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Gut Aiderbichl Magazin Herbst/Winter 2021: Leben lieben

Lesen Sie herzerwärmende Tierrettungsgeschichten und erfahren Sie allerlei Wissenswertes rund um Gut Aiderbichl.

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DIE KUNST, MIT WENIG ZUFRIEDEN ZU SEIN<br />

Jedes Zackelschaf trägt ein geschraubtes Hörnerpaar,<br />

das bei keiner anderen Schafrasse der Welt vorkommt.<br />

Bei Böcken werden die Hörner sogar bis zu einem Meter<br />

lang. Ein Zackelschaf braucht nicht viel, um glücklich zu<br />

sein: ein bisschen Gras, einen Unterstand und den Zusammenhalt<br />

seiner Herde. Geboren werden sie mit einem<br />

weißen oder schwarzen Wollkleid, wobei sich die weißen<br />

Schafe im Laufe ihres <strong>Leben</strong>s eher in Richtung Beige<br />

entwickeln. Das dichte Fell lässt sie Temperaturen von<br />

minus 20 bis plus 40 Grad Celsius ertragen.<br />

50<br />

GENÜGSAMES<br />

HERDENTIER<br />

Wovon träumt wohl ein Zackelschaf?<br />

Von den Weiten<br />

seiner Heimat, der ungarischen<br />

Puszta, die fast unendlich<br />

scheint? Wo jener Ort in der Ferne,<br />

den das Auge gerade noch so erkennen<br />

kann, genau der sein muss, an dem der<br />

Himmel die Erde berührt. Es ist diese Grenzenlosigkeit,<br />

die jedem Zackelschaf zur<br />

zweiten Natur geworden ist.<br />

Mit ihrem schweren, lockigen Mäntelchen<br />

und den lustig verdrehten Hörnern <strong>lieben</strong><br />

diese erstaunlichen Wesen es, eng an eng<br />

wie bodennahe Woll-Wolken durch offene<br />

Landschaften zu trappeln. Landschaften,<br />

die sie ganz genau mit ihren waagerechten<br />

Pupillen überblicken können. Denn auf<br />

alles, was unerwartet auftaucht, reagiert<br />

ein Zackelschaf höchst schreckhaft und<br />

unwirsch. Nein, Zackelschafe sind nicht so<br />

ruhig und gleichmütig wie die meisten anderen<br />

Schafe. Manche würden sie sogar als<br />

Wildschafe bezeichnen, die außer ihrem<br />

Hirten und den Hütehunden nur ihre Artgenossen<br />

kennen und akzeptieren. Nur<br />

sehr schwer schließen sie Freundschaften<br />

„Unsere Zackelschafe<br />

wissen, dass sie sich vor uns<br />

nicht fürchten müssen.“<br />

außerhalb ihrer Herde. Wohlgemerkt: Normalerweise!<br />

Vor etwa acht Jahren ziehen<br />

die ersten Zackelschafe auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />

ein. Ein Hobbyzüchter hatte um Hilfe gebeten,<br />

weil seine Herde zu groß geworden<br />

war. In Henndorf weiß man um die Scheu<br />

der uralten Schafrasse und zäunt für die<br />

Neuankömmlinge vorsorglich<br />

eine eigene<br />

Weide ab, auf der sie<br />

ganz für sich sein können.<br />

Doch womit niemand<br />

rechnet: Diese<br />

Zackelschafe sind offenbar<br />

sehr gern bereit,<br />

mit uralten Traditionen<br />

und Verhaltensregeln zu brechen: „Eines<br />

Tages sind sie einfach durch die Umzäunung<br />

hindurch gelaufen“, erinnert sich<br />

Tierpfleger-Leiterin Eva Zach. Und zwar<br />

nicht etwa, um auszubrechen. Die hellwachen<br />

Hornträger wollen sich vielmehr mit<br />

den anderen Schafen von <strong>Aiderbichl</strong> zusammentun.<br />

„Das war eigentlich gar nicht<br />

so geplant“, bekennt Eva und lacht, „Zusammen<br />

bilden nun alle Schafe eine große<br />

„Zusammen bilden alle<br />

Schafe eine große, sehr<br />

durchmischte Herde.“<br />

Herde, die sehr durchmischt ist: Walliser<br />

Schwarznasenschafe, Bergschafe, Juraschafe:<br />

Hier kommen Schafe zusammen,<br />

die normalerweise niemals zusammenkommen<br />

würden.“ Somit ist <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />

nicht nur eine Begegnungsstätte für<br />

Mensch und Tier, sondern stiftet auch tiefe<br />

Freundschaften, die an<br />

keinem anderen Ort der<br />

Welt möglich wären.<br />

Mehr noch: „Unsere Zackelschafe<br />

haben gelernt,<br />

mit dem täglichen<br />

Kontakt zu Menschen<br />

umzugehen, sie wissen,<br />

dass sie sich vor uns<br />

nicht fürchten müssen“, sagt Eva. So lassen<br />

sich diese ganz besonderen Tiere mit den<br />

einzigartigen, verdrehten Hörnern in ihrer<br />

neuen Heimat gern von den Besuchern<br />

streicheln, genießen jeden Tag – und wer<br />

weiß: Nachts träumen sie vielleicht davon,<br />

in ihrer Herde aus vielen, ganz verschiedenartigen<br />

Freunden über die Wiesen zu<br />

ziehen – ganz sorglos und unbeschwert.<br />

GUT AIDERBICHL<br />

WISSEN<br />

Ungarns<br />

Nationalschafe<br />

➤ Mit ihren korkenzieherartig<br />

gedrehten Hörnern und der langen,<br />

lockigen Wolle gleichen sie<br />

Fabelwesen aus einer längst vergangenen<br />

Zeit. Und dieser Eindruck<br />

ist gar nicht so verkehrt:<br />

Zackelschafe gibt es seit ca. 1100<br />

Jahren, sie prägten über Jahrhunderte<br />

das Landschaftsbild der<br />

ungarischen Puszta und waren<br />

begehrte Handelsware. Die Wolle<br />

der Zackelschafe ist besonders<br />

warm und widerstandsfähig. Lange<br />

ist sie das ideale Material für<br />

wetterfeste Kleidung. Aber die<br />

Wolle ist fest, rau und kratzig –<br />

bald bevorzugt man das Merinoschaf<br />

mit seiner weichen Wolle.<br />

Das Zackelschaf droht von der<br />

Erde zu verschwinden. 2009 liegt<br />

sein Bestand nur noch bei knapp<br />

unter 300 Tieren. Inzwischen<br />

dürfen dank Zucht-Bemühungen in<br />

Österreich, Deutschland und Ungarn<br />

wieder ca. 3500 Schafe in<br />

kleinen und größeren Herden über<br />

die Wiesen traben.<br />

Auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> gehören Zackelschafe<br />

zu den alten Haustierrassen,<br />

für deren Erhalt man sich stark<br />

einsetzt. Tiere, die von der Schlachtung<br />

bedroht sind oder deren Besitzer<br />

mit der Haltung überfordert<br />

sind, finden hier ein neues Heim.<br />

Und die seltenen Walliser Schwarznasenschafe,<br />

die Kletterkünstler<br />

mit den hübschen schwarzen Gesichtern,<br />

haben auf <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong><br />

ein sicheres Zuhause gefunden.<br />

Weil auch sie niemals in Vergessenheit<br />

geraten dürfen.Wichtig<br />

aber ist: <strong>Gut</strong> <strong>Aiderbichl</strong> betreibt<br />

grundsätzlich keine Zucht, außer<br />

natürlich, wenn bereits trächtige<br />

Tiere auf dem <strong>Gut</strong> eintreffen. Dann<br />

gehören diese Tierkinder zur großen<br />

<strong>Aiderbichl</strong>-Familie.

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