Klausurtagung „Hospiz“ - Peter Godzik

Klausurtagung „Hospiz“ - Peter Godzik Klausurtagung „Hospiz“ - Peter Godzik

24.12.2012 Aufrufe

und Zeit- und Stundenbegrenzungen der konkreten EinsÑtze festzulegen, denn „verheizte Mitarbeiter geben keine WÑrme“ (Frau Schroth). Erfahrungen der Hospizinitiativen mit Diakonie und Kirchen am Beispiel der Arbeitsgemeinschaft Hospiz Stuttgart (Herr Beutel) (Eine weitere Beschreibung der Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Hospiz findet sich auch im Anhang S. A 93, wo ein kurzer Jahresbericht abgedruckt ist.) Ich máchte Ihnen zunÑchst den aktuellen Stand der Arbeit in unserer Arbeitsgemeinschaft Hospiz in Stuttgart beschreiben und dann máchte im zweiten unsere Planvorstellungen skizzieren. SchlieÖlich máchte ich Ihnen noch im dritten Bereich einige BeschlÇsse aus Kirche und Diakonie bekanntgeben. Das vorher im Zusammenhang mit der Hospizarbeit benutzte Bild einer Graswurzel hat mich sehr angesprochen und eigentlich auch traurig gemacht, weil in einer Stadt wie Stuttgart doch sehr viel Asphalt ist. Mir ist noch eine Frau von Weihnachten in Erinnerung, sie fand keine Herberge in dieser Stadt Stuttgart und ist deshalb erfroren. Es war eine Frau aus dem sozialpsychiatrischen Dienst, sie muÖte ihre Wohnung rÑumen, kurz vor Weihnachten! Es war kein Raum in dieser Stadt. Nach den Feiertagen kam die Meldung: sie ist verstorben. In den letzten Wochen hárte ich wiederholt, daÖ Menschen sterben, an KÑlte. Das ist die Situation im Asphalt einer GroÖstadt. Wir haben mit der Arbeitsgemeinschaft Hospiz die eindeutige Zielsetzung, daÖ die Gemeinde das Hospiz darstellen soll, wissen aber, daÖ auch die Einrichtung von stationÑren und teilstationÑren Hospizen zur UnterstÇtzung der ambulanten Hospizarbeit unumgÑnglich ist. Das teilstationÑre und stationÑre Hospiz, daÖ ich nachher noch vorstellen máchte, ist eine Notlásung, damit mehr ambulante Hospizarbeit geleistet werden kann. Es klingt paradox, aber so ist die Situation, vor der wir stehen. Vielleicht noch eine Anmerkung zur Gemeinde: Wir machen in Stuttgart die Erfahrung, daÖ die parochiale Gemeinde fÇr die Hospizarbeit nicht unbedingt der Ort oder die Gemeinde ist. Es bilden sich neue Gemeindestrukturen, die Çber die parochialen hinausgreifen, und es gibt Menschen, die gepackt und auch betroffen sind von der Not und auch gepackt sind von ihrer FÑhigkeit, hier Begleitung und Betreuung anzubieten bei sterbenden Menschen. Diese Gruppe bildet eine neue Gemeinde. Ich denke, das ist sehr ermutigend und auch ein Hinweis fÇr unsere Arbeit in Diakonie und Kirche. Im FrÇhjahr 1987 wurde in Stuttgart die Arbeitsgemeinschaft Hospiz, eine diakonisch tÑtige Einrichtung gegrÇndet, die von der Evangelischen Gesellschaft initiiert wurde und der sich dann die Evangelische Gesamtkirchengemeinde und die Evangelische Diakonissenanstalt mit ihrer Klinik des Krankenhauses in der RosenbergstraÖe angeschlossen haben. Wir haben eine Vereinbarung getroffen, die eigentlich keine eingeschriebene Satzung ist, aber doch unsere Zielsetzungen und unsere Form der Zusammenarbeit regelt. Ich zitiere aus dem ä 1: „Die Arbeitsgemeinschaft Hospiz ist eine diakonisch tÑtige Arbeitsgemeinschaft, die von der Gesamtkirchengemeinde, der Evangelischen Gesellschaft und der Diakonissenanstalt getragen ist. Wir sehen Diakonie als gelebten Glauben der christlichen Gemeinde in Wort und Tat. Die GewiÖheit des Glaubens ermutigt Christen, sich dem Tod zu stellen und das Leben neu 72 /hp

als Geschenk zu empfangen. Der Hospizdienst hat deshalb eine diakonische und missionarische Zielsetzung.“ Den Zweck der Arbeitsgemeinschaft beschreibt ä 3: „Die Arbeitsgemeinschaft hat die Aufgabe, einen ambulanten und stationÑren Hospizdienst zu planen, aufzubauen und durchzufÇhren, entsprechend der Konzeption vom FrÇhjahr 1987.“ Wir haben eigentlich vor Beginn der Hospizarbeit eine Konzeption in einer Beschreibung in Etappen vorgelegt, wo eben auch wieder das ambulante Hospiz, die Gemeinde, als Ort der eigentlichen Hospizarbeit herausgestellt und beschrieben wird. Ihre Aufgabe sieht unser Hospizdienst in der Begleitung und UnterstÇtzung sterbender Menschen und ihrer Angehárigen in der letzten Zeit des Lebens. Damit will er Çber konfessionelle Grenzen und andere BeschrÑnkungen hinweg Sterbenden und ihren Angehárigen helfen. Er strebt eine enge Zusammenarbeit mit der Krankenhausseelsorge an, mit Kirchengemeinden, mit Diakoniestationen, KrankenhÑusern und anderen diakonischen und sozialen Einrichtungen. Dazu noch eine Randbemerkung: Wir haben, als wir 1987 mit der Hospizarbeit anfingen, eigentlich sehr viel Kritik gehárt, weil Einrichtungen in der Alten- und Familienpflege, der Nachbarschaftshilfe und vor allem auch der Krankenhausseelsorge sich sehr angegriffen fÇhlten. Unser Vorhaben wurde als eine Kritik an ihrem Tun empfunden und eingeschÑtzt. Wir haben vielleicht versÑumt, genÇgend Zeit der Vorarbeit, der Information zu widmen, um auch unsere WertschÑtzung zum Ausdruck zu bringen. Das hat sich inzwischen allerdings sehr normalisiert und es sind sehr gute Kooperationsformen, sei es mit Kliniken, Krankenhausseelsorgern oder mit Diakoniestationen gefunden worden. Aber wie gesagt – zunÑchst wurde die Hospizarbeit, unsere Zielsetzung, als eine Kritik an Bestehendem gesehen und das hat uns die Arbeit anfangs sehr erschwert. Zur Zeit sind bei uns im Hospizdienst eine Psychologin, Frau Dr. Tausch-Flammer, eine Sozialarbeiterin und 35 freiwillige Helferinnen, 2 Helfer und eine SekretÑrin im ambulanten Hospizdienst tÑtig. Nach unseren Erfahrungen hatte es sich als sinnvoll erwiesen – die Erfahrungen aus der Arbeit der Telefonseelsorge, aus der Sozialpsychiatrie, jetzt auch zum Projekt der Alzheimerbegleitung zeigen das ebenfalls –, daÖ ein Profi, ein professioneller Mitarbeiter, im SchlÇssel 1 zu 30 fÇr die UnterstÇtzung und BefÑhigung von 30 freiwilligen Helfern das beste VerhÑltnis ist. Wir mÇssen darauf achten, daÖ freiwillige Mitarbeit nicht zu einem MiÖbrauch des Ehrenamtes fÇhrt. Sehr hÑufig wurde in der Geschichte von Diakonie und Sozialarbeit nach meiner EinschÑtzung der freiwillige Helfer benÇtzt, damit wir Kosten sparen kánnen. Wenn aber das Motiv und die Zielsetzung Kostenersparnis ist, dann meine ich, ist der freiwillige Helfer miÖbraucht. Freiwillige Mitarbeit hat eine andere Zielsetzung als diese finanzielle Überlegung oder EinschÑtzung und wir mÇssen dem freiwilligen Helfern mit einer anderen WÑhrung begegnen. Es wurde schon sehr ausfÇhrlich beschrieben, diese UnterstÇtzungen im persánlichen Bereich, diese WÑhrung „Entwicklungshilfe fÇr persánliche Entwicklung und Reifung“ anzubieten. Das ist eine WÑhrung, die die freiwilligen Helfer sehr dankbar annehmen, und die Frage nach dem Geld stellt sich dann gar nicht. Zum andern mÇssen wir deutlich machen, daÖ Betroffensein und ein MitÇbernehmen eines diakonischen sozialen Dienstes ein Merkmal fÇr seelische Gesundheit ist. Die Amerikaner sind im Bereich der freien UnterstÇtzung der Wohlfahrtspflege in ganz anderer Weise tÑtig und aktiv. Dort hat man fÇr mich sehr Çberzeugend in unterschiedlichen Untersuchungen festgestellt, daÖ die Menschen, die sich betroffen machen lassen kánnen, die von ihrer Lebenszeit bereit sind zu teilen und sich zu enga- 73

und Zeit- und Stundenbegrenzungen der konkreten EinsÑtze festzulegen, denn „verheizte<br />

Mitarbeiter geben keine WÑrme“ (Frau Schroth).<br />

Erfahrungen der Hospizinitiativen mit Diakonie und Kirchen<br />

am Beispiel der Arbeitsgemeinschaft Hospiz Stuttgart (Herr Beutel)<br />

(Eine weitere Beschreibung der Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Hospiz findet sich<br />

auch im Anhang S. A 93, wo ein kurzer Jahresbericht abgedruckt ist.)<br />

Ich máchte Ihnen zunÑchst den aktuellen Stand der Arbeit in unserer Arbeitsgemeinschaft<br />

Hospiz in Stuttgart beschreiben und dann máchte im zweiten unsere Planvorstellungen<br />

skizzieren. SchlieÖlich máchte ich Ihnen noch im dritten Bereich einige<br />

BeschlÇsse aus Kirche und Diakonie bekanntgeben.<br />

Das vorher im Zusammenhang mit der Hospizarbeit benutzte Bild einer Graswurzel<br />

hat mich sehr angesprochen und eigentlich auch traurig gemacht, weil in einer Stadt<br />

wie Stuttgart doch sehr viel Asphalt ist. Mir ist noch eine Frau von Weihnachten in<br />

Erinnerung, sie fand keine Herberge in dieser Stadt Stuttgart und ist deshalb erfroren.<br />

Es war eine Frau aus dem sozialpsychiatrischen Dienst, sie muÖte ihre Wohnung<br />

rÑumen, kurz vor Weihnachten! Es war kein Raum in dieser Stadt. Nach den<br />

Feiertagen kam die Meldung: sie ist verstorben. In den letzten Wochen hárte ich wiederholt,<br />

daÖ Menschen sterben, an KÑlte. Das ist die Situation im Asphalt einer<br />

GroÖstadt.<br />

Wir haben mit der Arbeitsgemeinschaft Hospiz die eindeutige Zielsetzung, daÖ die<br />

Gemeinde das Hospiz darstellen soll, wissen aber, daÖ auch die Einrichtung von stationÑren<br />

und teilstationÑren Hospizen zur UnterstÇtzung der ambulanten Hospizarbeit<br />

unumgÑnglich ist. Das teilstationÑre und stationÑre Hospiz, daÖ ich nachher noch<br />

vorstellen máchte, ist eine Notlásung, damit mehr ambulante Hospizarbeit geleistet<br />

werden kann. Es klingt paradox, aber so ist die Situation, vor der wir stehen.<br />

Vielleicht noch eine Anmerkung zur Gemeinde: Wir machen in Stuttgart die Erfahrung,<br />

daÖ die parochiale Gemeinde fÇr die Hospizarbeit nicht unbedingt der Ort oder<br />

die Gemeinde ist. Es bilden sich neue Gemeindestrukturen, die Çber die parochialen<br />

hinausgreifen, und es gibt Menschen, die gepackt und auch betroffen sind von der<br />

Not und auch gepackt sind von ihrer FÑhigkeit, hier Begleitung und Betreuung anzubieten<br />

bei sterbenden Menschen. Diese Gruppe bildet eine neue Gemeinde. Ich denke,<br />

das ist sehr ermutigend und auch ein Hinweis fÇr unsere Arbeit in Diakonie und<br />

Kirche.<br />

Im FrÇhjahr 1987 wurde in Stuttgart die Arbeitsgemeinschaft Hospiz, eine diakonisch<br />

tÑtige Einrichtung gegrÇndet, die von der Evangelischen Gesellschaft initiiert wurde<br />

und der sich dann die Evangelische Gesamtkirchengemeinde und die Evangelische<br />

Diakonissenanstalt mit ihrer Klinik des Krankenhauses in der RosenbergstraÖe angeschlossen<br />

haben. Wir haben eine Vereinbarung getroffen, die eigentlich keine eingeschriebene<br />

Satzung ist, aber doch unsere Zielsetzungen und unsere Form der Zusammenarbeit<br />

regelt. Ich zitiere aus dem ä 1: „Die Arbeitsgemeinschaft Hospiz ist<br />

eine diakonisch tÑtige Arbeitsgemeinschaft, die von der Gesamtkirchengemeinde,<br />

der Evangelischen Gesellschaft und der Diakonissenanstalt getragen ist. Wir sehen<br />

Diakonie als gelebten Glauben der christlichen Gemeinde in Wort und Tat. Die GewiÖheit<br />

des Glaubens ermutigt Christen, sich dem Tod zu stellen und das Leben neu<br />

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