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AUSGABE <strong>13</strong><br />

26. März <strong>2022</strong><br />

WISSEN<br />

Handy aus,<br />

Kopf an!<br />

Wie es wieder gelingt,<br />

sich auf das Wesentliche<br />

zu konzentrieren<br />

ATOM<br />

DIE RÜCKKEHR<br />

DES SCHRECKENS<br />

Seit Putins Drohungen ist das<br />

Unmögliche wieder möglich.<br />

Wie berechtigt sind die Ängste?<br />

WIRTSCHAFT<br />

Biontech oder das<br />

Wunder von Marburg<br />

FLUCHT<br />

Was Deutschland von<br />

Franziska Giffey lernen kann<br />

KULTUR<br />

Die Gebrauchsanleitung<br />

für die Oscars <strong>2022</strong>


Alle <strong>FOCUS</strong>-Titel to go.<br />

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JETZT<br />

E-PAPER LESEN:


Seite 5<br />

Seite 6<br />

EDITORIAL<br />

Ist Olaf Scholz ein Kanzler ohne Land?<br />

Von Robert Schneider, Chefredakteur<br />

Foto: Peter Rigaud/<strong>FOCUS</strong>-Magazin<br />

Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser,<br />

eines muss man dem Krieger im Kreml<br />

lassen: Er versteht mehr von uns als wir<br />

von ihm, wie mir scheinen will. Seit Putin<br />

mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht<br />

hat, ist der Westen – allen voran die Bundesregierung<br />

– noch eifriger bemüht,<br />

dem neuen Zaren zu garantieren, dass<br />

er ein Eingreifen der Nato unter keinen<br />

Umständen zu befürchten hat. Und so<br />

versprach der Kanzler am Mittwoch erst<br />

dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr<br />

Selenskyj: „Die Ukraine kann sich<br />

auf unsere Hilfe verlassen. Wir halten<br />

zusammen.“ Und Putin versprach er im<br />

gleichen Atemzug: Keine Flugverbotszone,<br />

keine Friedensmission, keine direkte<br />

militärische Konfrontation zwischen Nato<br />

und Russland.<br />

Und auch US-Präsident Joe Biden wiederholt<br />

die Warnung vor einer solchen<br />

Konfrontation gebetsmühlenartig, und<br />

das ungeachtet der Tatsache, dass er<br />

sogar den Einsatz von C-Waffen in der<br />

Ukraine durch das russische Militär erwartet.<br />

Putin muss daraus schließen,<br />

dass er sich in der Ukraine alles erlauben<br />

kann, jedes Kriegsverbrechen, ohne dass<br />

die Nato eingreift. Das ist der unbestreitbare<br />

Vorteil von Atomwaffen: Sie verbreiten<br />

Furcht und Schrecken – also politische<br />

Wirkung –, ohne dass sie zum Einsatz<br />

kommen.<br />

Natürlich verbietet sich jedes leichtfertige<br />

Spiel mit einem militärischen Konflikt<br />

zwischen Russland und der Nato. Ich<br />

frage mich aber, ob es in der Auseinandersetzung<br />

mit einem unberechenbaren<br />

Gegner wie Putin wirklich clever ist, alle<br />

militärischen Optionen vom Tisch zu nehmen,<br />

sich selbst also weitgehend transparent<br />

und damit berechenbar zu machen.<br />

Die Erfahrungen der Vergangenheit und<br />

die eigenen Lebenserfahrungen sprechen<br />

eher dagegen.<br />

Ist Olaf Scholz machtpolitisch ein Kanzler<br />

ohne Land? Der Gedanke drängt<br />

sich mir auf, denn Scholz verfügt<br />

derzeit offenkundig weder<br />

über eine eigene Mehrheit für<br />

die Verabschiedung der allge-<br />

meinen Impfpflicht für alle Erwachsenen<br />

noch für sein militärisches Aufrüstungsprogramm<br />

als Konsequenz aus dem<br />

Angriffskrieg Putins in der Ukraine. Deswegen<br />

wurde die Impfpflicht zur Gewissensfrage<br />

erklärt und muss sich eine<br />

überparteiliche Mehrheit im Bundestag<br />

suchen, also vor allem mit Stimmen der<br />

Opposition. Und die Tatsache, dass die<br />

100 Milliarden Euro für die Bundeswehr<br />

mit Zweidrittelmehrheit im Grundgesetz<br />

verankert werden soll, bringt ebenfalls<br />

die Opposition ins Spiel.<br />

CDU-Chef Friedrich Merz will sich aber<br />

nicht als Mehrheitsbeschaffer für einen<br />

Kanzler ohne Mehrheit missbrauchen lassen.<br />

Der Oppositionsführer kündigte am<br />

Mittwoch im Bundestag an, aus der Union<br />

würden nur genau so viele Abgeordnete<br />

den Rüstungsmilliarden zustimmen, wie<br />

der Ampel zur Zweidrittelmehrheit fehlen.<br />

Hier müssen Scholz, sein Vize Robert<br />

Habeck und FDP-Chef Christian Lindner<br />

die Kanzlermehrheit stemmen.<br />

Und nachvollziehbar ist auch, dass<br />

Merz darauf besteht, dass die Milliarden<br />

ausschließlich für die Bundeswehr<br />

Jetzt jede Woche im Heft<br />

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BEWEGUNG<br />

Inge Kloepfer über<br />

das Zeitalter<br />

der Magration<br />

DER HAUPTSTADTBRIEF<br />

EXKLUSIV<br />

FÜR<br />

<strong>FOCUS</strong><br />

ABONNENTEN<br />

Herausgegeben von Ulrich Deppendorf und Ursula Münch<br />

Nach Putin<br />

ist vor Putin<br />

Was tun, wenn auch nach dem<br />

Krieg nur er als Verhandlungspartner<br />

des Westens bleibt?<br />

Von Johannes Grotzky Seite 2<br />

26. März <strong>2022</strong> | #20<br />

bestimmt sind. Zwar benutzt Außenministerin<br />

Annalena Baerbock inzwischen<br />

sogar Begriffe wie „Wehrhaftigkeit“,<br />

doch die weitgehend friedensbewegten<br />

Teile von SPD und Grünen werden alles<br />

daransetzen, die Rüstungsmilliarden zivilen<br />

Zwecken wie der Bekämpfung der<br />

Unterentwicklung und des Klimawandels<br />

zuzuführen. Denn wenn man will, ist ja<br />

fast alles irgendwie auch Sicherheitspolitik<br />

…<br />

Es gibt nur wenige Journalisten, die Biontech<br />

bislang zu ihrem Allerheiligsten vorließ:<br />

den Bioreaktoren ihres Hauptproduktionsstandorts<br />

in Marburg. Dort hat<br />

das Unternehmen im vergangenen Jahr<br />

1,2 Milliarden Impfdosen produziert. Der<br />

unfassbare Milliarden-Erfolg von Biontech<br />

bedeutete auch für das recht verschlafene<br />

Fachwerk-Städtchen einen gigantischen<br />

Geldsegen. Über der Frage, wie man damit<br />

umgeht, implodierte dann sogar die Mittelinks-Koalition<br />

des Stadtparlaments. Nun<br />

versucht der Ort, mit den Riesensummen<br />

Vorbild zu sein für den Rest der Republik,<br />

was Klimaneutralität, Wohnungsbau oder<br />

Bildungschancen angeht. Ironie der<br />

GRELLGELB<br />

Freiheit für niemand –<br />

die FDP und Corona<br />

Von Frank Hofmann<br />

Herzlich Ihr<br />

Geschichte: Zwei Wochen nach<br />

der Recherche erkrankte unser<br />

Chefautor Thomas Tuma (trotz<br />

Biontech-Booster) an Corona. Es<br />

geht ihm aber schon wieder ganz<br />

gut. Ich wünsche ihm eine schnelle<br />

Genesung und Ihnen viel Freude<br />

an seinem Report ab Seite 52.<br />

Noch einmal in eigener Sache:<br />

Ihr <strong>FOCUS</strong> fühlt sich in dieser<br />

Woche anders an als gewohnt. Wegen<br />

der Papierknappheit haben wir dünnere<br />

Umschlagseiten. Wir sind also etwas<br />

leichter geworden – aber haben dennoch<br />

nicht weniger Gewicht. Die Seitenanzahl<br />

bleibt wie gewohnt – und unsere Leidenschaft,<br />

für Sie einen interessanten<br />

<strong>FOCUS</strong> zu machen, natürlich auch.<br />

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<strong>FOCUS</strong> <strong>13</strong>/<strong>2022</strong> 3


Visionäre<br />

Virologen<br />

Schon seit über<br />

100 Jahren profitiert<br />

das Fachwerkstädtchen<br />

Marburg von<br />

Impfstoffen<br />

Seite 52<br />

Warmes<br />

Willkommen<br />

Franziska Giffey<br />

ordnet das Chaos:<br />

Tausende Geflüchtete<br />

aus der<br />

Ukraine kamen<br />

nach Berlin<br />

Seite 40<br />

Historische<br />

Hüllen<br />

Mann im Fokus:<br />

„Fashioning<br />

Masculinities“<br />

ist in London<br />

zu sehen<br />

Seite 100<br />

Magischer<br />

Mythos<br />

Wer der Mensch<br />

Andy Warhol<br />

war, will eine<br />

Netflix-Doku<br />

nun beleuchten<br />

Seite 22<br />

Brillante<br />

Besetzung<br />

In „Spencer“ gibt<br />

Kristen Stewart<br />

Prinzessin Diana<br />

und ist für einen<br />

Oscar nominiert<br />

Seite 78<br />

Flinker Flitzer Mit dem 296 GTB feiert Ferrari sein Comeback Seite 109<br />

4 <strong>FOCUS</strong> <strong>13</strong>/<strong>2022</strong>


Titel: Getty Images<br />

Fotos: Jonas Ratermann für <strong>FOCUS</strong>-Magazin, Marlena Waldthausen für <strong>FOCUS</strong>-Magazin, Fashioning Masculinities: The Art of Menswear at the Victoria<br />

and Albert Museum, London, 19 March – 6 November <strong>2022</strong>, In partnership with Gucci, Andy Warhol Foundation, ddp, Lorenzo Marcinno<br />

28 Die Rückkehr der Angst<br />

Die Entwicklungen in der Ukraine und<br />

Putins Rhetorik schüren die Furcht vor<br />

einem dritten Weltkrieg. Doch wie<br />

realistisch ist das?<br />

37 Eine bislang unbekannte Situation<br />

Der Generaldirektor der Atomaufsichtsbehörde<br />

spricht über die nukleare Gefahr<br />

Agenda<br />

22 Wer? Wahr? Warhol?<br />

Er war einer der bekanntesten Künstler der<br />

Welt und blieb privat ein Rätsel. Nun will<br />

eine neue Doku Andy Warhol einordnen<br />

Politik<br />

38 Wo sind unsere Söhne?<br />

Putin schickte Tausende Wehrdienstler in<br />

den Krieg. Ihre Mütter warten und hoffen<br />

40 „Wir haben keine Katastrophe“<br />

Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey<br />

über Geflüchtete, die CDU und die Wut<br />

44 Dilemma Ostpolitik<br />

In der SPD hieß es: Frieden in Europa geht<br />

nur mit Russland. Nun steht sie vor den<br />

Trümmern ihrer Kreml-Freundschaft<br />

47 Datenstrudel<br />

Was Russen googeln, Krankenkassen<br />

fehlt Papier, Steinmeier zeigt Einsatz<br />

48 Sag mir, wo du stehst<br />

In Oranienburg treffen Geflüchtete auf<br />

deutsche Normalität und eine ganz eigene<br />

Geschichte mit der Sowjetunion<br />

Wirtschaft<br />

52 Das Wunder von Marburg<br />

Biontech hat der Stadt gigantische Steuereinnahmen<br />

beschert – und Krach ums Geld<br />

58 Was für ein Müll<br />

Mit einem Stoff, der verrottet, wollen zwei<br />

Gründerinnen das Plastikproblem lösen<br />

62 Geldmarkt<br />

Titelthema<br />

INHALT NR. <strong>13</strong> | 26. MÄRZ <strong>2022</strong><br />

3 Editorial<br />

6 Kolumne von<br />

Jan Fleischhauer<br />

9 Nachrichten<br />

10 Fotos der Woche<br />

16 Grafik der Woche<br />

F-35<br />

18 Menschen<br />

74 Echt irre<br />

Wissen<br />

64 Klarheit gewinnen<br />

Das Smartphone flutet uns mit schlechten<br />

Nachrichten. Wie sollen wir mit der<br />

Belastung für Geist und Seele umgehen?<br />

72 Krieg dem Klima<br />

Weil Weizen knapp zu werden droht,<br />

bremst die EU die Agrarwende. Ein großer<br />

Fehler, warnen Umweltverbände<br />

75 Schönste Schnecke<br />

Kubas Tierchen Polymita picta ist in Gefahr<br />

Kultur<br />

78 Wo bitte geht’s nach Hollywood?<br />

Eine höchst subjektive Verleihung der<br />

Oscars an die Filme, die es unserer<br />

Meinung nach wirklich verdient hätten<br />

84 Das Kind und wie es die Welt sah<br />

Mike Mills’ wunderbar warmherziger<br />

Film „Come on, Come on“ über<br />

eine seltsame Reise durch Amerika<br />

86 Familie ist, wo das Leben beginnt<br />

Unsere Empfehlungen der Woche erzählen<br />

von der oft so schwierigen Nächstenliebe<br />

88 „Dies ist nicht unser Krieg“<br />

Der russische Bestsellerautor Dmitry<br />

Glukhovsky über Putins Propaganda<br />

Leben<br />

100 Männer, Mode und Macht<br />

Von schrillen Barock-Roben bis zum<br />

Slimfit-Anzug: Eine Ausstellung<br />

zeigt maskuline Styles als Spiegel<br />

der Gesellschaft<br />

105 Dinner for One<br />

Ottolenghis Hähnchensalat für Singles<br />

106 Mon dieu, Christo!<br />

Bei RB Leipzig wurde Christopher Nkunku<br />

zum Nationalspieler. Jetzt wird er von<br />

den Großen der Branche heftig umworben<br />

109 Ferrari ist zurück<br />

… unter den Topteams der Formel 1<br />

und auf der Straße mit dem 296 GTB<br />

Rubriken<br />

87 Mein Salon<br />

99 Bestseller /<br />

Impressum<br />

110 Die Einflussreichen<br />

112 Leserbriefe<br />

1<strong>13</strong> Nachrufe/<br />

Servicenummern<br />

114 Tagebuch<br />

Nächste Woche im <strong>FOCUS</strong>:<br />

Das große Style-Special<br />

mit Robert Lewandowski<br />

Style<br />

Die<br />

neue<br />

Nr. 1<br />

3 Editorial<br />

6 Kolumne von Jan<br />

Fleischhauer<br />

9 Nachrichten<br />

8 Fotos der Woche<br />

16 Grafik der Woche<br />

18 Menschen<br />

48 Leserbriefe<br />

Rubriken<br />

90 Salon<br />

95 Buch & Welt<br />

96 Kultur-Macher<br />

102 Bestseller<br />

124 Die Einflussreichen<br />

128 Nachrufe/ Namen<br />

129 Impressum<br />

<strong>13</strong>0 Tagebuch<br />

Titelthemen sind rot markiert<br />

Titelthemen sind rot markiert<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>13</strong>/<strong>2022</strong> 5<br />

Style<br />

<strong>2022</strong><br />

Nr. 1<br />

Die<br />

neue<br />

Nr. 1<br />

Robert<br />

Lewandowski<br />

Juergen<br />

Teller<br />

Nr. 1<br />

<strong>2022</strong><br />

Robert<br />

Lewandowski<br />

Juergen<br />

Teller<br />

Der Style-Guide<br />

erstmalig mit Flipcover<br />

Mit Kolumnen von Mark van<br />

Huisseling und Thilo Mischke<br />

Den Power Looks für die<br />

neue Arbeitswelt im Jahr drei<br />

der Pandemie<br />

Und Frederick Lau im radikal<br />

materialistischen Fragebogen


AGENDA<br />

Wer?<br />

Wahr?<br />

Warhol?<br />

Er war der bekannteste Künstler des<br />

20. Jahrhunderts, doch niemand<br />

kannte den Mann hinter der Pop-<br />

Art-Kulisse. Andy Warhol bleibt ein<br />

großes Mysterium. Wen liebte er?<br />

Woran (außer sich) glaubte er?<br />

Netflix sucht in Warhols Tagebüchern<br />

nach Antworten<br />

TEXT VON SEBASTIAN FRENZEL<br />

22 <strong>FOCUS</strong> <strong>13</strong>/<strong>2022</strong>


KUNST<br />

Ikonen der Nacht<br />

Silvester 1977. Im Epizentrum all dessen,<br />

was cool, besonders und berühmt war,<br />

dem New Yorker Club „Studio 54“.<br />

Damals lagen sich Persönlichkeiten wie<br />

Designerlegende Halston, Schauspielerin<br />

Bianca Jagger und Andy Warhol (v. l.),<br />

Regisseur Jack Haley Jr. und Sängerin<br />

Liza Minnelli (hinten) in den Armen<br />

Foto: Robin Platzer/The LIFE Images Collection via Getty Images<br />

Ikone der Kunst<br />

Das Nachtleben, der Exzess,<br />

die Übertreibung waren Teil von<br />

Andy Warhols Persona. Doch<br />

eigentlich fühlte sich der<br />

„King of Pop Art“ meist, als sähe er<br />

nur zu, als wäre sein Leben<br />

eine sehr lange Fernsehshow<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>13</strong>/<strong>2022</strong> 23


POLITIK<br />

BLINDBLIND<br />

Frühe Experimente<br />

Das Bild entstammt<br />

einem von zwei<br />

Kernwaffen-Tests<br />

des US-amerikanischen<br />

Militärs im Jahr 1952.<br />

Gezündet wurde<br />

„Ivy King“ über dem<br />

Eniwetok-Atoll im<br />

Pazifik. Die Kernspaltungsbombe<br />

hatte<br />

eine Sprengkraft von<br />

500 Kilotonnen<br />

Foto: Getty Images<br />

28 <strong>FOCUS</strong> <strong>13</strong>/<strong>2022</strong>


TITEL<br />

Der Atompilz<br />

Die Flammagenitus-Wolke<br />

entsteht durch einen aufsteigenden<br />

Feuerball, der sich mit<br />

Rauch, Schutt und kondensiertem<br />

Wasserdampf füllt<br />

Die Rückkehr der Angst<br />

Die Deutschen fürchten sich vor einem russischen Angriff<br />

auf ukrainische Atomkraftwerke mindestens so sehr wie<br />

vor dem Einsatz der Nuklearbombe durch Wladimir Putin.<br />

Ist das übertrieben, und woher rührt die Furcht?<br />

TEXT VON G. DOMETEIT, S. FRÖHLICH, B. GAIGL, A. GROSSE HALBUER,<br />

J.-P. H E I N , R . K EC K , M . K R O N ES , A . R E I C H A R D T<br />

29


WIRTSCHAFT<br />

Stoff der Zukunft Auf die Idee für die Plastikalternative kam Anne Lamp (links) während ihrer Promotion an der TU Hamburg. Sie meldete ein Patent an und gründete im Herbst 2020 mit<br />

Was für ein Müll<br />

Im Meer schwimmt bereits mehr Plastik als Plankton, und doch kann die Welt auf Kunststoff<br />

nicht verzichten. Zwei Gründerinnen aus Hamburg haben nun eine Alternative entwickelt<br />

TEXT VON DANIELA SCHRÖDER<br />

Auf dem Schreibtisch von Anne<br />

Lamp liegt ein Haufen Müll.<br />

Verpackungen von Müsli -<br />

riegeln, Sandwichboxen,<br />

Versandtaschen – was halt<br />

so anfällt im Büroalltag. „Der<br />

perfekte Abfall“, sagt Lamp<br />

und streicht über einen gelben Bonbonbeutel.<br />

So sieht das Plastik der Zukunft<br />

aus, das hofft zumindest die Gründerin<br />

von Traceless Materials. Es schützt den<br />

Inhalt, lässt sich formen und bedrucken<br />

und zersetzt sich am Ende einfach im<br />

Kompost. Zwei bis neun Wochen, dann ist<br />

ihr alternatives Plastik verrottet. Bei herkömmlichen<br />

Verpackungen dauert das<br />

Jahre, teils Jahrhunderte. Ein Problem,<br />

das Lamp lösen will.<br />

„Technisch ist es möglich“, steht auf<br />

einem von vielen bunten Stickern, die<br />

auf ihrem Laptop kleben. Sie sagt: „Technisch<br />

ist alles möglich.“ Das gilt auch für<br />

Plastik, das in der Umwelt vollständig<br />

abgebaut wird. Traceless, spurlos, so hat<br />

Lamp ihr Start-up genannt. Gegründet<br />

hat sie es 2020 zusammen mit Johanna<br />

Baare, einer Strategie- und Managementberaterin.<br />

Die beiden Frauen Anfang 30<br />

haben sich über ein Start-up-Programm<br />

kennengelernt und schnell gemerkt: Das<br />

passt. Baare hat den Sinn fürs Geschäft,<br />

Lamp die Idee und die wissenschaftliche<br />

Expertise. Heute haben sie 22 Mitarbeiter<br />

und große Pläne. Gerade haben<br />

sie in Buchholz bei Hamburg ihre erste<br />

Produktionsanlage in Betrieb genommen.<br />

Dass das so schnell ging, liegt an Lamps<br />

Vorarbeit. Entwickelt hat sie den Stoff,<br />

der nun das Plastik ersetzen soll, während<br />

ihrer Promotion. Die Verfahrensingenieurin<br />

befasste sich mit Agrar-Reststoffen:<br />

Abfälle, die in der Industrie etwa beim<br />

Verarbeiten von Getreide für Bier oder<br />

Stärke anfallen. Aus ihnen lassen sich<br />

Biopolymere gewinnen, chemische Verbindungen,<br />

die so auch in der Natur vorkommen<br />

– und die der perfekte Rohstoff<br />

für ein alternatives Plastik sind. Denn<br />

gelangt es in die Natur oder in den Kompost,<br />

bleibt am Ende nur übrig, woraus<br />

die verwendeten Biopolymere bestehen:<br />

Kohlendioxid, Wasser, organische Substanz.<br />

„Kreisläufe schließen“, sagt Baare,<br />

„das ist unsere Grundidee.“<br />

Fotos: Bettina Theuerkauf (3)<br />

58 <strong>FOCUS</strong> <strong>13</strong>/<strong>2022</strong>

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