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architektur FACHMAGAZIN Ausgabe 1 2022

Wie soll mit alter Bausubstanz umgegangen werden? Sie prägt das Bild unserer Städte und ist wichtiger Teil ihrer Identität. Aus Sicht der steigenden Ressourcenverknappung und der vermeidbaren CO2-Emissionen spricht viel dafür, diese so weit als möglich zu erhalten und zu revitalisieren. Aus finanzieller Sicht lohnt sich das, vor allem im Wohnbau, jedoch nur selten. Auch lässt sich der Bestand nicht ohne Weiteres an die Bedürfnisse unserer Zeit anpassen. Hierfür braucht es kreative Ideen der Architekturschaffenden, für die wir in dieser Ausgabe gerne ein paar Inspirationen liefern wollen.

Wie soll mit alter Bausubstanz umgegangen werden? Sie prägt das Bild unserer Städte und ist wichtiger Teil ihrer Identität. Aus Sicht der steigenden Ressourcenverknappung und der vermeidbaren CO2-Emissionen spricht viel dafür, diese so weit als möglich zu erhalten und zu revitalisieren. Aus finanzieller Sicht lohnt sich das, vor allem im Wohnbau, jedoch nur selten. Auch lässt sich der Bestand nicht ohne Weiteres an die Bedürfnisse unserer Zeit anpassen. Hierfür braucht es kreative Ideen der Architekturschaffenden, für die wir in dieser Ausgabe gerne ein paar Inspirationen liefern wollen.

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<strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

WISSEN, BILDUNG, INFORMATION FÜR DIE BAUWIRTSCHAFT<br />

Erscheinungsort Vösendorf, Verlagspostamt 2331 Vösendorf. P.b.b. 02Z033056; ISSN: 1606-4550<br />

01<br />

www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

Februar <strong>2022</strong><br />

Alt & Neu


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www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

Editorial<br />

Alt & Neu<br />

Wie soll mit alter Bausubstanz umgegangen werden? Sie<br />

prägt das Bild unserer Städte und ist wichtiger Teil ihrer<br />

Identität. Aus Sicht der steigenden Ressourcenverknappung<br />

und der vermeidbaren CO 2 -Emissionen spricht viel<br />

dafür, diese so weit als möglich zu erhalten und zu revitalisieren.<br />

Aus finanzieller Sicht lohnt sich das, vor allem<br />

im Wohnbau, jedoch nur selten. Auch lässt sich der<br />

Bestand nicht ohne Weiteres an die Bedürfnisse unserer<br />

Zeit anpassen. Hierfür braucht es kreative Ideen der<br />

Architekturschaffenden, für die wir in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

gerne ein paar Inspirationen liefern wollen.<br />

block<br />

Ihre Herangehensweise beim Bauen im historischen Bestand<br />

und einiges mehr, erörtern der Wiener Architekt Heinz Neumann<br />

und einer seiner beiden Partner, Oliver Oszwald, im Interview,<br />

das ich für diese <strong>Ausgabe</strong> mit ihnen führen durfte.<br />

Die Projekte, die wir für diese <strong>Ausgabe</strong> ausgesucht haben,<br />

beleben alte oder sogar historische Bausubstanz auf recht<br />

unterschiedliche Art und Weise. Manche sind kaum zu übersehende<br />

architektonische Statements, andere wiederum sind<br />

fast unsichtbar in den Bestand eingegliedert.<br />

Amelia Tavella Architectes nahmen sich des Klosters Saint-<br />

François im Süden Korsikas an. Dabei rekonstruierten sie das<br />

ursprüngliche Volumen mit einem Anbau, der mit seiner auffälligen<br />

perforierten Kupferhülle besticht. Nachdem sie schon<br />

1999 die Umnutzung des ehemaligen Mühlenkomplexes am<br />

Duisburger Innenhafen zum Museum Küppersmühle für Moderne<br />

Kunst geplant hatten, realisierten Herzog & de Meuron<br />

nun auch die Erweiterung des Kulturbaus. Diese schmiegt sich<br />

so nahtlos an das historische Gebäude, als wäre sie schon immer<br />

Teil davon gewesen. Ganz anders die leuchtend roten Interventionen<br />

des Architekturstudios Bernhard Khoury / DW5.<br />

Ein verspiegeltes Dach schwebt über dem Ensemble mit seiner<br />

historische Fassade aus weiß verputztem Torfstein. Im Inneren<br />

wurde das ehemalige Theater zum knalligen Kreativ-Zentrum<br />

für Design und Technologie für Jugendliche. Die Architekten<br />

des Prager Studios OV-A haben wiederum ein unscheinbares<br />

Kohlelager aus den 1930er-Jahren mit viel Fingerspitzengefühl<br />

in einen Hörsaal umgewandelt. Der rekonstruierte Raum wird<br />

von den Studenten für Vorlesungen, Zusammenkünfte und andere<br />

informelle Aktivitäten der Universität genutzt.<br />

Wenn Architekten für sich selbst bauen, dann machen sie keine<br />

Kompromisse. So auch beim „Kozina House“ von Atelier 111<br />

Architekti. Im historischen Teil einer tschechischen Kleinstadt<br />

haben sie zwei benachbarte Gebäude miteinander verbunden,<br />

Altlasten beseitigt und die Bestandsgebäude sauber und rücksichtsvoll<br />

zu einem stimmigen Gesamtensemble rekonstruiert.<br />

Mit Hageloft baute das Architekturbüro Kresings die über 100<br />

Jahre alten Produktionsgebäude des Kunststoffherstellers<br />

Hagedorn um. Sie sanierten und erweiterten den Bestand und<br />

schufen so Raum, in dem es sich genauso gut arbeiten wie<br />

auch leben lässt.<br />

Auch in unserem Schwerpunkt zum Thema Bar- & Restaurantdesign<br />

zeigen ausgewählte Projekte die gelungene<br />

Verschmelzung von Alt & Neu. Zum Abschluss klärt unsere<br />

EDV-Kolumne, auch passend zum Thema, wie Bestandsbauten<br />

BIM-gerecht erfasst werden können.<br />

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Viel Vergnügen mit dieser <strong>Ausgabe</strong> wünscht,<br />

Andreas Laser<br />

porfido


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

4<br />

Inhalt<br />

Editorial 03<br />

Architekturszene 06<br />

Die Bauten der Moderne<br />

Denkmalpflege der Nachkriegs<strong>architektur</strong><br />

Magazin 12<br />

Der Umgang mit 20<br />

historischem Bestand<br />

Interview mit Heinz Neumann und<br />

Oliver Oszwald von HNP architects<br />

Auferstehung im Kupferkleid 24<br />

Kloster Saint-François /<br />

Sainte-Lucie-de-Tallano, Korsika /<br />

Amelia Tavella Architectes<br />

Noch mehr Kunst 30<br />

im Kornspeicher<br />

Erweiterung MKM Museum Küppersmühle /<br />

Duisburg / Herzog & de Meuron<br />

Auf den Spuren 36<br />

von Jules Verne<br />

UHELNA, Umnutzung eines ehemaligen<br />

Kohlelagers / Prag, Tschechien / OV-A<br />

Tech statt Theater 42<br />

TUMO Center for Creative Technologies /<br />

Gyumri, Armenien / Bernhard Khoury / DW5<br />

(Vor)Stadtvilla 2.0 48<br />

Kozina House /<br />

Trhové Sviny, Tschechien /<br />

Atelier 111 Architekti<br />

Erhalten und gestalten 56<br />

Hageloft / Osnabrück /<br />

Kresings Architektur<br />

Bar- & Restaurantdesign 62<br />

Produkt News 72<br />

edv 94<br />

BIM-Bestandserfassung:<br />

Wie kommt der Bestand ins BIM?<br />

24<br />

30<br />

36 42<br />

56<br />

48<br />

MEDIENINHABER UND HERAUSGEBER Laser Verlag GmbH; Ortsstraße 212/2/5, 2331 Vösendorf, Österreich<br />

CHEFREDAKTION Andreas Laser (andreas.laser@laserverlag.at)<br />

REDAKTION DI Linda Pezzei, Edina Obermoser, Dolores Stuttner, DI Marian Behaneck,<br />

GESCHÄFTSLEITUNG Silvia Laser (silvia.laser@laserverlag.at) n LTG. PRODUKTREDAKTION Nicolas Paga (nicolas.paga@laserverlag.at) Tel.: +43-1-869 5829-14<br />

GRAFISCHE GESTALTUNG & WEB Andreas Laser n LEKTORAT Mag. Heidrun Schwinger n DRUCK Bauer Medien & Handels GmbH<br />

ABONNEMENTS Abonnement (jeweils 8 <strong>Ausgabe</strong>n/Jahr): € 94,- / Ausland: € 115,-, bei Vorauszahlung direkt ab Verlag n Studentenabonnement (geg. Vorlage einer gültigen Inskriptionsbestätigung):<br />

€ 64,- / Ausland: € 91,- (Das Abonnement verlängert sich automatisch, sofern nicht mind. 6 Wochen vor Erscheinen der letzten <strong>Ausgabe</strong> eine schriftliche Kündigung bei uns einlangt.)<br />

EINZELHEFTPREIS € 14,- / Ausland € 18,-<br />

BANKVERBINDUNG BAWAG Mödling, Konto Nr. 22610710917, BLZ 14000, IBAN AT 87 1400022610710917, BIC BAWAATWW n Bank Austria, Konto Nr. 51524477801, BLZ 12000<br />

IBAN AT 231200051524477801, BIC BKAUTWW; UID-Nr. ATU52668304; DVR 0947 270; FN 199813 v; n ISSN: 1606-4550<br />

Mit ++ gekennzeichnete Beiträge und Fotos sind entgeltliche Einschaltungen. Die Redaktion haftet nicht für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos. Berichte, die nicht von einem Mitglied<br />

der Redaktion gekennzeichnet sind, geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Das Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.<br />

OFFENLEGUNG GEMÄSS § 25 MEDIENGESETZ:<br />

Geschäftsführer: Silvia Laser Gegenstand des Unternehmens: Der Verlag und die Herausgabe von periodischen Druckschriften aller Art, insbesondere von Zeitungen und Zeitschriften;<br />

Gesellschafter: Silvia Laser mit einer Beteiligung von 50%. Ing. Walter Laser mit einer Beteiligung von 50%; Richtung der Zeitschrift: Architektur Fachmagazin mit aktuellen Informationen über die Architekturszene<br />

in Österreich und international, sowohl den Hochbau als auch die Innen<strong>architektur</strong>, das Design und die Haus- und Bautechnik betreffend.


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<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

6<br />

Architekturszene<br />

Die Bauten der Moderne<br />

Denkmalpflege der Nachkriegs<strong>architektur</strong><br />

Sind die Bauwerke der 1960er- und 1970er-Jahre bereits als Kulturmerkmale anzusehen?<br />

Bei dieser Frage sind sich Architekten heute nicht mehr einig. Immerhin<br />

kennzeichnet etliche Gebäude aus dieser Zeit eine nüchterne und damit nahezu eine<br />

fantasielose Gestaltung.<br />

Text: Dolores Stuttner<br />

Begründet liegt dieser Aspekt in der vergleichsweise<br />

kurzen Bauzeit. Denn um<br />

dem erhöhten Bedarf nach Wohnraum in<br />

Großstädten nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

gerecht zu werden, musste vor allem die Errichtung<br />

von Wohnobjekten zügig erfolgen.<br />

In diese Zeit schlug auch die Geburtsstunde<br />

des Plattenbaus – in den 1960er-Jahren<br />

galt dieser noch als Experimentalbau. Heute<br />

sind mit diesen Großwohnsiedlungen<br />

am Stadtrand eher negative Assoziationen<br />

verbunden. Doch ist die Nachkriegsmoderne<br />

nicht nur mit dem Massenwohnungsbau<br />

gleichzusetzen – diese Zeit brachte durchaus<br />

bahnbrechende und für die Architekturgeschichte<br />

wichtige Projekte zutage.<br />

Schützenswerte Gebäude oder<br />

fantasielose Nutzobjekte?<br />

Damit es möglich ist, die Architektur der<br />

Nachkriegszeit zu bewerten, gilt zu erörtern,<br />

welche Eigenschaften ein Gebäude<br />

oder gar ein ganzes Wohngebiet erst erhaltenswert<br />

machen. Während bei älteren<br />

Bauwerken der lange Zeitraum eines Jahrhunderts<br />

zum natürlichen Selektionsprozess<br />

beiträgt, gestaltet sich die Auswahl<br />

bei vergleichsweise jungen Objekten etwas<br />

schwieriger. (Historische) Qualität ist hier<br />

auf den ersten Blick nicht – oder noch nicht<br />

– zu erkennen. Es ist in diesem Fall mitunter<br />

notwendig, andere Bewertungskriterien<br />

heranzuziehen.<br />

Universitätsbibliothek Bonn<br />

© Eckhard Henkel<br />

Von kultureller Bedeutung könnten insbesondere<br />

Bauten sein, die technisch, gestalterisch<br />

und funktionell einzigartig sind. Das<br />

Bestreben der Denkmalpflege sollte hier<br />

nicht nur der Schutz der Gebäude, sondern<br />

gleichermaßen der Erhalt von deren Nutzung<br />

sein.<br />

In einigen Städten Deutschlands und Österreichs<br />

ist die sogenannte Nachkriegsbebauung<br />

sogar identitätsstiftend. Viele<br />

solcher Orte – darunter Dortmund, Bonn,<br />

Wien, aber auch Kleinstädte wie Eisenstadt<br />

– stehen aktuell vor einer großen Sanierungs-<br />

und Umbauphase. Da viele Bauten<br />

der 1950er-Jahre dort schon verloren gegangen<br />

sind, stellt sich die Frage, in welcher<br />

Form die Nachkriegs<strong>architektur</strong> der<br />

darauffolgenden Jahrzehnte zu erhalten ist.<br />

Die Nachkriegsmoderne als<br />

Architektur der Gegensätze<br />

Es lässt sich selbstverständlich nicht leugnen,<br />

dass die Architektur der 1960er- und<br />

1970er-Jahre noch immer im Zeichen der<br />

Wohnungsnot stand. Damit schlug die Geburtsstunde<br />

der bisweilen monotonen und<br />

anonymen Großwohnsiedlungen am Stadtrand.<br />

Beim Wiederaufbau der Innenstädte<br />

war es das Bestreben der Planer, Urbanität<br />

durch Dichte zu erzielen. So gesellten<br />

sich im Laufe dieser Jahrzehnte häufig<br />

gewaltige Bauvolumen ins Stadtbild. Unter<br />

anderem dienten dabei weitläufige Einkaufszentren<br />

als beliebte Stätten des Zusammentreffens.<br />

u


7<br />

Architekturszene<br />

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Die Concrete Design Competition, ein internationaler Studentenwettbewerb,<br />

richtet sich an Studierende in den Themenbereichen<br />

Planen, Bauen, Ingenieurwesen, Design.<br />

2021/22 lautet das Thema REIMAGINE:<br />

Ziel ist, die Potenziale des Baustoffs Beton als Material für energie-<br />

und ressourcenschonendes Bauen auszuloten und fantasievoll<br />

neu zu interpretieren. Beiträge können von Bauteilen über<br />

Entwürfe von Gebäuden und Bauwerken aller Art bis hin zu stadtund<br />

landschaftsplanerischen Projekten reichen.<br />

ABGABE: 4. April <strong>2022</strong><br />

JURIERUNG: Mai <strong>2022</strong><br />

Eine Expertenjury unter dem Vorsitz von Architektin Marta<br />

Schreieck vergibt für Beiträge von österreichischen Universitäten<br />

und Fachhochschulen Preisgelder und attraktive Sachpreise.<br />

Fünf Preisträger/-innen werden zu einer internationalen Masterclass<br />

in Kassel eingeladen.<br />

Weitere Information unter:<br />

www.zement.at<br />

image: Water Tower, Ghlin, BE - V, image source: bureaubakker


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

8<br />

Architekturszene<br />

Geprägt waren die Urheber der Bauwerke<br />

von einer Zeit gesellschaftlicher und politischer<br />

Gegensätze. Einerseits brachten die<br />

Jahrzehnte des technischen Fortschritts<br />

bisweilen futuristische Objekte hervor,<br />

während sich die Spaltung Europas durch<br />

den Eisernen Vorhang in Form rauer Materialästhetik<br />

äußerte. In der Architektur war<br />

es das Bestreben der Planer, mit Materialien<br />

wie dem Sichtbeton und den körnigen<br />

Oberflächen eine neue Sinnlichkeit zu kreieren.<br />

Doch heute gelten viele der damals<br />

innovativen und bisweilen experimentellen<br />

Bauten als unansehnlich.<br />

Es lohnt sich aber durchaus, einen zweiten<br />

Blick auf die Bauplanung ab den 1960er-Jahren<br />

zu werfen. Denn es gibt sie: Gebäude,<br />

die immer noch ein Musterbeispiel in puncto<br />

Design und Funktionalität sind.<br />

In diesem Kontext ist vor allem das Bibliotheksgebäude<br />

der Universität Bonn zu erwähnen.<br />

Dessen kubischer Baukörper wurde<br />

von den Architekten Fritz Bornemann<br />

und Pierre auf einer weiten Rasenfläche<br />

realisiert. Vor dem Erdgeschoss fungieren<br />

Rundpfeiler aus Sichtbeton als Träger des<br />

vorstehenden Obergeschosses. Sie lockern<br />

den Bau – gemeinsam mit einem Fensterband<br />

– auf und verleihen ihm Transparenz<br />

und Leichtigkeit. Im Inneren besticht der<br />

Kubus mit schlichter Eleganz: farbenfrohe<br />

Wandverkleidungen, ein Atrium und verglaste<br />

Bereiche empfangen die Besucher<br />

und gewährleisten Komfort.<br />

Wohn-Hochhaus Eisenstadt<br />

© bwag<br />

Funktionalismus als Dominante<br />

Geht es um die Baukunst der 1960er- und<br />

1970er-Jahre, so steht bei ihr oftmals der<br />

Funktionalismus im Vordergrund. Begründet<br />

wurde die pragmatische Herangehensweise<br />

an die Architektur vom Bauhaus-Stil<br />

der Vorkriegszeit – einfache, symmetrische<br />

Formen prägten bereits in den 1930er-Jahren<br />

die Bauplanung. Kunstvolle Designs wichen<br />

schließlich auch im Laufe der ersten<br />

Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

funktionellen Aspekten. So machte die Architektur<br />

ab 1960 einen gewaltigen Schritt<br />

in Richtung Wohnkomfort – der Grundgedanke<br />

war, jede Wohnung mit einem Balkon<br />

auszustatten. Dies galt auch für den sozialen<br />

Wohnbau, wo dieses Konzept fast flächendeckend<br />

umgesetzt wurde. Während<br />

die Wohnqualität in den nächsten Jahrzehnten<br />

eine positive Wende einschlug,<br />

hinkte der Städtebau in puncto Ästhetik<br />

noch ein wenig hinterher.<br />

Ein typisches Beispiel dafür ist das Eisenstädter<br />

Wohn-Hochhaus, dessen Geburtsstunde<br />

in den 1970er-Jahren liegt. Geplant<br />

wurde das 51 Meter hohe Gebäude mit seinen<br />

17 Stockwerken von der Architektin Martha<br />

Bolldorf. Der graue Solitär mit seinen kleinen,<br />

symmetrisch angeordneten Fenstern beherbergt<br />

heute 71 Eigentumswohnungen, wobei<br />

118 Menschen in ihm leben. In einem locker<br />

bebauten Stadtteil aus vier- bis siebengeschossigen<br />

Häusern stellt das Hochhaus<br />

eine visuelle Dominante dar – gern gesehen,<br />

war diese aber nicht immer. Ursprünglich<br />

stieß das Konzept auf Kritik durch Experten,<br />

aber auch die Bevölkerung der Hauptstadt<br />

Burgenlands begeisterte der nüchterne Bau<br />

nicht. Allerdings waren die damals doch modernen<br />

Wohnungen bald sehr begehrt. Nach<br />

Sanierungen überzeugt das Gebäude heute<br />

noch immer mit solider Wohnqualität. Diese<br />

Entwicklung zeigt, dass die Nachkriegs<strong>architektur</strong><br />

in Bezug auf Wohnkomfort zukunftsweisende<br />

Herangehensweisen einläutete<br />

und damit einen wichtigen Grundstein für<br />

die kommenden Jahrzehnte legte.<br />

Es ist zahlreichen Städten aber (noch) nicht<br />

klar, wie mit der Architektur der Postmoderne<br />

zu verfahren ist. Doch handelt es<br />

sich hier um eine Herausforderung, der sich<br />

Planer und Gemeinden schon bald stellen<br />

müssen. Denn etliche Bauten aus der Zeit<br />

von 1945 bis 1979 kommen bereits in die<br />

Jahre – es ist also zu entscheiden, ob ein<br />

solches Gebäude abgerissen, umgenutzt<br />

oder saniert werden soll. In den meisten<br />

Ländern mangelt es für Architektur aus<br />

dieser Periode aber an geeigneten Bewertungsverfahren.<br />

u<br />

EKAZENT Hietzing<br />

© EKAZENT Hietzing


9<br />

Magazin<br />

DAS TRENNWANDSYSTEM<br />

SKYFOLD<br />

Vollautomatisch vertikal<br />

Skyfold ist die neue vertikale Trennwand von DORMA Hüppe, die sich komplett in<br />

den Deckenbereich öffnet. Sie ist platzsparend, benötigt keine Führungs- oder Laufschienen<br />

und bietet Schalldämmung bis zu Rw 59 dB. Ob Hörsaal, Veranstaltungsräume<br />

oder kleinere Konferenzräume – dieses elegante und stabile Trennwandsystem<br />

ermöglicht ein schnelles und vollautomatisches Verfahren per Knopfdruck.<br />

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<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

10<br />

Architekturszene<br />

DIE PREMIUMBEDIENUNG<br />

COMFORTDRIVE<br />

Vollautomatisch horizontal<br />

ComfortDrive ist die Premiumbedienung mit moderner BUS-Technologie. Die vollautomatische<br />

Steuerung bewegt die Trennwandelemente auf Knopfdruck mit hoher<br />

Verfahr geschwindigkeit sicher an ihre gewünschte Position und verspannt sie. Für<br />

ein flexibles Raummanagement können individuelle Positionen und Personensteuerungen<br />

programmiert werden.<br />

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11<br />

Magazin<br />

Pavillon Z<br />

© Bila Vrana<br />

Neue Bewertungsmethoden<br />

bestimmen die Erhaltungswürdigkeit<br />

Erste Lösungsansätze gibt es bereits: Experten<br />

aus Brünn und Wien nahmen sich<br />

dieses Problems an und entwickelten eine<br />

entsprechende Bewertungsmethode. Zur<br />

Anwendung soll sie im Anlassfall kommen<br />

– also wenn die Frage nach einer Sanierung<br />

oder Umnutzung im Raum steht. Das<br />

Kernstück des Verfahrens ist die Wert- und<br />

Profilanalyse. So erfolgt die Bewertung unter<br />

anderem aufgrund des kulturgeschichtlichen<br />

Kontextes, der gestalterischen Qualität<br />

und der Funktionalität mitsamt der<br />

räumlichen Anpassungsfähigkeit des Bauwerks.<br />

Eine Gesamtnote wird nicht vergeben<br />

– vielmehr stehen die einzelnen Punkte<br />

für sich. Experten können erhaltenswürdige<br />

Bauten dadurch leichter erkennen und diese<br />

einer passenden Nutzung zuführen.<br />

Einer solchen Bewertung unterzog die<br />

Stadt Wien unter anderem das EKAZENT<br />

Hietzing. Realisiert wurde dieses zwischen<br />

1961 und 1964 als erstes Einkaufszentrum<br />

Österreichs. Kennzeichnend für die Einkaufszeile<br />

ist ein Mosaik, das die Wand in<br />

Richtung der stark frequentierten Hietzinger<br />

Hauptstraße vollflächig bedeckt. Die<br />

Anlage selbst setzt sich aus einem Ensemble<br />

aus vier einzelnen Bauten zusammen.<br />

Von den Nachbargebäuden grenzt sich das<br />

EKAZENT durch die leicht zurückversetzte<br />

Planung gut ab, während es sich gleichzeitig<br />

in die kleinteilige Struktur der Umgebung<br />

integriert. Der sensible Entwurf der<br />

Architekten Wolfgang und Traude Windbrechtiger<br />

hat für die Stadt Wien historische<br />

Relevanz, ist künstlerisch wertvoll und<br />

damit erhaltenswert.<br />

Der Pavillon Z der Architekten Zdenìk Denk,<br />

Zdenìk Pospíšil, Milan Steinhauser und<br />

Zdenìk Alexa in der tschechischen Großstadt<br />

Brünn ist ein weiteres Positivbeispiel<br />

der Nachkriegszeit – dies bestätigte auch<br />

die Bewertung durch die Expertenkommission.<br />

Planung und Bau des Gebäudes<br />

erfolgten zwischen 1958 und 1959, wobei<br />

das Brünner Messegelände als Standort gewählt<br />

wurde. Nach seiner Fertigstellung war<br />

das Bauwerk die größte Ausstellungshalle<br />

in der damaligen Tschechoslowakei. Formgebend<br />

ist ein Ring aus gegossenem Stahlbeton,<br />

der eine Höhe von 19 Metern, bei<br />

einem Außendurchmesser von 122 Metern,<br />

aufweist. Zentral liegt eine selbsttragende<br />

Kuppelkonstruktion, die Stahlbetonsäulen<br />

Pavillon Z<br />

© bam.brno<br />

stützen. Der Innenraum ist weitläufig, wobei<br />

die Architektur ihn nicht einschränkt. Diese<br />

Ausstellungsfläche weist einen Durchmesser<br />

von 90 Metern auf, während die<br />

Gesamtnutzfläche des Pavillons mehr als<br />

24.000 m 2 beträgt. Auch heute noch fungiert<br />

der Pavillon Z als Wahrzeichen des<br />

Brünner Messegeländes.<br />

Nachkriegs<strong>architektur</strong> ist in vielen Städten<br />

und Stadtteilen eine wichtige Dominante.<br />

Die Frage nach dem Umgang mit solchen<br />

Bauten ist damit aktueller denn je. Mit angepassten<br />

Bewertungsmethoden ist es mittlerweile<br />

möglich, abbruchreife Bausünden<br />

von identitätsstiftenden, geschichtsträchtigen<br />

Projekten zu unterscheiden. •


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

12<br />

Magazin<br />

Beton<br />

neu denken<br />

Die Concrete Design Competition will innovative Konzepte und die interdisziplinäre<br />

Zusammenarbeit fördern. Ziel ist es, die Potenziale des Werkstoffs Beton auszuloten<br />

und für zukunftsweisende Ideen und Lösungen einzusetzen.<br />

Die Concrete Design Competition richtet sich<br />

an Studierende der Fachrichtungen Architektur,<br />

Bauingenieurwesen, Umweltingenieurwissenschaften,<br />

Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, Raumplanung,<br />

Landschaftsplanung, Design und verwandter<br />

Disziplinen an Hochschulen in den teilnehmenden<br />

Ländern Belgien, Deutschland, Irland, Niederlande<br />

und Österreich.<br />

Das Thema der Concrete Design Competition 2021/22<br />

lautet ReIMAGINE: „Die globalen Herausforderungen<br />

zwingen uns dazu, die Art und Weise, wie wir unsere<br />

Umgebung nutzen und Fläche verbrauchen, neu zu<br />

denken. Die Schonung von Rohstoffen, das Einsparen<br />

von Energie und der Druck auf den wirtschaftlich<br />

nutzbaren Raum forcieren neue Zugänge, langjährige<br />

Gewohnheiten zu hinterfragen. Traditionelles<br />

in Frage stellen und intelligenter bauen lautet die<br />

Botschaft. Wir müssen die Eigenschaften von Beton<br />

bestmöglich nutzen und Beton in seinen Anwendungen<br />

weiterentwickeln, um Bedürfnissen und Herausforderungen<br />

nachhaltig gerecht zu werden. Es geht<br />

darum, Beton als Material für die Konstruktion von<br />

Elementen, Gebäuden und Strukturen fantasievoll<br />

neu zu interpretieren, indem wir seine Vorteile aus<br />

einer anderen Perspektive nutzen“, erläutert Claudia<br />

Dankl, Wettbewerbskoordinatorin für die CDC in<br />

Österreich, in der Vereinigung der österreichischen<br />

Zementindustrie, VÖZ.<br />

Die CDC freut sich über eine prominente interdisziplinäre<br />

Jury unter dem Vorsitz von Marta Schreieck,<br />

Henke Schreieck Architekten. Weitere Jurymitglieder<br />

sind Architektur-Journalist Wojciech Czaja,<br />

Renate Hammer, Institute of Building Research &<br />

Innovation ZT GmbH, Katja Kindelmann, Wopfinger<br />

Transportbeton Ges.m.b.H., Simone Oberndorfer,<br />

Franz Oberndorfer GmbH & Co KG, Markus Querner,<br />

iC consulenten, Stefan Schleicher, Wegener Center<br />

for Climate and Global Change, TU Graz, und Gernot<br />

Tritthart, Lafarge Österreich.<br />

Die Jury vergibt Preisgelder in der Höhe von<br />

3.700 Euro. Einreichschluss ist der 4. April <strong>2022</strong>.<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.concretedesigncompetition.com<br />

www.zement.at/cdc_reimagine<br />

Fotos: bureaubakker<br />

CONCRETE<br />

DESIGN<br />

COMPETITION<br />

2015/2016


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

Erschwinglicher<br />

Wohnraum aus Bambus<br />

Armut, Kriege und die Folgen des Klimawandels<br />

stellen betroffene Regionen vor große Herausforderungen.<br />

Dies gilt vor allem dann, wenn es um die Bereitstellung<br />

von erschwinglichem Wohnraum geht.<br />

13<br />

Energie aus<br />

der Fassade<br />

StoVentec<br />

Photovoltaics Inlay:<br />

das ästhetisch anspruchsvolle<br />

System<br />

für regenerative<br />

Fassadenlösungen.<br />

Magazin<br />

Eine Lösung für dieses Problem entwickelte das Architekturbüro<br />

Blue Temple Designs mit ihrem Housing NOW<br />

Project. Hier bedienten sich die Planer einer innovativen,<br />

hybriden Bautechnik zur Konstruktion von Häusern auf<br />

Bambusbasis. Dabei kommen unkonventionelle Bambusarten<br />

zum Einsatz, wobei ebenso die oberen Teile des<br />

Gewächses, welche normalerweise entsorgt werden, Verwendung<br />

finden.<br />

Durch den sparsamen Einsatz von Ressourcen, lässt<br />

sich Wohn- und Lebensraum zu geringen Kosten schaffen.<br />

Auch ist der Bambus in seiner beschriebenen Form<br />

in erhöhtem Umfang auf dem lokalen Markt verfügbar,<br />

wodurch Versorgungsengpässe bezüglich der Rohstoffe<br />

beim Bau weitgehend auszuschließen sind.<br />

Bei der Konstruktion bedienen sich die Planer eines modularen<br />

Rahmensystems. Es lassen sich diese vorgefertigten<br />

Strukturen in einem großen Maßstab herstellen<br />

und am gewünschten Ort zusammensetzen. Die Rahmen<br />

kommen vorgefertigt geliefert, während Matten und<br />

Stützen aus Bambus sowie Ziegel mithilfe der Einwohner<br />

konstruiert werden. Damit ist es möglich, den Bewohnern<br />

die Behausungen zu einem günstigen Preis anzubieten<br />

und diese in nur kurzer Zeit zu realisieren. Ein Pilotprojekt<br />

bauen die Architekten derzeit in Yangon, Myanmar<br />

auf – dies geschieht in Zusammenarbeit mit der lokalen<br />

Bevölkerung, die sich auch gleich einen Eindruck von den<br />

Vorteilen der Idee verschaffen kann.<br />

Die Idee wird so gleichzeitig einem ausführlichen Praxistest<br />

unterzogen. Startschuss des Projekts soll eine<br />

Crowdfunding-Kampagne sein, die am 15. März <strong>2022</strong><br />

startet. Kommt es zur Umsetzung des Konzepts und bewährt<br />

sich dieses, streben die Architekten die Ausweitung<br />

der erschwinglichen Wohnlösungen auf mehrere<br />

Länder an. Den Schwerpunkt setzen die Planer hier auf<br />

Staaten und Regionen, in denen ein erhöhter Bedarf an<br />

leistbaren Wohnlösungen besteht.<br />

NEU!<br />

ab 02/<strong>2022</strong><br />

Die vorgehängte, hinterlüftete<br />

Fassade mit gerahmten Photovoltaikmodulen.<br />

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz gehören heute neben<br />

soliden architektonischen Konzepten zu einer zukunftsfähigen<br />

Planung. Vorgehängte hinterlüftete Fassadensysteme<br />

verbinden anspruchsvolle Architektur mit den<br />

Anforderungen der Bauphysik. Mit der Integration von<br />

Photovoltaik ist es Sto gelungen, eine funktionale Fassade<br />

zu entwickeln. Sto unterstützt mit diesem System, im Sinne<br />

des Europäischen Green Deals, den Übergang zu modernen,<br />

ressourcenschonenden und wirtschaftlichen Gebäuden.<br />

Aus Liebe zum Bauen. Bewusst bauen.<br />

www.blue-temple.com


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

14<br />

Magazin<br />

Aufwertung<br />

durch Erweiterung<br />

Ist ein Altbau mit neuen Elementen zu ergänzen, erfordert dies eine sensible<br />

Vorgehensweise. Immerhin gilt es, den Bestand zu erhalten und gleichzeitig für<br />

eine stimmige Integration des Zubaus zu sorgen. Und das ist dem Architekturbüro<br />

Müntinger und Puy beim Dachausbau eines alten Gerichtsgebäudes gelungen.<br />

Text: Dolores Stuttner Fotos: Constantin Meyer<br />

Die Realisierung des historischen Baus in Bad Arolsen<br />

erfolgte Mitte des 19. Jahrhunderts, nach den<br />

Plänen von Baurat Wilhelm Braß. Genutzt wird das<br />

Bauwerk heute als Bürostandort. Erhöhter Platzbedarf<br />

für die Mitarbeiter war schließlich die Motivation<br />

für den Um- und Ausbau des Dachgeschosses.<br />

Den Architekten war es mit der Erweiterung des<br />

Dachgeschosses möglich, einen weiteren Bürobereich<br />

mit zehn Arbeitsplätzen zu schaffen. Davon<br />

befinden sich acht Plätze an Schreibtischen, wobei<br />

sich weitere Sitz- und Stehgelegenheiten an einem<br />

raumgreifenden Tisch befinden. Zusätzlich ist ein<br />

eigenständiger Büroraum vorhanden. Die vielseitige<br />

Gestaltung des Bereichs erfüllt die unterschiedlichen<br />

Bedürfnisse der Nutzer und ermöglicht das selbstständige<br />

Arbeiten sowie den Austausch im Team.<br />

Historisch ist also nur das Fundament – die Innenraumgestaltung<br />

des Dachgeschosses entspricht den<br />

vielseitigen Ansprüchen der modernen Arbeitswelt.<br />

Zwei prominent angebrachte Oberlichter werten den<br />

Raum auf und gewährleisten selbst bei Dunkelheit<br />

und Schlechtwetter eine angemessene Beleuchtung.<br />

Im Dach selbst befinden sich große Dachflächenfenster,<br />

durch die Tageslicht in den Arbeitsbereich<br />

fällt, was für eine freundliche, einladende Atmosphäre<br />

sorgt. Im Raum werden damit außerdem die Tageszeiten<br />

ables- und erlebbar.


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

15<br />

| BA12-14G |<br />

Eine Steuerung<br />

für alle Gewerke<br />

Integrale, PC-basierte Gebäudeautomation<br />

von Beckhoff<br />

Magazin<br />

Microsoft Technology<br />

Center, Köln:<br />

Die integrale Gebäudeautomatisierung<br />

wurde mit<br />

PC- und Ethernet-basierter<br />

Steuerungstechnik von<br />

Beckhoff realisiert.<br />

Ein Anliegen der Planer war es, die historische Substanz<br />

des Ursprungsbaus zu sanieren und damit zu<br />

erhalten. In Kombination mit dem modernen Dachausbau<br />

kreierten die Architekten ein gelungenes<br />

Zusammenspiel aus Alt und Neu. Neben dem Dach,<br />

kann sich auch der Fußboden sehen lassen. Schwarzer<br />

Gussasphalt fungiert als Belag, der einen stimmigen<br />

Kontrast zu den weißen Wänden, den Holzbalken<br />

sowie zu den hellen Möbeln ergibt.<br />

Die Balkenkonstruktion hielten die Architekten bewusst<br />

offen, sodass diese Teil des Mobiliars ist.<br />

Gleichzeitig strukturiert die historische Stütze den<br />

Raum und verleiht diesem ein originelles, markantes<br />

Aussehen. Einen wichtigen Stellenwert nimmt dabei<br />

Holz ein. Das Material ist sowohl in der Grundkonstruktion<br />

als auch bei den modernen Gestaltungselementen<br />

des Raumes vertreten. Es verleiht dem Arbeitsbereich<br />

trotz der kräftigen, kühlen Farben, ein<br />

warmes Erscheinungsbild.<br />

Kontraste sind im Projekt also Programm. Sie verleihen<br />

dem Dachgeschoss schließlich Einzigartigkeit<br />

und bereichern damit das gesamte Gebäude. Mit<br />

dem Ausbau wird also Arbeiten auf einer neuen Ebene<br />

möglich – und das im wahrsten Sinne des Wortes.<br />

Die offene, PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff bildet die<br />

Grundlage einer integralen Gebäudeautomation, die alle Anforderungen<br />

an eine nachhaltige und effiziente Lösung erfüllt. Eine<br />

einheitliche Hard- und Softwareplattform steuert alle Gewerke, von<br />

der nutzungsgerechten Beleuchtung über die komfortable Raumautomation<br />

bis zur hocheffizienten HLK-Regelung. Das Ergebnis:<br />

Durch die optimale Abstimmung aller Gewerke werden die<br />

Energieeinsparpotenziale über die Energieeffizienzklassen hinaus<br />

voll ausgeschöpft. Darüber hinaus reduziert die integrale Gebäudeautomation<br />

Hardware-, Software- und Betriebskosten. Für alle<br />

Gewerke stehen vordefinierte Softwarebausteine zur Verfügung,<br />

die das Engineering enorm vereinfachen. Funktionserweiterungen<br />

oder -änderungen sind jederzeit möglich.<br />

Scannen und alles<br />

über die Gebäudeautomation<br />

mit<br />

PC-based Control<br />

erfahren<br />

Die ganzheitliche Automatisierungslösung<br />

von Beckhoff:<br />

Flexible<br />

Visualisierung/<br />

Bedienung<br />

Skalierbare Steuerungstechnik,<br />

modulare I/O-<br />

Busklemmen<br />

Modulare<br />

Software-<br />

Bibliotheken


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

16<br />

Magazin<br />

Alte Hülle,<br />

neuer Kern<br />

Nach dem „Haus im Haus“-Prinzip verwandelte das Architekturstudio Arcgency<br />

mit den Farbers Factories eine alte Fabrik in neuen Wohnraum. Der historische<br />

Bestand blieb dabei nahezu unberührt. Er dient als schützende Hülle für einen<br />

eingesetzten Holzkern mit vier Appartements. Auf diese Weise entsteht ein spannender<br />

Mix aus industriellem Charme und modernem Design, der ein Stück der<br />

Geschichte Dänemarks bewahrt.<br />

Text: Edina Obermoser Fotos: Rasmus Hjortshøj - COAST Studio<br />

Die Farbers Factories befinden sich auf der dänischen<br />

Insel Fünen in Ryslinge. Mit 460 m 2 sind sie<br />

eine von mehreren Umnutzungsprojekten, mit denen<br />

zukünftig das Kulturerbe des Landes auch in<br />

ruralen Gebieten erhalten und gleichzeitig lokale<br />

Entwicklung sowie Lebensqualität gefördert werden<br />

sollen. Für die einstigen Werkhallen entwickelte das<br />

Planerteam deshalb ein innovatives Konzept: Es erhielt<br />

mit einem modularen Konstruktionssystem die<br />

geschichtsträchtige Bausubstanz und schaffte leistbares<br />

Wohnen.<br />

Für die Revitalisierung passten die Architekten die<br />

Wohnungen an die Fabrik an und nicht umgekehrt.<br />

Dieser Ansatz vermied teure Sanierungsarbeiten<br />

und hielt den ökologischen Fußabdruck so gering<br />

wie möglich. Zudem wurde nicht in die Umgebung<br />

eingegriffen und der Charakter des Industrieareals<br />

blieb bestehen. Sämtliche Eingriffe in die Originalstruktur<br />

beschränkten sich auf kleine Reparaturen.<br />

Der Bestand bildet nun die Außenhülle des Baus<br />

und zeugt von der Geschichte des Ortes. Im Inneren<br />

wurden vier aus Holz gefertigte Kerne mit separaten<br />

Einheiten eingesetzt. Diese beruhen auf einem modularen<br />

Raster und bieten eine optimierte und kosteneffiziente<br />

Raumaufteilung. Neben einer offenen<br />

Wohn-Essküche beinhaltet jede der Boxen Schlafbereiche<br />

und Badezimmer.<br />

Holz fungiert nicht nur als konstruktives, sondern<br />

auch als gestalterisches Element. Es kleidet Wände<br />

und Böden, sorgt für eine angenehme Atmosphäre<br />

und reguliert das Raumklima. Besonderes Augenmerk<br />

legte Argency auf den unbeheizten Bereich<br />

zwischen den beiden Hüllen. Als flexibel nutzbare<br />

Zone erweitert er je nach Jahreszeit die Wohnfläche<br />

oder dient als überdachtes Atelier und Indoor-Spielplatz.<br />

Glastüren lassen Innen und Außen fließend ineinander<br />

übergehen. Die warmen, maßgeschneiderten<br />

Holzeinbauten und -oberflächen ergeben hier in<br />

Kombination mit den abgenutzten Fabrikwänden und<br />

gewölbten Ziegeldecken einen reizvollen Kontrast.<br />

Mittels 3D-Scan und CNC-Fräse wurden die Verbindungspunkte<br />

zwischen dem alten Bestand und den<br />

neuen, vorgefertigten Holzkuben in den Farbers Factories<br />

genau eingepasst und damit der Grundstein<br />

für weitere Sanierungsprojekte im ländlichen Dänemark<br />

gelegt.


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17<br />

Magazin


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

18<br />

Magazin<br />

Kunstatelier in<br />

der Scheune<br />

Vor der malerischen Kulisse des Breiðafjörður Naturreservats an der Westküste<br />

Islands hauchte Studio Bua einem heruntergekommenen Bau neues Leben<br />

ein. Dieser gehört zu einem einsamen Gehöft, welches die Bauherrin sukzessive<br />

revitalisieren möchte. Die Planer entwickelten dafür ein spannendes Konzept: Sie<br />

ergänzten die Ruinen zeitgemäß und komplettierten mit dem Atelier und Ferienhaus<br />

den ersten Teil des Sanierungsprojekts.<br />

Text: Edina Obermoser Fotos: Marino Thorlacius<br />

Mit Blick auf den breiten Breiðafjörður-Fjord befindet<br />

sich das ländliche Ensemble im isländischen<br />

Skarðsströnd zwischen dem Hlöðuberg und dem<br />

Meer weitab von jeglicher Zivilisation. Von der ehemaligen<br />

Scheune waren nicht mehr als das verfallene<br />

Gemäuer und ein einfaches Wellblechdach übrig.<br />

Die Betonmauern sollten – zusammen mit dem Charakter<br />

des Objekts – erhalten bleiben. Während die<br />

stabilen Wände im einst überdachten Teil als Fundament<br />

für das neue Haus dienen, blieb die fragile Umgrenzung<br />

im vorderen Bereich unberührt und fasst<br />

nun einen Innenhof mit Platz für Gemüse und andere<br />

Pflanzen ein.<br />

Zwischen die alten Grundmauern setzten die Architekten<br />

ein neues Volumen in Holzbauweise, das aussieht,<br />

als hätte man es von oben in die ehemalige Scheune<br />

hineingeschoben. Mit seinem Satteldach erweitert dieses<br />

den Bestand um ein weiteres Stockwerk und folgt<br />

gleichzeitig den ursprünglichen Konturen. Außen ist<br />

die leichte Holzrahmenkonstruktion mit Aluzink-Blech<br />

verkleidet. Das industrielle Material sorgt nicht nur für<br />

einen spannenden Kontrast inmitten der Naturlandschaft,<br />

sondern schützt auch vor der rauen Witterung.<br />

Bodenplatten aus Beton dienen der Aussteifung und<br />

bilden die Basis des Ferienhauses.


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19<br />

Magazin<br />

Im Inneren organisieren sich die Räume rund um zwei<br />

doppelgeschossige Bereiche. Diese befinden sich an<br />

beiden Querseiten und bringen Licht und Luft in das<br />

große Atelier und den Treppenraum. Zwischen den<br />

galerieartigen Räumen befindet sich im unteren Niveau<br />

eine Küche mit Essbereich. Im oberen Stock<br />

sind ein offener Wohnraum sowie Bad und Schlafzimmer<br />

untergebracht. Besonderen Fokus legten<br />

die Planer im ganzen Haus auf die minimalistische<br />

Materialpalette. Neben maßgeschneiderten Einbauten<br />

aus Birkenholz und Sichtbetonböden ließen sie<br />

sich von den umliegenden Wiesen und dem Ausblick<br />

in die unberührte Natur inspirieren und verwendeten<br />

dezente, gedeckte Farben. Auf Nachhaltigkeit<br />

wurde ebenfalls geachtet: Neben einem effizienten<br />

Energiekonzept mit Wärmepumpe, treffen auch bei<br />

der Inneneinrichtung Vergangenheit und Gegenwart<br />

aufeinander – hier in Form von neuen Möbeln und<br />

recycelten Elementen.


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

20<br />

Interview<br />

Der Umgang mit<br />

historischem Bestand<br />

Architekt Heinz Neumann braucht man in Österreich nicht weiter vorzustellen. Seine<br />

zahlreichen, in den letzten Jahrzehnten errichteten, Neubauten sind besonders aus<br />

dem modernen Stadtbild Wiens nicht mehr wegzudenken. Eine der weniger offensichtlichen<br />

Kernkompetenzen seines Architekturbüros HNP architects, liegt in der<br />

Revitalisierung hochwertiger historischer Bausubstanz. Wir sprachen mit ihm und<br />

einem seiner beiden Partner, Oliver Oszwald, über dieses spannende Thema.<br />

Interview: Andreas Laser<br />

Wie beurteilen Sie, ganz allgemein, den Umgang<br />

mit dem Baubestand in Österreich, vor<br />

allem mit dem historischen Bestand in Wien?<br />

Oliver Oszwald (OO): Zweiteilig. Die denkmalgeschützten<br />

Gebäude werden gut gepflegt.<br />

Hier gibt es nicht nur die MA 19 und<br />

die MA 37, sondern auch das Bundesdenkmalamt,<br />

das darauf achtet, dass wirklich<br />

alles sauber abläuft und qualitativ hochwertig<br />

in Stand gesetzt wird. Bei den „historischen“,<br />

aber nicht geschützten Gebäuden<br />

wird leider viel Schindluder betrieben. Hier<br />

werden Gebäude oft einfach abgerissen<br />

und etwas Neues hingebaut, das dem Ursprung<br />

ganz und gar nicht entspricht. Warum<br />

das gemacht wird, kann man sich leicht<br />

ausrechnen, wenn man das Mietrechtsgesetz<br />

betrachtet. Denn wenn trotz eines<br />

komplett revitalisierten Gebäudes keine<br />

entsprechenden Mieten lukriert werden<br />

können, dann ist das aus Bauherrensicht<br />

verständlich. Weder von der architektonischen<br />

Qualität noch vom Stadtgefüge her,<br />

ist das optimal.<br />

Was macht diese Altbauten attraktiv?<br />

OO: Zum einen die wesentlich größeren und<br />

sehr angenehmen Raumhöhen von mehr als<br />

drei Metern. Zum anderen die Feingliederung,<br />

und dass sie sehr gut in den städtebaulichen<br />

Kontext passen.<br />

© GNK Media House GmbH<br />

Heinz Neumann mit seinen<br />

Partnern Oliver Oszwald und<br />

Florian Rode (v.l.n.r.)


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

21<br />

Interview<br />

Haus am Schottentor<br />

© Lukas Jahn<br />

Haus am Schottentor<br />

© Lukas Jahn<br />

Heinz Neumann (HN): Zu diesen alten Gebäuden<br />

muss man auch sagen, dass diese<br />

sehr gutmütig sind, weil sie meistens Ziegelbauten<br />

sind. So ein Ziegel kann sich sogar<br />

ein bisschen setzen, mit dem kann man<br />

etwas machen. Mit den betonierten Gebäuden<br />

haben wir meistens mehr Schwierigkeiten,<br />

denn wenn man ein Teil herausnimmt,<br />

dann stimmt die Statik vom ganzen Haus<br />

nicht mehr.<br />

Wann macht für Sie letztendlich nur<br />

ein Abriss Sinn?<br />

OO: Wirtschaftlich wahrscheinlich immer.<br />

Formal kann man das nicht über einen<br />

Kamm scheren. Das kommt darauf an, ob ein<br />

Gebäude nur alt ist oder ob es auch schön<br />

gegliedert ist und eine Seele hat. Wir haben<br />

in letzter Zeit, seit die Bauordnungsnovelle<br />

herausgekommen ist, teilweise auch dafür<br />

gekämpft, dass man ältere Gebäude doch<br />

abreißen kann, weil sie einfach nicht gegliedert<br />

waren, Kriegsschäden hatten und<br />

einfach eine Vollwärmeschutzfassade raufgezogen<br />

wurde. Sie haben sich also optisch<br />

von einem Neubau nicht mehr wirklich unterschieden.<br />

Da macht es auch formal einen<br />

Sinn. Aber bei einem wirklich schönen 100-<br />

150 Jahre alten Gebäude ist das natürlich<br />

nicht das Optimum, wenn man das abreist.<br />

HN: Es kommt auf die Substanz an, die vorhanden<br />

ist. Und wenn diese Substanz unserem<br />

Gefühl nach wertvoll ist, dann werden<br />

wir dem Bauherren empfehlen, das zu erhalten.<br />

Aber wenn das eine abgeräumte Gründerzeitfassade<br />

ist, auf der Vollwärmeschutz<br />

klebt, da werden wir nicht so vorsichtig<br />

sein, sondern eher den gröberen Weg beschreiten<br />

und sagen, das hat keinen Sinn.<br />

Wäre es, aus Sicht der Ressourcenschonung,<br />

eigentlich nicht immer angebracht,<br />

den Bestand zu erhalten und einzugliedern?<br />

OO: Natürlich, jedes Baumaterial, das ich<br />

schon habe und nicht extra hinschaffen und<br />

bearbeiten muss, bedeutet natürlich eine<br />

Schonung vom CO 2 -Budget. Darum ist unser<br />

Motto, dass man so baut, dass man sich<br />

diese ganzen Gebäude in mehreren Jahrzehnten<br />

noch ansehen kann. Also, dass man<br />

nicht irgendetwas Zeitgeistliches hinsetzt,<br />

das sich dann mit der rechten Hand an der<br />

linken Schulter kratzt, sondern etwas, das<br />

wirklich Hand und Fuß hat und auch eine<br />

formale Nachhaltigkeit in sich birgt.<br />

Welche Verantwortung tragen die Architekten<br />

beim Umgang mit dem Bestand? Ist es<br />

für Architekten nicht oft attraktiver, wenn<br />

sie einen Neubau hinstellen können? Sei<br />

es aus finanzieller Sicht oder als Selbstverwirklichung?<br />

HN: Also das mit der Selbstverwirklichung<br />

höre ich nicht gerne. Denn das sind nur<br />

diese obereitlen Kollegen, denen es wichtiger<br />

ist, irgendeinen Akzent zu setzen, der<br />

schreit, statt dass sie Dienstleistung machen<br />

und für einen Bauherren etwas entwickeln.<br />

Eine derartige Selbstverwirklichung<br />

wird in diesem Haus nicht gepflogen, man<br />

kann nämlich trotzdem auch großartige<br />

Architektur machen. Wenn ich mir z.B. unser<br />

Uniqua-Gebäude ansehe. Das ist im<br />

Kostenrahmen, im Zeitrahmen und da sind<br />

keine besonderen Spompanadeln gemacht<br />

worden und ich glaube, es ist eine ordentliche<br />

Architektur.<br />

OO: Ich halte es auch für wichtig, dass man<br />

als Architekt dem Bauherren zeigt, was alles<br />

möglich ist. Also nicht sofort mit dem<br />

Radierer kommt und sagt, weg damit und<br />

irgendetwas Neues hin.<br />

Diese Gebäude in den Ursprungszustand<br />

zurückzuversetzen ist keine Option?<br />

HN: Naja, da kommt dann immer der Rechenstift,<br />

denn wenn ich heute Raumhöhen<br />

von mehr als drei Metern habe und bei einem<br />

Abbruch und Neubau zwei Geschosse<br />

mehr hineinbringe, dann ist das ein schlagendes<br />

Argument für den Bauherren, eher<br />

den Abriss anzustreben.<br />

OO: Und es ist auch eine Frage, wie die<br />

Mietflächen gestaltet sind. Wenn das eher<br />

kleinteilige Wohnungen sind, dann fallen sie<br />

in die Vollanwendung des Mietrechtgesetzes.<br />

Da kann man weniger Miete verlangen,<br />

als die ganze Revitalisierung kostet. Das<br />

wird kein Bauherr machen. Wenn es um<br />

größere Wohnungen geht, dann ist er damit<br />

am freien Markt und da funktioniert das natürlich<br />

besser. Vor allem, wenn es dann ins<br />

Eigentum geht. Dann sind, vor allem innerstädtisch,<br />

diese großen Raumhöhen auch<br />

sehr nachgefragt.<br />

Als konkretes Beispiel haben Sie zuletzt die<br />

Renovierung des „Haus am Schottentor“<br />

realisiert. Was sind die besonderen Herausforderungen,<br />

ein denkmalgeschütztes und<br />

prominentes Gebäude im Herzen Wiens, an<br />

aktuelle Bedürfnisse anzupassen? u


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

22<br />

Interview<br />

OO: Dass man nicht weiß, was auf einen<br />

zukommt. Das heißt, es steht und fällt mit<br />

einer soliden Bestandsaufnahme. Doch<br />

selbst, wenn diese durch den Bauherren<br />

wirklich akribisch gemacht wird, muss man<br />

dennoch vor Ort gehen und Probeöffnungen<br />

machen, sondieren und stößt so auf<br />

viele Probleme, die man eigentlich gar nicht<br />

wirklich aufzeichnen kann, sondern direkt<br />

vor Ort lösen muss.<br />

Spielen bei dieser Bestandsaufnahme moderne<br />

Technologien eine große Rolle? Und<br />

wie sieht es mit BIM aus?<br />

OO: Jein, normalerweise, also bei unseren<br />

Neubauprojekten, ist BIM sowieso Standard.<br />

Bei Altbauprojekten kommt es darauf<br />

an, mit welchen Grundlagen wir die Pläne<br />

bekommen. Wenn wir 3D-Scans bekommen,<br />

das sind monströse Punktwolken, die dann<br />

vom Geometer quasi in den BIM-Standard<br />

übersetzt werden, da geht das schon. Dann<br />

kann man wirklich jeden Schnitt und jede<br />

Parapethöhe herauslesen. Aber in etwa der<br />

Hälfte der Fälle derzeit noch nicht. Hauptsächlich,<br />

weil diese Projekte schon etwas<br />

älter sind und die Scanverfahren und die<br />

BIM-Bearbeitung noch nicht so etabliert<br />

waren. Bei einem Projekt haben wir letztendlich<br />

die ganze Dachlandschaft freiwillig<br />

im BIM modelliert, weil es für uns wichtig<br />

war, laufend Schnitte legen zu können. Im<br />

klassischen 2D geht das zu langsam und ist<br />

oft auch zu ungenau.<br />

HN: Bei BIM haben wir folgendes Sprichwort:<br />

Nicht darüber reden, sondern es anwenden.<br />

Wir sind schon ganz am Anfang<br />

eingestiegen und zeichnen eigentlich fast<br />

alles mit BIM.<br />

Park Hyatt Vienna<br />

© Gregor Titze<br />

Können in der Regel die meisten Wünsche<br />

der Bauherren erfüllt werden, oder müssen,<br />

aufgrund der Bausubstanz und des Denkmalschutzes,<br />

Kompromisse gemacht werden?<br />

HN: Der Bauherr geht immer an die Grenze<br />

und man muss mit sehr sorgfältigen Gesprächen<br />

ausloten, ob man nicht doch etwas<br />

Schönes zusammenbringt. Denn dem<br />

Bauherren ist es meistens egal, wo das<br />

Stiegenhaus liegt und er möchte es aus<br />

funktionellen Gründen eigentlich wo anders.<br />

Dann muss man ihn halt führen und<br />

versuchen, so viel wertvolle Substanz zu<br />

erhalten wie möglich.<br />

Wir sind dahingehend auch sehr zufrieden<br />

mit der Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt,<br />

weil wir immer etwas finden, das wir<br />

abtauschen können. Das ist jetzt kein Kuhhandel,<br />

aber wir sagen, wenn wir jetzt diese<br />

Sequenz vollkommen erhalten können, vielleicht<br />

können wir dann da oder dort einen<br />

untergeordneten Raum eben anders gestalten.<br />

Und da ist das Denkmalamt fast immer<br />

gesprächsbereit.<br />

OO: Das wird auch nicht alles am Papier<br />

entschieden. Da gibt es vor Ort gemeinsame<br />

Bemusterungen mit dem Denkmalamt.<br />

Man muss immer beide Seiten verstehen,<br />

sowohl Denkmalamt als auch Bauherren,<br />

dann findet man meistens einen sehr guten<br />

Kompromiss.<br />

HN: Mit dem Kopf durch die Wand funktioniert<br />

es nicht. Das geht beim Bauen im<br />

wertvollen Bestand nicht.<br />

Man kann wohl davon ausgehen, dass<br />

sich die Lebensweise der Menschen in beschleunigter<br />

Weise verändern wird. Was<br />

muss gute Architektur von heute leisten,<br />

um auch in weiteren hundert Jahren als erhaltenswert<br />

zu gelten?<br />

HN: Da muss man in erster Linie das Budget<br />

der Gebäude verändern, sodass man mit einer<br />

größeren Qualität bauen kann. Leider<br />

sind sehr viele Bauvorhaben an der finanzierbaren<br />

Grenze nach unten. Also ich glaube,<br />

dass man bei Gebäuden wie beim „Haus<br />

am Schottentor“ oder beim „Park Hyatt“<br />

nicht so genau den Rechenstift angesetzt<br />

hat. Und das merkt man auch. Budgetbauten<br />

sind hier natürlich wesentlich anfälliger,<br />

als wenn man die Budgets mit Weitsicht<br />

bestimmt. Früher hat man noch für längere<br />

Zeiträume gebaut, weil sich die Lebensgewohnheiten<br />

der Menschen nicht derartig<br />

schnell verändert haben.<br />

Park Hyatt Vienna<br />

© Gregor Titze


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

23<br />

Interview<br />

Goldenes Quartier Kreuzung Bognergasse Tuchlauben<br />

© Gregor Titze<br />

Wäre es in Anbetracht dieser schnellen<br />

Veränderung nicht angebracht, bei Neubauten<br />

oder größeren Eingriffen, auf eine<br />

einfache Demontierbarkeit der Bausubstanz<br />

zu setzen?<br />

HN: Da gibt es viele, die darüber nachdenken<br />

– wirklich zusammengebracht hat es<br />

aber noch niemand.<br />

OO: Schon in den 50er- und 60er-Jahren<br />

hat man da mit Knotenverbindungen an<br />

Häusern experimentiert. Das ist damals<br />

hauptsächlich an der Technik gescheitert,<br />

heute scheitert das eher an den Kosten.<br />

Eine Fassade könnte ich z.B. sehr schön in<br />

Einzelteile zerlegen, aber das ist alles dermaßen<br />

teuer, dass es letztendlich keiner<br />

macht. Ein Thema sind hier vor allem diese<br />

wahnsinnig vielen Materialien, mit denen<br />

wir es jetzt zu tun haben. So ein Haus, mit<br />

all den Spezial-Kunststoffen, Klebern, Montageschäumen,<br />

Folien etc., beim Abbruch<br />

wieder in seine Einzelteile zu zerlegen, ist<br />

eine Sisyphusarbeit.<br />

HN: Aber z.B. an der BOKU wird sehr viel<br />

über das Thema Recycling nachgedacht<br />

und wie man das Bauen beeinflussen kann,<br />

um möglichst viele Baustoffe zur Gänze<br />

zu erhalten. Das ist aber auch wieder<br />

eine Kostenfrage. Wenn ich heute z.B. ein<br />

Plastikfenster einbaue, das kostet natürlich<br />

deutlich weniger, aber das kann ich<br />

nach der Demontage bestenfalls einheizen.<br />

Wenn ich aber ein vernünftiges Aluminiumfenster<br />

nehme, dann ist das Aluminium<br />

wiederverwendbar, und zwar mit relativ<br />

wenig Energieaufwand.<br />

Gibt es zum Abschluss noch etwas, das Sie<br />

unseren Lesern gerne mitgeben möchten?<br />

HN: Ein ganz allgemeines Thema liegt mir<br />

immer am Herzen. Wir haben ein bürgerliches<br />

Gesetzblatt, nach dem arbeiten alle<br />

Rechtsanwälte in Österreich. Wir Architekten<br />

haben dagegen neun Bauordnungen,<br />

weil z.B. der Tiroler einen ganz anderen<br />

Kopf hat als der Wiener.<br />

Dass das nicht konkurrenzierbar gemacht<br />

wird, ist ein Skandal und da sollten sich alle<br />

Politiker an der Nase nehmen. Sie sollten<br />

darüber nachdenken, wie man einen einfachen<br />

Federstrich hin zu einer Einheitsbauordnung<br />

macht.<br />

OO: Baurecht ist Landesrecht und nicht Bundesrecht.<br />

Denkmalschutz ist Bundesrecht,<br />

das ist recht simpel. Da weiß man, in jedem<br />

Bundesland gibt es Kataloge wie man herangehen<br />

muss, und dann gibt es Gespräche.<br />

Bei den Bauordnungen sieht das ganz anders<br />

aus. Wenn ich eine bauliche Ausnutzbarkeit<br />

von einem Grundstück in Niederösterreich,<br />

in Wien oder im Burgenland herannehme –<br />

da kommt drei Mal etwas Unterschiedliches<br />

raus. Das macht es unnötig kompliziert und<br />

ist auch einfach unlogisch.<br />

HN: Auch diese zahllosen Scheußlichkeiten,<br />

die überall herumstehen, sind oft<br />

einfach nur die gebaute Bauordnung. Die<br />

erlaubt hier ein Wimmerl, hier eine Gaupe<br />

und hier ein Erkerlein. Wenn man das auf<br />

essenzielle Parameter wie Kubatur und<br />

Höhe vereinfacht, dann kann sich der Bauschaffende<br />

mit der Sache wirklich auseinandersetzen.<br />

Heute geht man her und<br />

schaut in der Bauordnung nach, wo man<br />

noch ein paar Quadratzentimeter dazugewinnen<br />

und wo man dafür noch 20 cm nach<br />

vorne springen kann.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

24<br />

Alt & Neu<br />

Auferstehung<br />

im Kupferkleid<br />

Kloster Saint-François / Sainte-Lucie-de-Tallano, Korsika / Amelia Tavella Architectes<br />

Text: Edina Obermoser Fotos: Thibaut Dini<br />

Die korsische Gemeinde in den Bergen lockt Besucher<br />

mit ihrem ländlichen Charme und französischer<br />

Romantik. Sie überblickt die Berge und Hügel der<br />

Alta Rocca. Neben dem angenehm maritimen Klima<br />

ist die Ortschaft von gepflasterten Straßen und<br />

Gässchen sowie traditionellen Steinbauten geprägt.<br />

Einer von ihnen ist das Franziskanerkloster aus dem<br />

15. Jahrhundert. Die einst repräsentative Klosteranlage<br />

liegt mit Blick auf das Dorf und die Gebirgsketten<br />

vor einem kleinen Olivenhain und wird rückseitig vom<br />

Friedhof begrenzt. Sie setzt sich aus zwei Baukörpern<br />

zusammen: dem Haupttrakt mit Kirchturm und einem<br />

Nebengebäude. Sie sind parallel ausgerichtet und<br />

spannen einen geschützten Platz auf. Beide Strukturen<br />

waren vor der Renovierung regelrecht von der<br />

Natur in Beschlag genommen worden. Die Vegetation<br />

überwucherte die Mauern, wuchs zwischen den<br />

Steinen und sorgte als grüne Schutzhülle dafür, dass<br />

diese weder einstürzten noch erodierten. Insgesamt<br />

war die Bausubstanz der Klosterkirche besser erhalten,<br />

das andere Volumen befand sich hingegen in einem<br />

ruinösen Zustand.<br />

u<br />

Sainte-Lucie-de-Tallano<br />

ist ein kleines, französisches<br />

Dorf im Süden<br />

Korsikas. Umgeben von<br />

bewaldeter Landschaft<br />

besticht es auf 500 m<br />

Seehöhe mit seiner malerischen<br />

Lage. Vor dieser<br />

idyllischen Kulisse befindet<br />

sich auch das Kloster<br />

Saint-François. Amelia<br />

Tavella Architectes nahmen<br />

sich des in die Jahre<br />

gekommenen Bauwerks<br />

an, renovierten es und<br />

erweiterten es um einen<br />

Anbau mit perforierter<br />

Kupferhülle.


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

25<br />

Amelia Tavella Architectes


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

26<br />

Alt & Neu


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

27<br />

Amelia Tavella Architectes<br />

Amelia Tavella erkannte die Magie des Ortes und<br />

machte es sich mit ihrem Team zur Aufgabe, das klerikale<br />

Duo wiederzubeleben. Dafür wandelten sie laut<br />

eigenen Angaben auf den Spuren der Vergangenheit<br />

und ließen die Geschichte, die das Kloster erzählt, in<br />

ihren Entwurf miteinfließen. Den Haupttrakt erhielten<br />

sie zur Gänze und sanierten die denkmalgeschützten<br />

Gemäuer mit Bedacht. Beim zweiten Teil der Klosteranlage<br />

waren größere Eingriffe nötig. Hier ersetzten<br />

die Architekten die Hälfte der ursprünglichen Steinstruktur<br />

durch einen neuen Erweiterungsbau. Dieser<br />

bildet die Form des Hauses nach und stellt das ursprüngliche<br />

Volumen wieder her. Anstatt des massiven<br />

Naturmaterials besteht die Ergänzung aus einer<br />

leichten Kupferkonstruktion. Diese schließt entlang<br />

einer schrägen Bruchkante direkt an die Bestandsmauern<br />

an und führt das Satteldach fort. Neben dem<br />

massiven Trakt wirkt sie wie eine filigrane Silhouette<br />

des Sakralbaus.<br />

Die neue Kupferhülle besteht sowohl aus vollflächigen<br />

Metallplatten, als auch aus durchlöcherten Paneelen.<br />

Kleine quadratische Ausnehmungen überziehen die<br />

Ansichten in unregelmäßigen Abständen. Während<br />

sie im unteren Bereich kleiner sind und die Fassaden<br />

geschlossener wirken lassen, werden die Löcher mit<br />

zunehmender Höhe größer und legen sich dort nur<br />

noch wie ein zarter Vorhang vor den Bau. Sie sind inspiriert<br />

von sogenannten Maschrabiyya-Gitterstrukturen,<br />

die bei islamischen und mediterranen Bauten<br />

traditionell der Belichtung und Belüftung dienen. Von<br />

außen blitzen hinter den perforierten Abschnitten die<br />

Fenster durch, innen kreieren die ausgeschnittenen<br />

Pixel ein spannendes Spiel aus Licht und Schatten.<br />

Das Kupferblech erscheint je nach Tageszeit, Sonneneinstrahlung<br />

und Betrachtungswinkel in unterschiedlichen<br />

Farbtönen. Es zeigt sich in kräftigem<br />

Orange, passt sich mit seinem subtilen Glanz den rötlich-braunen<br />

Dächern des Bestands an oder schimmert<br />

mit der natürlichen Patina leicht bläulich. u<br />

Je nach Funktion im Inneren, ist die neue Hülle<br />

wechselweise geschlossen oder perforiert ausgeführt.<br />

So wird sie entweder zum Sichtschutz<br />

oder bringt Licht und Luft in die dahinterliegenden<br />

Bereiche.


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

28<br />

Alt & Neu<br />

Der Annexbau orientiert sich nicht nur an der Kubatur<br />

des Originals, sondern auch an dessen Rhythmus<br />

und den architektonischen Elementen. So sind an<br />

beiden Querfassaden jeweils die charakteristischen<br />

Rundbögen zu finden. An der dem Innenhof zugewandten<br />

Seite führt das französische Planungsbüro,<br />

hinter den gewölbten Portalen, den Kreuzgang fort.<br />

An der gegenüberliegenden Front markiert ein Bogen<br />

den Eingang zum Gebäude, über den man direkt zum<br />

Klosterplatz gelangt. Eine Treppe gleicht hier den,<br />

durch die bewegte Topografie bedingten, Niveauunterschied<br />

aus. Im Zuge der Restaurierung und Erweiterung<br />

erhält das Nebengebäude des Saint-François<br />

Klosters eine völlig neue Funktion. Als Kulturzentrum<br />

soll es zum neuen Treffpunkt in Sainte-Lucie-de-Tallano<br />

werden, der Jung und Alt anspricht. Neben Ausstellungsflächen<br />

im unteren Bereich gibt es im Zwischengeschoss<br />

Gemeinschaftsbereiche und einen<br />

Lesesaal. Eine Mediathek, Beratung und Spielflächen<br />

für Kinder unter dem Dach komplettieren das Raumprogramm.<br />

Auch das Areal zwischen Kirche und dem<br />

revitalisierten Trakt wird neu genutzt: Eine kleine<br />

Bühne bietet hier Platz für Outdoor-Aufführungen.<br />

Mit dem Projekt wollten Amelia Tavella Architectes<br />

nicht nur der Vergangenheit des Bestands Respekt<br />

zollen, sondern gleichzeitig die Geschichte weitererzählen.<br />

Sie selbst fassten diese Intention in poetische<br />

Worte und beschreiben den auf Ruinen basierenden<br />

Entwurf für das Kloster Saint-François als „Umarmung<br />

von Historie und Moderne“. Aus diesem Grund<br />

überdecken Alt und Neu einander nicht, vielmehr respektieren<br />

sie sich gegenseitig und fügen sich zu einem<br />

neuen Ganzen zusammen. Dieser Ansatz kommt<br />

auch über die Materialwahl zum Ausdruck: Kupfer<br />

verwittert, wandelt sich mit der Zeit und könnte sogar<br />

komplett rückgebaut werden. Damit greift es den<br />

Geist des Ortes auf und übersetzt ihn in eine zeitgenössische<br />

Architektur. Der neu rekonstruierte Gebäudeteil<br />

ergänzt das Klosterensemble behutsam und<br />

bringt als Anlaufpunkt für kulturelle Veranstaltungen<br />

frischen Wind in das soziale Leben des korsischen<br />

Bergdörfchens. Mit biblischen Worten könnte man<br />

hier wohl von einer Art Auferstehung sprechen. •<br />

Die Kupferoberflächen<br />

sorgen für einen ähnlichen<br />

Effekt wie die bunten<br />

Glasfenster einer Kirche:<br />

Im Kreuzgang reflektieren<br />

sie das Licht und tunken<br />

die Steinsäulen und<br />

gewölbten Decken in ein<br />

sanftes Orange.


A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

1<br />

1<br />

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9<br />

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10 11<br />

WC<br />

H<br />

56<br />

4 3 2<br />

vestiaire<br />

enfants<br />

WC<br />

espace<br />

jeunes enfants<br />

1<br />

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19<br />

45<br />

3<br />

3 2 1<br />

345<br />

2 1<br />

PAC<br />

ARRIÈRE-SCÈNE<br />

stock régie<br />

WC<br />

F<br />

2<br />

2<br />

2<br />

22<br />

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5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4 3<br />

ludothèque<br />

image & son<br />

4 3<br />

espace<br />

consultation<br />

Accueil<br />

public<br />

SCÈNE<br />

4 3<br />

salle d'activités<br />

info<br />

5<br />

5<br />

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1<br />

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10<br />

espace<br />

accueil<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

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1<br />

2<br />

3<br />

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6<br />

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10<br />

6<br />

6<br />

6<br />

vestiaire<br />

office<br />

ESPACE SPECTATEURS<br />

17<br />

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15<br />

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8<br />

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6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

Cloître<br />

espace<br />

consultation<br />

salle voûtée<br />

de "lecture"<br />

Faîtage 487.42<br />

NV Projet<br />

487.42<br />

NV Existant<br />

Acrotère 484.44<br />

NV Projet<br />

R+1 481.48<br />

NV Projet<br />

481.11<br />

NV Existant<br />

RDJ 474.66<br />

NV Projet<br />

474.54<br />

NV Existant<br />

F<br />

F<br />

espace de consultation<br />

Zone de<br />

projection<br />

E D C<br />

E D C<br />

487 .41<br />

B<br />

B<br />

galerie<br />

galerie<br />

A<br />

espace<br />

consultation/travail<br />

A<br />

galerie du cloître<br />

scène<br />

scène<br />

accueil public<br />

espace<br />

ludothèque<br />

www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

29<br />

Amelia Tavella Architectes<br />

Ebene 4<br />

ÉGLISE<br />

HEA 280<br />

Ebene 2<br />

Kloster Saint-François<br />

Sainte-Lucie-de-Tallano, Korsika<br />

Bauherr:<br />

Planung:<br />

Denkmalschutz:<br />

Statik:<br />

TGA:<br />

Akustik:<br />

Baubeginn: 2019<br />

Fertigstellung: 2021<br />

www.ameliatavella.com<br />

Collectivité de Corse<br />

Amelia Tavella Architectes<br />

Perrot & Richard<br />

ISB<br />

G2I<br />

Acoustique & Conseil<br />

„Mir gefiel die Idee einer möglichen Rückkehr<br />

zum Verfall, dass das Kupfer wieder<br />

rückgängig gemacht werden könnte - diese<br />

Möglichkeit ist eine Höflichkeit, eine respektvolle<br />

Geste gegenüber der Vergangenheit,<br />

gegenüber dem korsischen Erbe.“<br />

Amelia Tavella


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

30<br />

Alt & Neu<br />

Noch mehr Kunst<br />

im Kornspeicher<br />

Erweiterung MKM Museum Küppersmühle / Duisburg / Herzog & de Meuron<br />

Text: Edina Obermoser Fotos: Simon Menges<br />

Während in den Backsteingebäuden<br />

am Duisburger Innenhafen<br />

bis in die Siebziger<br />

Jahre noch Getreide lagerte,<br />

wurden diese 1999 nach<br />

einem Entwurf von Herzog<br />

& de Meuron zum Museum<br />

Küppersmühle für Moderne<br />

Kunst, kurz MKM, umgenutzt.<br />

Nun realisierten die Architekten<br />

auch die Erweiterung des<br />

Kulturbaus und vergrößerten<br />

die Ausstellungsflächen außen<br />

subtil und innen modern<br />

um insgesamt 2.500 m 2 .


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

31<br />

Herzog & de Meuron<br />

Der charakteristische Mühlenkomplex am Wasser ist<br />

geprägt von Silos, Kesselhäusern und Schornsteinen.<br />

Bis heute erinnern die historischen Backsteinfassaden<br />

der ehemaligen Produktions- und Speichergebäude<br />

an die industrielle Vergangenheit der Küppersmühle.<br />

Vor der Jahrtausendwende entwickelten<br />

Norman Foster und sein Team einen Masterplan, im<br />

Zuge dessen das gesamte Areal und die umgebenden<br />

Bauten in ein buntes Stadtquartier mit Mischnutzung<br />

umfunktioniert werden sollten. Die Pläne, die damals<br />

aus der ehemaligen Mühle ein Museum machten,<br />

stammten von Herzog & de Meuron. Mit seiner umfangreichen<br />

Sammlung deutscher und europäischer<br />

Nachkriegskunst wurde das Haus zu einem der führenden<br />

Museen im Ruhrgebiet. 2006 benötigte man<br />

schließlich zusätzliche Präsentationsflächen für die<br />

Sammlung Ströher.<br />

Nachdem der erste Ansatz für die Erweiterung aufgrund<br />

mangelhafter Ausführung und Finanzierungsschwierigkeiten<br />

eingestellt werden musste, übernahmen<br />

Sylvia und Ulrich Ströher mit der MKM Stiftung<br />

nicht nur das Gebäude, sondern auch die Umbauarbeiten<br />

selbst. Sie wandten sich neuerlich an die<br />

Schweizer Architekten und entwickelten gemeinsam<br />

mit ihnen ein neues Konzept für die Vergrößerung des<br />

Kuppermühle Museums. Das Ergebnis ist ein subtiler<br />

Anbau, der den Bestand ergänzt und in Richtung der<br />

angrenzenden Autobahn zum neuen Abschluss des<br />

Ensembles wird. Er dockt an den charakteristischen<br />

Siloturm an und führt nicht nur die Baukante entlang<br />

des Hafenbeckens fort, sondern orientiert sich auch<br />

an Material und Maßstab der Backsteinbauten. Der<br />

neue Trakt setzt sich aus drei Teilen zusammen. Vom<br />

Wasser her zeigt er sich geschlossen, zur Straße hin<br />

werden dagegen die unterschiedlichen Höhen sichtbar.<br />

Neben zwei kubischen Baukörpern schließt der<br />

dritte – aufgrund einer Bauverbotszone – parallel zur<br />

Straße in einem spitzen Winkel ab. Davor entsteht ein<br />

Platz, der mit Bäumen bepflanzt als neuer urbaner<br />

Begegnungsraum dienen soll.<br />

u


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

32<br />

Alt & Neu


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33<br />

Herzog & de Meuron<br />

Die historischen Stahlsilos<br />

markieren nicht nur den<br />

Übergang zwischen Alt und<br />

Neu, sondern werden in die<br />

Ausstellungsflächen miteinbezogen<br />

und zum besonderen<br />

Highlight des Museums.<br />

Optisch ist die Ziegelhülle des Neubaus an den einheitlichen<br />

Bestand angelehnt, wirkt aber trotzdem alles<br />

andere als monoton. Die der Autobahn zugewandte,<br />

geradlinige Front des Kopfbaus unterscheidet<br />

sich in Farbe und Material nicht vom übrigen Ensemble,<br />

offenbart aber beim genaueren Hinsehen eine<br />

außergewöhnliche Verwendung des Klinkers. Mittig<br />

gebrochene Ziegel reihen sich im Zickzack-Muster<br />

aneinander und verleihen der Fassade eine einzigartige<br />

Struktur. Dazu kommt ein prominenter Schriftzug<br />

mit dem Namen des Museums, dessen einzelne<br />

Letter ebenfalls eingemauert sind. Auch an den übrigen<br />

Ansichten lässt sich die Vielseitigkeit des Backsteins<br />

ablesen.<br />

Im Inneren der beiden Kuben sind die Ausstellungsflächen<br />

untergebracht. Hinter der geradlinigen Fassade,<br />

die den Bau zum Vorplatz hin begrenzt, verbergen<br />

sich zwei dreiseitige Volumen. Sie beinhalten<br />

administrative Räume sowie die Erschließung. Die<br />

Geschosse des Ergänzungsbaus folgen denen des<br />

bestehenden Museums. Zwei Brücken aus Stahl<br />

durchstoßen die markanten Silos und führen die Geschosse<br />

des neuen und alten Gebäudes zusammen.<br />

Die sechs inneren Getreidedepots wurden bei den<br />

ersten, gescheiterten Erweiterungsarbeiten entfernt.<br />

Das Planerteam sorgte dafür, dass die übrigen Stahlzylinder<br />

unverändert erhalten blieben. Nun dient der<br />

Siloraum nicht nur der Verbindung und Zirkulation,<br />

sondern ist über Öffnungen gezielt in das Ausstellungskonzept<br />

integriert. Von den Stegen aus und in<br />

den angrenzenden Galeriebereichen, eröffnet sich<br />

Besuchern die gesamte Dimension der 30 m hohen<br />

Industriedenkmäler. Zwischen dem Neubau und den<br />

einstigen Getreidekammern fällt durch eine verglaste<br />

Fuge Tageslicht ins Museum. Eine Aussichtsplattform<br />

auf dem Siloturm mit Blick über die Stadt und<br />

das Ruhrgebiet wird zur neuen Attraktion. u


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

34<br />

Alt & Neu<br />

Insgesamt 36 Ausstellungsräume verteilen sich in<br />

dem Anbau über vier Stockwerke. Sie fügen sich in<br />

das bestehende Museumskonzept ein und bieten mit<br />

unterschiedlichen Größen jede Menge zusätzlichen<br />

Platz für die Kunstsammlungen sowie flexible Nutzungsmöglichkeiten.<br />

Die als „White Cubes“ konzipierten<br />

Säle sind dezent mit schlichter Infrastruktur wie<br />

LED-Beleuchtung und Belüftung versehen und sollen<br />

sonst so wenig wie möglich von den Exponaten<br />

ablenken. Nur im obersten Stock gibt es dank eines<br />

Sheddachs einen Saal mit Oberlicht. Öffnungen in der<br />

Fassade sucht man, bis auf vereinzelte, gezielt positionierte<br />

Fensterschlitze, vergeblich. Im Treppenhaus<br />

stellen die Architekten einen Bezug zu ihrem ersten<br />

Entwurf für das Museum Küppersmühle her. Dieses<br />

gestalten sie – wie im Bestandsgebäude – als skulpturalen<br />

Erschließungsraum. Die Stiege befindet sich<br />

im kleineren der beiden keilförmigen Volumen. Dort<br />

führt sie mit ihren organischen Rundungen auf spektakuläre<br />

Art und Weise nach oben. Im Gegensatz zu<br />

den schlicht-weißen Kunstgalerien, sind hier sämtliche<br />

Oberflächen in Beton mit ziegelroter Färbung gekleidet,<br />

der so eine warme Atmosphäre schafft.<br />

Anders als andere Projekte glänzt der neue Trakt,<br />

um den Herzog & de Meuron das Museum Küppersmühle<br />

erweiterten, nicht mit Kontrasten, sondern<br />

mit Beständigkeit. Anstatt auffälliger Gesten setzt<br />

man auf Altbewährtes und verleiht dem Kulturbau<br />

damit seinen einzigartigen Charme. Von außen wirkt<br />

es nach vierjähriger Bauzeit fast so, als hätte es das<br />

denkmalgeschützte Ensemble schon immer in dieser<br />

Zusammensetzung gegeben. Im Inneren scheint<br />

der Bau nun noch stärker mit seiner Vergangenheit<br />

verwoben. Der historische Silo wird hier neben moderner<br />

Kunstkulisse zum erlebbaren Bindeglied zwischen<br />

Alt und Neu. Kultur- und Architekturliebhaber<br />

werden in dem Duisburger Museum auch in Zukunft<br />

voll auf ihre Kosten kommen.<br />

•<br />

Die ziegelrot gestaltete Treppe<br />

wirkt wie eine riesige Skulptur.<br />

Brüstung und Stufen sind<br />

aus einem Guss gefertigt und<br />

wendeln sich sanft über die vier<br />

Geschosse des Museumsanbaus<br />

nach oben.


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35<br />

S2<br />

3 Siloraum<br />

4 Ausstellung (Erweiterungsgebäude)<br />

5 Brüstungsgalerie<br />

Herzog & de Meuron<br />

433_Erweiterung-MKM<br />

1 Innenhof<br />

2 Ausstellung (Bestandsgebäude)<br />

3 Siloraum<br />

4 Ausstellung (Erweiterungsgebäude)<br />

2 3 5 4 S1<br />

S3<br />

433_Erweiterung-MKM<br />

S2<br />

OG 2<br />

1 Innenhof<br />

2 Ausstellung (Bestandsgebäude)<br />

3 Siloraum<br />

4 Ausstellung (Erweiterungsgebäude)<br />

S2<br />

2.OG<br />

M 1:750<br />

4<br />

S1<br />

0 5 10 20<br />

S3<br />

2<br />

3 4<br />

S1<br />

433_Erweiterung-MKM<br />

S3<br />

1<br />

2 Ausstellung (Bestandsgebäude)<br />

3 Siloraum<br />

4 Ausstellung (Erweiterungsgebäude)<br />

5 Brüstungsgalerie<br />

6 Siloaussichtsplattform<br />

EG<br />

EG<br />

M 1:750<br />

0 5 10 20<br />

6<br />

EG<br />

M 1:750<br />

0 5 10 20<br />

2 3 5 4<br />

3<br />

Schnitt S1<br />

Schnitt S2<br />

Erweiterung MKM Museum Küppersmühle<br />

Duisburg, Deutschland<br />

Schnitt S1<br />

M 1:750<br />

0 5 10 20<br />

Bauherr:<br />

Planung:<br />

Projektleitung:<br />

Team:<br />

MKM Stiftung<br />

Herzog & de Meuron<br />

Roland Schreiber<br />

Mikolaj Bazaczek, Juliane Brantner, Teodor-Octavian Cuciureanu, Florian Hartmann,<br />

Sebastian Hefti, Māra Igaune, Susanne Kozlowski, Hannah Reusser, Daniel Schürer<br />

Statik & TGA:<br />

Baumanagement:<br />

Landschafts<strong>architektur</strong>:<br />

Brandschutz:<br />

Handgefertigte Klinker:<br />

Grundstücksfläche: 9.000 m 2<br />

Bebaute Fläche: 850 m 2<br />

Nutzfläche: 5.000 m 2<br />

Planungsbeginn: Dez. 2013<br />

Baubeginn: Sept. 2016<br />

Fertigstellung: Mai 2021<br />

www.herzogdemeuron.com<br />

Drees & Sommer Advanced Building Systems<br />

Diete + Siepmann Ingenieur<br />

Vogt Landschaftsarchitekten<br />

HHP Berlin<br />

GIMA Girnghuber GmbH<br />

„Der Erweiterungsbau reiht sich in die Kette der<br />

eindrucksvollen historischen Backsteinbauten<br />

entlang des Hafenbeckens ein und komplettiert<br />

so den bestehenden Museumskomplex. Zugleich<br />

definiert der neue Kopfbau den Abschluss der gesamten<br />

Gebäudezeile. Für den flüchtigen Betrachter<br />

wirken die neu hinzugefügten Baukörper so, als<br />

hätten sie schon immer dort gestanden.“<br />

Herzog & de Meuron


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

36<br />

Alt & Neu<br />

Auf den Spuren<br />

von Jules Verne<br />

UHELNA, Umnutzung eines ehemaligen Kohlelagers / Prag, Tschechien / OV-A<br />

Text: Linda Pezzei Fotos: Václav Novák<br />

Der Projektname UHELNA steht in der tschechischen<br />

Sprache für „Kohle“ und ist treffender Namensgeber<br />

für eines der spannendsten Umnutzungsprojekte aus<br />

der Feder des Architekturstudios OV-A. Für die in Prag<br />

ansässige Universität für Chemie und Technologie<br />

(VŠCHT) verwandelten die ortskundigen Planer ein<br />

ehemaliges und bis dato ungenutztes Kohlelager in<br />

einen multifunktionalen Hörsaal mit besonderem Flair.<br />

Lange Zeit lag das unscheinbare Bauwerk im Innenhof<br />

des geschichtsträchtigen Gebäude-Ensembles<br />

versteckt, das dazumal von der Prager Architekturikone<br />

Antonín Engel, im Zuge der Quartiersentwicklung<br />

rund um den Platz Vítězné Náměstí, entworfenen<br />

worden war. Der Architekt, Stadtplaner und<br />

Architekturtheoretiker gilt als der letzte Meister<br />

der Neorenaissance und des Neoklassizismus in der<br />

tschechischen Kultur und prägte gerade das Stadtbild<br />

des umgebenden Viertels Dejvice (bis heute)<br />

maßgeblich mit.<br />

Zurückhaltend unter einem schlichten Blechdach<br />

verborgen, drohte das alte Kohlelager seit Mitte der<br />

80er-Jahre langsam in Vergessenheit zu geraten,<br />

bis Jiří Opočenský und Štěpán Valouch auf Wunsch<br />

der Universität hin begannen, den Raum Stück für<br />

Stück für sich zu entdecken und zu erobern. Die<br />

Atmosphäre erinnerte die Architekten sofort an<br />

die Romane von Jules Verne. Und so machte sich<br />

das Kreativ-Team vielleicht nicht auf zur Reise zum<br />

Mittelpunkt der Erde, doch zumindest zur Expedition<br />

eines ihnen unbekannten Terrains. Gerade die<br />

Kombination aus dem geschichtlichen Hintergrund,<br />

der pragmatischen Eleganz der rohen Industrie<strong>architektur</strong><br />

und der besonderen räumlichen Qualität,<br />

galt es für die Architekten folglich in ihrer Aura zu<br />

erhalten. Ein entscheidender Pluspunkt: Während<br />

man bei dem Lagern von Kohle gemeinhin an dunkle,<br />

niedrige Kellerlöcher denkt, überrascht UHELNA mit<br />

Luftigkeit, Tageslicht und ästhetisch ansprechenden<br />

konstruktiven Details.<br />

u<br />

Die Architekten des Prager<br />

Studios OV-A haben ein ehemaliges<br />

Kohlelager aus den<br />

1930er-Jahren für die Universität<br />

für Chemie und Technik<br />

mit viel Fingerspitzengefühl<br />

und inspiriert von Jules Verne<br />

in einen Hörsaal umgewandelt.<br />

Der rekonstruierte Raum wird<br />

von den Studenten für Vorlesungen,<br />

Zusammenkünfte und<br />

andere informelle Aktivitäten<br />

der Universität genutzt.


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

37<br />

OV-A


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

38<br />

Alt & Neu<br />

Das Auditorium setzt sich als möbelartiges<br />

Element in seiner warmen<br />

Materialität bewusst von der<br />

rohen Struktur des Bestands ab.


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

39<br />

OV-A<br />

Bis 1985 diente der, als einfaches Industriegebäude errichtete,<br />

Kohlespeicher seinem ursprünglichen Zweck<br />

– nämlich der Versorgung des angrenzenden Kesselraums.<br />

Er bestand aus zwei Behältern mit schrägem<br />

Boden, einem oberen Versorgungsgang und einem<br />

unteren Entnahmegang, von dem aus die Kohle in Metallwagen<br />

zu den Kesseln gefahren wurde. Der zentrale<br />

Turm oberhalb des Ganges enthielt ursprünglich<br />

einen Wassertank für den Betrieb des Kesselraums.<br />

Nachdem das Lager obsolet geworden war, fungierte<br />

es als Abstellkammer für ungenutzte Gegenstände.<br />

Die Re-Aktivierung und Umnutzung zu Studienzwecken<br />

erforderte neben einem intelligenten Raumkonzept<br />

erhebliche strukturelle Eingriffe. Eine Öffnung<br />

der Struktur im Sinne des Platzgewinns sowie das<br />

Schaffen von ebenen Böden stellten daher die obers-<br />

te Priorität dar. Einen der schrägen Böden versahen<br />

OV-A mit Holzstufen zum bequemen Sitzen, um diesen<br />

Bereich als Hörsaal nutzen zu können. Die gegenüberliegende<br />

Wand kann mit einem, an der Decke<br />

befestigten, Beamer bespielt und so neben Vorlesungen<br />

auch für Präsentationen oder Filmabende genutzt<br />

werden.<br />

Der zweite schräge Boden wurde komplett entfernt,<br />

sodass eine großzügige, freie Fläche entstanden ist,<br />

die Diskussionen und Vorträgen die perfekte Bühne<br />

bietet. An den Wänden wurden Monitore befestigt,<br />

die bei Bedarf eingeschaltet werden können. Gleiches<br />

gilt für die Beschallungsanlage. Eine kleine<br />

Bar ermöglicht die Versorgung mit Getränken und<br />

fördert den informellen Austausch und das studentische<br />

Netzwerken.<br />

u


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

40<br />

Alt & Neu<br />

Die technischen und statischen<br />

Elemente wurden<br />

bewusst sichtbar und<br />

unbehandelt belassen,<br />

um den industriellen<br />

Charakter des Raumes zu<br />

bewahren.<br />

Das neben der smarten Raumnutzung oberste Ziel<br />

bestand bei allen Maßnahmen darin, die spezifische<br />

Betonstruktur und damit den ursprünglichen Charakter<br />

des Raumes so weit wie möglich im Originalzustand<br />

zu belassen. Dazu wurden die Oberflächen<br />

vor Ort gereinigt, behandelt und – wo nötig – ausgebessert.<br />

Der industrielle Look wurde durch minimalistische<br />

Akzente, in Form von groben Treppengeländern<br />

aus geschweißtem Stahl mit Gitterdraht,<br />

sowie sichtbaren Kabelführungen, Lüftungsrohren<br />

und Heizkörpern subtil – und dabei freilich mit einem<br />

Augenzwinkern – unterstrichen: jedes Detail ist letztlich<br />

in seiner optischen Ausführung wohl durchdacht.<br />

Einzig die hölzerne Dachkonstruktion befand sich in<br />

einem solch schlechten technischen Zustand, dass<br />

eine Kopie das Original ersetzen musste.<br />

Weitere Designelemente wie die Pendelleuchten, die<br />

Stühle, Tische und Garderobenständer fügen sich<br />

in ihrem Erscheinungsbild und in ihrer Materialität<br />

perfekt in die Szenerie ein und setzen kleine Akzente.<br />

Dabei lohnt der Blick von der oberen Etage ganz<br />

besonders: Das konstruktive Stilleben, das sich dem<br />

Betrachter eröffnet, gleicht einer Startrampe aus Beton<br />

und Stahl, bereit für das nächste Spaceshuttle zur<br />

Expedition ins Weltall. Jules Verne lässt grüßen. •<br />

Auch die Böden, dieser in ihrem großen Ganzen sehr<br />

rohen Hülle, wurden in Anlehnung an die vormalige<br />

Nutzung aus Epoxidharz gegossen. Einzig eine hinzugefügte<br />

dämpfende Wandverkleidung aus Heraklithplatten<br />

sorgt für die notwendige Regulierung<br />

der Raumakustik. Während der Barbereich sich mit<br />

seiner metallisch spiegelnden Oberfläche nahezu<br />

zu entmaterialisieren scheint und auch die neu eingebaute<br />

Treppe als Verbindung der oberen und unteren<br />

Ebene durch den Einsatz von unbehandeltem,<br />

geprägtem Schwarzstahl dezent in den Hintergrund<br />

tritt, sticht das Auditorium förmlich aus dem Gesamtbild<br />

hervor. Das lebendig gemaserte Eichenholz wirkt<br />

warm und einladend und macht es so zum echten<br />

Anziehungspunkt.


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

41<br />

OV-A<br />

UG<br />

EG<br />

UHELNA, Umnutzung eines Kohlelagers<br />

Prag, Tschechien<br />

Bauherr:<br />

Planung:<br />

Mitarbeiter:<br />

Projektkoordination:<br />

GU:<br />

Statik:<br />

Bebaute Fläche: 225 m 2<br />

Nutzfläche: 222 m 2<br />

Planungsbeginn: 2015<br />

Bauzeit: 2018-2019<br />

Fertigstellung: 2019<br />

www.ov-a.cz/en/<br />

University of Chemistry and Technology,<br />

Prague, CZE<br />

OV-A, ov architekti s.r.o.<br />

Jiří Opočenský, Štěpán Valouch,<br />

Romana Bedrunková<br />

Stavaři, s.r.o.<br />

MOZIS s.r.o.<br />

Ladislav Fornůsek<br />

„Unsere Bauten zeichnen sich durch eine authentische,<br />

detailorientierte Gestaltung mit starkem Bezug zum Ort<br />

aus. Beim Entwurfsprozess stehen der Dialog mit dem<br />

Bauherrn, klare betriebliche Zusammenhänge und die<br />

baulichen Details im Vordergrund. Im Sinne unserer Auftraggeber<br />

suchen wir nach zeitlosen Designlösungen<br />

und einzigartigen Raumkonzepten. Jeder Bauherr, jeder<br />

Standort und jedes Bauvorhaben bieten einen neuen Kontext<br />

und damit neue Perspektiven.“<br />

OV-A<br />

© Jan Zátorský<br />

w


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

42<br />

Alt & Neu


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

43<br />

Bernhard Khoury / DW5<br />

Tech statt<br />

Theater<br />

TUMO Center for Creative Technologies / Gyumri, Armenien / Bernhard Khoury / DW5<br />

Text: Linda Pezzei Fotos: Sona Manukyan – Ani Avagyan<br />

Mit 170.000 Einwohnern ist Gyumri die zweitgrößte<br />

Stadt Armeniens. Von zwei Erdbeben in der Vergangenheit<br />

schwer gebeutelt, erfuhr die Region beim<br />

Wiederaufbau in Folge große Unterstützung aus dem<br />

Ausland. Dies spiegelt sich in einer vielfältigen, von<br />

internationalen Stilen beeinflussten Architekturlandschaft<br />

wider. Gerade historische Bauwerke und Relikte<br />

zu nutzen und zu erhalten, hat aufgrund deren<br />

Rarität außerdem einen hohen Stellenwert im Land.<br />

So konnte das ehemalige und zwischenzeitlich ungenutzte<br />

Theater in Gyumri von dem Kreativstudio<br />

Bernhard Khoury / DW5 eindrucksvoll wiederbelebt<br />

und der Öffentlichkeit zurückgegeben werden.<br />

Über den antiken Mauern schwebt ein verspiegeltes<br />

Dach, getragen von leuchtend roten Stützen. Auch<br />

alle anderen Ergänzungen oder Zubauten wurden in<br />

der auffälligen Signalfarbe ausgeführt, die sich bis in<br />

die Innenräume konsequent fortsetzt und sich von der<br />

monochromen Farbpalette der umgebenden Stadtlandschaft<br />

abhebt. Die Süd- und Ostfassaden des<br />

Gebäudes, die ursprünglich aus lokalem Torfstein errichtet<br />

und weiß verputzt sind, wurden hingegen erhalten<br />

und restauriert. Auf einen Blick erschließt sich<br />

dem Betrachter somit, was alt ist und was neu. Diese<br />

strikte Trennlinie führt aber auch dazu, dass sich die<br />

Architektur in einzelne Flächen und Formen aufzulösen<br />

scheint. Anstelle eines einzelnen Bauwerks lässt<br />

sich das TUMO Center for Creative Technologies aus<br />

wechselnden Perspektiven immer wieder neu erleben.<br />

Dieser Effekt wird durch die Vorspiegelung des<br />

über dem Gebäude schwebenden Daches noch zusätzlich<br />

verstärkt. Gewohnte Sichtweisen werden so<br />

sprichwörtlich auf den Kopf gestellt.<br />

u<br />

Leuchtend rot schmiegen<br />

sich die Interventionen<br />

des Architekturstudios<br />

Bernhard Khoury / DW5<br />

an die historische Fassade<br />

aus weiß verputztem<br />

Torfstein. Ein verspiegeltes<br />

Dach schwebt über<br />

dem ganzen Ensemble<br />

und gewährt ungewohnte<br />

Einblicke sowie Perspektivwechsel.<br />

Im Inneren<br />

von TUMO wurde ein<br />

ehemaliger Theatersaal<br />

zum knalligen Kreativ-Zentrum<br />

für Design<br />

und Technologie für<br />

Jugendliche.


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

44<br />

Alt & Neu<br />

Der Neubau dockt, ähnlich<br />

einem roten Raumschiff,<br />

an die Bestandsstruktur<br />

an und wirkt auf angenehme<br />

Weise mit einer<br />

Selbstverständlichkeit<br />

verbindend ohne sich<br />

anzubiedern.<br />

Die Architektur passt perfekt zur Nutzung durch<br />

das TUMO Center for Creative Technologies. Das<br />

kostenlose Bildungsprogramm für Jugendliche im<br />

Alter von 12 bis 18 Jahren hat sich auf die Verknüpfung<br />

von Technologie und Design spezialisiert. Seitdem<br />

das erste TUMO-Zentrum 2011 im armenischen<br />

Eriwan eröffnet wurde, kamen weitere Standorte im<br />

Land hinzu – mittlerweile gibt es aber auch Zentren<br />

in Paris, Beirut, Moskau, Tirana und Berlin. Die Gründer<br />

Sam und Sylva Simonian stammen ursprünglich<br />

aus Beirut, zogen im Teenageralter in die Vereinigten<br />

Staaten und blieben sich dabei stets bewusst, welch<br />

bedeutenden Beitrag armenische Organisationen im<br />

Laufe der Jahre zu ihrer Ausbildung und ihrem Erfolg<br />

geleistet hatten. Dieses Geschenk wollen die beiden<br />

mit TUMO an die heutige Generation motivierter Jugendlicher<br />

weitergeben.<br />

Auch der Architekt und Mitbegründer des Arabischen<br />

Zentrums für Architektur, Bernard Khoury,<br />

stammt aus Beirut. Mit dem DW5 Design Studio hat<br />

der renommierte Vorausdenker eine offene Plattform<br />

für Entwickler, Architekten, Planer und Designer geschaffen,<br />

die Kräfte bündeln und Ressourcen mit anderen<br />

Spezialisten aus verschiedenen Bereichen der<br />

Industrie teilen soll. „Die Akteure, die an der Gestaltung<br />

eines Projekts beteiligt sind, können aus sehr<br />

unterschiedlichen Bereichen kommen. Architektur<br />

ist keine autonome Disziplin. Es ist wichtig, dass wir<br />

uns von anderen Disziplinen unterstützen und inspirieren<br />

lassen, je nach den Besonderheiten und dem<br />

Verständnis der verschiedenen Kontexte, in denen<br />

wir tätig sind“, erklärt Khoury seine Herangehensweise<br />

und ergänzt, „wir sind davon überzeugt, dass eine<br />

enge Zusammenarbeit mit den Bauherren sowie mit<br />

allen, die an der Zusammenstellung der Agenda eines<br />

Projekts oder seines Programms vor der eigentlichen<br />

Entwurfsarbeit beteiligt sind, den Weg zu angemesseneren<br />

und originelleren architektonischen Lösungen<br />

ebnen kann. Unsere erfolgreichsten Projekte<br />

waren nie auf ein strenges und vorgegebenes Programm<br />

beschränkt.“


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

45<br />

Bernhard Khoury / DW5<br />

Bestes Beispiel dieser Denkart: das TUMO Center in<br />

Gyumri. Die historische Substanz so weit wie möglich<br />

zu bewahren, stellte einen entscheidenden Parameter<br />

in der Entwicklung des Konzeptes dar. Das in den<br />

1850er-Jahren errichtete Gebäude beherbergte vom<br />

Gemeindehaus bis zum lokalen Fernsehsender eine<br />

Reihe an Einrichtungen und wurde je nach Anforderung<br />

in mehreren Etappen stetig umgebaut. Heutiger<br />

Namensgeber ist das Opernhaus, für das der charakteristische<br />

Saal in ein Theater mit drehbarer Bühne<br />

umgewandelt wurde. Die Intervention von Bernhard<br />

Khoury / DW5 bestand darin, das Gebäude in eine interaktive<br />

Lernplattform für die vier Schwerpunktbereiche<br />

Animation, Videospiel- und Webentwicklung<br />

sowie digitale Medien, umzuwandeln. Der Theatersaal<br />

wurde in diesem Zuge als stufenförmiger, kollektiver<br />

Arbeitsbereich mit 3D-Drucklabor konzipiert, in<br />

dem auch Präsentationen und Aufführungen mit 200<br />

Teilnehmern stattfinden können.<br />

Dank der Anbindung an den bestehenden öffentlichen<br />

Raum, wirkt sich das Projekt auch positiv auf<br />

das soziale und kulturelle Gefüge der Stadt aus und<br />

setzt unterschiedliche Topografien gekonnt in Verbindung.<br />

Die wichtigsten Lehrsäle befinden sich im<br />

Erdgeschoss und sind von der Ostfassade auf der<br />

unteren Parkebene zugänglich, während alle anderen<br />

öffentlichen und nicht studentenbezogenen Funktionen<br />

wie die Hauptlobby, die Verwaltung und das öffentliche<br />

Amphitheater auf der oberen Straßenebene,<br />

entlang der Westfassade, vom Dach des Erdgeschosses<br />

aus zugänglich sind. Das Dach, das als interaktiver<br />

öffentlicher Raum mit einem imposanten Bogen,<br />

einer Bar und gemeinsamen Treffpunkten konzipiert<br />

ist, fungiert als Verbindung zwischen den Aktivitäten<br />

im Innen- und Außenbereich, die unter einem großen<br />

Vordach stattfinden können, dessen verspiegelte Unterseite<br />

das Geschehen für die Umgebung reflektiert.<br />

Jeder ist hier willkommen und die Neugier, was wohl<br />

im Inneren vor sich gehen mag, zieht Einheimische<br />

wie Touristen nahezu magisch an.<br />

u


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

46<br />

Alt & Neu<br />

Die Innenräume sind in ihrer Ausgestaltung bewusst<br />

schlicht gehalten. Material, Form und Farbe bilden<br />

eine anregende Kulisse für die Hauptakteure: die<br />

Kinder und Jugendlichen, die nach der Schule hierherkommen.<br />

Die Lehrbereiche und Erschließungszonen<br />

wurden bewusst in beruhigenden Grautönen<br />

gehalten. Die kreative Explosion erfolgt hingegen<br />

im „roten Saal“. Trotz aller räumlicher Zurückhaltung<br />

ist der Synergieträger TUMO mit modernster<br />

digitaler Technologie ausgestattet und wird von<br />

Pädagogen und Medienfachleuten betreut, die den<br />

Schülern helfen, kreative Inhalte und Medienanwendungen<br />

anhand realer Projekte zu erforschen und zu<br />

entwickeln. In dem ehemaligen Opernsaal wird die<br />

Geschichte des Ortes spür- und erlebbar, obwohl<br />

auf jegliche historische Relikte verzichtet wurde.<br />

Der kreative Umgang mit Bestand und Neubau, die<br />

Leichtigkeit und Frische, aber auch überraschende<br />

Details wie das verspiegelte Dach machen dieses<br />

unkonventionelle Gebäude zu einem besonderen Ort<br />

für Zukunftsvisionen.<br />

•<br />

Die alten Strukturen sollten<br />

trotz modernster Technik auch<br />

in den Innenräumen für die Jugendlichen<br />

auf eine subtile Art<br />

und Weise erlebbar bleiben.


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

47<br />

Bernhard Khoury / DW5<br />

A<br />

A<br />

B<br />

B<br />

Schnitt AA<br />

OG 1<br />

Schnitt BB<br />

A<br />

A<br />

B<br />

B<br />

TUMO Center for Creative Technologies<br />

Gyumri, Armenien<br />

Bauherr:<br />

Planung:<br />

TUMO<br />

Bernhard Khoury / DW5<br />

Bebaute Fläche: 2.475 m 2<br />

Planungsbeginn: 2016<br />

Fertigstellung: 2020<br />

www.bernardkhoury.com<br />

EG<br />

„Ich hege große Bewunderung und Respekt<br />

für Handwerker. Sie sind die wahren<br />

Helden, die uns von den sehr einschränkenden<br />

Methoden und Baumaterialien befreien<br />

können, die die Industrie unserem<br />

Beruf auferlegt. Ich glaube, dass jedes<br />

Tätigkeitsfeld seine ganz eigenen Praktiken<br />

und Fachkenntnisse mitbringt, die wir<br />

lernen, verstehen und nutzen sollten. Was<br />

in Texas gilt, muss nicht unbedingt auch<br />

in Beirut gelten und umgekehrt.”<br />

Bernhard Khoury<br />

© DW5 Bernard Khoury


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

48<br />

Alt & Neu<br />

(Vor)Stadtvilla 2.0<br />

Kozina House / Trhové Sviny, Tschechien / Atelier 111 Architekti<br />

Text: Linda Pezzei Fotos: Alex Shoots Buildings<br />

Barbora und Jiří Weinzettl sind nicht nur privat, sondern<br />

auch beruflich ein eingespieltes Team. Ihr Studio<br />

Atelier 111 steht für Architektur, die sich durch<br />

einen kontextbezogenen Ansatz sowie konzeptionelles<br />

Denken gepaart mit schlichter Nüchternheit auszeichnet.<br />

In ihrer Heimatstadt nahe Budweis (České<br />

Budějovice) im Süden Tschechiens konnten die beiden<br />

Kreativköpfe dieses Konzept mit der Gestaltung<br />

des familiären Eigenheims „Kozina House“ auf die<br />

Spitze treiben.<br />

Das Team von Atelier 111 Architekti arbeitet von Prag<br />

und Südmähren aus und konzentriert sich auf die Gestaltung<br />

von Wohngebäuden und öffentliche Bauten<br />

einschließlich der Innen<strong>architektur</strong> sowie der Wiederbelebung<br />

von urbanen Räumen. Die Rekonstruktion,<br />

Umnutzung und Aufwertung spielt dabei aber<br />

auch im ländlichen Raum eine tragende Rolle: Konkret<br />

als Alternative zur neugebauten (Vor)Stadtvilla,<br />

die nach Meinung der Architekten leider allzu oft und<br />

jeglichem Maßstab zum Trotz, als Fremdkörper aus<br />

der Landschaft herausragt.<br />

Das neue Zuhause der Familie Weinzettl soll dem<br />

bewusst ein Statement entgegensetzen. Das Grundstück<br />

befindet sich im historischen Teil der kleinen<br />

südböhmischen Stadt Trhové Sviny. Etwas in die<br />

Jahre gekommen, weiß der Ort nichtsdestotrotz mit<br />

Atmosphäre und viel schlummerndem Potenzial zu<br />

punkten. So verliebten sich die Bauherren schnell in<br />

den unverwechselbaren Charakter und die überzeugende<br />

Lage des Bestandsareals. Während die engen,<br />

verschlafenen Gassen gleich neben den Wiesen des<br />

Kozina-Platzes ihre Anwohner vor Lärm und Hektik<br />

der angrenzenden Verkehrsadern schützen, lädt das<br />

belebte Zentrum nur wenige Schritte weiter mit Geschäften<br />

und Büros, Schulen, Kino und Theater sowie<br />

dem Bahnhof zum Eintauchen in das wuselige Kleinstadtleben<br />

ein.<br />

Wenn Architekten für sich<br />

selber bauen: Barbora<br />

und Jiří Weinzettl von<br />

Atelier 111 Architekti<br />

realisierten ihr “Kozina<br />

House” im historischen<br />

Teil einer tschechischen<br />

Kleinstadt. Auf dem<br />

bestehenden Areal haben<br />

sie zwei benachbarte<br />

Gebäude miteinander<br />

verbunden, Altlasten beseitigt<br />

und die Bestandsgebäude<br />

sauber und<br />

rücksichtsvoll zu einem<br />

stimmigen Gesamtensemble<br />

rekonstruiert.<br />

Willkommen in der (Vor)<br />

Stadtvilla 2.0!


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49<br />

Atelier 111 Architekti<br />

Der relativ kleinen verfügbaren Fläche zum Trotz,<br />

realisierten die Bauherren ein äußerst umfangreiches<br />

Raumprogramm: dazu gehören ein ausreichend<br />

großes Wohnzimmer mit angrenzender Terrasse, ein<br />

Dachgeschoss mit Kinderzimmern und Spielzimmer,<br />

ein Schlafzimmer mit eigenem Bad, ein Garten mit<br />

Obstbäumen, zwei Garagenplätze und eine große<br />

Werkstatt inklusive Hebebühne. Möglich wurde dies<br />

durch die Verbindung zweier benachbarter Häuser<br />

mit dazwischenliegender Garten- und Hoffläche. Eines<br />

davon wurde um die Jahrtausendwende grundlegend<br />

umgebaut, das andere befand sich in einem<br />

baufälligen Zustand.<br />

u


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

50<br />

Alt & Neu<br />

Im ersten Schritt befreiten die Architekten die Bestandsgebäude<br />

von jeglichen, aus ihrer Sicht unpassenden,<br />

modernen Elementen – das betraf neben<br />

einer großen Gaube mit Balkon auch die Kunststofffenster.<br />

So konnten nach und nach nicht nur das ursprüngliche<br />

Steinmauerwerk, sondern auch kleine,<br />

historische Fragmente freigelegt werden, die die<br />

Bewohner als besonders erhaltenswert empfanden.<br />

Während der Maßstab, die Oberflächen und die ursprünglichen<br />

Volumina beibehalten werden konnten,<br />

wurden im Rahmen der inneren Struktur größere<br />

Eingriffe vorgenommen, um das Gebäude von zwei<br />

Seiten zugänglich zu machen: für Fußgänger vom<br />

Platz und für Autos von der gegenüberliegenden<br />

Straßenseite aus. Durch das große Fenster im Giebel<br />

der Hoffassade eröffnet sich nun ein einzigartiger<br />

Blick auf den Kirchturm der Stadt. Bewusst kreierte<br />

Blickbezüge zwischen den Innenräumen und Höfen<br />

werten den Gesamteindruck der Räumlichkeiten zusätzlich<br />

auf. Dabei wurden die neu geschaffenen Öffnungen<br />

minimalistisch gehalten, um einen Kontrast<br />

zu den ursprünglichen, traditionell geteilten Fenstern<br />

zu schaffen.<br />

u


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51<br />

Atelier 111 Architekti<br />

Die Haptik und Ehrlichkeit<br />

der Materialitäten<br />

und Oberflächen war den<br />

Architekten vor allem<br />

in den Innenräumen ein<br />

besonderes Anliegen.


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

52<br />

Alt & Neu<br />

Innen wie außen dominieren natürliche Materialien<br />

und gedeckte Farben – ein Konzept, das die Bauherren<br />

als zeitlose Lösung ansehen. Die schlichten Formen<br />

verleihen Kozina House in Kombination mit den<br />

ruhigen hellen Fassadenflächen und den traditionellen<br />

Dachschindeln ein gleichermaßen zurückhaltendes<br />

wie unaufdringliches Erscheinungsbild, das sich<br />

zwar ganz klar als modern positioniert, dabei aber die<br />

benachbarten Bestandsgebäude und seine tatsächliche<br />

Bauzeit nicht verleugnet. Je mehr man sich dem<br />

Ensemble annähert, desto mehr Einzelheiten offenbaren<br />

sich dem Betrachter: Materialien, Strukturen<br />

und kleine Details schälen sich aus dem großen Ganzen<br />

heraus und verleihen dem Wohnhaus einen ganz<br />

eigenen Charakter. Dafür wurde das Kozina House in<br />

der Kategorie „Einfamilienhaus“ mit dem Grand Prix<br />

Architektů ausgezeichnet.<br />

Auch die Innenräume leben von den Geschichten, die<br />

die Oberflächen zu erzählen wissen, sowie kleinen<br />

Details wie einer Nische samt historischer Marienstatue.<br />

Ergänzt werden diese durch selbstbewusst<br />

vorgenommene räumliche Adaptionen in Form einer<br />

großzügigen rahmenlosen Glasfassade, einer<br />

tonnenförmigen Holzdecke oder einer gemütlichen<br />

Nische mit Holzverkleidung (einer der Lieblingsorte<br />

der Bewohner und Gäste). Gepaart mit schlichten<br />

Einbaumöbeln und ausgesuchten Design- und<br />

Kunst objekten darf man Kozina House durchaus als<br />

bewohnbares Gesamtkunstwerk betrachten. Und als<br />

ein Paradebeispiel für die (Vor)Stadtvilla 2.0. •


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53<br />

Atelier 111 Architekti<br />

Unter dem Dach sind ganz spezielle<br />

Räume entstanden, die gezielt Ausblicke<br />

auf die umgebende Stadtlandschaft<br />

eröffnen.


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

54<br />

Alt & Neu<br />

5 Fragen an Barbora<br />

& Jiří Weinzettl<br />

Das eigene Haus planen (dürfen) –<br />

Fluch oder Segen?<br />

Segen. Wir haben viel gelernt – vor allem von<br />

den verschiedenen Handwerkern und Handwerkerinnen.<br />

Wir haben den ganzen Prozess<br />

sehr genossen.<br />

Was war Ihnen bei der räumlichen<br />

Gestaltung besonders wichtig?<br />

Zum einen der Respekt für die Grundform und<br />

den Maßstab der ursprünglichen Volumen. Zum<br />

anderen waren für uns die Ausblicke aus dem<br />

Inneren in den Garten und die Höfe sehr wichtig.<br />

Es gibt mehrere Blickachsen, die den gesamten<br />

Raum durchschneiden. Die Ausblicke bereichern<br />

die Gesamtwahrnehmung des Raumes.<br />

Worin bestand der Reiz, ein bestehendes<br />

Gebäude zu sanieren? Und was waren dabei<br />

die größten Herausforderungen?<br />

Hinter der Backsteinverkleidung stießen wir auf<br />

das ursprüngliche Steinmauerwerk und kleine<br />

historische Fragmente, die für uns einen zu<br />

erhaltenden Wert darstellten. Die Herausforderungen?<br />

Nichts konnte im Voraus geplant werden.<br />

Der Wiederaufbau erforderte improvisierte<br />

Lösungen. Wir haben oft während des Baus Entscheidungen<br />

getroffen.<br />

Konnten Sie bestimmte Ideen oder<br />

Vorstellungen umsetzen, bei denen<br />

Sie sonst auf Widerstand stoßen würden?<br />

Vielleicht ein Badezimmer, das Teil des Schlafzimmers<br />

ist. Das ist eine Sache, die sich unsere<br />

Kunden normalerweise nicht wünschen.<br />

Eine Sache, die schwieriger war als erwartet,<br />

und eine Sache, leichter vonstatten ging?<br />

Die Behandlung und Reinigung der alten Steinmauer<br />

hat sich als schwieriger als gedacht erwiesen,<br />

das hat wirklich wahnsinnig lange gedauert.<br />

Dafür war er überraschend einfach, Löcher in<br />

eine massive Steinmauer zu schneiden.


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55<br />

Atelier 111 Architekti<br />

Kozina House<br />

Trhové Sviny, Tschechischen<br />

Bauherr:<br />

Planung:<br />

Mitarbeiter:<br />

Statik:<br />

Barbora & Jiří Weinzettl<br />

Atelier 111 Architekti<br />

Barbora Weinzettlová & Jiří Weinzettl<br />

Aleš Procházka<br />

Grundstücksfläche: 500 m 2<br />

Bebaute Fläche: 317 m 2<br />

Nutzfläche: 340 m 2<br />

Planungsbeginn: 2014<br />

Bauzeit: 2014-2020<br />

Fertigstellung: 2021<br />

www.atelier111.cz/en<br />

„Wir haben nicht nur ein neues Haus, sondern vor<br />

allem unser neues Zuhause geschaffen. Das Zurückgreifen<br />

auf zeitgenössische Mittel zollt dem Charakter<br />

des Ortes und vorhandenen Qualitäten Respekt.<br />

Das Gebäude bietet uns einen komfortablen und inspirierenden<br />

Ort zum Leben und eröffnet unerwartete<br />

Ausblicke und Raumerlebnisse.”<br />

Barbora & Jiří Weinzettl


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

56<br />

Alt & Neu<br />

Erhalten<br />

und gestalten<br />

Hageloft / Osnabrück / Kresings Architektur<br />

Text: Edina Obermoser Fotos: Jette Golz, tammen.de, Roman Mensing<br />

Wohnungen und Büros,<br />

statt Tischtennisbällen<br />

und Fahrradlenkergriffen<br />

– wo im niedersächsischen<br />

Osnabrück einst<br />

chemischer Kunststoff für<br />

verschiedenste Produkte<br />

hergestellt wurde,<br />

gibt es nun Raum zum<br />

Leben und Arbeiten.<br />

Mit Hageloft baute das<br />

Architekturbüro Kresings<br />

die über 100 Jahre alten<br />

Produktionsgebäude<br />

des Traditionsbetriebs<br />

Hagedorn um. Sie sanierten<br />

und erweiterten den<br />

Bestand und verhalfen<br />

der ehemaligen Fabrik zu<br />

neuem Glanz.<br />

Das frühere Chemiewerk stand unter Ensembleschutz<br />

und schon einige Zeit leer, bevor sich die Planer<br />

aus Münster seiner annahmen. Sie wollten aus<br />

dem Komplex moderne Lofts und Arbeitsplätze machen<br />

und gleichzeitig seinen industriellen Charakter<br />

erhalten. Neben dem L-förmigen Hauptgebäude besteht<br />

das Hagedorn-Areal aus einem Pförtnerhäuschen,<br />

welches den Zugang zum Gelände markiert<br />

und deshalb auch in den neuen Entwurf integriert<br />

werden sollte. Dafür stockte das Planerteam den<br />

niedrigen Annexbau um ein auffälliges Volumen auf.<br />

Es kragt zur Straße hin vier Meter aus und überblickt<br />

mit großen Verglasungen auf einer Seite den Verkehr<br />

und auf der gegenüberliegenden den Innenhof. Der<br />

Kubus beinhaltet eine Mehrzweckhalle, die nicht nur<br />

für Events, sondern dank Schallschutz und Bodenfederung<br />

auch zum Sport genutzt werden kann. Betreten<br />

wird er entweder über eine außenliegende Treppe<br />

oder eine schmale Brücke vom Haupthaus aus.<br />

Auch beim vierstöckigen Fabrikgebäude verzichteten<br />

die Architekten auf Veränderungen der Bestandsstruktur.<br />

Stattdessen rekonstruierten sie diese<br />

behutsam und ergänzten sie um ein aufgesetztes<br />

Staffelgeschoss. Dieses ist – ebenso wie der neue<br />

Multifunktionskubus – in auffälliges Gold gekleidet.<br />

Die Kupfer-Aluminium-Paneele sorgen für eine edle<br />

Optik und fassen die beiden Industriebauten stimmig<br />

zusammen. Mit der Zeit soll die schimmernde<br />

Oberfläche natürlich abwittern und mattieren und<br />

Hageloft so eine einzigartige Wertigkeit verleihen. u


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57<br />

Kresings Architektur


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

58<br />

Alt & Neu<br />

Bei den Originalmauern reichte aufgrund ihres<br />

schlechten Zustands eine Sanierung nicht aus. Die<br />

alten Bestandsziegel waren ausgebleicht und genügten<br />

weder statischen und energetischen noch<br />

bauphysikalischen Anforderungen. Aus diesem<br />

Grund entschied man sich dafür, die Backsteinansichten<br />

modern interpretiert nachzubilden. Zum<br />

Einsatz kamen nahezu schwarze Wasserstrichziegel<br />

mit dunklen Fugen, die dem 1897 errichteten Vorbild<br />

nachempfunden sind. Die Steine für die 2.500 m 2<br />

Ansichten wurden speziell für das Projekt von einer<br />

Klinkermanufaktur angefertigt. Doppelt gebrannt<br />

weisen sie organische Unregelmäßigkeiten auf und<br />

wirken dank des Farbtons antik und zeitgemäß zugleich.<br />

Sämtliche Sprossenfenster wurden durch<br />

neue ausgetauscht und runden mit ihren Holzrahmen<br />

den traditionellen Industrielook perfekt ab.<br />

Die Ostfassade des Hauptgebäudes wurde vollflächig<br />

verglast und gibt nun Einblicke in die Arbeitsbereiche<br />

im Inneren frei. Mit ihrer Transparenz schafft sie einen<br />

spannenden Kontrast zu den massiven Ziegelmauern.


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59<br />

Kresings Architektur<br />

Die beiden Gebäudetrakte fassen – gemeinsam mit<br />

den umliegenden Wohnkomplexen – einen begrünten<br />

Innenhof ein, in dem sich in Zukunft Mitarbeiter und<br />

Bewohner im Freien begegnen. Zum Highlight des<br />

neuen Entwurfs wird die, zum ehemaligen Pförtnerhaus<br />

hin ausgerichtete, Ostfassade des vierstöckigen<br />

Fabrikgebäudes. Diese öffneten Kresings Architekten<br />

im Zuge des Umbaus komplett und ersetzten<br />

sie mit einer zehn Meter breiten und 13 Meter hohen<br />

Glasfront. Raumhohe Verglasungen kennzeichnen<br />

auch die übrigen erweiterten Teile. Im Inneren konnten<br />

zwei historische Eisentreppen saniert und an<br />

heutige Brandschutzvorschriften adaptiert werden.<br />

Während eine von ihnen im unteren Bereich mit ihrer<br />

Originalpatina die Geschichte des Baus widerspiegelt,<br />

erstrahlen die übrigen Geländer und Stufen in<br />

kräftigen, bunten Farben.<br />

Konstruktive Stahlunterzüge und -stützen, die an<br />

die industrielle Vergangenheit erinnern und offene<br />

Grundrisse ermöglichen, prägen das Design der<br />

Innenräume. Das kleine Nebengebäude und der<br />

anschließende Teil der einstigen Fabrik beinhalten<br />

die vielfältigen Arbeitsbereiche einer dynamischen<br />

Consultingagentur. Diese wünschte sich für ihre<br />

rund 140 Mitarbeiter keine starren Büros, sondern<br />

Open-Space-Bereiche und themenbezogene Zonen<br />

für Kreativität. Neben unterschiedlich bespielbaren<br />

Besprechungsräumen gibt es flexibel nutzbare Arbeitsplätze.<br />

Leichte, gläserne Sprossenwände grenzen<br />

in den weitläufigen Offices ruhigere Flächen für<br />

konzentriertes Arbeiten ab. Vom repräsentativen Foyer<br />

gelangt man weiter ins erste Geschoss mit einem<br />

Café im 60er-Jahre-Stil. Auch die übrigen Stockwerke<br />

sind ein wahres Erlebnis: Die Angestellten können<br />

nicht nur ihre bevorzugte Arbeitsatmosphäre frei<br />

wählen, sondern sich in den Pausen zwischen knallig-orangem<br />

Discofeeling und skandinavisch angehauchtem<br />

Minimalismus entscheiden.<br />

u


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

60<br />

Alt & Neu<br />

Stahlstützen, Sprossenwände<br />

und thematisch<br />

gestaltete Räume prägen die<br />

abwechslungsreichen Arbeitsbereiche.<br />

Offen gestaltet<br />

wirken sie modern und<br />

dynamisch und versprühen<br />

einen industriellen Charme.<br />

Der südliche Gebäudetrakt komplettiert mit 18 Wohnungen<br />

das Raumprogramm von Hageloft. Sie sind<br />

zwischen 50 und 150 m 2 groß und sprechen unterschiedliche<br />

Nutzergruppen an. Der Charme der ehemaligen<br />

Chemiefabrik bestimmt hier ebenfalls das<br />

Bild: Stahlbetonträger und Gusseisenelemente ziehen<br />

sich durch alle Räume und verleihen ihnen ein<br />

typisch loftartiges Ambiente. Jede der Einheiten ist<br />

mit einer Box ausgestattet, die mit Küche, Bad und<br />

Einbauschrank alle essenziellen Installationen beinhaltet.<br />

Rund um diesen versorgenden Kern ordnen<br />

sich die übrigen Funktionen wie Essen, Wohnen und<br />

Schlafen frei an. Einige der Lofts verfügen zusätzlich<br />

über einen Balkon.<br />

Kresings Architekten revitalisierten mit dem Büround<br />

Wohnbau ein Stück Osnabrücker Stadtgeschichte.<br />

Ohne große Eingriffe in die denkmalgeschützten<br />

Strukturen, schufen sie ein spannendes Projekt<br />

zwischen Alt und Neu, das sich harmonisch ergänzt<br />

und doch klar voneinander abhebt: Glänzendes Gold<br />

differenziert zwischen baulichen Erweiterungen und<br />

dem schwarzen Bestand. Das Blech wirkt hell und reflektiert<br />

das Licht, ganz anders als die dunklen Ziegelfassaden,<br />

die es regelrecht zu absorbieren scheinen.<br />

Durch Metall und Klinker treffen glattes Material<br />

und rauer Stein aufeinander und zeugen nicht nur<br />

von handwerklicher, sondern auch von maschineller<br />

Produktion. Auf diese Weise entsteht ein modernes,<br />

urbanes Ensemble mit industriellem Touch, das mit<br />

dynamischen Bürowelten und großzügigen Wohnungen<br />

sowohl Mitarbeitern als auch Kunden und Bewohnern<br />

ein angenehmes Umfeld bietet. •


Küchenblock<br />

Küchenblock<br />

Duschrinne<br />

200cm Durchbruch Trennwand<br />

raumhoch<br />

Duschrinne<br />

HHK<br />

Duschri ne Vorwand ca. +50<br />

200cm Durchbruch Trennwand<br />

raumhoch<br />

WM<br />

HHK<br />

TR<br />

Küchenblock<br />

Küchenblock<br />

spätere Trennwand<br />

WM<br />

TR<br />

Duschrinne<br />

HHK<br />

Duschri ne<br />

Duschrinne<br />

Infrarotkabine<br />

B:145cm x T:105cm<br />

H = 2,40<br />

H = 2,40<br />

Duschri ne<br />

Küchenblock<br />

Duschrinne<br />

HHK<br />

WM<br />

TR<br />

über OKFF<br />

Duschri ne<br />

HHK<br />

17 5<br />

Duschri ne<br />

Küchenblock<br />

17 5<br />

Küchenblock<br />

Küchenblock<br />

Duschri ne<br />

H = 2,40<br />

TR<br />

Loft Fenster B:200cm H:100cm<br />

HHK<br />

WM<br />

Duschrinne<br />

TV<br />

TV<br />

TV<br />

540x230<br />

Schacht #2<br />

Schacht #2<br />

Whiteboard M<br />

Table T4 S<br />

Whiteboard M<br />

ToolRack<br />

S<br />

Whiteboard M<br />

Schacht #2<br />

Spiegelwand<br />

Whiteboard M<br />

Whiteboard M<br />

Whiteboard M<br />

TV<br />

Bestandsmöblierung<br />

Table T4 S<br />

TV<br />

Schacht #1<br />

Schacht #1<br />

Pförtnerhäuschen<br />

Bestand<br />

S<br />

T olRack<br />

1,05 5<br />

Schacht #3<br />

Schacht #3<br />

lösbare<br />

Rostsicherung<br />

Deckenträger in STB<br />

Balken einbinden<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Deckenträger in STB<br />

Balken einbinden<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Deckenträger in STB<br />

Balken einbinden<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Deckenträger in STB<br />

Balken einbinden<br />

Hohlraumboden<br />

Instalationsfläche<br />

Delta-Beam-Träger<br />

HEA 120 Träger F90 bekleiden<br />

Delta-Beam-Träger<br />

Hohlraumboden<br />

Instalationsfläche<br />

Delta-Beam-Träger<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

IPE 220<br />

IPE 240<br />

IPE 240<br />

IPE 240<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Hohlraumboden<br />

Installationsfläche<br />

Delta-Beam-Träger<br />

Zwischenraum<br />

trocken ausmauern<br />

Dämmung mind. 60cm<br />

unter OKFF<br />

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61<br />

Kresings Architektur<br />

OG 4<br />

OG 1<br />

EG<br />

Hageloft<br />

Osnabrück, Deutschland<br />

Bauherr:<br />

Planung:<br />

Team:<br />

Statik:<br />

Bauphysik:<br />

TGA:<br />

Brandschutz:<br />

Bebaute Fläche: 6.120 m 2<br />

Nutzfläche: 4.937 m 2<br />

Planungsbeginn: 2017<br />

Fertigstellung: 2020<br />

www.kresings.com<br />

Hageloft GmbH<br />

Kresings Architektur<br />

Kilian Kresing (Projektpartner), Stefan Fuchs (Projektleiter),<br />

Hans-Georg Zündorf, Julian Hoffschlag, Raúl Zinni-Gerk,<br />

Ralf Tielke, Enzo Augello, André Pannenbäcker, Kai Binnewies<br />

Ingenieurbüro Ludwig Strathmann<br />

Ingenieurbüro Michael Beffart<br />

Eversmann beratende Ingenieure<br />

nees Ingenieure<br />

„Wenn Bauherr und Architekt zusammen<br />

ein Ziel verfolgen, und das war beim<br />

Hageloft ganz explizit der Fall, entsteht<br />

nicht nur ein Gebäude, sondern Architektur.<br />

Inspiration für diese besondere Projekt<br />

war die durchaus schillernde Bauherrenschaft.<br />

Das Duo Jens Bormann und Elmar<br />

Grimm hatte den Willen, etwas Besonderes<br />

zu schaffen, und ist damit heute sicherlich<br />

eine positive Ausnahmesituation.“<br />

Kilian Kresing


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

62<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Hippe Container<br />

voller Geschmack<br />

Auf eine Kombination aus Streetfood und Restaurant-Erlebnis setzt das<br />

Projekt taste! Foodmarket von Mostlikely Architecture. Es veranschaulicht,<br />

wie sich die begrenzte Fläche am Wiener Donaukanal optimal in Szene<br />

setzen lässt. Die Idee der Planer bestand darin, das dynamische Flair der<br />

Gegend aufzugreifen und dieses in Form eines vielseitigen Entwurfes, in<br />

modern designten Containern, flexibel umzusetzen.<br />

Text: Dolores Stuttner Fotos: Studio Mato, Mostlikely Architecture<br />

Auf einer prominenten Fläche am Ufer des Kanals bieten<br />

sich den Besuchern zwei unterschiedliche Erlebnisse:<br />

Im „taste! Garden“ auf der linken dreht sich in<br />

den Sommermonaten alles um Streetfood. Die „taste!<br />

Kitchen“ auf der rechten Seite bietet einen großzügigen<br />

Gastgarten und als ganzjährig geöffnetes Lokal<br />

eine saisonal wechselnde Speisekarte mit ausgefallenen<br />

Drinks am Abend.<br />

Beim Gestalten der Einrichtung setzten die Planer in<br />

erster Linie auf hölzernes Mobiliar. Das nachhaltige<br />

Material ist auf den Terrassen, in den Außenbereichen<br />

sowie im Gastgarten prominent, wobei es gleichzeitig<br />

als optisches Bindeglied fungiert. So gewährleisten<br />

hölzerne Pergolen an der Rückseite der Kaimauer<br />

geschützte Aufenthaltsgelegenheiten, während offen<br />

gehaltene „Salettln“ integrierend und einladend wirken.<br />

Den Baumbestand planten die Architekten in ihr<br />

Konzept mit ein – dieser lockert den Gastgarten optisch<br />

auf und spendet im Sommer Schatten.


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63<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Auch bei der Farbwahl überließen die Gestalter nichts<br />

dem Zufall. Und zwar setzten die Architekten Farbtöne<br />

als verbindende und trennende Elemente zugleich<br />

ein. Als prominent erweisen sich in der Einrichtung<br />

ein dunkles Nachtblau und ein sanftes Weiß, wobei<br />

die Farben in allen Bereichen – innen sowie außen<br />

– vertreten sind. Als Inspiration dafür fungiert der<br />

benachbarte Otto Wagner Pavillon. In den Innenräumen<br />

des Lokals dominieren Grün und Rosa und im<br />

Außenbereich Rot und Türkis. Damit grenzen sich die<br />

beiden Seiten der Lokalität gestalterisch voneinander<br />

ab. Auf dem Dach des Containers befinden sich<br />

ebenfalls Sitzgelegenheiten, von denen aus sich der<br />

Donaukanal und die Innenstadt aus einer völlig neuen<br />

Perspektive erleben lassen.<br />

Das gesamte Mobiliar der Gaststätte ist ein Unikat –<br />

die zuständigen Planer entwarfen dieses schließlich<br />

speziell für die Einrichtung. Sitzbänke und Sitzstufen<br />

bestehen aus Holz, während die Tische aus recyceltem<br />

Plastik hergestellt sind – letztere wurden in Kooperation<br />

mit dem nachhaltigen Wiener Kollektiv Precious<br />

Plastic produziert.<br />

Die Gasträume im Restaurant-Abschnitt setzen sich<br />

aus verschiedenen Bereichen zusammen, wobei sie<br />

durch die farbenfrohe Gestaltung eine offene Atmosphäre<br />

schaffen. Diese wird durch große Hebefenster<br />

unterstrichen, welche die Blickbeziehung zur Uferpromenade<br />

erhalten und damit den direkten Austausch<br />

zwischen Innen- und Außenraum ermöglichen.<br />

In den etwas abgeschiedeneren, intimen Bereichen im<br />

Restaurant gewährleisten Bullaugen den Lichteinfall.<br />

Einzigartig ist das Projekt aber nicht nur in puncto<br />

Design, sondern gleichermaßen in Bezug auf das<br />

Gastronomiekonzept. Im Streetfood-Bereich versorgen<br />

mehrere, mit voll ausgestatteten Küchen versehene,<br />

Schiffscontainer die Besucher. Diese sind<br />

für begrenzte Zeit zu mieten und werden so zur<br />

abwechslungsreichen Bühne für Wiens pulsierende<br />

Gastronomieszene.<br />

Innovation und Vielseitigkeit stehen bei diesem Gastronomieprojekt<br />

also hoch im Kurs. Mit ihm zeigt<br />

Mostlikely Architecture neue Herangehensweisen<br />

an die moderne Kulinarik – und damit gleichzeitig<br />

Lösungsmöglichkeiten für knappe Flächen im Stadtraum<br />

– auf.


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

64<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Innovation<br />

der Intimität<br />

Immer neue gestalterische Konzepte finden in der Gastronomie Einzug. Eine völlig<br />

innovative Herangehensweise wählten auch die Architekten von VAUST Studio<br />

beim Designen des JIGI Poke Restaurants. Das Ziel war es, der Gastfreundlichkeit<br />

der Berliner Lokalität ein modernes Gesicht zu verleihen und diese an<br />

die Lebensweise in der Pandemie anzupassen. So reduzierten die Planer die<br />

Anzahl der Sitzplätze an den Tischen und implementierten beim Mobiliar, aber<br />

auch im Innenraum, größere Abstände. Zusätzlich wurden die Sitze am Boden fixiert,<br />

wodurch sie eine feste Management-Struktur im Restaurant ermöglichen.<br />

Text: Dolores Stuttner Fotos: Robert Rieger<br />

Die Aufnahme und Abholung der Bestellungen erfolgt<br />

an einer frei stehenden Theke. Die Zubereitung<br />

der Speisen findet in einem separaten Bereich der<br />

Einrichtung statt, während die Besucher bereits Platz<br />

nehmen. Dieser Prozess wirkt unnötigen Wartezeiten<br />

und damit Menschenansammlungen entgegen. Küchentresen<br />

aus glänzendem Edelstahl sind nicht nur<br />

räumlich, sondern auch durch eine Glaswand vom<br />

Ess- und Wartebereich getrennt.


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65<br />

| BA12-17G |<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Das Gebäude der Zukunft<br />

kann auch so aussehen<br />

Ideal für Modernisierungen: Die offene,<br />

PC-basierte Gebäudeautomation<br />

von Beckhoff<br />

Als Inspiration für das bisher einzigartige Konzept<br />

diente den Planern das Foto eines hawaiianischen Fischers<br />

aus dem Jahr 1907. Auf dem Bild ist ein Mann<br />

zu sehen, der sich mit minimalistischer Ausstattung<br />

auf seinen Ausflug auf die hohe See vorbereitet. Besonders<br />

sprach die Architekten die Intimität, Ehrlichkeit<br />

und Ausgeglichenheit der Darstellung an. Diese<br />

Elemente wollten sie in architektonischer Form zur<br />

Geltung bringen. Umgesetzt wurde die Idee in Form<br />

einer naturnahen, reduzierten und trotzdem komfortablen<br />

Innenraumgestaltung.<br />

So dominieren zwei Tische aus Beton den Gastraum.<br />

Sie kennzeichnet ein leicht geschwungenes Design,<br />

durch das sie sich gegenseitig hervorheben. Absichtlich<br />

wurde die Oberfläche der Tischplatte rau gehalten.<br />

Damit unterstreicht sie die Natürlichkeit der<br />

Innen<strong>architektur</strong>, während sie sich gleichzeitig angenehm<br />

angreift. Granit aus Norwegen und robuste<br />

Baumstämme fungieren als Sitzgelegenheiten. Dabei<br />

verfügt jede Sitzfläche über ein individuelles Aussehen,<br />

was letzten Endes auch dem Raum Einzigartigkeit<br />

verleiht.<br />

Beton ist außerdem an den Wänden vertreten und<br />

dient als Teil-Umschalung für die Theken und den<br />

Kassa-Bereich. Bewusst verpassten die Planer der<br />

hellen Umrahmung ein abgenutztes Erscheinungsbild,<br />

welches die rohe Authentizität der Umgebung<br />

unterstreicht. Sowohl Wände als auch den Fußboden<br />

kennzeichnen warme Farben. Letztere sorgen für<br />

eine warme Atmosphäre und gewährleisten so Komfort.<br />

Das gekonnte Zusammenspiel aus Beton, Naturstein<br />

und Holz setzt sich schließlich in den Toiletten<br />

fort. Sanfte, natürliche Farbtöne dominieren auch<br />

dort die Umgebung.<br />

Ein maßgeschneidertes Aufhäng-System ermöglicht<br />

das Anbringen von Vorhängen, welche das Innenraumdesign<br />

mit seiner einladenden Ausstrahlung<br />

vervollständigen. Identitätsstiftend für das Lokal<br />

ist jedoch ein zentral aufgehängter, naturbelassener<br />

Felsen im Essbereich. Durch die großen Fenster ist er<br />

bereits von außen gut zu erkennen.<br />

So wird wertvolle Bausubstanz nicht nur erhalten, sondern zukunftsfit<br />

gemacht: Mit der integralen Gebäudeautomation von Beckhoff<br />

implementieren Sie alle Möglichkeiten der Kommunikations- und<br />

Steuerungstechnik – angepasst an die individuellen Bedürfnisse der<br />

Immobilie. Alle Gewerke werden von einer einheitlichen Hard- und<br />

Softwareplattform gesteuert: Ganz gleich, ob es um die nutzungsgerechte<br />

Beleuchtung, die komfortable Raumautomation oder<br />

die hocheffiziente HLK-Regelung geht. Für alle Gewerke stehen<br />

vordefinierte Softwarebausteine zur Verfügung, die das Engineering<br />

enorm vereinfachen. Funktionserweiterungen oder -änderungen sind<br />

jederzeit möglich. Das Ergebnis: Durch die optimale Abstimmung aller<br />

Gewerke werden die Energieeinsparpotenziale voll ausgeschöpft und<br />

die Effizienz der Bewirtschaftung deutlich erhöht.<br />

Scannen und alles<br />

über die Gebäudeautomation<br />

mit<br />

PC-based Control<br />

erfahren<br />

Die ganzheitliche Automatisierungslösung<br />

von Beckhoff:<br />

Flexible<br />

Visualisierung/<br />

Bedienung<br />

Skalierbare Steuerungstechnik,<br />

modulare<br />

I/O-Busklemmen<br />

Modulare<br />

Software-<br />

Bibliotheken


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66<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Kaffee bei Oma<br />

Für Liebhaber von Kaffee und Kuchen gibt es am Rande der Altstadt von<br />

Ljubljana nun einen neuen Anlaufpunkt – Lolita Eipprova. Das kleine Café<br />

überzeugt aber nicht nur mit seinen Köstlichkeiten, sondern auch mit seinem<br />

besonderen Interior-Konzept. Aus recycelten Materialien und bunt gemischten<br />

Texturen und Mustern entwickelte das slowenische Architekturbüro<br />

Triiije ein völlig neues Design zwischen Omas Wohnzimmer und Moderne.<br />

Text: Edina Obermoser Fotos: Mare Mutić<br />

Das kleine Lokal liegt in der Eipprova-Straße an einem<br />

schmalen Kanal, fernab des touristischen Zentrums.<br />

Dort fügt es sich in die bei Einheimischen<br />

beliebte Gegend, die mit Gastgärten und Terrassen<br />

lockt, perfekt ein. Der Coffeeshop öffnet sich über<br />

drei große Glasflügeltüren zum Vorplatz hin und<br />

erweitert dadurch seine Fläche um einen Außenbereich.<br />

Ein U-förmiger Grundriss teilt sich im Inneren<br />

in Lager- und WC-Räume hinten und den Eingang mit<br />

anschließender Theke im vorderen Teil auf. In dem<br />

langgezogenen Raum dazwischen reihen sich entlang<br />

einer Sitzbank kleine Tischchen aneinander.<br />

Für die Gestaltung des Bistros wählten die Planer ein<br />

nachhaltiges Konzept: Anstatt neuer Elemente griffen<br />

sie ausschließlich zu Secondhand- und bereits<br />

vorhandenen Materialien. Mit diesem einzigartigen<br />

Umgang des Bestands wollten sie möglichst wenig<br />

primäre Baustoffe verwenden, zusätzlichen Abfall<br />

minimieren und gleichzeitig ein neues Gesamtkunstwerk<br />

kreieren. Die Struktur der gewölbten Decken<br />

blieb roh und zeigt die Geschichte des Lokals. Neben<br />

weiß gestrichenen Ziegeln im Empfangsbereich,<br />

wechseln sich weiter hinten Sichtbetonoberflächen<br />

und teils abbröckelnder Putz ab.


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67<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Die Decken scheinen fließend in die Wände, Säulen<br />

und den Estrichboden überzugehen. Während es an<br />

manchen Stellen einzelne Fliesen gibt, zieht sich anderswo<br />

das Parkett aus Altholz nach oben weiter, bis<br />

es dort auf wiederverwendete Spiegelpaneele trifft.<br />

Sämtliche Materialien fügen sich zu einem riesigen<br />

Mosaik zusammen. Der Künstler Jaša Mrevlje Pollak<br />

verlieh dem Café den finalen Touch. Er komplettierte<br />

den Raum mit einem Netz aus geometrischen und<br />

organischen Linien sowie floralen Malereien. Auch<br />

bei den Einbauten setzte das Studio Triiije hauptsächlich<br />

auf Ausschuss und gerettete Dinge aus dem<br />

renovierten Gebäude selbst. Gebrauchte Möbel und<br />

ausgewählte neue Stücke sorgen für einen einzigartigen<br />

Vintage-Look, der bis hin zu den Kaffeetassen<br />

weitergedacht wurde. Upgecycelte Stoffe mit unterschiedlichen<br />

Mustern erhielten als Vorhänge und<br />

Sitzpölster ein neues Leben und verleihen dem kleinen<br />

Café Gemütlichkeit.


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68<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Kulinarik mit Stil<br />

Ein originelles Zusammenspiel aus Schwarzwälder Tradition und asiatischer<br />

Kultur liefert das Innenraumdesign des Restaurants KURO.MORI in Freiburg.<br />

Dieser Meinung ist auch die internationale Jury, die das Projekt von<br />

Meissl Architects mit dem German Design Award in der Kategorie Excellent<br />

Architecture – Interior Architecture prämierte.<br />

Text: Dolores Stuttner Fotos: Kirchgasser Photography<br />

Den Architekten lieferte bereits das Gebäude selbst<br />

ideale Voraussetzungen für einen außergewöhnlichen<br />

Entwurf. Denn der Bau ist zum Teil denkmalgeschützt<br />

und liegt direkt neben einer Markthalle. Die<br />

Planer entschieden sich für eine reduzierte und geradlinige<br />

Formensprache im Inneren. Ebendiese sollte<br />

die Individualität und damit auch die Vorzüge des<br />

langgezogenen Innenraums zur Geltung bringen und<br />

auch den historischen Charakter des Baus unterstreichen.<br />

Kennzeichnend für das Raumdesign ist dessen<br />

Offenheit, die mit verspielten Gestaltungselementen,<br />

wie einer großflächigen Wandbegrünung sowie drei<br />

Kunstwerke der Gemäldemanufaktur Christian Beck,<br />

aufgelockert wird. Die Küche selbst hat einen zentralen<br />

Platz und ist von drei Seiten einsehbar. Im hinteren<br />

Bereich des Restaurants befindet sich die Bar, die<br />

ebenfalls Sitzgelegenheiten am Tresen beinhaltet.<br />

Insgesamt zählt das Lokal 70 Sitzplätze, wobei die<br />

Bänke und Sitze im Gastraum mit grauem und grünem<br />

Stoff überzogen sind. In Kombination mit einer<br />

sanften Beleuchtung fügen sich diese ideal in das<br />

historische Ambiente des Baus ein.


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69<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Große Schaufenster und ein Glasdach tauchen das<br />

Freiburger Lokal zusätzlich in ein freundliches Licht.<br />

Als dominantes Designelement fungieren des Weiteren<br />

Wandabschnitte aus roten Ziegeln. Bewusst<br />

wurden diese in ihrem rauen, originalen Zustand belassen,<br />

womit sie für das Lokal mit identitätsstiftend<br />

sind – perfekt ergänzt werden sie durch den gepflasterten<br />

Boden.<br />

Doch ist die Innen<strong>architektur</strong> nicht nur schön anzusehen,<br />

sondern sie überzeugt gleichermaßen in<br />

puncto Funktionalität. Immerhin ermöglicht sie eine<br />

vielseitige und flexible Nutzung der Räumlichkeiten<br />

– so ist das Lokal auf schnelle Geschäftsessen, den<br />

ausgedehnten Genuss von Abend-Menüs und Drinks<br />

an der Bar ausgelegt. Innovation ist im aufstrebenden<br />

Restaurant also in allen Bereichen Programm.


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70<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Es ist<br />

eingerichtet<br />

Wo einst Waffen gelagert wurden, trifft man sich nun im Zentrum von Kiew<br />

zum edlen Dinner. In einem Ende des 18. Jahrhunderts erbauten Gebäude<br />

realisierte das lokale Architektur- und Designstudio YODEZEEN mit der<br />

Virgin Izakaya Bar ein japanisches Restaurant. Dieses lädt mit historischen<br />

Ziegelgewölben, einer offenen Küche und einer roten Metallstruktur zum<br />

Essen und Trinken ein.<br />

Text: Edina Obermoser Fotos: Andrii Shurpenkov<br />

Das Projekt befindet sich in einer Gegend der ukrainischen<br />

Hauptstadt, die früher ausschließlich der Waffenproduktion<br />

gewidmet war. Viele der von Jugendstil-Elementen<br />

gekennzeichneten Backsteinbauten<br />

wurden zu Zeiten der Sowjetunion zerstört und willkürlich<br />

rekonstruiert, bis man sie letztendlich immer<br />

mehr verfallen ließ. Seit 2017 wird das ehemalige Fabriksgelände<br />

mit Gastronomie, Geschäften und Coworking-Spaces<br />

sukzessive zu neuem Leben erweckt: Die<br />

Virging Izakaya Bar ist ein Teil davon.<br />

Maßgebend für den Entwurf war das kulinarische<br />

Konzept des Auftraggebers. Izakaya steht für ein dynamisches<br />

Erlebnis wie in einer japanischen Kneipe.<br />

Dort trifft man sich nach der Arbeit nicht nur auf einen<br />

Drink, sondern auch auf eine Kleinigkeit zu essen.<br />

Diesem Ansatz folgt auch das neue Restaurant. Die<br />

vor den Augen der Gäste zubereiteten Speisen werden<br />

in kleinen Portionen serviert und entweder direkt<br />

an der Bar oder an einem der Tische verzehrt. YO-<br />

DEZEEN organisierte dafür den rund 400 m 2 großen<br />

Raum rund um eine Show-Küche. Diese ist als Highlight<br />

für jeden offen einsehbar und wird von einer umlaufenden<br />

Theke mit Barhockern eingefasst. Die Außenwände<br />

säumen lange Bänke, kleine Tische und ein<br />

Mix aus Loungesesseln und Hockern. Zwischen Bar<br />

und Restaurantbereich sind punktuell weitere Sitzgruppen<br />

sowie einige Grünpflanzen verteilt.


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

71<br />

Bar- & Restaurantdesign<br />

Die Gestaltung des Lokals entwickelt sich rund um<br />

die Originalstruktur des Bestands, die bestmöglich<br />

erhalten bleiben sollte. Gewölbte Decken, rohe Ziegelwände<br />

und nackter Beton prägen sämtliche Bereiche.<br />

In indirektes Licht getaucht, verleihen sie dem Restaurant<br />

einen besonderen Charme. Dazu kombinierten<br />

die jungen Kiewer Architekten Holz, Kupfer und<br />

Leder. Die Tische, Lampen und Stühle setzen in den<br />

geschichtsträchtigen Räumlichkeiten warme Akzente<br />

und kreieren eine einladende Atmosphäre. Für einen<br />

Stilbruch sorgt eine Struktur aus roten Metallgittern.<br />

Sie ist mit ihren 3 Metern Höhe in den Raum eingesetzt<br />

und beinhaltet die Toiletten der Virign Izakaya<br />

Bar. Vom Design traditioneller Tempel inspiriert, komplettiert<br />

der WC-Kubus den einmaligen Treffpunkt,<br />

der einen Hauch japanischer Kultur in die ukrainische<br />

Metropole bringt.


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72<br />

Produkt News<br />

Smart ausgebaut<br />

Das neueste SmartHome-Projekt in der Innsbrucker Anichstraße hat eine bewegte<br />

Geschichte hinter sich. Der erste Kontakt zum ausführenden Architekten Christian<br />

Rose wurde bereits 2017 geknüpft; geplant war der Ausbau eines Dachgeschosses.<br />

Für den Kunden war damals vor allem eine komfortable Musik- und Soundsteuerung<br />

wichtig. Außerdem sollte der Ausbau eine Gasheizung umfassen sowie Elektroinstallationen,<br />

die allerdings nicht über die Basics hinausgingen.<br />

Bei den Kundengesprächen kam die Rede dann unweigerlich<br />

auf die zahllosen Möglichkeiten einer<br />

gewerkeübergreifenden Haustechnik, die weit über<br />

Musik- und Soundsteuerung hinausreichen. Diese<br />

weckten das Interesse des Kunden an KNX und führten<br />

dazu, dass das Projekt deutlich erweitert und neu<br />

geplant wurde. Schließlich sollte nun zusätzlich eine<br />

Klimaanlage eingebaut werden, und auch die Themen<br />

Wärmepumpe sowie Komfortwohnraumlüftung<br />

wurden in die Planung einbezogen.<br />

Die Basis für die Investitionsbereitschaft des Kunden<br />

bildeten präzise Kostenschätzungen und maßgeschneiderte<br />

Angebote durch die SmartHome-Experten<br />

von Siblik. Zudem ist die Investition in ein<br />

SmartHome auch eine Investition in die Zukunft,<br />

denn dank des KNX-Standards, den mittlerweile rund<br />

500 Hersteller weltweit nutzen, kann das System jederzeit<br />

erweitert werden.<br />

Durch die Lage mitten in der Innsbrucker Innenstadt,<br />

an einer viel befahrenen Straße, wurde eine Lüftungsanlage<br />

WS 320 von Maico eingebaut, deren Frischluftzufuhr<br />

automatisch über Sensoren gesteuert<br />

wird, die den CO 2 -Anteil in der Luft messen. Für die<br />

optimale Raumtemperatur sorgt die Luftwärmepumpe<br />

Terra ML 8-13 von IDM. Sie nutzt die thermische<br />

Energie aus der Luft sowohl für die Raumheizung als<br />

auch die Kühlung. Für die Beleuchtung wurde das<br />

bewährte und flexibel einsetzbare DALI-System von<br />

B.E.G verbaut, das sich via KNX konfigurieren und<br />

steuern lässt. Bei den Schaltern und Steckdosen wurde<br />

mit der Q.3-Serie von Berker auf klassische Eleganz<br />

gesetzt, die sich perfekt in die einzelnen Räume<br />

einfügt und ihnen zugleich ein besonderes Ambiente<br />

verleiht. Abgerundet wird das SmartHome durch die<br />

topmoderne Sprechanlage Elcom One aus hochwertigem<br />

Edelstahl.<br />

Siblik SmartHome<br />

T 0800 20 16 44<br />

smarthome@siblik.com<br />

smarthome.siblik.com


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

73<br />

Produkt News<br />

Fotos: Boris Storz<br />

Nachhaltig und zukunftsorientiert<br />

In Leinfelden-Echterdingen, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Landeshauptstadt<br />

Stuttgart und nahe der Messe Stuttgart sowie des Flughafens, ist aktuell<br />

das Projekt „Vision One“ fertiggestellt worden. Neben Büros beherbergt das<br />

Projekt ein Apartment-Hotel sowie ein Restaurant für Campus-Nutzer und Gäste.<br />

Lasselsberger lieferte für das Objekt über 3.500 m 2 Rako-Fliesen, die in allen Nutzungsbereichen<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Das Projekt stellte hohe Anforderungen an die eingesetzten<br />

Fliesen und deren Verlegung. Vor allem<br />

die architektonisch anspruchsvollen Treppenhäuser<br />

bedingten eine präzise Verlegearbeit und optimal<br />

verarbeitbare Produkte. Logistische Besonderheiten<br />

und enge Zeitpläne waren ebenso zu meistern. Denn<br />

die Nasszellen für das Vision One sind mit Fertigbädern<br />

von Tairos erstellt und waren bereits in den<br />

Rohbau zu integrieren. Ausgestattet mit den Serien<br />

„Base“ und „Color one“ von Rako, waren die Fliesen<br />

dadurch lange vor Start des Innenausbaus beim Fertigbadhersteller<br />

anzuliefern. Bei den Bädern wurde<br />

bewusst auf modische Designs oder außergewöhnliche<br />

Farben verzichtet. Dem entsprechend wurde<br />

eine moderne Fliesenoptik gewählt, die eine zeitlose<br />

Eleganz in den Bädern erzeugt.<br />

In der Lobby des Apartment-Hotels ersetzte die<br />

Rako-Fliesenserie „Saloon“ mit ihrer authentischen<br />

Holzoptik ein ursprünglich geplantes Laminat ähnlicher<br />

Anmutung. In Hinblick auf Dauerhaftigkeit,<br />

Produktnachhaltigkeit und eine leichte Reinigung<br />

erweist sich eine Fliese in solchen Projekteinsätzen<br />

oftmals als die bessere Lösung.<br />

LASSELSBERGER, s.r.o.<br />

info@rako.eu<br />

www.rako.eu


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74<br />

Produkt News<br />

Individualität im Badezimmer<br />

Nach persönlichen Wünschen gestaltete Dinge liegen im Trend. Im Bad lässt sich<br />

dies nicht nur über farbenfrohe Wannen und Waschbecken ausdrücken, sondern vor<br />

allem über funktionale Badprodukte. Wie aber Badprodukte wie Badewanne oder<br />

Dusche individuell werden können, darüber sprachen wir mit Gunther Stolz, geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Repabad GmbH.<br />

Herr Stolz, in Ihrem Produktsortiment dominiert<br />

die Farbe Weiß. Gehen Sie den Trend<br />

nach Individualität nicht mit?<br />

Selbstverständlich gehen wir mit dem<br />

Trend! Wir setzen auf moderne Produkte in<br />

zeitlosen Farben und bringen Individualität<br />

durch Formen, Abmessungen und vor allem<br />

durch Funktionalität ins Badezimmer. Ein<br />

individuelles Produkt greift nach unserer<br />

Definition zugleich den Gesundheitstrend<br />

auf. Denn Wohlbefinden für Körper, Geist<br />

und Seele ist auch gerade ein wichtiges<br />

Thema und in aller Munde.<br />

Benötigt man dann ein großzügiges Bad,<br />

damit alle Produkte integrierbar sind?<br />

Nein, wir können auch Kleinbad. Unsere<br />

Ausstattungsoptionen sind in der Dusche<br />

und in der Badewanne kompakt verbaut.<br />

Dafür brauche ich keine zusätzliche Fläche.<br />

Für die Badewanne etwa bieten wir verschiedene<br />

Massagesysteme und der Kunde<br />

entscheidet, welche Massagefunktion am<br />

besten passt. Wir stellen die Funktionen<br />

zur Verfügung, beraten und bauen das gewünschte<br />

Massage- oder Whirlsystem im<br />

Werk in unsere Badewanne ein.<br />

Und wie gestaltet man eine<br />

Dusche funktional?<br />

Auch hier gilt das gleiche Prinzip, die Basis<br />

ist die Dusche. Dann kommt es darauf an,<br />

welche weiteren Gesundheits- und Wohlfühlaspekte<br />

ich in meinem Badezimmer haben<br />

möchte. Zum einen bieten wir Infrarotpaneele<br />

an, die sich in die Dusche einbauen<br />

lassen, entweder Unter- oder Aufputz.


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

75<br />

Produkt News<br />

Wir machen aber auch aus der Dusche ein komplettes<br />

Dampfbad. Hier ist wieder die Dusche die Basis.<br />

Dann wird eine Glaskabine benötigt, ein Dach, eine<br />

Sitzmöglichkeit und natürlich alles entscheidend, die<br />

Dampftechnik. Auf diesem Gebiet sind wir führend,<br />

wir profitieren von unserer jahrzehntelangen Erfahrung<br />

im Dampfbadbau.<br />

Und wie funktioniert ein Dampfbad?<br />

Das Prinzip ist ganz einfach. Der Dampfgenerator<br />

bringt Wasser zum Kochen. Der Wassersdampf gelangt<br />

über die Dampfdüse in die dichtschließende<br />

Dampfbadkabine und breitet sich aus. Über das<br />

Bedienfeld im Dampfbad lässt sich die gewünschte<br />

Temperatur individuell regeln. Zudem haben wir<br />

auch im Dampfbad weitere Ausstattungsoptionen,<br />

die noch zusätzliche Wohlfühl-Funktionen bringen.<br />

Infrarot, Sole, Aroma- und Farblichttherapie sprechen<br />

weitere Sinne an, fördern das Wohlbefinden<br />

und wirken präventiv. Wir vereinen Dusche, Dampfbad,<br />

Salzgrotte und Infrarotkabine kompakt in einem<br />

Produkt und die Nutzer genießen diese Wohlfühlanwendungen<br />

zuhause im eigenen Bad: 365 Tage pro<br />

Jahr, 24 Stunden am Tag. So sieht für mich individuelles<br />

Wohlfühlen aus.<br />

repaBAD GmbH<br />

T +43 (0)800 29 35 18<br />

info@repabad.com<br />

www.repabad.com<br />

Schöne Schale, harter Kern.<br />

Die SPC - CORE COLLECTION ist die<br />

schnelle und saubere Boden-Lösung.<br />

Einfach zu verlegen und sofort begehbar.<br />

www.project-floors.com.


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76<br />

Produkt News<br />

© Damian Poffet<br />

Transparenz in ihrer schönsten Form<br />

Das traditionsreiche Schweizer Familienunternehmen swissFineLine schafft mit<br />

rahmenlosen Fensterfronten einzigartige Raumkonzepte mit grenzenloser Aussicht.<br />

Mit unverwechselbarer Schlichtheit lassen die Premium-Schiebefenster das<br />

Innen mit dem Außen verschmelzen.<br />

Die filigranen Profile fügen sich nahtlos in Wände,<br />

Böden und Decken, während die großflächigen Verglasungen<br />

von bis zum 20 m 2 spektakuläre Landschaftskulissen<br />

zu einem grandiosen Wohnerlebnis<br />

inszenieren. Dabei gleiten die großen Fensterelemente,<br />

die sich beispielsweise per App oder Knopfdruck<br />

steuern lassen, nahezu lautlos auf den im Fußboden<br />

verborgenen Führungsschienen. Für ganzheitliche<br />

architektonische Qualität bietet der Hersteller reichhaltiges<br />

Zubehör mit vielfältigen Komponenten zur<br />

Beschattung, Verdunkelung sowie für den Sicht- und<br />

Insektenschutz.<br />

Für die notwendige Sicherheit im Einklang mit filigranem<br />

Architekturdesign sorgt „swissFineLine Protect“,<br />

gemäß dem Credo: grenzenlos von innen, chancenlos<br />

von außen. Mit höchstem Einbruchschutz, sicherheitsüberwachter<br />

Mehrpunkt-Verriegelung und<br />

Durchschuss-Hemmung wird ein Höchstmaß an Personen-<br />

und Objektschutz garantiert. Auch bezüglich<br />

Wärmedämmung und Energieeffizienz kommt man<br />

auf seine Kosten.<br />

swissFineLine verkörpert wahre Swissness: Qualität,<br />

Zuverlässigkeit und Präzision. Im Bereich der Glas<strong>architektur</strong><br />

zählt die Manufaktur zu den Meistern der<br />

Kunst. Das in vierter Generation geführte Unterneh-<br />

men verbindet traditionelle Werte mit professioneller<br />

Innovation, um einzigartige Architekturlösungen<br />

zu schaffen. Das ist das Erfolgsrezept, sowohl in als<br />

auch außerhalb der Schweiz. Die Mission ist es, den<br />

Menschen ein grenzenloses Raumerlebnis voller<br />

Licht, Luft und Atmosphäre zu ermöglichen.<br />

swissFineLine GmbH AT<br />

T+43 (0)2236 377 481<br />

info@swissfineline.at<br />

www.swissfineline.at<br />

© swissFineLine


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

77<br />

Produkt News<br />

Luxus mit alpinem Charme<br />

Die beiden Arula Chalets in Oberlech am<br />

Arlberg fügen sich stilistisch in die Architektur<br />

von Lech ein und erfüllen so die<br />

strengen Baurichtlinien der Gemeinde.<br />

Zum Einsatz kamen vorwiegend Naturbaustoffe:<br />

Steine, (Alt-)Holz und textile<br />

Elemente machen rund 90 % der Materialien<br />

aus. Besonderen Wert legte Architektin<br />

Sibylle Schaschl auf die Sichtbarkeit<br />

der traditionellen Handwerkskunst:<br />

Das wird in der Natursteinfassade ebenso<br />

erkennbar wie in den Holztreppen oder<br />

dem Möbeldesign. Alpiner Charme geht<br />

hier Hand in Hand mit urbanem Komfort.<br />

Der luxuriösen Ausstattung der Ferien-<br />

Chalets entsprechend ist auch die Outdoor-Lounge<br />

gestaltet. Intelligenten<br />

Sonnen- und Regenschutz bietet dort ein<br />

Lamellendach von Warema: Passgenau<br />

wurde das Lamellendach Lamaxa L 70<br />

mit den Maßen 4,5 x 5,675 m eingebaut,<br />

das mit einer zulässigen Schneelast von<br />

max. 50 kg/m² in geschlossenem Zustand<br />

bestens für winterliche Witterungsverhältnisse<br />

gerüstet ist. Zudem fügt sich<br />

das geradlinige und puristische Design<br />

des smarten Lamellendachs harmonisch<br />

in die Architektur ein.<br />

WAREMA Austria GmbH<br />

T +43 (0)662 853015-0<br />

info@warema.at<br />

www.warema.at<br />

Individuelle<br />

Dampfbäder auf Maß,<br />

auch mit Infrarot<br />

Duschen & Dampfbaden bei optimaler<br />

Raumaus nutz ung – unsere Dampfbäder<br />

passen dank vielfältiger Gestaltungs möglichkei<br />

ten in nahe zu jedes Bad. Infrarot<br />

vereint die entspannende Wirkung von<br />

Was ser dampf mit heilsamer Tiefenwärme.<br />

+ Wannen, Whirlpools, Waschtische, Möbel +<br />

www.repabad.com<br />

SEIT<br />

1963


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78<br />

Produkt News<br />

Die Festverglasung über der Hebe-Schiebe-Tür sorgt<br />

mit großzügigen Glasflächen für einen lichtdurchfluteten<br />

Innenraum und außergewöhnliche Perspektiven.<br />

Fließende Übergänge<br />

Durch Umbau und Modernisierung hat ein in die Jahre gekommenes Einfamilienhaus<br />

am Bodensee ein vollkommen neues Gesicht mit Neubauqualitäten erhalten.<br />

Einen großen Anteil an der modernen Optik hat die Fassadengestaltung: durch<br />

das Zusammenspiel der vertikalen Holzfassade mit großen Aluminium-Holz-Fenstern,<br />

Festverglasungen und Hebe-Schiebe-Türen mit geradlinigem, puristischem<br />

Design, die die Innenräume mit viel Tageslicht versorgen.<br />

Für eine reduzierte Formensprache mit großem<br />

Glasanteil sorgen Aluminium-Holz-Fenster von<br />

Kneer-Südfenster im System AHF 105 S Integral in<br />

Holzart Eiche. Mit schmalen Rahmen und viel Glas<br />

wirken sie puristisch in der Fassade und zeigen auch<br />

auf der Innenseite Geradlinigkeit. Da sich der Blendrahmen<br />

an drei Seiten überdämmen lässt, ist von<br />

außen fast nur noch Glas zu sehen. Auf diese Weise<br />

bezieht das Integral-Fenster die Umgebung des Bodensees<br />

optimal in den Wohnraum ein. Festverglasungen<br />

aus Aluminium-Holz im System AHF 115 Sky<br />

sorgen zudem mit großen Abmessungen für ungewöhnliche<br />

Perspektiven.<br />

Süd-Fensterwerk GmbH & Co. Betriebs-KG<br />

T +49 (0)7950 81 0<br />

info@suedfenster.de<br />

www.kneer-suedfenster.de


BEST<br />

www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

79<br />

Produkt News<br />

Der<br />

vielseitige<br />

Dichter.<br />

Michael Koller<br />

Geschäftsführer,<br />

AM-Technik,<br />

Wiener Neustadt<br />

Fotos: Alex Gretter<br />

Kufsteins grüne Wohnoase<br />

In Kufstein an der Weißache wurde Tirols<br />

größter Vollholzwohnbau fertiggestellt:<br />

Fünf hochmoderne Geschosse komplett<br />

aus Holz errichtet – einzig für die Treppenläufe<br />

kommen Betonfertigteile zum<br />

Einsatz. Das wegweisende Wohnbauprojekt<br />

von Bauherr Unterberger Immobilien<br />

erfüllt höchste Standards in Sachen<br />

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit und<br />

strebt die klimaaktiv-Zertifizierung in<br />

Gold an. Eine Schlüsselposition nimmt<br />

hier die geplante Fassaden- und Dachbegrünung<br />

ein.<br />

Der Tiroler Dämmstoff-Spezialist Steinbacher<br />

lieferte 560 m 2 seines grauen Effizienzwunders<br />

steinopor® EPS-W 30 plus<br />

für die Gefälledämmung des Großprojekts<br />

in Kufstein. Diese grauen Dämmplatten<br />

mit integrierten Infrarotreflektoren gewährleisten<br />

eine um 14 % bessere Dämmwirkung<br />

als weiße Styroporplatten. Da für<br />

den erforderlichen U-Wert die energetisch<br />

mittlere Dicke der Gefälledämmung<br />

berücksichtigt wird, kann im Vergleich zu<br />

herkömmlichen Gefälleschichten zusätzlich<br />

Aufbauhöhe eingespart werden.<br />

Verbaut wurden die Hochleistungsdämmplatten<br />

von den Dachdeckerprofis<br />

der Hermann Dagn GmbH, die auch bei<br />

diesem Projekt auf das Planungs-Knowhow<br />

von Steinbacher vertrauten. „In der<br />

von uns erstellten Gefälleplanung wurden<br />

die einzelnen Flächen erfasst und dämmtechnisch<br />

auf die jeweiligen Bedingungen<br />

hin optimiert. Die Gefälledämmplatten<br />

wurden gemäß Verlegeplan beschriftet,<br />

gestapelt und schließlich an die Baustelle<br />

ausgeliefert“, erläutert Steinbacher-Geschäftsführer<br />

Mag. Roland Hebbel.<br />

Steinbacher Dämmstoff GmbH<br />

T +43 (0)5352 700-0<br />

office@steinbacher.at<br />

www.steinbacher.at<br />

BEST<br />

Meine Kunden nennen<br />

mich den „schnellen<br />

Dichter“. Diese innovative<br />

flüssig aufzubringende Bauwerksabdichtung<br />

ist aber auch wirklich ein<br />

Gedicht: auf sämtlichen mineralischen,<br />

saugenden oder nichtsaugenden oder<br />

mattfeuchten Untergründen einsetzbar,<br />

ist die Spezialabdichtung WD-1K von<br />

MUREXIN für verschiedenste senkrechte<br />

und waagrechte Wand- und<br />

Bodenbereiche geeignet. Und das auch<br />

noch umweltfreundlich, dauerelastisch,<br />

rissüberbrückend, verarbeitungsfertig,<br />

komfortabel, zeit- und kraftsparend und<br />

vieles mehr. Das hält!<br />

Mehr erfahren über<br />

die BEST4YOU<br />

Produktreihe unter<br />

murexin.at/best4you<br />

Das hält.


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80<br />

Produkt News<br />

Schmuckstück mit Designboden<br />

BRINCKMANN & LANGE steht für Tradition, Qualität und hochwertige Schmuckstücke:<br />

Die CHRIST-Tochter bietet an mittlerweile sechs Standorten hochwertige<br />

Marken wie Cartier, Breitling oder IWC Schaffhausen.<br />

Um den hochwertigen Produkten den passenden<br />

Raum zu geben, wurde 2020 in Leipzig auf 121 Quadratmetern<br />

ein edles Flagship-Store-Konzept umgesetzt.<br />

Gemeinsam mit der HEIKAUS Architektur<br />

GmbH, den Experten für hochwertige und schlüsselfertige<br />

Ladenbaukonzepte, haben die Verantwortlichen<br />

eine Designsprache für das Unternehmen gefunden,<br />

die für viel positives Feedback sowohl in der<br />

Branche als auch bei den Kunden sorgt.<br />

Der besondere Charakter entsteht dabei über das<br />

Konzept selbst. Chefarchitekt Detlef Becker sagt:<br />

„Wir haben einen ganz bestimmten Kundentypus im<br />

Kopf gehabt, der Qualität schätzt, sich aber nicht<br />

über den Status definiert. Entsprechend sollte dies<br />

ein Ort des Wohlfühlens werden. Diesen Gedanken<br />

haben wir in ein klassisches, privates Wohnkonzept<br />

mit Stil übersetzt und Zimmer wie in einem Zuhause<br />

erschaffen. Eine Mischung aus Geerbtem und Geliebtem,<br />

Altem und Neuem. Genau aus diesem Grund haben<br />

wir uns bei der Auswahl des Bodens vollflächig<br />

für einen Designboden von PROJECT FLOORS entschieden,<br />

der genau das untermauert. Eine stilvolle<br />

Fischgrät-Optik mit dem Dekor PW 3615/HB, die fein<br />

aussieht und gleichzeitig robust genug ist, vielen<br />

‚Wohnzimmer-Besuchen‘ standzuhalten.<br />

PROJECT FLOORS GmbH<br />

T +49 (0)2233 9687-0<br />

info@project-floors.com<br />

www.project-floors.com


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

81<br />

Produkt News<br />

+<br />

Fotos: Robert Tober<br />

Brandschutzkonzept mit Zeitreise<br />

Das ehrwürdige Haus am Schottentor, erbaut in den Jahren 1910–1912 für den<br />

Wiener Bankverein, wurde in den vergangenen drei Jahren umfassend revitalisiert.<br />

Der frühere Kassensaal, in dem über hundert Jahre lang Bankgeschäfte<br />

abgewickelt wurden, beherbergt nun eine exklusive Gastronomie-Zone mit<br />

Nahversorger, der einstige Tresorraum ein Fitnessstudio. Hinzu kommen flexible<br />

Büroflächen. Das Wiener Ingenieurbüro Hoyer Brandschutz hatte die Aufgabe, das<br />

historische Gebäude brandschutztechnisch zu modernisieren.<br />

Zurück in die Errichtungsjahre<br />

„Alles neu“ war dabei aber nicht die Devise, denn viele<br />

Bereiche des Gebäudes stehen unter Denkmalschutz.<br />

Dazu zählt neben dem Kassensaal im Hochparterre<br />

vor allem das prunkvolle Oktogon in der ehemaligen<br />

Direktionsetage. Für das Brandschutzkonzept musste<br />

der Blick zunächst in die Vergangenheit gerichtet<br />

werden. Die sprichwörtlich größte Baustelle war der<br />

Erhalt der Eisenbetonrippendecke über dem Hochparterre.<br />

Sie wurde mit einer brandschutztechnischen<br />

Einzelbewertung in aufwendiger Kleinarbeit analysiert.<br />

Dabei prüfte Projektleiterin Margit Petrak-Diop<br />

über 140 Seiten mit statischen Berechnungen aus<br />

dem Jahr 1913, verortete jeden Bauteil in den damaligen<br />

Plänen und rekonstruierte so den Feuerwiderstand<br />

der Decke Stück für Stück. „Erst dann konnten<br />

wir planen, denn nun waren wir in der Lage zu beurteilen,<br />

wo der Schutz ausreicht und wo Teile der Decke<br />

ertüchtigt werden müssen“, so Petrak-Diop.<br />

Die Glasdecke im Oktogon steht auf der Kippe<br />

Ein planerischer Drahtseilakt war auch die Decke<br />

des Oktogons, die mit einem denkmalgeschützten<br />

Glasfeld abschließt. „Glas kann Feuer nicht viel entgegensetzen<br />

– trotzdem musste die Decke im Brandfall<br />

neunzig Minuten Feuerwiderstand bieten“, erklärt<br />

Petrak-Diop. Nach einer Analyse der Konstruktion<br />

wurde die Decke in drei Strukturebenen – Glasfeld,<br />

Hauptträger und Sekundärträger – eingeteilt und<br />

die eigentliche Tragstruktur festgelegt. Diese wurde<br />

ertüchtigt und über der Glasdecke ein Hohlboden<br />

eingezogen, der den nötigen Feuerwiderstand für<br />

den Raumabschluss bietet. Dass sich eine genehmigungsfähige<br />

Lösung findet, war lange unklar, erinnert<br />

sich Petrak-Diop: „In Zusammenarbeit mit dem<br />

Architekten, erfahrenen und geprüften Professionisten<br />

und der Behörde haben wir wirklich alle Planungs-<br />

und Ertüchtigungsoptionen ausgeschöpft.“<br />

Hoyer Brandschutz GmbH<br />

www.hoyer-brandschutz.at


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82<br />

Produkt News


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Offene<br />

Lernstrukturen<br />

Beim neuen Anbau der IGS Augustfehn im niedersächsischen<br />

Apen wurden innovative Schul<strong>architektur</strong> und<br />

zeitgemäße Pädagogik vereint: anstelle einer starren<br />

Trennung in Flure und Klassenräume setzt das moderne<br />

Konzept auf differenzierte Lernlandschaften.<br />

Der Grundgedanke des Architekten-Teams war es,<br />

eine offene „Clusterstruktur“ zu schaffen, in der einzelne<br />

Einheiten zu einem größeren Bereich zusammengefasst<br />

sind. Darauf basierend entstand mit einer<br />

Nutzfläche von 2.350 m² ein zweigeschossiger<br />

Anbau mit Klassen- und Fachräumen, Lehrerbereiche<br />

sowie eine Cafeteria mit Lehrküche.<br />

Für Transparenz und Variabilität setzten die Architekten<br />

auf die mobilen Trennwandsysteme Variflex<br />

und Variflex Glass von Dorma Hüppe, die eine<br />

schnelle und flexible Anpassung an differenzierte<br />

Lernformen ermöglichen. Dabei ergänzen sich die<br />

blickdichten Wandelemente perfekt mit den Glaselementen<br />

und sorgen für eine freundliche Raumgestaltung.<br />

Durch die Zusammenschaltung von (Klassen-)<br />

Räumen werden Flächen geschaffen, auf denen vielfältige<br />

Unterrichtsformen praktiziert werden können.<br />

83<br />

kunstdesdämmens#2<br />

DIE<br />

KUNST<br />

DES<br />

GUTEN ..<br />

DAMMENS<br />

Produkt News<br />

Die blickdichten Variflex Elemente sind in Apen mit<br />

akustisch wirksamen Oberflächen ausgestattet.<br />

Die Variflex Akustik sorgt hier für eine gute Schallabsorption<br />

und verbessert die Sprech- und Hörbedingungen.<br />

Mit ihren präzisen Lochbildern und<br />

eleganten Oberflächen tragen sie auch optisch zur<br />

Wohlfühlatmosphäre im Raum bei.<br />

DORMA Hüppe Austria GmbH<br />

T +43 (0)732 600-451<br />

office@dorma-hueppe.at<br />

www.dorma-hueppe.at<br />

Unsere Rohstoffe in<br />

einem künstlerischen<br />

Licht. Polystyrol-<br />

Granulat und viel<br />

Luft: daraus machen<br />

wir den effizientesten<br />

Dämmstoff und einen<br />

Hidden Champion für<br />

jeden Bau und seine<br />

Menschen. Mehr unter:<br />

kunstdesdämmens.at


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84<br />

Produkt News<br />

Klare Form und gerade Linien<br />

Wärmedämm-Verbundsysteme sorgen für umweltschonenden Wärmeschutz, verbessern<br />

den energetischen Standard und bieten Langzeitschutz für die Fassade.<br />

Doch nicht nur in puncto Energieeffizienz können sich wärmegedämmte Fassaden<br />

sehen lassen: Unzählige Beispiele zeigen, wie sich Gebäude durch eine individuell<br />

gestaltete Fassade aufwerten lassen.<br />

Eines dieser Beispiele, mit einer im wahrsten Sinne<br />

des Wortes beeindruckenden Fassadengestaltung, ist<br />

ein Einfamilienhaus in Berlin. Der Architekt hatte die<br />

Idee, die geradlinige, schlichte Kubatur des Einfamilienhauses<br />

durch eine individuelle Bossierung in Szene<br />

zu setzen. Seine Vision: Das Streifenmuster verleiht<br />

dem Wohnhaus einen einmaligen Charme und macht<br />

es interessant. Durch die individuell angefertigten<br />

Bossenplatten entstehen zudem <strong>architektur</strong>begleitende<br />

Strukturen, die Licht und Schatten bilden.<br />

Zunächst war jedoch die Frage zu beantworten:<br />

Wie kann die gewünschte vollflächige Bossierung<br />

umgesetzt werden? Diese Frage erörterte der beauftragte<br />

Malermeisterbetrieb gemeinsam mit der<br />

Technischen Beratung von Brillux. Dabei wurde<br />

schnell klar, dass die Rillen mit einer reinen Putzapplikation<br />

zu flach sein würden, um den gewünschten<br />

optischen Effekt zu erzielen. Umgesetzt wurde<br />

dieser Effekt in der Polystyrol-Dämmschicht, wobei<br />

auf der gesamten Fassade jede einzelne Bossenlinie<br />

per Hand mit dem Heißschneider erstellt wurde.<br />

Lediglich der oben aufgesetzte Gebäudeteil blieb<br />

ohne Bossierung sowie die Bereiche über den Fenstern,<br />

die aufgrund der Kästen für die Jalousien<br />

ebenfalls nicht bossiert werden konnten. Die Fassadenfarbe<br />

wurde in einem für diesen Wohnbau angemessenen,<br />

eher unauffälligen hellen, sandfarbenen<br />

Ton gewählt und passt somit optimal zu den weichen<br />

Konturen der Fassade.<br />

Brillux Farben GmbH<br />

T +43 (0)732 370740-0<br />

info@brillux.at<br />

www.brillux.at


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

85<br />

Produkt News<br />

Fotos: Elmar Witt<br />

Wegweisende Bodengestaltung<br />

Düsseldorf kann mit einem neuen kulturellen Highlight aufwarten: Das ehemalige<br />

Postgebäude am Konrad-Adenauer-Platz wurde in vierjähriger Renovierungszeit<br />

zu einem modernen Kultur- und Bildungszentrum umgebaut. Herzstück ist<br />

die deutlich vergrößerte Zentralbibliothek, die sich über das zweite und dritte<br />

Obergeschoss des Gebäudes erstreckt. Mit mehr als 300.000 Medien, vielen<br />

gemütlichen Sitzbereichen sowie einem Café und einem Dachgarten lädt sie zum<br />

Wohlfühlen und Verweilen ein.<br />

Spektakulärer Blickfang im zweiten Obergeschoss<br />

ist die fast 5.000 m 2 große Raumintarsie. Die in den<br />

hellgrauen Kautschuk-Belag noraplan lona integrierten<br />

anthrazitfarbenen „Schienen“ dienen dabei<br />

nicht nur als Leitsystem der Orientierung, sondern<br />

verweisen gleichzeitig auf den Standort des Gebäudes<br />

in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs. „Die<br />

Kautschuk-Beläge sind in der Zentralbibliothek maßgeblicher<br />

Bestandteil des Raumkonzepts“, erläutert<br />

Projektleiterin Gabriele Ackermann von Schrammel<br />

Architekten. Jede Abteilung hat ihr eigenes Farbkonzept.<br />

In den Lesebereichen für Erwachsene wurde<br />

noraplan lona in einem freundlichen Grün sowie in<br />

Erdtönen verlegt, die Jugendbibliothek erhielt braune,<br />

das „LibraryLab“ rote und die Kinderbibliothek<br />

grüne Bodenbeläge. Highlight und absoluter Blickfang<br />

ist eine fast fünf Meter breite Freitreppe mit<br />

Kautschuk-Belägen in leuchtendem Sonnengelb.<br />

In der Kinderbibliothek schlängelt sich eine blaue<br />

„Fluss-Intarsie“ durch die „Wiese“. Möglich wurde<br />

dies durch die High-Tech-Technologie aus dem Intarsiencenter<br />

des Weinheimer Kautschuk-Spezialisten:<br />

Auf Ultraschall-Schneideanlagen werden dort<br />

in höchster Präzision Motive, Logos und Schriftzüge<br />

jeglicher Art hergestellt.<br />

Bei der Renovierung der Zentralbibliothek war die<br />

Verwendung umwelt- und gesundheitsverträglicher<br />

Materialien ein zentraler Aspekt. Die mit dem „Blauen<br />

Engel“ ausgezeichneten noraplan Kautschuk-Beläge<br />

enthalten keine Phthalat-Weichmacher und sind äußerst<br />

emissionsarm. Zudem sind alle nora Bodenbeläge<br />

im Rahmen des Programms Carbon Neutral Floors<br />

über den gesamten Lebenszyklus CO 2 -neutral.<br />

nora flooring<br />

systems GesmbH<br />

+43 (0)7242 74 001-0<br />

info-at@nora.com<br />

www.nora.com<br />

++


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

86<br />

Produkt News<br />

Im Feuer glasiert<br />

Mit Fire Glazed bietet GIMA eine neue faszinierende Oberflächenvariante für unikate<br />

Klinker. Durch die neuartige Brennmethode – eine Kombination aus Kohle-Salzbrand<br />

und Glasur – entsteht eine individuelle Optik mit glasierten und gebrochenen<br />

Oberflächen im Wechsel, mit Salz- und Kohlebrand, mit Kanten und Kerben.<br />

Die Klinker werden dabei vor dem Brennvorgang mit<br />

einer Glasur überzogen. Diese wird ebenso wie Kohle<br />

und Salz in die Klinker miteingebrannt und führt<br />

dazu, dass diese stellenweise verkleben. Nach dem<br />

Brennvorgang müssen die Klinker teilweise wieder<br />

auseinandergebrochen werden. So entsteht die neuartige<br />

und absolut individuelle Optik mit glasierten<br />

und gebrochenen Oberflächen, die dazu ein Farbspiel<br />

aus hellen und dunklen Farbtönen bieten – hier ist<br />

wirklich jeder Klinker ein Unikat.<br />

Nicht nur bei der Oberflächengestaltung geht GIMA<br />

individuell auf die Wünsche der Planer ein. Auch bei<br />

der gewünschten Farbe wird so lange im hauseigenen<br />

Farblabor angepasst und verfeinert, bis das Ergebnis<br />

zu 100 Prozent passt. Der Auswahl und Intensität<br />

der Farben sind dabei kaum Grenzen gesetzt.<br />

Dass die Farben ein Klinkerleben lang halten, dazu<br />

trägt auch das aufwendigere und heute nur noch<br />

selten angewandte Kohle-Salzbrandverfahren bei –<br />

für besonders widerstandsfähige, unikate Fassadenund<br />

Pflasterklinker.<br />

GIMA Girnghuber GmbH<br />

T +49 (0)8732 24-0<br />

info@gima-ziegel.de<br />

www.gima-ziegel.de


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

87<br />

Produkt News<br />

Schützt, dämmt und erzeugt Strom<br />

In Österreich sollen bis 2030 jährlich zusätzlich 11 TWh elektrische Energie durch<br />

Photovoltaik erzeugt werden. Neben den klassischen Lösungen auf Dächern kommen<br />

dafür auch gebäudeintegrierte Lösungen für Fassaden infrage – die nutzbare<br />

Fassadenfläche ist in der Regel größer als die zur Verfügung stehende Dachfläche.<br />

Bereits seit zehn Jahren verwandeln photovoltaisch<br />

aktive StoVentec-Systeme Gebäude-Fassaden in<br />

ertragreiche Stromlieferanten. <strong>2022</strong> geht nun die<br />

nächste Generation von vorgehängten hinterlüfteten<br />

Fassaden (VHF) mit integrierter Ökostrom-Erzeugung<br />

an den Start. Das auf gerahmten, monokristallinen<br />

PV-Modulen basierende System StoVentec<br />

Photovoltaics Inlay übertrifft den Wirkungsgrad bisher<br />

eingesetzter Modelle um fast 40 Prozent. Der<br />

Wechsel der Modultechnologie optimierte außerdem<br />

das Preis-Leistungs-Verhältnis.<br />

Die fugenbetonte VHF besteht aus einer Dämmschicht<br />

sowie einer Unterkonstruktion mit patentierten<br />

Einlegeschienen. Sie umfassen die PV-Doppelglasmodule<br />

und schützen sie gegen seitliches<br />

Verschieben. Die neuen Module im Format 1.668 x 994<br />

Millimeter und mit einer Nennleistung von 305 Wp<br />

lassen sich sowohl im Hoch- als auch im Querformat<br />

montieren, sind schwarz eingekapselt und haben<br />

auch einen schwarzen Rahmen. Zusätzlich sorgen<br />

geschwärzte Zellverbinder für eine homogene Optik.<br />

Eine Installation von 1 kWp braucht rund 6 m 2 Fassadenfläche,<br />

was vier Modulen entspricht.<br />

Die Photovoltaik-VHF gibt es bei Sto als Gesamtsystem<br />

– von der Unterkonstruktion über die Dämmung<br />

bis zu den Modulen. Das bedeutet: Alle vorangegangenen<br />

Qualitäts- und Funktionsprüfungen hatten<br />

stets das komplette System mit allen aufeinander<br />

abgestimmten Komponenten im Fokus.<br />

Sto Ges.m.b.H.<br />

T +43 (0)4242 33 133-0<br />

info.at@sto.com<br />

www.sto.at


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

88<br />

Produkt News<br />

Fotos: IBG - Gräßel OBJEKTPLANUNG<br />

Ein Dach für das Dach<br />

Bei einer umfassenden Prüfung des Tragwerks der Friedrich-Sponsel-Sporthalle<br />

im Zentrum Erlangens wurde festgestellt, dass die Dachkonstruktion aus Spannbeton<br />

unter besonderen, außergewöhnlichen Wetterereignissen nur noch eingeschränkt<br />

belastbar ist. Deshalb wurde nach einer freitragenden Dachkonstruktion<br />

gesucht, die in der Lage ist, bei möglichst kurzer Bauzeit eine Hallenlänge von<br />

knapp 31 Metern Länge zu überbrücken.<br />

Die Wahl fiel auf ein DOMICO Element-Dach, das als<br />

Leichtbau-Dachsystem für die erforderliche Entlastung<br />

des Bestandsdaches und weiterhin sichere Nutzung<br />

sorgt. Das kompakte Leichtbauelement erfüllt<br />

bei maximaler Vorfertigung und zeitsparender Montage<br />

höchste Anforderungen an Wirtschaftlichkeit,<br />

Wärme- und Wetterschutz. Das System besteht aus<br />

Tragprofilen, Kassetten, mineralischer Wärmedämmung<br />

sowie Halteprofilen und wird objektbezogen<br />

bereits im Werk mit allen vorgegebenen Durchbrüchen<br />

hergestellt. Darüber hinaus schützt eine dampfdiffusionsoffene<br />

Abdeckbahn die Konstruktion nicht<br />

nur beim Transport, sondern ermöglicht zudem eine<br />

witterungsunabhängige Verlegung. Durch die eigens<br />

entwickelte Unterspanntechnik sind Spannweiten bis<br />

33 m frei überbrückbar – perfekt für den Einsatz an<br />

der Friedrich-Sponsel-Halle.<br />

DOMICO Dach-, Wand- und Fassadensysteme KG<br />

T +43 (0)7682 2671-0<br />

office@domico.at<br />

www.domico.at


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89<br />

Produkt News<br />

Standfeste<br />

Reparaturmasse<br />

Das Einsatzgebiet der Reparaturmasse RS 90 F aus<br />

dem Hause Murexin ist außergewöhnlich vielfältig, da<br />

sie standfest, gut modellierbar, sehr feinkörnig und<br />

auf „Null“ ausziehbar ist: Von der Nivellierung, über<br />

das Füllen von Löchern und Unebenheiten bis zum<br />

Anspachteln und Ausbilden von Rampen ist damit alles<br />

möglich. Somit deckt ein Produkt auf der Baustelle<br />

eine ganze Reihe von Anwendungen ab – vom Neubau<br />

bis zur Sanierung. Außerdem erhärtet sie unabhängig<br />

von der Schichtdicke gleichmäßig und schnell.<br />

Ein rasches Weiterarbeiten ist sichergestellt.<br />

RS 90 F ist eine pulverförmige, kunstharzvergütete,<br />

sehr feinkörnige, standfeste, rasch trocknende<br />

Reparaturmasse. Nur im Innenbereich geeignet, auf<br />

Boden- und Wandflächen zum Ausbessern und Nivellieren<br />

von Treppen und Podesten, zum Füllen von<br />

kleineren Löchern und Unebenheiten in Estrich und<br />

Betonflächen, sowie fehlenden Estrichteilen, zum Anspachteln<br />

und Ausbilden von Rampen. Auch geeignet<br />

für Fußbodenheizung und Stuhlrollen.<br />

Murexin GmbH<br />

T +43 (0)2622 27401-0<br />

info@murexin.com<br />

www.murexin.com<br />

Andreas Jäger<br />

Klimaexperte<br />

Wann, wenn<br />

nicht jetzt:<br />

Reste verwerten<br />

statt wegwerfen.<br />

Ob Lebensmittel oder Dämmstoffe: Rohstoffe sind zu<br />

schade, um verschwendet zu werden. Deshalb sorgen<br />

wir mit langlebigen, recycelbaren Austrotherm XPS ®<br />

Dämmstoffen für Klimaschutz made in Austria. Das<br />

Prinzip: Was nicht verbaut wird, wird gesammelt und<br />

wandert zurück in die Produktion! Und wenn Sie wollen,<br />

holen wir den Verschnitt sogar direkt bei Ihnen ab.<br />

austrotherm.com


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

90<br />

Produkt News<br />

Detailabdichtung bei Denkmalschutz<br />

In Lavelsloh, an der Grenze von Niedersachsen zu Nordrhein-Westfalen, steht eine<br />

alte Galerieholländer-Windmühle aus dem Jahr 1871. Der Berliner Architekt und<br />

Mühlen-Liebhaber Hans Joachim Rieseberg erwarb das Objekt 1972 und sanierte<br />

es in den 1980er Jahren. Im Zuge der Modernisierungsmaßnahme im Jahr 1980 hat<br />

der Architekt auch den Mühlenkopf restauriert: Der Holzunterbau wurde erneuert<br />

und mit dreifachen Bitumenbahnen abgedichtet.<br />

Als jetzt wegen einer Sanierung der schadhaften<br />

Putzfassade ein Gerüst an der Mühle angebracht<br />

werden musste, zeigte sich, dass auch eine Instandsetzung<br />

des Mühlenkopfes erforderlich war. „Nach<br />

40 Jahren Beanspruchung war klar erkennbar: Wenn<br />

wir nicht bald handeln, wird die Abdichtung nicht<br />

mehr halten und den Weg frei machen für Feuchtigkeit“,<br />

beschreibt Rieseberg die Situation.<br />

Dieses Mal entschied er sich jedoch bewusst gegen<br />

Bitumenbahnen: „Den Altbelag zu entfernen<br />

ist äußerst aufwendig, die Brandgefahr bei der Anbringung<br />

neuer Bahnen groß.“ Eine Eindeckung mit<br />

Dachschindeln kam für ihn ebenfalls nicht infrage:<br />

„Die Mühlenhaube war immer schon mit Dachpappe<br />

eingekleidet. Diese diente dem wirtschaftlichen<br />

Schutz der Maschinen darunter, schließlich war die<br />

Mühle kein Schauobjekt wie heute, sondern ein Industriebau.“<br />

Also recherchierte der Architekt Alter-<br />

nativen. Nachdem er Kunststoffbahnen aufgrund der<br />

komplexen Geometrie des Mühlenkopfes als ungeeignet<br />

erachtete, stieß Rieseberg auf die Möglichkeit<br />

einer Flüssigabdichtung und entschied sich für das<br />

Abdichtungssystem Triflex ProDetail auf PMMA-Basis:<br />

„Das Material ist elastisch und, dank Vlieseinlage,<br />

dynamisch rissüberbrückend. Das macht es ideal für<br />

die sehr spezielle Form des Mühlenkopfes. Weil die<br />

Flüssigabdichtung fugenlos verarbeitet wird, gibt es<br />

keine Nähte wie bei Bitumenbahnen, die potenzielle<br />

Schwachstellen darstellen. Somit ist das Ergebnis<br />

langlebig und dauerhaft.“ Auch die Denkmalschutzbehörde<br />

war einverstanden mit der Verwendung des<br />

geprüften Systems.<br />

Triflex GesmbH<br />

T +43 (0)7667 21505<br />

info@triflex.at<br />

www.triflex.at


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91<br />

Produkt News<br />

DIE LÖSUNG FÜR<br />

AUFSTOCK UNGEN:<br />

PEIKKO FRAME<br />

Transformation<br />

Eingebettet in die Landschaft der Mühlviertler<br />

Hügel, ist bei dem von Architekt<br />

Stefan Punz, vom Architekturbüro Sonos<br />

entworfenen neuen Gebäude der Raiffeisenkasse<br />

in Mönchdorf, ein Altbestand<br />

mit Satteldach völlig unter den neuen<br />

Konturen mit Flachdach verschwunden.<br />

Dazu tragen auch die Holzteile der Fassade<br />

bei, die mit einer sehr natürlich wirkenden<br />

Lasur die Weichheit des Baukörpers<br />

unterstreicht. Um den zeitgemäßen Standard<br />

an Energieeffizienz zu erreichen,<br />

wurde das Gebäude in eine Dämmummantelung<br />

gehüllt. Holzlasur als auch<br />

Wärmedämmung kommen von Synthesa<br />

und Capatect.<br />

Zum Einsatz kam ein EPS Wärmedämm-Verbundsystem,<br />

bei den verputzten<br />

Fassaden-Teilen kam der Capatect<br />

SH Reibputz zum Einsatz. Die Holzverschalung<br />

aus Lärchenholz erhielt durch<br />

den Auftrag einer Lasur, die die Vergrauung<br />

des Holzes nachempfindet, ihre<br />

gleichmäßige Erscheinung. Anwendung<br />

fand das Produkt Danske Greywood von<br />

Synthesa, eine transparent pigmentierte,<br />

diffusionsoffene Mittelschichtlasur auf<br />

Acrylatbasis mit gutem UV-Schutz.<br />

Synthesa Chemie<br />

Gesellschaft m. b. H.<br />

T +43 (0)7262 560-0<br />

office@synthesa.at<br />

www.synthesa.at<br />

Capatect Baustoffindustrie GmbH<br />

T +43 (0)7262 560-0<br />

office@capatect.at<br />

www.hanfdaemmung.at<br />

ALT & NEU<br />

www.peikko.at


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

92<br />

Produkt News<br />

Büroobjekt überbaut<br />

Im oberösterreichischen Micheldorf sollte das zu klein gewordene Büroobjekt der<br />

Firma Kiefel Packaging möglichst wirtschaftlich aufgestockt und der laufende<br />

Betrieb dabei störungsfrei weitergeführt werden.<br />

Architekt Vierthaler, Vierthaler Planungsbüro ZT-<br />

GmbH, fand dafür eine effiziente Lösung: Als Basis<br />

der Aufstockung wurde über das bestehende mehrgeschossige<br />

Bürogebäude ein „Korsett“ mittels DEL-<br />

TABEAM® Frames errichtet. Die ATLANT® Stahlkernstützen<br />

wurden vor die bestehende Fassade platziert,<br />

somit das bestehende Gebäude eingehaust und - in<br />

Kombination mit den DELTABEAM® Stahlverbundträgern<br />

– um ein weiteres Geschoss aufgestockt.<br />

Die vorgespannten Stahl beton-Hohldielendecken<br />

wurden unterstellungsfrei und mit ebener Untersicht<br />

mittels DELTABEAM® Verbundträgern hergestellt.<br />

Nach der Fertigstellung der neuen Außenhülle wurde<br />

die bestehende innenliegende Fassade entfernt.<br />

Die ATLANT® Stahlkernstütze von Peikko integriert<br />

den Brandschutz ohne zusätzliche Maßnahmen - und<br />

garantiert maximale Schlankheit, hohe Tragfähigkeit<br />

und schnelle Montage. Dank der objektspezifischen,<br />

statischen Bemessung durch Peikko sowie der Vorfertigung<br />

sorgt die ATLANT® Stahlkernstütze für<br />

eine schnelle Bauweise mit sofortiger Belastbarkeit<br />

Peikko Austria GmbH<br />

T +43 (0)523 521 210<br />

austria@peikko.com<br />

www.peikko.at


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93<br />

Produkt News<br />

Nachhaltige Investition<br />

Der österreichische Dämmstoffspezialist Austrotherm startet<br />

mit einer 20 Mio. Euro Investition in das Jahr <strong>2022</strong>: Die<br />

XPS-Produktionskapazität in Purbach wird erweitert, 20 zusätzliche<br />

Vollzeit-Arbeitsplätze geschaffen und damit die Verfügbarkeit<br />

der Produkte und der Standort in Österreich nachhaltig<br />

gesichert.<br />

Bei der neuen 160 Meter langen Produktionshalle kommen<br />

vom Untergrund über die Fassade bis zum Dach hocheffiziente<br />

Austrotherm Dämmstoffe zum Einsatz. Die Fußbodenheizung<br />

wird energiesparend durch die Abwärme der Produktionsanlagen<br />

betrieben. Das Hallendach wird zum Teil als Gründach,<br />

zum Teil zur nachhaltigen Stromerzeugung mit einer Photovoltaik-Anlage<br />

genutzt. Die Inbetriebnahme ist bereits im Herbst<br />

<strong>2022</strong> geplant.<br />

Austrotherm GmbH<br />

T +43 (0)2633 401-0<br />

info@austrotherm.at<br />

www.austrotherm.at<br />

Flexibelim Einsatzeinfachundleichtim<br />

Handling<br />

LiapormixistaufgrundseinerhervoragendenWerte<br />

beiFestigkeit,DichteundWärmedämmungbestens<br />

geeignetalsLeichtbeton,Thermobeton,DrainagebetonundAusgleichsbeton.<br />

Isolationschichten,Brandschutz,leichteFül-und<br />

Ausgleichschichten.<br />

Schneltrocknend:<br />

Restfeuchtigkeitgeringerals3%<br />

Leicht:<br />

Dichtevon600kg/m3<br />

Belastbar:<br />

Druckfestigkeit(2,5N/mm²)<br />

Wärmedämmend:<br />

W ärmeleitzahltrockenem 0.16W /mK<br />

Feuerfest:<br />

StofderEuroklaseA1<br />

w w w.liapor.at


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

94<br />

edv<br />

BIM-Bestandserfassung:<br />

Wie kommt der Bestand ins BIM?<br />

BIM eignet sich nicht nur für den Neubau. Auch für das Bauen im Bestand<br />

bietet die modellorientierte Planungsmethode Vorteile. Zuvor muss der<br />

Bestand allerdings BIM-gerecht erfasst werden.<br />

Text: Marian Behaneck<br />

„BIM ist im Bestand zu aufwendig. Zu hoch<br />

ist der zeitliche und finanzielle Mehraufwand<br />

für das 3D-Aufmaß und die BIM-gerechte<br />

Erfassung des Gebäudebestands.“<br />

So ähnlich lauten die Argumente von<br />

Skeptikern. Tatsächlich ist die BIM-gerechte<br />

Erfassung des baulichen Bestands<br />

im Zusammenhang mit Umbaumaßnahmen,<br />

Erweiterungen, Renovierungen oder<br />

Sanierungen eine Herausforderung. Neue<br />

Vermessungsverfahren, Hard- und Softwarewerkzeuge<br />

minimieren allerdings den<br />

Aufwand und machen die modellorientierte<br />

Planung auch im Bestand wirtschaftlicher.<br />

Auch im Bestand bietet die modellorientierte Planungsmethode Vorteile – zuvor muss er allerdings<br />

BIM-gerecht erfasst werden.<br />

© Leica Geosystems/Hexagon<br />

BIM-Vorteile im Bestand<br />

Die BIM-konforme Bestanderfassung bietet<br />

Vorteile, denn die Gebäudedaten können<br />

für Massen-/Mengenermittlungen, Ausschreibungen,<br />

Kostenkalkulationen, Visualisierungen<br />

oder die Angebotserstellung<br />

und Bauzeitenplanung genutzt werden.<br />

Umbau-, Anbau- oder Sanierungsprojekte<br />

lassen sich einfacher statisch, haustechnisch,<br />

bauphysikalisch oder energetisch<br />

optimieren, weil im BIM-Modell enthaltene<br />

Gebäude-, Raum- und Bauteildaten,<br />

Hüllflächen, U-Werte etc. übernommen<br />

werden können. Werden die erfassten Bestandstaten<br />

nach Baufertigstellung mit den<br />

As-Built-Informationen ergänzt, die das<br />

realisierte Bauwerk „wie gebaut“ kurz vor<br />

Inbetriebnahme dokumentieren, entsteht<br />

eine wertvolle Datengrundlage auch für<br />

die spätere Bewirtschaftung und Instandhaltung.<br />

Zwar ist man vor Überraschungen<br />

und Unwägbarkeiten des Bestands auch<br />

mit BIM nicht gewappnet – automatisierte<br />

Änderungsverfolgungen, Baufortschritts-,<br />

Kollisions-, Plausibilitäts- und Qualitätskontrollen<br />

und nicht zuletzt die vorgegebenen<br />

Koordinations- und Kommunikationsabfolgen<br />

beugen aber Fehlern vor und steigern<br />

die Planungsqualität. Wollen Bauherren, Investoren<br />

und Planer von diesem Mehrwert<br />

profitieren, müssen sie allerdings auch den<br />

durch die BIM-gerechte Erfassung des Gebäudebestands<br />

bedingten Mehraufwand an<br />

Zeit und Kosten berücksichtigen.<br />

Bestand BIM-gerecht erfassen<br />

Liegen halbwegs aktuelle Pläne in Papieroder<br />

gar in digitaler Form vor, können<br />

BIM-Modelle auch auf dieser Datengrundlage<br />

erstellt werden. Papierpläne werden<br />

gescannt und als Pixel-Datei eingelesen,<br />

digitale Pläne in der Regel als DXF-Datei in<br />

ein BIM-fähiges CAD-Programm importiert.<br />

Anschließend werden die Planvorlagen kalibriert,<br />

so dass auf dieser maßstäblichen<br />

Datengrundlage – ähnlich wie beim herkömmlichen<br />

„Durchpausen“ – dreidimensionale<br />

BIM-Objekte konstruiert werden<br />

können. Liegen keine oder nicht mehr aktuelle<br />

Planunterlagen vor, kommt man um<br />

ein Bestandsaufmaß nicht herum. Für das<br />

BIM-gerechte Aufmaß haben sich mehrere<br />

Messverfahren etabliert, die teilweise auch


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

95<br />

edv<br />

© Leica Geosystems/Hexagon © Leica Geosystems/Hexagon<br />

Für die BIM-gerechte, dreidimensionale Bestandserfassung stehen mehrere Aufmaßverfahren zur<br />

Verfügung, wie etwa tachymetrische Systeme, 3D-Laserscanner oder Fotogrammetrie-Programme<br />

© Phocad<br />

parallel eingesetzt werden: Das digitale<br />

2D-Handaufmaß oder die 3D-Tachyme trie<br />

für die Erfassung einzelner Messpunkte<br />

sowie das 3D-Laserscanning oder die Fotogrammetrie<br />

für die flächenorientierte<br />

Objekterfassung. Während das Handaufmaß<br />

mit Laser-Distanzmesser vorwiegend<br />

für die Erfassung einfacher, orthogonaler<br />

Grundrisse zum Einsatz kommt, eignen<br />

sich tachymetrische Verfahren auch für die<br />

verformungsgerechte Erfassung von polygonalen<br />

Grundrissen oder Dachschrägen.<br />

Dabei werden mit Hilfe eines Laser-Messgeräts<br />

2D- oder 3D-Koordinaten einzelner,<br />

markanter Objektpunkte erfasst. Aus den<br />

Messdaten lassen sich noch vor Ort mit einer<br />

Aufmaßsoftware 2D- oder 3D-Aufmaßskizzen<br />

erstellen, die man mit BIM-fähigen<br />

CAD-Programmen auswerten und weiterbearbeiten<br />

kann.<br />

Vom 3D-Laserscan zum BIM-Modell<br />

Beim 3D-Laserscanning tastet ein mobiler,<br />

an einer Drohne befestigter oder ein an<br />

mehreren Standorten aufgestellter stationärer<br />

Laserscanner das Umfeld in Form<br />

einer dichten, aus mehreren Millionen von<br />

Messpunkten bestehenden „Punktwolke“<br />

ab (siehe <strong>architektur</strong> 2/2018: 3D-Laserscanning).<br />

Aus den parallel erstellten Fotos wird<br />

zusätzlich ein räumliches 3D-Panoramabild<br />

erstellt. Innerhalb weniger Minuten können<br />

damit auch komplexe, beispielsweise frei geformte<br />

oder stark strukturierte Objekte, wie<br />

etwa Stahl-/Holzkonstruktionen oder gebäudetechnische<br />

Anlagen detailliert erfasst<br />

werden. Die Messdaten werden später im<br />

Büro manuell oder halbautomatisch ausgewertet.<br />

Dabei werden BIM-Katalogbauteile<br />

wie Wände, Fenster oder Türen aus der Datenbank<br />

der BIM-Software passgenau in die<br />

Punktwolke manuell eingefügt und so sukzessive<br />

ein BIM-Modell generiert. Teilweise<br />

erkennt die Auswertungssoftware selbständig<br />

Wände in der Punktwolke und erzeugt<br />

neue Wandtypen mit den passenden Wanddicken.<br />

Auch durchgehende Außenwandflächen<br />

und rechtwinklige Grundrisse werden<br />

erkannt und automatisch ausgerichtet.<br />

An einer automatisierten, KI-gestützten<br />

Auswertung und Überführung von Punktwolken-<br />

in BIM-Daten (Scan2BIM) arbeiten<br />

derzeit diverse Forschungsteams und<br />

Unternehmen, wie beispielsweise Aurivus.<br />

3D-Aufmaßdaten können auch direkt verwendet<br />

werden – etwa für Machbarkeitsstudien,<br />

indem nur die für den jeweiligen<br />

Zweck relevanten BIM/CAD-Objekte in die<br />

Punktwolke eingebaut werden. Auch fotogrammetrische<br />

Verfahren sowie kombinier-<br />

te Systeme können das BIM-Aufmaß insbesondere<br />

von Fassaden ergänzen. Systeme<br />

wie Metigo 3D, Phidias oder PhotoModeler<br />

basieren auf mit kalibrierten oder handelsüblichen<br />

Digitalkameras aufgenommenen<br />

Fotos. Diese werden fotogrammetrisch ausgewertet,<br />

wobei millimetergenaue 2D- oder<br />

3D-Aufmaßskizzen entstehen. Kombinierte<br />

Mess-Systeme wie beispielsweise HottScan<br />

verknüpfen die Messverfahren Tachymetrie<br />

und Laserscanning mit der Fotogrammetrie.<br />

Nach der Übergabe der Mess- und<br />

Fotodaten kann der Anwender mit der dazugehörigen<br />

Fotoaufmaß-Software Räume<br />

dreidimensional konstruieren.<br />

u<br />

Für die Bearbeitung und Auswertung von Punktwolkendaten bieten BIM-fähige CAD-Programme<br />

entsprechende Funktionen. © Graphisoft


<strong>architektur</strong> <strong>FACHMAGAZIN</strong><br />

96<br />

edv<br />

Das Ergebnis bestimmt das Werkzeug<br />

Welches Messverfahren sich wofür am besten<br />

eignet, hängt von mehreren Faktoren<br />

ab: vom Messobjekt, von den Rahmenbedingungen<br />

von den Genauigkeitsanforderungen,<br />

vom Einsatzzweck der Messdaten<br />

und nicht zuletzt von den gewünschten Ergebnissen.<br />

Das 3D-Laserscanning punktet<br />

beispielsweise mit einer präzisen Erfassung<br />

auch komplexer Objekte, bei gleichzeitig hohen<br />

Erfassungsgeschwindigkeiten und kurzen<br />

Vor-Ort-Aufmaßzeiten. Aufgrund der<br />

Vielzahl an Mess- und fotografischen Daten<br />

lassen sich fehlende Maße oder Details jederzeit,<br />

auch nach dem Aufmaßtermin, ermitteln<br />

und kontrollieren. Tachymetrische<br />

Verfahren bieten wiederum Vorteile bei der<br />

Messdaten-Auswertung. So lassen sich aus<br />

den 2D- oder 3D-Messdaten bei Bedarf direkt<br />

vor Ort unmittelbar verwertbare CADoder<br />

BIM-Daten generieren, ohne diese<br />

später im Büro aufwendig aufbereiten zu<br />

müssen. Beim BIM-konformen Bestandsaufmaß<br />

kommt es allerdings nicht nur auf die<br />

Geometriedaten, sondern auf die Erfassung<br />

von BIM-Bauteilen und deren Sachdaten an:<br />

Handelt es sich um eine Wand, ein Fenster,<br />

eine Stütze oder eine Deckenplatte?<br />

Aus welchem Material und ggf. in welchem<br />

baulichen Zustand ist sie? Bei der Auswertung<br />

sollte auch die Bauteilzuordnung und<br />

die Erfassung der beschreibenden Sachdaten<br />

(Attributen) idealerweise parallel zum<br />

geometrischen Aufmaß erfolgen. Das hilft,<br />

Zuordnungsfehler und Mehraufwand zu vermeiden.<br />

„Langsame“ Messverfahren, wie das<br />

digitale Handaufmaß oder die Tachymetrie,<br />

haben hier Vorteile, weil sie eine parallele<br />

Bevor man die gewonnenen Bestandsdaten auswerten kann, …<br />

… müssen sie zuvor in der Regel manuell in BIM-konforme Modelldaten überführt werden.<br />

© PointCab<br />

© Faro<br />

Erfassung von Bauteil- und Sachdaten ermöglichen<br />

(z.B. Flexijet4Revit). Daraus entstehen<br />

unmittelbar vor Ort dreidimensionale<br />

BIM-Modelle, die aus „smarten“ Bauteilen<br />

mit allen für die weitere Planung erforderlichen<br />

Attributen bestehen.<br />

Teilweise können Punktwolkendaten auch direkt verwendet werden,<br />

etwa für Machbarkeitsstudien. © Faro<br />

BIM-Bestandserfassung setzt<br />

Zielvorgaben voraus<br />

Vor der BIM-konformen Bestandserfassung<br />

sollten Zielvorgaben definiert werden. Diese<br />

werden in den so genannten „Auftraggeber-Informations-Anforderungen“<br />

(AIA)<br />

beschrieben. Das ist eine Art „BIM-Lastenheft“,<br />

auf das sich alle BIM-Projektbeteiligten<br />

zu Projektbeginn verständigen. Darin<br />

werden unter anderem Verantwortlichkeiten,<br />

Detaillierungsgrade des BIM-Modells,<br />

Softwareanforderungen, Übergabe-Forma-


www.<strong>architektur</strong>-online.com<br />

97<br />

edv<br />

te etc. festgelegt. Die technische Umsetzung<br />

dieser Vorgaben und die Zusammenarbeit<br />

aller Projektbeteiligten werden im<br />

BIM-Projektabwicklungsplan, auch BIM-Abwicklungsplan<br />

(kurz BAP, englisch: BIM<br />

Execution Plan) oder „BIM-Pflichtenheft“<br />

genannt, detailliert festgehalten. Er bildet<br />

die Grundlage einer BIM-basierten Zusammenarbeit,<br />

definiert BIM-Ziele im Detail und<br />

deren technische Umsetzung, organisatorische<br />

Strukturen und Verantwortlichkeiten.<br />

Wichtig für die Bestandserfasung ist<br />

der Level of Accuracy (LoA). Das ist eine<br />

vom Institute of Building Documentation<br />

(USIBD) definierte Angabe für die Mess-/<br />

Scangenauigkeit. Unterschieden werden<br />

fünf Genauigkeitsklassen (Level), die etwa<br />

50 bis 1 mm und weniger betragen. Dabei<br />

ist zwischen der Genauigkeit beim Aufmaß<br />

(Messgenauigkeit) und bei der Modellierung<br />

(Modellierungsgenauigkeit) zu unterscheiden.<br />

Die LoA korrespondiert mit der<br />

Informationsbedarfstiefe (engl. Level of Information<br />

Needs, kurz: LOIN). LOIN ersetzt<br />

den bisher verwendeten Begriff LoD (Level<br />

of Development) und beschreibt im Zusammenhang<br />

mit BIM-Projekten den zum<br />

jeweiligen Zeitpunkt und Verwendungszweck<br />

erforderlichen Modellierungs- oder<br />

Fertigstellungsgrad eines BIM-Gebäudedatenmodells.<br />

Der LOIN setzt sich zusammen<br />

aus dem geometrischen Informationsgrad<br />

(engl. Level of Geometry, kurz: LoG) und<br />

dem alphanumerischen Informationsgrad<br />

(engl. Level of Information, kurz: LoI) der<br />

Bauteile, aus dem das BIM-Modell besteht.<br />

Die geforderte Informationsbedarfstiefe<br />

entscheidet unter anderem darüber, welche<br />

Informationen später ausgewertet werden<br />

können: Abmessungen, Flächen, Materialien,<br />

Brandschutzklassen, U-Werte etc. Je<br />

höher der Detaillierungsgrad allerdings ist,<br />

desto größer ist auch die vom Anwender zu<br />

erfassende, zu bearbeitende und von der<br />

Hard- und Software zu verarbeitende Datenmenge.<br />

Deshalb sollte bei der BIM-Bestandserfassung<br />

(und der Festlegung von<br />

AIA- und BAP-Anforderungen) stets der<br />

Grundsatz beachtet werden, dass nur die<br />

Informationen erfasst werden sollten, die<br />

später in den späteren Leistungsphasen<br />

auch tatsächlich gebraucht werden. Wer<br />

alternativ Dienstleister beauftragt, sollte<br />

darauf achten, dass sie sich sowohl mit<br />

aktuellen Aufmaßverfahren als auch mit<br />

der Planungsmethode BIM und den daraus<br />

resultierenden Anforderungen an die Bestandserfassung<br />

auskennen.<br />

An einer automatisierten, KI-gestützten Auswertung und Überführung von Punktwolken-<br />

in BIM-Daten (Scan2BIM) wird bereits gearbeitet. © Aurivus<br />

•<br />

Anbieter*<br />

Digitales Handaufmaß: www.bosch-professional.com, www.graebert.com, www.hilti.de,<br />

www.leica-geosystems.de, www.maxmess-software.de, www.stabila.com<br />

Tachymetrische Systeme: www.flexijet.info, www.hottscan.de, www.leica-geosystems.de,<br />

www.sekon.de, www.sl-laser.com, www.prodim.eu, www.theocad.de, www.trimble.com,<br />

www.viz-all.fr<br />

3D Laserscanning: www.deltasphere.com, www.faro.com, www.geo-konzept.de,<br />

www.leica-geosystems.de, www.maptek.com, www.pointcab-software.com,<br />

www.riegl.co.at, www.surphaser.com, www.topconpositioning.de, www.trimble.com,<br />

www.zf-laser.com<br />

Fotogrammetrie: www.faro.com, www.fokus-gmbh-leipzig.de, www.phocad.de,<br />

www.photomodeler.com<br />

Literatur und Quellen*<br />

Blankenbach, J.: Bauaufnahme – Gebäudeerfassung und BIM, aus: Handbuch der Geodäsie,<br />

Band „Ingenieurgeodäsie“, Springer, Berlin Heidelberg, 2015, Download: https://<br />

link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-662-46900-2_36-1.pdf<br />

Entzian, K./Scharmann, R.: BIM für Bauen im Bestand, aus: Building Information Modeling -<br />

Technologische Grundlagen und industrielle Praxis, Springer-Fachmedien, Wiesbaden 2015<br />

DVW, Runder Tisch GIS (Hrsg.): Leitfaden Geodäsie und BIM, Eigenverlag, Version 3.0,<br />

Vogtsburg-Oberrotweil, 2021, Download: www.dvw.de/BIM-Leitfaden.pdf<br />

Helmus, M., Meins-Becker, A., Kelm, A., Koch to Krax, N.: Handlungsempfehlung zu digitalen<br />

Bestandserfassung, Eigenverlag, Bergische Universität Wuppertal, 2020, Download:<br />

https://biminstitut.uni-wuppertal.de/fileadmin/biminstitut/Download-Bereich/3D-Laserscan_Handlungsempfehlung_Bestanderfassung/200401_HE_Laserscan_Handlungsempfehlung.pdf<br />

* Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.


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ABK8-Version V8.3a<br />

98<br />

edv<br />

Beim ABK-Jahresrelease <strong>2022</strong> profitieren<br />

Anwender nicht nur von den Optimierungen<br />

bei bekannten Funktionalitäten, sondern<br />

vor allem von der Umsetzung der ÖNORM<br />

A 2063-1:2021. In allen AVA-relevanten<br />

ABK-Bausteinen wird diese nun flächendeckend<br />

unterstützt, womit ein Austausch<br />

von AVA-relevanten Daten nach dem aktuellen<br />

Stand der Norm ermöglicht wird.<br />

Möglich ist z.B. eine Erweiterung sowohl<br />

bei der Kennzeichnung der „Garantierten<br />

Angebotssummen“ als auch bei der<br />

„Mehrfachverwendung“ für Positionen und<br />

Vorbemerkungen im LV. Bei ersterem kann<br />

dieses nun ein beliebiger Buchstabe sein,<br />

bei letzterem neben einer Ziffer auch ein<br />

beliebiger Buchstabe.<br />

Das Arbeiten mit Parametern und Bedingungen<br />

in Mengenermittlungen, bspw. von<br />

Positionsmengen oder Artikelmengen in Kalkulationsansätzen,<br />

wird ebenso unterstützt<br />

wie etwa das Arbeiten mit mehreren Parameterlisten.<br />

Dies ermöglicht etwa, in Kalkulationsansätzen<br />

mit mehreren Parameterlisten<br />

gleichzeitig zu arbeiten und diese auch am<br />

ÖNORM-Datenträger zu transportieren.<br />

Eine bedeutende Neuerung betrifft die<br />

Handhabung von Abrechnungsmengen im<br />

Ausmaßblatt. In Ausmaßblättern werden<br />

geforderte und anerkannte Mengen beiderlei<br />

gespeichert und auch am ÖNORM-Datenträger<br />

transportiert.<br />

Die gesamten Neuerungen des Jahresrelease<br />

<strong>2022</strong> sind detailliert auf der Webseite<br />

zu finden: https://www.abk.at/support/<br />

abk8/neuerungen/v83a/<br />

ib-data GmbH | ABK Bausoftware<br />

T +43 (0)1 492 5570-0<br />

abkinfo@abk.at<br />

www.abk.at<br />

Neuentwicklung Abis Kalkulation<br />

Mit Ende Januar <strong>2022</strong> wurde die Neuentwicklung<br />

„Kalkulation <strong>2022</strong>“ zur Verfügung<br />

gestellt. Dieses neue Zusatzprogramm als<br />

Aufsatz für die Angebotslegung verfügt<br />

über die bewährten Bedienelemente von<br />

Abis-AVA sowie eine enge Orientierung an<br />

der aktuellen ÖNorm B2061:2020.<br />

Die zentrale Rolle nimmt die Positionspreiskalkulationen<br />

nach K7 ein, welche wie<br />

im Modul Mengenberechnung zeilenweise<br />

bearbeitet, referenziert und auch rasch<br />

auf andere (ähnliche) Positionen übertragen<br />

werden kann. Die zugrundeliegenden<br />

Preiskomponenten (Betriebsmittel) können<br />

entweder händisch eingetragen, oder entsprechend<br />

ihres Typs nach K3, K4 bzw. K6<br />

berechnet und referenziert werden. Es wurde<br />

zudem eine Schnittstelle zu den bewährten<br />

Standardkalkulationsdaten von inndata<br />

Datentechnik GmbH eingebaut, so dass auf<br />

Wunsch fertige Kalkulationsansätze vom<br />

Webservice importiert und dann auf die<br />

entsprechenden Gegebenheiten angepasst<br />

werden können.<br />

Die resultierenden Ausdrucke der jeweiligen<br />

K-Blätter entsprechen exakt den Normvorgaben<br />

und können im Rahmen der Vorgabe<br />

mitunter stark individualisiert werden.<br />

ABIS Softwareentwicklungs GesmbH<br />

T +43 (0)316 83 13 61<br />

reichhart@abis-software.com<br />

www.abis.at


„CYRUS MOSER ARCHITEKTEN, FRANKFURT<br />

MIT ARCHICAD<br />

STEMMEN WIR UNSERE<br />

HOCHHAUS-PROJEKTE.<br />

WIR-<br />

STEIGEN-<br />

UM.DE<br />

„<br />

Architekturbüros wie Cyrus Moser wechseln zu Archicad.<br />

Die Frankfurter gehören mittlerweile zu den ersten Adressen im<br />

Hochhausbau. Gründer Oliver Cyrus: „Der Wechsel zu Archicad<br />

war für uns ein ganz wichtiger Schritt, um den Anforderungen<br />

und Größen der Projekte gerecht zu werden.“<br />

Sehen Sie den Film auf<br />

wir-steigen-um.de


RAY SOFT<br />

Die Weichen<br />

sind gestellt.<br />

selmer.at<br />

Exklusiver Partner der Brunner Group

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