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AUSGABE <strong>12</strong><br />

19. März <strong>2022</strong><br />

WISSEN<br />

Wie viel Sport<br />

ist gesund?<br />

Gebrauchsanleitung<br />

für eine perfekte Balance<br />

Francis<br />

Fukuyama<br />

Angriff auf<br />

die liberale<br />

Weltordnung<br />

Die große<br />

Flucht<br />

Millionen Menschen f liehen vor dem Krieg.<br />

Wie können wir das schaffen?<br />

PUTIN UND DIE MACHT<br />

DER OLIGARCHEN<br />

Report aus dem Reich der Finsternis


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E-PAPER LESEN:


Seite 4<br />

Seite 5<br />

Schluss mit der Doppelmoral!<br />

EDITORIAL<br />

Von Robert Schneider, Chefredakteur<br />

Fotos: Peter Rigaud/<strong>FOCUS</strong>-Magazin, Markus C. Hurek<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

er ist der Star der Berliner Politik-Szene:<br />

Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine<br />

und damit Botschafter des Krieges, den<br />

Wladimir Putin gegen dessen Heimat<br />

entfesselt hat. Am Dienstagabend saß der<br />

perfekt Deutsch sprechende Diplomat<br />

auf dem Podium unserer ersten <strong>FOCUS</strong><br />

INNER CIRCLE-Veranstaltung in diesem<br />

Jahr im Palais Populaire Unter den Linden<br />

und diskutierte mit dem neuen CDU-<br />

Generalsekretär Mario Czaja, dem grünen<br />

Außenpolitiker Robin Wagener, der<br />

ukrainischen Menschenrechtsaktivistin<br />

Oleksandra Bienert und Gustav Gressel,<br />

Militärexperte vom European Council on<br />

Foreign Relations, über die Lage in seiner<br />

Heimat und darüber, wie Deutschland sie<br />

verbessern könnte.<br />

Melnyk wurde dabei seinem Ruf vollauf<br />

gerecht, der Verkünder unbequemer<br />

Botschaften zu sein. Die Ukraine brauche<br />

jetzt nicht in erster Linie das Schämen der<br />

Deutschen für die jahrelangen Fehleinschätzungen<br />

Putins oder möglichst viele<br />

gelb-blaue Flaggen, sondern Waffen. Jetzt,<br />

sofort! Denn der Krieg – darüber war man<br />

sich auf dem Podium weitgehend einig –<br />

geht in die entscheidende Phase. Wenn es<br />

der Ukraine gelinge, den Vormarsch von<br />

Putins Truppen weitere zwei, drei Wochen<br />

aufzuhalten, die Einnahme vor allem von<br />

Kiew und anderer Großstädte zu verhindern,<br />

könne es echte Verhandlungen mit<br />

Moskau über ein Ende des Krieges geben.<br />

Dafür aber, so Melnyk, braucht seine<br />

Regierung noch deutlich mehr Waffen, um<br />

die russischen Panzer zu stoppen sowie<br />

den Bombenterror gegen die ukrainische<br />

Zivilbevölkerung zu beenden.<br />

Der sichtlich frustrierte Botschafter verspürt<br />

im politischen Berlin eine Stimmung,<br />

es müsse jetzt Zugeständnisse vonseiten<br />

der Ukraine geben, damit der Krieg endet<br />

und man die schrecklichen Bilder von<br />

Tod und Zerstörung nicht länger ertragen<br />

müsse. Und Melnyk weiß, dass in der deutschen<br />

Hauptstadt immer noch viele davon<br />

ausgehen, dass am Ende Putin militärisch<br />

der Sieger sein werde. Wer so<br />

denkt, kann auf den Gedanken<br />

verfallen, dass weitere Waffen für<br />

die Ukraine nur das Kämpfen und<br />

damit das Leiden der Menschen<br />

Willkommen bei <strong>FOCUS</strong> Andrij Melnyk,<br />

Botschafter der Ukraine in Deutschland (links),<br />

im Gespräch mit Robert Schneider (rechts) und<br />

Kommunikationsberater Michael Backhaus<br />

dort verlängern. Diese Gefahr besteht in<br />

einer Gesellschaft wie der deutschen, die<br />

mehrheitlich glaubt: Wer für den Frieden<br />

ist, muss gegen Waffen sein. Historisch ist<br />

es jedoch nun einmal so, dass ein Gleichgewicht<br />

der Kräfte, auch der militärischen,<br />

ein Friedensgarant oder ein Kriegsverhinderungsgrund<br />

ist.<br />

Ich weiß nicht, ob der Botschafter am<br />

sel ben Abend zu späterer Stunde noch<br />

Markus Söders Auftritt bei „Markus Lanz“<br />

gesehen hat. Möglicherweise hätte er die<br />

Ausführungen des bayerischen Ministerpräsidenten<br />

als ein Beispiel deutscher Dop-<br />

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VON GESTERN<br />

Günter Bannas über<br />

Altkanzler und ihre<br />

Missgeschicke<br />

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DER HAUPTSTADTBRIEF<br />

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19. März <strong>2022</strong> | #19<br />

Herausgegeben von Ulrich Deppendorf und Ursula Münch<br />

pelmoral empfunden. Denn auf der einen<br />

Seite bekräftigte Söder sein Commitment<br />

vom selben Tag im Bayerischen Landtag<br />

„Wir sind alle Ukrainer“. Doch auf der<br />

anderen Seite ließ Söder klar durchblicken,<br />

dass er am Ende nicht an einen militärischen<br />

Erfolg der Ukraine glaubt.<br />

Und Zweifel hegt der Bayer mit dem<br />

feinen Gespür für Stimmungen im Volk<br />

auch an der Bereitschaft der Deutschen,<br />

auf längere Sicht spürbare Opfer für die<br />

Ukraine auf sich zu nehmen. Söder verlieh<br />

seiner Sorge Ausdruck, dass die derzeit<br />

große Solidarität mit der Ukraine schon<br />

bald Skepsis weichen könnte. Daher wohl<br />

seine Zweifel, dass ein rascher Ausstieg<br />

aus den russischen Gas-, Öl- und Kohleimporten<br />

auf Dauer breite Zustimmung in<br />

der Bevölkerung fände.<br />

Ich glaube, dass Söder mit seiner Analyse<br />

richtig liegt, dass die Deutschen emotional<br />

voll auf der Seite der Ukrainer stehen,<br />

was nicht zuletzt die gerade wieder zu erlebende<br />

Willkommenskultur für Flüchtlinge<br />

aus der Ukraine beweist. Und dennoch<br />

zögern wir, den heftigen Emotionen ebenso<br />

entschiedene Taten folgen zu lassen –<br />

sei es bei der Lieferung von Waffen oder sei<br />

es bei wirklich radikalen Sanktionen wie<br />

einem Rohstoffembargo. Wir verurteilen<br />

Putins Krieg auf das Schärfste, aber wir<br />

verschaffen ihm mit Gas- und Öleinkäufen<br />

weiterhin die Milliarden dafür.<br />

Mein Eindruck ist, dass wir dringend<br />

mehr Klarheit und Entschiedenheit<br />

in der Kommunikation mit<br />

Moskau benötigen, denn die Politik<br />

des Einerseits und Andererseits hat<br />

möglicherweise Putin zu seinem verbrecherischen<br />

Angriffskrieg ermutigt.<br />

Wir sollten daher zusammen<br />

mit den Verbündeten zu größtmöglicher<br />

Klarheit finden und der Ukraine<br />

liefern, was sie für ihren heroischen Kampf<br />

gegen einen weit stärkeren Aggressor<br />

benötigt. Auf Putins Drohung mit Atomwaffen<br />

sollten wir nicht in dem Sinn hereinfallen,<br />

dass wir zögern, ohne Rückhalt<br />

an der Seite der Freiheit zu stehen. Es ist<br />

die Seite der Ukraine und ihres Botschafters<br />

in Berlin.<br />

ERTRAGE DIE CLOWNS<br />

Jonathan Lutes über<br />

die Fox-News-Luftpumpe<br />

Tucker Carlson<br />

Flugzeuge im Bauch<br />

100 Milliarden Sondervermögen –<br />

und alle Ampelparteien haben<br />

ihre eigenen Sonderwünsche<br />

Von Andreas Rinke Seite 2<br />

Herzlich Ihr<br />

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<strong>FOCUS</strong> <strong>12</strong>/<strong>2022</strong> 3


Popanz<br />

Das gerissene Spiel um<br />

Macht und Reichtum:<br />

Wladimir Putin und<br />

Roman Abramowitsch<br />

2005 im Kreml<br />

Seite 22<br />

Hochfinanz<br />

Wie Elon Musk<br />

zum Glamourboy<br />

der Weltwirtschaft<br />

aufstieg<br />

Seite 52<br />

Aktivbilanz<br />

Warum viel Sport<br />

nicht unbedingt gute<br />

Gesundheit bedeutet –<br />

eine Abrechnung<br />

Seite 68<br />

Pop-Tanz<br />

Die Spanierin<br />

Rosalía bringt<br />

Flamenco auf<br />

den Dancefloor<br />

Seite 92<br />

Goldglanz Anleger setzen in der Krise aufs Edelmetall Seite 64<br />

4 <strong>FOCUS</strong> <strong>12</strong>/<strong>2022</strong>


Titelthema<br />

INHALT NR. <strong>12</strong> | 19. MÄRZ <strong>2022</strong><br />

Wissen<br />

NÄCHSTE WOCHE<br />

IM <strong>FOCUS</strong>:<br />

68 Wie viel Sport ist gesund?<br />

Das Prinzip „Höher, schneller, weiter“ kann<br />

schaden: <strong>FOCUS</strong> gibt Tipps fürs optimale<br />

Trainingslevel und räumt mit Mythen auf<br />

78 Stoff der Finsternis<br />

Melatonin, ein Missverständnis: Die Modepille<br />

bringt nur bedingt besseren Schlaf<br />

81 Frachtdrohnen XXL<br />

Die Zukunft des Cargoluftverkehrs<br />

Titel: Fotos: Omar Marques/Getty Images, action press, ddp, Getty Images, imago (4), Maria Yumasheva/instagram,<br />

AP, dpa, PR, Sergey Kozmin/Agentur Focus Composing: <strong>FOCUS</strong> Magazin<br />

Fotos: dpa, Stills & Strokes für <strong>FOCUS</strong> Magazin,<br />

Christopher Anderson/Magnum Photos<br />

28 An der Grenze der Menschlichkeit<br />

Der Krieg treibt Millionen Ukrainer in die<br />

Flucht – was Europa jetzt tun muss<br />

34 Anleitung zum Gemeinsinn<br />

Viele wollen sich für Flüchtende<br />

engagieren. Doch wie hilft man am besten?<br />

36 „Wir müssen das schaffen“<br />

NRWs Ministerpräsident Hendrik Wüst<br />

über die Herausforderungen der Krise<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>12</strong>/<strong>2022</strong><br />

Agenda<br />

22 Die dunkle Seite der Macht<br />

Ihr Vermögen verdanken russische Oligarchen<br />

Putin. Neue Sanktionen allerdings auch<br />

Politik<br />

40 Krieg im Hochformat<br />

In der Ukraine-Krise wird das Videoportal<br />

TikTok zum digitalen Schlachtfeld<br />

43 Politik in den sozialen Netzwerken<br />

Der Streit um den „Tank-Rabatt“<br />

44 „Wir brauchen Waffen, kein Mitleid“<br />

Ukraines Botschafter Andrij Melnyk debattiert<br />

mit Experten beim <strong>FOCUS</strong> Inner Circle<br />

48 Angriff auf die liberale Weltordnung<br />

Die Ukraine geht uns alle an, erklärt der<br />

Politologe Francis Fukuyama in einem Essay<br />

Wirtschaft<br />

52 Der Missionar<br />

Er ist der Popstar unter den Unternehmern:<br />

Was steckt hinter dem Mythos Elon Musk?<br />

60 So werden Sie Imperium!<br />

Die Geschichte der Software-Firma Personio<br />

liest sich wie eine Anleitung zum Megaerfolg<br />

64 Eine Unze Sicherheit<br />

Gold boomt in Krisenzeiten – und nun<br />

so sehr, dass es zu Engpässen kommt<br />

66 Geldmarkt<br />

Kultur<br />

84 On The Road mit Thomas Hoepker<br />

Muhammad Alis Faust und ein Stelldichein<br />

am 11. September – der deutsche Magnum-<br />

Fotograf erklärt seine besten Aufnahmen<br />

90 Wenn die Welt aus den Fugen gerät<br />

Ein Start-up verglüht und ein wildes Paar<br />

attackiert den Mainstream: So viel Crash<br />

war selten in unseren wöchentlichen Tipps<br />

92 Brodelndes Barcelona<br />

Wie die spanische Sängerin Rosalía mit<br />

Verve die Flamenco-Kunst revolutionierte –<br />

zum Ärger aller Traditionalisten<br />

Leben<br />

102 Die Möglichkeiten einer Insel<br />

Im Nordosten ist Kreta noch so, wie man<br />

sich Griechenland wünscht: ein Traum<br />

aus Stränden, antiken Stätten und Raki<br />

106 Scharfer Quickie am Herd<br />

Yotam Ottolenghis Fast-Food-Bohnen<br />

108 Krieg, Klimakrise, Fortschritt<br />

Der Soziologe Andreas Reckwitz über<br />

unsere Zukunftshoffnungen und die<br />

Verlusterfahrung in der Moderne<br />

110 Und jetzt: Action!<br />

Umfangreiche technische Änderungen<br />

sollen die Formel 1 attraktiver machen.<br />

Ein Überblick zum Saisonstart in Bahrain<br />

1<strong>12</strong> Très chic électrique<br />

Mit dem Megane will Renault beweisen,<br />

dass E-Autos wirklich alltagstauglich sind<br />

Rubriken<br />

3 Editorial<br />

6 Kolumne von<br />

Jan Fleischhauer<br />

9 Nachrichten<br />

10 Fotos der Woche<br />

16 Grafik der Woche<br />

Fund der „Endurance“<br />

18 Menschen<br />

80 Wir müssen reden<br />

Titelthemen sind rot markiert<br />

91 Mein Salon<br />

101 Bestseller<br />

101 Impressum<br />

114 Die Einflussreichen<br />

116 Leserbriefe<br />

117 Nachrufe/<br />

Servicenummern<br />

118 Tagebuch<br />

Gewinnspiel:<br />

E-Bikes von Corratec<br />

im Wert von<br />

über 16.000 €<br />

64-SEITIGES HEFT ZUM<br />

TRENDTHEMA E-BIKE<br />

Die neusten Modelle für Stadt<br />

und Alltag<br />

26 E-Bikes im großen<br />

<strong>FOCUS</strong> E-BIKE Test <strong>2022</strong><br />

Interviews mit Joko Winterscheidt<br />

und Angelique Kerber


AGENDA<br />

Alischer Usmanow<br />

Er zählt zu Putins liebsten Oligarchen, ist in<br />

allen lukrativen Branchen vertreten, kam in<br />

die Kreml-Kreise aufgrund von Kontakten<br />

zu Jewgenij Primakow, einem KGBler. Seine<br />

156 Meter lange, mit 600 Millionen Dollar<br />

bewertete Jacht „Dilbar“ wurde gerade<br />

in Hamburg beschlagnahmt<br />

Londongrad<br />

Der Zwiebelturm der Moskauer Basilius-<br />

Kathedrale steht in dieser Illustration an<br />

der Themse. London ist einer der Oligarchen-Hotspots.<br />

Dort floriert eine ganze<br />

Industrie, die das Geld russischer Superreicher<br />

verwaltet und versteckt<br />

Maria Jumaschewa<br />

Die 19-jährige Enkelin des einstigen russischen<br />

Präsidenten Boris Jelzin und Tochter<br />

des Milliardärs Valentin Jumaschew lebt in<br />

London, wo sie an einem Protest gegen Putin<br />

teilnahm und auf Instagram<br />

eine Ukraine-Flagge postete<br />

Arkadij Rotenberg<br />

Putins Jugendfreund gehört Russlands<br />

größte Baufirma, u. a. für<br />

Gaspipelines, er wird deshalb<br />

„König der Staatsaufträge“<br />

genannt. Sein Name tauchte in<br />

den Pandora Papers auf<br />

22


Roman Abramowitsch<br />

Der 55-jährige ist Noch-Eigentümer<br />

des Fußballklubs FC Chelsea und<br />

zahlreicher Immobilien. Seine Jacht<br />

„Ecplise“ soll über 400 Millionen<br />

Dollar gekostet haben und war<br />

zeitweise die längste der Welt<br />

Alexandra Korendjuk<br />

Nach drei Ehen soll<br />

Abramowitsch nun das<br />

25-jährige TV-Sternchen<br />

daten<br />

Sofia Abramowitsch<br />

Seine 27-jährige Tochter mit<br />

seiner zweiten Frau Irina<br />

wuchs in Sussex auf. Sie wurde<br />

im Helikopter in ihre Privatschule<br />

in London gebracht und<br />

von Bodyguards begleitet<br />

RUSSLAND<br />

Im Reich der Finsternis<br />

Ihr Vermögen machten sie von Putins Gnaden, trugen es in die Welt, auf ihren<br />

Jachten empfangen sie Europas Eliten. Nun werden die russischen<br />

Oligarchen sanktioniert. Doch welche Bedeutung haben sie wirklich<br />

für Putins Macht? Und: Wirken die Sanktionen überhaupt?<br />

Eine Spurensuche am Tegernsee und in London<br />

TEXT VON C. BAIER, C. ELFLEIN, R. KECK,<br />

J. HUFELSCHULTE, M. ZESLAWSKI<br />

COMPOSING VON MICHAEL HEITSCHÖTTER<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>12</strong>/<strong>2022</strong><br />

Alexej Miller<br />

Der promovierte Ökonom arbeitete<br />

mit Putin schon in der St. Petersburger<br />

Stadtverwaltung zusammen,<br />

folgte ihm als stellvertretender<br />

Energieminister nach Moskau und<br />

prägt jetzt als Gazprom-Chef die<br />

globale russische Energiepolitik<br />

Oleg Deripaska<br />

Der Aluminiumkönig und Energieunternehmer,<br />

der Yoga praktiziert<br />

und sich gern als Philanthrop betätigt,<br />

sprach sich nach seiner<br />

Sanktionierung gegen den Krieg<br />

aus, nicht gegen Putin<br />

23<br />

Illustration: Nate Kitch Fotos: Shutterstock, Klaus Wiendl, dpa, Fotolia, Getty Images


POLITIK<br />

Bloß weg! Eine ukrainische<br />

Familie überquert die<br />

ukrainisch-polnische Grenze,<br />

um dem Krieg in der Heimat<br />

zu entkommen. Erster<br />

Zwischenstopp: Dorohusk<br />

An der Grenze<br />

der Menschlichkeit<br />

Drei Millionen Ukrainer sind bereits geflohen, Millionen<br />

weitere könnten folgen. Europa steuert auf die<br />

größte humanitäre Katastrophe seit 80 Jahren zu.<br />

Wie gut sind wir darauf vorbereitet? Ein Report<br />

TEXT VON MARC ETZOLD, ANDREAS GROSSE HALBUER,<br />

MARKUS C. HUREK, MAXIMILIAN KRONES UND LARA WERNIG<br />

Foto: Rafal Milach/Magnum Photos/Agentur Focus<br />

28<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>12</strong>/<strong>2022</strong>


TITEL<br />

<strong>FOCUS</strong> <strong>12</strong>/<strong>2022</strong> 29


WISSEN<br />

Einen Marathon<br />

zu laufen<br />

bedeutet Stress,<br />

selbst für ein<br />

gesundes Herz<br />

freie und leistungsstarke Wirbelsäule<br />

ist. „Welche Aktivitäten wir<br />

ausüben, spielt dabei fast keine<br />

Rolle“, sagt er. Kuhnt will motivieren,<br />

Bewegungsinseln im Alltag<br />

einzubauen: sich rekeln und<br />

dehnen beim Eincremen nach<br />

dem Duschen, sich während des<br />

Zähneputzens in der Hocke an die<br />

Wand lehnen, beim Ausräumen<br />

des Geschirrspülers Kniebeugen<br />

machen. Auch eine Straßenbahn<br />

oder ein Bus könne zum Gym<br />

werden: „Stehen Sie in den Verkehrsmitteln<br />

immer mal auf und<br />

nutzen Sie die Instabilität beim<br />

Anfahren, Stoppen oder Abbremsen<br />

als sensomotorisches Training<br />

für Gleichgewicht und Tiefensensibilität.“<br />

Selbst das Sexualleben<br />

biete „neben den Beweglichkeitsübungen<br />

lustvolle Krafttrainingsanreize“.<br />

All das über den Tag<br />

aufsummiert, kommt der WHO-<br />

Empfehlung schnell nahe.<br />

In vier Sekunden ans Ziel<br />

Gekonnter<br />

Schlagabtausch<br />

Tennis punktet als<br />

Kraftausdauertraining<br />

für den gesamten<br />

Körper und<br />

schult auch Koordination<br />

und Reflexe.<br />

Die schnellen Stopps<br />

stressen allerdings<br />

Bänder, Sehnen und<br />

Gelenke. Mit einer<br />

guten Schlagtechnik<br />

lässt sich der Tennisarm<br />

als Überlastung<br />

der Streckmuskelansätze<br />

der Hand<br />

vermeiden. Wichtig:<br />

vor dem Training stets<br />

gut aufwärmen<br />

Sportprofessor Halle hängt die<br />

Latte noch niedriger: „Sich zehn<br />

bis 15 Minuten pro Tag so intensiv<br />

zu bewegen, dass man leicht<br />

ins Schwitzen und Schnaufen<br />

kommt, wirkt sich bereits extrem<br />

positiv auf unsere Gesundheit und<br />

das gesunde Altern aus“, sagt er.<br />

„Zehn Minuten pro Tag – wer hat<br />

das nicht übrig?“ Ausreden wie<br />

Herzprobleme, Übergewicht oder<br />

hohes Alter lässt er nicht gelten.<br />

Das ist die erste und die vielleicht<br />

wichtigste Erkenntnis meiner<br />

Recherche: Bereits sehr wenig<br />

Sport ist sehr gesund.<br />

Bewegung muss nicht Funktionskleidung,<br />

Erschöpfung und rasen-<br />

den Puls bedeuten. „Es kommt auf<br />

die tägliche Grundaktivität an“,<br />

sagt Halle. Und da schneidet mancher<br />

Sportmuffel besser ab als jemand,<br />

der zweimal wöchentlich ins<br />

Fitnessstudio geht, aber ansonsten<br />

nur sitzt oder mit dem Auto unterwegs<br />

ist. Wer etwa täglich mit dem<br />

Hund spazieren geht oder mit dem<br />

Rad in die Arbeit fährt, füllt sein<br />

Bewegungskonto auch ohne Sport<br />

gut auf.<br />

Ein „Rückenbuch für Faule“<br />

(Trias Verlag) hat der Sportpädagoge<br />

Ulrich Kuhnt geschrieben.<br />

Er leitet die Rückenschule Hannover<br />

und betont, wie wichtig Bewegung<br />

auch für eine schmerz-<br />

Eine Studie der University of T e-<br />

xas hat auf der Suche nach ei -<br />

nem Trainingsminimum sogar die<br />

Wirksamkeit eines Vier-Sekunden-Workouts<br />

belegt: Pro Stunde<br />

mussten die Probanden für vier<br />

Sekunden auf einem Ergometer<br />

an ihr Limit gehen, gefolgt von<br />

45 Sekunden Pause. Der Wechsel<br />

wurde fünfmal hintereinander<br />

durchgezogen, was über einen<br />

Arbeitstag eine reine Trainingszeit<br />

von 160 Sekunden ergab. Selbst<br />

das hatte positive Auswirkungen<br />

auf die Fettverbrennung und die<br />

für den Cholesterinspiegel wichtigen<br />

Triglyzeride im Blut.<br />

Diese Art Bewegungssnack ist<br />

selbst mir zu wenig. Ich trete bei<br />

Professor Halle an zur Sporttauglichkeitsuntersuchung.<br />

Herz-Ultraschall,<br />

Blutdruck, Ruhe- und Belastungs-EKG:<br />

Ganze zwei Stunden<br />

72 <strong>FOCUS</strong> <strong>12</strong>/<strong>2022</strong>

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