Klausurtagung „Hospiz“ - Peter Godzik
Klausurtagung „Hospiz“ - Peter Godzik Klausurtagung „Hospiz“ - Peter Godzik
und Zeit- und Stundenbegrenzungen der konkreten EinsÑtze festzulegen, denn „verheizte Mitarbeiter geben keine WÑrme“ (Frau Schroth). Erfahrungen der Hospizinitiativen mit Diakonie und Kirchen am Beispiel der Arbeitsgemeinschaft Hospiz Stuttgart (Herr Beutel) (Eine weitere Beschreibung der Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Hospiz findet sich auch im Anhang S. A 93, wo ein kurzer Jahresbericht abgedruckt ist.) Ich máchte Ihnen zunÑchst den aktuellen Stand der Arbeit in unserer Arbeitsgemeinschaft Hospiz in Stuttgart beschreiben und dann máchte im zweiten unsere Planvorstellungen skizzieren. SchlieÖlich máchte ich Ihnen noch im dritten Bereich einige BeschlÇsse aus Kirche und Diakonie bekanntgeben. Das vorher im Zusammenhang mit der Hospizarbeit benutzte Bild einer Graswurzel hat mich sehr angesprochen und eigentlich auch traurig gemacht, weil in einer Stadt wie Stuttgart doch sehr viel Asphalt ist. Mir ist noch eine Frau von Weihnachten in Erinnerung, sie fand keine Herberge in dieser Stadt Stuttgart und ist deshalb erfroren. Es war eine Frau aus dem sozialpsychiatrischen Dienst, sie muÖte ihre Wohnung rÑumen, kurz vor Weihnachten! Es war kein Raum in dieser Stadt. Nach den Feiertagen kam die Meldung: sie ist verstorben. In den letzten Wochen hárte ich wiederholt, daÖ Menschen sterben, an KÑlte. Das ist die Situation im Asphalt einer GroÖstadt. Wir haben mit der Arbeitsgemeinschaft Hospiz die eindeutige Zielsetzung, daÖ die Gemeinde das Hospiz darstellen soll, wissen aber, daÖ auch die Einrichtung von stationÑren und teilstationÑren Hospizen zur UnterstÇtzung der ambulanten Hospizarbeit unumgÑnglich ist. Das teilstationÑre und stationÑre Hospiz, daÖ ich nachher noch vorstellen máchte, ist eine Notlásung, damit mehr ambulante Hospizarbeit geleistet werden kann. Es klingt paradox, aber so ist die Situation, vor der wir stehen. Vielleicht noch eine Anmerkung zur Gemeinde: Wir machen in Stuttgart die Erfahrung, daÖ die parochiale Gemeinde fÇr die Hospizarbeit nicht unbedingt der Ort oder die Gemeinde ist. Es bilden sich neue Gemeindestrukturen, die Çber die parochialen hinausgreifen, und es gibt Menschen, die gepackt und auch betroffen sind von der Not und auch gepackt sind von ihrer FÑhigkeit, hier Begleitung und Betreuung anzubieten bei sterbenden Menschen. Diese Gruppe bildet eine neue Gemeinde. Ich denke, das ist sehr ermutigend und auch ein Hinweis fÇr unsere Arbeit in Diakonie und Kirche. Im FrÇhjahr 1987 wurde in Stuttgart die Arbeitsgemeinschaft Hospiz, eine diakonisch tÑtige Einrichtung gegrÇndet, die von der Evangelischen Gesellschaft initiiert wurde und der sich dann die Evangelische Gesamtkirchengemeinde und die Evangelische Diakonissenanstalt mit ihrer Klinik des Krankenhauses in der RosenbergstraÖe angeschlossen haben. Wir haben eine Vereinbarung getroffen, die eigentlich keine eingeschriebene Satzung ist, aber doch unsere Zielsetzungen und unsere Form der Zusammenarbeit regelt. Ich zitiere aus dem ä 1: „Die Arbeitsgemeinschaft Hospiz ist eine diakonisch tÑtige Arbeitsgemeinschaft, die von der Gesamtkirchengemeinde, der Evangelischen Gesellschaft und der Diakonissenanstalt getragen ist. Wir sehen Diakonie als gelebten Glauben der christlichen Gemeinde in Wort und Tat. Die GewiÖheit des Glaubens ermutigt Christen, sich dem Tod zu stellen und das Leben neu 72 /hp
als Geschenk zu empfangen. Der Hospizdienst hat deshalb eine diakonische und missionarische Zielsetzung.“ Den Zweck der Arbeitsgemeinschaft beschreibt ä 3: „Die Arbeitsgemeinschaft hat die Aufgabe, einen ambulanten und stationÑren Hospizdienst zu planen, aufzubauen und durchzufÇhren, entsprechend der Konzeption vom FrÇhjahr 1987.“ Wir haben eigentlich vor Beginn der Hospizarbeit eine Konzeption in einer Beschreibung in Etappen vorgelegt, wo eben auch wieder das ambulante Hospiz, die Gemeinde, als Ort der eigentlichen Hospizarbeit herausgestellt und beschrieben wird. Ihre Aufgabe sieht unser Hospizdienst in der Begleitung und UnterstÇtzung sterbender Menschen und ihrer Angehárigen in der letzten Zeit des Lebens. Damit will er Çber konfessionelle Grenzen und andere BeschrÑnkungen hinweg Sterbenden und ihren Angehárigen helfen. Er strebt eine enge Zusammenarbeit mit der Krankenhausseelsorge an, mit Kirchengemeinden, mit Diakoniestationen, KrankenhÑusern und anderen diakonischen und sozialen Einrichtungen. Dazu noch eine Randbemerkung: Wir haben, als wir 1987 mit der Hospizarbeit anfingen, eigentlich sehr viel Kritik gehárt, weil Einrichtungen in der Alten- und Familienpflege, der Nachbarschaftshilfe und vor allem auch der Krankenhausseelsorge sich sehr angegriffen fÇhlten. Unser Vorhaben wurde als eine Kritik an ihrem Tun empfunden und eingeschÑtzt. Wir haben vielleicht versÑumt, genÇgend Zeit der Vorarbeit, der Information zu widmen, um auch unsere WertschÑtzung zum Ausdruck zu bringen. Das hat sich inzwischen allerdings sehr normalisiert und es sind sehr gute Kooperationsformen, sei es mit Kliniken, Krankenhausseelsorgern oder mit Diakoniestationen gefunden worden. Aber wie gesagt – zunÑchst wurde die Hospizarbeit, unsere Zielsetzung, als eine Kritik an Bestehendem gesehen und das hat uns die Arbeit anfangs sehr erschwert. Zur Zeit sind bei uns im Hospizdienst eine Psychologin, Frau Dr. Tausch-Flammer, eine Sozialarbeiterin und 35 freiwillige Helferinnen, 2 Helfer und eine SekretÑrin im ambulanten Hospizdienst tÑtig. Nach unseren Erfahrungen hatte es sich als sinnvoll erwiesen – die Erfahrungen aus der Arbeit der Telefonseelsorge, aus der Sozialpsychiatrie, jetzt auch zum Projekt der Alzheimerbegleitung zeigen das ebenfalls –, daÖ ein Profi, ein professioneller Mitarbeiter, im SchlÇssel 1 zu 30 fÇr die UnterstÇtzung und BefÑhigung von 30 freiwilligen Helfern das beste VerhÑltnis ist. Wir mÇssen darauf achten, daÖ freiwillige Mitarbeit nicht zu einem MiÖbrauch des Ehrenamtes fÇhrt. Sehr hÑufig wurde in der Geschichte von Diakonie und Sozialarbeit nach meiner EinschÑtzung der freiwillige Helfer benÇtzt, damit wir Kosten sparen kánnen. Wenn aber das Motiv und die Zielsetzung Kostenersparnis ist, dann meine ich, ist der freiwillige Helfer miÖbraucht. Freiwillige Mitarbeit hat eine andere Zielsetzung als diese finanzielle Überlegung oder EinschÑtzung und wir mÇssen dem freiwilligen Helfern mit einer anderen WÑhrung begegnen. Es wurde schon sehr ausfÇhrlich beschrieben, diese UnterstÇtzungen im persánlichen Bereich, diese WÑhrung „Entwicklungshilfe fÇr persánliche Entwicklung und Reifung“ anzubieten. Das ist eine WÑhrung, die die freiwilligen Helfer sehr dankbar annehmen, und die Frage nach dem Geld stellt sich dann gar nicht. Zum andern mÇssen wir deutlich machen, daÖ Betroffensein und ein MitÇbernehmen eines diakonischen sozialen Dienstes ein Merkmal fÇr seelische Gesundheit ist. Die Amerikaner sind im Bereich der freien UnterstÇtzung der Wohlfahrtspflege in ganz anderer Weise tÑtig und aktiv. Dort hat man fÇr mich sehr Çberzeugend in unterschiedlichen Untersuchungen festgestellt, daÖ die Menschen, die sich betroffen machen lassen kánnen, die von ihrer Lebenszeit bereit sind zu teilen und sich zu enga- 73
- Seite 22 und 23: AktivitÇten von Hospizgruppen am B
- Seite 24 und 25: zeugt bin -, muÖ auf breiter Ebene
- Seite 26 und 27: Modelle: Palliativstationen in Kál
- Seite 28 und 29: Was sind die Ziele der Hospizbewegu
- Seite 30 und 31: Ich hatte vorhin von den Erfolgen d
- Seite 32 und 33: Die andere Antwort auf die schwieri
- Seite 34 und 35: Bereich alleine ihre Ursachen haben
- Seite 36 und 37: pizbewegung habe und an das, was si
- Seite 38 und 39: sprÑchsanstáÖe zu bieten und Mod
- Seite 40 und 41: Wir kÑmpften um die Gesundheit, di
- Seite 42 und 43: Sterben und Tod dÇrfen nicht ausge
- Seite 44 und 45: Wenn aber die kárperlichen Anzeich
- Seite 46 und 47: MEINE ANFRAGE: Was also mÇssen wir
- Seite 48 und 49: Wege und Ziele der konkreten Hospiz
- Seite 50 und 51: 50 Teamwork Wie die Hospize machen
- Seite 52 und 53: Die kleine Reisegruppe wuchs zusamm
- Seite 54 und 55: dern bilden die ungewáhnliche Kons
- Seite 56 und 57: gen der Hospizbewegung umsorgt. Die
- Seite 58 und 59: Wege und Ziele der konkreten Hospiz
- Seite 60 und 61: unwÇrdigen Sterbeereignissen, oft
- Seite 62 und 63: Unsere Leistungsgesellschaft wird v
- Seite 64 und 65: Durch die Ausrichtung der Beerdigun
- Seite 66 und 67: Besondere Probleme 66 - Single-Haus
- Seite 68 und 69: 68 4. Diakonische Dienste: - Gespr
- Seite 70 und 71: Ausbildung auch nicht. NatÇrlich s
- Seite 74 und 75: gieren, sich durch deutliche Merkma
- Seite 76 und 77: anregen kann, sodaÖ dann wieder ei
- Seite 78 und 79: wenn ich sage, daÖ es noch viel zu
- Seite 80 und 81: fÇr nichtkonfessionell gebundene G
- Seite 82 und 83: mit Pflegeeinrichtungen. Andere Bei
- Seite 84 und 85: Sterben eine Krankheit Sterben ist
- Seite 86 und 87: Éngste und Erfahrungen zu sprechen
- Seite 88 und 89: Die Pflegenden sind in solchen Klin
- Seite 90 und 91: gerontopsychiatrischer Schwerstpfle
- Seite 92 und 93: TÑbinger Projekt „Ürztliche und
- Seite 94 und 95: also nur denkbar und sinnvoll, wenn
- Seite 96 und 97: Die Arbeit der Koordinationsstelle
- Seite 98 und 99: Um den Çberregional koordinierten
- Seite 100 und 101: 8) Finanzbedarf des Gesamtprojekts
- Seite 102 und 103: Stellenbeschreibung der hauptamtlic
- Seite 104 und 105: 5. Konzeptionsentwicklung/Kooperati
- Seite 106 und 107: Beschreibung der Projekts „Sterbe
- Seite 108 und 109: Jahresbericht 1990 der Arbeitsgemei
- Seite 110 und 111: zung und wollen den ambulanten Hosp
- Seite 112 und 113: d) Begleitende Kurse (Supervision)
- Seite 114: 400 verschiedene GÑste. Die Arbeit
und Zeit- und Stundenbegrenzungen der konkreten EinsÑtze festzulegen, denn „verheizte<br />
Mitarbeiter geben keine WÑrme“ (Frau Schroth).<br />
Erfahrungen der Hospizinitiativen mit Diakonie und Kirchen<br />
am Beispiel der Arbeitsgemeinschaft Hospiz Stuttgart (Herr Beutel)<br />
(Eine weitere Beschreibung der Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Hospiz findet sich<br />
auch im Anhang S. A 93, wo ein kurzer Jahresbericht abgedruckt ist.)<br />
Ich máchte Ihnen zunÑchst den aktuellen Stand der Arbeit in unserer Arbeitsgemeinschaft<br />
Hospiz in Stuttgart beschreiben und dann máchte im zweiten unsere Planvorstellungen<br />
skizzieren. SchlieÖlich máchte ich Ihnen noch im dritten Bereich einige<br />
BeschlÇsse aus Kirche und Diakonie bekanntgeben.<br />
Das vorher im Zusammenhang mit der Hospizarbeit benutzte Bild einer Graswurzel<br />
hat mich sehr angesprochen und eigentlich auch traurig gemacht, weil in einer Stadt<br />
wie Stuttgart doch sehr viel Asphalt ist. Mir ist noch eine Frau von Weihnachten in<br />
Erinnerung, sie fand keine Herberge in dieser Stadt Stuttgart und ist deshalb erfroren.<br />
Es war eine Frau aus dem sozialpsychiatrischen Dienst, sie muÖte ihre Wohnung<br />
rÑumen, kurz vor Weihnachten! Es war kein Raum in dieser Stadt. Nach den<br />
Feiertagen kam die Meldung: sie ist verstorben. In den letzten Wochen hárte ich wiederholt,<br />
daÖ Menschen sterben, an KÑlte. Das ist die Situation im Asphalt einer<br />
GroÖstadt.<br />
Wir haben mit der Arbeitsgemeinschaft Hospiz die eindeutige Zielsetzung, daÖ die<br />
Gemeinde das Hospiz darstellen soll, wissen aber, daÖ auch die Einrichtung von stationÑren<br />
und teilstationÑren Hospizen zur UnterstÇtzung der ambulanten Hospizarbeit<br />
unumgÑnglich ist. Das teilstationÑre und stationÑre Hospiz, daÖ ich nachher noch<br />
vorstellen máchte, ist eine Notlásung, damit mehr ambulante Hospizarbeit geleistet<br />
werden kann. Es klingt paradox, aber so ist die Situation, vor der wir stehen.<br />
Vielleicht noch eine Anmerkung zur Gemeinde: Wir machen in Stuttgart die Erfahrung,<br />
daÖ die parochiale Gemeinde fÇr die Hospizarbeit nicht unbedingt der Ort oder<br />
die Gemeinde ist. Es bilden sich neue Gemeindestrukturen, die Çber die parochialen<br />
hinausgreifen, und es gibt Menschen, die gepackt und auch betroffen sind von der<br />
Not und auch gepackt sind von ihrer FÑhigkeit, hier Begleitung und Betreuung anzubieten<br />
bei sterbenden Menschen. Diese Gruppe bildet eine neue Gemeinde. Ich denke,<br />
das ist sehr ermutigend und auch ein Hinweis fÇr unsere Arbeit in Diakonie und<br />
Kirche.<br />
Im FrÇhjahr 1987 wurde in Stuttgart die Arbeitsgemeinschaft Hospiz, eine diakonisch<br />
tÑtige Einrichtung gegrÇndet, die von der Evangelischen Gesellschaft initiiert wurde<br />
und der sich dann die Evangelische Gesamtkirchengemeinde und die Evangelische<br />
Diakonissenanstalt mit ihrer Klinik des Krankenhauses in der RosenbergstraÖe angeschlossen<br />
haben. Wir haben eine Vereinbarung getroffen, die eigentlich keine eingeschriebene<br />
Satzung ist, aber doch unsere Zielsetzungen und unsere Form der Zusammenarbeit<br />
regelt. Ich zitiere aus dem ä 1: „Die Arbeitsgemeinschaft Hospiz ist<br />
eine diakonisch tÑtige Arbeitsgemeinschaft, die von der Gesamtkirchengemeinde,<br />
der Evangelischen Gesellschaft und der Diakonissenanstalt getragen ist. Wir sehen<br />
Diakonie als gelebten Glauben der christlichen Gemeinde in Wort und Tat. Die GewiÖheit<br />
des Glaubens ermutigt Christen, sich dem Tod zu stellen und das Leben neu<br />
72<br />
/hp