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Klausurtagung „Hospiz“ - Peter Godzik

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sich auf subtile Weise auch in seiner Individualisierung vollzieht, Widerstand geleistet.<br />

Da die Auseinandersetzung mit dem Sterben aber fÇr ein menschenwÇrdiges<br />

leben und eine humane Gesellschaft unverzichtbar ist, leisten die „zu Hause“ Sterbenden<br />

den Lebenden einen lebensnotwendigen Dienst.<br />

Es ist daher Çberaus zu begrÇÖen, daÖ die Hospizbewegung ihr Augenmerk verstÑrkt<br />

darauf richtet, wie Menschen ermáglicht werden kann, zu Hause zu sterben.<br />

Damit aber wird ihr VerhÑltnis zu den Ortsgemeinden und deren Sterbebegleitung<br />

zum Thema.<br />

Wenn man allerdings in die gÑngige theologische Literatur blickt, wird man eines anderen<br />

belehrt. In den Veráffentlichungen etwa zum Thema „Gemeinde“ und „Gemeindeaufbau“<br />

und in den groÖen kirchlichen Umfragen spielen Sterbebegleitung<br />

und Sterbeseelsorge keine Rolle, in der neueren Literatur zum Parochialpfarramt nur<br />

am Rande. Sie erscheinen dagegen als Themen der Spezialliteratur im Umkreis<br />

Krankenhauspfarramt oder Hospizbewegung. In dieser Gewichtung spiegeln sich<br />

sowohl die Verlagerung des Sterbens in KrankenhÑuser und Altersheime wie die Defizite<br />

diesbezÇglicher Gemeindearbeit und der auch innerkirchliche Trend zur Spezialisierung.<br />

Damit deutet sich die Gefahr an, daÖ die Sterbeseelsorge, wie viele andere<br />

Bereiche der Diakonie, aus der Gemeinde auswandert und Sache von Spezialisten<br />

wird. Das Konzept „Gemeinde als Hospiz“ ist ein Versuch, dem entgegenzuwirken<br />

und die Hospizarbeit so anzulegen, daÖ die Sterbebegleitung, die in den Gemeinden<br />

geschieht, gestÇtzt und nicht ausgeháhlt wird.<br />

„Gemeinde als Hospiz“ versucht im Grunde, an alte christliche Traditionen anzuknÇpfen.<br />

Die spÑtmittelalterliche „Ars-moriendi“-Literatur etwa versteht Sterbebegleitung<br />

als allgemeine Christenpflicht und will Pfarrer wie Laien dazu befÑhigen; es wird geradezu<br />

das Laienamt des „Krankenfreundes“ (amicus aegroti) geschaffen. In den reformatorischen<br />

Visitationsordnungen wird regelmÑÖig gefragt, ob Kranke (und das<br />

zielte auf Todkranke) besucht werden, und in jeder Kirchenordnung findet sich ein<br />

Kapitel „Von der Besuchung und Communion der Krancken“ (Gr. WÇrtt. KO XCIII).<br />

Erstaunlich ist auch, wie weit die Inhalte denen gleichen, die sich in der heutigen<br />

Sterbeliteratur finden. All dies aber kreist um die eine Frage: Wie wird der Tod zum<br />

„seligen StÇndlein“, zum „Tádlein“, wie Luther sagen kann? Es gibt ein rechtes Sterben<br />

und dann natÇrlich auch ein falsches. Dieses zu ermáglichen und vor jenem zu<br />

bewahren, ist Sinn der Sterbebegleitung. Sie ist damit weit mehr als eine beliebige<br />

diakonische Aufgabe, die man Çbernehmen und notfalls auch wieder lassen kann:<br />

sie ist eine unverzichtbare LebensÑuÖerung einer christlichen Gemeinde.<br />

Ich war 6 1/2 Jahre lang evangelischer Gemeindepfarrer in einer – Çberwiegend katholischen<br />

– wÇrttembergischen Kleinstadt und hatte, mit Filial, insgesamt etwa 1.400<br />

Gemeindeglieder zu betreuen. Dort und in der nÑheren Umgebung gab und gibt es<br />

kein Hospiz, wohl aber Sterbebegleitung in vielerlei Gestalt, Çber Wochen oder auch<br />

Jahre hinweg, an der sich Familienangehárige, Gemeindeschwestern, Mitarbeiterinnen<br />

der hÑuslichen Krankenpflege, Érzte, Pfarrer, Nachbarn und Gemeindeglieder<br />

(etwa vom Besuchsdienst) beteiligten. Diese Sterbebegleitung liegt sozusagen noch<br />

einmal unter der auf dieser Tagung bereits thematisierten Ebene der Sozialstationen;<br />

sie ist kaum organisiert und sicher nicht professionell, wenig sichtbar und doch wirksam.<br />

Wir stoÖen hier auf die „Graswurzeln“ der nachbarlichen und gemeindlichen<br />

Sterbebegleitung, die auch der Pfarrer nicht erst ins Leben rufen muÖ, sondern die er<br />

bereits vorfindet. Hier ist meiner Überzeugung nach die alte kirchliche Tradition der<br />

Sterbebegleitung noch am Leben. Manche der Beteiligten sind interessiert an Fortbildung<br />

und nehmen entsprechende Angebote etwa der Hospizbewegung gerne an.<br />

Andere aber sind in diesem Sinne nicht „pÑdagogisierbar“ und brauchen eine solche<br />

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