Buch der Gefühle (Leseprobe)

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gen zu verschließen. Eine Aufgabe beharrlich zu verfolgen, z. B. beim Lernen, bei der Arbeit oder in der Freundschaft, heißt nicht, auf seinen eigenen Ideen zu bestehen und jeden Zweifel oder jede Alternative abzulehnen. Dickköpfe haben oftmals Angst vor Veränderungen. Ungewöhnliche Situationen, neue Ideen kommen ihnen bedrohlich vor, und so bleiben sie bei dem, was sie glauben und kennen, weil es ihnen sicher erscheint. Das, was Menschen eigensinnig macht, ist manchmal der Wunsch nach Überlegenheit: Sie wollen etwas bekommen, was ihnen vielleicht nicht zusteht, oder wollen auf jeden Fall gewinnen. Möglicherweise können sie auch nicht zugeben: »Ich hatte Unrecht.« Aber ist das Ganze nicht ziemlich lächerlich? Wir alle machen Fehler oder glauben mal an eine Idee, die sich als falsch herausstellt. Die Wirklichkeit um uns herum ändert sich, es gibt unterschiedliche Ansichten, es kommen neue Erkenntnisse hinzu, daher müssen wir lernen, uns an diese Veränderungen anzupassen. Wir können uns die Dickköpfigkeit als einen wenig beleuchteten Tunnel vorstellen, in den wir geraten sind, ohne die genauen Gründe dafür zu kennen. Nun stecken wir drin, es gibt vor und hinter uns kein Licht, also bestehen wir hartnäckig darauf, dort zu bleiben, wo wir sind, weil man ja nicht weiterkann. Von draußen rufen sie nach uns, fordern uns auf umzukehren, aber wir verweigern uns, weil wir überzeugt sind, dass wir dann aufgeben würden. Und die Stimme, die uns sagt, dass draußen alles viel besser läuft, dass keine Gefahr mehr herrscht, dass es dumm und blöd ist, im Tunnel zu bleiben, nützt überhaupt nicht. Zurück zum Unterschied zwischen Dickköpfigkeit und Verbissenheit: Dafür sind die Fortschritte in der Wissenschaft ein gutes Beispiel. Entdeckungen geschehen niemals nur zufällig, sondern es müssen unzählige Tests und Analysen gemacht sowie Beweise herangeschafft werden. Erst dann kann die Gültigkeit einer These anerkannt werden. Aber nehmen wir mal an, dass die Experimente enthüllen, dass dies nicht der richtige Weg und die anfängliche Annahme verkehrt ist. Dann muss der oder die Wissenschaftlerin innehalten, zweifeln und schließlich akzeptieren, dass die Theorie falsch ist. Wenn er oder sie trotz aller gegenteiligen Beweise immer noch verbissen glaubt, recht zu haben, wird er oder sie es nicht weit bringen. Dafür bekommt niemand einen Nobelpreis. 48
Nur durch Beharrlichkeit haben wir herausgefunden, wie ein Atom aufgebaut ist, dass es Galaxien und Schwarze Löcher gibt. Impfstoffe gegen Viren wurden durch unzählige Versuche und Misserfolge erfunden, die auch als solche anerkannt wurden. Wissenschaftler sind also beharrliche und ausdauernde Personen, aber sie sind nicht dickköpfig. Wenn du jedoch lieber eine erfundene Geschichte lesen möchtest, dann nimm die von Cosimo in Der Baron auf den Bäumen, er ist nämlich ein Dickkopf wie aus dem Bilderbuch. Mit zwölf Jahren klettert Baron Cosimo Piovasco di Rondò nach einem Streit mit seinen Eltern aus Protest auf einen Baum. Ohne jemals wieder einen Fuß auf die Erde zu setzen, wächst er heran, verliebt sich, erlebt tausende Abenteuer und reist schließlich in einer Montgolfiere. Und das alles nur, weil er einmal gesagt hatte: »Ich komme nicht mehr herunter.«
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