Klausurtagung „Hospiz“ - Peter Godzik
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Sterben und Tod dÇrfen nicht ausgegrenzt, sondern – entsprechend der Zielsetzung<br />
der Hospiz-Bewegung – mÇssen sie in das gesellschaftliche Leben integriert werden,<br />
das heiÖt konkret in dem gesamten Gesundheitssystem als zum Leben gehárende<br />
Aufgabe begriffen werden. Sterben ist nur die letzte Krise im Verlauf unseres Lebens.<br />
Provokativer formuliert:<br />
42<br />
Sterben und Tod kánnen nur um den Preis eines inhumanen Lebens ausgegliedert<br />
werden.<br />
Das heiÖt, ein menschenwÇrdiges Leben schlieÖt ein, daÖ wir uns als Menschen<br />
verstehen, die mit Grenzen leben und darum Sterben und Tod nicht<br />
verdrÑngen.<br />
In der Umkehrung folgt daraus:<br />
Leben gewinnen wird jeder, der in der stÑndigen BemÇhung lebt, Sterben und<br />
Tod einzugliedern, das heiÖt:<br />
sich selbst und die Familie sowie die Gesellschaft mit diesen Grenzen zu verstehen,<br />
sich diesen Grenzen zu stellen und diesem VerstÑndnis gemÑÖ zu<br />
handeln, d. h. unser Leben verantwortlich zu gestalten.<br />
Daraus folgt fÇr unseren Auftrag von Bildung:<br />
Wenn Sterben und Tod als die letzte Krise im Lebensverlauf gedeutet werden, ist<br />
diese auch konstitutiv fÇr notwendiges Lernen. Dieses Lernen wird dann auch integraler<br />
Bestandteil des Gesundheits-, Bildungs- und Gesellschaftssystems.<br />
HERAUSFORDERUNGEN<br />
Ich komme jetzt auf die anfangs gestellte Anfrage der Erziehungswissenschaft an die<br />
Hospiz-Bewegung zurÇck:<br />
die Hospiz-Bewegung in ihrer Schrittmacherfunktion zwischen separierender<br />
Professionalisierung und integrierender Humanisierung von Sterben und Tod?<br />
Es bleibt das hoch einzuschÑtzende Verdienst der Hospiz-Bewegung: Sie hat das<br />
Tabuthema „Sterben und Tod“ in das áffentliche BewuÖtsein gerÇckt und den Dialog<br />
Çber diese Aufgabe eráffnet. Überdies hat sie in zahlreichen differenzierten Facetten<br />
der Arbeit „stationÑr, ambulant, abhÑngig, unabhÑngig u.a.“ immer mehr Formen der<br />
Beteiligung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen aus Fachleuten und Laien<br />
ermáglicht. Jedoch stehen wir aus meiner Sicht – und in Kenntnis der Untersuchungen<br />
aus den USA und GroÖbritannien – heute an einem entscheidenden Punkt:<br />
Wenn wir die Alternative nicht klar genug in den Blick nehmen, kánnte sich – analog<br />
zur BehindertenpÑdagogik – eine neue, keinesfalls beabsichtigte Eigengesetzlichkeit<br />
entwickeln.<br />
Es besteht die Gefahr, daÖ sich durch eigenstÑndigen Ausbau der Hospiz-<br />
Bewegung erneut eine Ausgrenzung, nun aber von Sterben und Tod aus dem<br />
Gesundheitssystem anbahnen kánnte.<br />
Andererseits:<br />
Es besteht aber auch die Chance, daÖ durch kritisch reflektierten, verstÑrkten<br />
Einbau der Hospiz-Bewegung in das Gesundheitssystem ihre Schrittmacherfunktion<br />
in Richtung auf eine Humanisierung der Gesellschaft erreicht werden<br />
kann, und zwar nicht allein im Bereich des Gesundheitssystems, sondern daÖ