein.<br />
Gehorchen, Beten, Gottvertrauen, besser Priestervertrauen.<br />
Anderes kannten sie nicht und wollten sie auch nicht kennen.<br />
Ein anderer Schleichweg führte vom Steinkamp, auf dem<br />
sich mein Elternhaus befand, zur großen, sich am Sportstadion<br />
entlang schlängelnden Friesoyther Straße. Es war<br />
die Schleuse, die uns mit der Stadt verband. Wie oft bin<br />
ich durch diesen schmalen Weg gelaufen, gegangen, getrödelt<br />
mit dem Tornister auf dem Rücken oder, müde vom<br />
Fußballspiel, in dreckigen Fußballschuhen. Am Beginn dieses<br />
Schleichwegs befand sich das Haus eines Schneiders, in<br />
dessen Atelier man vom Weg aus hineinschauen konnte. Wir<br />
staunten über diesen kleinen Mann, der damit gekreuzten<br />
Beinen auf einem Tisch hockte, einen Faden mit den Lippen<br />
zusammenkniff und uns dabei noch zulächeln konnte. Später<br />
sei dieser so bescheiden wirkende Schneider dann bei einer<br />
Großwildjagd in Kenia gestorben. Ob es so war, weiß ich<br />
nicht. Jedenfalls erzählte man sich in unserer Nachbarschaft<br />
diese schaurige Geschichte.<br />
28<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Erinnerungen
Später lernte ich weitere Schleichwege kennen und lieben.<br />
Einer führte direkt am Clemens-August-Gymnasium vorbei.<br />
Es war der Pfad, auf dem wir unbemerkt den Schulhof verlassen<br />
konnten, um die wöchentlichen Schulgottesdienste<br />
in der St. Augustinuskirche zu schwänzen. Ein anderer Weg<br />
führte mitten durch die Stadt und verband die Lange Straße<br />
mit der Bürgermeister-Winkler-Straße, die früher Marktstraße<br />
hieß. Für viele von uns war das auch der „Knutschweg“, nach<br />
dem Besuch des Maria Geburtsmarktes oder im Anschluss an<br />
die Tanzstunde. Unweit von hier befand sich die Tanzschule<br />
Wienholt, wo der uns alle um mindestens einen Kopf überragende<br />
Tanzlehrer Wienholt in die Etikette des bürgerlichen<br />
Lebens einführte. Seine Heftchen mit den wichtigsten Benimmregeln<br />
(„Frauen gehen immer rechts vom Mann“, „In<br />
den Kirchen nehmen die Jungen ihre Mützen ab“, „Am Tisch<br />
sitzt man gerade“) habe ich heute noch in der Schublade.<br />
Stumm, manchmal kichernd hörten wir seinen Belehrungen<br />
zu, schielten dabei aber immer mit schüchtern-geilen Blicken<br />
zu den tuschelnden Mädchen herüber.<br />
Wie viele erste Knutschereien, erste Liebeserklärungen,<br />
erste Trennungen und Tränen hat dieser Schleichweg erlebt,<br />
durch den wir im Anschluss an die Tanzstunde wieder in das<br />
Stadtzentrum gingen!? Niemand konnte uns da sehen. Nur<br />
der Mond schaute zu. Unser Glück war vollkommen. Wir trugen<br />
es weiter nach Hause, in den Schlaf, ließen uns bei den<br />
Schularbeiten davon ablenken, warteten verstört und voller<br />
Lust auf das nächste versteckte Treffen auf diesem Schleichweg<br />
am Rande der Lange Straße. Für Monate gab es keinen<br />
so begehrten, so ersehnten Ort wie jenen Schleichweg. Uns<br />
interessierte nicht, ob wir über diese Schleichwege schneller<br />
und bequemer an unser Ziel gelangten. Wir wollten an diesem<br />
versteckten, vielleicht nur hundert Meter langen Weg<br />
nur nicht von anderen beobachtet werden so wie es nun<br />
mal auf der Mühlenstraße, der Lange Straße, der Osterstraße<br />
unausweichlich war. Dort wollte man gesehen werden oder<br />
wollte man andere Menschen sehen. Auf den Schleichwegen<br />
aber wollte man geschützt sein vor den Blicken der anderen.<br />
Und die damals noch unbeleuchteten Wege besaßen ja in der<br />
Dämmerung oder am Abend manchmal auch etwas Bedrohliches,<br />
Dunkles, irgendwie Unheimliches. Man musste sich in<br />
Acht nehmen und hatte so gleichzeitig – auch einen guten<br />
Grund, seinen Arm schützend, um die Schulter der Freundin<br />
zu legen.<br />
Entdecke ich heute einmal in einer fremden Stadt eine enge<br />
Gasse oder einen nur kurzen Verbindungsweg zwischen zwei<br />
Straßen, denke ich sofort an die Stadt meiner Kindheit zurück,<br />
mit ihren vielen versteckten, oft auch geheimnisvollen<br />
Schleichwegen. Bis heute liebe ich Umwege, Schleichwege,<br />
wenig begangene Pfade, Pädges aller Art und meide die großen<br />
Boulevards und Einkaufsstraßen – was aber, wenn sich<br />
alle so verhielten – zu Lasten des Einzelhandels, auch in der<br />
Lange Straße gehen könnte.<br />
WAS GEBLIEBEN IST<br />
Was geblieben ist.<br />
Vielleicht das vorsichtige Tasten<br />
Durch die Dunkelheit über Wege,<br />
die noch nie begangene Straßen verbanden.<br />
Und das Hören-Wollen der Stille.<br />
Was geblieben ist.<br />
Vielleicht ein Erstaunen<br />
Über die Menge des Nicht-Gesagten<br />
Zwischen den sich nahen fremden Menschen,<br />
die uns niemals begegnet sind.<br />
Was geblieben ist.<br />
Vielleicht eine Erwartung,<br />
die brannte aber wortlos blieb,<br />
oder das Schweigen nach einem Sieg,<br />
der uns die Niederlagen schätzen ließ.<br />
Was geblieben ist,<br />
bleibt noch zu tun.<br />
Carl Wilhelm Macke<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Erinnerungen<br />
29
PORTRAIT<br />
ANDREA LAUDENBACH<br />
Schmuckdesignerin mit Leidenschaft<br />
Text // Sigrid Lünnemann<br />
Gold und Edelsteine sind kostbar und unvergänglich. Daher üben sie seit jeher eine<br />
fast magische Faszination auf den Menschen aus.<br />
Goldschmiedin Andrea Laudenbach schafft aus diesen<br />
kostbaren Edelmetallen und ausgesuchten Edelsteinen<br />
einzigartige Schmuckstücke, die mit ihrer Schönheit<br />
und Brillanz bestechen. Jedes Schmuckstück ist ein Unikat<br />
und so unverwechselbar wie der Mensch, der ihn trägt.<br />
Dabei legt die Goldschmiedemeisterin großen Wert auf<br />
individuelles und innovatives Design gepaart mit höchster<br />
Handwerkskunst.<br />
Handwerkskunst trifft Design:<br />
25 Jahre Goldschmiedemeisterin<br />
Seit 1997 ist Andrea Laudenbach als Goldschmiedemeisterin<br />
und staatlich geprüfte Schmuckdesignerin selbstständig.<br />
Drei Jahre später eröffnete sie ihr erstes Atelier in der<br />
Osterstraße und fühlte sich in dem gemütlichen Altbau fast<br />
20 Jahre lang sehr wohl.<br />
2019 ergab sich jedoch die Möglichkeit, an ihrem Wohnhaus<br />
an der Carl-Zeiss-Straße 7 neue Geschäftsräume anzubauen.<br />
Ein Glücksfall wie sich herausstellte. Gemeinsam mit ihrem<br />
Mann Wolfgang Hagemann gestaltete Andrea Laudenbach<br />
die neuen Räumlichkeiten ganz nach ihren eigenen Wünschen<br />
und Bedürfnissen. So entstand ein heller und großzügig<br />
gestalteter Ausstellungsraum, an den sich direkt die<br />
Werkstatt anschließt. Abseits von der Hektik der Innenstadt<br />
strahlt das Atelier mit seinen klaren Formen, mit viel Licht<br />
und bodentiefen Fenstern Ruhe und Beständigkeit aus.<br />
Besonders ihre auswertigen Kund*innen, die zum Teil lange<br />
Anfahrtswege auf sich nehmen, freuen sich über die gute<br />
Erreichbarkeit und die entspannte Parkplatzsituation. Auf<br />
30<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Portrait
dem Hof stehen jederzeit ausreichend Parkplätze zur Verfügung,<br />
so dass der Besuch von Anfang an stressfrei ist.<br />
Natur und Großstadt-Flair als<br />
Inspirationsquelle<br />
In dieser angenehmen Atmosphäre präsentiert Andrea Laudenbach<br />
einzigartige Schmuckunikate, die von ihr entworfen<br />
und mit viel Liebe zum Detail sowie handwerklicher Perfektion<br />
in ihrer eigenen Werkstatt gefertigt wurden.<br />
„Ich liebe Entwürfe, auf denen das Auge ruhen kann und<br />
setze durch eine interessante Oberflächengestaltung oder<br />
einen außergewöhnlichen Edelstein attraktive Akzente. Inspirationen<br />
finde ich überall – bei Spaziergängen im Wald<br />
und am Meer oder beim Bummel über Berliner Flohmärkte“,<br />
so die Goldschmiedin.<br />
Berlin ist ihre Lieblingsstadt. Hier stöbert sie gerne in Vintage-Läden<br />
oder auf Flohmärkten und lässt sich dabei vom<br />
großstädtischen Flair, der vielfältigen Architektur und den<br />
Menschen inspirieren.<br />
Ihre Kreativität macht jedes Schmuckstück unverwechselbar.<br />
Das Design reicht von lässig-elegant bis zu archaisch-prägnant<br />
und unterstreicht die Persönlichkeiten<br />
der Trägers. Mit Vorliebe verwendet die Schmuckdesignerin<br />
Edelsteine mit einer besonderen Strahlkraft. Zu ihren Favoriten<br />
gehören Turmaline, Granatsteine sowie Aquamarine<br />
aber auch der in verschiedenen Violetttönen schimmernde<br />
Amethyst ist wieder sehr gefragt.<br />
Variable Schmuck-Systeme bieten Vielfalt<br />
Besonderen Wert legt die Goldschmiedin darauf, dass ihr<br />
Schmuck vielseitig tragbar ist. Aus diesem Grund hat sie<br />
ein variables System für Ohrstecker und Creolen entwickelt.<br />
Die hochwertig gestalteten Ohrstecker und Creolen<br />
können als Solisten getragen werden und passen zu jedem<br />
Outfit und Anlass. Durch einen einfachen Handgriff können<br />
verschiedene Schmuck-Ergänzungen wie farbige Edelsteine<br />
oder schimmernde Perlen angehängt werden, so dass<br />
jeweils neue, aufregende Schmuckstücke entstehen.<br />
Die Schmuckexpertin hat auch für Perlen- und Steinketten<br />
ein spezielles Verschluss-System entwickelt, bei dem die<br />
Schmuckschließen schnell und einfach gewechselt werden<br />
können. So sind die Schmuckstücke stets wandelbar und<br />
lassen sich je nach Anlass und Outfit variieren.<br />
Individueller Schmuck unterstreicht<br />
Persönlichkeit<br />
Nach einem persönlichen Gespräch in ihrem Atelier fertigt<br />
Andrea Laudenbach auch individuelle Schmuckstücke,<br />
die den Stil und den Charakter der Kund*in widerspiegeln.<br />
Auf diese Weise entstehen persönliche Einzelanfertigungen<br />
oder Umarbeitungen. Einzelne Edelsteine oder Diamanten<br />
werden auf Wunsch aus alten Schmuckstücken gelöst und<br />
neu gefasst. So gestaltet die erfahrene Goldschmiedemeisterin<br />
mit viel Kreativität und Fachwissen aus einem liebgewonnenen,<br />
aber leider unmodern gewordenen Erbstück ein<br />
neues Schmuckstück, das Tradition und Moderne in Perfektion<br />
vereint.<br />
Eine Auswahl ihrer Kreationen präsentiert Andrea Laudenbach<br />
unter: www.goldschmiede-laudenbach.de.<br />
Andrea Laudenbach<br />
Goldschmiede/Atelier<br />
Carl-Zeiss-Straße 7<br />
49661 Cloppenburg<br />
Tel.: 04471/879996<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Freitag: 15 Uhr-18 Uhr<br />
Sowie nach telefonischer Terminvereinbarung<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Portrait<br />
31
ANZEIGE<br />
NEUE ZEITEN<br />
auch für private Pflegedienste<br />
Das Stadtmagazin im Gespräch mit Dr. Anno Diekmann,<br />
Geschäftsführer von DEIN PFLEGETEAM in Cloppenburg<br />
Es ist kein Geheimnis, dass sich das Bild unserer Gesellschaft<br />
schon jetzt anders darstellt als noch vor einigen Jahren geplant.<br />
Lange schien man den fortschreitenden demografischen<br />
Wandel der Bevölkerung nicht wahrnehmen zu wollen,<br />
dabei ist heute schon jede*r fünfte Deutsche älter als<br />
66 Jahre. 2030 ist jede*r Dritte in diesem Alter und die Zahl<br />
der 80-jährigen wird sich verdoppelt haben. Das ist schön,<br />
so lange leben zu können, gesund und in Würde selbstverständlich,<br />
pfleglich umsorgt und selbstbestimmt. Dafür<br />
jedoch die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen,<br />
intensiver noch als bisher, das sind die Parameter in der<br />
Ausrichtung moderner Pflegekapazitäten. Wie das bei DEIN<br />
PFLEGETEAM kontinuierlich geschieht – sofern die Möglichkeiten<br />
den Fortschritt gestatten.<br />
Warum es aktuell für jeden Arbeitnehmer interessant ist, sich<br />
mit den neuen Rahmenbedingungen in der Welt der ambulanten<br />
Pflege zu beschäftigten, erklärt Dr. Anno Diekmann<br />
(AD):<br />
In 2021 wurde von der alten Bundesregierung – quasi auf den<br />
letzten Metern – noch ein Gesetz verabschiedet, das wenig bekannt<br />
sein dürfte. Es trägt den wenig einprägsamen Namen „Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz“,<br />
kurz GVWG.<br />
Mit diesem Gesetz werden alle Pflegeeinrichtungen verpflichtet,<br />
ab dem 1. September 2022 entweder einen Tarifvertrag abzuschließen<br />
oder, falls das nicht zustande kommt, die Mitarbeiter<br />
nach vorgegebenen Durchschnittswerten zu entlohnen. Seit<br />
dem 7. Februar 2022 – also brandaktuell – sind diese Werte nun<br />
für Niedersachsen bekanntgegeben worden. Danach geht es in<br />
der ambulanten Pflege nun mit 16,16 Euro je Stunde für angelernte<br />
Kräfte los. Bei einer mindestens einjährigen Pflegeausbildung<br />
beträgt der Stundenlohn bereits 18,48 Euro. Fachkräfte erhalten<br />
mindestens 22,15 Euro je Stunde. Dazu kommen noch die<br />
üblichen Zulagen für den Einsatz am Wochenende (plus 25%)<br />
oder am Feiertag (plus 55%). Diese Zulagen sind wie bisher sozialabgabenfrei.<br />
Machen das die Unternehmen freiwillig?<br />
AD: Na ja, nicht ganz. Dazu muss man wissen, dass Pflegedienste<br />
ihre Preise nur bedingt selbst gestalten können. Pflegeeinrichtungen<br />
schließen mit den Pflegekassen (und Krankenkassen)<br />
Verträge zur Versorgung der Patienten ab. Im Rahmen<br />
dieser Verträge wird es zukünftig so sein, dass die Pflegedienste<br />
höher abrechnen können, wenn sie höhere Gehälter zahlen.<br />
Das ist grundsätzlich auch eine feine Sache. Hat aber auch einen<br />
Nachteil.<br />
32<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Anzeige
HÄUSLICHE BETREUUNG<br />
Und der wäre?<br />
AD: Wir, bei DEIN PFLEGETEAM zahlen bereits recht hohe Gehälter und sind damit<br />
fast schon auf dem für September geforderten Niveau. Die letzten Schritte<br />
leiten wir gerade ein, um schon vor diesem Termin ins Ziel zu kommen. Doch<br />
jetzt zur Kehrseite der Medaille: Als wir mit den Pflegekassen im Dezember die<br />
neuen Preise für 2022 verhandelten, haben wir schon mit den höheren Gehältern<br />
kalkuliert, und entsprechend wurden uns höhere Preise genehmigt. Für<br />
unsere Klienten bedeutet dies, dass die gleichen Pflegeleistungen nun deutlich<br />
teurer geworden sind als sie es in der Vergangenheit gewohnt waren. Das hat<br />
bei vielen Patienten zu einer bösen Überraschung geführt.<br />
Doch noch einmal zur Klarstellung: Wir setzen die gesetzlichen Regelungen um<br />
und machen dabei etwas, was über alle Gesellschaftsschichten hinweg immer<br />
wieder gefordert wird: Wir sorgen dafür, dass sich die Rahmenbedingungen für<br />
Mitarbeitende in der Pflege deutlich verbessern. Idealerweise wird die Pflegebranche<br />
so attraktiv, dass wir alle keine Sorgen haben müssen, heute und später<br />
gut umsorgt zu sein.<br />
Dennoch, für Ihre Patienten beziehungsweise Kunden war die Überraschung<br />
im Januar groß, als die neuen Rechnungen verschickt wurden,<br />
oder?<br />
AD: Ja, für unsere Klienten – das ist der Begriff, den wir bei uns gewählt haben<br />
– war das teilweise schon heftig und so auch nicht absehbar. Wir selbst wussten<br />
bis Mitte Januar ja noch gar nicht, wie hoch wir abrechnen können. Das ist<br />
schon alles sehr mit heißer Nadel gestrickt.<br />
Und jetzt bleiben die Klienten plötzlich auf hohen Rechnungen sitzen?<br />
AD: Auch hier ist es, wie so oft in Deutschland, kompliziert. Die meisten unserer<br />
Klienten haben einen sogenannte Pflegegrad. Je höher der Pflegegrad, umso<br />
höher ist der Betrag, der bei den Kassen abgerechnet wird. Wenn darüber hinaus<br />
Leistungen beim Pflegedienst abgerufen werden, gibt es darüber eine Privatrechnung.<br />
In 2022 wurden zwar auch die Pflegegelder in den Pflegegraden<br />
erhöht, diese Erhöhung ist jedoch nicht so hoch, wie die Preissteigerung durch<br />
die höheren Gehälter.<br />
Nun, das leuchtet ein und ist für jemanden, der sich nicht täglich damit<br />
auseinandersetzt, auch interessant. Darauf werden wir in Zukunft sicher<br />
noch detaillierter eingehen, heute aber wollen wir über Rahmenbedingungen<br />
für Mitarbeiter in der Pflege sprechen. Es gibt also mehr<br />
Geld pro Stunde?<br />
AD: Und nicht nur das! Dadurch, dass die Entlohnung nun nach Tarifvertrag beziehungsweise<br />
angelehnt an tarifliche Regelungen erfolgt, gibt es eine ganze<br />
Reihe weitere „Goodies“: Ein 13. Monatsgehalt in Höhe von 75%, eine betriebliche<br />
Altersvorsorge in Höhe von bis zu 100 Euro im Monat, die der Arbeitgeber<br />
einzahlt, Sachgutscheine über bis zu 40 Euro im Monat sowie Regelungen zu<br />
den Urlauben.<br />
Urlaub? Dazu wollen wir gerade um diese Jahreszeit gerne mehr wissen!<br />
AD: Bei uns gibt es 28 Tage Urlaub für die Kollegen, die eine 5-Tage-Woche haben<br />
und 34-Tage-Urlaub bei einer 6-Tage-Woche. Aber auch hier gilt, dass mit<br />
weiteren positiven Entwicklungen durch die Tarif-Treueregelung zu rechnen ist.<br />
Generell ist es ja ohnehin ein riesiger Vorteil für die Arbeitnehmer*in, dass sie<br />
oder er nicht jedes Jahr persönlich zum Chef gehen müssen, um eine Gehaltssteigerung<br />
zu erfragen. Es ist doch schön, wenn es über den Tarifvertrag automatisch<br />
jedes Jahr besser wird, oder?<br />
Mit dem ‚Nötigsten‘ geben wir uns nicht<br />
zufrieden. Wir pflegen nicht nur, sondern<br />
betreuen Sie persönlich und in einem familiären<br />
Umfeld. Wir sorgen für sozialen Anschluss<br />
und unterstützen Sie bei Freizeitaktivitäten,<br />
die Ihnen Freude bereiten. Ob Ausflüge und<br />
Spaziergänge, Freundesbesuche oder Besorgungen<br />
– Respekt, Wärme und Wertschätzung<br />
prägen unser Miteinander. Wir versuchen,<br />
möglichst viele Ihrer Lebensgewohnheiten<br />
in den Pflegealltag zu integrieren. Über den<br />
sogenannten ‚Betreuungs- und Entlastungsbetrag‘<br />
nach § 45b SGB XI kann diese Leistung<br />
über die Pflegeversicherung finanziert<br />
werden. Wenn der Betrag zweckgebunden<br />
eingesetzt wird, um zum Beispiel pflegende<br />
Angehörige zu entlasten, die ambulante Pflege<br />
zu ergänzen, um die Selbständigkeit und<br />
Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen zu<br />
stärken und zu wahren, kann ein Betrag von<br />
125 Euro im Monat beansprucht werden. Dieser<br />
Betreuungs- und Entlastungsbetrag steht<br />
allen Pflegebedürftigen mit einem Pflegegrad<br />
von eins bis fünf zur Verfügung, sofern sie zu<br />
Hause versorgt werden.<br />
BEHANDLUNGSPFLEGE<br />
Unsere ausgebildeten Pflegekräfte führen<br />
alle medizinischen Tätigkeiten durch, die vom<br />
Haus- oder Facharzt, in der Praxis oder im Krankenhaus<br />
verordnet wurden. Die Behandlungspflege<br />
umfasst unter anderem die pünktliche<br />
Medikamentengabe, die Wundversorgung,<br />
den Verbandswechsel, die Blutzuckermessung<br />
oder das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen.Auch<br />
falls Sie nach der Operation<br />
dauerhaft Unterstützung benötigen, sind<br />
wir selbstverständlich für Sie da.<br />
HAUSWIRTSCHAFTLICHE HILFE<br />
Einen eigenen Haushalt zu führen, ist mit<br />
körperlichen Einschränkungen manchmal gar<br />
nicht so einfach. Wir helfen Ihnen beim Einkaufen,<br />
Kochen, Backen und Reinigen sowie<br />
beim Besorgen von Arzneimitteln. Selbstverständlich<br />
berücksichtigen wir dabei Ihre individuellen<br />
Vorlieben, damit Sie sich in Ihrer<br />
vertrauten Umgebung rundum wohlfühlen.<br />
Die hauswirtschaftliche Hilfeleistung ist Bestandteil<br />
des Sozialgesetzbuches XI und gehört<br />
zur häuslichen Pflege. Hierzu zählt im<br />
Wesentlichen jede hauswirtschaftliche Hilfe<br />
für den Pflegebedürftigen in seinem Umfeld.<br />
Wenn Sie entsprechend pflegebedürftig<br />
sind, übernimmt die Pflegeversicherung die<br />
Finanzierung dieser Leistung. Wir versuchen,<br />
bestmöglich auf Ihre Gewohnheiten einzugehen<br />
und bauen auf ein vertrauensvolles<br />
Miteinander.<br />
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33
UNSERE PFLEGEKRÄFTE<br />
Unsere Pflegekräfte werden von uns sorgfältig<br />
ausgewählt, denn wir setzen auf persönliche<br />
Beziehungen und Vertrauen im Kreis<br />
der Familie. Voraussetzungen sind neben der<br />
fachlichen Ausbildung auch viel Einfühlungsvermögen<br />
und die Lust, anderen Menschen zu<br />
helfen und sie durch die Höhen und Tiefen des<br />
Alltags zu begleiten.<br />
Großes Einfühlungsvermögen<br />
Abgeschlossene Pflegeausbildung<br />
Hohe Fachkompetenz<br />
Pkw-Führerschein<br />
Deutschsprachigkeit<br />
Ärztliche Gesundheitsprüfung<br />
Einhaltung moderner Pflegestandards Fähigkeit,<br />
auf die Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen<br />
unserer Klienten einzugehen Für uns zählt<br />
nicht nur fachliches Wissen, sondern auch die<br />
Fähigkeit, Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen<br />
wahrzunehmen. Respekt, Wärme und Wertschätzung<br />
prägen den Umgang mit unseren<br />
Klienten. In Ergänzung zu unseren pflegerischen<br />
Bemühungen arbeiten wir eng mit dem<br />
jeweiligen Hausarzt zusammen. Und falls Ihnen<br />
der ‚Papierkram‘ einmal zu viel ist, helfen<br />
wir Ihnen beim Ausfüllen von Unterlagen und<br />
der Erstellung von Anträgen gern weiter.<br />
GRUNDPFLEGE<br />
Egal ob Sie Hilfe beim Waschen, Duschen<br />
oder Baden benötigen, bei der Nahrungsaufnahme,<br />
der Verabreichung von Sondernahrung<br />
oder beim An- und Ausziehen: Sie können<br />
auf uns zählen. Wir kümmern uns darum,<br />
dass eine Ihnen vertraute Bezugsperson diese<br />
Aufgaben übernimmt.<br />
DEIN PFLEGETEAM<br />
Im Kreis der Familie<br />
Haben Sie Fragen an uns?<br />
Wir sind für Sie da.<br />
04471 - 8 22 51<br />
www.deinpflegeteam.de<br />
So langsam bekommen sicher einige Leser*innen Lust auf eine solche<br />
Veränderung! Kann denn quasi jede*r bei Ihnen durchstarten?<br />
AD: Eigentlich schon. In der ambulanten Pflege gibt es nicht nur examinierte<br />
Pflegefachkräfte, sondern eine ganze Bandbreite an unterschiedlichen Tätigkeiten.<br />
Es geht los mit der Hauswirtschaft und der Betreuung und geht weiter mit<br />
unseren Pflegehilfskräften. Hier gibt es leider derzeit noch keine deutschlandweit<br />
einheitlichen Standards. Es lässt sich aber grob unterteilen in Pflegehilfskräfte,<br />
die eine Ausbildung über ein Jahr absolviert haben und Pflegehilfskräfte,<br />
die nach drei bis vier Monaten die betreffende Ausbildung abgeschlossen haben.<br />
Beim Gehalt sind diese Gruppen, wie ich finde, jetzt auch sehr interessant<br />
geworden. Die Stundenlöhne liegen hier zwischen 16 und 19 Euro plus der bereits<br />
genannten Zuwendungen – und das Ganze in einer Branche mit Zukunft.<br />
Zukunftsbranche? Das klingt ja eher nach Technik und Digitalisierung!<br />
AD: Digital sind wir in der ambulanten Pflege bereits! Wir berechnen die optimalen<br />
Touren- und Einsatzpläne digital und senden diese anschließend direkt<br />
auf die Handys der Mitarbeiter. Darüber werden anschließend die geplanten<br />
Einsätze dokumentiert und später abgerechnet. Außerdem erfolgt die Pflegedokumentation<br />
bei uns digital. Wenn zukünftig auch noch die Ärzte mitmachen,<br />
können, sofern vom Klienten gewünscht, alle Informationen auch mit<br />
dem Hausarzt ausgetauscht werden.<br />
Und da, wo heute bei uns Menschen im Einsatz sind, werden auch zukünftig<br />
Menschen die Arbeit übernehmen. Niemand braucht Angst zu haben, dass der<br />
Arbeitsplatz verschwindet, weil ein „Pflegeroboter“ die Arbeit übernimmt. Das<br />
ist doch ein beruhigender Gedanke – und zwar für unsere Mitarbeiter und für<br />
unsere Klienten!<br />
Falls jemand nun Lust auf Pflege bekommen hat, welche Aufgaben<br />
übernimmt ein*e Pflegehelfer*in denn im Detail?<br />
AD: Die Aufgaben einer Pflegehelferin/eines Pflegehelfers bestehen hauptsächlich<br />
aus allgemeinen pflegerischen Tätigkeiten zur Unterstützung des examinierten<br />
Pflegepersonals. Hierzu zählen zum Beispiel das An- und Auskleiden der<br />
Patienten beziehungsweise der pflegebedürftigen Menschen. Das Darreichen<br />
von Essen und Getränken sowie die Körperpflege. Aber auch einfache medizinische<br />
Aufgaben wie das Messen von Blutdruck, Puls oder der Körpertemperatur<br />
können von Kranken- oder Altenpflegehelfer*innen übernommen werden.<br />
Weitere Aufgaben liegen im Bereich der Hygiene. Darunter fällt beispielsweise<br />
das Neubeziehen der Betten und auch die allgemeine Raumhygiene in den Patientenräumen.<br />
Die Pflegehelfer*innen von DEIN PFLEGETEAM sind vornehmlich in Privathaushalten<br />
tätig und übernehmen dort teilweise auch haushaltsnahe Arbeiten wie<br />
Wäsche waschen und bügeln oder was sonst noch anfällt, wenn die pflegebedürftige<br />
Person dazu nicht mehr in der Lage ist.<br />
Wenn ich oben schon einmal die sinnstiftenden Effekte unserer Arbeit erwähnt<br />
habe, so möchte ich das an dieser Stelle erneut betonen. Denn nichts ist im Beruf<br />
der Pflege wertvoller als das Gefühl, einem hilfsbedürftigen Menschen die<br />
Würde zu erhalten. Doch Moment bitte, eins kommt noch dazu: Das dankbare<br />
Lächeln dieses Menschen. Manchmal nur noch als ein Hauch, aber da.<br />
Herr Dr. Diekmann, ich danke Ihnen für das Gespräch.<br />
Ulla Schmitz<br />
34<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Anzeige
REPORTAGE<br />
ERSTE NAUTISCHE SCHULE<br />
des Oldenburger Landes steht in Mühlen<br />
Südoldenburger gingen auf Wal- und Heringsfang<br />
Text // Sigrid Lünnemann<br />
Was hat der Walfang mit dem Oldenburger Münsterland<br />
zu tun? Heute nicht mehr viel, aber noch vor<br />
einigen Generationen war die Arbeit als Matrose<br />
beim Walfang, Heringsfang oder auch auf einem großen<br />
Handelsschiff den Menschen in der Region nicht fremd. Jedes<br />
Jahr machten sich viele Heuerlingsleute und nicht erbberechtigte<br />
Bauernsöhne zu Fuß auf den Weg zur niederländischen<br />
Küste. In den großen Hafenstädten waren sie sich auf<br />
die Suche nach Arbeit und heuerten vielfach auf Handelsoder<br />
Fischereischiffen an – wohlwissend, dass jedes Jahr viele<br />
Matrosen auf See blieben.<br />
Heuerlingsfamilien lebten in Not<br />
Diese schwere und oftmals auch gefährliche Arbeit als<br />
Matrosen war vor allem in den damaligen Kirchspielen Steinfeld<br />
und Lohne eine wichtige Verdienstmöglichkeit, um das<br />
Überleben der Familie zu sichern. Aufgrund des vorherrschenden<br />
Anerbenrechts fiel der elterliche Hof ungeteilt an<br />
einen Erben. Die übrigen Geschwister mussten entweder<br />
als Knechte beziehungsweise als Mägde arbeiten oder sich<br />
Im Seefahrtsbuch von Franz Hinrich Timphaus aus Steinfeld<br />
aus dem Jahr 1862 wurde jede einzelne Fahrt, die ihn auf<br />
verschiedenen Handelsschiffen von Bremen nach New York,<br />
Baltimore, New Orleans oder Trinidad führten, festgehalten<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
35
als Heuerleute niederlassen. Die Heuerlingsfamilien, deren<br />
Pachtland zur Existenzsicherung nicht ausreichte, waren<br />
aber auf einen oder mehrere Nebenerwerbe angewiesen<br />
und so versuchten sie mit Leinenweberei, Spinnen und Stricken<br />
das Familieneinkommen aufzubessern.<br />
Neben der harten Arbeit auf der eigenen kleinen Hofstelle<br />
mussten die Heuerleute beim Bauern ihre Hand- und Spanndienste<br />
verrichten. Sobald der Bauer rief, mussten sie die<br />
Arbeit auf ihrem eigenen Acker ruhen lassen und auf den<br />
bäuerlichen Feldern arbeiten. Mit dem wachsenden Bevölkerungsdruck<br />
zu Beginn des 19. Jahrhunderts verschlechterte<br />
sich die soziale Lage der Heuerleute zunehmend. Die<br />
Heuerlingsstellen wurden immer stärker unterteilt und die<br />
Pachtforderungen von Seiten der Bauern stiegen. Aus Angst<br />
ihre Existenzgrundlage zu verlieren, akzeptierten die Familien<br />
oft auch ungerechtfertigte Arbeitsforderungen und das<br />
Überleben wurde immer schwieriger.<br />
Als Wanderarbeiter in die Niederlande<br />
Daher suchten die Heuerlinge nach jeder Möglichkeit<br />
zum Zusatzverdienst und fanden ihn häufig in den durch<br />
Handel reich gewordenen Niederlanden. Viele von ihnen<br />
arbeiteten dort als Saisonarbeitskräfte - als die sogenannte<br />
Hollandgänger - in der Landwirtschaft. Als Hollandgang<br />
wird die jährliche Wanderung deutscher Arbeitskräfte vor<br />
allem in die niederländischen Provinzen Holland, Groningen<br />
und Friesland bezeichnet. Diese saisonale Arbeitsmigration<br />
setzte im 17. Jahrhundert ein, fand im 18. Jahrhundert seine<br />
größte Verbreitung und verlor in der zweiten Hälfte des<br />
19. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung. In der Zeit der<br />
stärksten Ausdehnung wanderten jedes Jahr bis zu 30.000<br />
Personen auf der Suche nach Saisonarbeit in die reichen niederländischen<br />
Provinzen. Die meisten Hollandgänger arbeiteten<br />
in der Land- und Torfwirtschaft, aber einige wandten<br />
sich auch den wohlhabenden Küstenstädten zu und suchten<br />
dort nach Verdienstmöglichkeiten. Die expandierenden<br />
niederländischen Reedereien fanden in der einheimischen<br />
Bevölkerung nicht genügend Arbeitskräfte für die schwere<br />
und gefährliche Arbeit, so dass sie zahlreiche ausländische<br />
Matrosen anheuerten. So machten sich auch viele Heuerlinge<br />
aus dem damals armen Südoldenburg auf den Weg in die<br />
niederländischen Hafenstädte und heuerten dort auf Schiffen<br />
an - auch wenn die Arbeit an Bord gefährlich und die Lebensumstände<br />
schlecht waren. In den Kirchenbüchern kann<br />
man noch heute nachlesen, wie viele dieser Matrosen bei der<br />
Seefahrt ihr Leben ließen.<br />
Nach der Schließung der nautischen Schule wurde Lehrer<br />
Rabe aufgefordert, die ihm überlassenen Navigations-Instrumente,<br />
einen Erd- und Himmelsglobus sowie Bücher wieder<br />
zurückzugeben<br />
Walfang und Heringsfischerei als<br />
saisonaler Nebenverdienst<br />
Für die maritimen Wanderarbeiter bürgerten sich in den<br />
Heimatdörfern unterschiedliche Bezeichnungen ein. Als<br />
Büsgänger wurden diejenigen bezeichnet, die auf den Heringsfangschiffen,<br />
den sogenannten Büsen, anheuerten.<br />
Diejenigen, die als Walfänger arbeiteten, wurden Grönlandfahrer<br />
genannt. Ihr Fangrevier lag meist vor der fernen Küste<br />
Grönlands. Indienfahrer waren die Seeleute, die auf den großen<br />
Handelsschiffen anheuerten und oft jahrelang von ihren<br />
Familien getrennt waren.<br />
Im Jahr 1817 meldete das Amt Steinfeld der oldenburgischen<br />
Regierung, dass „fast alle Söhne der Heuerleute, auch<br />
einige der Bauern hiesiger Gegend, besonders in dem K.<br />
Lohne und einige Theilen des K. Steinfeld Sommers zur See<br />
gehen“.<br />
Wie groß die wirtschaftliche Not war und wie dringend<br />
die Bewohner auf einen Zusatzverdienst im Ausland angewiesen<br />
waren, zeigte sich auch als 1817 in Stettin eine neue<br />
Heringsfischerei-Gesellschaft gegründet wurde. Drei Männer<br />
aus Steinfeld und Lohne fanden hier eine Anstellung als<br />
Kapitäne und heuerten gleich die gesamte Mannschaft in<br />
ihren Heimatdörfern an. Häufig waren es Verwandte oder<br />
Nachbarn, die sie auf die lange Reise mitnahmen. Viele Väter<br />
nahmen ihre Söhne bereits früh mit auf See und „vererbten“<br />
so den Seemannsberuf weiter. So machten sich die Matrosen<br />
auf den entbehrungsreichen Weg nach Stettin.<br />
Die Heuerlingssöhne waren oft noch sehr jung als sie ihre<br />
erste Arbeit auf See annehmen mussten. Im Jahr 1825 wandte<br />
sich der Oldenburgische Generalkonsul in Rotterdam an den<br />
36<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
hiesigen Amtmann und teilte ihm mit, dass er einige Walfänger<br />
auf niederländischen Schiffen unterbringen könne. Als<br />
Fanggebiet wurden Grönland und die Davisstraße angegeben.<br />
Nach der Bekanntgabe in den Gemeinden des heutigen<br />
Landkreises Vechta meldeten sich innerhalb kürzester Zeit<br />
65 Männer, die zum Großteil über jahrzehntelange Erfahrung<br />
als Walfänger oder Heringsfänger verfügen. Die Eintragungen<br />
zeigen, wie sehr die Familien auf jeden Zusatzverdienst<br />
angewiesen waren: So bewirbt sich der 44 Jahre alte Bernd<br />
Jansen aus Südlohne und gibt an bereits sei 33 Jahren auf<br />
Handelsschiffen und Heringsfängern gefahren zu sein. Mit<br />
ihm zusammen bewirbt sich auch sein erst 15-jähriger Sohn<br />
Hinrich Jansen, der trotz seines jungen Alters bereits seit fünf<br />
Jahren als Heringsfänger gearbeitet hat.<br />
Nautische Schule in Mühlen<br />
An die Geschichte dieser Seefahrer und der ersten nautischen<br />
Schule des Oldenburger Landes erinnert der Heimatverein<br />
Mühlen in der alten Mühlener Dorfschule, in der heute<br />
alte Seekarten, Schiffsmodelle, Sextanten und zahlreiche<br />
weitere Exponate ausgestellt sind.<br />
Die kleine nautische Schule wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />
von Lehrer Johann Hinrich Rabe gegründet. Er verdiente<br />
als Nebenschullehrer nicht genügend, um seine Familie<br />
zu ernähren. Daher arbeitete er in den Sommermonaten<br />
ebenfalls als Matrose und war durch Erfahrung und Fleiß bis<br />
zum Steuermann aufgestiegen. Zunächst erteilte der erfahrene<br />
Seemann einigen Matrosen privaten nautischen Unterricht.<br />
Da er die angehenden Seeleute aber während der<br />
regulären Schulstunden gemeinsam mit den Schulkindern<br />
des Dorfes unterrichtete, beschwerten sich deren Eltern bei<br />
der zuständigen „Commission der römisch-katholisch-geistlichen<br />
Angelegenheit in Oldenburg“ über dieses Verhalten:<br />
„… er begibt sich im Jahre auf mehrere Monate zur Seefahrt<br />
und lässt seinen Dienst durch den Harpendorfer Schullehrer<br />
verwalten … und giebt während den ihm anvertraueten<br />
Schulunterricht der zarten Jugend, großen Seematrosen, gegen<br />
gute Bezahlung, in deren Gegenwart Unterricht in der<br />
Seefahrtskunst…“.<br />
Um diesem Problem in Zukunft aus dem Wege zu gehen,<br />
beantragte Lehrer Rabe 1817, unterstützt vom Amt Steinfeld,<br />
bei der herzoglichen Regierung in Oldenburg einen Antrag<br />
auf Einrichtung einer nautischen Abendschule. Gleichzeitig<br />
bat er um eine finanzielle Unterstützung zur Anschaffung<br />
der notwendigsten Bücher und Instrumente. Nachdem er<br />
selbst eine Prüfung am Nautischen Institut in Bremen abgelegt<br />
und "hinlängliche Kenntnisse im Fach der Steuerkunst"<br />
nachgewiesen hatte, wurden 150 Reichstaler in Gold zur Einrichtung<br />
der Schule bewilligt.<br />
Nach anfänglichem Erfolg scheuten aber viele Heuerlingsfamilien<br />
davor zurück, dem Schullehrer das verlangte Geld<br />
für den Unterricht zu zahlen. Stattdessen waren die angehenden<br />
Matrosen davon überzeugt, ebenso wie ihre Väter<br />
und Großväter durch praktische Erfahrung auf See ihr mangelndes<br />
theoretisches Wissen ausgleichen zu können.<br />
Trotz der hohen Erwartungen, die man in der Gründungszeit<br />
in die nautische Schule gesetzt hatte, blieben die tatsächlichen<br />
Erfolge nur gering. 1828 wurde Rabe vom Steinfelder<br />
Amtmann vorgeladen, um Auskunft über die Entwicklung<br />
der Schule zu geben und gab an in den letzten Wintermonaten<br />
drei Schüler unterrichtet zu haben. Im Jahr 1831 wurde<br />
die nautische Schule schließlich geschlossen und Johann<br />
Hinrich Rabe musste die Bücher und Instrumente wieder an<br />
das Amt zurückgeben.<br />
Die Tradition des Hollandgangs und auch der maritimen<br />
Wanderarbeit blieb aber noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
bestehen.<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
37
REISE<br />
NORDERNEY<br />
– die „Grande Dame der Nordsee“<br />
Text // Ulla Schmitz<br />
Von Westen aus betrachtet ist Norderney die dritte der<br />
bewohnten ostfriesischen Inseln, mit einer Gesamtfläche<br />
von gut 26 Quadratkilometern die zweitgrößte<br />
nach Borkum und – die jüngste. Denn als zusammenhängende<br />
und eigenständige Insel existiert Norderney erst seit<br />
Mitte des 16. Jahrhunderts – die Jahrhunderte davor war das<br />
Eiland in der Gewalt rasender Stürme und gewaltiger Überflutungen<br />
nicht zur Ruhe gekommen. 1578 dann schienen<br />
sich Menschen auf der Insel niedergelassen zu haben, weil<br />
500 Steine zum Bau eines Hauses vom Festland geliefert<br />
worden waren. Erstmalig schriftlich erwähnt wird Norderney<br />
im Jahre 1650 von Gräfin Anna von Oldenburg in ihrem vormundschaftlichen<br />
Kommissionsbericht vom 4. Juli: „… das<br />
Eyland Ny norderoghe, unter Behrumer Amt gehörig, hat<br />
eine Kirche und 18 Häuser hinter hohen Dünen.“ Die dort ansässigen<br />
Insulaner lebten hauptsächlich vom Fischfang und<br />
hatten sich als Erbpächter zu verdingen unter der Frohn der<br />
Landesherren zu Oldenburg, wenngleich der karge sandige<br />
Boden Ackerbau und Viehzucht kaum zuließ.<br />
Doch weiß man aus anderen Berichten zu der Region,<br />
dass diese Zeiten dort von Entbehrungen geprägt waren.<br />
Dennoch entwickelte sich bereits ab 1688 ein Dorf im<br />
westlichen Teil der Insel. Etwa 250 Menschen lebten in den<br />
kleinen Häusern rechts und links der einzigen Straße, und<br />
während die Männer zum Fischfang raus fuhren züchteten<br />
die Frauen und Kinder Muscheln. Mit den Naturgewalten,<br />
den allwinterlichen Sturmfluten und Eisgängen hatte man<br />
sich zu arrangieren und tat es. Nicht zuletzt auch mit dem<br />
Bergen von Strandgut, jenen Ladungen, die an Land gespült<br />
wurden, wenn wieder einmal ein Schiff in der Nähe gekentert<br />
war. Dass daran sich nicht jeder Insulaner nach eigenem<br />
Gutdünken bedienen konnte, darüber wachte schon seit<br />
1607 ein vom Inselpastor bestellten Strandvogt. Und wer<br />
die Geschichten liest, die von ihnen und den zahlreichen<br />
Schiffbrüchen erzählen, der versteht warum diese Männer<br />
immer von kräftiger Statur und „einflussreichen Gehabe“<br />
waren. Denn nur selten waren die Ladungen von geringem<br />
Wert gewesen...<br />
Auf diese Art soll übrigens auch der Tee nach Nordeuropa<br />
gekommen sein, doch warten die anderen Inseln mit dem<br />
gleichen Histörchen auf. Bekanntermaßen sind diese Verhältnisse<br />
heutzutage geklärt, da auch kaum mehr Schiffe<br />
kentern. Allenfalls gehen mal Container mit Schuhen oder<br />
Ü-Eiern über Bord, wie vor einigen Jahren vor Langeoog<br />
geschehen, doch war die Bergung dieses Strandguts ja ein<br />
Event, der alle Beteiligten eher belustigte.<br />
38 Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reise
Hingegen sind die herbst- und winterlichen Sturmfluten,<br />
heute „Blanker Hans“ genannt, nach wie vor Bedrohungen,<br />
die insbesondere auch auf den ostfriesischen Inseln ernst genommen<br />
werden. Wobei Norderney seine Peripherien heute<br />
so stabil wie möglich gesichert hat und die Insel allein von<br />
ihrer Geografie her nicht so fragil ist wie Juist beispielsweise.<br />
Norderney – Synonym für attraktiven<br />
und exklusiven Urlaub<br />
Norderney, das sind 15 Kilometer Sandstrand im Norden,<br />
aufgeteilt in fünf verschiedene Bereiche mit allen Möglichkeiten<br />
individuell zu entspannen, sogar beim FKK. Die<br />
gesamte Osthälfte Norderneys sowie das südlich der Insel<br />
angrenzende Wattenmeer gehören zum Nationalpark „Niedersächsisches<br />
Wattenmeer“. Und die im westlichen Teil gelegene,<br />
gleichnamige Stadt ist tatsächlich eine Stadt, womit<br />
Norderney sich von den anderen ostfriesischen Inseln unterscheidet.<br />
Auch weil hier Autos unterwegs sind und überhaupt:<br />
Norderney ist exklusiv und in seinem historischen<br />
Kern noch immer mondän. Das ist seit 1851 so, seit König<br />
Georg V. von Hannover die Insel zu seiner Sommerresidenz<br />
erkor und damit den Bekanntheitsgrad des „Königlichen<br />
Seebades“ deutlich steigerte. Ab dann nämlich konnte man<br />
es sich in gewissen Kreisen nicht mehr erlauben, nicht auch<br />
Gast auf Norderney gewesen zu sein. Zu der Zeit war die<br />
Gastfreundschaft der Insel schon gediehen, verglichen mit<br />
den Anfängen ab dem 1. Mai 1800, als das Seebad offiziell<br />
eröffnet worden war und die 250 Kurgäste wegen fehlender<br />
Unterkünfte in mitgebrachten Zelten residieren mussten.<br />
Doch hatten die Insulaner bald herausgefunden, dass das<br />
Vermieten von Zimmern in ihren Wohnhäusern sehr lukrativ<br />
war. Schnell wurden kleine, überdachte Veranden als „Frühstückszimmer“<br />
angebaut und so die Gästekultur um eine bedeutende<br />
Finesse bereichert.<br />
1820 dann war die Spielbank eröffnet worden und Norderney<br />
endgültig „The place to be“! Mit der Folge, dass es 20 Jahre<br />
später schon doppelt so viele Häuser wie zuvor gab, mit<br />
etwa 1.200 Einwohnern, aber Beherbergungsplatz für mehr<br />
als 2.600 Badegäste. Das war exorbitant, denn noch wenige<br />
Jahre zuvor hatten eine Kontinentalsperre und die Besatzung<br />
durch französische Soldaten dafür gesorgt, dass der<br />
Bäderbetrieb in den Jahren 1806-13 quasi nicht mehr existierte.<br />
Das war umso fataler für die Norderneyer, als dass man<br />
sich nahezu komplett auf die Einkommen aus der Kurszene<br />
eingestellt und die traditionellen Berufe wie das Fischen<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reise<br />
39
zum Beispiel abgeschafft hatte. Mitsamt Ausrüstungen<br />
und Booten. Doch dann, nach den „sieben schlechten<br />
Jahren“ wurde die Insel im Zuge des Wiener Kongresses<br />
Besitztum des Königreichs Hannover und der Badebetrieb<br />
florierte erneut. Nicht zuletzt auch, weil die touristische Infrastruktur<br />
den Anforderungen angepasst worden war – mit<br />
der Errichtung des Warmbadehauses und einem Kurpark,<br />
wo es sich auf den Wegen vortrefflich wandeln und auf den<br />
Bänken im Schatten der Baumkronen sitzend feinst parlieren<br />
ließ.<br />
Die haute volée hatte ihre Bühne gefunden: Norderney!<br />
Hier musste man sein, hier musste man gesehen werden. In<br />
den Arkaden des Conversationshauses, in den bezaubernden<br />
Cafés und Teehäusern, auf den Veranden und Balkonen<br />
der Gästehäuser und Hotels. Heinrich Heine, der dieses Lebensgefühl<br />
schon 1826 in die treffenden Worte fasste:<br />
„Das Seefahren hat für diese Menschen einen großen<br />
Reiz; und dennoch, glaube ich, daheim ist ihnen allen am<br />
wohlsten zumute. Sind sie auch auf ihren Schiffen sogar<br />
nach jenen südlichen Ländern gekommen, wo die Sonne<br />
blühender und der Mond romantischer leuchtet, so können<br />
doch alle Blumen dort nicht den Leck ihres Herzens<br />
stopfen, und mitten in der duftigen Heimat des Frühlings<br />
sehnen sie sich wieder zurück nach ihrer Sandinsel, nach<br />
ihren kleinen Hütten, nach dem flackernden Herde, wo<br />
die Ihrigen, wohlverwahrt in wollenen Jacken, herumkauern,<br />
und einen Tee trinken, der sich von gekochtem<br />
Seewasser nur durch den Namen unterscheidet, und eine<br />
Sprache schwatzen, wovon kaum begreiflich scheint, wie<br />
es ihnen selber möglich ist, sie zu verstehen.“<br />
Heinrich Heine: Die Nordsee – Dritte Abteilung von 1826<br />
oder General Blücher, der Herzog von Cumberland, Fürst<br />
Bernhard von Bülow, Felix Graf von Luckner oder Gustav<br />
Stresemann. Clara und Robert Schumann, Wilhelm von<br />
Humboldt oder Theodor Fontane und Felix Nussbaum.<br />
Später dann – wenn wir schon einmal beim „name dropping“<br />
sind – kamen Willy Brandt, Karl Carstens oder Walter<br />
Scheel und so weiter und so weiter. Guido Cantz nicht<br />
zu vergessen und zahlreiche andere TV-Größen…<br />
Weltberühmt wurde Norderney dann Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts, als jährlich mehr als 40.000 Gäste gezählt<br />
wurden. Eine Zahl, die umso bemerkenswerter ist, als<br />
dass der Bäderbetrieb während der beiden Weltkriege<br />
erneut zum Stillstand gekommen und die Kureinrichtungen<br />
aufgrund von umfassenden Renovierungen erst<br />
ab 1952 wieder genutzt werden konnten. Sieben Jahre<br />
später aber verbrachten schon 100.000 Gäste ihren Urlaub<br />
auf Norderney und als das 200-jährige Jubiläum des<br />
Seebades am 1. Mai 1997 gefeiert wurde, geschah das mit<br />
260.000 Gästen.<br />
Diese Affinität zu „La Norderney“, der Diva im Ensemble<br />
der sieben ostfriesischen Inseln basiert nicht zuletzt auf<br />
der Vielfalt dieses „Gesamtpakets“. Das für jeden Gast das<br />
spezielle Urlaubserleben vorhält in einem unverwechselbaren<br />
Rahmen von majestätischer Natur, kreativen<br />
Konzepten für Gesundheit, Fitness und Balance, einer abwechslungsreichen<br />
Palette unterschiedlichster Kulinaria,<br />
kultureller Vielfalt, moderner Lebensart und Shoppingvergnügen<br />
auf jedem Niveau. All das ist geprägt von einem<br />
offenen, entspannten Miteinander, von Großzügigkeit<br />
und hervorragender Gastfreundschaft.<br />
Das ist Lifestyle und daran partizipieren die Gäste<br />
schon auf dem Weg zur Insel, der während des Sommers<br />
im Stundentakt und in hochmodernen Fähren zurückgelegt<br />
wird. Mit dem Auto, wenn man will, ansonsten<br />
steigt man um aufs Fahrrad, und Busse und Taxen fahren<br />
zudem regelmäßig umher. Wobei per pedes, gerade im<br />
historischen Teil der Stadt Norderney die attraktivste Art<br />
der Fortbewegung ist. Allein, um nur ja nichts zu verpassen.<br />
Auf Norderney wird jeder nach seiner Fasson glücklich<br />
und dass alle Facetten dieser Ansprüche einerseits<br />
erhalten, aber gleichzeitig mit dem Zeitgeist entwickelt<br />
werden, dafür sind auf politischer Ebene Bürgermeister<br />
und Rat zuständig. Sie sind die Garanten der Zukunft<br />
Norderneys. Alles andere entwickelt sich aus der Tradition<br />
heraus. Und die ist typisch Norderney´sch, stabil und<br />
weltoffen, faszinierend, vielfältig und individuell – wie´s<br />
jedem einzelnen gefällt.<br />
40 Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reise
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REPORTAGE<br />
Traditionelles Handwerk trifft moderne Technik<br />
Ein traditionsreicher Beruf setzt heute auf fortschrittliche Technik: Das macht den<br />
Reiz der Tätigkeit des Brauers und Mälzers aus.<br />
Dass jede der in Deutschland gebrauten 5.000 Biersorten<br />
ihren eigenen Charakter besitzt, dafür sorgen Brauer und<br />
Mälzer. Sie führen nicht nur die traditionellen Zutaten zusammen,<br />
sondern bestimmen auch die individuelle Rezeptur<br />
und überwachen den Brauprozess. Darüber hinaus spielen<br />
chemische und biologische Prozesse eine wichtige Rolle<br />
bei der Bierherstellung. „Alkohol und Kohlensäure entstehen<br />
erst durch Gärungsprozesse der zugesetzten Hefe, bei denen<br />
Lagerzeit und Temperatur ausschlaggebend sind“, erklärt<br />
Peter Peschmann, technischer Geschäftsführer der Brauerei<br />
C. &. A Veltins. Brauer und Mälzer seien daher maßgeblich<br />
für die Sicherstellung der Qualität der einzelnen Marken der<br />
Brauerei verantwortlich.<br />
Duales Bachelorstudium als Option<br />
Im Sauerland durchlaufen Azubis in drei Jahren alle Schritte<br />
der Bierherstellung und erlernen den Umgang und den<br />
Einsatz von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen. Die Malzherstellung<br />
sowie das Gewinnen, Kühlen und Klären von Würze sind<br />
dabei nur ein Teil der Aufgaben. Das Vergären, Lagern und<br />
Reifen von Bier ist ebenso entscheidend wie das Filtrieren<br />
und Abfüllen des Gerstensafts.“<br />
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Foto: djd/Brauerei C. & A. Veltins/Jakob Studnar<br />
Ein traditionsreicher Beruf setzt heute auf fortschrittliche Technik:<br />
Das macht den Reiz der Tätigkeit des Brauers und Mälzers<br />
aus<br />
Seit 2018 bieten wir eine Kombination der Ausbildung zum<br />
Brauer und Mälzer mit einem vierjährigen Dualen Bachelorstudium<br />
der Getränketechnologie an“, so Peschmann. Mehr<br />
Infos gibt es unter www.veltins.de. Nach einer 15-monatigen<br />
praktischen Ausbildung in der Brauerei beginnt das Studium<br />
an der Hochschule in Geisenheim. Während der Semesterferien<br />
kehren die Azubis für weitere praktische Ausbildungsschritte<br />
nach Grevenstein zurück.<br />
Die Arbeit des Küfers: ein echter „Knochenjob“<br />
Während heute moderne Technik die Arbeit in der Brauerei<br />
erleichtert und das Bier in Kunststoff- oder Edelstahlfässern<br />
abgefüllt wird, war die Tätigkeit eines Küfers ein echter<br />
„Knochenjob“. Der Küfer, häufig auch Böttcher genannt, war<br />
bis vor wenigen Jahrzehnten für die Herstellung, Reinigung<br />
und Reparatur der damals üblichen Holzfässer verantwortlich.<br />
Besonders das sogenannte Pichen war nicht ungefährlich.<br />
Um die Poren und Fugen des Holzes zu schließen und<br />
ein Entweichen der Kohlensäure zu verhindern, aber auch<br />
um im Fassinneren eine geschmackliche Veränderung durch<br />
den Kontakt zwischen Bier und Holz zu vermeiden, mussten<br />
Küfer die Holzfässer mit flüssigem und extrem heißem Pech<br />
auskleiden. War die dünne Schicht beschädigt, musste mühsam<br />
eine neue aufgetragen werden.<br />
Publication name: 220104_Anzeige_BBvE_Berufausbildung_2022 generated:<br />
2022-01-04T11:06:29+01:00<br />
42<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
HAUTKREBS-SCREENING<br />
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Ob Leberflecke, Muttermale oder kleine Unebenheiten,<br />
die sich auch farblich vom Rest der Haut abheben –<br />
fast jeder Mensch findet sie auf seiner Haut. Zwar sind<br />
sie gewöhnlich kein Grund zur Sorge, in seltenen Fällen kann<br />
es sich jedoch um Hautkrebs oder Vorstufen davon handeln.<br />
Um diesen frühzeitig zu erkennen, ist ein regelmäßiges Hautkrebs-Screening<br />
unbedingt erforderlich.<br />
Hautkrebs ist eine der am häufigsten vorkommenden<br />
Krebserkrankungen. Regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen<br />
ermöglichen es jedoch, sowohl schwarzen als auch<br />
hellen Hautkrebs bereits im Anfangsstadium zu erkennen.<br />
„Das sogenannte Hautkrebs-Screening richtet sich als Leistung<br />
der gesetzlichen Krankenkassen an alle Versicherten ab<br />
35 Jahren. Dabei können verdächtige Hautveränderungen<br />
durch eine besonders sorgfältige Betrachtung des gesamten<br />
Körpers erkannt werden“, so Achim Goldenstein, Geschäftsführer<br />
der Barmer in Cloppenburg. Das Screening wird von<br />
Hautärzten beziehungsweise speziell geschulten Hausärzten<br />
durchgeführt. Als Zusatzleistung bietet die Barmer ihren<br />
Kunden unter 35 Jahren einen sogenannten Haut-Check an,<br />
der ebenfalls alle zwei Jahre kostenfrei durchgeführt werden<br />
kann.<br />
Ablauf eines Haut-Screenings<br />
Zu Beginn erfolgt eine ausführliche Anamnese, bei der<br />
individuelle Risiken und Vorerkrankungen innerhalb der Familie<br />
festgestellt werden. Die nachfolgende Untersuchung<br />
des Körpers dauert oftmals nur wenige Minuten. „Das Haut-<br />
Screening geht weit über das Betrachten der Arme, Beine<br />
und des Rumpfes hinaus. Auch an ungewöhnlichen Stellen<br />
wie Kopfhaut, Fußsohle, Zahnfleisch oder Genitalien können<br />
Anzeichen von Hautkrebs erkennbar werden. Viele Patienten<br />
Achim Goldenstein, Geschäftsführer der Barmer in Cloppenburg<br />
empfinden dabei eine gewisse Scham und meiden daher die<br />
Untersuchung. Das kann fatale Folgen haben“, warnt Goldenstein.<br />
Sollte eine Stelle verdächtig scheinen, wird eine<br />
Gewebeprobe entnommen und untersucht. Nachfolgend<br />
wird entschieden, ob die veränderte Haut operativ entfernt<br />
werden sollte. Unabhängig von den regelmäßigen Untersuchungen<br />
ist es hilfreich, selbst nach Hautveränderungen<br />
Ausschau zu halten und auffällige Stellen gesondert untersuchen<br />
zu lassen.<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Anzeige<br />
43
PORTRAIT<br />
KÄTHE NEBEL<br />
„Ich bestimme, wann und wo ich es will!“ betont Käthe Nebel. Die 91-Jährige mit<br />
Wohnsitz in Oldenburg ist weder verbittert noch unzufrieden. Obwohl einiges zusammengekommen<br />
ist, in diesem langen Leben, ist sie mit sich im Reinen. Kein Anschein<br />
von Lebensmüdigkeit. Aber sie ist vorbereitet. Tatsächlich. Denn den Zeitpunkt ihres<br />
Todes möchte sie selbst bestimmen.<br />
Text // Beate Deeken<br />
Das Telefon klingelt. Ein Freund Käthe Nebels möchte<br />
sie auf eine Sendung im Deutschlandfunk aufmerksam<br />
machen, die gerade ausgestrahlt wird. Es geht<br />
um das Thema „Freitod“ mit der Philosophin Suzann-Viola<br />
Renninger vom Schweizer Sterbehilfeverein „Exit“. Anlass ist<br />
die Gesetzesänderung zur assistierten Sterbehilfe nach § 217<br />
des Strafgesetzbuchs (StGB). Erst 2020, vor zwei Jahren, kippte<br />
das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen<br />
Suizidhilfe. Damit ist es erlaubt, Menschen bei der<br />
Selbsttötung zu helfen und das als Dienstleistung anzubieten.<br />
Der Bundestag hat noch nicht darüber entschieden, ob<br />
und wie assistierter Suizid in Deutschland gesetzlich neu geregelt<br />
werden soll. Das dürfte nun auf die neue Regierung<br />
zukommen. In der Schweiz besteht diese Möglichkeit bereits<br />
seit 40 Jahren.<br />
Käthe Nebel stellt das Radio an. In dem Gespräch, das nun<br />
zu hören ist, bevorzugt Suzann-Viola Renninger den Begriff<br />
des „Freitods“, um sich von dem negativ belegten „Suizid“<br />
abzugrenzen. Es wird schnell deutlich: einfach macht es sich<br />
bei den Befürwortern der aktiven Sterbehilfe keiner. Moral<br />
und Ethik werden ausführlich diskutiert. Grenzen gezogen.<br />
Man müsse auch immer alle Seiten betrachten. Wie gehen<br />
Sterbehelfende damit um? Wie die Gesellschaft? „Ach, sie<br />
spricht aus, was ich denke,“ freut sich Käthe Nebel, die der<br />
Sendung aufmerksam folgt. Es müsse sich endlich eine neue<br />
Kultur des Sterbens entwickeln, meint sie.<br />
Viele Menschen in Deutschland lehnen diese Möglichkeit,<br />
selbstbestimmt aus dem Leben zu gehen, ab. Seien es<br />
religiöse Gründe oder die Sorge um unerwünschte gesellschaftliche<br />
Zwänge, die dadurch entstehen könnten. Es sei<br />
ein Armutszeugnis, wenn eine Gesellschaft, wenn Familien<br />
sich nicht um ihre alten Menschen am Lebensende kümmerten,<br />
meinen die einen. Andere fürchten, Alte könnten sich<br />
gedrängt fühlen, den Freitod zu wählen, um niemandem zur<br />
Last zu fallen. Und wann wäre man alt genug? Bedenken und<br />
Fragen, die man nicht einfach so wegwischen kann. Aber es<br />
gibt auch die Einstellung vieler Leidender, die sich den Tod<br />
herbeisehnen. Viele von ihnen fühlen sich unverstanden und<br />
44<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Portrait
zu Unrecht bevormundet. Schließlich müssen sie Schmerzen<br />
und Einschränkungen ertragen.<br />
Und es gibt Menschen wie Käthe Nebel. Man darf sie eine<br />
rüstige Pensionärin nennen. Klar bei Verstand, eigenständig<br />
und mobil. Aber sie ist mittlerweile fast blind. Das macht ihr<br />
zu schaffen. Dank moderner Technik muss sie nicht ganz<br />
auf das Lesen verzichten. Aber es ist mühsam. Für sie, die<br />
wissbegierig Bücher verschlungen hat, ist das traurig. „Zum<br />
Glück kann ich gut hören. Ich glaube, das wäre noch schlimmer<br />
– nicht mehr zu hören,“ denkt sie laut. Und dann „nervt“<br />
es sie, dass sie mit zunehmendem Alter auch mal den Faden<br />
verliert, wenn sie erzählt. Das „gehirnmäßige Abtreten“ beschäftigt<br />
sie sehr.<br />
Käthe Nebel ist eine selbstbestimmte Frau. Das Leben hat<br />
sie dazu gemacht. Ihre alleinerziehende Mutter kämpfte für<br />
die kleine Käthe und sich in Zeiten des zweiten Weltkriegs<br />
ums Überleben. Viele Jobs an vielen Orten in ganz Deutschland<br />
ließen die beiden nie wirklich ankommen. Für Käthe<br />
schwierig. Dennoch schafft sie es in ihren Wunschberuf: Sie<br />
wurde Lehrerin. Bis weit über ihre Pensionierung hinaus engagierte<br />
sie sich besonders für junge Menschen, half bei der<br />
Integrationsarbeit und nahm in den Ferien Kinder aus Tschernobyl<br />
auf. Besonders aktiv war sie außerdem im Umweltschutz.<br />
In zahlreichen Leserbriefen an die regionalen Tageszeitungen<br />
machte sie auf Fehlentwicklungen insbesondere<br />
in Bezug auf den Umgang mit der Natur aufmerksam und<br />
appellierte gerne auch mal an den gesunden Menschenverstand,<br />
den sie gelegentlich vermisste. Mit zunehmendem Alter<br />
geriet die Beschäftigung mit dem Sterben in ihren Fokus.<br />
Sie weiß, was Sterben heißen kann. Als Vierzehnjährige<br />
musste sie mit ansehen, wie Soldaten nach der Kapitulation<br />
am Ende des zweiten Weltkrieges exekutiert wurden. „Sie<br />
fielen um, wie die Figuren in den Schießbuden auf Jahrmärkten“,<br />
beschreibt die alte Käthe, was die Junge sah. So<br />
etwas vergisst man nicht. Mit 21 Jahren trat sie aus der Kirche<br />
aus. Obwohl ab dem dritten Lebensjahr voller Überzeugung<br />
gläubig, ließ der Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
ihre Zweifel an der Glaubwürdigkeit Erwachsener wachsen,<br />
die die Gottesfurcht als erzieherisches Instrument missbrauchten.<br />
Das und die Erfahrungen, die sie in jungen Jahren<br />
im Krieg machte, ließen sie zur Atheistin werden.<br />
Wesentlicher Anstoß für ihren Einsatz in der aktiven Sterbehilfe<br />
dürfte viel später im Leben die Erfahrung im Hospizdienst<br />
gewesen sein. Sieben Jahre hat sie in Oldenburg<br />
ehrenamtlich Sterbende begleitet. Dort hat sie erlebt, was<br />
Sterben ist. Es gibt friedliches Sterben. Das stellt sie nicht in<br />
Frage. Aber „Sterben kann so voller Qual sein“, weiß sie. Die<br />
Erkenntnisse aus dieser Zeit haben sie zur überzeugten Unterstützerin<br />
der aktiven Sterbehilfe werden lassen. Wie soll<br />
die Seele Ruhe finden, wenn man sich nur noch quält? fragt<br />
sie. Seit über zwanzig Jahren ist sie Mitglied in verschiedenen<br />
Sterbehilfe Vereinen. Dass ihre Einstellung einen Sturm<br />
der Entrüstung auslöst, stört sie nicht. Es ist ihr Leben und<br />
ihr Sterben. Und darüber möchte sie, wie über alles in ihrem<br />
Leben, selbst bestimmen.<br />
Die Sendung im Deutschlandfunk lief am 15. November 2021.<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Portrait<br />
45
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Das Team von TOYS Kids World freut sich auf Ihren<br />
Besuch: Gaby Kamphus, Renate Rhoden, Jessica Svarc,<br />
Lisa Winnemöller, Franka Schwan, Heike Vogelsang,<br />
Nicole Crone und Lubow Suppes (v.l.)<br />
FÜNF JAHRE TOYS KIDS WORLD<br />
Ein guter Grund zum Feiern<br />
Text // Sigrid Lünnemann<br />
Beim Betreten des Spielzeuggeschäftes TOYS Kids World GmbH wird jeder mit einem<br />
freundlichen „Moin“ begrüßt und kann dann eintauchen in eine Spielzeugwelt – für<br />
jedes Kind und jede Altersstufe.<br />
Seit fünf Jahren betreibt Inhaberin Meike Wähling das<br />
Fachgeschäft in der Bürgermeister-Heukamp-Str. 43<br />
und ist froh, den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt<br />
zu haben und möchte dieses Jubiläum mit einer einmaligen<br />
Rabatt-Aktion feiern.<br />
Die Logistikfachfrau aus Delmenhorst übernahm das<br />
Spielzeug-Geschäft vom Vorbesitzer und gestaltete es offen<br />
und einladend um. Unterstützt wurde sie dabei tatkräftig<br />
von den langjährigen Mitarbeiterinnen und der Marktleiterin<br />
Franka Schwan, die mit ihr gemeinsam in den Neuanfang<br />
starteten.<br />
„Wir haben das Geschäft ganz neu strukturiert und das Angebot<br />
den Kundenwünschen angepasst. Wir bieten nun die<br />
ganze Bandbreite von Baby-Spielzeug über eine große Auswahl<br />
an Playmobil und Lego bis hin zu Spielwaren für große<br />
und kleine Technik-Fans“, erklärt Inhaberin Meike Wähling,<br />
die sich in der Kreisstadt sehr gut aufgenommen fühlt. Die<br />
Nachbarschaft und die gesamte Kaufmannschaft habe sie<br />
offen und herzlich willkommen geheißen, erinnert sich die<br />
Delmenhorsterin an die Anfangszeit vor fünf Jahren.<br />
„Cloppenburg verfügt über eine sehr schöne und attraktive<br />
Innenstadt. Mein großer Dank geht an die hiesige<br />
Kaufmannschaft und vor allem an das Stadtmarketing, die<br />
gemeinsam sehr viel für eine Belebung der Innenstadt unternehmen.<br />
Viele Aktionen und Veranstaltungen haben immer<br />
wieder Besucher in die Innenstadt gelockt und dafür<br />
gesorgt, dass es hier lebendig bleibt“, so Wähling, die hofft,<br />
dass nach Corona wieder gemeinsame Aktionen in der Innenstadt<br />
möglich sein werden.<br />
Mit Click&Meet durch den Lockdown<br />
Die schwierige Zeit während des Lockdowns, als TOYS<br />
Kids World für einige Wochen geschlossen werden musste,<br />
hat das Team gut genutzt. Der Verkaufsraum wurde zum Teil<br />
umgebaut und leicht vergrößert, so dass nun mehr Raum<br />
zum Bummeln und Schauen zur Verfügung steht. Außerdem<br />
wurde mit dem System „Click&Meet“ der Kontakt zu den<br />
Kund*innen gehalten. Meike Wähling und Franka Schwan<br />
bedanken sich herzlich für die Treue in dieser schweren Zeit!<br />
Trotz der starken Konkurrenz durch den Online-Handel ist<br />
die Inhaberin fest davon überzeugt, dass viele Eltern und<br />
46 Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Anzeige
Großeltern, die auf der Suche nach einem Spielzeug sind,<br />
nicht auf die Qualität und Service eines guten Fachgeschäftes<br />
verzichten wollen.<br />
Guter Service und kompetente Beratung<br />
„Unser Service ist unsere Stärke und sorgt dafür, dass unsere<br />
Kund*innen immer wieder gerne zu uns kommen und uns<br />
die Treue halten“, macht Franka Schwan deutlich. Persönliche<br />
Beratung steht bei ihr und ihren Kolleginnen an erster<br />
Stelle. Außerdem gibt es eine Treue-Karte mit Rabatt-Aktion,<br />
so dass sich ein Einkauf hier doppelt lohnt. Wer ein passendes<br />
Geschenk für Kinder, Enkel oder Patenkind sucht, steht<br />
oft unschlüssig vor der riesigen Auswahl an Spielwaren, fühlt<br />
sich unschlüssig und manchmal auch etwas überfordert. Die<br />
Fachkräfte nehmen sich Zeit und helfen dabei, das perfekte<br />
und altersgerechte Spielzeug zu finden, das beim Auspacken<br />
für echte Freude und strahlende Kinderaugen sorgt.<br />
Sollte das Gewünschte aber einmal nicht vorrätig sein,<br />
können Spielwaren auch kurzfristig und völlig unverbindlich<br />
bestellt werden. Die Kundinnen können die Ware dann vor<br />
Ort ansehen und entscheiden, ob das Produkt ihren Vorstellungen<br />
und Erwartungen entspricht. Auch große Spielgeräte<br />
wie Trettrecker, Rutschen oder Trampoline können<br />
hier problemlos bestellt werden. Die Ware wird innerhalb<br />
der Stadt Cloppenburg kostenlos geliefert. Eine gemütliche<br />
Wickel- und Stillecke, in der für den Notfall auch Windeln zur<br />
Verfügung stehen, sowie Kunden-Toiletten gehören selbstverständlich<br />
ebenfalls zum familienfreundlichen Service.<br />
Die Grundlage für die professionelle Beratung liegt neben<br />
dem persönlichen Engagement der Mitarbeiterinnen auch in<br />
der kontinuierlichen Weiterbildung. Regelmäßig nimmt das<br />
Team an Schulungen teil und besucht Fachmessen, die – so<br />
hofft das Team - nach dem Ende der Corona-Beschränkungen<br />
in Zukunft wieder stattfinden werden.<br />
Geburtstagsboxen und Schnuller-Baum<br />
Ein weiterer beliebter Service sind die Geburtstags-Boxen.<br />
Kinder können sie mit ihren Geschenkwünschen füllen, so<br />
dass Freunde und Familie garantiert das richtige Spielzeug,<br />
Kuscheltier oder Kinderbuch finden. Die Präsent wird selbstverständlich<br />
kostenlos und liebevoll verpackt.<br />
In der eigens eingerichteten Schnäppchen-Ecke, die vielmehr<br />
ein gut gefüllter kleiner Raum ist, gibt es zahlreiche<br />
Angeboten und günstige Auslauf-Modelle zum Schnäppchenpreis.<br />
Eine besondere Attraktion ist der große „Schnuller-Baum“.<br />
Viele Kinder haben hier bereits ihren letzten Schnuller abgegeben<br />
und dafür eine kleine Überraschung von „TOYS Kids<br />
World“ sowie ein Geschenk von ihren Eltern erhalten. „Kein<br />
abgegebener Schnuller wird weggeworfen. Er behält seinen<br />
Platz an unserem Schnuller-Baum. Die Kinder kommen ins<br />
Geschäft und schauen zuerst nach ihrem alten Weggefährten<br />
– das ist schon eine kleine Tradition“, erklärt Franka Schwan,<br />
die vor Ort täglich als Ansprechpartnerin zur Verfügung steht.<br />
Eine weitere Tradition, die die Kindern besonders lieben,<br />
ist der Lutscher, den jedes Kind beim Verlassen des Geschäftes<br />
erhält – versprochen!<br />
Nachhaltig ein großes Thema<br />
Auch zum Thema Nachhaltigkeit möchte das Team von<br />
TOYS Kids World seinen Beitrag leisten und dabei zugleich<br />
ein soziales Projekt direkt vor Ort unterstützen. Die reklamierten<br />
Spielsachen werden nicht vernichtet, wie es bei<br />
vielen Online-Händlern noch immer geschieht, sondern kostenlos<br />
an die Toys Company an der Sevelter Straße gegeben.<br />
Hier erhalten Arbeitssuchende, die schon längere Zeit keiner<br />
Erwerbstätigkeit nachgingen, die Möglichkeit, wieder an einem<br />
geregelten und strukturierten Arbeitsalltag teilzunehmen.<br />
Die Ware wird von den dortigen Mitarbeiter*innen je<br />
nach Zustand gereinigt und repariert und anschließend an<br />
soziale Einrichtungen oder sozial benachteiligte Familien abgegeben.<br />
Bastel- und Kreativ-Nachmittage in Planung<br />
In Zukunft freut sich das Team von TOYS Kids World schon<br />
darauf wieder eigene Kreativ– und Mit- mach-Aktionen<br />
durchführen zu können. Dann können die Kinder wieder<br />
gemeinsam spielen, basteln und ihrer Kreativität freien Lauf<br />
lassen. Nähere Informationen dazu und zu den jeweils aktuellen<br />
Angeboten und Neuheiten gibt es auf der der Facebook-Seite.<br />
TOYS Kids World GmbH<br />
Bürgermeister-Heukamp-Straße 43<br />
49661 Cloppenburg<br />
Tel.: 04471 – 95 89 230<br />
toyskidsworld@t-online.de<br />
20% Rabatt<br />
Jubiläums-Rabatt-Aktion<br />
Im gesamten März 2022 gewährt TOYS Kids World GmbH einen einmaligen<br />
Rabatt von 20 Prozent bei Abgabe dieses Abschnittes auf den Einkauf.<br />
Ausgenommen von der Rabatt-Aktion sind Bücher,<br />
Schreibwaren, Tonie-Figuren und Tonie-Boxen sowie CDs<br />
und Sammelkarten. Außerdem ist dieser Rabatt<br />
nicht mit anderen Angeboten und<br />
Rabatt-Aktionen kombinierbar.
ANZEIGE<br />
ST. PIUS-STIFT<br />
75 Jahre Wohnen und Pflege im Herzen der Stadt<br />
Text // Sigrid Lünnemann<br />
Das St. Pius-Stift ist seit 75 Jahren der kompetente Ansprechpartner<br />
für alle Belange rund um die Themen Wohnen<br />
und Pflege im Alter. Die zentrale Lage mitten im Herzen der<br />
Stadt ist ein Glücksfall, denn so sind Geschäfte, Arztpraxen,<br />
Apotheken, Cafés und die lebendige Fußgängerzone bequem<br />
zu Fuß zu erreichen.<br />
Die Mitarbeiter*innen hier legen großen Wert darauf, die<br />
individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner*innen,<br />
Patient*innen und Gäste zu erfüllen und sorgen jeden<br />
Tag für liebevolle Betreuung, individuelle Pflege und viel Abwechslung<br />
durch verschiedenste Freizeitaktivitäten. Diese<br />
Ansprüche werden täglich in den verschiedenen Einrichtungen<br />
und Pflegeangeboten wie Betreutes Wohnen, Caritas<br />
Sozialstation, Tagespflege, Kurzzeitpflege, „Junge Pflege in<br />
der Phase F“, Außerklinische Intensivpflege, Mobile Mahlzeiten<br />
sowie in den Wohngemeinschaften mit viel Empathie<br />
und fachlicher Kompetenz umgesetzt.<br />
Insgesamt werden in allen Bereichen jeden Tag über 900<br />
ältere, hilfs- oder pflegebedürftige Menschen versorgt und/<br />
oder haben ein neues Zuhause im St. Pius-Stift gefunden.<br />
Alois von Hammel legte Grundstein<br />
Das St. Pius-Stift kann auf eine erfolgreiche Geschichte zurückblicken.<br />
Bereits 1947 legte der damalige Bether Kaplan<br />
Alois von Hammel mit seiner Stiftung den Grundstein für das<br />
erste Seniorenwohnheim Cloppenburgs. Bis zu seinem Tod<br />
am 6. Februar 1963 war er 16 Jahre lang Kuratoriumsvorsitzender<br />
und hat sich in dieser Zeit sehr um die Belange des<br />
Hauses und vor allem um das Wohl der dort lebenden Menschen<br />
verdient gemacht.<br />
Die Stadt Cloppenburg stellte zur Gründung des Pflegeheims<br />
ein Haus an der Friesoyther Straße zunächst für die<br />
Dauer von zehn Jahren mietfrei zur Verfügung und so fanden<br />
hier 30 Bewohner*innen Unterkunft. Die vorhandenen<br />
Wohnplätze reichten aber schon bald nicht mehr aus und so<br />
wurde 1957 mit Unterstützung der Stadt ein zweigeschossiger<br />
Erweiterungsbau errichtet.<br />
Aufgrund der stetig wachsenden Nachfrage nach Betreuungsplätzen<br />
entschied sich das Kuratorium nach zwanzig<br />
Jahren für einen Neubau. 1970 konnten die 100 modern<br />
ausgestatteten Ein-Bett-Zimmer bezogen werden. Ebenfalls<br />
seit dieser Zeit lebten und arbeiteten die Ordensschwestern<br />
der Thuiner Kongregation vom hl. Märtyrer Georg im neu<br />
erbauten St. Pius-Stift und übernahmen neben der Leitung<br />
des Seniorenheims auch den Aufbau der Pflegeschule sowie<br />
Aufgaben in der Pflege und Betreuung. Über 46 Jahre waren<br />
sie ein unverzichtbarer Bestandteil des Hauses und prägten<br />
es mit ihren gelebten christlichen Werten nachhaltig.<br />
Von 1983 bis 2016 gestaltete Hermann Schröer als Verwaltungsdirektor<br />
die Entwicklung zu einem modernen und offenen<br />
Haus. Im Rahmen einer Neustrukturierung übernahm er bis zu<br />
seinem Ruhestand im Jahr 2018 den Stiftungsvorstand des Hauses.<br />
Sein Nachfolger wurde Matthias Hermeling, der seitdem als<br />
neuer Stiftungsvorstand die Geschicke des Hauses leitet.<br />
48<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Anzeige
Das erste Haus mit seinen ersten Bewohnern<br />
Neue Chronik erscheint zum Jubiläum<br />
75 Jahre sind ein guter Anlass, die Vergangenheit Revue<br />
passieren zu lassen und dabei auch zuversichtlich in die Zukunft<br />
zu blicken. Mit großem Engagement und aufwendiger<br />
Recherchetätigkeit im hauseigenen Archiv verfasst der Chronik-Ausschuss<br />
des Hauses zurzeit eine neue Chronik. Aktuelle<br />
und ehemalige Mitarbeiter*innen treffen sich bereits seit<br />
einigen Monaten und haben eine Menge Informationen und<br />
Geschichten zusammengetragen. Das lesenswerte und reich<br />
bebilderte Buch wendet sich nicht nur an die Bewohner*innen,<br />
sondern ist eine interessante Lektüre für jeden, der sich<br />
mit dem Haus verbunden fühlt. Die Chronik wird pünktlich<br />
zum Jubiläum erscheinen und viele interessante Einblicke in<br />
die Entwicklung dieser für Cloppenburg so bedeutenden sozialen<br />
Einrichtung geben.<br />
Jubiläumsfeierlichkeiten starten am 20. Mai<br />
Das St. Pius-Stift lädt – unter der Voraussetzung, dass die<br />
aktuelle Corona-Lage eine öffentliche Feier möglich macht<br />
– alle Bewohner*innen, Angehörigen, haupt- und ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter*innen sowie alle Interessierten zu einem<br />
großen Jubiläumswochenende ein.<br />
Am Freitag, dem 20. Mai 2022, starten die offiziellen Feierlichkeiten<br />
mit geladenen Gästen um 10 Uhr mit einem<br />
Gottesdienst in der Kapelle. Nach der anschließenden Begrüßung<br />
durch Stiftungsvorstand Matthias Hermeling findet<br />
unter der Moderation von Caritas-Direktor Dr. Gerhard Tepe<br />
eine Podiumsdiskussion unter dem Motto „Pflege – früher,<br />
heute und morgen“ mit Vertretern aus der Pflege, der Caritas,<br />
der Kirchen und der Politik statt.<br />
Zum Abschluss des ersten Tages findet am Abend ein großes<br />
Fest für alle Mitarbeiter*innen statt.<br />
Pastor Alois von Hammel<br />
„Tag der offenen Tür“ für alle Interessierten<br />
Am Sonntag, dem 22. Mai, sind alle Interessierten herzlich<br />
zu einem „Tag der offenen Tür“ eingeladen. Nach einem gemeinsamen<br />
Gottesdienst um 10 Uhr können sich Gäste und<br />
Bewohner im Festzelt mit einer deftigen Erbsensuppe stärken.<br />
Am Nachmittag wird dort Kaffee und Kuchen angeboten<br />
und alle Gäste sind herzlich zum gemeinsamen Klönen<br />
und zum gemütlichen Verweilen eingeladen. Auch an die<br />
jüngsten Besucher wurde gedacht. Sie können ausgelassen<br />
in einer großen Hüpfburg toben.<br />
Mitarbeiter*innen des Hauses führen die Besucher*innen<br />
in halbstündig durchgeführten, begleiteten Rundgängen<br />
durch die Räumlichkeiten und informieren über die verschiedenen<br />
Betreuungsmöglichkeiten im St. Pius-Stift. Aus<br />
Rücksicht auf die Privatsphäre der Bewohner*innen sind ausschließlich<br />
geführte Rundgänge möglich. Die Heimleitung<br />
bittet um Verständnis und Rücksichtnahme. Die Veranstaltung<br />
endet um 17 Uhr.<br />
Sollte das Jubiläum wie geplant gefeiert werden können,<br />
finden sämtliche Veranstaltungen unter den jeweils aktuellen<br />
Corona-Vorschriften statt. Ob die geplanten Aktionen<br />
unter 2G, 3G oder 2G+ durchgeführt werden müssen, ist<br />
leider noch nicht abzusehen. Alle Informationen dazu sind<br />
kurzfristig auf der Homepage und der Facebook-Seite des<br />
Hauses zu finden.<br />
St. Pius-Stift<br />
Friesoyther Straße 7<br />
49661 Cloppenburg<br />
Tel.: 04471 183-0<br />
info@pius-stift.de<br />
www.pius-stift.de<br />
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49
REPORTAGE<br />
DIE AHLHORNER FISCHTEICHE<br />
Text // Ludwig Middendorf<br />
Fotos // Ludwig Middendorf, Eckhard Albrecht + Ulla Schmitz<br />
Die Ahlhorner Fischteiche: Wasser, Wald und stille Wege. Ein Natur- und Wanderparadies<br />
für Menschen. Im Amtsdeutsch ein Naherholungsgebiet und ein Staatsbetrieb<br />
der Forst- und Fischwirtschaft. Womit oberflächlich die Beschreibung dieser<br />
zauberhaften Landschaft für einen nüchternen Beobachter abgeschlossen ist, doch<br />
steckt so viel mehr dahinter!<br />
Hier ist vor mehr als hundert Jahren eine Landschaft<br />
von Menschenhand völlig verändert worden und das<br />
Ergebnis zeigt, dass Natur nicht zerstört, sondern positiv<br />
gewandelt wurde. In unserer kargen, ja öden Geestlandschaft<br />
entstand ein Refugium für viele Tiere und nicht nur<br />
das. Auch die jüngere Geschichte hat hier ihre Spuren hinterlassen<br />
und darum ist es durchaus der Mühe wert, sich mit<br />
diesem Gebiet näher zu befassen.<br />
Fluss des Vergessens und des Aufbaus<br />
Das kleine Flüsschen Lethe spielt die Hauptrolle. Im Garther<br />
Feld, nur knapp zwei Kilometer nördlich vom Ursprung<br />
der Soeste, beginnt die Lethe ihren Lauf, nimmt beim Gut<br />
Lethe aus einem Wasserlauf, der vom Ahlhorner Flugplatz<br />
kommt, genug Wasser auf, um etwas weiter nördlich, eine<br />
Mühle antreiben zu können. Die Lethe führte in meiner Jugend<br />
so klares Wasser, dass ich bedenkenlos daraus getrun-<br />
50<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
Foto: L. Middendorf<br />
Foto: E.Albrecht<br />
Fischernte<br />
Foto: L. Middendorf<br />
Foto: L. Middendorf<br />
ken habe, heute würde ich es nicht mehr riskieren. Mit zehn<br />
Meter Höhenunterschied auf kurzer Strecke hat die Lethe<br />
auch ein starkes Gefälle und bietet damit ideale Voraussetzungen<br />
für einen Stau, und damit beginnt die Geschichte<br />
der Ahlhorner Fischteiche.<br />
Es gibt mehrere Gründe, welche dazu führten, dass die Oldenburgische<br />
Landesregierung Ende des 19. Jahrhunderts<br />
die Anlage dieser Teiche beschloss. Das Grundproblem<br />
waren die kargen Geestböden, die nach der letzten Eiszeit<br />
entstanden waren und von denen sich die Menschen kaum<br />
ernähren konnten. Auf den trockenen und nährstoffarmen<br />
Böden konnte, außer Heide, kaum etwas gedeihen. An diese<br />
Heidelandschaft erinnert heute nur noch der Begriff Autobahnkreuz<br />
„Ahlhorner Heide“ und ein kleines Reststück von<br />
Heide, östlich der Fischteiche fast an der Autobahn. Noch<br />
in den ersten Jahren nach dem Krieg gab es diese Heideflächen<br />
in dem Bereich zwischen der Straße von Kellerhöhe<br />
nach Beverbruch, die dann nach und nach zu Ackerland umgebrochen<br />
wurden.<br />
Um 1890 waren die Menschen, die hier lebten, arm und<br />
einseitig ihre Ernährung. Um den Boden etwas ertragreicher<br />
zu machen, bot es sich an, vom Mühlenstau ausgehend, Gräben<br />
zu ziehen, um die höher liegenden Flächen zu bewässern.<br />
Gleichzeitig konnten Teiche für die Fischzucht angelegt<br />
werden, die ebenfalls aus diesen Zuleitern gespeist wurden.<br />
Mit der Fischzucht wollte man zusätzliche eiweißreiche Nahrung<br />
zur Verfügung stellen. Außerdem gab es bereits ein<br />
paar natürliche Seen, wie zum Beispiel den Diana See. Das<br />
war ein Indiz dafür, dass es wasserundurchlässige Bodenschichten<br />
gab, die das Anlegen von Teichen zuließen. Der<br />
Diana See ist überdies 14 Meter tief und am Boden mit einer<br />
dicken Faulschlammschicht bedeckt, aus dem Methangase<br />
emporsteigen. Fische können in diesem See nicht leben.<br />
Eine junge Natur-Oase<br />
Aber diese neuen Teichanlagen waren durch die wandernden<br />
Wehsanddünen gefährdet, so dass die Ödlandflächen<br />
rund herum aufgeforstet werden mussten. So entstanden<br />
in einer unendlich öden, fast wüstenähnlichen Landschaft<br />
nicht nur die kleinen Seen, sondern auch ein Waldgebiet,<br />
dass sich nun nach über 120 Jahren dem Besucher zur Erholung<br />
anbietet. Diese jungen Waldgebiete lassen sich alleine<br />
schon am Baumbestand erkennen. Es sind überwiegend<br />
Nadelbäume, wie Kiefer, Lärche und Douglasie. Eben Pflanzen,<br />
die auf dem Sandboden wachsen konnten. Ganz anders<br />
sieht dagegen der fast urwaldmäßige Bewuchs in dem tiefliegenden<br />
Lethetal aus. Hier hatte die Feuchtigkeit auch<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
51
Die Fischteiche ohne Wasser im Winterblues<br />
Laubbäume gedeihen lassen und so muss in alten Zeiten die<br />
Lethe wie eine Oase in der eintönigen Heidelandschaft gewirkt<br />
haben. Wer vom Wanderparkplatz zu den Fischteichen<br />
gehen will, wird die Lethe überqueren und wird dabei feststellen,<br />
wie tief sich der Bach in die Landschaft eingegraben<br />
hat. Vor 100 Jahren muss sie ein echtes Verkehrshindernis<br />
gewesen sein, und nicht von ungefähr bildet die Lethe eine<br />
natürliche Grenze zwischen den heutigen Landkreisen Oldenburg<br />
und Cloppenburg. Eine Grenze, die so stark trennte,<br />
dass es zwischen dem evangelischen Oldenburg und dem<br />
katholischen Cloppenburg kaum Verbindungen gab.<br />
Das Anlegen von Teichen auf den hoch liegenden Geestsandflächen<br />
war nur durch ein mehrfaches Aufstauen der<br />
Lethe möglich. Einen solchen Stau findet man auf dem Weg,<br />
der kurz vor den Gebäuden der Landesforsten nach links abbiegt.<br />
Durch das Aufstauen entstanden zunächst die kleinen<br />
Seen im Verlauf der Lethe. Von diesen Seen wurden Gräben,<br />
sogenannte Zuleiter gezogen, über die das Wasser in die<br />
Teiche gelangt. Bis 1930 entstanden um die 60 Einzelteiche.<br />
Um den Zu- und Abfluss regulieren zu können, baute man<br />
kleine Sperrwerke, die sogenannten „Mönche“. Sie stehen<br />
wie einsame Wächter an den Ufern und, wenn im Herbst das<br />
Wasser aus den Teichen abgelassen wird, beobachten sie, wie<br />
die Fische dort aus dem letzten Rest Wasser eingesammelt<br />
werden.<br />
Rund um drei ehemalige Bauernhöfe entstanden die heutigen<br />
Gebäude des Fischereibetriebes und der Niedersächsischen<br />
Landesforsten. Eines der alten Gebäude steht heute<br />
noch, doch rund herum wurden auch Einrichtungen wie ein<br />
waldpädagogisches Zentrum und Spielplätze gebaut. Dahinter<br />
liegen Fischaufzuchtteiche und die darüber gespannten<br />
Netze zeugen davon, dass sich auch Fischreiher und Kormoran<br />
für die eiweißreiche Nahrung interessieren.<br />
Rückzugsort von Nazi-Größen/Kreuzkampf<br />
An dieser herrlichen Landschaft mit Seen und Wälder fand<br />
jedoch nicht nur die Tierwelt ihren Gefallen: Die Nationalsozialisten<br />
bauten sich hier ein Blockhaus, in dem sie ungestört<br />
ihren Ideen nachhängen konnten. Was heute als Jugendund<br />
Kinderfreizeitanlage der ev.-luth. Kirche in Oldenburg<br />
bekannt ist, hatten sich die Nazis als Club- und Jagdhaus<br />
errichtet, und der später in die Geschichte als „Kreuzkampf“<br />
eingegangene Streit um die Kreuze in den Schulen, nahm<br />
hier seinen Anfang. Hier stichelten die Nazigrößen bei einem<br />
Treffen so lange gegen Röver*, bis dieser Maßnahmen zur<br />
Entfernung der Kreuze in den Schulen ergriff, was schließlich<br />
zum „Kreuzkampf“ führte, der weit über die Region hinaus<br />
für Aufsehen sorgte. Anlass für diese Stichelei war das<br />
aufmüpfige Verhalten des Böseler Pastors Sommer, der die<br />
offizielle Einweihung einer Schule mit den Nazigrößen boykottierte<br />
und stattdessen die Einweihung einen Tag später<br />
vornahm.<br />
Natur als Altarbild in der kleinen Kirche auf der Blockhausinsel<br />
Die kleine Kirche auf der Blockhausinsel<br />
Ein besonderes Gebäude dieser Einrichtung stellt die Kirche<br />
„St. Petri zu den Fischteichen“ dar. Diese aus Fertigteilen<br />
vorproduzierte Kirche war zunächst als Notkirche in Steinfeld<br />
1950 aufgestellt worden. Als 1964 dort eine massive Kirche<br />
gebaut wurde, diente sie bis 1981 der Jugendarbeit. Um sie<br />
vor dem Abbruch zu retten, setzte sich vor allem der damalige<br />
Leiter des Blockhauses, Rolf von der Dovenmühle, dafür<br />
Foto: E.Albrecht<br />
52 Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
ein, diese Kirche nach Ahlhorn zu bringen und mit Fachleuten und ehrenamtlichen<br />
Helfern gelang es, die Notkirche in Steinfeld abzubauen und auf dem schönsten<br />
Platz auf der Blockhausinsel wieder aufzustellen. Diese Kirche ist insofern ein besonders<br />
Baudenkmal, als sie doch von dem Wandel zeugt, der nach dem Krieg<br />
durch den Zuzug vieler evangelischer Christen in das katholische Südoldenburg<br />
zeugt.<br />
Das gesamte Areal der Ahlhorner Fischteiche ist 465 Hektar groß und seit 1993<br />
als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Die Bewirtschaftung der Teiche erfolgt durch<br />
staatliche Verwaltungen. Gezüchtet werden Karpfen, Hechte, Schleien und Forellen<br />
und wenn an bestimmten Tagen die Fischer ihre Tore öffnen ist ihnen ein großer<br />
Besucherandrang gewiss.<br />
Zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter und immer, sind die Ahlhorner Fischteiche<br />
eine Natur-Oase, unbehelligt von den lauten Tönen der heutigen Zeit.<br />
* Carl Georg Röver (1899-1942) war NSDAP-Leiter des Gaus* Weser-Ems im Bereich der Stadt<br />
Bremen und des Freistaates Oldenburg. Gleichzeitig war er „Reichsstatthalter“ für Oldenburg<br />
und Bremen und hatte in der SA den Rang eines Obergruppenführers. SA: Die Sturmabteilung<br />
war die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP (Nationalsozialistische<br />
Deutsche Arbeiterpartei)<br />
*Gau = als für Region, Landschaft, Verwaltungseinheit<br />
Die Lethe, Fluss der Vergessenheit oder der Vergesslichkeit<br />
Die Lethe ist bekannt aus der griechischen Mythologie, als Fluss der Vergessenheit<br />
oder auch der Vergesslichkeit. Von ihrem Da-Sein berichtete<br />
erstmals der altgriechische Philosoph Platon mit Bezug auf die anderen<br />
Flüsse der Unterwelt: Styx, das Wasser des Grauens; Acheron, das Wasser<br />
für Schmerz und Kummer; Kokytos, Fluss des Wehklagens; Phlegethon,<br />
Fluss aus kochendem Blut, der Flammen führt und Eridanus, Fluss am<br />
Ende der Welt.<br />
Die Lethe musste von den Toten vor dem Betreten der Unterwelt überquert<br />
werden. Davor aber hatten sie das Wasser der Lethe trinken, um<br />
ihre irdische Existenz zu vergessen. „Lethe“ ist auch der Name der Göttin<br />
der Vergesslichkeit, der Tochter von Eris. Sie wacht über den Fluss Lethe.<br />
Allerdings gab es eine Alternative zum Vergessen, glaubt man Grabinschriften<br />
von etwa 400 v. Chr. Sie besagen, dass die Toten ihre Erinnerung<br />
an das irdische Leben behalten konnten, wenn sie die Lethe umgehen<br />
und stattdessen aus jenem Strom trinken, der aus dem See der Göttin der<br />
Erinnerung, Mnemosyne, fließt.<br />
Zurück in unserer heutigen Welt, können wir jedoch feststellen, dass Ludwig<br />
Middendorf seine Erinnerungen behalten hat – obwohl er schon aus<br />
der Lethe trank! Ob uns das was sagen will, und wenn was?<br />
Es bleibt spannend mit diesem Unterwelt-Fluss aus der griechischen Mythologie<br />
an den Ahlhorner Fischteichen.<br />
usch<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
53
ANZEIGE<br />
ALLOHEIM CLOPPENBURG<br />
Gemeinsames Leben im Alter mit<br />
Komfort und Wohlbefinden<br />
Text // Sigrid Lünnemann<br />
Eine hohe Lebens- und Wohnqualität in einem angenehmen Ambiente bietet die<br />
„Alloheim Senioren-Residenz im Pieper Quartier“ und profitiert von der ruhigen und<br />
doch zentrumsnahen Lage in der Friedrich-Pieper-Straße 33.<br />
„Wir dienen Ihrer Lebensqualität“ lautet die Maxime, nach<br />
der sich alle Mitarbeiter*innen sowie Residenzleitung Martin<br />
Guderle hier jeden Tag für das Wohlbefinden und die Lebensqualität<br />
der Bewohner*innen engagieren. Die liebevoll<br />
ausgestattete, komfortable Einrichtung sowie das freundliche<br />
Miteinander sorgen für eine behagliche, familiäre Atmosphäre,<br />
in der man sich zu Hause fühlt. Zusätzlich erhalten<br />
die Bewohner*innen eine umfassende und persönlich abgestimmte<br />
Pflege und Unterstützung, so dass niemand auf<br />
Individualität und Selbstbestimmung verzichten muss.<br />
Dabei bietet die Einrichtung die Möglichkeiten der Langzeit-,<br />
der Kurzzeit- und der Verhinderungspflege, so dass alle<br />
Senior*innen optimal versorgt werden und Angehörige die<br />
notwendige Unterstützung und Entlastung erhalten. Aktuell<br />
stehen die Planungen zur Erweiterung des pflegerischen<br />
Angebotes kurz vor dem Abschluss. In Zukunft soll hier<br />
die „Junge Pflege“ etabliert werden, so dass auch jüngere<br />
Menschen mit schweren neurologischen und psychischen<br />
Erkrankungen vor Ort eine kompetente und spezialisierte<br />
Pflege und Unterstützung erhalten können.<br />
Frisches und saisonales Essen für<br />
mehr Abwechslung und Genuss<br />
Um eben diese individuelle Versorgung zu gewährleisten,<br />
sowie die Intimsphäre des Einzelnen zu schützen, ist<br />
das Haus in sieben helle und großzügig gestaltete Wohnbereiche<br />
unterteilt. Die großzügig gestalteten Einzelzimmer<br />
verfügen über Platz für eigene, liebgewonnene Möbel und<br />
jeweils über ein barrierefreies Bad. Jeder einzelne Wohnbereich<br />
ist mit einem eigenen Speisesaal und einer modernen<br />
Einbauküche ausgestattet. Denn gemeinsames Kochen oder<br />
Backen mit den Betreuungskräften gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen<br />
der Bewohner*innen und sorgt darüber hinaus<br />
für Abwechslung, trainiert Motorik und Gedächtnis und<br />
festigt das Gemeinschaftsgefühl.<br />
54<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Anzeige
Eine gesunde und abwechslungsreiche Verpflegung ist<br />
hier selbstverständlich. Die Küchenleitung hält täglich zwei<br />
Gerichte zur Auswahl bereit, bei denen auf Frische und Saisonalität<br />
geachtet wird. Bei der Zubereitung werden selbstverständlich<br />
gesundheitliche als auch religiöse Bedürfnisse berücksichtigt.<br />
Auch Wünsche und Anregungen von Seiten der<br />
Bewohner*innen nimmt die Küche gerne auf und setzt sie<br />
in leckere und bekömmliche Mahlzeiten um. Dabei verlässt<br />
sich das Alloheim sowohl in der Küche wie auch beim Reinigungspersonal<br />
ausschließlich auf eigenes Personal – zum<br />
Schutz und zur Sicherheit der Bewohner*innen.<br />
Gesamtes Personal ist geimpft –<br />
zum Schutz der Bewohner*innen<br />
Vor dem aktuellen Hintergrund der Corona-Pandemie ist<br />
Martin Guderle besonders stolz auf sein Pflegepersonal: „Die<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich mit großem<br />
Engagement und viel Verantwortungsbewusstsein um die<br />
hier lebenden Seniorinnen und Senioren. Daher hat sich unser<br />
gesamtes Pflegepersonal impfen lassen.“<br />
Zusätzlich gilt aktuell für alle Besucher*innen und Mitarbeiter*innen<br />
des Hauses die 3G+Regelung, so dass auch<br />
dreifach-geimpfte Personen einen tagesaktuellen, negativen<br />
Corona-Test mitbringen müssen. Die Bewohner*innen<br />
werden zudem mindestens zweimal pro Woche getestet.<br />
Aufgrund der Corona-Situation musste das Seniorenheim<br />
in den letzten Monaten auf den Besuch von Schulklassen<br />
und Vereinen verzichten, die bis dahin gerne als Besucher<br />
gesehen wurden. Die Mitarbeite*rinnen bieten den Bewohner*innen<br />
aber weiterhin ein abwechslungsreiches Angebot<br />
an gemeinsamen Aktivitäten und Aktionen.<br />
Einschränkungen, eine höchstmögliche Lebensqualität zu<br />
erhalten. Mit diesem Ziel vor Augen, ermöglicht das Team<br />
von Martin Guderle allen Bewohner*innen einen angenehmen<br />
Lebensabend mit der bestmöglichen Versorgung und<br />
Pflege. „Wir dienen Ihrer Lebensqualität“ ist hier auch als gelebte<br />
Philosophie zu verstehen. So lässt es sich im Alter gut<br />
leben.<br />
Beratung und Unterstützung bei Fragen<br />
rund um die Pflege<br />
Wer Pflege und Unterstützung im Alter braucht, sollte sie<br />
möglichst schnell und einfach bekommen. Leider sieht die<br />
Realität oft anders aus und viele Menschen, die für sich oder<br />
für einen Angehörigen Pflege benötigen, fühlen sich angesichts<br />
der Fülle an Paragrafen, Formularen und Fachbegriffen<br />
oft überfordert.<br />
Speziell geschulte Fachkräfte des Hauses informieren und<br />
beraten hier gerne und helfen bei der Klärung von Ansprüche<br />
sowie beim Ausfüllen der notwendigen Formulare. Auf<br />
Wunsch geben sie Unterstützung bei Behördengängen oder<br />
Gesprächen mit den Kostenträgern wie Pflege- und Krankenkassen<br />
sowie den Sozialhilfeträgern.<br />
Martin Heinz Guderle<br />
Residenzleitung<br />
E-Mail: cloppenburg@alloheim.de<br />
Tel.: 04471 - 8828-0<br />
www.alloheim.de<br />
Die Nachmittage werden gerne im hauseigenen, hell und<br />
freundlich eingerichteten Café im Erdgeschoss verbracht.<br />
Dort gibt es Platz für circa 40 Gäste und es kann – nach dem<br />
Ende der Corona-Beschränkungen - auch wieder für kulturelle<br />
Veranstaltungen genutzt werden. Im Sommer lädt zudem<br />
eine großzügige Terrasse zum Verweilen ein.<br />
Enge Zusammenarbeit mit internen<br />
und externen Therapeuten<br />
Zur gesundheitlichen Vorsorge und zur Therapie stützt<br />
sich die Einrichtung auf die enge Zusammenarbeit mit<br />
Ärzt*innen und Therapeut*innen und bietet je nach Wunsch<br />
und Bedarf Logotherapie, Ergotherapie und vieles mehr an.<br />
So arbeitet das Haus seit kurzem eng mit der Demenzfachkraft<br />
und Ergotherapeutin Sandra Pleye aus Emstek zusammen,<br />
die zu Therapiestunden in die Einrichtung kommt.<br />
Fußpflegerin Veronika Baranow betreibt zudem ihre eigene<br />
Praxis im Haus, so dass die Bewohner*innen keine langen<br />
Wege auf sich nehmen müssen.<br />
An erster Stelle steht das Bestreben, den Bewohnern des<br />
„Alloheims“, trotz möglicher körperlicher oder kognitiver<br />
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55
START IN DIE GARTENSAISON<br />
In Appeltern gibt es Inspirationen<br />
für jedes Grundstück<br />
Fotos: Appeltern<br />
Wann startet die Gartensaison? Diese Frage lässt sich nicht<br />
eindeutig beantworten. Es ist schließlich ganz individuell,<br />
wann man draußen aktiv wird. Die einen kribbelt es schon<br />
Anfang des Jahres in den Fingern, die anderen warten lieber<br />
noch ein wenig, bevor sie zur Schaufel greifen. Nicht zuletzt<br />
hängt es auch von dem eigenen Garten und den Pflanzen ab,<br />
wann das erste Mal geschnitten und gepflanzt wird. Spätestens<br />
im März beginnt jedoch für die meisten Hobbygärtner<br />
die Gartensaison.<br />
Was jetzt im Garten getan werden kann<br />
Nun stehen allerhand Arbeiten auf dem Programm. Viele<br />
Pflanzen, wie Hortensien und Rosen möchten geschnitten,<br />
Blühstauden und Ziergräser bei Bedarf geteilt werden. Wer<br />
einen Teich besitzt, kann diesen nun auf den Frühling vorbereiten:<br />
Das Laubnetz entfernen und die Uferbepflanzung<br />
stutzen. In Kräuter- und Gemüsebeeten lassen sich bereits<br />
die ersten Samen aussäen, während sich der Rasen gegen<br />
Ende des Monats über eine Vertikutierung freuen könnte.<br />
„Der Frühlingsbeginn ist aber nicht nur die beste Zeit, den<br />
Garten zu pflegen und auf das neue Jahr vorzubereiten, sondern<br />
auch, um ganz neue Gartenideen zu realisieren", weiß<br />
Gartenspezialist Ben van Ooijen von den Gärten von Appeltern.<br />
„Schon mit wenigen Handgriffen lassen sich dem eigenen<br />
Grundstück nun neue Glanzpunkte verleihen. Auch für<br />
große Projekte ist jetzt die perfekte Zeit."<br />
Im Garten neue Ideen realisieren<br />
Wer etwas verändern möchte, dem empfiehlt der Landschaftsgärtner,<br />
sich zuallererst in Gedanken zu rufen, was<br />
im letzten Jahr im eigenen Garten gefehlt hat. Ließ zum<br />
Beispiel die Grillecke zu wünschen übrig? Oder kam der<br />
Wunsch nach etwas Erfrischung durch ein Wasserspiel oder<br />
gar Pool auf? Fehlte vielleicht ein Rückzugsort im hinteren<br />
Bereich, an dem man im Sommer im Schatten entspannen<br />
konnte? Und gab es Wünsche vonseiten der Kinder wie ein<br />
Baumhaus oder naturnahes Areal, in dem es im Sommer<br />
summt und brummt?<br />
56<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
Über 200 verschiedene Gartentypen<br />
können im niederländischen<br />
Schaugartenpark hautnah erlebt<br />
werden: Tausende Inspirationen zum<br />
Anfassen und auf sich wirken lassen<br />
Die Gärten von Appeltern befinden<br />
sich in der Nähe von Nimwegen<br />
und sind somit auch für einen<br />
Wochenendausflug oder gar<br />
Tagestrip zu empfehlen<br />
„Der eigene Garten sollte genauso individuell und auf die<br />
eigenen Bedürfnisse angepasst sein, wie die Wohnung oder<br />
das Haus. Das betrifft sowohl die Gestaltung als auch den<br />
damit einhergehenden Pflegeaufwand", betont van Ooijen.<br />
„Nur dann macht das eigene Grün hinter dem Haus auch<br />
rundum glücklich."<br />
Garteninspirationen auf 22 Hektar<br />
Das Thema Glück im Garten ist dem Niederländer sehr<br />
wichtig. Aus diesem Grund legte er bereits vor über 30 Jahren<br />
den Grundstein für die Gärten von Appeltern. Was mit<br />
wenigen Schaugärten begann, ist mittlerweile zu einem 22<br />
Hektar großen Park geworden, in dem über 200 verschiedene<br />
Gartentypen hautnah erlebt werden können: Tausende<br />
Inspirationen zum Anfassen und auf sich wirken lassen.<br />
Dazu gibt es sowohl vor Ort als auch online allerhand Informationen<br />
zu den verwendeten Materialien und Pflanzen,<br />
es gibt Pläne zum Downloaden und Hinweise zum Pflegeaufwand.<br />
Schwerpunkt im Frühjahr sind zum Beispiel die<br />
Themen Rasen und Schnitt. An den Wochenenden stehen<br />
zudem Experten im Gartenberatungszentrum für individuelle<br />
Fragen und Gartenentwürfe bereit - alles im Eintrittspreis<br />
enthalten.<br />
Mit Sicherheit das Gartenglück erleben<br />
Für 1001 Garteninspirationen und hilfreiches Gartenwissen<br />
darf ein Ausflug in die Gärten von Appeltern also nicht<br />
fehlen. Der Park ist ab dem 01. März täglich von 10 bis 17 Uhr<br />
geöffnet und hat ein bewährtes Sicherheitskonzept. Zudem<br />
ist das Areal sehr groß und die Wege breit. Ein erforderlicher<br />
Mindestabstand kann daher stets eingehalten werden.<br />
Für den Eintritt ist kein Impf- oder Testnachweis erforderlich.<br />
Lediglich für den Besuch der Gastronomie wird ein<br />
3G-Nachweis verlangt, aber auch der kann in den nächsten<br />
Wochen noch wegfallen. Damit ein sicherer, kontaktloser<br />
Eintritt gewährleistet werden kann, werden Besucher gebeten,<br />
sich vorab ein Online-Ticket auf der Website zu kaufen.<br />
Weitere Informationen gibt es auf appeltern.nl/de/.<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
57
Wie es euch gefällt ...<br />
Bunte Tulpensträuße sind der Frühling<br />
Hurra, endlich sind Tulpen wieder da! Die Freude ist<br />
bei den meisten Menschen groß, wenn sie die fröhlichen<br />
Zwiebelgewächse zum Jahresbeginn wieder auf den Wochenmärkten,<br />
beim Floristen oder auch im Supermarkt<br />
entdecken. Denn wenn die Tulpen zurück sind, ist das<br />
ein untrügliches Zeichen dafür, dass ein Großteil der kalten<br />
und dunklen Jahreszeit überstanden ist und es jetzt<br />
jeden Tag ein wenig heller wird. Klar, noch kommen die<br />
Swchnittblumen in erster Linie aus Gewächshäusern in<br />
den Niederlanden, trotzdem kann man sich mit ihnen<br />
bereits echtes Frühlings-Feeling in die eigenen vier Wände<br />
holen. Arrangieren lassen sich die Schönheiten in der<br />
Vase übrigens auf ganz unterschiedliche Weise. Hier einige<br />
Vorschläge:<br />
Vernichten<br />
Da sind sie wieder, die<br />
Deutungen und Mutmaßungen,<br />
die jeder neuen Romanveröffentlichung<br />
des französischen<br />
Schriftsellers Michel<br />
Houellebecqs garantiert<br />
und prompt folgen. Und die<br />
Verwirrungen ob des neuerlichen<br />
Gedankengutes, das<br />
der geniale Denker über uns<br />
ausschüttet. In seiner, eben<br />
dieser Art, uns daran teilhaben<br />
zu lassen. Insofern sind<br />
die Verwirrungen legitim – wenn es heißt, dass der Meister<br />
sich langweilt oder lieber eine Schildkröte sein will – doch<br />
wären die Rezensionen wahrhaftiger, wenn man sie einfach<br />
zugäbe. Wie es die F.A.Z. zum Beispiel getan hat, die den<br />
Bestsellerautor Michel Houellebecq rühmt als „ein gewaltig<br />
überlegenes Gehirn. Man kann sich vor diesem verkappten<br />
Humanisten, diesem wirklich freien Geist nur verneigen.“<br />
Nehmen und lesen, ist die Empfehlung. Ja natürlich, wobei<br />
das nicht reicht, denn auch „Vernichten“ ist von solcher<br />
Intensität, dass man hineinlesen muss, hineinversetzen. In<br />
die Handlung, um darüber Zutritt zu finden in das Konstrukt<br />
der Welt um 2027, als in Frankreich Präsidentschaftswahlen<br />
anstehen und im Internet ein Video auftaucht, in dem die<br />
Hinrichtung eines der möglichen Kandidaten gezeigt wird,<br />
mittels einer Guillotine, auf einer Wiese mit kahlen Bäumen.<br />
Wer mag, kann Tulpen<br />
auch mit anderen Schnittblumen<br />
mischen. Für einen<br />
schönen Frühlingsstrauß<br />
bieten sich besonders diejenigen<br />
an, die in der Natur<br />
etwa zeitgleich erscheinen.<br />
Gleichzeitig gehen Videos mit Attentaten auf eine Samenbank,<br />
auf Containerschiffe und auf ein Flüchtlingsboot viral<br />
– in der typisch Houellebecq`schen Lesart die Metapher für<br />
das Bestreben der heutigen Gesellschaft durch Einwanderung<br />
und künstliche Fortpflanzung sinkende Geburtenraten,<br />
die Auflösung der eigenen Kultur zu kompensieren. Was ausschließlich<br />
den Zielvorgaben des herrschenden Mega-Kapitalismus<br />
– Wachstum für noch mehr Rendite – dient.<br />
Manchmal muss es einfach<br />
elegante Opulenz<br />
sein. Keine Angst:<br />
Dieses Fach beherrschen<br />
die Tulpen ebenfalls<br />
mit Bravour.<br />
Die Protagonisten von „Vernichten“ sind Paul Raison, ein<br />
karriereversessener Pariser Staatsbeamter und seine Familie<br />
im Beaujolais, der berühmten Weinregion. Einer vermeintlichen<br />
Idylle, die sich jedoch innerhalb Raisons Familie bei seiner<br />
Rückkehr als ebenso korrupte, versiffte und nur schwer zu<br />
ertragende Provinz-Bigotte entlarvt. Mit guten Zeiten darin,<br />
wie bei Rückblicken auf seine Jugend, die sich in einer einst<br />
nicht wahrgenommenen aber jetzt endlich verwirklichten<br />
Liebe realisieren – bis Paul Raison an Krebs erkrankt und alles<br />
ganz anders kommen wird als geplant. Wie auch in der großen<br />
Politik, wie beim Leben in der Idylle, wie bei allem, was<br />
jeden einzelnen von uns angeht.<br />
Houellebecq zeigt mit dem Finger darauf, wie immer. Einfühlsam<br />
hier, zynisch dort, abgründig und visionär. Houellebecq<br />
eben, der weit davon entfernt ist, altersmilde zu werden.<br />
Danke! usch<br />
Michel Houellebecq: Vernichten.DuMont Verlag<br />
ISBN 978-3-8321-8193-2. Euro 28,00<br />
58<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
Worauf es bei der<br />
KINDERERNÄHRUNG ANKOMMT<br />
Tipps rund um Mahlzeiten und gesunde Lebensmittel<br />
Ernährungsexpertin Dagmar von<br />
Cramm gibt Tipps, worauf es bei<br />
der Kinderernährung ankommt<br />
Wie wichtig ist das Frühstück<br />
als Mahlzeit für Kinder?<br />
Die Kinderernährung<br />
ist für Eltern ein wichtiges<br />
Thema. Doch oft<br />
herrscht Unsicherheit<br />
darüber, wie sich eine<br />
kindgerechte Ernährung<br />
im Alltag umsetzen lässt<br />
und welche Ratschläge<br />
wirklich sinnvoll sind.<br />
Die renommierte Ernährungsexpertin<br />
und Ratgeber-Autorin<br />
Dagmar<br />
von Cramm gibt hierzu<br />
Tipps.<br />
Nicht alle Kinder haben morgens Appetit. „Es kann helfen,<br />
bereits am Vorabend zu fragen, auf was das Kind am nächsten<br />
Morgen Lust hat und konkrete Vorschläge zu machen“,<br />
so von Cramm. „Wenn das Kind morgens wirklich nichts essen<br />
mag, sollte es für den ersten Energieschub zumindest ein<br />
Getränk wie einen frischen O-Saft, mit Honig gesüßten Tee<br />
oder Trinkjoghurt zu sich nehmen. Wichtig ist, dass das zweite<br />
Frühstück in Kita oder Schule dann etwas üppiger ausfällt.“<br />
Was sollten Eltern bei<br />
Zwischenmahlzeiten beachten?<br />
Am Vor- und Nachmittag brauchen Kinder eine Zwischenmahlzeit.<br />
„Das zweite Frühstück sollte eine gute Mischung<br />
aus kohlenhydratreichem Vollkornbrot, eiweißreichem Belag<br />
wie Käse oder Wurst und frischem Obst und Gemüse sein,<br />
plus Wasser. Nachmittags darf es dasselbe sein oder Kräuterquark<br />
mit rohen Gemüsesticks, ein Würstchen mit Reiscracker“,<br />
empfiehlt die Expertin.<br />
Was können Eltern tun, wenn das Kind<br />
gesunde Lebensmittel nicht isst?<br />
Bei vielen Obst- und Gemüsesorten ist es eine Frage der<br />
Gewohnheit und des Angebotes, ob Kinder sie essen. „Die<br />
Vorbildfunktion der Eltern spielt hier eine große Rolle“, mahnt<br />
von Cramm an. „Darüber hinaus sollte man mit seinem Kind<br />
reden und Kompromisse finden.“ Das Essen schmecke außerdem<br />
gleich besser, wenn Kinder es selbst oder gemeinsam<br />
mit den Eltern zubereiten. Anstelle von Schokokeksen gibt es<br />
dann zum Beispiel einen selbst gebackenen Müsliriegel als<br />
Snack in der Pausenbox.<br />
Worauf sollten Eltern beim Kauf von<br />
verarbeiteten Lebensmitteln achten?<br />
Neben frischen Lebensmitteln und Selbstgekochtem dürfen<br />
auch verarbeitete Produkte Teil des Speiseplans sein. „Je<br />
kürzer und verständlicher die Zutatenliste ist, umso besser.<br />
Der Salzgehalt sollte mäßig und weder Zucker noch Geschmacksverstärker,<br />
Hefeextrakte oder Aromen zugesetzt<br />
sein“, sagt die Expertin.<br />
Wir machen<br />
Lust auf...<br />
...gute und regionale Produkte.<br />
...gesunde Lebensmittel.<br />
...Spezialitäten von kleinen Höfen.<br />
...hausgemachte Marmelade.<br />
...reichhaltiges Frühstück.<br />
...leckeren Kuchen zum Kaffee.<br />
...Familienzeit.<br />
Besuchen Sie uns!<br />
Restaurant & BauernCAFE<br />
BauernScheune | BauernMARKT<br />
FRISCHEHOF DÖPKE<br />
Friesoyther Str. 1 (an der B72)<br />
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Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
59
REPORTAGE<br />
„ICH HABE DIE HÖLLE DURCHLEBT“<br />
Natascha und Simone erzählen<br />
über ihre Transidentität<br />
Text & Fotos // Martin Kessens<br />
„Was wir wollen, ist Aufklärung“, sagen Natascha Herpich<br />
und Simone Möller, die Leiterinnen der „Selbsthilfegruppe<br />
`Störungen´ der geschlechtlichen Entwicklung“ und fahren<br />
fort, dass „jede und jeder eingeladen ist, egal ob betroffen<br />
oder nicht, uns zu besuchen.“ Bewusst setzen die beiden<br />
Frauen „Störungen“ in Anführungszeichen, „denn, dass es<br />
eine Störung sei, behaupten andere, die Gesellschaft, die Eltern,<br />
Ärztinnen und Ärzte oder Lehrerinnen und Lehrer“.<br />
Natascha Herpich und Simone Möller sind in die Rolle<br />
des Mannes oder die des Jungen hineingedrängt worden.<br />
„Ich habe die Hölle durchlebt“, sagt Natascha, die seit ihrer<br />
Geburt von der Familie als ersehnter Stammhalter betrachtet<br />
wurde, sich jedoch immer als Mädchen gefühlt hat. Ihr<br />
Hodenhochstand wurde im Alter von sechs und achtzehn<br />
Monaten operiert. Tatsächlich wurden wohl Gebärmutter<br />
und Eierstöcke entfernt. Doch passte das ihr so zugewiesene<br />
männliche Geschlecht nicht mit dem eigenen Gefühl zusammen.<br />
„Ich bin falsch, ich bin krank, ich bin pervers“ – diese<br />
Gedanken schossen ihr immer wieder durch den Kopf und<br />
auf dem Schulhof sei ihr häufig „Zwitter“ hinterhergerufen<br />
worden, da ihr mit elf Jahren der weibliche Busen wuchs.<br />
Etwa zwei Jahre setzte zu ihrem Leidwesen die männliche<br />
Pubertät mit Bartwuchs und Stimmbruch ein. „Ich hatte mir<br />
mit 14 Jahren `Fachliteratur´ bezüglich eines Selbstmordes<br />
besorgt“, erzählt sie, „was mich schließlich abgehalten hat,<br />
war der Gedanke, dass mein männlicher Vorname auf dem<br />
Grabstein stehen würde“.<br />
Natascha Herpich<br />
Der alte Name ist tabu<br />
Der alte Name wird in der Community<br />
als „dead name“ – als „toter<br />
Name“ bezeichnet und wird nie<br />
wieder verwendet. Simones Vater<br />
hat leider immer noch Schwierigkeiten,<br />
sie jetzt bei ihrem weiblichen<br />
Vornamen zu nennen, doch<br />
das sieht sie ihm mit seinen über<br />
80 Jahren nach.<br />
Natascha nahm neben Schule<br />
und Studium Ferienjobs an, um<br />
die notwendigen finanziellen<br />
Mittel zu haben, um im richtigen<br />
Geschlecht zu leben. Wenn über<br />
transidente Personen gesprochen<br />
wird, wird oft behauptet, sie seien<br />
„im falschen Körper geboren“.<br />
Diesen Ausdruck lehnen beide<br />
ab. „Im falschen Körper geboren<br />
zu sein, gibt es nicht!“ Es kann<br />
vorkommen, dass ein transidentes<br />
Kind den Eindruck bekommt,<br />
im falschen Körper geboren zu<br />
sein. Dieser Irrtum ist begründet<br />
in den falschen Vorstellungen<br />
der Mitmenschen, die das Kind<br />
prägen.<br />
Innerhalb von sieben Tagen<br />
nach der Geburt müssen das<br />
Kind mit einem ihm zugewiesenen<br />
Geschlecht angemeldet<br />
werden. Beide Frauen finden<br />
das als eine Art Vergewaltigung, Simone Möller<br />
denn die Geschlechtszugehörigkeit<br />
¬identifiziert sich aus den Kindern heraus, sie ist in ihnen<br />
angelegt. Aber Eltern werden dazu gezwungen das Geschlecht<br />
zu erraten, bevor sich das Kind dazu äußern kann.<br />
Dieses geratene Geschlecht beeinflusst die Erwartungen der<br />
Mitmenschen an das Kind. Die beiden Frauen sagen: „In mindestens<br />
drei Prozent der Fälle raten die Eltern falsch.“ Eltern<br />
würden mit einer falschen Zuweisung des Geschlechts, die<br />
Kinder verbiegen und dann käme es zu Problemen und Eltern<br />
machten psychisch Druck, erzählen sie.<br />
Du bist gut, so wie du bist<br />
Ihre Mutter wusste, als Simone im Kindergartenalter war,<br />
dass Simone ein Mädchen ist und die Geschlechtszuweisung<br />
„Junge“ nach der Geburt falsch war. Sie brachte Simone<br />
gegenüber immer wieder ihre Angst vor den Folgen eines<br />
Outings zum Ausdruck: „Du kommst in die Psychiatrie und<br />
dann siehst du uns nicht wieder.“ Doch sie zeigte immer Verständnis:<br />
„Du bist gut so, wie du bist. Du brauchst nicht so<br />
sein wie die Jungs.“ Simone aber erinnert sich: „Außerhalb<br />
des Hauses jedoch musste ich so tun, als wäre ich ein Junge.“,<br />
erzählt die Diplominformatikerin, die als stellvertretende<br />
Qualitätsbeauftragte arbeitet. „Heute haben meine Eltern<br />
mich so akzeptiert, wie ich bin. Ich habe die besten Eltern,<br />
die man kriegen kann!“ Erst Ende 2016 outete sie sich und hat<br />
so gut wie nie negative Reaktionen bekommen. Und am 30.<br />
Juli 2016 ist ihre Geburtsurkunde endlich korrigiert worden.<br />
Natascha hingegen hat sich aufgrund ihres Outings mit ihrer<br />
Familie überworfen. Sie stammt aus Coburg, und die Liebe<br />
führte sie ins Oldenburger Münsterland, wo sie in der Freizeit<br />
aktiv in Chören singt.<br />
60<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
Durch die Änderung des Personenstandgesetz<br />
ist es heute einfacher Vornamens- und Personenstandsänderung<br />
eintragen zu lassen. Doch Natascha,<br />
die ältere, musste sich noch einer Sterilisation<br />
und damit die optische Angleichung an das weibliche<br />
Geschlechtsteil unterziehen, um die Personenstandsänderung<br />
zu erhalten. Sie arbeitet heute als<br />
Tagesmutter und sieht eine besondere Aufgabe in<br />
der Aufklärung darüber, dass ein Geschlecht nicht<br />
von außen anzusehen ist, sondern nur bei dem Menschen<br />
selbst erfragt werden muss. „Wenn Kinder sich<br />
selbstständig entwickeln, gibt das Sicherheit und<br />
Bindung, und sie fühlen sich dann als vollwertiger<br />
Mensch“, ist sie überzeugt.<br />
Politisch aktiv<br />
Ein politisches Ziel, das die beiden verfolgen, ist<br />
die staatliche Geschlechtszuweisung eines Kindes<br />
bis zum 18. Lebensjahr zu verbieten, damit die Menschen<br />
ihr wahres Geschlecht selbst angeben können,<br />
beziehungsweise die Familie von außen nicht unter<br />
Druck gesetzt wird. Die Selbsthilfegruppe, die Natascha<br />
und Simone leiten, trifft sich an wechselnden<br />
Orten in geraden Kalenderwochen am Samstag und<br />
in ungeraden Kalenderwochen am Donnerstag. Sie<br />
unter anderem beim Coming-out, beim Alltagstest,<br />
bei der Personenstandsänderung oder bei der Suche<br />
nach psychologischer Betreuung – und natürlich<br />
auch Eltern von DSD-Kindern („Störungen“ der<br />
Geschlechtsentwicklung / DSD = Disorders of Sex<br />
Development). Sie unterstützen die Betroffenen und<br />
ihre Angehörigen, so gut sie können, in allen betreffenden<br />
Anliegen. „Die sogenannte `Transsexualität´<br />
(richtig wäre „Transidentität“) ist keine Krankheit, ist<br />
nichts Schlimmes und hat gar nichts mit Sex zu tun“,<br />
machen sie nochmals deutlich. Natascha Herpich<br />
und Simone Möller sind die besten Beweise für diese<br />
Normalität und für alle da, die ihre Hilfe brauchen!<br />
Kontakt: 0171 9855302 oder shg-clp@gmx.de<br />
Mir sitzen zwei selbstbewusste Frauen gegenüber,<br />
die offen über zwei Stunden lang ihre Lebensgeschichte<br />
erzählen. Diesem Selbstbewusstsein sind<br />
viele Unsicherheiten, Ängste, Mobbing, Zweifel bis<br />
hin zu Selbstmordgedanken vorausgegangen. Natascha<br />
hat sogar einen hohen Preis für ihr Outing bezahlt:<br />
Der Bruch mit ihrer Familie. Doch stelle ich keineswegs<br />
Verbitterung fest, eher großes Engagement<br />
und Einsatz, um aufzuklären und zu unterstützen.<br />
Als Nichtbetroffener kann ich nur erahnen, was sie<br />
durchlebt haben. Umso mehr ziehe ich den Hut vor<br />
diesen Persönlichkeiten, die es sich nun zur Aufgabe<br />
gemacht haben, aufzuklären und die Transidentität<br />
aus der Tabuzone herauszuholen. Gut, dass es die<br />
Selbsthilfegruppe gibt, in der unter großer Diskretion<br />
jeder und jede sich aufgehoben fühlen und dort Unterstützung<br />
erfahren kann.<br />
Rosa sucht das<br />
Regenbogenland<br />
Schon der Anblick dieses<br />
rosaroten Nilpferds<br />
auf dem Cover des Bilderbuchs,<br />
wie es quietschvergnügt<br />
lacht und mit keck aufgestellten Ohren fröhlich grüßt – da<br />
kann es gar nicht anders sein, als dass dieses niedliche Nilpferdmädchen<br />
gerade eine ganz wunderbare Zeit erlebt! Auf seinem Weg durch<br />
Afrika, weg von dort, wo es herkommt, denn da sind alle Nilpferde<br />
grau. So, wie sie nun mal sind. Normalerweise. Rosa aber ist anders<br />
und im Dschungel ist dies echt unpraktisch, weil Löwen, Leoparden<br />
und anderes Raubgetier Rosa schon von weitem sehen. Und was dann<br />
passieren kann, darüber wollen wir erst gar nicht nachdenken.<br />
So anders zu sein ist nicht nur für Rosa supertraurig, sondern auch für<br />
die Nilpferdeltern, denn sie wollen ja, dass ihr kleines Mädchen glücklich<br />
ist, und dass ihr nichts passiert. Also darf Rosa nur im Dunkeln unterwegs<br />
sein… Wie doof und wie langweilig! Bis eines Tages, nein,<br />
eines Nachts natürlich, als sie gerade am Fluss ist, sie dort auf ein anderes<br />
Nilpferd trifft. Auf einen Nilpferdjungen! Aber der ist ja lilafarben<br />
von oben bis unten – überall! Und heißt natürlich Lilian. Auch er<br />
ist es gewohnt, möglichst unsichtbar zu bleiben und auch er versteht<br />
nicht, warum dieses „Anderssein“ für alle um ihn herum so aufsehenerregend<br />
ist. Schließlich ist es nur die Farbe, die ihn unterscheidet. Und<br />
Rosa, obwohl auch sie ja anders aussieht als er…<br />
Komisch diese Welt, wo alle so tun, als wollten sie unbedingt gleich<br />
sein. Wie mühsam und wie phantasielos! Rosa und Lilian haben es satt,<br />
also machen sie sich auf die Suche nach einem Ort, wo alle so sein können<br />
wie sie sind und sein wollen: Ins Regenbogenland! Den Weg dorthin<br />
weist ein wunderschöner, bunter Regenbogen und weil er sich<br />
weithin spannt, über Dschungel und Savanne, begegnen Rosa und Lilian<br />
natürlich auch den anderen Tieren darin. Manche von ihnen sind<br />
auch bunt, andere nicht, aber alle ganz neugierig auf das Land, wo alle<br />
glücklich und friedlich zusammenleben.<br />
Also kommen immer mehr Tiere dort zusammen, bunte und die mit<br />
ihrer „normalen“ Hautfarbe. So viele, dass der Platz bald zu eng sein<br />
wird und Regenbogenbotschafter sich aufmachen, an anderen Orten<br />
dieser Welt weitere Regenbogenländer zu gründen…<br />
Man kann nur hoffen, dass Sonja D. Stern, als Erzählerin dieser bezaubernden<br />
Geschichte und Beatrice Leeb, die Illustratorin / Schöpferin<br />
der gleichsam bezaubernden Tierfiguren und Landschaftsszenerien<br />
uns auch an diesen Ereignissen teilhaben lassen. Mit ihrer Kunst Kindern,<br />
auch im jungen Alter, die Welt als jenen Ort darzustellen, den<br />
wir uns alle wünschen, der so sein kann und der er hoffentlich bald<br />
ist: Eine Welt, frei von Vorurteilen, mit Platz für jede und jeden, egal als<br />
was man geboren ist und bleibt, egal wie man aussieht und egal, wie<br />
man leben will, in Frieden. Denn das ist Freiheit.<br />
usch<br />
Sonja D. Stern und Beatrice Leeb: Rosa sucht das Regenbogenland.<br />
Wortweit Verlag. ISBN 978-3-903326-08-8. Euro 18,50<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Buchtipp<br />
61
REPORTAGE<br />
Marilyn und Carlotta<br />
LACHEN IST GESUND!<br />
Es begann mit einem Anruf in New York<br />
Text // Beate Deeken<br />
Ein Impuls von außen ließ einst den Amerikaner Michael<br />
Christiansen zum Vater der professionellen Krankenhausclowns<br />
werden. Selbst Clown von Beruf und<br />
Gründer des Big Apple Circus mitten in New York, bekam er<br />
bald darauf den Anruf einer Dame, die ihn bat, als Clown in<br />
einer Klinik aufzutreten. Mit der Intention, dort herzkranken<br />
Kindern eine Freude zu bereiten. Später zählte Michael Christiansen<br />
diese Erfahrung zu den besten Zeiten seines Lebens.<br />
Das war um 1986. Recht schnell überzeugte diese Idee der<br />
Klinikclowns auch Kinderkliniken in Österreich, der Schweiz<br />
und in Deutschland, wo 1994 der Verein Clown Doktoren e.V.<br />
gegründet wurde.<br />
Einer der bekanntesten Unterstützer hierzulande dürfte<br />
Dr. Eckart von Hirschhausen sein, der vor über zehn Jahren<br />
die Stiftung „Humor Hilft Heilen“ – kurz HHH – gründete.<br />
Nina Pohovski, über die wir gleich noch mehr erfahren werden,<br />
war 1992 die jüngste Clownin in Frankfurt am Main und<br />
gehört übrigens zu den Gründungsmitgliedern der Stiftung.<br />
Die Idee verbreitete sich und einige Kilometer weiter nördlich,<br />
in Oldenburg, ging die gebürtige und in Ostfriesland<br />
aufgewachsene Andrea Voermann ihren eigenen Weg, indem<br />
sie bereits im Jahr 2000 die „Klinikclowns Nordwest“<br />
ins Leben rief. Zunächst ohne eigene Rechtsform und auch<br />
ohne clownerische Unterstützung. Es dauerte aber nicht lange,<br />
da kreuzte Nina Pohovski Andrea Voermanns Weg. Auch<br />
eine Rechtsform der Klinikclowns Nordwest wurde bald gefunden.<br />
Sie etablierten sich als gemeinnützige Unternehmergesellschaft“<br />
(gUG).<br />
Das andere Ich<br />
Seitdem machen sie als „Carlotta“ und „Marylin“ gemeinsame<br />
Sache. Marylin ist kein zufällig gewählter Name. Nina<br />
suchte ihn aus für ihre Clownsidentität in Anlehnung an<br />
Marilyn Monroe – nur falsch geschrieben. „Wir brauchen<br />
nicht viel, um in unsere Clowns-Rolle zu schlüpfen. Allein<br />
die rote Nase, ohne Schminke und Kostüm, lässt dieses andere<br />
Ich in den Vorschein treten,“ sind sich Nina Pohovski,<br />
Andrea Voermann und auch Thorsten Frank einig. Thorsten<br />
ist seit über fünf Jahren Mitglied des nun sechsköpfigen<br />
Teams der „Klinikclowns Nordwest“, das in Oldenburg und<br />
Leer junge und alte Patientinnen und Patienten im Krankenhaus<br />
besucht.<br />
62<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
Ausbildung: Klinikclown<br />
„Die Figur des Clowns hängt sehr eng mit der individuellen<br />
Biografie zusammen,“ beschreibt Nina alias Marylin die<br />
Figur des Clowns. „Es gibt einen starken Bezug zu dem zivilen<br />
Menschen darin.“ So beeinflusst und bereichert neben<br />
persönlichen Erfahrungen auch der „normale“ Beruf die Stile<br />
im Clowns-Spiel. Doch immer ist ein Clown frei in dem was<br />
er tut, ungebunden und stets unterwegs. Er ist Kind ähnlich.<br />
Das ist der Schlüssel zum Erfolg eines Clowns. Indem er die<br />
Denkweise der Kinder annimmt, sich auf eine Ebene mit<br />
ihnen stellt, baut er Distanz und Unsicherheit ab. Errichtet<br />
stattdessen verbindende Brücken.<br />
Carlos und Carlotta<br />
immer noch wach und so absolvierte sie endlich eine Ausbildung<br />
zur Clownin und im Anschluss die des staatlich anerkannten<br />
Klinikclowns an der offiziellen Ausbildungsstätte<br />
für Proficlowns in Deutschland an der „TuT-Schule für Tanz,<br />
Clown und Theater“ in Hannover. Später folgte noch das Studium<br />
der Frühpädagogik.<br />
Die Fähigkeiten dazu kamen bei Nina Pohovski schon als<br />
Kind zum Vorschein, als sie nämlich der bekannten Clownin<br />
Laura Fernandez begegnete. Da war es um sie geschehen.<br />
Fasziniert vom freien Clownsgeist erlernte sie bereits seit<br />
dem zehnten Lebensjahr bei verschiedenen renommierten<br />
Lehrern weltweit die Clownerei. Und auch als erwachsene<br />
Frau ist diese Leidenschaft neben einem Studium für Kunstund<br />
Museumspädagogik und ihrem Beruf geblieben. 1993,<br />
noch gar nicht in Norddeutschland gestrandet, wurde sie<br />
Klinikclown. Und war so der Entwicklung in Deutschland ein<br />
gutes Stück voraus. 1995 gründete sie das Klinikclowns-Projekt<br />
in der DRK-Kinderklinik in Siegen.<br />
Zunächst einen „ordentlichen Beruf“<br />
Ganz anders ist Andrea Voermann „auf den Clown gekommen“.<br />
Ihr Berufswunsch „Schauspielerin“ kam bei den Eltern<br />
in Friesland nicht sonderlich gut an. Also lernte sie erst einmal<br />
einen „ordentlichen“ Beruf und wurde Erzieherin. Doch<br />
der Kindheitstraum von Clownerie und Schauspielerei war<br />
Die Gabe des Clowns, aus Niederlagen das Beste zu machen<br />
und auch mal über sich selbst zu lachen, Witze zu machen<br />
und Tabus zu brechen – für all das haben Klinikclowns<br />
kein Drehbuch. Anders als Straßen- oder Zirkusclowns. Denn<br />
ein Klinikclown improvisiert immer. Da ist es gut, dass es vor<br />
jedem Besuch bei den jungen Patienten eine „Übergabe“<br />
gibt – wie beim Schichtwechsel des Klinikpersonals. „Wir<br />
müssen ja wissen, ob ein Kind wegen einer bevorstehenden<br />
Operation nüchtern sein muss. Da passen weder Gummibärchen<br />
noch Getränke ins Spiel,“ erklären die Clowninnen. Klar,<br />
dass Klinikclowns auch der Schweigepflicht unterliegen. Und<br />
der Einhaltung strenger Hygienevorschriften. Eine Spieleinheit<br />
im Zimmer kann bis zu 20 Minuten dauern, sie kann aber<br />
auch kürzer sein, zum Beispiel zwei Minuten. Die Dauer ist für<br />
den positiven Effekt nicht entscheidend, manchmal reicht<br />
schon ein kurzer Blick ins Zimmer.<br />
Dürfen wir reinkommen – statt Manege auf<br />
„Dürfen wir reinkommen?“ lautet der Türöffner, und damit<br />
beginnt das Spiel. Lautet die Antwort „Ja“, geht es weiter.<br />
Lautet sie „Nein“, geht es auch weiter. Nur anders. Natürlich<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage<br />
63
werden die Wünsche der Patientinnen und Patienten ernst<br />
genommen. Ist der Clown gerade nicht erwünscht, wird das<br />
respektiert und er zieht sich zurück. Auf dem Flur aber wird<br />
das Spiel fortgesetzt, denn die Clowns bleiben in ihrer Rolle.<br />
Dort binden sie Eltern, Reinigungskräfte oder Schwestern<br />
und manche Ärzte mit ein. Nicht alle, vielleicht weil oft keine<br />
Zeit dafür ist. Doch auch Mediziner wissen um den positiven<br />
Einfluss von Lachen und Unsinn machen. Übrigens können<br />
Clowns auch unsichtbar werden. Zum Beispiel wenn Ärzte<br />
zur Visite kommen. Die Clowns stehen dann in der Ecke,<br />
neben dem Fenster, hinter der Tür – und machen schon mal<br />
im Rücken der Doktoren Faxen. Und sind, mindestens für sie,<br />
unsichtbar. Ist doch klar!<br />
Regeln? Die bestimmt der junge Patient!<br />
Die Klinikclowns Nordwest treten immer im Zweierteam<br />
auf. „Nicht zuletzt, um sich in schwierigen Situationen zu<br />
retten,“ erklärt Thorsten. „Und um das Spiel aufzulockern.<br />
Die Möglichkeiten sind größer zu zweit“, ergänzt Nina. Mal<br />
verbündet sich ein Clown mit dem Kind gegen den anderen<br />
Clown, oder alle verbünden sich gegen den Arzt. Es gelten<br />
keine Normen, keine Bestimmungen. Mit dem Clown darf<br />
man Dinge tun, die ansonsten tabu sind. Popeln zum Beispiel.<br />
Anderen eine lange Nase zeigen. Oder behaupten,<br />
Doktor der Furzologie zu sein.<br />
Mit dem Clown zusammen kann der junge Patient im<br />
Krankenhaus selbst mal die Regeln bestimmen. Den Clown<br />
rausschmeißen oder ihn beschimpfen. Und herzlich lachen.<br />
Kinder merken gar nicht, dass sie mitspielen. Alte, vielleicht<br />
demente Menschen hingegen bleiben eher passiv beim<br />
Clownsbesuch. Doch egal: sind die Klinikclowns wieder weg,<br />
schwingt der positive Effekt noch nach, mit der gewissen<br />
Leichtigkeit, die sie zurücklassen.<br />
Das Lachen<br />
Wenn man bedenkt, dass Klinikclown Carlotta einst über<br />
den Posten „Spiel- und Bastelmaterial“ beim Förderverein<br />
abgerechnet wurde, hat sich Vieles getan bei der Arbeit mit<br />
dem heilenden Lachen: Der positive Effekt der Klinikclowns<br />
ist längst anerkannt.<br />
2020 wollten die Klinikclowns Nordwest eigentlich ihr<br />
zwanzigjähriges Jubiläum feiern. Aber es war ja Corona.<br />
Stattdessen standen kontaktlose, virtuelle Besuche auf dem<br />
Plan. Zur Zeit freuen sie sich über Lockerungen, die es ihnen<br />
ermöglichen, vor Ort richtig loszulegen. Ihre Finanzierung<br />
jedoch läuft, bei aller Etablierung und Anerkennung ihrer<br />
Arbeit, weiterhin über Fördervereine und ist von Spenden<br />
abhängig. Das ist weniger zum Lachen, aber das wissen die<br />
Kinder ja nicht.<br />
Noch mehr dazu unter:<br />
www.klinikclowns-nordwest.de<br />
64<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Reportage
Drees Orthopädieschuhtechnik<br />
Füße verdienen Kompetenz. Gehen. Laufen. Lebenslang.<br />
Seit 67 Jahre ist die Firma Drees Orthopädieschuhtechnik<br />
ein kompetenter Partner rund um Ihre Füße und<br />
und die dazu passenden Schuhe. So einzigartig jedes<br />
Paar Füße ist, so sehr sollten die Schuhe Ihren persönlichen<br />
und damit den Anforderungen Ihrer Füße entsprechen.<br />
Beratung bei Fuß-Problemen<br />
Bei der Drees Orthopädieschuhtechnik dreht sich alles<br />
um die Themen „Gesunde Schuhe“ und das Wohlbefinden<br />
Ihrer Füße. Unsere Fachgeschäfte in Friesoythe, an der<br />
Dr. Niermann-Str. 2 und in Garrel an der Petersfelder Str. 8<br />
(ehemaliges Schuhhaus Thole), bieten Ihnen in entspannter<br />
Atmosphäre ein großes Angebot an Bequemschuhen<br />
für Erwachsene.<br />
Orthopädieschuhtechnik<br />
Mit Josef Drees und seinem Team steht Ihnen ein Meisterbetrieb<br />
mit hochqualifizierten Fachkräften zur Verfügung.<br />
Die Mitarbeiter nehmen fortlaufend an Schulungen teil,<br />
um den Kunden die besten Lösungen anzubieten. Sei es,<br />
dass es um die Erkennung von Bewegungsproblemen,<br />
Fußfehlstellungen oder die Versorgung des diabetischen<br />
Fußsyndroms geht.<br />
FRIESOYTHE<br />
Dr.-Niermann-Str. 2<br />
04491 921177<br />
GARREL<br />
Petersfelder Str. 8<br />
04474 5080 817<br />
IM SCHUHBEREICH FÜHREN WIR FOLGENDE MARKEN:<br />
Gabor Rolling Soft und Pius Gabor, Finn Comfort,<br />
Waldläufer, Allrounder by Mephisto, Solidus,<br />
Ganter, Joya, Atlas, Varomed und<br />
Schein-Therapieschuhe.<br />
Als Ausbildungsbetrieb, der in den letzten Jahren mehrere<br />
Kammersieger hervorgebracht hat, ist es der Firma Drees<br />
Orthopädieschuhtechnik ein besonderes Anliegen, diesen<br />
Handwerksberuf auch an junge Menschen weiterzugeben.<br />
Mit Caroline Drees, der Tochter von Josef und Mechthild<br />
Drees, steht auch schon eine Nachfolgerin bereit. Sie bereitet<br />
sich zurzeit in Hannover an der Bundesfachschule für Orthopädieschuhtechnik<br />
auf die Meisterprüfung vor. Und die jüngere<br />
Tochter, Louisa Drees, befindet sich aktuell in der Ausbildung<br />
zur Orthopädie-Schuhmacherin.<br />
Orthopädische Schuheinlagen<br />
Vom Kassenmodell bis zum High-End-Produkt bieten wir<br />
Ihnen eine breite Palette möglicher Schuheinlagen. Bei der<br />
Herstellung von orthopädischen Schuheinlagen sind wir<br />
eines der führenden Unternehmen in der Region. Wir nutzen<br />
immer die besten Materialien in Bezug auf Dämpfung, Stabilität<br />
und Haltbarkeit, um die perfekten Einlagen nach Ihren<br />
Maßen, Ihren Schuhen und Ihren individuellen Bedürfnissen<br />
herzustellen. Unser Ziel sind perfekte Schuheinlagen,<br />
daher wird unser Einlagen-Programm auch ständig weiterentwickelt!<br />
Fuß-Probleme analysieren – Lösungen finden<br />
Bewegungs- und Laufanalysen werden im neu eingerichteten<br />
Lauflabor in Friesoythe erstellt. Unsere Meisterin Janina<br />
Gawehn hat sich in verschiedenen Workshops weitergebildet<br />
und bietet unter anderem die „Sensomotorische Einlagenversorgung<br />
für Sportler“ an. Als ehemalige Bundesliga-Fußballerin<br />
weiß, sie wo der Schuh drücken kann und bietet<br />
dementsprechend videogestützte Gangbildanalysen für alle<br />
Sportarten an: Von der Basisanalyse (60 €) bis zur Premiumanalyse<br />
(120 €). Je nach Fuß-Problemen kommen klassische<br />
oder digitale Diagnostiksysteme zum Einsatz.<br />
Unser Leistungsspektrum<br />
In unseren inhabergeführten Orthopädie- und Komfortschuh-Fachgeschäften<br />
in Friesoythe und Garrel sind wir mit<br />
viel Engagement und Fachkompetenz für Sie da.<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Anzeige<br />
65
Herausgeber:<br />
SEC GmbH<br />
Rathausweg 10<br />
49661 Cloppenburg<br />
IMPRESSUM<br />
Redaktion/Gestaltung/Realisierung:<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu<br />
Redaktion: Ulla Schmitz (V.i.S.d.P.)<br />
E-Mail: redaktion@das-stadtmagazin.com<br />
Anzeigen: E-Mail: media@das-stadtmagazin.com<br />
Grafik: Daniela Wilke, E-Mail: d.wilke@das-stadtmagazin.com<br />
Druck:<br />
Printnow<br />
Onlineprint-Service GmbH & Co. KG<br />
Otto-Hahn-Straße 25<br />
34253 Lohfelden<br />
Fotonachweise, wenn nicht anders ausgezeichnet:<br />
Sigrid Lünnemann, Beate Deeken, Privatarchiv Varnhorn-Acquistapace,<br />
Archiv Klaus Deux, Archiv Ute Schlömer – Das Mü,<br />
Archiv Dein Pflegeteam, Archiv Klinikclowns, Archiv St. Pius-Stift,<br />
Archiv Andrea Laudenbach, Archiv Alloheim, Privatarchiv<br />
Prof. Dr. Christine Aka, Archiv Toys Kids Company, Archiv<br />
rawe, Archiv Kreishandwerkerschaft, Archiv Carl Wilhelm Macke,<br />
Archiv Norderney, Martin Kessens<br />
Textquellen:<br />
Staatsarchiv Oldenburg (StAOl Best. 76-23 Nr. 1049) (StAOl<br />
Best. 76-23 Nr. 253), Sigrid Lünnemann, Binnenländer als<br />
Hochseefischer. Die maritime Wanderarbeit aus dem Kreis<br />
Vechta im 19. Jahrhundert. (Magisterarbeit), Malaika Winzheim,<br />
Zusammen ist man nicht allein - wie junge Menschen<br />
feiern, Schriften zur Alltagskultur im Oldenburger Münsterland,<br />
Band 1, Thomas Schürmann, Höfe vor der Nachfolge<br />
– Landwirtschaft und bäuerliches Selbstverständnis im Oldenburger<br />
Münsterland, Schriften zur Alltagskultur im Oldenburger<br />
Münsterland, Band 2<br />
Urheber- und Verlagsrecht<br />
Das Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen<br />
sind urheberrechtlich geschützt. Mit Annahme des<br />
Manuskriptes gehen das Recht zur Veröffentlichung sowie<br />
die Rechte zur Übersetzung, zur Vergabe von Nachdruckrechten,<br />
zur Elektronischen Speicherung in Datenbanken, zur Herstellung<br />
von Sonderdrucken, Fotokopien und Mikrokopien an<br />
den Verlag über. Jede Verwertung außerhalb der durch das<br />
Urheberrechtsgesetz festgelegten Grenzen ist ohne Zustimmung<br />
des Verlags unzulässig. In der unaufgeforderten Zusendung<br />
von Beiträgen und Informationen an den Verlag liegt<br />
das jederzeit widerrufliche Einverständnis, die zugesandten<br />
Beiträge bzw. Informationen in Datenbanken einzustellen, die<br />
vom Verlag, von kooperierenden Verlagen und kooperierenden<br />
Dritten geführt werden. Die Inhalte der Anzeigen stellen<br />
nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar.<br />
66<br />
Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Impressum
VERLOSUNG<br />
2 X 2 TICKETS UND 2 CD`S<br />
ZU GEWINNEN!<br />
©Manfred Esser<br />
Semino Rossi, einer der beliebtesten Schlagerkünstler ist ab April 2022 in Deutschland<br />
unterwegs. Zusätzlich zu seiner “So ist das Leben”-Jubiläumstour steht er mit seinen<br />
begleitenden Freunden Rosanna Rocci und Michael Heck am<br />
SONNTAG DEN 24.04.2022, IN DER CLOPPENBURGER<br />
STADTHALLE AUF DER BÜHNE.<br />
KONZERTBEGINN IST UM 16:00 UHR<br />
Sein künstlerischer Durchbruch gelang Semino Rossi 2004 mit dem Album „Alles aus Liebe“, das zu einem der erfolgreichsten<br />
Schlager-Debüts wurde. Auf dem Album „So ist das Leben“ präsentiert sich Semino Rossi so modern wie nie zuvor. Gleichzeitig<br />
beweist er sein unvergleichliches Gespür für die großen Gefühle: „Das Leben ist ein ständiges Auf und Ab. Wir müssen<br />
das Leben so nehmen, wie es kommt und einfach das Beste daraus machen“, so der Künstler. Gerade in der momentanen<br />
Situation ein Gedanke, der jeder Seele guttut. Das neue Album „Heute hab ich Zeit für dich“ erscheint am 18.03.2022.<br />
Freundin Rosanna Rocci, bekannt als „der Wirbelwind der Schlagerbranche“ verbreitet durch ihre fröhliche Art eine einzigartige<br />
Bühnenausstrahlung. Da singt und tanzt man mit! Wie auch bei den Liedern des befreundeten Sängers Michael Heck. Mit<br />
sympathischer Selbstsicherheit und seiner ausdrucksstarken Stimme ist auch er sofort ein Publikumsliebling, denn seine Songs<br />
kennt jeder.<br />
Tickets sind ab sofort an allen bekannten VVK-Stellen erhältlich sowie online unter<br />
www.schlagertickets.com oder www.eventim.de<br />
Gönnen Sie sich die Auszeit – 2 x 2 Tickets und die 2 CD´s des neuen Rossi-Albums können Sie hier bei<br />
uns gewinnen. Senden Sie eine E-Mail mit Ihrer Adresse an media@das-stadtmagazin.com. Viel Glück!