forensik - einfach nur weggesperrt? - Regenbogen Report
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<strong>Report</strong><br />
regenbogen<br />
ZEITUNGSPROJEKT DES REGENBOGEN E.V. MÜNCHEN<br />
Schutzgebühr 1€<br />
FORENSIK - EINFACH NUR WEGGESPERRT?<br />
Außerdem in diesem Heft:<br />
Mit der Musik verheiratet - Herbert von Karajan<br />
Venedig - Aufstieg einer Stadt<br />
01/08<br />
Ein neuer Bus für unsere Gärtnerei<br />
u.v.a.
Liebe Leser,<br />
der Frühling hat begonnen, schon länger als gedacht.<br />
2<br />
Editorial<br />
Die Tage werden länger, die Luft lauer und morgens hört man die Vögel singen. Alles<br />
ist am Wachsen und Aufblühen. Das soll gefeiert werden, wie jedes Jahr zum Osterfest.<br />
Bunt, fröhlich und hoffentlich mit viel Sonne. Wir wollen auch feiern, das erste Heft<br />
im Jahr 2008, unser Osterheft. Genießen Sie unsere Osterbeiträge und haben Sie Spaß<br />
mit unserem Kreuzworträtsel. Die Gewinner der ersten beiden Rätsel halten ihre<br />
Gewinne schon in der Hand.<br />
Aber wie immer wollen wir auch über ein ernstes Thema informieren und diskutieren.<br />
Unser Hauptthema ist diesmal die Forensik. Ein Thema, über das es viele Vorurteile<br />
und Meinungen gibt. Wir würden uns wünschen, dass wir mit den Beiträgen in dieser<br />
Ausgabe dazu beitragen können, dass die Vorurteile weniger werden und dass wir einige<br />
offene Fragen beantworten können. Freuen würden wir uns sehr über Diskussionsbeiträge<br />
von unseren LeserInnen.<br />
Ein weiteres Anliegen in diesem Heft: Wir suchen Verstärkung für unsere Redaktion.<br />
Wir freuen uns auch wieder sehr über jeden Beitrag, der von Ihnen kommt. Danken<br />
möchten wir in diesem Zusammenhang unseren beiden treuen Gedichtlieferanten,<br />
Herrn Schütz und Herrn Nachstaedt, die dafür sorgen, dass unser Heft lebendiger<br />
wird. Ihnen liebe Leserinnen und Leser wünschen wir ein schönes, buntes Osterfest<br />
und natürlich viele bunte Ostereier.<br />
Ulrike Wachter<br />
regenbogen-report 01/08
IMPRESSUM<br />
regenbogen report<br />
Zeitungsprojekt des <strong>Regenbogen</strong> e.V.<br />
Erscheinungsweise: dreimal jährlich<br />
Auflage: 300 Exemplare<br />
Redaktionelle Mitarbeit:<br />
Ralf Birker, Steffen Leistner, Christine<br />
Numberger, Johann Seidler, Gert Stocker,<br />
Holger Tiedemann, Ulrike Wachter<br />
V.i.S.d.P.:<br />
Ulrike Wachter, Casinostraße 75<br />
85540 Haar, Tel: (089) 890 5698 14<br />
Redaktionsanschrift:<br />
Casinostraße 75, 85540 Haar<br />
Tel: (089) 890 5698 14<br />
redaktion@regenbogen-report.de<br />
www.regenbogen-report.de<br />
Bildnachweis: Mit Ausnahme von eigenen<br />
Fotos wurden ausschließlich lizenzfreie<br />
Fotos und Grafiken der SYBEX Verlagsund<br />
Vertriebs-GmbH Köln verwendet.<br />
Inhalt<br />
regenbogen-report regenbogen-report<br />
01/08<br />
Editorial 2<br />
Inhalt, Impressum 3<br />
Titelthema Forensik 5<br />
Gedicht: Flashback, blackout 15<br />
Neuer Forensikbau in Haar 17<br />
Leserpost 18<br />
Kreuzworträtsel 19<br />
Meine Meinung 22<br />
Herbert v. Karajan zum 100. 25<br />
Ein neuer Sprinter 27<br />
Gedicht »Ich« 28<br />
Veranstaltungstipps 29<br />
Wie Venedig mächtig wurde 30<br />
Frohe Ostern! 24<br />
regenbogen-report 01/08 3
4<br />
Titelthema<br />
regenbogen-report 01/08
Forensik -<br />
<strong>einfach</strong> <strong>nur</strong> <strong>weggesperrt</strong>?<br />
von Ulrike Wachter<br />
Es gibt viele Vorurteile gegenüber Menschen<br />
mit psychischen Erkrankun-gen.<br />
Gegenüber “Forensikern” sind diese noch<br />
um einiges verbreiteter. "Die machen mir<br />
Angst.", "Die sind ja alle gewälttätig.",<br />
"Der ist in der Forensik.", "Die gehören<br />
doch für immer <strong>weggesperrt</strong>!". Diese<br />
Sätze, die eher noch zu den harmloseren<br />
zählen, könnten ganz vergessen lassen,<br />
dass es sich hierbei um Menschen handelt.<br />
Ein Grund für Vorurteile ist sicher<br />
Uninformiertheit. Wer sind denn die<br />
"Forensiker" ? Wieso kommen die denn<br />
in die "Forensik"? Wer arbeitet denn da?<br />
Was heißt das, hier ein Betroffener zu<br />
sein?<br />
Diese Fragen versuchen wir in unserem<br />
Heft zumindest teilweise zu beantworten.<br />
Frau Werner stellt die forensische<br />
Ambulanz vor und Herr Kalb gibt uns<br />
einen Einblick in die Sichtweise eines<br />
Pflegers auf einer forensischen Station.<br />
Betroffene zu Wort kommen zu lassen,<br />
war ein großes Anliegen von uns.<br />
Bedauerlicherweise war dies gar nicht so<br />
<strong>einfach</strong>. Wir haben mehrere Betroffene<br />
angesprochen. Leider war keiner von<br />
ihnen bereit, sich detailliert zu äußern, da<br />
sie nicht erkannt werden wollten. Die<br />
kurzen Interviews, die zustande kamen,<br />
sind selbstverständlich anonym.<br />
Graffiti an der Mauer des alten<br />
Forensikbauses Hs. 21 im Isar-Amper-Klinikum,<br />
Klinikum München Ost. Dieses Graffiti entstand im<br />
Jahre 1995 anläßlich des 90jährigen Bestehens des<br />
Klinikums (seinerzeit Bezirkskrankenhaus Haar).<br />
regenbogen-report 01/08 5
1. Interview<br />
F: Wegen welchen Vergehens bist Du in der<br />
Forensik?<br />
A: Wegen Körperverletzung.<br />
F: Warum hast Du diese Tat begangen?<br />
A: Man wird angegriffen. Es ist wie mit<br />
einer Schlägerei unter Jugendlichen.<br />
F: Warum bist Du in der Forensik und nicht<br />
im normalen Strafvollzug?<br />
A: Ich habe ein Gutachten vom Gericht.<br />
F: Hast Du, wenn Du rauskommst aus der<br />
Forensik noch irgendwelche Chancen, in die<br />
normale Gesellschaft integriert zu werden?<br />
A: Ich habe eine Bewährungspflege, die<br />
mir einen Arbeitsplatz und ein Zimmer in<br />
einer WG verschafft.<br />
6<br />
Betroffene kommen<br />
zu Wort<br />
Die Interviews führte Christine Numberger<br />
F: Findest Du Dein Strafmaß gerecht?<br />
A: Nein.<br />
F: Hast Du noch Träume, was Du gerne<br />
machen möchtest?<br />
A: Ich möchte beruflich weiterkommen<br />
F: Siehst Du einen Sinn in Deiner<br />
Bestrafung?<br />
A: Ja.<br />
F: Hast Du in der Forensik auch positive<br />
Erfahrungen gemacht?<br />
A: Am Anfang nicht, dann habe ich die<br />
Therapieangebote mir zu Nutze gemacht.<br />
F: Hast Du in der Forensik Freunde gefunden?<br />
A: Ja.<br />
regenbogen-report 01/08
2. Interview<br />
F: Wegen welchen Vergehens bist Du in der<br />
Forensik?<br />
A: Beschaffungskriminalität wegen Drogen,<br />
ich habe Diebstähle begangen und<br />
Einbrüche.<br />
F: Warum hast Du diese Tat begangen?<br />
A: Ich brauchte Geld für Drogen.<br />
F: Warum bist Du in die Forensik gekommen<br />
und nicht in den normalen Strafvollzug?<br />
A: In Zusammenhang mit der Psychose.<br />
F: Hast Du, wenn Du rauskommst aus der<br />
Forensik noch irgendwelche Chancen, in die<br />
normale Gesellschaft integriert zu werden?<br />
A: Ich lebe in einer Sozialwohnung und<br />
bekomme Grundsicherung.<br />
F: Wie lange warst Du in der Forensik?<br />
A: Einmal eindreiviertel Jahre, einmal ein<br />
dreiviertel Jahr und einmal siebeneinhalb<br />
Jahre.<br />
F: Siehst Du einen Sinn in Eurer<br />
Bestrafung?<br />
A: Ja.<br />
F: Hast Du noch Träume, was Du gerne<br />
machen würdest?<br />
A: Mein Traum ist, draußen in Freiheit zu<br />
leben.<br />
F: Hast Du in der Forensik auch positive<br />
Erfahrungen gemacht?<br />
A: Ja, teilweise.<br />
F: Hast Du in der Forensik auch Freunde<br />
gefunden?<br />
R.: Ja, teilweise.<br />
Auf Wunsch der Befragten wurden diese<br />
Interviews anonymisiert.<br />
regenbogen-report 01/08 7
Wie ist die forensische Ambulanz aufgebaut?<br />
Räumlich befinden wir uns am Gelände<br />
des Isar Amper Klinikums, Klinikum<br />
München Ost, in Haus 32, in der ehemaligen<br />
Weberei und gehören zur Abteilung<br />
„Fachbereich Forensik“, deren Chefarzt<br />
Herr Dr. H. Steinböck ist.<br />
Personell sind wir derzeit mit 4,8 Stellen<br />
(1 Oberarzt, 1 Assistenzärztin, 0,8 Psychologin,<br />
1 Sozialpädagogin, 1 Fachpfleger)<br />
ausgestattet und aktuell für insgesamt<br />
282 Klienten zuständig.<br />
Was macht die forensische Ambulanz?<br />
Die Arbeit unterteilt sich in direkt klientenbezogene<br />
Nachbetreuungsarbeit (u.a.<br />
Einzelgespräche, Gruppengespräche,<br />
konkrete Hilfen in der Alltagsbewältigung,<br />
medikamentöse Behandlung,<br />
Hausbesuche, Krisenintervention) Kontrollfunktion<br />
(Alkohol- und Drogenscreenings,<br />
Medikamentenspiegel, Blut-<br />
8<br />
Interview mit Fr. Werner von der<br />
forensischen Ambulanz des<br />
IAK - KMO<br />
bildkontrollen) und Beratungsfunktion<br />
(gegenüber Mitarbeitern in den komplementären<br />
Einrichtungen, Bewährungshelfern<br />
und Angehörigen).<br />
Welche Menschen kommen in die Ambulanz?<br />
Es werden ehemalige Patienten des<br />
Maßregelvollzuges in der forensischen<br />
Nachsorgeambulanz aufgenommen, die<br />
gemäß § 126 a StPO, § 63 StGB oder<br />
§ 64 StGB stationär im Fachbereich<br />
Forensik des Isar Amper Klinikums,<br />
Klinikum München Ost untergebracht<br />
waren, weil sie aufgrund ihrer psychischen<br />
Erkrankung bzw. ihres Hanges zur Sucht<br />
eine Straftat begangen haben und zum<br />
Tatzeitpunkt daher schuldunfähig bzw.<br />
vermindert schuldfähig waren.<br />
Mit der bedingten Entlassung beginnt<br />
von Gesetzes wegen die Führungsaufsicht,<br />
deren Dauer, in der Regel fünf<br />
Jahre, vom Gericht festgesetzt wird.<br />
Während der fünfjährigen Führungsaufsicht<br />
(diese kann je nach Verlauf auch<br />
regenbogen-report 01/08
verlängert oder verkürzt werden) muss<br />
der ehemalige Patient zur forensischen<br />
Nachsorgeambulanz Kontakt halten. In<br />
Zusammenarbeit mit den zuständigen<br />
Bewährungshelfern, den Betreuern,<br />
WG-Betreuern, Arbeitgebern u.a., kann<br />
eine Kontinuität in der Weiterbetreuung<br />
gewährleistet werden.<br />
Was ist der Unterschied zwischen forensischer<br />
und allgemeinpsychiatrischer Ambulanz?<br />
Unsere Klienten, mit ihrer doppelten<br />
Stigmatisierung „krank und kriminell“,<br />
benötigen einen besonderen Betreuungsaufwand.<br />
Dieser besteht in der<br />
Balance von Behandlung und Kontrolle.<br />
Die Ambulanzmitarbeiter müssen sich<br />
einen Einblick in die Lebenswelt der<br />
Klienten verschaffen können, um die<br />
soziale Situation und den Lebensstil des<br />
Klienten kritisch zu beurteilen, um ggf.<br />
auch gezielt einzugreifen, ohne aber den<br />
bisherigen guten Kontakt zu verlieren. Es<br />
ist ferner ein hohes Maß an Informationsaustausch<br />
und Koordination aller<br />
Beteiligten notwendig. Das therapeutische<br />
Vorgehen ist deutlich aktiver und<br />
umfasst auch vorbeugendes Krisenmanagement<br />
und nachgehende Betreuung.<br />
Durch die forensische<br />
Nachbetreuung erfolgt eine Erhöhung<br />
der Prognosesicherheit, da eine Langzeitprognose<br />
durch eine Vielzahl von<br />
Kurzzeitprognosen ergänzt wird.<br />
Welche Delikte können schon ausreichen, um<br />
in die Forensik zu kommen?<br />
In der Regel kommen alle Delikte in<br />
Betracht, die als Tatbestände im StGB<br />
vorkommen. Die Delikte unserer ambulanten<br />
Klienten verteilen sich derzeit wie<br />
folgt:<br />
30 %: Körperverletzungsdelikte<br />
16 %: Totschlagsdelikte<br />
16 %: BtmG - Delikte<br />
13 %: Diebstahl, Raub<br />
11 %: Sexualdelikte<br />
8 %: Brandstiftungsdelikte<br />
6 %: Sonstige Delikte (u.a. Bedrohung,<br />
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte,<br />
Betrug)<br />
In welchen Zeitabschnitten muss die forensische<br />
Ambulanz vom Klienten besucht werden?<br />
Die Betreuungsfrequenz richtet sich zum<br />
einen nach den individuellen Bedürfnissen<br />
unserer Klienten, zum anderen nach<br />
der Notwendigkeit, wie sie durch die<br />
Ambulanzmitarbeiter eingeschätzt wird.<br />
regenbogen-report 01/08 9
Zu Beginn der ambulanten Behandlung<br />
kommen die Klienten meist wöchentlich<br />
zu ihrer Bezugsperson in die Ambulanz.<br />
Im Laufe der Zeit kann sich, bei positivem<br />
Verlauf, dieser Kontakt bis auf einmal<br />
im Monat strecken. In Krisenzeiten<br />
hingegen kann es sein, dass der Klient<br />
täglich zu einem Gesprächskontakt kommt,<br />
um z. B. einen stationären Aufenthalt<br />
zu vermeiden. Bei einigen Klienten richtet<br />
sich der Gesprächskon-takt auch nach<br />
dem Intervall seiner Depot-Injektion.<br />
Wenn sich ein Klient in einer stationären<br />
Einrichtung befindet, benötigt er in der<br />
Regel weniger ambulante Anbindung an<br />
uns, als Klienten die sich in einer eigenen<br />
Wohnung befinden.<br />
Wie entwickelt sich die Klientenzahl?<br />
1998 habe ich als Sozialpädagogin im<br />
Fachbereich Forensik in der halboffenen<br />
Reha-Station (damals Haus 8) zu arbeiten<br />
begonnen. Damals war ich zum einen<br />
für 26 stationäre Patienten und zum<br />
anderen für 10 ambulante Klienten sozialpädagogisch<br />
zuständig. Heute sind wir zu<br />
fünft für knapp 300 ambulante Klienten<br />
zuständig.<br />
10<br />
Wie ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer<br />
in der Forensik?<br />
Stationär befinden sich die Patienten im<br />
Durchschnitt 4,7 Jahre im Maßregelvollzug.<br />
Ambulant werden sie in der<br />
Regel für die Dauer der Führungsaufsicht<br />
(5 Jahre) durch uns nachbetreut.<br />
Dies wird auch als Weisung in den<br />
Bewährungsauflagen aufgenommen.<br />
Nach Beendigung der Führungsaufsicht<br />
können die Klienten durch uns an einen<br />
niedergelassenen Psychiater in Nähe<br />
ihres Wohnortes vermittelt werden.<br />
Einige Klienten wünschen aber auch eine<br />
ambulante Nachbetreuung durch uns<br />
über die Führungsaufsicht hinaus. „Freiwillige“<br />
Klienten haben wir derzeit 33.<br />
Wie steht es mit der Rückfallhäufigkeit?<br />
In der wissenschaftlichen Literatur ist<br />
gut belegt, dass ambulante Nachsorgemaßnahmen<br />
sowohl eine Verkürzung<br />
stationärer Aufenthalte in forensischen<br />
Kliniken, als auch einen höheren Schutz<br />
der Bevölkerung vor Rückfalldelikten<br />
ermöglichen.<br />
regenbogen-report 01/08
* Untersuchung von Müller-Isberner aus<br />
Haina (1989 – 1991/93) bestätigt, dass<br />
die Patienten in der Ambulanzgruppe<br />
bezüglich der Variable (Delinquenz)<br />
deutlich besser abschnitten, als Vergleichsgruppe<br />
(1996). Es kam zwar zu<br />
mehr Widerrufen und Sicherungshaftbefehlen,<br />
die aber mehr präventiven<br />
Die Arbeit auf einer forensischen<br />
Station aus meiner Sicht der Pflege<br />
von Christian Kalb<br />
Die Arbeit auf einer forensischen Station<br />
ist aus der Sicht des Pflegenden mit<br />
Sicherheit eine andere als die von Ärzten<br />
und Psychologen, wobei sie sich im<br />
Wesentlichen überschneidet. Die<br />
Schwerpunkte liegen <strong>nur</strong> etwas anders,<br />
das Ziel jedoch ist das gleiche.<br />
Ich arbeite nun schon seit zehn Jahren auf<br />
einem weiterführenden Haus für psychisch<br />
kranke Straftäter, fünf davon als<br />
Fachkrankenpfleger! Die Arbeit unterscheidet<br />
sich im Großen nicht von der<br />
Arbeit in anderen psychiatrischen<br />
Abteilungen. Die Unterschiede liegen<br />
Charakter haben und die Initiative von<br />
der Ambulanz ausging.<br />
* Rückfallwahrscheinlichkeit ohne Ambulanz<br />
ist fast 5 x so hoch (Freese 2003).<br />
Wir bedanken uns bei Marion Werner für<br />
dieses Interview.<br />
meist in den von der Maßregel vorgegebenen<br />
Rahmen. Das heißt, die Patienten sind<br />
nicht, bzw. nie freiwillig, und im Durchschnitt<br />
drei bis vier Jahre auf einer Station.<br />
Hier müssen sie einen strengen Stufenplan<br />
durchlaufen. Dieser ist in die Stufen A, B,<br />
C und D gegliedert und diese ebenfalls<br />
nochmal in eine grobe Gliederung von jeweils<br />
drei Unterstufen.<br />
An den Stufungen zur nächst höheren<br />
Stufe, ist das ganze „multiprofessionelle“<br />
Team der Station dabei. In diesem Team<br />
sind regelmäßig, einmal pro Woche, ein<br />
Oberarzt/in, Psychologe/in, die Tages-<br />
regenbogen-report 01/08 11
schicht der Pflege und ein Sozialpädagoge/in<br />
anwesend. In diesen Gremien<br />
werden die Informationen, die alle<br />
Anwesenden haben, gesammelt und gewertet.<br />
Hier gibt es natürlich genaue<br />
Merkmale, die immer berücksichtigt werden<br />
müssen, wie z.B. die nötige Compliance<br />
(Krankheitseinsicht) und die<br />
Deliktbearbeitung. Die Patienten zur<br />
Stufung werden ein Mal im Monat vorgestellt<br />
und besprochen.<br />
Die Arbeit als Krankenpflegekraft innerhalb<br />
des Maßregelvollzuges beinhaltet die<br />
Begleitung und Unterstützung des Patienten<br />
in allen Lebensbereichen. Im<br />
Rahmen der Bezugspflege finden regelmäßige<br />
Einzelgespräche zu aktuellen Themen<br />
statt, sowie zur Deliktbewältigung.<br />
Dies sind die Hauptmerkmale unserer<br />
Arbeit. Der Unterschied zur „normalen“<br />
psychiatrischen Tätigkeit liegt hier wohl in<br />
der Deliktarbeit, die erschwerend hinzukommt.<br />
Der Umgangston ist meist etwas rauer und<br />
für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar.<br />
Das kann daher kommen, dass es<br />
sich um ein rein männliches Klientel handelt.<br />
Durch ein gemischtgeschlechtliches<br />
Team, wird jedoch sehr viel von der vorhanden<br />
„Aggression“ herausgenommen<br />
12<br />
und so viel wie im Maßregel möglich,<br />
Normalität gelebt! Die Unterbringung<br />
erfordert von den Patienten Einiges an<br />
Toleranz und Selbstdisziplin, die mancher<br />
erst durch seinen Aufenthalt in diesem<br />
rigiden Rahmen dort bekommt. Das liegt<br />
unter anderem an der meist fehlenden<br />
bzw. sehr geringen Privatsphäre, da der<br />
Patient stets mit anderen Mitpatienten in<br />
Kontakt ist und keinen Raum für sich,<br />
bzw. keine Rückzugmöglichkeiten für sich<br />
hat. Hier liegt vieles wohl auch daran, dass<br />
die Stationen überbelegt sind.<br />
Viele Patienten waren schon drei bis viermal<br />
in einer Klinik, ohne vorher ein<br />
„Delikt“ zu begehen. Einige müssten auch<br />
nicht zwingend in der Forensik sein. Ich<br />
kann mich noch an eine Zeit im BKH<br />
Haar erinnern, da gab es ein „Haus 5“, das<br />
für „aggressive Männer“ eingerichtet war,<br />
die man erst unter eine „Zwangsmedikation“<br />
setzen musste, um sie anschließend<br />
wieder auf die „Normalstation“ zurücklegen<br />
zu können. Hier wurden sie meist<br />
aufgenommen, weil sie auf der<br />
Aufnahmestation randaliert haben oder<br />
das Personal bedroht hatten.<br />
Heute werden solche Dinge, meiner Meinung<br />
nach, zu schnell kriminalisiert, die<br />
Krankheit wird erst als zweitranig angese-<br />
regenbogen-report 01/08
hen. Natürlich darf und muss ich mir als<br />
Krankenpflegepersonal nicht alles gefallen<br />
lassen, auf der anderen Seite sind wir doch<br />
die Profis, die es erkennen müssen, ob ein<br />
Patient gefährlich für sich oder andere<br />
sein wird. Selbst bei einem körperlichen<br />
Übergriff darf man die Erkrankung nicht<br />
übersehen, ich denke, sie muss im<br />
Vordergrund gesehen werden.<br />
Wer schon mal als Patient oder auch als<br />
Personal auf einer Aufnahmestation war,<br />
der weiß, dass Menschen, die im akuten<br />
psychotischen Schub nicht mehr die<br />
Realität von ihrem eigenen Erleben trennen<br />
können und nicht selten erregt sind.<br />
Fast jeder kennt oder weiß von einem<br />
Patienten, der fixiert werden musste.<br />
Bestimmt nicht, weil er so friedlich war<br />
und keine Gefahr für sich und andere war.<br />
Natürlich kommen <strong>nur</strong> die wenigsten<br />
deshalb gleich in die Forensik, es ist<br />
jedoch so, dass diese Patienten jetzt häufiger<br />
angezeigt werden wie früher. Was ich<br />
damit zum Ausdruck bringen möchte, ist<br />
<strong>nur</strong>, dass man ebenso leicht in die<br />
Forensik kommen kann, wie in die<br />
Psychiatrie.<br />
Aus dieser Sicht muss man auch die Art<br />
der Delikte immer wieder berücksichtigten,<br />
da es eben sehr viele verschiedene<br />
gibt. Es ist ein großes Feld! Nicht jeder in<br />
der Forensik hat eine Gewalttat begangen,<br />
es kann eben auch ein „Bagatelldelikt“<br />
sein, das zu einer Verurteilung kommt, wie<br />
z.B. eine Ohrfeige, in der Psychose geäußerte<br />
Drohungen oder auch durch krankheitsbedingtes,<br />
mehrfaches Schwarzfahren<br />
mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln. Es<br />
muss natürlich immer eine psychische<br />
Erkrankung im Vordergrund stehen. Das<br />
ist der wichtigste Aspekt bei der forensisch-psychiatrischen<br />
Arbeit. Keiner wollte<br />
eine Straftat begehen.<br />
Die Schwierigkeit bei der Arbeit besteht<br />
für uns darin, dass es über diesen langen<br />
Zeitraum eine mehr oder weniger gute<br />
Beziehung zum Patienten gibt. Wir müssen<br />
uns immer wieder hinterfragen und an<br />
das Delikt des Gegenübers erinnern, wenn<br />
es um Stufungen bzw. Lockerungen geht.<br />
In erster Linie stehen der Mensch und<br />
seine Erkrankung, mit dem wir arbeiten!<br />
Es ist nicht immer <strong>einfach</strong>, mit einem<br />
Sexualstraftäter oder einem Gewalttäter<br />
zu arbeiten. Gerade wenn das Delikt als<br />
erstes steht, kann sich dieses Problem entweder<br />
mit der Vermeidung eines Kontaktes<br />
zum Patienten führen, dann ist dem<br />
Patienten nicht geholfen. Ebenso ist die<br />
Verdrängung des Deliktes auch ein<br />
Problem, da dem Patienten nicht adäquat<br />
regenbogen-report 01/08 13
geholfen wird, er sich weiterhin nicht<br />
damit auseinander setzen muss und so keinen<br />
therapeutischen Erfolg haben kann.<br />
Hier spricht man dann gerne von<br />
Empathie, was so viel heißt, wie sich<br />
„Einfühlen“ oder „Mitfühlen“ mit dem<br />
Patienten. Also ohne Vorurteile mit ihm<br />
umgehen. Das ist nicht immer leicht!<br />
Viele Patienten kommen aus schlechten<br />
Verhältnissen oder haben durch ihre<br />
Erkrankung das Leben miteinander verlernt.<br />
Einige haben nie ein soziales<br />
Miteinander kennen gelernt! Wir sind<br />
bemüht, den Patienten möglichst normale<br />
Lebensumstände (milieutherapeutisch) zu<br />
bieten bzw. zu vermitteln. Das heißt, gemeinsam<br />
deren Geburtstag feiern, an<br />
Ostern gemeinsam Frühstück zu organisieren<br />
oder auch ein besinnliches<br />
Weihnachten zu feiern. Die regelmäßige<br />
Zuwendung und die zuverlässigen Kontakte<br />
sind stabilisierend und zu dem ein<br />
von den meisten Patienten nie, bzw. selten<br />
gekanntes Umgehen miteinander.<br />
Im Maßregelvollzug, wie die Unterbringung<br />
in der Forensik heißt, gibt es sehr<br />
viele Regeln wie ja schon das Wort impliziert,<br />
die alle einhalten müssen. Als<br />
Pflegekraft muss ich also das, was ich von<br />
den Patienten erwarte, auch selber vorle-<br />
14<br />
ben und die Regeln einhalten. Eine Regel<br />
ist meist schnell von beiden Seiten gebrochen,<br />
nämlich die, das man immer per<br />
“Sie” bleibt. Man kommt schnell dazu,<br />
sich mit den Patienten zu duzen, was<br />
natürlich nicht sein sollte. In der<br />
Beziehungsarbeit erleichtert es manchmal<br />
den Zugang zu Themen, die sonst <strong>nur</strong><br />
schwer angegangen werden können.<br />
Im Lauf der Zeit bekommt man dann als<br />
Pfleger/in auch seinen Ruf, wie z.B.<br />
“Harter Hund” oder “Hardliner”, aber<br />
auch “Bauchstreichler”, “Jedenversteher”,<br />
eben alle Namen, die es überall gibt und<br />
hier kommt es dann auf eine gute<br />
Mischung im Team an.<br />
Mein Image ist in der Forensik mit<br />
Sicherheit ein anderes, als bei meiner<br />
Arbeit in der WG. Für mich ist es nicht<br />
immer leicht, zwischen diesen beiden<br />
Arbeitsrichtungen und den verschieden<br />
Personen hin und her zu pendeln, da sich<br />
die Arbeit in der WG grundsätzlich von<br />
der Arbeit in der Forensik unterscheidet.<br />
Den Grund hierfür, warum ich jetzt auf<br />
der Station eher der Hardliner bin und in<br />
der WG nicht, kann ich nicht mit<br />
Sicherheit benennen. Womöglich liegt es<br />
auch <strong>nur</strong> an den ungleichen Rahmenbedingungen?<br />
regenbogen-report 01/08
Flashba lashback, bla lackout out<br />
Flashback, black out<br />
liege im Rasen,<br />
die Nadel noch im Arm.<br />
Ein Spießer kommt vorbei<br />
und macht mich blöde an:<br />
Hund verrecke, verrecke,<br />
verschwinde, sonst trete trete<br />
ich Dir eine,<br />
dann landest Du hinter der Hecke.<br />
Zum Glück wie er kam,<br />
war er wieder weg und mir blieb <strong>nur</strong> der Schreck. Schreck.<br />
Flashback, meine meine Braut ist weg,<br />
sie war auf Klau, sitzt im Bau.<br />
Hoffe Hoffe<br />
Ihr macht’s macht’ s Spaß<br />
Sitze hier im Gras,<br />
hab die Hose naß,<br />
kalt kalt auf Entzug,<br />
und bald auch genug,<br />
Am anderen anderen<br />
Tag: Tag:<br />
krieg ne ne Gänsehaut<br />
Gänsehaut<br />
Wo o ist <strong>nur</strong> die Spritze,<br />
hab’ einen Blackout.<br />
hab sie verloren verloren<br />
in der Pfütze,<br />
von den Kindern Kindern<br />
zertreten zertreten<br />
Jetzt kann ich <strong>nur</strong> noch beten.<br />
Wer er bringt mir den den nächsten Stoff Stoff<br />
herbei mit Spritze. Spritze.<br />
Wenn enn meine Braut draußen wär’, die die würd’ würd’<br />
mir eine schmier’n,<br />
hätt’ dann ein Gesicht wie rote rote<br />
Grütze.<br />
Tage age später:<br />
Ein Streetworker Streetworker<br />
kommt vorbei und sagt:<br />
Ist es Dir einerlei wie Du zugrunde gehst.<br />
Weißt, eißt, daß Du beim nächsten Schuß nicht mehr grade stehst.<br />
Entschloß mich für die Therapie,<br />
hatte zwar am Anfang Müh’ durchzuhalten,<br />
durchzuhalten,<br />
da strenge strenge<br />
Regeln galten.<br />
Gibt’s Gibt’ s jetzt Lockerung wie noch nie.<br />
Die Therapie ist auf dem Land.<br />
Nach einem Jahr<br />
Konnte es kaum fassen<br />
Als geheilt entlassen.<br />
Edwin Schütz<br />
regenbogen-report 01/08 15
Am 26.11.2007 fand um 11:00 Uhr im<br />
Gesellschaftshaus, auf dem Gelände des<br />
Klinikums München Ost, die Einweihung<br />
des neuen Forensikbaus statt. Über<br />
250 Gäste aus Politik, Justiz, Polizei,<br />
Medizin und Verwaltung waren zu diesem<br />
Ereignis geladen.<br />
Das sogenannte „Burg-Trio“, bestehend<br />
aus drei Forensikärzten ( Dr. Lars David<br />
Kellner, Dr. Markus Schlie und<br />
Dr. Bertram Schneeweiß) eröffneten die<br />
Einweihungsfeier mit Stücken von<br />
Schubert und Rachmaninov.<br />
Es wurden einige Festreden gehalten,<br />
unter anderem von Staatsministerin<br />
Steewens. Sie betonte in Ihrer Rede, dass<br />
durch den Neubau die Sicherheit im<br />
Maßregelvollzug die höchste Priorität<br />
habe: „Mit dem Neubau werden die<br />
Sicherheit der Bevölkerung, die<br />
Arbeitsbedingungen des Personals und<br />
16<br />
Einweihung des Forensikneubaus<br />
Hs 60 am IAK - KMO<br />
von Ralf Birker<br />
die Unterbringungsbedingungen der<br />
Patienten verbessert.“<br />
Bezirkstagspräsident Jungwirt sprach in<br />
seiner Rede von dem enormen Fortschritt<br />
für Therapie und Sicherheit: „Links die<br />
sogenannte „Burg“, das bisherige Hochsicherheitsgebäude,<br />
mit hohen Mauern<br />
und Stacheldraht. Und nun rechts davon<br />
der Neubau, eingeschossig, klar gegliedert,<br />
hell. Man kann bei näheren Betrachtung<br />
den Unterschied beider Häuser<br />
erkennen. „Der Quantensprung, den das<br />
neue Haus in Bezug auf Sicherheit und<br />
Therapieumfeld bedeutet, ist sofort sichtbar“,<br />
betonte Jungwirt.<br />
Vorstand der „Kliniken des Bezirks<br />
Oberbayern-Kommunalunternehmen,<br />
Herr Spuckti, war maßgeblich an der<br />
Entwicklung der Idee zu diesem Neubau,<br />
seiner Durchführung und seiner<br />
Realisierung beteiligt. Er bedankte sich<br />
bei Herrn Dworzak, Bürgermeister der<br />
Gemeinde Haar für die konstruktive und<br />
enge Zusammenarbeit in den vergangenen<br />
Jahren.<br />
Dr. Herbert Steinböck, Chefarzt des<br />
Fachbereichs Forensik, stellte einen sehr<br />
wichtigen Aspekt des Neubaus vor. „Ein<br />
Schwerpunkt der Konzeption liegt auf der<br />
Schaffung eines therapeutischen Milieus“,<br />
so der Chefarzt. Es gibt <strong>nur</strong> Ein – und<br />
regenbogen-report 01/08
Zweibettzimer die Raum für individuelle<br />
Privatsphäre lassen. Dr. Steinböck erinnerte<br />
daran, dass es neben dem unverzichtbaren<br />
Sicherheitsaspekt auch um<br />
kranke und behandlungsbedürftige<br />
Menschen geht.<br />
120 forensische Patienten, also ein knappes<br />
Drittel, werden den Neubau beziehen.<br />
Es sind diejenigen Parienten, die, bis<br />
dies aufgrund entsprechender medikamentöser<br />
und psychotherapeutischer<br />
Behandlung nicht mehr erforderlich ist,<br />
besonders hoher Sicherungen bedürfen.<br />
Der Zeitraum, den sie hier verbringen<br />
werden, reicht von wenigen Monaten bis<br />
zu vielen Jahren. Alle die untergebracht<br />
sind, haben Straftaten begangen, die<br />
meisten erhebliche: neben Eigentumsund<br />
Drogendelikten vor allem Körperverletzungen,<br />
aber auch Sexual- und<br />
Tötungsdelikte. “Wer bei uns aufgenommen<br />
wird, hat sein Delikt im Rahmen<br />
einer psychischen bzw. Suchterkrankung<br />
begangen.”, so Dr. Herbert Steinböck,<br />
Fachbereich Forensik, Isar Amper<br />
Klinikum, Klinikum München-Ost.<br />
Hans Mühlbauer, der Bereichspflegeleiter<br />
des Fachbereichs Forensik, der selbst<br />
intensiv mit der Planung und Umsetzung<br />
des Neubaus beschäftigt war, wünschte<br />
allen Mitarbeitern und Patienten alles<br />
Gute für und mit dem Neubau.<br />
Nach ca. 1 ½ Stunden ging es dann mit<br />
einem Shuttlebus zum Neubau. Dort gab<br />
es dann den feierlichen Segen für dieses<br />
neue Gebäude. Der Segen wurde von den<br />
Seelsorgern des Klinikums in einer kleinen<br />
ökomenischen Feier ausgesprochen.<br />
Unterstüzt wurden Petra Meyer, Cesare<br />
Kaiser von der evangelischen und<br />
Margaritta Nietbauer und Germeier von<br />
der kahtolischen Seelsorge, durch ein<br />
Bläserquartett.<br />
Anschließend hatten die Besucher<br />
Gelegenheit sich durch den Neubau führen<br />
zu lassen und bei einem kleinen<br />
Imbiss hatte man Zeit, Fragen zu stellen.<br />
Zeittafel<br />
Abstimmung des Raum- und Funktionsplanes<br />
zum Neubau auf Grundlage der Gesamtkonzeption<br />
Forensik bis August 2001<br />
Auswahl Planer, Vorplanung und Entwurfsplanung<br />
mit Programmfreigabe bis Juni<br />
2002<br />
Erarbeitung der HU-Bau mit fachlicher<br />
Billigung durch die Regierung von Oberbayern<br />
und Zustimmung der Gemeinde Haar<br />
bis Dezember 2003<br />
Erarbeitung Ausführungsplanung, Durchführung<br />
notwendiger Abbrucharbeiten und<br />
Grundsteinlegung bis Mai 2005<br />
Gesamtfertigstellung, Übergabe an Nutzer<br />
und Einweihung bis heute.<br />
regenbogen-report 01/08 17
Meine Erfahrungen mit der Psychiatrie<br />
Mein erster Psychiatrieaufenthalt war im<br />
Juni 2003 im Klinikum Ingolstadt. Mir<br />
ging es schon fast zwei Jahre schlecht. Ich<br />
war auch öfters bei meinerHausärztin, die<br />
mich schon damals nach meinen<br />
Symptombeschreibungen zu einem<br />
Psychiater schicken wollte. Aber ich sagte,<br />
ich hätte keine Probleme.<br />
Rückblickend war es so, dass ich <strong>nur</strong> noch<br />
funktionierte. Ich arbeitete im Schichtbetriebe<br />
in der Fertigmontage bei AUDI<br />
in Ingolstadt- bin nach Hause- hab mich<br />
<strong>nur</strong> auf mein Bett gelegt und gedöst. Um<br />
Behörden- und Banksachen habe ich<br />
mich nicht mehr gekümmert und die Post<br />
habe ich gleich weggeschmissen. Ich hatte<br />
auch keinen Kontakt mehr nach aussen.<br />
So verlor ich zwei Wohnungen und bei<br />
der letzten stand ich auf der Straße.<br />
Ich wollte vom Dach springen. Dann<br />
überlegte ich noch mal und mir kam die<br />
Idee, mich an eine Bekannte zu wenden,<br />
die Pastorin war. Sie sprach mit mir und<br />
sagte, ich solle mit ihr ins Klinikum fahren<br />
und mich an den psychiatrischen<br />
Notdienst wenden. Nach einem langen<br />
Gespräch sagte man mir dort, dass ich<br />
eine schwere, episodenhafte Depression<br />
habe und ich mich doch freiwillig aufnehmen<br />
lassen sollte. Das tat ich dann. Ich<br />
18<br />
Leserpost<br />
zu unserem Schwerpunktthema “Psychiatrie” in Heft 2/07<br />
kam auf die Station 36. Dies war eine<br />
offene Station. Aber ich mußte auf dem<br />
Gang liegen, da die Station überfüllt war.<br />
Dort war ich acht Wochen. Dann wurde<br />
ich entlassen. Danach zog ich in ein<br />
Zimmer im AUDI- Wohnheim. Danach<br />
fingen aber erst die Probleme an. Ich fing<br />
an, mir die Arme zu schneiden, konnte es<br />
damals aber noch gut verstecken. Bei der<br />
Arbeit konnte ich mich nicht mehrt konzentrieren,<br />
war erschöpft, gereizt, machte<br />
Fehler. Bei den Ärzten und meinem<br />
ambulanten Therapeuten bekam ich viele<br />
Diagnosen. Im Herbst 2004 kam ich wieder<br />
ins Klinikum Ingolstadt, diesmal auf<br />
die Geschlossene wegen Borderline und<br />
Verdacht auf ADS. Da war ich dann 12<br />
Wochen, aber geholfen hat es nicht.<br />
Jörg Bode (Name von der Redaktion geändert)<br />
...<br />
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?<br />
Schreiben Sie uns!<br />
Redaktion regenbogen-report<br />
Casinostraße 75<br />
85540 Haar<br />
redaktion@regenbogen-report.de<br />
regenbogen-report 01/08
Unser Kreuzworträtsel<br />
Auf ins “Kleine Theater”!<br />
Kultur am Ostpol des <strong>Regenbogen</strong> e.V. hat uns diesmal Theaterkarten für die<br />
Comedyshow “Pimpftown - Wie werde ich ein Mann?” von und mit Nepo Fitz<br />
gesponsert. Die Vorstellung findet am 29. Mai um 10:00 Uhr im Kleinen Theater<br />
Haar statt. Also wie immer: Rätsel lösen, die Lösung auf eine Postkarte schreiben<br />
und an die Redaktion <strong>Regenbogen</strong>-<strong>Report</strong>, Casinostr. 75, 85540 Haar, schicken.<br />
Folgende Preise gibt es zu gewinnen:<br />
1.Preis: 4 Karten für “Pimpftown” + je 1 Verzehrgutschein<br />
2.Preis: 2 Karten für “Pimpftown”<br />
3.Preis: ein Pfund Kaffe und eine Tafel Schokolade von Dallmayer<br />
4.Preis: zwei Tafeln Schokolade von Dallmayer<br />
Bei mehreren richtigen Einsendungen entscheidet das Los.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Einsendeschluß ist der 21. April 2008.<br />
Nepo Fitz gastiert Ende Mai<br />
mit seinem Soloprogramm im<br />
Kleinen Theater Haar.<br />
von Ralf Birker<br />
regenbogen-report 01/08 19
20<br />
regenbogen-report 01/08
egenbogen-report 01/08 21
Multikulti<br />
Multikulti bringt sicher Gefahren mit<br />
sich, ist aber für die Gesellschaft eine<br />
große Bereicherung. Es ist m.E. die beste<br />
Möglichkeit, um Krieg und Terrorismus<br />
zu bekämpfen. Nehmen wir München. Es<br />
gibt hier eine Moschee, eine Synagoge,<br />
Kirchen und ein indisches Teehaus. Es<br />
kommt immer häufiger vor, daß Christen<br />
in Synagogen und Moscheen gehen,<br />
Juden in Kirchen usw. Wenn es zunächst<br />
auch befremdend ist, aber es ist gut, daß<br />
man merkt, daß von den anderen<br />
Religionen keine Gefahr ausgeht.<br />
Die Ecke am Hauptbahnhof ist bunt.<br />
Man könnte sagen, hier pulsiert das<br />
Leben, wegen Multikulti. Es gibt viele<br />
ausländische Geschäfte und Restaurants,<br />
die von Einheimischen besucht werden.<br />
Man kommt sich vor, wie mitten im<br />
Leben. Es ist lebendig aber friedlich. In<br />
der Schule gewöhnen sich schon junge<br />
Menschen an Kulturen anderer Religionen<br />
und Rassen. Für Kinder, die noch<br />
nicht mit Vorurteilen behaftet sind, ist es<br />
eine wunderbare Gelegenheit, andere<br />
Völker kennenzulernen und aufgeschlossen<br />
anderen Kulturen gegenüberzutreten,<br />
was sich dann später auch auf die<br />
Demokratie und den Frieden auswirken<br />
kann. Denn wer unbefangen mit anderen<br />
Rassen und Religionen umgeht, der kann<br />
22<br />
Meine Meinung<br />
Kolumne von Christine Numberger<br />
auch in einer Gesellschaft leben, die<br />
immer globaler wird, ohne Feindbilder<br />
aufbauen zu müssen. Wenn Multikulti das<br />
heißt, was der Name verspricht, wenn das<br />
so gelebt wird, könnte man ein Fest der<br />
Vielfältigkeit feiern. Doch leider funktioniert<br />
es nicht immer. Es bilden sich ausländische<br />
Banden, meistens aber <strong>nur</strong>, weil<br />
sie von vorne herein abgelehnt werden.<br />
Ich sage nicht, daß Ausländer bessere<br />
Menschen sind als die Einheimischen,<br />
aber wir sollten zu den alten Tugenden<br />
der Gastfreundschaft zurückkehren.<br />
Nach der Kolonialisierung haben wir die<br />
Kultur der 3. Welt teilweise mit der unseren<br />
infiltriert und jetzt kommen sie zu<br />
uns, um ein besseres Leben zu haben. Die<br />
Länder der 3. Welt wurden von uns überrumpelt,<br />
jetzt versuchen sie, Anschluß an<br />
die sogenannten reichen Länder zu<br />
gewinnen. Doch unsere besondere<br />
Aufgabe sollte sein, Menschen, die im<br />
Heimatland verfolgt werden, bei uns aufzunehmen,<br />
damit sie bei uns ein neues<br />
Zuhause finden, schon allein aus humanitären<br />
Gründen. So sieht Multikulti, wenn<br />
es funktioniert, in den Industriestaaten<br />
aus. Multikulti in der 3. Welt sieht anders<br />
aus. Die Einheimischen treffen auf<br />
Touristen, Aussteiger, Abenteurer und,<br />
wenn Krieg ist, auf ausländische Soldaten<br />
aus den Industrie-staaten. Wir erwarten<br />
ja auch, daß wir freundlich empfangen<br />
regenbogen-report 01/08
werden. Also warum sollten wir die<br />
Ausländer nicht freundlich empfangen.<br />
Ein Vorschlag zur Güte für die<br />
Menschen im Nahen Osten. Man könnte<br />
Kulturzentren in Palästina für<br />
Christen, Juden und Moslems bauen, um<br />
sich friedlich austauschen zu können und<br />
so lernen zu können, daß Palästina für<br />
Christen, Juden und Moslems da ist. Das<br />
wäre vielleicht ein kleiner Anfang für den<br />
Frieden im Nahen Osten. Im Irak z.B.<br />
streiten sich Schiiten, Sunniten und<br />
Kurden, nachdem die Amerikaner den<br />
Krieg gewonnen haben.<br />
Ausländische Soldaten mischen sich<br />
unter die Bevölkerung, um Streit zu vermeiden,<br />
aber eigentlich <strong>nur</strong>, um davon zu<br />
profitieren. Ausländische Soldaten werden<br />
auch oft in Afrika bzw. Afghanistan<br />
eingesetzt, aber um wirklich Frieden zu<br />
schaffen. Insgesamt halte ich Multikulti<br />
für einen ganz guten Ansatz, die<br />
Globalisierung positiv zu leben.<br />
Asylanten<br />
Wenn Politiker die Fernsehbilder von<br />
Flüchtlingen, die Cap d'anamour retten<br />
will, an den Schiffen hängen sehen, sollten<br />
sie diese Asylanten und Flüchtlinge in<br />
ihrem Land willkommen heißen. Sie sollten<br />
sich einmal in die Situation der<br />
Flüchtlinge versetzen, denen in dem eigenen<br />
Land die Todesstrafe droht, die um<br />
ihr nacktes Überleben kämpfen und dann<br />
von manchen Staaten <strong>einfach</strong> wieder<br />
zurückgeschickt werden.<br />
Ob solch menschlicher Tragik kann man<br />
die Augen nicht verschließen. Jedes wohlhabende<br />
Land sollte den Flüchtlingen<br />
einen Wohnplatz geben. Ich würde vorschlagen,<br />
daß sie ein halbes Jahr gratis<br />
z.B. Deutschunterricht bekommen. Meist<br />
sind die Flüchtlinge sehr gewillt zu arbeiten<br />
und wer in Deutschland Arbeit sucht,<br />
findet sie meist auch, zumindest sogenannte<br />
niedere Arbeiten. Es gibt genügend<br />
geringe Arbeitsplätze, so daß<br />
bestimmt die Asylanten die Arbeit nicht<br />
wegnehmen.<br />
Leider haben die meisten Asylanten meistens<br />
keine direkte Anlaufstelle, wo ihnen<br />
geholfen wird oder sie wissen keine. Sie<br />
sprechen die Sprache nicht und können<br />
sich nicht informieren. Deshalb sollte in<br />
jeder größeren Stadt am Bahnhof bzw.<br />
am Flughafen, diese Stellen, wo sie Hilfe<br />
suchen können in den verschiedensten<br />
Sprachen ausgeschildert sein. Aber daran<br />
mangelt es. So geraten viele Asylanten an<br />
skrupellose Arbeitgeber und in ein<br />
schlechtes Umfeld. Leider geraten sie an<br />
Verbrecher, die sich an den Bahnhöfen<br />
regenbogen-report 01/08 23
herumtreiben. Was macht man nicht alles<br />
für ein Bett. Für eine warme Mahlzeit<br />
klauen sie ein Autoradio und schon sind<br />
sie straffällig und werden von der Polizei<br />
als Verbrecher in Gefängnisse, bzw. in die<br />
Forensik gesteckt.<br />
Dort ist es auch nicht gut. Sie haben zwar<br />
etwas zu essen und ein Bett, aber es fehlt<br />
ihnen die Freiheit und das Geld langt<br />
manchmal nicht einmal mehr für<br />
Zigaretten. Sie lernen sehr schnell von<br />
den sogenannten wirklichen Verbrechern,<br />
wie man gut an Geld kommt und schon<br />
sind sie in der Drehmühle. So kosten die<br />
Asylanten dem Staat mehr, als wenn sie<br />
sich um die Integration in der<br />
Gesellschaft kümmern würden und von<br />
denen er eines Tages profitieren könnte,<br />
24<br />
Viele Wege<br />
weil die Asylanten meist jung sind und in<br />
Deutschland die Zahl der jungen Bürger<br />
gesunken ist und es viele Rentner gibt.<br />
Sie könnten die Renten von morgen<br />
finanzieren. Abschiebung wäre<br />
unmenschlich, wenn die Asylanten in<br />
ihrem Land Verfolgung, Folter oder<br />
Todesstrafe erwartet. Es sollte unsere<br />
menschliche Pflicht sein, solche<br />
Asylanten aufzunehmen. Bei sogenannten<br />
Wirtschaftsflüchtlingen sollte man<br />
abwägen, ob der Zustand im Herkunftsland<br />
wirklich so schlimm ist. Für besonders<br />
interessierte Asylanten sollte man<br />
eine Ausbildung bzw. ein Studium anbieten.<br />
Sind auch viele Wege sandig.<br />
Wer nicht fliegt, kann niemals landen,<br />
wer nicht schwimmt, kann auch nie stranden,<br />
wer nicht fegt, der wird versanden,<br />
wer nichts weiß, der wird verkalken,<br />
wer nicht beißt, der wird gefressen,<br />
wer nicht liebt, der wird vergessen,<br />
wer nicht schläft, der wird nie träumen,<br />
wer nicht träumt, der wird nie schäumen,<br />
wer nichts ist, was wird aus ihm werden,<br />
wird er ruhelos durch die Wüste reiten,<br />
und das Ende nahesehnen.<br />
Edwin Schütz<br />
regenbogen-report 01/08
Zum 100. Geburtstag von<br />
Herbert von Karajan<br />
von Holger Tiedemann<br />
„Herbert war mit der Musik verheiratet“<br />
(Eliette von Karajan)<br />
100 Jahre alt wäre Herbert von Karajan<br />
dieses Jahr geworden. Die Musikwelt ehrt<br />
ihn mit Konzerten, Schallplatten, Filmen<br />
und Büchern.<br />
Der leidenschaftliche Sportler Karajan, der<br />
in seinen späteren Jahren von schweren<br />
körperlichen Leiden gezeichnet war, hatte<br />
einen Traum, wie er mal sterben wollte:<br />
„Dann nehme ich einen Rucksack mit<br />
einer Flasche Whisky und Schlaftabletten“,<br />
um einen letzten Blick auf sein<br />
geliebtes Alpenpanorama zu werfen. Er<br />
starb schließlich zwischen Gesprächen mit<br />
seiner Plattenfirma und den Proben zu<br />
Verdis „Maskenball“ bei den Salzburger<br />
Festspielen.<br />
Der Österreicher zählt zu den erfolgreichsten<br />
und populärsten Dirigenten des 20.<br />
Jahrhunderts. Als Leiter der Berliner<br />
Philharmoniker avancierte Herbert von<br />
Karajan zu einem Dirigenten, der, wie<br />
kaum ein anderer, in der Umsetzung von<br />
Wagners Werken akzeptiert wurde. Sein<br />
größter Einsatz galt den Salzburger<br />
Festspielen, die er 40 Jahre lang begleitete<br />
und ausbaute. Für sein Werk wurde er mit<br />
den bedeutendsten Preisen geehrt. Seit<br />
1997 finden im Festspielhaus von Baden-<br />
Baden die “Herbert von Karajan<br />
Festspiele” statt...<br />
Herbert von Karajan wurde am 05. April<br />
1908 in Salzburg geboren. Er begann als<br />
Vierjähriger, Klavier zu spielen und erwies<br />
sich als musikalisch außerordentlich<br />
begabt. Von 1926 an studierte er an der<br />
Musikhochschule in Wien, zwei Jahre später<br />
arbeitete er bereits als Chorleiter und<br />
Dirigent am Stadttheater Ulm (bis 1934).<br />
Sein Debüt als Dirigent gab er 1929 am<br />
Mozarteum, ein Jahr später wurde ihm die<br />
Leitung der Dirigierkurse während der<br />
Salzburger Festspiele übertragen (1930-<br />
34). 1934 bekam er ein Angebot von der<br />
Aachener Oper und 1935 wurde er dort als<br />
jüngster Dirigent Deutschland zum<br />
Generalmusikdirektor bestimmt.<br />
Im Jahr 1937 debütierte Herbert von<br />
Karajan am Pult der Wiener Oper, im<br />
kommenden Jahr stellte er sich an der<br />
Berliner Staatoper mit einem eindrucksvollen<br />
Gastspiel des “Fidelio” vor. Diese<br />
Aufführung brachte ihm den Durchbruch,<br />
denn im Anschluss daran begann die<br />
Presse, vom “Wunder Karajan” zu berichten.<br />
Durch seine Mitgliedschaft in der<br />
NSDAP zunächst im Nachkriegsdeutschland<br />
suspekt, verlagerte Karajan<br />
seine Arbeit ins Ausland, dirigierte 1948<br />
zum ersten Mal bei den Salzburger<br />
Festspielen und im Winter des Jahres auch<br />
an der Mailänder Scala (beide Male “Le<br />
Nozze di Figaro”, Mozart). 1950 wurde er<br />
regenbogen-report 01/08 25
zum Leiter der Festspiele von Luzern und<br />
außerdem zum Leiter des Wiener<br />
Musikvereins auf Lebenszeit ernannt. Er<br />
dirigierte das frisch gegründete<br />
Philharmonia Orchestra in London und<br />
wurde 1951 nach Bayreuth zur<br />
Wiedereröffnung der Festspiele eingeladen.<br />
Nach dem Tod Wilhelm Furtwänglers<br />
1954 begann für Karajan die wichtigste<br />
Epoche seiner Laufbahn, als ihm 1955 die<br />
Leitung der Berliner Philharmoniker<br />
übertragen wurde. Er baute das Ensemble<br />
systematisch zu seinem Orchester aus und<br />
schuf damit einen unverwechselbaren<br />
Klangkörper, der sich zu den besten<br />
Ensembles weltweit entwickelte. Im Jahr<br />
1967 rief Karajan die Salzburger<br />
Osterfestspiel ins Leben und dirigierte<br />
daraufhin dort alljährlich eine<br />
Opernaufführung, beginnend mit dem<br />
“Ring des Nibelungen”. Außerdem begann<br />
er zusammen mit Franco Zeffirelli, sich<br />
dem Opernfilm zu widmen.<br />
Im Jahr 1968 gründete der Dirigent die<br />
Herbert von Karajan-Stiftung, die sich<br />
26<br />
zum einen der medizinischen Forschung,<br />
darüber hinaus aber auch dem musikalischen<br />
Nachwuchs widmete. Ein schweres<br />
Rückenleiden zwang ihn 1976 zu einer<br />
Bandscheibenoperation, drei Jahre später<br />
erlitt er einen Schlaganfall und konnte<br />
aufgrund schwerwiegender gesundheitlicher<br />
Probleme kaum noch dirigieren.<br />
Es kam 1982 zum Streit mit den Berliner<br />
Philharmonikern, über deren Kopf hinweg<br />
er die Klarinettistin Sabine Meyer ins<br />
Orchester lotsen wollte. Nach einem chirurgischen<br />
Eingriff 1983 konnte Karajan<br />
wieder laufen und sich gerade halten. Er<br />
nahm seine Arbeit in reduziertem<br />
Umfang wieder auf, gab aber 1987 die<br />
Leitung der Salzburger Festspiele und<br />
1989 die Leitung der Berliner<br />
Philharmoniker ab.<br />
Am 16.Juli 1989 starb Herbert von<br />
Karajan an Herzversagen während einer<br />
Probe zu “Un ballo in maschera” in<br />
Salzburg.<br />
regenbogen-report 01/08
Ein neuer Sprinter<br />
von Ralf Birker<br />
Heute war ein großer Tag für die<br />
Mitarbeiter der Gemüsegärtnerei und<br />
Ihrem Betriebsleiter, Herrn Laun. Sie<br />
bekamen den Schlüssel für einen neuen<br />
Sprinter überreicht. Der neue Wagen hat<br />
auch schon einen Namen “Sozial-Mobil”.<br />
Rund 50 Sponsoren kauften Werbeflächen<br />
auf dem “Sozial-Mobil” und machten<br />
somit erst die Anschaffung dieses Wagens<br />
möglich. Zur feierlichen Übergabe sind<br />
am 26.Nov. die meisten Sponsoren<br />
erschienen, um sich auch ein Bild von der<br />
Arbeit des Betriebes zu machen.<br />
Herr Laun führte die Besucher stolz durch<br />
den großen Betrieb mit seinem hohen<br />
Qualitätsstandard, zu dessen Kundenkreis<br />
beispielsweise Großkantinen in Müchen<br />
mit mehreren tausend Beschäftigten gehören.<br />
Im Anschluss wurde zu einem kleinen<br />
Imbiss geladen, wo Herr Laun, Frau<br />
Dörig, Frau Ochsen und Frau Auer und<br />
Herr Michal, der Geschäftsführer vom<br />
<strong>Regenbogen</strong> e.V., alle Fragen bezüglich<br />
<strong>Regenbogen</strong> Arbeit gGmbH beantworteten.<br />
Am Ende bedankte sich Herr Laun<br />
noch einmal bei allen Sponsoren und<br />
betonte noch einmal ausdrücklich, “Ohne<br />
Ihre Hilfe und Spende wäre dies nicht<br />
möglich gewesen”. Das bunte “Sozial-<br />
Mobil” wird täglich für die<br />
Gemüseverarbeitung und Gärtnerei unterwegs<br />
sein, um Waren zu liefern, einzukaufen<br />
und die Mitarbeiter zu ihren verschiedenen<br />
Arbeitsplätzen zu bringen.<br />
Nach der Übergabe.<br />
regenbogen-report 01/08 27
28<br />
Ich<br />
In Rom<br />
Im Dom<br />
Im Fragen<br />
Im Sagen<br />
Im Gestern<br />
Im Heute<br />
Im Morgen<br />
Im Sorgen<br />
Beim absoluten Samadhi<br />
Beim Fahren von Ski<br />
Im Sanften<br />
Und im Rohen<br />
Im Harten<br />
Und im Smarten<br />
Hart wie ein Diamant<br />
So butterweich wie Samt<br />
In Hieben<br />
Und im Lieben:<br />
Auf freiem Feld<br />
Im Geld<br />
In dir<br />
In mir<br />
Im wir<br />
Zum Abschied aus der Klinik Menterschwaige,<br />
geschrieben am Dienstag, den 15.1.1998<br />
Heinrich Nachstaedt<br />
regenbogen-report 01/08
Veranstaltungstipps<br />
von Ulrike Wachter<br />
Mit unseren Veranstaltungstipps möchten<br />
wir Ihnen liebe Leserinnen und Leser den<br />
Frühling bunter und fröhlicher machen.<br />
Wie wäre es mit einem Osterspaziergang<br />
auf die Praterinsel, auf der vom 21. März<br />
bis 24. März ein »Markt der Sinne« stattfindet.<br />
Hier stellen täglich von 11.00 Uhr<br />
bis 19.00 Uhr verschiedene Künstler und<br />
Handwerker ihre Werke aus. Auch ein<br />
Besuch auf dem Viktualienmarkt mit den<br />
vielen bunten Obst- und Gemüseständen<br />
lohnt sich. Wer großen Hunger<br />
bekommt, kann sich in der Suppenküche<br />
dort bei einer leckeren Suppe und gutem<br />
Brot zu nicht sehr hohen Preisen satt<br />
essen.<br />
Und wenn es regnet?<br />
Eine alte Bauernregel sagt: Frühlingsregen<br />
bringt Segen. Hier empfehlen wir<br />
einen Film, der ab 6. März in den Kinos<br />
zu sehen ist. »Kirschblüten-Hanami« von<br />
Doris Dörrie mit Elmar Wepper und<br />
Hannelore Elsner. Ein älteres, kleinbürgerliches<br />
Pärchen lebt in der bayerischen<br />
Provinz. Die Kinder sind schon länger aus<br />
dem Haus. Bei dem eher schweigsamen<br />
Mann Rudi (Fritz Wepper) wird Krebs<br />
diagnostiziert. Seine treusorgende Frau<br />
Trudi (Hannelore Elsner) beschließt, dies<br />
vor ihm geheim zu halten und die Kinder<br />
in Berlin zu besuchen. Vieles kommt<br />
dann ganz anders als erwartet. Mehr sei<br />
hier aber nicht verraten.<br />
Übrigens möchten wir Sie darauf hinweisen,<br />
dass man im Kino am Sendlinger Tor<br />
für 4,- Euro ins Kino gehen kann, mit<br />
Behindertenausweis und zwar an jedem<br />
Tag.<br />
Und etwas zum Tränen lachen:<br />
»Heilige Kühe im Erzgebirge« von Till<br />
Endermann, ein herrlicher Roman.<br />
Bollywood im Erzgebirge bringt ein ganzes<br />
Dorf durcheinander. Diese Buch ist<br />
nicht <strong>nur</strong> etwas für Bollywoodfans!<br />
Zu empfehlen ist auch ein Besuch im<br />
Kleinen Theater in Haar:<br />
Am Donnerstag den 3. 4. 08 verspricht<br />
Luise Kinseher ab 19.00 Uhr bei »Glück<br />
und Co.«: An <strong>nur</strong> einem Abend mit<br />
Glück und Co. werden Sie mindestens 5<br />
Kilo schlanker, machen Karriere, werden<br />
frisch verliebt und bekommen zusätzlich<br />
festes, glänzendes Haar. Na, wäre das<br />
nicht etwas? Am 10. 4. 08 gestaltet Herr<br />
Lars Kellner einen Klaviersoloabend mit<br />
`Schuhmanns »Kinderszenen«, Janaceks<br />
»Im Nebel« und Mussorgskis »Bilder<br />
einer Ausstellung«. Wer ein kleines großes<br />
Stück Theater erleben möchte, der ist<br />
sicher richtig am 26. 4. 08 um 20.00 Uhr<br />
bei »Die Gewehre der Frau Carrar« von<br />
Bertolt Brecht. Und sicher nicht <strong>nur</strong> für<br />
Männer ist das Soloprogramm von Nepo<br />
Fritz am 29. Mai 08 um 19.00 Uhr<br />
»Pimpftown- Wie werde ich ein Mann«.<br />
regenbogen-report 01/08 29
Anfang Februar 1201 wird dem Dogen<br />
von Venedig ein geradezu sensationelles<br />
Anliegen unterbreitet (Der Doge ist der<br />
politische Führer von Venedig): Venedig<br />
soll eine Flotte bauen, die ein<br />
Kreuzfahrerheer von 33 500 Mann ins<br />
Heilige Land bringen sollen.<br />
Französische Fürsten sollen die abendländische<br />
Streitmacht anführen - so kommt<br />
das Ansuchen um die riesige Flotte von<br />
Gesandten dieser französischen Fürsten.<br />
Dass diese Bitte an Venedig gerichtet<br />
wird, ist allerdings nahe liegend.<br />
Schließlich gilt Venedig als größte christliche<br />
Seefahrerstadt am Mittelmeer.<br />
Außerdem scheiden die beiden einzigen<br />
ernsthaften Konkurrenten, Genua und<br />
Pisa, aus: Sie führen gerade gegeneinander<br />
Krieg.<br />
Lange dauern die Verhandlungen - denn<br />
der Doge kann ohne die Zustimmung der<br />
Vertreter der städtischen Elite weder<br />
Ausgaben veranlassen noch diplomatische<br />
Verhandlungen führen. Es wird gerechnet,<br />
dann wird die finanzielle Forderung<br />
gestellt: Sie entspricht fast 20 Tonnen reinen<br />
Silbers! Außerdem will sich Venedig<br />
am Kreuzzug beteiligen - vorausgesetzt,<br />
die mögliche Beute werde gleichmäßig<br />
unter Franzosen und Venezianern aufgeteilt.<br />
30<br />
Wie Venedig mächtig wurde<br />
von Gert Stocker<br />
Quelle u.a.: GEO - Epoche, Ausgabe “Venedig”<br />
Alle einigen sich schließlich: In 16<br />
Monaten, genau am 29. Juni 1202, soll die<br />
Flotte abfahrbereit sein. Dieses Beispiel<br />
zeigt deutlich, dass Venedig zu dieser Zeit<br />
schon sehr mächtig gewesen sein musste.<br />
Aber wie konnte es dazu kommen?<br />
Die Anfänge Venedigs:<br />
Dazu müssen wir zunächst einmal in die<br />
Zeit der Völkerwanderung zurückblicken<br />
Im ganzen Bereich des heutigen Europa<br />
verlassen Stämme und zum Teil ganze<br />
Völker ihr ursprüngliches Siedlungsgebiet<br />
und suchen eine neue Bleibe. Oft genug<br />
passiert es, dass sie später auch von dort<br />
noch vertrieben werden.<br />
So auch in Norditalien: Deren Bewohner<br />
- die Veneter - müssen immer wieder fliehen:<br />
auf Inseln der 200 km langen<br />
Buchten- und Lagunenlandschaft im<br />
Norden der Adria. Der Legende nach<br />
gründen Flüchtlinge dort am 5. März 421<br />
die Siedlung Rivus altus, die später Venedig<br />
genannt werden sollte. Die zahllosen<br />
kleinen Eilande in diesem Gebiet sind oft<br />
sumpfig und für dauerhafte Besiedlung<br />
kaum geeignet - so kehren viele Veneter<br />
bald wieder aufs Festland zurück.<br />
568 gehört Norditalien zum<br />
Oströmischen Reich (Byzanz). Als in diesem<br />
Jahr die Langobarden in Norditalien<br />
regenbogen-report 01/08
einfallen, flüchten wieder zahlreiche<br />
Veneter auf die Inseln der Lagune im<br />
Norden der Adria. Nun gründen die<br />
Langobarden auf dem Festland ein eigenes<br />
Reich; die Lagunenlandschaft bleibt<br />
jedoch oströmische Provinz - genannt<br />
Seevenetien. Ab 726 wird der Doge nicht<br />
mehr vom oströmischen Kaiser ernannt;<br />
die hohen Kleriker und die wohlhabenden,<br />
vornehmen Geschlechter der<br />
Lagunenregion wählen ihn - auf Lebenszeit.<br />
Um 810 geschieht etwas Wesentliches:<br />
Karl der Große zerschlägt das<br />
Langobardenreich, Norditalien gehört<br />
von nun an zum Reich Karls des Großen.<br />
Um diese Zeit ziehen sich viele Veneter<br />
ins Innere einer 40 Kilometer langen und<br />
bis zu 15 Kilometer breiten Lagune im<br />
Südwesten der Buchten- und<br />
Lagunenlandschaft Seevenetiens zurück .<br />
Dies ist der einzige Ort, der nicht von<br />
Karl dem Großen erobert werden kann.<br />
Der Name des Ortes: Rivus altus.<br />
Die Entstehung der Republik des heiligen<br />
Markus (San Marco):<br />
Auch hierzu gibt es eine Legende: Sie<br />
besagt, dass im Jahr 828 venetische<br />
Kaufleute, - im Auftrag des Dogen - die<br />
Reliquie des Evangelisten Markus stehlen<br />
und sie nach Venedig bringen. Der<br />
Heilige wird zum Patron der Republik<br />
Rivus altus. Da der Löwe das Symboltier<br />
des Heiligen ist, ziert er künftig das<br />
venezianische Wappen.<br />
Warum gerade der heilige Markus ausgewählt<br />
wurde? Dieser Heilige hatte die<br />
Hier ist der Canale Grande mit seiner hölzernen<br />
Hebebrücke am Rialto abgebildet.<br />
älteste Erzählung über das Leben Jesu<br />
verfasst. Um Rivus altus zu stärken, will<br />
der Doge eine der wichtigsten Reliquien<br />
der Christenheit, die Gebeine des hl.<br />
Markus, in die Lagunenstadt holen, was<br />
auch - angeblich - gelingt. Rivus altus soll<br />
alle anderen Städte der Region überstrahlen.<br />
Und das Ansehen einer Stadt<br />
bestimmt in dieser Zeit neben<br />
Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft und der<br />
Größe ihrer Truppen auch der Ruhm<br />
ihrer Reliquien. Hatte bisher jeder einzelne<br />
Sprengel des Gebietes einen eigenen<br />
Schutzpatron, so soll ein gemeinsamer<br />
Heiliger den Führungsanspruch Rivus<br />
altus verdeutlichen.<br />
Salz und Salzhandel:<br />
Rivus altus ist durch seine Lage schon<br />
dadurch "gesegnet", dass man hier Salz so<br />
<strong>einfach</strong> gewinnen kann wie kaum sonstwo<br />
im nördlichen Mittelmeer. Wie wichtig<br />
Salz damals war, schrieb schon ein<br />
Chronist: "Auf Gold kann man verzichten,<br />
auf Salz nicht". Das Einlegen in Salz<br />
war damals die fast einzige Möglichkeit,<br />
um Fisch und auch Fleisch haltbar zu<br />
machen. Damit intensiver Handel betrie-<br />
regenbogen-report 01/08 31
en werden konnte mit küstenfernen<br />
Städten und Fisch, bzw. Fleisch nicht<br />
schon während des Transportes verdarb.<br />
Aber das Salz konnte nicht <strong>nur</strong> für den<br />
Handel mit eigenem Fisch bzw. Fleisch<br />
eingesetzt werden, auch andere Städte<br />
und das Hinterland konnten das Salz sehr<br />
gut gebrauchen - für die gleichen Zwecke.<br />
Die Venezianer transportierten über die<br />
Flüsse, die in die Lagune oder deren Nähe<br />
münden, regelmäßig Fässer ins<br />
Landesinnere. Diese waren gefüllt mit<br />
den kostbaren weißen Kristallen oder mit<br />
eingesalzenem Fisch. Unter Begleitschutz,<br />
aus berechtigter Angst vor Überfällen,<br />
segeln oder rudern die Boote beispielsweise<br />
nach Pavia, von wo aus die<br />
Fracht auf dem Landweg weitertransportiert<br />
wurde. In Pavia begannen nämlich<br />
drei große Handelswege, die nach<br />
Frankreich, Rom und über die Alpen<br />
nach Deutschland führten.<br />
So wurde die Lagunenstadt durch den<br />
Handel mit dem "weißen Gold" wohlhabend<br />
und stark. Rivus altus wurde nach<br />
und nach eine mächtige Stadt. Um die per<br />
Schiff reisenden Kaufleute und deren<br />
Ladungen zu sichern, wurden schon um<br />
840 viele Schiffe mit bis zu 200 Soldaten<br />
bemannt.<br />
Dies brachte nun neue Möglichkeiten mit<br />
sich, um ihre Region zu dominieren.<br />
Rivus altus bekämpfte seine Rivalen im<br />
Salzhandel. Zum Beispiel die Stadt<br />
Comacchio: Sie lag näher am Po als Rivus<br />
altus und genoss dadurch gewisse<br />
Vorteile. Nach dem zweiten veneziani-<br />
32<br />
schen Angriff wurde die Stadt völlig zerstört.<br />
Bald kontrollierte die<br />
Lagunenstadt die Mündungen der norditalienischen<br />
Flüsse.<br />
Reichtum und das oströmische Reich:<br />
Dass die Venezianer Untertanen des<br />
byzantinischen Kaisers waren, hatte auch<br />
seine Vorteile: Ihnen standen die Märkte<br />
des oströmischen Reiches offen, beispielsweise<br />
Griechenland. Dann vor<br />
allem die Hauptstadt des oströmischen<br />
Reiches, Konstantinopel, der mit 300<br />
000 Einwohnern größten und reichsten<br />
Stadt der Christenheit. In Konstantinopel<br />
endeten die Handelswege aus<br />
Indien, Persien und Fernost. Damit<br />
gelangten die Luxuswaren des Orients<br />
leichter nach Rivus altus als an andere<br />
westeuropäische Länder. Und oft auch<br />
billiger - denn die Venezianer waren in<br />
großen Teilen des oströmischen Reiches<br />
von jeglichen Zollabgaben befreit.<br />
Sklavenhandel war eine weitere ertragreiche<br />
Einkommensquelle. Vor allem Slawen<br />
aus Osteuropa wurden auf den<br />
Markt des Archipels verschlagen. Man<br />
brachte sie vor allem an die Höfe und<br />
Harems des Ostens, wo sie als Eunuchen<br />
dienen mussten. Oder sie mussten für die<br />
Sarazenen in Nordafrika kämpfen.<br />
Auch Holz war eine bedeutsame<br />
Einkommensquelle. Es wurde für den<br />
Bau von Schiffen gebraucht, auch für die<br />
Kriegsschiffe von Kaiser und Papst. Im<br />
Hinterland von Rivus altus wuchsen<br />
regenbogen-report 01/08
Eichen, Buchen und Eschen, weiters gab<br />
es in den nahen Alpen Nadelwälder.<br />
Holz wurde auch an die muslimischen<br />
Mächte im Mittelmeerraum verkauft -<br />
gegen Gold und Silber. Mit diesem Gold<br />
und Silber konnten die Venezianer in<br />
Konstantinopel diejenigen Luxusartikel<br />
kaufen, die im Westen so begehrt waren.<br />
Alles florierte: der Bootsbau, die<br />
Erzeugung von Glas- und Eisenwaren in<br />
großen Mengen, der Schiffsbau.<br />
Und: Im frühen 10. Jahrhundert beginnen<br />
die Einwohner von Rivus altus<br />
damit, ihre Stadt Venedig zu nennen.<br />
Venedig und die Diplomatie:<br />
Und Venedig war Schlichterin in einem<br />
großen Streit zwischen Kaiser Friedrich<br />
I. Barbarossa und dem Papst. Barbarossa<br />
wollte nicht anerkennen, dass der<br />
Kaisertitel <strong>nur</strong> vom Papst verliehen werden<br />
kann. Der spektakuläre<br />
Friedensschluss im Jahre 1177 kam nach<br />
monatelangen Verhandlungen des Dogen<br />
Sebastiano Ziani und seinen Diplomaten<br />
zustande. Venedig hatte sich aus dem<br />
Kampf zwischen Kaiser und Papst weitgehend<br />
herausgehalten und als Unparteiische<br />
das Vertrauen sowohl des Kaisers als<br />
auch des Papstes erworben.<br />
Einhaltung des Versprechens:<br />
Am Anfang des Artikels habe ich vom<br />
Versprechen Venedigs geschrieben, eine<br />
mächtige Flotte zu bauen. Ist dies gelungen?<br />
Ja, Venedig konnte alle Bedingungen<br />
erfüllen - und auch das Zeitlimit einhalten.<br />
Venedig heute.<br />
regenbogen-report 01/08 33
Unser Osterrezept: Ein Osterkranz<br />
Zutaten für einen Kranz von 35 cm<br />
Durchmesser:<br />
750 g Mehl 1 Würfel (42 g) frische Hefe<br />
oder 2 Tütchen Trockenhefe 100 g<br />
Zucker 1 Päckchen Vanillezucker 3/8 l<br />
+ 2 Essl. Milch 2 Eier 100 g zimmerwarme<br />
Butter oder Margarine 1 Prise<br />
Salz abgeriebene Schale von 1,5 unbehandelten<br />
Zitronen 75 g Zitronat oder<br />
Orangeat 50 g Rosinen eventuell<br />
Backpapier für das Blech 1 Eigelb 40 g<br />
Mandelstifte 150 g Puderzucker 3-4<br />
Essl. Zitronensaft<br />
Zubereitungszeit: 3 Std.,<br />
davon Arbeitszeit: 50 Min.<br />
Das Mehl in eine Schüssel sieben, in der<br />
Mitte eine Vertiefung formen und die<br />
Hefe hineinbröckeln oder -streuen. 1<br />
Esslöffel Zucker hinzufügen. 3/8 l Milch<br />
lauwarm erhitzen, in die Mulde gießen<br />
und mit etwas Mehl vom Rand verrühren,<br />
bis sich die Hefe aufgelöst hat. Den<br />
Vorteig zugedeckt etwa 20 Minuten gehen<br />
lassen. Den restlichen Zucker, den<br />
Vanillezucker, die Eier, das klein geschnittene<br />
Fett, das Salz und die Zitronenschale<br />
zum Teig geben. Mit den Knethaken des<br />
Handrührgeräts so lange schlagen, bis der<br />
Teig Blasen wirft und sich leicht vom<br />
Schüsselrand löst. Zugedeckt noch einmal<br />
etwa 45 Minuten gehen lassen. Das<br />
Backblech fetten oder mit Backpapier<br />
34<br />
Frohe Ostern !<br />
belegen. Das Zitronat oder Orangeat<br />
fein würfeln. Mit den Rosinen unter den<br />
gegangenen Teig kneten. Den Teig dritteln<br />
und auf wenig Mehl zu 3 etwa 50 cm<br />
langen Strängen rollen. Die Stränge zu<br />
einem Ring flechten und als Ring auf das<br />
Blech legen. Nochmals etwa 30 Minuten<br />
gehen lassen. Den Backofen auf 200°<br />
vorheizen. Das Eigelb mit der restlichen<br />
Milch verquirlen, den Kranz damit<br />
bestreichen und mit den Mandelstiften<br />
bestreuen. Den Kranz im heißen Ofen<br />
(unten; Gas Stufe 3) in etwa 35 Minuten<br />
goldgelb backen. Dann auf dem<br />
Backpapier oder vorsichtig mit einer breiten<br />
Palette zum Abkühlen auf ein<br />
Kuchengitter ziehen oder heben. Den<br />
Puderzucker mit so viel Zitronensaft glatt<br />
rühren, dass ein dickflüssiger Guss entsteht.<br />
Eine langzinkige Gabel eintauchen<br />
und den Kranz mit feinen Glasurlinien<br />
verzieren.<br />
Variante<br />
Aus dem gleichen Teig können Sie kleine<br />
Osternester backen. Dafür den Teig ohne<br />
regenbogen-report 01/08
Zitronat oder Orangeat und Rosinen<br />
zubereiten. In 12 Portionen teilen und<br />
jeweils zu 2 etwa 24 cm langen Rollen formen.<br />
Jeweils 2 Rollen nebeneinander<br />
legen und aufzwirbeln. Als Kränzchen auf<br />
ein vorbereitetes Backblech legen, die<br />
Enden dabei gut festdrücken. Die<br />
Oberfläche mit<br />
verquirltem Eigelb bestreichen. In die<br />
Mitte je ein hartgekochtes Ei (6 Minuten<br />
kochen lassen und abschrecken) legen.<br />
Die Osternester etwa 30 Minuten backen.<br />
Besonders hübsch: in die Kranzmitte<br />
gefärbte Eier legen.<br />
Tipps und Tricks: Eier auspusten<br />
Zur Dekoration eignen sich ausgepustete<br />
Eier sehr gut - aber, wie pustet man nun<br />
eigentlich Eier aus? Die ultimative<br />
Anleitung, zur Vermeidung von roten<br />
Köpfen, Wutanfällen und Frustration:<br />
* Man nehme: einen Eierpiekser, oder<br />
sonstige Nadel mit Spitze<br />
* einen kleinen Kreuzschlitzschraubenzieher<br />
* eine Ohrenspritze aus der Apotheke<br />
* eine dünne Stricknadel<br />
Die Eier oben und unten jeweils in der<br />
Mitte mit der Nadel anpieksen. Mit dem<br />
Kreuzschlitzschraubenzieher vorsichtig<br />
die Löchlein erweitern (mit gaaaaanz<br />
wenig Druck!). Nun mit der Stricknadel<br />
die Innenhaut durch- und das Dotter<br />
anstechen. Luft in die Spritze ziehen und<br />
in ein Löchlein hineindrücken - theoretisch<br />
kommt jetzt auf der anderen Seite<br />
Eiweiß und Dotter heraus.<br />
Nun das Eiinnere mittels der Spritze mit<br />
einer Essiglösung auswaschen (übrigens ist<br />
es ratsam, die Eier vor dem Ausblasen von<br />
außen ebenfalls zu säubern...) Am besten<br />
läßt man die Eier nun einige Tage trocknen,<br />
bevor man sie bemalt.<br />
Und das Unvermeidliche zum Schluß:<br />
Kommt das Häschen in die Apotheke und<br />
fragt den Apotheker: "Haddu Möhrchen?"<br />
- Sagt der Apotheker: "Nein, ich habe<br />
keine Möhrchen. Bei mir kannst du <strong>nur</strong><br />
Medizin kaufen." Am nächsten Tag<br />
kommt das Häschen wieder: "Haddu<br />
Möhrchen?" - "Nein", sagte der Apotheker,<br />
"ich habe dir doch gesagt, daß ich <strong>nur</strong><br />
Medizin verkaufe!" Kommt das Häschen<br />
am dritten Tag wieder zur Apotheke. An<br />
der Tür hängt ein Schild mit der<br />
Aufschrift: "Heute keine Möhrchen". Sagt<br />
das Häschen zum Apotheker vorwurfsvoll:<br />
"Haddu doch Möhrchen habt!"<br />
Kommt Häschen mal wieder in die<br />
Apotheke und fragt den Apotheker:<br />
"Haddu Möhrchen?" Dem Apotheker<br />
reichts: "Weißt Du was, Häschen, ich habe<br />
auf die ständige Fragerei keine Lust mehr.<br />
Ich schmeiß den Job. Wenn Du Lust hast,<br />
kannst Du ja übernehmen." Häschen<br />
übernimmt natürlich die Apotheke. Am<br />
nächsten Tag kommt der Apotheker in<br />
seine ehemalige Apotheke und fragt<br />
Häschen: "Na, haddu Möhrchen?"<br />
Antwortet Häschen: "Haddu Rezept?"<br />
In diesem Sinne wünschen<br />
wir allen Lesern ein<br />
fröhliches Osterfest!<br />
regenbogen-report 01/08 35
Wanted Wanted<br />
1000 gr. Kekse Belohnung<br />
für Sie oder Ihn<br />
besondere Erkennungsmerkmale: unbändige Schreiblust oder Computerbearbeitungsgier oder<br />
Spaß am Gestalten, Befragen, Recherchieren und Mitbestimmen<br />
Ihm oder Ihr droht: Mitarbeit in einem netten Redaktionsteam. Jede Menge Unterstützung.<br />
Arbeit, die Spaß macht. Und: Das Erscheinen des Selbstgemachten<br />
in der Zeitung <strong>Regenbogen</strong>-<strong>Report</strong>!<br />
Founded:<br />
Sachdienliche Hinweise unter<br />
Telefon: 089/ 3163425 oder 089/ 890569812<br />
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Wanted Wanted<br />
Wir bedanken uns bei unseren Sponsoren für ihre Unterstützung!<br />
KLEINES THEATER HAAR<br />
Kultur am Ostpol im regenbogen e.v.<br />
casinostraße 75 - 85540 haar<br />
www.kleines-theater-haar.de