Kurz gesagt - WSL

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24.12.2012 Aufrufe

10 Grossflächig, gut vernetzt und ver teilt Eine nachhaltige Holznutzung allein führt nicht automatisch zu einer hohen Biodiversität im Wald. WSL-Forschende zeigen, welche Strategien und Instrumente dafür notwendig sind. Der Gelbmilchende Helmling braucht morsches Totholz am Boden. Was bis anhin fehlte, war ein Überblick über die Konzepte zur Förderung der Biodiversität im Schweizer Wald. Darum haben Wissenschafter der WSL-Forschungseinheit Biodiversität und Naturschutzbiologie das vorhandene Wissen für die Forstpraxis zusammengetragen. Fazit: Für die einen Arten braucht es mehr Wälder ohne mensch liche Eingriffe, für die anderen stärker und vielfältiger genutzte. Als wichtig erachten die Forschenden, keine scharfe Grenze zwischen Wald und Kulturland zu ziehen. Denn gestufte Waldränder sind ein sehr artenreicher Lebensraum und viele Arten pendeln zwischen Wald und offenem Kulturland. Künftig werden die räumlich flexiblen Instrumente des Naturschutzes wegen des Klimawandels und der Wanderung von Arten an Bedeutung gewinnen, die statischen aber nicht überholt sein. Der Klimawandel wird durch häufigere Extrem ereignisse wie Stürme und Trocken - heiten, Insektenbefall und Waldbrände zu einer Dynamik im Wald führen, die eine höhere Biodiversität erwarten lässt – jedenfalls solange das natürliche Regenerationsvermögen im Wald nicht zerstört ist. Vom Nutzen und Nicht - nutzen Die Schweiz hat sich einer nachhaltigen, naturnahen und multifunktionalen Waldwirtschaft verschrieben: Mehrere Waldfunktionen wie Erholung und Holzproduktion überlagern sich und gleichzeitig soll die Vielfalt an Arten, Genen und Lebensräumen erhalten bleiben. Dazu braucht es aber weiterführende Massnahmen, denn die nachhaltige Nutzung des Waldes allein schützt die Biodiversität nicht genügend. Die Fachleute unterscheiden zwischen Segregation (räumliche Trennung von Waldfunktionen) und Integration (Überlagerung von verschiedenen Funktionen auf der gleichen Fläche). Flankierend braucht es fallweise spezifische Mass - nahmen zur Förderung einzelner Arten. Bei der Segregation geht es darum, Vorranggebiete für die biologische Vielfalt oder die Holznutzung einzurichten. So werden in Naturwaldreservaten keine forstlichen Eingriffe vorgenommen, in Sonderwaldreservaten und Schutzge - bieten für seltene Biotope nur Eingriffe zur Lebensraumgestaltung und -aufwertung. So entstehen einerseits biologisch alte, ungenutzte Waldbestände mit einem hohen Anteil an Alt- und Totholz. Bedrohte Arten wie Feuerschwämme, Alpenbock und Engelshaarflechte sind darauf angewiesen. Andererseits können mit Sonderwaldreservaten traditionell Rudolphs Trompetenmoos wächst ausschliess - lich auf altem Bergahorn.

Der Nagelfleck lebt in buchenreichen Laubwäldern. genutzte, offene Kulturwälder wie Mittelwald, Kastanienselve und Wytweide und ihre Zielarten wie beispielsweise der Mittelspecht gefördert werden. Bei der Integration geht es darum, die Lebensraumqualität für Tiere und Pflanzen im Wirtschaftswald zu verbessern. So fördert die natürliche Verjüngung des Waldes die Verbreitung von lichtliebenden Pionierarten und die Strukturvielfalt. In Zukunft ist wegen steigendem Energie- und Bauholzbedarf mit einer intensiveren Holznutzung zu rechnen, was die stehenden Holzvorräte verkleinert. Aus naturschutzbiologischer Sicht stellt dies eine Chance für zahlreiche Organismen dar, wenn minimale ökologische Standards berücksichtigt werden. Kombiniert mit einer vielfältigeren Nutzung kann die Dominanz einzelner Nutz - baum arten zudem vermindert werden. Weitere Konzepte Andere naturschutzbiologische Konzepte befassen sich mit Schlüsselarten, die direkten Einfluss auf andere Arten haben, und Schlüsselstrukturen wie Totholz oder Baumhöhlen, die überlebenswich - tige Nischen für zahlreiche Arten bilden. Zu den Schirmarten gehören Lebensraumspezialisten mit einem grossen Raumbedarf wie das Auerhuhn. Werden Schirmarten mit Lebensraummassnahmen geschützt, fördert dies gleichzeitig andere typische Vertreter der Artengemeinschaft. Nur die Kombination der Strategien und Instrumente kann eine umfassende Biodiversität im Wald erhalten. Wichtig dabei ist, dass Vorranggebiete für die biologische Vielfalt möglichst gross, gut vernetzt und verschieden sind. Aus heutiger Sicht fehlen insbesondere im Mittelland grosse Natur- und Sonderwald - reservate sowie Altholzbestände im Wirtschaftswald. www.wsl.ch/biodiversitaet Kontakt: Dr. Kurt Bollmann, Birmensdorf kurt.bollmann@wsl.ch

10<br />

Grossflächig, gut vernetzt und ver teilt<br />

Eine nachhaltige Holznutzung<br />

allein führt nicht automatisch<br />

zu einer hohen<br />

Biodiversität im Wald.<br />

<strong>WSL</strong>-Forschende zeigen,<br />

welche Strategien und Instrumente<br />

dafür notwendig<br />

sind.<br />

Der Gelbmilchende Helmling braucht<br />

morsches Totholz am Boden.<br />

Was bis anhin fehlte, war ein Überblick<br />

über die Konzepte zur Förderung der<br />

Biodiversität im Schweizer Wald. Darum<br />

haben Wissenschafter der <strong>WSL</strong>-Forschungseinheit<br />

Biodiversität und Naturschutzbiologie<br />

das vorhandene Wissen<br />

für die Forstpraxis zusammengetragen.<br />

Fazit: Für die einen Arten braucht es<br />

mehr Wälder ohne mensch liche Eingriffe,<br />

für die anderen stärker und vielfältiger<br />

genutzte. Als wichtig erachten die Forschenden,<br />

keine scharfe Grenze zwischen<br />

Wald und Kulturland zu ziehen. Denn<br />

gestufte Waldränder sind ein sehr artenreicher<br />

Lebensraum und viele Arten<br />

pendeln zwischen Wald und offenem<br />

Kulturland. Künftig werden die räumlich<br />

flexiblen Instrumente des Naturschutzes<br />

wegen des Klimawandels und<br />

der Wanderung von Arten an Bedeutung<br />

gewinnen, die statischen aber nicht überholt<br />

sein. Der Klimawandel wird durch<br />

häufigere Extrem ereignisse<br />

wie Stürme und Trocken -<br />

heiten, Insektenbefall und<br />

Waldbrände zu einer Dynamik<br />

im Wald führen, die eine<br />

höhere Biodiversität erwarten<br />

lässt – jedenfalls solange<br />

das natürliche Regenerationsvermögen<br />

im Wald nicht<br />

zerstört ist.<br />

Vom Nutzen und Nicht -<br />

nutzen<br />

Die Schweiz hat sich einer<br />

nachhaltigen, naturnahen<br />

und multifunktionalen Waldwirtschaft<br />

verschrieben: Mehrere Waldfunktionen<br />

wie Erholung und Holzproduktion überlagern<br />

sich und gleichzeitig soll die Vielfalt<br />

an Arten, Genen und Lebensräumen<br />

erhalten bleiben. Dazu braucht es aber<br />

weiterführende Massnahmen, denn die<br />

nachhaltige Nutzung des Waldes allein<br />

schützt die Biodiversität nicht genügend.<br />

Die Fachleute unterscheiden zwischen<br />

Segregation (räumliche Trennung von<br />

Waldfunktionen) und Integration (Überlagerung<br />

von verschiedenen Funktionen<br />

auf der gleichen Fläche). Flankierend<br />

braucht es fallweise spezifische Mass -<br />

nahmen zur Förderung einzelner Arten.<br />

Bei der Segregation geht es darum,<br />

Vorranggebiete für die biologische Vielfalt<br />

oder die Holznutzung einzurichten.<br />

So werden in Naturwaldreservaten keine<br />

forstlichen Eingriffe vorgenommen, in<br />

Sonderwaldreservaten und Schutzge -<br />

bieten für seltene Biotope nur Eingriffe<br />

zur Lebensraumgestaltung und -aufwertung.<br />

So entstehen einerseits biologisch<br />

alte, ungenutzte Waldbestände mit einem<br />

hohen Anteil an Alt- und Totholz.<br />

Bedrohte Arten wie Feuerschwämme,<br />

Alpenbock und Engelshaarflechte sind<br />

darauf angewiesen. Andererseits können<br />

mit Sonderwaldreservaten traditionell<br />

Rudolphs Trompetenmoos wächst ausschliess -<br />

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