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Kurz vor Ladenschluss - Mieterberatung Prenzlauer Berg GmbH in ...

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…und raus bist du<br />

Pankow<br />

Auswegloser Streit e<strong>in</strong>er Pankower<strong>in</strong> um Mietschulden Von Hartmut Seefeld<br />

Das alte Pankower Zentrum hat, so<br />

wie es sich für e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>stiges Barnimdorf<br />

gehört, noch viele ruhige Ecken.<br />

Die Kavalierstraße gehört zweifellos<br />

dazu. Sie verb<strong>in</strong>det den Schlosspark<br />

mit der Breite Straße, und die<br />

Wohnungen dort gelten vielfach<br />

noch als bezahlbar. Der neue Mietspiegel<br />

hat die Gegend jedoch schon<br />

als mittlere Wohnlage qualifiziert.<br />

Frau Z. wohnt seit 1999 <strong>in</strong> dieser<br />

Straße und wird, wenn es ke<strong>in</strong><br />

Wunder mehr gibt, ihr bald den<br />

Rücken kehren müssen. Unfreiwillig.<br />

Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft<br />

Gesobau hat e<strong>in</strong>e Räumungsklage<br />

gegen die über 60-<br />

Jährige Hartz-IV-Empfänger<strong>in</strong> durchgesetzt.<br />

Ende des Monats soll die<br />

Alle<strong>in</strong>stehende ihre Koffer gepackt<br />

haben und ausgezogen se<strong>in</strong>. Die<br />

Eskalation entstand durch Zahlungsrückstände,<br />

die Z. mit ca. 800 EUR<br />

beziffert. Die Entstehungsgeschichte<br />

dieser Mietschuld, die allerd<strong>in</strong>gs vom<br />

Berl<strong>in</strong>er Landgericht als solche anerkannt<br />

worden ist, kl<strong>in</strong>gt aus dem<br />

Munde von Z. sehr bizarr.<br />

Es war 2008, als sich die<br />

Gesobau nach zahlreichen Problemen<br />

<strong>in</strong> der Vorbereitung endlich dazu<br />

durchrang, die Sanierung ihres aus<br />

DDR-Zeiten stammenden Wohnungsbestands<br />

an der Ossietzkystraße und<br />

Kavalierstraße <strong>in</strong> Angriff zu nehmen.<br />

Wärmedämmung und andere Modernisierungsmaßnahmen<br />

sollten den<br />

Wohnkomfort der über 50 Jahre alten<br />

Häuser erhöhen. Die Stimmung unter<br />

der Mieterschaft war im Vorfeld ob<br />

der schlechten Organisation und<br />

Kommunikation außerordentlich gereizt.<br />

Betroffen von der Maßnahme<br />

war auch die Wohnung von Frau Z.<br />

Wie viele andere Mieter, hatte auch<br />

sie große Probleme mit der Qualität<br />

und der Planung der Bauarbeiten.<br />

kurzerhand m<strong>in</strong>derte sie wegen<br />

Mängeln an Balkon und Briefkasten<br />

die Miete. Außerdem, so fand sie,<br />

seien die Vorauszahlungen für die<br />

Betriebskosten viel zu hoch angesetzt,<br />

und so kürzte sie auch diese<br />

Summe eigenmächtig. Da die Miete<br />

für die 66 m² große Wohnung nach<br />

ihren Angaben vollständig vom<br />

Jobcenter übernommen wird, welches<br />

das Geld auf ihr Konto überweist<br />

und von wo sie es an die Gesobau<br />

weitertransferiert, hat Z. die Mietm<strong>in</strong>derung<br />

beim Jobcenter auch kundgetan.<br />

Dort nahm man die Aktivitäten<br />

ihrer Kund<strong>in</strong> gern zur Kenntnis, zumal<br />

man die alte Miethöhe ohneh<strong>in</strong> für<br />

grenzwertig hielt und überwies<br />

fürderh<strong>in</strong> nur noch den gem<strong>in</strong>derten<br />

Betrag. Mittlerweile, so Z., befänden<br />

sich die Gesamtmietkosten auf dem<br />

von ihr prognostizierten Niveau.<br />

Doch der Vorgang fand anderswo<br />

wenig Zustimmung, nicht beim<br />

Landgericht und schon gar nicht bei<br />

der Gesobau. Frau Z. muss sowohl die<br />

Differenz zu den e<strong>in</strong>st erhobenen<br />

Vorauszahlungen bezahlen als auch<br />

die per Mietm<strong>in</strong>derung e<strong>in</strong>behaltenen<br />

Gelder. So weit so schlecht, denn<br />

Z. hat das Geld nicht, schließlich ist sie<br />

Hartz-IV-Empfänger<strong>in</strong>, und die gem<strong>in</strong>derte<br />

Summe, monatlich 32 EUR,<br />

hat sie nicht verjubelt oder als<br />

Notgroschen bei seite gelegt, son-<br />

E<strong>in</strong> ganzes Leben <strong>in</strong> elf Tüten. Das Pankower Sozialamt betreute Ende März 1.038 Wohnungslose.<br />

Vor Ort 7/8. 2 0 1 1 7<br />

dern es verblieb beim Jobcenter. Da<br />

aus dem M<strong>in</strong>us auf ihrem Mietkonto<br />

ke<strong>in</strong> Plus wurde, setzte die Gesobau<br />

e<strong>in</strong>e Räumungsklage durch. »Wir<br />

haben bei Frau Z. zu ke<strong>in</strong>er Zeit e<strong>in</strong>e<br />

grundsätzliche Zahlungsbereitschaft<br />

wahrgenommen«, sagt die Sprecher<strong>in</strong><br />

der Gesobau, Kirsten Huthmann.<br />

Man habe schon früh e<strong>in</strong>e Überforderung<br />

der Mieter<strong>in</strong> <strong>in</strong> f<strong>in</strong>anzieller<br />

H<strong>in</strong>sicht vermutet und Angebote für<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>ere Wohnung unterbreitet.<br />

Frau Z. hält dagegen, dass die Miete<br />

voll vom Jobcenter getragen wird<br />

und damit von f<strong>in</strong>anzieller Überforderung<br />

nicht die Rede se<strong>in</strong> kann. Auch<br />

sei ihr nur e<strong>in</strong> Angebot <strong>in</strong> Buch<br />

unterbreitet worden und das schon<br />

<strong>vor</strong> längerer Zeit. Sie wolle aber gern<br />

<strong>in</strong> ihrem Kiez bleiben, wo sie groß<br />

geworden ist. Für Frau Huthmann<br />

zählt Z. zur bedauernswerten M<strong>in</strong>derheit<br />

derjenigen, die im Laufe e<strong>in</strong>es<br />

langen Kündigungsverfahrens nicht<br />

zu e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>vernehmlichen Lösung<br />

gefunden haben: »Auf 100 Kündigungen<br />

kommen 51 Zahlungs- und<br />

Räumungsklagen. Von letzeren wird<br />

bei 19 e<strong>in</strong>e Räumung angesetzt, von<br />

denen zwei <strong>vor</strong> dem Term<strong>in</strong> die<br />

Räumung noch verh<strong>in</strong>dern konnten«,<br />

rechnet die Sprecher<strong>in</strong> <strong>vor</strong>. Es sieht<br />

nicht so aus, als ob Frau Z. noch zur<br />

letzten Kategorie gehören könnte.<br />

Am 31. Juli ist ihr Term<strong>in</strong>. Wenigstens<br />

ist es warm draußen.<br />

©Henrik Pohl

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