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Der Sand Ausgabe 3

Zeitung für Oberbarmen/Wichlinghausen und den Rest der Stadt

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DER SAND DIE SEITE ZWEI<br />

<strong>Ausgabe</strong> 3<br />

Editorial<br />

Liebe Bewohnerinnen und Bewohner der Wüste,<br />

die Pandemie hat viele von uns in ihrer persönlichen Freiheit<br />

eingeschränkt. Kontaktbeschränkungen, Ausgangsperren,<br />

Schließungen von Läden, Gastrobetrieben und Kultureinrichtungen,<br />

die Masken- und Testpflicht, die Debatte um die<br />

Impflicht – all das verändert unseren Alltag, unsere Psyche,<br />

unser Leben und auch das, was wir unter Freiheit verstehen.<br />

Seit jeher beschäftigen sich Philosophen und Rechtsgelehrte<br />

mit der Freiheit. Freiheit ist mehr als ein großes Wort.<br />

Sie ist ein menschliches Grundbedürfnis, ein in unserer Verfassung<br />

verbürgtes Grundrecht und ein universales Menschenrecht.<br />

Sie ist ein Ideal, ein Versprechen.<br />

Wir haben nun Menschen in Oberbarmen und Wichlinghausen<br />

gefragt, was sie unter Freiheit verstehen. Sie sind<br />

Expert:innen des Alltags, sie wissen, wovon sie sprechen, sie<br />

wissen, wie es ist, ohne Freiheit zu leben, zu überleben. Viele<br />

von ihnen kennen Armut, Durst, Hunger, Nächte im Freien,<br />

Stürme und Kälte, Angst, Verfolgung, Verlust und Not. „Freiheit<br />

ist ein Wort, das nur versteht, wer sie verliert“, hat uns<br />

Rem, 15, erklärt.<br />

Unsere Zeitung entsteht nicht in der Abgeschiedenheit<br />

einer Redaktion, sondern draußen auf der Straße, auf Plätzen,<br />

in Cafés und Geschäften, in Stadtteilspaziergängen, in der<br />

Sprechstunde im Wüstenmobil auf dem Vorplatz der Färberei,<br />

mal mit einem Pop­Up­Foto­Studio, mal mit dem Stadtschreiber<br />

Roland Brus und seinem Oasen-Team; immer in der<br />

Begegnung mit Bewohner:innen und Passant:innen.<br />

Die Menschen erzählen in diesem SAND über ihre Ängste<br />

und Wünsche, ihre Träume und Probleme. Was sie über Freiheit<br />

wissen, ist absolut konkret. Sie berichten von Freiheit,<br />

die man kaufen kann; von Freiheit durch Gesundheit, durch<br />

Sicherheit und andere Privilegien; aber auch von Freiheit im<br />

Spiel auf der Bühne. Sie sprechen über Ausgrenzung, Abhängigkeiten,<br />

Arbeitsverhältnisse und Sklaverei, über soziale<br />

Zwänge und unfreie Sexualität; sie erzählen von der Einschränkung<br />

ihrer Bewegungs- und Meinungsfreiheit, von<br />

physischen und psychischen Fesseln, von äußerer und innerer<br />

Unfreiheit. Wie kommt man raus aus dem inneren oder<br />

äußeren Gefängnis, aus politischen, religiösen und kulturellen<br />

Zwängen? Kann der Ausbruchsversuch gelingen?<br />

Auf den folgenden Seiten berichten Migrant:innen<br />

über ihre Erfahrungen von Unfreiheit, Gewalt, Verfolgung<br />

und Krieg. Sie werfen einen fremden und frischen Blick auf<br />

Deutschland: auf die Erungenschaften politischer Freiheit<br />

und darauf, dass persönliche Freiheit auch unfrei machen<br />

kann, weil niemand mehr Zeit hat.<br />

Schüler:innen der Hauptschule Wichlinghausen diskutieren<br />

über Freiheit zwischen Traum und Wirklichkeit und<br />

über ihre Sehnsucht in Hinblick auf Geschlechterrollen,<br />

Liebe, Rassismus, Diskriminierung. Freiheit heißt für sie,<br />

ihr Leben selbst zu zeichnen. Wilma Schrader erzählt von<br />

Sascha Bückemeyer und seinem Alltag im Rollstuhl, dem<br />

Kampf mit dem Irrsinn unseres Pflegesystems und davon, wie<br />

sich Sascha für eine gerechtere und inklusivere Welt engagiert.<br />

Unsere Reporter:innen zeigen, was Selbstbestimmung<br />

sein kann: Dieter Westhoff widmet sich dem Phänomen<br />

Kiosk und dem Preis der Selbstständigkeit. Daniela Raimund<br />

und Philipp Czampiel entführen uns in die faszinierende<br />

Welt der Kleingärten von Wichlinghausen: „Mein Stück<br />

Himmel“ – eine Parzelle Paradies? Wir berichten über unseren<br />

Fackellauf quer durch die Stadt: eine Manifestation für<br />

Freiheit, Frieden und Chancengleichheit anlässlich des 100.<br />

Geburtstags von Joseph Beuys. Und wir erinnern an Bernhard<br />

Letterhaus, den Barmer Freiheitskämpfer, der von den<br />

Nationalsozialisten ermordet wurde.<br />

Nach dem letzten Bundestagswahlkampf haben wir<br />

nach Schließung der Wahllokale die Plakate der Politiker und<br />

ihre Slogans überklebt mit Bildern von Menschen, denen wir<br />

in Oberbarmen begegnet sind, die hier leben und arbeiten.<br />

Jetzt sehen Sie sie auf unserem Titel: Menschen aus vielen<br />

Nationen und Kulturen, jung und alt. Sie zeigen sich, sie setzen<br />

ein Zeichen: Wir sind da. Wir sind die, um die es geht, wenn<br />

wir über Politik sprechen und Partizipation ernst nehmen<br />

wollen. Nehmt uns wahr, nehmt nicht nur unsere Wahlstimme!<br />

Hört uns zu!<br />

Die Freiheit des Einzelnen ist nicht denkbar ohne den<br />

Anderen. Kollektive Freiheit, sagt der Verfassungsrechtler<br />

Christoph Möllers, bedeute auch, „dass wir uns nicht nur<br />

einschränken, sondern auch ermächtigen, Dinge zu tun, die<br />

wir alleine nicht tun könnten“. Alle Macht der Bevölkerung!<br />

Diese Zeitung versteht sich als eine Spurensuche.<br />

Freiheit ist weltweit bedroht. Wenn wir das Klima auf unserer<br />

„schönen blauen Murmel“, wie Antje sagt, retten<br />

wollen, müssen wir immer das Verhältnis von individueller<br />

und kollektiver Freiheit aushandeln. Freiheit und Verantwortung<br />

gehen Hand in Hand. Es geht, das zeigt uns die<br />

Corona­Zeit, nicht ohne Einschränkungen von Freiheit. Aber<br />

bei wem? Zu welchen Lasten? Müssen wir unsere Freiheit<br />

wirklich erst verlieren, um zu verstehen, was sie ist?<br />

Die Redaktion<br />

Es gibt einen Soundtrack zu dieser <strong>Ausgabe</strong>.<br />

Wir Freiheit! haben auf Spotify eine Playlist für Euch zusammengestellt.<br />

<strong>Der</strong> Soundtrack zu dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

Natürlich dreht sich dort alles um Wandel und Arbeit:<br />

für Dich zusammengestellt auf Spotify<br />

Maybe DER SAND. Höre selbst!<br />

Alle Macht der Bevölkerung Foto: Daniela Camilla Raimund<br />

IMPRESSUM<br />

DER SAND Zeitung für Oberbarmen, Wichlinghausen und den Rest der Stadt, März 2022<br />

HERAUSGEBER:INNEN Die Wüste lebt! Roland Brus, Uwe Peter (V.i.S.d.P.), Daniela Camilla<br />

Raimund<br />

REDAKTION Roland Brus, Hans-Joachim Neubauer, Uwe Peter, Daniela Camilla Raimund,<br />

Wilma Schrader, Hans-Dieter Westhoff<br />

ANSCHRIFT VERLAG UND REDAKTION <strong>Der</strong> <strong>Sand</strong> – Ein Projekt von Die Wüste lebt!<br />

c/o Die Färberei e.V., Peter-Hansen-Platz 1, 42275 Wuppertal · info@die-wueste-lebt.de · www.<br />

die-wueste-lebt.org<br />

AUTOR:INNEN Abdulrahman Alasaad, Roland Brokop, Roland Brus, Sina Dotzert, Rainer Lucas,<br />

Hans-Joachim Neubauer, Uwe Peter, Daniela Camilla Raimund, Wilma Schrader, Hans-Dieter<br />

Westhoff<br />

ALLTAGSEXPERT:INNEN Alle Macht der Bevölkerung Abu Jones, Adla Mohamed, Ahmed<br />

Gulag, Ali, Ali Karakoc, Almohamed, Alsaadi Sajjad, Andoj und Lulozim, Andreas Kaluza,<br />

Anke Klammer, Anna Bröcker, Bärbel Höller, Bea Wallinger, Bernd Saure, Binguzel Kihç,<br />

Carola Haberl, Christin Fuhrmann, Christine Leithäuser, Dashoumir Sali, Detlev Schäfer,<br />

Diana <strong>Sand</strong>ermann, Esmail Ibrahim, Gifty, Richmond und Solomon Addae, Giovanni Ermini,<br />

Gisela Kettner, Günther Böttcher, Iris Colsman, James Gettys, Jörg Justin Fopa, Kerstin Holzmann,<br />

Leila Elhei, Ludgera Menting, Martina Braun, Melanie Beul, Mohamad Alaa Alden, Monika<br />

Kopersul, Nicola Koch, Oliver Falk, Özcan Kihç, Rago Ljub, Rakan Kaba, Salaymah Raghrid,<br />

Shadi Alaaelddin, Stella Türkoglu, Surinder Singh, Ute Gehrke, Wilfried Jöckel, Willy Wolfgang<br />

Bröcker, Zahara Al Mohamed Im Fokus Antje Böhning, Desirée Hahn, Diallo Djoulde, Georg<br />

Kocher, Günther Trzeschwski, Haji Al Hammo Harbi, Peter Ebersberger, Ramona Blau, Samira<br />

Lawaichi Am Rand Alexander, Astrid, Aydin, Erwin, Filiz, Helmut, Mario, Siggi, Willi Nah-<br />

aufnahme Abdu, Amani, Amena, Aree, Civan, Francisca, Hanan, Khaled, Mariam, Mohammad,<br />

Souzan, Valentina, Wiola, Zainab Futur 3 Enisa, Homan, Miray, Moheeb, Rem, Talal Flugschreiber<br />

Anna, Carola, Detlef, Lutz, Khalid, Nikola, Mohammed, Ronni Hautnah Markus Breuer,<br />

Sascha Bückemeyer, Heidi von Schledorn Mikrokosmos Emily, Leonie, Miri Mittendrin Ahilan<br />

Kamenthiram, Bea, Danqi, Emil, Erhan Sag, Frau Gülüm, Isabell Hanisch, Herr Akbal, Herr<br />

Danqui, Mento, Oktay Urzun, Salih Bozan, Saliha Sural, Senl, Shakan Asit, Sorupoluxmy<br />

Ratnasingam, Sural, u.v.a.<br />

FOTOGRAF:INNEN Philip Czampiel, Mirela Hadžić, Max Höllwarth, Rainer Lucas, Daniela Camilla<br />

Raimund, Oskar Siebers, Hans-Dieter Westhoff, Simon Veith, © BOB CAMPUS<br />

TRANSKRIPTIONEN Marvin Malek, Adnan Dalgic, Sophie Dzwonek, Tim Schoger<br />

LEKTORAT Hans-Joachim Neubauer und Karen Peter<br />

SATZ Jens Oliver Robbers und Mara Füsser<br />

DRUCK Rheinische DruckMedien GmbH, Zülpicher Straße 10, 40196 Düsseldorf · Aufl age 10.000<br />

DANK AN David Becher, Johannes Schmidt und Superknut (Utopiastadt), Roland Brokop, Iris<br />

Colsman (Färberei), Johanna Debik und Robert Ambree (BOB Campus), Christoph Gärtner und<br />

Regina Stephan (MLPD), Marcel Gießwein (Bündnis 90/ Die Grünen), Annette Hager, Severin<br />

Hackspiel, Katharina Jungheim und Sarah Badi (Hauptschule Wichlinghausen), Florian Kötter,<br />

Helge Lindt (SPD), Anne Lukas (Bob Kulturwerk), Victoria Lange (Volt), Gudrun Nolte und Helge<br />

Bruhn (KOKOBE), Quartiersbüro Vierzwozwo, Berthold Schneider (Opernhaus Wuppertal), Uwe<br />

Schneidewind, Christel Simon und Burkhard Rücker (CDU), Bernhard <strong>Sand</strong>er (Die Linke), Ariane<br />

Staab (Junior Uni), Manfred Todtenhausen (FDP), <strong>Sand</strong>ra Wohlert (DKP), Teresa Wojciechowska,<br />

Werner Zimmermann und an alle unsere Gesprächspartner:innen und Mitwirkenden.<br />

Die Wüste lebt! ist ein Projekt von Die Färberei e.V. – Zentrum für Inklusion und Integration.<br />

Gefördert über das Modellprogramm „Utopolis – Soziokultur im Quartier“ im Rahmen der ressortübergreifenden Strategie Soziale Stadt „Nachbarschaften stärken, Miteinander im Quartier“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und der Beauftragten für Kultur und Medien (BKM).<br />

Gefördert durch:<br />

Seite 2<br />

Titelfotos: Daniela Camilla Raimund

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