BOLD THE MAGAZINE No.57
EXKLUSIV IM INTERVIEW: PENÉLOPE CRUZ | PLACEBO: FRONTMANN BRIAN MOLKO IM GESPRÄCH | EXPLORING ELECTRO | PORSCHE HERITAGE EXPERIENCE | PEUGEOT 9X8 HYBRID HYPERCAR | VERSTÄRKTE SUCHTGEFAHR: DIE MALEDIVEN | KURZER HALT IN MUSCAT (OMAN)
EXKLUSIV IM INTERVIEW: PENÉLOPE CRUZ | PLACEBO: FRONTMANN BRIAN MOLKO IM GESPRÄCH | EXPLORING ELECTRO | PORSCHE HERITAGE EXPERIENCE | PEUGEOT 9X8 HYBRID HYPERCAR | VERSTÄRKTE SUCHTGEFAHR: DIE MALEDIVEN | KURZER HALT IN MUSCAT (OMAN)
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LIFESTYLE // FASHION // DESIGN // MOTION // TRAVEL // ART D 6.00 EUR // AT 7.00 EUR // CH 9.00 CHF No. 57<br />
<strong>BOLD</strong>-<strong>MAGAZINE</strong>.EU<br />
<strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
PENÉLOPE CRUZ<br />
EXKLUSIV<br />
IM INTERVIEW<br />
PLACEBO: FRONTMANN BRIAN MOLKO IM GESPRÄCH // EXPLORING ELECTRO<br />
PORSCHE HERITAGE EXPERIENCE // PEUGEOT 9x8 HYBRID HYPERCAR<br />
VERSTÄRKTE SUCHTGEFAHR: DIE MALEDIVEN // KURZER HALT IN MUSCAT
4 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> INHALT<br />
CONTENTS<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
UND <strong>THE</strong>MEN<br />
LIFESTYLE // FASHION // DESIGN // MOTION // TRAVEL // ART D 6.00 EUR // AT 7.00 EUR // CH 9.00 CHF No. 57<br />
LIFESTYLE<br />
TRAVEL<br />
<strong>BOLD</strong>-<strong>MAGAZINE</strong>.EU<br />
Exklusiv im Interview:<br />
Penélope Cruz<br />
8<br />
Verstärkte Suchtgefahr:<br />
Die Malediven<br />
30<br />
PENÉLOPE CRUZ<br />
EXKLUSIV<br />
IM INTERVIEW<br />
PLACEBO: FRONTMANN BRIAN MOLKO IM GESPRÄCH // EXPLORING ELECTRO<br />
PORSCHE HERITAGE EXPERIENCE // PEUGEOT 9x8 HYBRID HYPERCAR<br />
VERSTÄRKTE SUCHTGEFAHR: DIE MALEDIVEN // KURZER HALT IN MUSCAT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> No. 57<br />
<strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Placebo:<br />
Frontmann Brian Molko<br />
im Gespräch<br />
FASHION<br />
Hollywood‘s golden Era:<br />
Baldessarini<br />
Fashion for Men<br />
Hollywood Feeling:<br />
Marc Cain<br />
Fashion for Women<br />
46<br />
16<br />
74<br />
48 Stunden und eine Nacht:<br />
Kurzer halt in Muscat<br />
MOTION<br />
Von Blumen und Blizzards:<br />
Porsche Heritage Experience<br />
Hawai’i<br />
DESIGN<br />
Schön und schnell:<br />
Peugeot 9x8 Hybrid Hypercar<br />
38<br />
64<br />
54<br />
Penélope Cruz<br />
Foto: Tesh (AUGUST)<br />
ART<br />
Von Kraftwerk bis Techno:<br />
Highlights der<br />
elektronischen Musik<br />
Vorschau Ausstellungen:<br />
Shirin Neshat in der<br />
Pinakothek der Moderne<br />
und „Passagen“ in der<br />
Fondation Beyeler<br />
22<br />
28<br />
Im Gespräch:<br />
Peugeot 9x8 Hypercar-Designer<br />
Michaël Trouvé<br />
Zeitloses Design:<br />
Von Leica bis Buster + Punch<br />
Cool Stuff<br />
DIE LETZTE SEITE<br />
Impressum<br />
60<br />
70<br />
82
<strong>THE</strong> WORLD’S MOST<br />
POWERFUL LUXURY SUV<br />
a s tonmarti n . com<br />
A NEW SEAT OF POWER<br />
A NEW SEAT OF POWER<br />
astonmartin.com/de<br />
Offizieller Kraftstoffverbrauch Aston Martin DBX707 in l/100 km: innerorts 18,5; außerorts 10,7; kombiniert 13,5; CO 2-Emissionen<br />
kombiniert in g/km: 309. Effizienzklasse G. Die angegebenen Verbrauchs- und Emissionswerte wurden nach dem gesetzlich<br />
vorgeschriebenen Messverfahren ermittelt. Aktuell erfolgt die Typengenehmigung für bestimmte Neuwagen auf Basis eines<br />
weltweit harmonisierten Prüfverfahrens für Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge („Worldwide Harmonized Light Vehicles<br />
Test Procedure“, WLTP), einem realistischeren Prüfverfahren zur Messung des Kraftstoffverbrauchs und der CO 2-Emissionen.<br />
Wegen der realistischeren Prüfbedingungen sind die nach dem WLTP gemessenen Kraftstoffverbrauchs- und CO 2-Emissionswerte<br />
in vielen Fällen höher als die nach dem alten NEFZ-Verfahren („Neuer Europäischer Fahrzyklus“) gemessenen. Allerdings sind<br />
aktuell noch die NEFZ-Werte verpflichtend zu kommunizieren. Soweit Angaben Neuwagen betreffen, die nach dem WLTP-<br />
Verfahren typgenehmigt sind, werden die angegebenen NEFZ-Werte daher von den WLTP-Werten abgeleitet. Die zusätzliche<br />
Angabe der WLTP-Werte erfolgt bis zu deren verpflichtender Verwendung freiwillig.
MATÉRIA SERIES<br />
Christian Haas 2021<br />
classicon.com
PENÉLOPE CRUZ<br />
EXKLUSIV<br />
IM INTERVIEW<br />
AUTOR & INTERVIEW: J. FINK
INTERVIEW / PENÉLOPE CRUZ<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 11<br />
Nach 30 Jahren vor der Kamera ist Penélope Cruz ungebrochen erfolgreich. In Zusammenarbeit<br />
mit ihrem langjährigen Wegbegleiter Pedro Almodóvar zeigt sie mit „Parallele Mütter“<br />
nun einmal mehr, warum sie einer der größten Filmstars der Welt ist.<br />
Dass die Filmbranche (nicht nur, aber<br />
vor allem in Hollywood) nicht unbedingt<br />
gnädig ist zu Frauen über 40, ist kein<br />
Geheimnis. Doch immer öfter gibt es zum<br />
Glück Schauspielerinnen, die beweisen,<br />
dass es auch anders geht. Penélope Cruz<br />
zum Beispiel wird im April 2022 48 Jahre<br />
alt – und ist trotzdem so gut im Geschäft<br />
wie eh und je. Anfang des Jahres gehörte sie<br />
zu den Hauptdarstellerinnen des Actionfilms<br />
„The 355“, nun hat ihr in „Parallele<br />
Mütter“ (ab 10.3. im Kino) wieder ihr<br />
guter Freund Pedro Almodóvar eine Rolle<br />
auf den Leib geschrieben. Und im Sommer<br />
folgt dann auch noch „Der beste Film aller<br />
Zeiten“ (ab Juli im Kino).<br />
Begonnen hat der unaufhaltsame Aufstieg<br />
der Spanierin, die nahe Madrid als<br />
Tochter einer Frisörin und eines Automechanikers<br />
geboren wurde, bereits in<br />
ihrer Jugend. Neben der Schule und jahrelangem<br />
Ballettunterricht geht der – nach<br />
eigener Aussage – extrovertierte Teenager<br />
immer wieder zu Castings, es folgen<br />
Auftritte in Musikvideos oder im Jugendfernsehen.<br />
Gleich die erste große Filmrolle<br />
sorgt dann für einiges Aufsehen: weniger,<br />
weil das humorvolle Melodrama „Jamón,<br />
jamón – Lust auf Fleisch“ beim Filmfestival<br />
in Venedig Premiere feiert oder für<br />
etliche spanische Filmpreise nominiert<br />
wird, sondern vor allem, weil die gerade<br />
einmal volljährige Nachwuchsschauspielerin<br />
sich nicht davor scheut, reichlich<br />
nackte Tatsachen zu präsentieren.<br />
Ihr Leinwandpartner damals ist übrigens<br />
niemand anderes als Javier Bardem, wobei<br />
die beiden erst 15 Jahre nach diesem ersten<br />
Aufeinandertreffen ein Paar werden.<br />
Auf das frühe Image als Sexsymbol lässt<br />
Cruz sich nicht beschränken. Sie spielt<br />
eine Nebenrolle im spanischen Oscar-<br />
Gewinner „Belle Epoque“, hat 1997 in<br />
„Live Flesh – Mit Haut und Haar“ erstmals<br />
einen kleinen Auftritt unter der<br />
Regie des gefeierten Pedro Almodóvar, ein<br />
paar Jahre später gefolgt von „Alles über<br />
meine Mutter“, und dreht überhaupt in der<br />
Heimat einen Film nach dem nächsten.<br />
Vor allem „Virtual Nightmare – Open Your<br />
Eyes“ sorgt auch in den USA für Aufsehen,<br />
woraufhin sich auch in Hollywood Türen<br />
öffnen. Den ganz großen Erfolg bringen<br />
die ersten englischsprachigen Rollen –<br />
etwa in „All die schönen Pferde“ mit Matt<br />
Damon, „Blow“ mit Johnny Depp oder<br />
„Corellis Mandoline“ mit Nicolas Cage –<br />
allerdings nicht. Und für mehr Gesprächsstoff<br />
als ihre Leistung in „Vanilla Sky“<br />
sorgt ihre mehrjährige Beziehung zu<br />
Hauptdarsteller Tom Cruise.<br />
Nachdem auch andere Großproduktionen<br />
wie der französische Kostümfilm „Fanfan<br />
der Husar“ oder das aufwändige Abenteuerspektakel<br />
„Sahara“ mit Matthew
12 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> INTERVIEW / PENÉLOPE CRUZ<br />
McConaughey sich als Enttäuschungen<br />
erweisen, platzt der letzte Karriereknoten<br />
schließlich doch wieder zuhause<br />
in Spanien. Almodóvar gibt ihr die Hauptrolle<br />
in seiner Tragikomödie „Volver –<br />
Zurückkehren“, und Cruz kann endlich der<br />
Welt zeigen, was als Schauspielerin alles<br />
in ihr steckt. In Cannes gewinnt sie mit<br />
ihren Ensemble-Kolleginnen den Darstellerinnen-Preis,<br />
außerdem bekommt sie<br />
sowohl den Europäischen als auch den<br />
Spanischen Filmpreis und wird 2007 erstmals<br />
für den Oscar nominiert. Nur zwei<br />
Jahre später gewinnt sie den wichtigsten<br />
Filmpreis der Welt dann auch, als Beste<br />
Nebendarstellerin für einen leidenschaftlichen<br />
Auftritt in Woody Allens „Vicky Cristina<br />
Barcelona“.<br />
Seither besteht kein Zweifel mehr daran,<br />
dass Cruz, die Bardem 2010 auf den<br />
Bahamas heiratete und Mutter zweier<br />
Kinder ist, zu den echten Weltstars des<br />
Kinos gehört. Sie spielt in Blockbustern<br />
wie „Pirates of the Carribean – Fremde<br />
Gezeiten“ oder „Mord im Orientexpress“<br />
mit, übernimmt als Donatella<br />
Versace in „The Assassination of Gianni<br />
Versace – American Crime Story“<br />
ihre erste große Serienrolle und dreht<br />
mit internationalen Regiegrößen wie<br />
Ridley Scott („The Counselor“), Asghar<br />
Farhadi („Offenes Geheimnis“) oder<br />
Olivier Assayas („Wasp Network“). Und<br />
natürlich immer wieder mit Almodóvar:<br />
Nach „Zerrissene Umarmungen“ 2009<br />
verkörperte sie in „Leid und Herrlichkeit“<br />
sogar eine fiktionalisierte Version seiner<br />
eigenen Mutter.<br />
In „Parallele Mütter“, der jüngsten Zusammenarbeit<br />
der beiden, ist Cruz als Fotografin<br />
zu sehen, die ungeplant schwanger<br />
wird und sich im Krankenhaus mit einer<br />
anderen, deutlich jüngeren werdenden<br />
Mutter anfreundet, während sie parallel<br />
damit beschäftigt ist, ein düsteres, vom<br />
spanischen Bürgerkrieg geprägtes Kapitel<br />
ihrer Familiengeschichte aufzuarbeiten. Es<br />
ist ein komplexer Film geworden, in dem<br />
der Regisseur Almodóvar seine Vorliebe<br />
für soapartige Plots, große Gefühle und<br />
das Thema Mutterschaft um eine ungewohnte<br />
politische Komponente ergänzt.<br />
Seine Hauptdarstellerin und Muse läuft<br />
dabei einmal mehr zu großer Form auf,<br />
wofür sie beim Filmfestival in Venedig den<br />
Darstellerinnen-Preis erhielt und aktuell<br />
für den Oscar nominiert wurde. Man<br />
darf also sicher sein, dass dies noch lange<br />
nicht das Ende der Kollaboration von<br />
Cruz und Almodóvar ist. Wie überhaupt<br />
ihre Karriere kein bisschen an Tempo zu<br />
verlieren scheint, schließlich steht mit<br />
„Der beste Film aller Zeiten“ bereits die<br />
nächste Knaller-Rolle an. In der Komödie<br />
spielt sie neben Antonio Banderas eine<br />
lesbische Regisseurin.<br />
Ms. Cruz, wie lange kennen Sie und<br />
Pedro Almodóvar sich eigentlich schon?<br />
Kennengelernt haben wir uns, als ich<br />
18 Jahre alt war. Da habe ich bei ihm<br />
vorgesprochen, und wir haben uns sofort<br />
super verstanden. Die Chemie stimmte<br />
vom ersten Moment an. Allerdings hat es<br />
damals mit der Zusammenarbeit nicht<br />
geklappt, weil ich zu jung für die Rolle<br />
war. Inzwischen haben wir sieben Filme<br />
zusammen gedreht – und sind sehr eng<br />
miteinander befreundet. Er ist einer der<br />
wichtigsten Menschen in meinem Leben.<br />
Ist das bei der Zusammenarbeit immer<br />
nur ein Vorteil?<br />
Für uns funktioniert das gut. Aber wir<br />
schaffen es auch ganz gut, die Arbeit<br />
und das Private voneinander zu trennen.<br />
Unsere Beziehung verändert sich ein klein<br />
wenig, während wir drehen. Ganz unbewusst,<br />
das haben wir nie besprochen oder<br />
geplant. Dadurch, dass wir beide unseren<br />
Job unglaublich ernst nehmen, entsteht<br />
da oft eine kleine Distanz zwischen<br />
uns, die es privat in der Freundschaft nicht<br />
gibt.<br />
Apropos Distanz: Wie schwer fällt es<br />
Ihnen eigentlich, solche emotional<br />
anspruchsvollen Rollen mit dem Familienleben<br />
zuhause unter einen Hut zu<br />
bringen?<br />
Ich stürze mich wirklich mit Haut und<br />
Haar in meine Arbeit, aber war noch nie<br />
eine Verfechterin davon, die Rollen abends<br />
mit nach Hause zu nehmen. Mich rund<br />
um die Uhr an diese krassen Emotionen<br />
zu klammern, würde mich nicht automatisch<br />
zu einer besseren Schauspielerin<br />
machen. Im Gegenteil finde ich es<br />
wichtig, zwischendurch mal echtes Leben<br />
zu tanken. Das ist für die mentale Gesundheit<br />
ganz gut. Und gerade als Mutter ist es<br />
für mich sowieso keine Frage, dass meine<br />
Kinder meine Priorität sind. Da käme es
Fotos: El Deseo / Studiocanal GmbH
INTERVIEW / PENÉLOPE CRUZ<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 15<br />
gar nicht in Frage, nach Feierabend nicht<br />
ich selbst und für sie da zu sein.<br />
Empfanden Sie die Rolle in „Parallele<br />
Mütter“ besonders anstrengend, auch<br />
weil Sie selbst Kinder haben?<br />
Tatsächlich würde ich sagen, dass diese<br />
Rolle die bisher vielleicht größte Herausforderung<br />
in meiner Karriere war. Aber<br />
nicht, weil ich Kinder habe. Sondern weil<br />
die Frau, die ich da spiele, weiter von mir<br />
selbst weg war als jede andere vorher. Und<br />
weil ihr viele schlimme Dinge passieren,<br />
an denen sie zu leiden hat. Aber das heißt<br />
übrigens nicht, dass ich die Rolle nicht<br />
gern gespielt habe. Im Gegenteil, ich liebe<br />
Herausforderungen und komplizierte<br />
Figuren. Je intensiver ich an einer Rolle<br />
arbeiten muss, desto glücklicher bin ich<br />
beim Dreh. Pedro macht einem die Sache<br />
obendrein besonders einfach, weil seine<br />
Filme immer besonders gut geschrieben<br />
sind.<br />
Die Figur, die Sie im Film spielen,<br />
ist Fotografin. Sie selbst kennen es ja<br />
vermutlich vor allem, auf der anderen<br />
Seite der Kamera zu stehen, oder?<br />
Tatsächlich fotografiere ich auch ganz<br />
gerne selbst. Das ist ein Hobby von mir,<br />
schon seit meiner Jugend. Früher bin ich<br />
nirgends hin, ohne meine Kamera dabei<br />
zu haben. Damit habe ich erst aufgehört,<br />
seit jeder ein Smartphone hat, mit dem<br />
man Fotos machen kann. Daran habe ich<br />
irgendwie nicht die gleiche Freude, denn<br />
die Erfahrung ist eine andere. Ich vermisse<br />
das Fotografieren, und die Rolle in „Parallele<br />
Mütter“ erinnerte mich daran, dass<br />
ich es mal wieder häufiger tun sollte.<br />
Schließlich habe ich in meinem Leben<br />
mit so vielen tollen Fotografen zusammengearbeitet,<br />
von denen ich mir etwas<br />
abgucken konnte. Von meinem geliebten<br />
Peter Lindbergh, den ich sehr vermisse,<br />
habe ich einiges gelernt. Und Annie Leibovitz<br />
hat mir sogar mal eine tolle Kamera<br />
geschenkt.<br />
Letzte Frage, weil Sie für „Parallele<br />
Mütter“ in Venedig den begehrten<br />
Darstellerinnen-Preis gewonnen haben<br />
und auch erneut als Anwärterin auf eine<br />
Oscar-Nominierung gelten: Wie wichtig<br />
sind Ihnen solche Auszeichnungen?<br />
In Venedig war ich so glücklich über den<br />
Preis, dass ich tatsächlich weinen musste.<br />
Das war eine absolute Überraschung, auch<br />
wenn mir zehn Tage lang diverse Leute<br />
prophezeit hatten, dass ich ihn gewinnen<br />
würde. Ich war so dankbar, sowohl Pedro<br />
für diese Rolle als auch der Jury dafür,<br />
dass sie mich und dadurch auch ihn für<br />
einen Film auszeichneten, der für mich<br />
eine derart besondere, emotionale Sache<br />
war. Und das auch noch beim Festival<br />
in Venedig, wo ich das erste Mal mit 18<br />
Jahren war!<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.studiocanal.de<br />
@penelopecruzoficial
16 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
HOLLYWOOD‘S<br />
GOLDEN ERA<br />
FASHION<br />
FOTOGRAF: A. ORTNER<br />
Die neue Frühjahr/Sommer-Kollektion 2022<br />
von Baldessarini bewegt sich in einem Lebensgefühl<br />
der Unabhängigkeit und der Freiheit.<br />
Wir gehen zurück in das Jahr 1969. Hollywood ist wieder auferstanden.<br />
Durch Filme wie „Easy Rider“ und „Bonnie und Clyde“<br />
begann die goldene Ära Hollywoods.<br />
Es ist die Zeit, in der aus den Lautsprechern des Cadillac Coupe Deville<br />
der Sound von Los Bravos „Bring a Little Lovin´“oder<br />
„Treat Her Right“ von Roy Head in die Weite schallt.<br />
www.baldessarini.com
Foto: J. Khrist / DJane und Musikerin Ellen Allien (Festival N.A.M.E., Roubaix, 2017)
VON KRAFTWERK<br />
BIS TECHNO<br />
HIGHLIGHTS DER<br />
ELEKTRONISCHEN MUSIK<br />
AUTOR: H. G. TEINER
24 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> ART / SEHENSWERT<br />
Kraftwerk-Klänge, Rave-Extase, Love-Parade-Feeling - im Museum? Ja, im Kunstpalast! Es<br />
gibt bei dieser Ausstellung zwei Premieren zu feiern: Der Kunstpalast Düsseldorf präsentiert<br />
seine erste große Ausstellung zum Thema Musik. Und erstmals stellt ein Museum in<br />
Deutschland die über 100-jährige Geschichte der elektronischen Musik und ihre Verbindungen<br />
zur Kunst so umfangreich dar.<br />
„Electro. Von Kraftwerk bis Techno“ lädt ein, die spannende und vielverzweigte Geschichte<br />
der elektronischen Musik zu entdecken.<br />
In über 500 teils interaktiven Exponaten<br />
werden multiperspektivisch die unter<br />
dem Begriff „elektronische Musik“ gebündelten<br />
Musikrichtungen beleuchtet.<br />
Gezeigt werden Instrumente, selbstgebaute<br />
Klangerzeuger, Fotografien, Audioeinspielungen,<br />
Videos und Grafikdesign.<br />
Das Spektrum der Schau reicht von den<br />
ersten zukunftweisenden elektronischen<br />
Musikinstrumenten aus dem frühen 20.<br />
Jahrhundert bis zum Einsatz von Künstlicher<br />
Intelligenz in der zeitgenössischen<br />
elektronischen Klangproduktion.<br />
Die Ausstellung zeigt unter anderem<br />
das 1926 in Paris entwickelte elektronische,<br />
berührungsfrei zu spielende Musikinstrument<br />
„Croix Sonore“. Oder Karlheinz<br />
Stockhausens Experimente aus<br />
den 1960er Jahren im Kölner Studio für<br />
elektronische Musik. Neuere Musikströmungen<br />
wie Detroit Techno, Chicago<br />
House und Hip-Hop aus den 1980er<br />
Jahren finden ebenso ihren akustischen<br />
und fotokünstlerischen Widerhall wie<br />
die in den 1990er Jahren aufkommende<br />
Rave-Kultur. Die spektakuläre Inszenierung<br />
des Gesamtwerks des 1970 von Ralf<br />
Hütter und Florian Schneider im Kling-<br />
Klang-Studio in Düsseldorf gegründeten<br />
Multimedia Projekts Kraftwerk bildet<br />
den Mittelpunkt dieser dynamischen<br />
Ausstellung.<br />
„Als Kraftwerk im Jahre 1978 auf ihrem<br />
Album ‚Die Mensch Maschine‘ mit<br />
Vocoder-Stimme den visionären Text<br />
‚Wir sind die Roboter‘ von Ralf Hütter<br />
sang, wurde klar: Das wird eine musikalische<br />
Revolution. Das Albumcover<br />
der Elektropioniere aus Düsseldorf ist<br />
inspiriert vom russischen Konstruktivismus,<br />
die Musik ist eine Mischung<br />
aus neuen Synthesizer-Klängen und<br />
minimalen Beats sowie unverwechselbaren<br />
Melodien und lyrischen Miniaturen<br />
– und die Konzerte, zuletzt 2017<br />
mit der Multimedia-3D-Performance im<br />
Ehrenhof zum Start der Tour de France<br />
in Düsseldorf, ein Gesamtkunstwerk“, so<br />
Felix Krämer, Generaldirektor des Kunstpalastes.<br />
Die bereits in Paris und London gezeigte<br />
Ausstellung wurde wesentlich durch den<br />
Kraftwerk-Schwerpunkt ergänzt: Besucher<br />
der Ausstellung treffen auf Fotografien,<br />
Plattencover, historische Musik-
Foto: J. Khrist (Festival N.A.M.E., Roubaix, 2018)
Foto (Ausschnitt): A. Julien, Unsplash Scaled
ART / SEHENSWERT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 27<br />
instrumente, Lichtskulpturen, sowie auf<br />
die Roboterfiguren der Düsseldorfer<br />
Electro-Pioniere. Neu ist auch, dass der<br />
Künstler Andreas Gursky, jahrelanger<br />
Wegbegleiter der Techno-Szene, seinen<br />
gesamten Fotozyklus May Day präsentiert.<br />
Eine monumentale Breitbild-<br />
Aufnahme des legendären Frankfurter<br />
Cocoon Clubs von Sven Väth aus dem<br />
Jahr 2000 zeigt die Faszination der Rave-<br />
Bewegung mit ihren ekstatisch feiernden<br />
Menschenmassen.<br />
„‚Electro. Von Kraftwerk bis Techno‘ ist<br />
keine Ausstellung über Musik, sondern<br />
vielmehr eine musikalische Ausstellung,<br />
in der es darum geht, die Verbindungen<br />
zwischen elektronischer Musik<br />
und künstlerischer Produktion wie<br />
Grafikdesign, Digitaler Kunst, Fotografie,<br />
Performance und Video zu zeigen“, sagt<br />
Ausstellungskurator Jean-Yves Leloup.<br />
„Wir ermöglichen dem Publikum eine<br />
immersive Erfahrung, die an die Stimmung<br />
von Euphorie und Gemeinschaft<br />
in Clubs, Raves und Festivals erinnert.“<br />
Die elektronische Musik stellt die totale<br />
Befreiung von den emotionalen Befindlichkeiten<br />
in Rock oder Pop dar: Electro<br />
ist einfach pure Dynamik, enthemmte<br />
Bewegung und grenzenloser Spaß. Jetzt<br />
besonders auffällig, in einer Zeit, in der<br />
Live-Gemeinschaftserlebnisse in Clubs<br />
und auf Festivals virusbedingt ausfallen.<br />
Der Dancefloor, die Tanzfläche, ist das<br />
Herz der elektronischen Musikkultur,<br />
in dieser Ausstellung wird diesem sozialen<br />
Bewegungsraum gehuldigt. 120<br />
Beats pro Sekunde schwingen in der<br />
Luft. „In den 1980er Jahren begann DJ<br />
Frankie Knuckles im Club Warehouse in<br />
Chicago eine wilde Mischung aus Disco-<br />
Klassikern, Indie-Label-Soul und Kraftwerk-infizierten<br />
Dancebeats aufzulegen.<br />
Aus der verkürzten Version des Namens<br />
Warehouse wurde die weltweit populäre<br />
Stilrichtung House. In den 1990er Jahren<br />
entwickelt sich die Rave- und Clubkultur,<br />
es entsteht eine markante Bildsprache<br />
im Grafikdesign, gut sichtbar in Flyern<br />
und auf Plattencovern, und ein eigener<br />
Kleidungsstil. Auch die DJs werden zur<br />
Marke und schaffen sich eine eigene<br />
visuelle Identität, so legt auch die französische<br />
Band Daft Punk nur mit futuristischen<br />
Helmen auf. Und die Clubs<br />
werden zu Pilgerstätten: Das E-Werk<br />
und der Tresor in Berlin, das Omen und<br />
Dorian Gray in Frankfurt, später dann<br />
der Cocoon Club in Frankfurt gehörten<br />
zu den legendären ersten Clubs, die fast<br />
ausschließlich Techno und elektronische<br />
Musik spielten“, so Alain Bieber, der<br />
Co-Kurator der Show. Unser Tipp: Besonders<br />
intensiv fällt der Besuch aus, wenn<br />
die eigenen Kopfhörer mit Mini-Klinke an<br />
die zahlreich vorhandenen Audio-Stationen<br />
angeschlossen und laut aufgedreht<br />
werden – ein Beinahe-mittendrin – statt<br />
Nur-dabei-Erlebnis.<br />
Electro. Von Kraftwerk bis Techno<br />
Bis: 15. Mai 2022<br />
Kunstpalast Düsseldorf<br />
www.kunstpalast.de
28 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> ART / SEHENSWERT<br />
Foto (Ausschnitt): S. Neshat<br />
Bild (Ausschnitt): G. O‘Keeffe „Series I, No. 8“ (1919)<br />
Die aktuelle Ausstellung der iranischamerikanischen<br />
Künstlerin Shirin Neshat in<br />
der Pinakothek der Moderne in München<br />
zeigt eine Melange aus westlichen und<br />
östlichen Kunsteinflüssen. Die Fotografin<br />
und Filmemacherin nutzt die reiche<br />
Tradition orientalisch-persischer und die<br />
Modernität westlicher Bildsprachen. Zentrale<br />
Themen ihres Schaffens sind Identität,<br />
Herkunft und Machtstrukturen. Die Serie<br />
„The Book of Kings” spielt beispielsweise<br />
auf das mittelalterliche persische Epos<br />
„Shahnameh – das Buch der Könige“ an,<br />
in dem die Geschichte Persiens tradiert<br />
wird. Shirin Neshat überträgt den Stoff in<br />
die Gegenwart, indem sie ein Zusammenspiel<br />
aus Fotografie, Zeichnung und Kalligrafie<br />
mit den politischen Umwälzungen<br />
in Verbindung bringt.<br />
Die erste Sammlungspräsentation der<br />
Fondation Beyeler in diesem Jahr setzt<br />
sich mit dem Wechselverhältnis von Figuration<br />
und Abstraktion in der modernen<br />
Kunst auseinander, das anhand von rund<br />
70 bedeutenden Gemälden und Skulpturen<br />
des Impressionismus, der klassischen<br />
Moderne und der Gegenwartskunst<br />
beispielhaft beleuchtet wird.<br />
Der Übergang vom Gegenständlichen<br />
zum Abstrakten wird nicht zuletzt in den<br />
unterschiedlichen Darstellungen von<br />
Landschaften und Figuren anschaulich.<br />
Unter dem Begriff der „Passage“ vereint die<br />
Präsentation Werke, anhand derer sich die<br />
Verbindungslinien zwischen zwei gegensätzlichen<br />
und zugleich sich ergänzenden<br />
Bildauffassungen nachzeichnen lassen.<br />
Shirin Neshat<br />
Bis: 24. April 2022<br />
Passagen<br />
Bis: 14. August 2022<br />
Pinakothek der Moderne<br />
www.pinakothek.de<br />
Fondation Beyeler<br />
www.fondationbeyeler.ch
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Fotos: <strong>BOLD</strong> Archiv, C. Streng, Anantara Hotels
VERSTÄRKTE<br />
SUCHTGEFAHR<br />
DIE MALEDIVEN<br />
AUTORIN: C. STRENG
32 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> TRAVEL / MALEDIVEN<br />
Knapp 1200 Koralleninseln bilden die weltbekannte Inselkette der Malediven. Aufgeteilt<br />
auf 19 Inselgruppen, südwestlich von Indien und Sri Lanka im Indischen Ozean<br />
gelegen, erstrecken sie sich über 871 Kilometer in Nord-Süd-Richtung. Nur 220 der<br />
fast 1200, im Schnitt rund ein Meter über dem Meeresspiegel liegenden Inseln sind<br />
bewohnt. Aufgrund dieser Abgeschiedenheit, kombiniert mit einer atemberaubenden<br />
Unterwasserwelt und dem luxuriösen Lifestyle der wunderschönen Inselresorts, zählen<br />
die Malediven zu den beliebtesten Traumzielen überhaupt.<br />
Fast ein wenig unverschämt grinst er<br />
mich an. In seinem gestreiften Outfit<br />
passt er perfekt zur bunt anmutenden<br />
Umgebung. Ich vergesse zu atmen, so<br />
dicht ist er vor mir. Und bevor ich der<br />
Versuchung erliege, „Hallo, Nemo“ zu<br />
rufen, macht der kleine Clownfisch<br />
kehrt und schwimmt eilig zurück zu<br />
seiner Anemone. Doch schon kommt<br />
eine Horde farbenfroher Papageienfische<br />
des Wasserweges, und Schwärme<br />
von Meerbarben, Zackenbarsche und<br />
Marlins ziehen vorbei. Sie lassen sich<br />
von uns Schnorchlern gar nicht stören,<br />
und ich schaue ihnen und anderen<br />
Unterwasserschönheiten noch eine<br />
ganze Weile gebannt zu. Mit einem<br />
leichten Tippen am Arm werde ich<br />
aus meiner Verzückung geholt und<br />
schwimme gemeinsam mit meinen<br />
Schnorchel-Buddies zurück zum Boot.<br />
Der Kapitän gibt ordentlich Gas, und<br />
nur zwanzig Minuten später sind wir<br />
zurück auf unserer Trauminsel.<br />
Eigentlich wollte ich gar nicht erst mit<br />
auf diese Schnorcheltour, so wunderschön<br />
ist mein Ocean-House mit<br />
riesiger Panoramaterrasse und Pool auf<br />
der Privatinsel Naladhu, einem der drei<br />
Anantara-Inselresorts, die direkt nebeneinanderliegend<br />
in einer türkisfarbenen<br />
Lagune des Süd-Male Atolls ein eigenes<br />
Ensemble bilden. Nur 20 Villen gibt es<br />
hier, dazu ein Fitnesscenter und ein<br />
Spa sowie ein Restaurant mit Bar. Doch<br />
das alles brauche ich nicht – und das<br />
ist das Besondere an diesem Resort –,<br />
denn auf Naladhu kann jeder ganz individuell<br />
seinen Komfort bestimmen –<br />
mit einem Höchstmaß an Privatsphäre<br />
und Abgeschiedenheit. Es heißt, dass<br />
manche Gäste ihre Villa nicht einmal<br />
verlassen, weil es ihnen an nichts<br />
fehlt. Anantara nennt dieses spezielle<br />
Konzept „Make your own story“, und<br />
da kommt Mr. Aslam ins Spiel.<br />
Der hoch gewachsene, schlanke<br />
Malediver ist mein „Kuwaanu“, mein<br />
Geschichtenerzähler, mein Gedankenleser,<br />
Traumdeuter, Organisator und<br />
Butler in einer Person. Noch bevor ich<br />
aufwache, ist bereits das Bad eingelassen,<br />
und für einen ersten Sprung in<br />
meinen ansehnlichen Pool liegen schon<br />
wolkenweiche Handtücher bereit. Der<br />
Rücken schmerzt? Kein Problem, Mr.<br />
Aslam terminiert die Yogalehrerin, die<br />
mit mir bereits eine Stunde später auf
34 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> TRAVEL / MALEDIVEN<br />
stehen bereits schon mehrere Karaffen<br />
Wasser parat, als ich zurück in meine<br />
Traumvilla komme. Auch extra Kissen<br />
hat er liebevoll auf meinem schwingenden<br />
Tagesbett drapiert, meinen<br />
absoluten Lieblingsplatz auf der ausladenden<br />
Terrasse. Hier sitze ich, träume,<br />
lese, esse, schaue auf die strahlend<br />
türkisfarbene Lagune und auf den<br />
endlosen Horizont. Und auch auf eine<br />
Gruppe Delfine, die sich am späten<br />
Nachmittag mit wilden Sprüngen zu<br />
amüsieren scheinen. Mr. Aslam klärt auf:<br />
„Sie kommen am Abend hierher zum<br />
Jagen, in den tiefen Wassern des Ozeans,<br />
gleich hinter der Lagune. Haben Sie<br />
eigentlich schon Emilia kennengelernt,<br />
unser Meeresbiologin? Sie kann das<br />
besser erklären. Außerdem begleitet sie<br />
die Schnorchelausflüge zu den Ammenhaien“,<br />
erzählt er beiläufig.<br />
Was? Schnorcheln mit Ammenhaien?<br />
Wann? Sofort ist meine Abenteuerlust<br />
geweckt, auch weil ich weiß, dass ich<br />
noch den ganzen Abend auf meinem<br />
Daybett verbringen werde – mit einem<br />
kühlen Glas Wein aus dem gut gefüllten<br />
Weinkeller und dem traumschönen,<br />
sternenübersäten Nachthimmel über<br />
mir, der mich so sehr in seinen Bann<br />
zieht.<br />
Mit einem Kribbeln im Bauch schlafe<br />
ich ein, mit einem Kribbeln wache ich<br />
auf. Ammenhaie also. Ich habe schon<br />
mit allerlei Meeresgetier geschnorchelt,<br />
mit Beluga-Walen zum Beispiel, mit<br />
Lachsen, Rochen, Delfinen und Schildmeiner<br />
Terrasse entsprechende Asanas<br />
übt. Ein kleiner Rundgang über die<br />
nur 180 Meter lange, dicht mit Kokospalmen,<br />
Frangipani und Bougainvilleen<br />
bewachsene Insel? „My pleasure, Miss<br />
Corinna.“ Frühstück im Pool, Lunch in<br />
meiner privaten Beach-Cabana, Dinner<br />
bei Kerzenlicht am Strand? Alles geht,<br />
nichts muss.<br />
Thomas Boehringer schmunzelt, als ich<br />
ihm erzähle, dass Mr. Aslam mir sogar<br />
ein hübsches Lesezeichen besorgt und<br />
in mein Buch gelegt hat, während ich<br />
mich mit dem Umknicken von Seitenecken<br />
begnüge. „Das ist sehr berührend<br />
für mich zu sehen, mit wieviel Herzblut,<br />
Leidenschaft und Umsicht unsere<br />
‚Kuwaanu‘ agieren. Und das gilt auch für<br />
alle anderen Mitarbeiter, hier herrscht<br />
wirklich ein ganz besonderer Zusammenhalt“,<br />
berichtet der in der weltbekannten<br />
Hotelfachschule in Lausanne<br />
ausgebildete Resort-Manager, und kann<br />
seine Freude über das besondere Miteinander<br />
kaum verbergen.<br />
Der 29-jährige Schweizer kam Ende<br />
2019 nach Naladhu und hatte sich<br />
seinen Start bei der exklusiven Anantara-Hotelgruppe<br />
anders vorgestellt:<br />
„Kaum war ich mit allen Abläufen und<br />
Begebenheiten gut vertraut, kam<br />
Corona – und brachte den Tourismus<br />
hier zum Erliegen. Das war schon eine<br />
sehr schwierige Situation, wenn man<br />
bedenkt, dass über 85 Prozent des<br />
Bruttoinlandsprodukts der Malediven<br />
alleine im Tourismus-Sektor erwirt-<br />
schaftet werden. Und dann blieben<br />
einfach die Gäste weg“, erinnert sich<br />
der Ressort-Manager. „Also haben wir<br />
den anschließenden Lockdown genutzt<br />
und allen Mitarbeitern die Möglichkeit<br />
gegeben, die Resorts sowie alle damit<br />
zusammenhängenden Leistungen einmal<br />
selbst auszuprobieren, also selbst<br />
Gast zu sein“, erzählt Thomas und strahlt<br />
dabei übers ganze Gesicht. „Das war<br />
echt spannend. Jetzt wissen alle, wie<br />
wichtig jeder Einzelne ist und was er für<br />
das Team leistet“.<br />
Auch die Tatsache, dass die gesamten<br />
Hotelmöbel des Luxusresorts an ein<br />
psychiatrisches Krankenhaus gespendet<br />
wurden, bevor die nunmehr 300 Quadratmeter<br />
großen Villen umfassend<br />
renoviert und von einem New Yorker<br />
Designer umgestaltet wurden, ist<br />
sehr gut bei den Beschäftigten angekommen.<br />
Das jedenfalls berichtet mir<br />
Miss Aree, die Thai-Masseurin, die mir<br />
nach meinem Plausch mit Thomas<br />
geschickt und routiniert die Verspannungen<br />
löst. Die 48-Jährige, die schon<br />
seit über 25 Jahren für Anantara tätig<br />
ist, hat den Lockdown genutzt, um<br />
sich im Beautybereich weiterzubilden<br />
– und um kochen zu lernen. „Den<br />
Kochkurs von Miss Pan kann ich wirklich<br />
nur empfehlen, wir hatten so viel<br />
Spaß dabei“, lacht Aree, und zieht ihren<br />
Mundschutz wieder in Form.<br />
Natürlich hat auch diesen Massagetermin<br />
Mr. Aslam organisiert, der sich<br />
sehr um mein Wohl sorgt. Deshalb
TRAVEL / MALEDIVEN<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 35<br />
kröten, aber noch nie mit Haien. Pünktlich<br />
mache ich mich auf zum Bootssteg,<br />
um dort meine Mitschnorchler zu<br />
treffen – und Emilia.<br />
Die 38-jährige Kalabresin ist ein Bild von<br />
einer Italienerin, mit dunklen Locken<br />
und vor Begeisterung blitzenden<br />
Augen, die ihre Liebe zum Meer und<br />
seinen Bewohnern kaum verbergen<br />
kann. Während uns Kapitän Ali und<br />
seine Crew sicher zum rund 30 Minuten<br />
entfernten Vaavu-Atoll steuern, erzählt<br />
uns Emilia einiges zum Hintergrund der<br />
Ammenhaie, zu unserem Verhalten im<br />
Wasser und den Tieren gegenüber. „Die<br />
Haie sind schon seit vielen Jahren hier<br />
in großen Gruppen heimisch, auch weil<br />
sie gefüttert werden. Dadurch sind sie<br />
an Menschen gewöhnt, womit wir nicht<br />
nur unseren Gästen dieses großartige<br />
Erlebnis möglich machen, sondern auch<br />
jede Menge Daten zu den Tieren selbst<br />
und ihrem Verhalten erheben und<br />
auswerten können“, erklärt die Biologin,<br />
die ihr Studium in Mailand speziell der<br />
Erforschung von Haien gewidmet hat.<br />
„Es kann nichts passieren“, beruhigt<br />
sie uns, während wir Schnorchel und<br />
Flossen anlegen und nacheinander ins<br />
Wasser gleiten. Emilia hat eine Leine<br />
am Boot befestigt, an der wir uns festhalten,<br />
um so in Ruhe den Haien<br />
zuschauen zu können, ohne uns um<br />
die Strömung zu kümmern. Nur wenige<br />
Minuten später sind sie da, wunderschöne<br />
Tiere, etwa zwei Meter lang<br />
und silbrig glänzend. Sie schwimmen<br />
um uns herum, unter uns durch, direkt<br />
auf uns zu. Ein Ammenhai-Weibchen<br />
scheint mich besonders zu mögen, sie<br />
kommt immer wieder und so nah, dass<br />
ihre Flosse sogar einmal meinen Bauch<br />
streift. „Auf keinen Fall anfassen“, hat uns<br />
die Meeresbiologin eingebläut, und so<br />
widerstehe ich der Versuchung, auch<br />
ein bisschen wegen der recht beeindruckenden<br />
und typischen Hai-Zähne,<br />
die selbst bei friedlichen Ammenhaien<br />
imposant aus dem Maul herausschauen.<br />
Auf dem Rückweg plaudere ich noch ein<br />
wenig mit Emilia, die mich nicht nur für<br />
einen weiteren Schnorcheltrip begeistert,<br />
sondern auch zu einem Besuch<br />
des Nachbar-Resorts Dighu einlädt.<br />
„Dighu ist zwar ein bisschen größer und<br />
auch einen Hauch weniger luxuriös als<br />
Naladhu, dafür wird hier mehr geboten.<br />
Es gibt drei tolle Restaurants, Kino unter<br />
den Sternen und ein traumhaftes Spa.<br />
Vielleicht bleibst Du einfach zwei Tage<br />
länger und kommst nach Deiner Trauminsel<br />
noch zu uns“, lockt mich die quirlige<br />
Italienerin und erzählt mir noch<br />
von Frieda, der alten Wasserschildkröte,<br />
die in der Lagune von Dighu lebt, wo<br />
die für sie köstlichen Softkorallen und<br />
Schwämme wachsen. Ich verspreche,<br />
darüber nachzudenken.<br />
Mr. Aslam ist ganz begeistert von der<br />
Idee, dass ich noch ein wenig länger<br />
bleibe, und organisiert meinen Insel-<br />
Wechsel, bucht die Flüge um, terminiert<br />
den Shuttle. Zum Glück ist der Flughafen<br />
Male ja nur eine halbstündige<br />
Fahrt mit der Ressort-Yacht entfernt, so<br />
dass das Umplanen recht problemlos<br />
ist. Trotzdem fällt mir der Abschied von<br />
Naladhu wirklich schwer. „Machen Sie<br />
sich keine Sorgen, Dighu wird Ihnen<br />
gefallen“ beruhigt mich Mr. Aslam, als<br />
wir uns am Bootsshuttle verabschieden,<br />
„dafür werden meine Kollegen schon<br />
sorgen“. Und er soll Recht behalten: Nur<br />
fünf Minuten später empfängt mich<br />
Kelly Manning am Pier von Dighu mit<br />
einem strahlenden Lächeln.<br />
Die schlanke, blonde Heilpraktikerin<br />
und Ernährungstherapeutin gehört<br />
zum umfassenden Team des Cocoon<br />
Medical Spa und will mir helfen, mit<br />
meinen Lebensmittelallergien besser<br />
umzugehen. Dazu treffen wir uns zu<br />
einem eineinhalbstündigen Beratungsgespräch,<br />
bei dem ich ziemlich<br />
umfassend „vermessen“ werde,<br />
damit sich Kelly einen Gesamteindruck<br />
von meinem Körper machen kann.<br />
Zum Glück scheine ich über eine einigermaßen<br />
ausgewogene Mischung<br />
aus Körperfett und Muskelmasse zu<br />
verfügen, so dass wir uns mehr auf<br />
einen Ernährungsplan konzentrieren,<br />
der meinen Allergien entgegenwirkt.<br />
Andere Gäste lassen sich von der<br />
36-Jährigen beispielsweise in Bezug<br />
auf Stressreduzierung, Lebensstilveränderungen<br />
oder auch Übergewicht<br />
beraten. Dabei achtet Kelly stets darauf,<br />
dass erste Schritte bereits schon im<br />
Urlaub umgesetzt werden können –<br />
und empfiehlt mir, so oft wie möglich
TRAVEL / MALEDIVEN<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 37<br />
warm zu essen. Ein Grund mehr, das<br />
schöne Sea Fire Salt-Restaurant aufzusuchen<br />
und mich mit frisch gegrilltem<br />
Fisch zu verwöhnen. Mit Traumausblick<br />
auf die Lagune genieße ich mein<br />
Lunch und plane meinen Nachmittag.<br />
Wie wäre es mit einem kurzen Spaziergang<br />
zur Wassersportstation? Da eine<br />
leichte Brise weht, entschließe ich mich<br />
spontan zu einer Privatstunde Surfen,<br />
bei der mir die wichtigsten Handgriffe,<br />
Tipps und Tricks erklärt werden und<br />
ich schon wenig später bereits erste<br />
– wenn auch sehr kleine – Erfolge<br />
verzeichne. Immerhin kann ich mich<br />
einige Minuten auf dem Brett halten<br />
und die Kraft des Windes in meinen<br />
Armen spüren. Nach zwei Stunden bin<br />
ich allerdings ganz schön erschöpft<br />
von dem vielen rauf aufs Brett, runter<br />
vom Brett und ziemlich durstig, obwohl<br />
ich bestimmt einen Liter Meerwasser<br />
verschluckt habe.<br />
Was für ein Glück, dass mir Kelly bereits<br />
einen Massagetermin gebucht hat. Den<br />
Weg zum Spa kürze ich ab und laufe<br />
im puderweichen Sand entlang der<br />
Lagune, den Blick fest auf das geräumige<br />
Gebäude gerichtet, das sich am<br />
anderen Ende der Insel befindet. Über<br />
einen Steg erreicht man das im Stil einer<br />
riesigen Wasser-Villa gebaute Wellness-<br />
Center, das neben einem mit lokaler<br />
Kunst verschönten Empfangsbereich<br />
aus verschiedenen Massage-, Beautyund<br />
Entspannungsräumen besteht.<br />
Eine Stunde lange behandelt mich Mr.<br />
Dome mit einer speziellen Technik zur<br />
Muskelmanipulation, löst meine Energieblockaden<br />
und lässt mich jeden<br />
Rückenschmerz vergessen.<br />
Chill-Out-Klänge fangen mich ein auf<br />
meinem Weg zurück in meine Villa,<br />
und ich folge ihnen neugierig. Es ist<br />
Aperitiv-Zeit, und in der Dhoni Bar<br />
haben sich bereits einige Gäste versammelt,<br />
um sich in gemütlichen Lounge-<br />
Sesseln den nahenden Sonnenuntergang<br />
anzuschauen. Nach einem<br />
zweiten Glas eisgekühlten Wein und<br />
einem atemberaubenden Farbspiel am<br />
Himmel kann ich mir gar nicht mehr<br />
vorstellen, die Insel jemals wieder zu<br />
verlassen. Einen Tag habe ich noch.<br />
Was soll ich morgen machen? Yoga<br />
zum Sonnenaufgang? Einen Thai-<br />
Kochkurs am Mittag? Oder doch lieber<br />
noch eine Beauty-Behandlung vor dem<br />
Rückflug? Doch dann fällt mir meine<br />
wunderschöne Villa mit Traumaussicht<br />
ein – und mein Buch. Wie gut, dass ich<br />
wiederkommen kann.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.visitmaldives.com<br />
EMPFEHLUNG HOTEL:<br />
Anantara Naladhu Private Island<br />
Anantara Dighu Resort<br />
www.anantara.com<br />
BESTE FLUGVERBINDUNGEN:<br />
www.condor.com
Fotos: <strong>BOLD</strong> Archiv, Oman Tourism, C. Becker, Adobe Stock (Philipus, Nice Kim, Selimbt, Gino, Efired, Skórzewiak)
KURZER HALT<br />
IN MUSCAT<br />
48 STUNDEN<br />
UND EINE NACHT<br />
AUTOR: C. BECKER
40 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> TRAVEL / 48 STUNDEN<br />
Der Oman auf der arabischen Halbinsel ist zu einem echten Geheimtipp für Reisen in den<br />
Nahen Osten geworden – und nur sechs Stunden Flugzeit von Deutschland entfernt. Im<br />
Sultanat gibt kaum Kriminalität, und laut der Studie des World Economic Forum ist der<br />
Oman das viertsicherste Reiseland der Welt.<br />
Der Tourismus konzentriert sich im am frühen Morgen. Nach einem kurzen<br />
Sultanat Oman auf einen verhältnismäßig<br />
kleinen Teil des Landes. Dies hängt<br />
damit zusammen, dass Strand, Berge und<br />
Wüste so nah beieinander liegen wie in<br />
kaum einem anderen Land der Welt. Von<br />
Moment des Flanierens mit Blick über den<br />
endlosen weißen Stadtstrand Muscats<br />
nehmen wir in der Zala Beach Bar des<br />
Kempinski Hotels ein kleines Frühstück<br />
ein.<br />
der Hauptstadt Muscat braucht man mit<br />
dem Auto ca. zwei Stunden bis ins Hadjar-<br />
Gebirge mit seinen 3.000 Meter hohen<br />
Gipfeln. Die gleiche Fahrzeit benötigt<br />
man, um in die Wahiba Sands-Wüste zu<br />
gelangen.<br />
11 Uhr: Frisch gestärkt und voller Tatendrang<br />
bestellen wir über die lokale App<br />
ein Taxi, um uns einen ersten Eindruck<br />
von der Stadt zu verschaffen. Im Gegensatz<br />
zu den weltbekannten Metropolen<br />
und Destinationen der Region – Doha,<br />
Im Oman kann man die Kultur und Abu Dhabi und Dubai – prägen hier nicht<br />
Geschichte der Menschen im Land etwa in den Himmel reichende Wolkenkratzer<br />
kennenlernen, der Islam ist hier kosmopolitischer<br />
und fortschrittlicher als in jedem<br />
anderen arabischen Land. Höchste Zeit<br />
dass wir vorbeischauen, um das Juwel des<br />
Orients und seine malerische Hauptstadt<br />
Muscat In 48 Stunden und einer Nacht zu<br />
entdecken.<br />
das Bild der Stadt, hingegen domi-<br />
nieren hellfarbige mehrstöckige Häuser.<br />
Bereits aus der Ferne gut zu entdecken<br />
ist die Sultan Qaboos Moschee. Sie ist<br />
das größte und imposanteste Bauwerk<br />
im Oman. Sie gilt als eine der wichtigsten<br />
und größten Moscheen der Welt und<br />
besticht mit einzigartigen, traditionellen<br />
1. TAG<br />
architektonischen Elementen. Sie wurde<br />
2001 nach sechsjähriger Bauzeit eröffnet.<br />
Der gesamte Komplex wurde aus 300.000<br />
Tonnen Sandstein gebaut und erstreckt<br />
9 Uhr: Unweit vom 2019 fertiggestellten sich über eine unglaubliche Fläche von<br />
Flughafen entfernt liegt das Viertel The 40.000 Quadratmetern. Der Komplex<br />
Wave (arabisch: Al Mouj). Ein Konzept-<br />
Designviertel voller Cafés, einer Marina<br />
und Promenaden, sowie Appartements<br />
und Hotels. Ein Ausgehviertel bereits<br />
besteht aus einer großen Männergebetshalle,<br />
einer kleineren Frauengebetshalle,<br />
fünf Minaretten, die die fünf Säulen des<br />
Islam symbolisieren, zwei großen Bogengängen<br />
(arabisch „Riwaqs“), einem islamischen<br />
Informationszentrum und einer<br />
Bibliothek. Der Standort der Moschee an<br />
der Hauptstraße zwischen Muscat und<br />
Sib wurde wegen der guten Verkehrsanbindung<br />
bewusst gewählt, so kann man<br />
die Moschee – auf dieser wichtigen Transitstrecke<br />
– auch leicht vom Fahrzeug<br />
aus bewundern. Obwohl der Oman im<br />
Vergleich zu seinen Nachbarn Dubai und<br />
Abu Dhabi eher bescheiden und zurückhaltend<br />
wirkt, hat man sich den Bau der<br />
Sultan Qaboos Moschee eingiges kosten<br />
lassen (nach Schätzungen über 60 Millionen<br />
Euro).<br />
13 Uhr: Weiter gehts, vorbei am<br />
Botschaftsviertel und dem in der arabischen<br />
Welt einmaligen Opernhaus, zu<br />
dem im alten Stadtzentrum gelegenen<br />
Fischmarkt, dem Bait Al Baranda Museum<br />
und dem Mattrah Souk.<br />
In der Altstadt Muscats sind alte, noble<br />
Wohnhäuser wohlhabender Familien<br />
zu sehen. In einem dieser Häuser, im<br />
Bait Fransa, ist das omanisch-französische<br />
Museum untergebracht, wodurch<br />
Touristen dieses herrschaftliche Haus<br />
auch von innen besichtigen können. Die<br />
Altstadt und die Bucht werden von einer<br />
alten Stadtmauer aus dem späten Mittelalter<br />
eingerahmt. Diese endet sowohl im<br />
Westen als auch im Osten mit je einem<br />
Fort, das den Abschluss der Mauer zum<br />
Meer hin bildet. Das historische Zentrum<br />
lässt sich gut zu Fuß erkunden und reicht<br />
bis ans Meer. Von dort aus hat man
TRAVEL / 48 STUNDEN<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 43<br />
einen fantastischen Ausblick auf die<br />
Bucht, die beiden Festungen im Westen<br />
und Osten, den Sultanspalast und –<br />
vorgelagert in der Bucht – die Rote Insel<br />
(Jazirat Hamra).<br />
Um einen Einblick in das echte omanische<br />
Leben zu bekommen, eignet sich ein<br />
Besuch des Mattrah Souks. Dabei handelt<br />
es sich um einen traditionell orientalischen<br />
Markt, auf dem immer ein reges<br />
Treiben herrscht. Groß- und Einzelhändler<br />
haben dort ihre Stände aufgebaut und<br />
preisen ihre verschiedenen Waren an. Von<br />
Gewürzen, Weihrauch, Düften, Stoffen<br />
und Kleidung bis hin zu Produkten des<br />
alltäglichen Bedarfs kann man hier fast<br />
alles erwerben.<br />
16 Uhr: An der Corniche, flankiert von<br />
zwei portugiesischen Festungen, befindet<br />
sich der Al Alam Palast. Der Qasr al-‘Alam,<br />
der Palast des Sultans, ist ein Neubau aus<br />
den 1970er Jahren. Der alte Palast war in<br />
einem sehr schlechten Zustand, so dass<br />
der ehemalige Sultan Qabus bin Sa‘id<br />
Al Sa‘id einen Neubau veranlasste – mit<br />
ihm entstand auch ein komplett neues<br />
Regierungsviertel. Der Palast dient heute<br />
repräsentativen Zwecken, wie offiziellen<br />
Anlässen und Staatsempfängen.<br />
Gegenüber dem Palast befindet sich das<br />
Nationalmuseum Omans. Es wurde 2016<br />
eröffnet und bietet eine Reise durch die<br />
Geschichte und Kultur des Sultanats.<br />
17 Uhr: Nach so viel Geschichte und<br />
orientalischen Eindrücken ist eine kleine<br />
Auszeit mehr als notwendig, und es wird<br />
Zeit, den Sonnenuntergang zu genießen.<br />
Die Auswahl dafür fällt nicht schwer: Das<br />
Hotel Crowne Plaza Muscat liegt direkt an<br />
einer Klippe, dem Sonnenuntergang und<br />
Muscats Küstenpanorama zugewandt.<br />
Ein unverbauter kilometerweiter Blick auf<br />
den Stadtstrand, die Flaniermeile Ashatti<br />
Road (arabisch für am Strand) und die<br />
in knapp einer Stunde am Horizont und<br />
hinter malerischen Bergen abtauchende<br />
Sonne. Unser Tipp: Nehmen Sie sich<br />
hierfür genug Zeit und genießen Sie ein<br />
frühes Dinner oder einen Drink direkt an<br />
der Pool Bar.<br />
21 Uhr: Wir gehen früh schlafen, denn<br />
der nächste Tag wird einige Überraschungen<br />
für uns bereithalten: Muscat<br />
bietet eine Vielzahl von ausgezeichneten<br />
Hotels für jedes Budget. Ob nun Stadt,<br />
Beach oder Urlaubshotels: Alles ist auf<br />
dem neuesten Stand und hervorragend<br />
angebunden und ausgestattet. Hervorzuheben<br />
sind hierbei das Hotel Kempinski<br />
für Komfort und Airport-Nähe, das The<br />
Chedi für Romantiker und das „W“ für<br />
Junggebliebene.<br />
Für eine allumfassende Oman-Erfahrung<br />
empfehlen wir diesmal allerdings das auf<br />
unserer Route am Ende Muscats gelegene<br />
Muscat Hills Resort. Denn Muscat ist nicht<br />
nur kulturell und monumental, der Oman<br />
ist vor allem auch ein Abenteuer: Einsame<br />
Buchten, felsige Küsten, glasklares Wasser<br />
– alle Arten des Wassersports lassen sich<br />
hier auf höchstem Niveau betreiben,<br />
man kann Schildkröten beobachten
44 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> TRAVEL / 48 STUNDEN<br />
und Delphin-Touren direkt vom Hotel aus<br />
starten. Das Boutique-Resort hat einen<br />
eigenen Privatstrand, 34 Beachhütten mit<br />
jeweils herausragendem Outdoor Wellness-Badezimmer<br />
und vieles mehr.<br />
2. TAG<br />
8 Uhr: Sanft durch die Sonne geweckt<br />
und nach einem kurzen Dip ins warme<br />
hellblaue Wasser kann man den Blick ins<br />
Endlose schweifen lassen. Und nach einer<br />
guten Stunde Stand Up Paddle Yoga auf<br />
dem noch schlafendem Wasser stärken<br />
wir uns mit reichhaltigem Frühstück unter<br />
freiem Himmel.<br />
11 Uhr: Direkt vom Muscat Hills Resort<br />
geht es mit dem Schnellboot zur Sightseeing-Tour<br />
die Küste entlang. In knapp<br />
einer halben Stunde vorbei an unzähligen<br />
einsamen Buchten mit Ihren von Felsen<br />
versteckten Sandständen geht es auf<br />
dem Rückweg, zuweilen von neugierigen<br />
Delphinen Schulen begleitet und beäugt,<br />
zum neuestem Architektur-Projekt des<br />
Landes: Muscat Bay.<br />
Perfekt ins sandige Gestein integrierte<br />
Villen und Appartement-Häuser – alle<br />
dem Meer zugewandt – bringen moderne<br />
Architektur und Landschaft in Einklang.<br />
Direkt am Strand befindet sich hier das<br />
im März 2022 öffnende Premium-Hotel<br />
der Extraklasse: das Jumeirah Muscat Bay.<br />
Die zum Emirat Dubai gehörende internationale<br />
Luxus-Hotelkette (In Deutschland<br />
auch in Frankfurt am Main vertreten)<br />
macht mit ihrem neuesten Meisterwerk<br />
ihrem Namen alle Ehre. Im exklusiven<br />
Strandrestaurant kann man sich mit Delikatessen<br />
aus der ganzen Welt verwöhnen<br />
lassen.<br />
Wir dürfen bereits jetzt das exklusive<br />
Jumeirah Strandrestaurant testen – und<br />
relaxen ein letztes Mal bei ruhiger See<br />
und einer sanften Brise.<br />
15 Uhr: Das Gepäck bereits dabei (oder<br />
vom Hotel direkt zum Airport geschickt)<br />
empfängt uns das Team von ASA Aviation<br />
zu einem ganz besonderen Airport<br />
Transfer: Direkt vom Helipad des Jumeirah<br />
Muscat Bay Hotels aufsteigend geht es<br />
durch Grand Canyon-ähnliche Schluchten<br />
– über der Wüste recken sich die Köpfe<br />
vorbeiziehender Kamele, Esel und Ziegen<br />
in den Himmel, als wollten sie Adieu<br />
sagen. ASA Aviation bietet diesen Service<br />
allen Hotel-Gästen, der Transfer dauert<br />
ca. 10 Minuten, optional plus 30 Minuten<br />
Sightseeing (mit dem Auto würde man<br />
gut 45 Minuten benötigen).<br />
16 Uhr: Je nach Abflugzeit landet der<br />
Airbus Helikopter entweder direkt am<br />
Airport oder auf dem Dach der 2021 eröffneten<br />
Mall of Oman. Hunderte von Flagship-Stores<br />
aller großen Premium-Marken<br />
sowie lokale Delikatessen laden zum fast<br />
steuerfreien Shopping ein. Unzählige<br />
Restaurants bieten eine letzte Stärkung<br />
an, für den nicht all zu langen Flug in die<br />
Heimat. Übrigens: Oman Air bietet neben<br />
einer ausgezeichneten Airport Lounge<br />
auch einen unkomplizierten Check-In von<br />
zusätzlichem Gepäck via APP an.<br />
19 Uhr: Entspannt eingecheckt und<br />
schnell durch den Zoll, direkt zum<br />
Flieger – kurze Wege gibt es auch hier,<br />
und in knapp 20 Minuten ist alles erledigt.<br />
Durch die dreistündige Zeitverschiebung<br />
in der Hauptsaison landet<br />
man gut erholt und voller Eindrücke in<br />
München oder Frankfurt. Wir kommen<br />
in jedem Fall wieder, denn das Juwel am<br />
Arabischen Golf hat noch viel mehr zu<br />
bieten: tropisches Klima im Urlaubsort<br />
Salalah – mit Luxusresorts von Anantara<br />
oder Alila, welche auch in der höchsten<br />
Gebirgskette der arabischen Halbinsel<br />
mit sagenhaften Mountain-Retreats zum<br />
Relaxen einladen.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.orientescapes.com<br />
EMPFEHLUNG HOTEL:<br />
Muscat Hills Resort<br />
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BRIAN MOLKO<br />
ABOUT INJUSTICE<br />
AND ANGER<br />
IM GESPRÄCH<br />
AUTORIN & INTERVIEW: N. WENZLICK
48 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> INTERVIEW / BRIAN MOLKO<br />
Neun Jahre nach ihrem letzten Studioalbum veröffentlichen Placebo am 25. März ihre achte Platte<br />
„Never Let Me Go“. <strong>BOLD</strong> spricht mit Frontmann Brian Molko und klärt: Warum die britische<br />
Rock-Band darauf so wütend klingt wie lange nicht. Warum der Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit<br />
und die Überwachungskultur unserer Gesellschaft Sänger Brian Molko gehörig gegen den<br />
Strich gehen – und, ob er noch Hoffnung für die Spezies Mensch hat.<br />
Als Placebo 1996 ihr selbstbetiteltes Debütalbum<br />
veröffentlichten, war nicht nur David<br />
Bowie begeistert. Mit ihrem androgynen<br />
Look und den lauten Gitarren wirkte die<br />
Band wie ein Gegenentwurf zum Britpop,<br />
der Großbritannien damals dominierte.<br />
Inzwischen blicken Placebo auf acht Alben<br />
und über zwölf Millionen verkaufte Platten<br />
zurück. Pünktlich zum 20-jährigen Jubiläum<br />
ihres Debüts ging die Band zuletzt<br />
auf zweijährige Welttournee, doch am Ende<br />
waren die beiden verbliebenen Gründungsmitglieder<br />
Brian Molko und Stefan Olsdal<br />
nicht nur erschöpft, sondern empfanden das<br />
ganze Unterfangen als höchst kommerziell.<br />
Molko fasste deshalb den Entschluss, mit<br />
dem nächsten Placebo-Album das komplette<br />
Gegenteil zu machen: Es sollte von den<br />
großen Problemen der Welt handeln, und um<br />
bloß nicht in Langeweile zu verfallen, würden<br />
Placebo ihren Songwriting-Prozess komplett<br />
umkrempeln. Heraus kam ihr neuntes<br />
Album „Never Let Me Go“, auf dem die Band<br />
so wütend und frisch klingt wie lange nicht.<br />
Herr Molko, nachdem sich das letzte<br />
Placebo-Album „Loud Like Love“ um die<br />
Liebe drehte, klingen Sie dieses Mal ganz<br />
schön wütend ...<br />
Das bin ich auch! Ich glaube nicht, dass<br />
ich je zuvor so wütend war, und das spiegelt<br />
sich auf dem Album und in den Texten<br />
natürlich wider.<br />
Was macht Sie so wütend?<br />
Wow, wo soll ich anfangen? Man kann es<br />
am besten unter dem zusammenfassen, was<br />
ich als Ungerechtigkeit empfinde. Wenn<br />
ich mich umschaue, sehe ich überall Ungerechtigkeit.<br />
Ich sehe, wie arme, benachteiligte<br />
und eingeborene Menschen nach<br />
wie vor ausgenutzt werden – vor allem<br />
von reichen, weißen Männern. Und ich<br />
selbst habe mein Heimatland im Februar<br />
letzten Jahres verlassen, weil London sich<br />
zunehmend in einen Polizeistaat verwandelt.<br />
Ich fühlte mich hier einfach nicht<br />
mehr wohl.<br />
„I’m gonna find another island and get<br />
the hell out of here“, singen Sie in dem<br />
Song „Chemtrails“– das ist also wörtlich<br />
gemeint?<br />
Absolut! Ich hatte keine Wahl. Die Politiker,<br />
die das Land regieren, sind eine internationale<br />
Lachnummer. Sie sind Lügner,<br />
Narzissten und Soziopathen. Die ganze<br />
Brexit-Kampagne basiert auf einem großen<br />
Haufen Lügen, und zudem haben sie<br />
während der Pandemie absolut gar nichts<br />
für Künstler getan. Ende 2020 war ich
Fotos: Sailor Entertainment / M. Perch
INTERVIEW / BRIAN MOLKO<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 51<br />
psychisch total am Ende – wegen dieser<br />
Zwillings-Dämonen: Die Corona-Pandemie<br />
und der bevorstehende Brexit. Ich wachte<br />
jeden Morgen voller Rage auf. Das ist nicht<br />
gut für die Gesundheit. Das einzige, das ich<br />
tun konnte, war nach Europa zu ziehen, wo<br />
ich mich Zuhause fühle.<br />
Wo leben Sie heute?<br />
Lassen Sie mich das kurz erklären: Meine<br />
alte Adresse kannten einige Leute, so dass<br />
hin und wieder Rock’n’Roll Kids an meiner<br />
Haustür klingelten oder vor dem Gebäude<br />
herumhingen. Manchmal war das ganz<br />
schön unheimlich. Nun, wo ich dem, was<br />
ich „Fortress England“ nenne, entkommen<br />
bin, werde ich nicht mal sagen, in welchem<br />
Land ich gerade lebe. Ich möchte einfach,<br />
dass mein privates Leben privat bleibt.<br />
Der Verlust der Privatsphäre durch<br />
soziale Medien und unsere Überwachungskultur<br />
sind ja ebenfalls Themen<br />
Ihres Albums, und zwar in dem Song<br />
„Surrounded By Spies“.<br />
CCTV (Videoüberwachung) ist überall in<br />
London! Du kannst von einem Ende der<br />
Stadt zum anderen laufen und komplett<br />
von Kameras verfolgt werden. Ich hatte<br />
das Gefühl, als würde ich in einem James<br />
Graham Ballard Roman leben, in einem<br />
dystopischen Staat. Und was mich wütend<br />
macht, ist, wie wir das einfach zugelassen<br />
haben. Die Leute glauben, dass die sozialen<br />
Medien uns verbinden, dass diese riesigen<br />
Firmen uneigennützige Gönner sind, die die<br />
Welt zu einem besseren Ort machen. Fuck,<br />
nein! Ihr Ziel ist es, enorme Mengen an<br />
Reichtum zu generieren für einige wenige<br />
Menschen. Ich bin wütend, dass wir uns<br />
dieser Versuchung hingegeben haben.<br />
Ein weiteres Thema ist die Umweltzerstörung:<br />
In „Try Better Next Time“ singen<br />
Sie von einem Planeten, der zu heiß ist,<br />
um darauf zu leben, und von Menschen,<br />
denen Flossen wachsen, so dass sie zurück<br />
ins Meer gehen können.<br />
Ich habe Klima-Depression! Es fällt mir<br />
schwer, optimistisch zu bleiben – auch wenn<br />
es natürlich wichtig ist, Optimismus und<br />
Hoffnung zu wahren und daran zu glauben,<br />
dass wir es schaffen können. Aber ich frage<br />
mich auch, ob wir es überhaupt verdienen.<br />
Wir sind nur eine von vielen Millionen<br />
Spezies auf diesem Planeten, aber wir sind<br />
die einzigen, die herumrennen und die Erde<br />
zerstören, um etwas zu generieren, das gar<br />
nicht existiert, und zwar Geld. Geld ist ja<br />
nicht mal real, es sind nur Zahlen auf einem<br />
Bildschirm. Vielleicht wären all die Lebewesen<br />
auf diesem Planeten besser dran,<br />
wenn wir nicht mehr hier wären. Man sieht<br />
das ja an Tschernobyl, dort kehren Natur<br />
und Tiere zurück. Also vielleicht ist es an<br />
der Zeit für uns zu gehen?<br />
Sehen Sie wirklich so schwarz für die<br />
Menschheit?<br />
Zu meinem Sohn sage ich immer: „Cody,<br />
du könntest das Ende der Menschheit aus<br />
der ersten Reihe beobachten, und ich bin<br />
ein bisschen neidisch“ (lacht). Ich glaube<br />
nicht, dass es in meiner Lebenszeit passiert,<br />
aber ich glaube, die Wahrscheinlichkeit ist<br />
hoch, dass es in seiner passiert. Zumindest,<br />
wenn wir so weitermachen wie bisher.<br />
Wir als Individuen können so nachhaltig<br />
leben, wie wir wollen – solange Unilever,<br />
Coca Cola und McDonalds sich nicht drastisch<br />
ändern, wie soll irgendetwas besser<br />
werden? Dazu kommen all diese Tech-<br />
Milliardäre, die Proto-Konquistadoren im<br />
Weltall werden wollen. Und dann machen<br />
wir dort das Gleiche? Zumal jeder, der<br />
mal davon gelesen hat, wie Angestellte<br />
von Amazon behandelt werden, sich doch<br />
Sorgen machen müsste, dass der Typ, der<br />
Amazon leitet, eine Zivilisation auf einem<br />
anderen Planeten aufbauen will ... Wozu?<br />
Um noch mehr Lohnsklaven mit Stockholm-Syndrom<br />
zu schaffen?<br />
Wow, ich spüre Ihre Wut!<br />
Sie verstehen mich, oder? Wissen Sie, ich<br />
bin nur ein Musiker. Ich kommentiere nur,<br />
was ich beobachte, und finde durch meine<br />
Texte Trost und eine Form von Selbsttherapie.<br />
Es wird sicher Leute geben, die mich<br />
dafür verurteilen, dass ich eine Meinung<br />
über den Klimawandel habe. Aber ich habe<br />
diese Themen nicht von einer Liste ausgesucht.<br />
Das sind nun mal die Dinge, die mir<br />
am Herzen liegen. Warum mich das heute<br />
mehr interessiert? Weil ich nicht mehr<br />
annähernd so anästhesiert bin wie vor zehn<br />
oder gar 20 Jahren. Ich habe dadurch nicht<br />
nur einen klareren Blick, sondern auch<br />
mehr Mitgefühl. Mein Draufgängertum<br />
wurde durch Mitgefühl ersetzt – auch vor<br />
dem Hintergrund, dass ich die Arroganz<br />
hatte, mich zu vermehren und einen
52 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> INTERVIEW / BRIAN MOLKO<br />
Menschen hier zurücklasse, der sich mit<br />
all dem Scheiß herumschlagen muss! Das<br />
bricht mir echt das Herz. Ich bin wütend,<br />
aber ich bin auch traurig, dass wir erlaubt<br />
haben, dass all das passiert.<br />
Kommen wir zurück zu Ihrem Album. Die<br />
Grundidee dafür kam Ihnen auf der Tour<br />
zum 20. Jubiläum Ihres Debüts. Erzählen<br />
Sie mal.<br />
Stefan und ich sind nicht die Typen, die<br />
gerne zurückblicken. Es ging bei der Tour<br />
darum, dem Publikum Freude zu bereiten,<br />
indem wir nach vielen Jahren wieder altes<br />
Material spielten. Das erste Jahr lang hat<br />
das auch funktioniert und wir genossen<br />
es, all diese Liebe zurückzubekommen –<br />
aber dann ging uns der Antrieb aus und<br />
wir hatten noch all diese Daten vor uns.<br />
Es fühlte sich alles sehr kommerziell an.<br />
An dem Punkt fasste ich den Entschluss,<br />
dass wir als Reaktion darauf als nächstes<br />
etwas machen würden, dass tiefer geht.<br />
Etwas, das mehr Dringlichkeit hat, das<br />
brutaler ist und Themen angeht, die ich für<br />
wichtig halte, statt einfach nur die Vergangenheit<br />
zu feiern. Darin bin ich nämlich<br />
nicht besonders gut.<br />
Statt wie sonst anzufangen, Songs zu<br />
schreiben, suchten Sie als erstes das<br />
Cover-Motiv aus. Warum?<br />
Mein verstorbener Freund und Mentor<br />
David Bowie sagte immer: Fühlst du dich<br />
sicher mit dem, was du gerade tust? Wenn<br />
ja, dann musst du etwas ändern! Das<br />
Albumcover ist normalerweise das Letzte,<br />
um das man sich kümmert. Aber als ich<br />
2016 ein Foto vom Glass Beach in Nordkalifornien<br />
sah, sprach mich das so sehr<br />
an, dass ich Stefan fragte, ob das nicht ein<br />
gutes Cover wäre. Als nächstes zeigte ich<br />
ihm eine Liste an möglichen Songtiteln.<br />
Erst danach begannen wir die Songs zu<br />
schreiben – und zwar nur wir zwei, so wie<br />
ganz am Anfang unserer Karriere, als wir<br />
in unseren Londoner Wohnzimmern an<br />
Demos gebastelt haben.<br />
Wie hat sich das musikalisch ausgewirkt?<br />
In dem Moment, als wir erkannten, dass<br />
sich damit ein Kreis schließt, wurde uns<br />
klar, dass wir alles tun konnten, was wir<br />
wollten! Wir verbrachten also viel Zeit<br />
damit, in Kaninchenlöcher abzutauchen.<br />
Weißen Kaninchen zu folgen oder in Kaninchenlöcher<br />
zu fallen (lacht). Wir entdeckten<br />
viele neue Sounds. Wo kommt dieser Stecker<br />
rein? Aha, dann lass ihn uns in das andere<br />
Loch stecken und gucken, was passiert. Es<br />
ging darum, die Komfortzone zu verlassen,<br />
um dieser Band wieder frisches Leben<br />
einzuhauchen.<br />
Ich habe ein großes Problem mit Wiederholung<br />
und hatte Sorge, dass mir langweilig<br />
wird, wenn wir auf die gleiche Weise<br />
arbeiten wie sonst auch immer – also<br />
beschloss ich, alles auf den Kopf zu stellen.<br />
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(gemäß den jeweiligen Bedingungen im Garantie- und Serviceheft). ** Ohne Aufpreis und ohne Kilometerlimit greift für den KONA Elektro, IONIQ 5 und IONIQ Elektro<br />
im Anschluss an die Hyundai Herstellergarantie zusätzlich die 3-jährige Anschlussgarantie der Real Garant Versicherung AG (Marie-Curie-Straße 3, 73770 Denkendorf). Die<br />
Leistungen der Anschlussgarantie weichen von der Herstellergarantie ab (Details hierzu für den KONA Elektro unter www.hyundai.de/garantiebedingungen, für den IONIQ<br />
Elektro unter www.hyundai.de/garantiebedingungen ioniq und für den IONIQ 5 unter www.hyundai.de/garantiebedingungen ioniq5). Garantie für die Hochvolt-Batterie ohne<br />
Aufpreis: 8 Jahre oder bis zu 200.000 km (IONIQ Elektro, IONIQ Hybrid, IONIQ Plug-in-Hybrid, NEXO, KONA Hybrid) bzw. 160.000 km (KONA Elektro, IONIQ5, TUCSON Hybrid<br />
und Plug-in-Hybrid, SANTA FE Hybrid und Plug-in-Hybrid), je nachdem, was zuerst eintritt. Für Taxis und Mietwagen gelten generell abweichende Regelungen gemäß den<br />
Bedingungen des Garantie- und Servicehefts.
SCHÖN<br />
UND SCHNELL<br />
PEUGEOT 9x8<br />
HYBRID HYPERCAR<br />
AUTOR & INTERVIEW: R. LÖWISCH
DESIGN / PEUGEOT<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 57<br />
Ein neues Reglement für die Top-Rennwagen bei den 24 Stunden von Le Mans lassen<br />
Techniker und Designer endlich viel Raum für Individualität und Exklusivität beim Bau der<br />
Rennwagen. Deshalb tritt der dreifache Le-Mans-Sieger Peugeot in diesem Jahr in der<br />
obersten LMH-Klasse mit dem 950 PS starken Hybridrenner 9x8 an – ein wahrer Hingucker,<br />
der als erstes Auto seit rund 50 Jahren ohne Heckflügel gewinnen will.<br />
Es dämmert spät an diesem wolkenlosen<br />
6. Juni 2022. Das beleuchtete Riesenrad<br />
ist voller Gäste, Zehntausende säumen die<br />
rund 13,5 Kilometer lange Rennstrecke an<br />
der Sarthe, der Duft von gegrillten Würstchen<br />
schwebt über das Gelände, und die<br />
vielen Rennwagen ziehen brüllend – oder<br />
auch nur surrend – ihre Bahnen. Das wichtigste<br />
Langstreckenrennen der Welt, die 24<br />
Stunden von Le Mans, ist bereits ein paar<br />
Stunden alt, aber die Zaungäste können<br />
sich nicht sattsehen an den Rennwagen.<br />
Besonders ein Franzose fasziniert bis aufs<br />
Benzin im Blut. Es ist der Peugeot 9x8, mit<br />
dem die französische Marke versucht, das<br />
vierte Mal nach 1992, 1993 und 2009 diesen<br />
Race-Klassiker zu gewinnen. Ein echter<br />
Beau, auch wenn schon hässliche Gummireste<br />
vom Reifenabrieb an ihm kleben.<br />
Diesen Boliden kann nichts entstellen,<br />
solange er ...<br />
Zugegeben: Es ist noch nicht ganz so<br />
weit, und wir haben die Szenerie durchaus<br />
geschönt – vielleicht regnet es ja am 6.<br />
Juni, vielleicht dürfen gar nicht so viele<br />
Zuschauer live dabei sein, vielleicht darf<br />
das Riesenrad nicht öffnen. Aber mit dem<br />
Peugeot haben wir nicht übertrieben:<br />
Der 9x8 soll tatsächlich starten, und es ist<br />
wohl der schönste Rennwagen, der seit<br />
Jahrzehnten über die Hunaudières rasen<br />
wird. Das Hypercar kommt in katzenähnlicher,<br />
fließender Linienführung mit<br />
schlanken und strukturierten Flanken, und<br />
in der Lichtsignatur sind deutlich die drei<br />
Krallen zu erkennen, die auch die Straßen-<br />
Peugeots charakterisieren.<br />
Dass ein solches Designerstück überhaupt<br />
bei den 24 Stunden von Le Mans<br />
mitfahren darf, liegt an einem neuen<br />
Hypercar-Reglement namens LMH, das<br />
vom veranstaltenden Automobile Club de<br />
l‘Ouest und der Fédération Internationale<br />
de l’Automobile (FIA) für die Langstreckenweltmeisterschaft<br />
(WEC) ausgegeben<br />
wurde. Die bisherige Top-Klasse LMP1 wird<br />
somit abgelöst. „Le Mans Hypercar dürfte<br />
mit spektakulären Autos und Wettbewerb<br />
auf hohem Niveau sowohl die Hersteller<br />
als auch die Fans erfreuen“, sagt Richard<br />
Mille (Präsident der FIA-Langstreckenkommission)<br />
und ergänzt: „Wir werden<br />
mehr Vielfalt im Feld sehen und der kostengünstigere<br />
Ansatz des Reglements ist<br />
etwas, das im aktuellen wirtschaftlichen<br />
Klima dringend notwendig ist.“<br />
Zunächst erlauben die neuen Regeln mehr<br />
Vielfalt – in Sachen Technik als auch in<br />
Sachen Ästhetik. Sportliche Ausgeglichenheit<br />
wird ebenso garantiert wie ein Kosten<br />
drückendes Konzept von „Performance-
58 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> DESIGN / PEUGEOT<br />
Fenstern“. Letzteres bedeutet für die LMH-<br />
Renner unter anderem: erlaubte Motorleistung<br />
im Rennen 500 Kilowatt, Mindestgewicht<br />
1030 Kilo. Da keine Grenzen<br />
für Design oder Geometrie vorgegeben<br />
werden, können die beteiligten Hersteller<br />
den Rennwagen jetzt endlich ihre Markenidentität<br />
aufdrücken – die LMP1-Autos<br />
sahen grob beobachtet alle ziemlich<br />
gleich aus. Starre Regeln in Sachen Aerodynamik<br />
gibt es nicht mehr, was von den<br />
Designern und Ingenieuren Kreativität und<br />
Innovationen erfordert. Technisch bleibt<br />
den Herstellern überlassen, ob sie Hybridantriebe<br />
einsetzen oder nicht und welche<br />
Achse oder Achsen sie damit antreiben.<br />
Das Design eines LMH-Autos darf fünf<br />
Jahre lang nicht verändert werden – es<br />
sei denn, dass es besondere Probleme bei<br />
der Zuverlässigkeit gibt oder eklatante<br />
Leistungsdefizite festgestellt werden. Eine<br />
„Balance of Performance“ wird durch Drehmomentsensoren<br />
zur Kontrolle der Parameter<br />
eines Antriebsstranges auf der Rennstrecke<br />
garantiert.<br />
Beim Peugeot 9x8 fällt jedem Rennsportfan<br />
ausgerechnet das zuerst auf, was fehlt: ein<br />
Heckflügel. 1967 tauchten die ersten bei<br />
Rennwagen in Le Mans auf, und schnell<br />
galten diese riesigen Aerodynamikhilfen<br />
als unersetzlich, weil sie für notwendigen<br />
Abtrieb auf die Hinterachse sorgten, also<br />
das Heck auf die Straße drückten für mehr<br />
Stabilität. Seit 1971 konnte kein Rennwagen<br />
ohne Heckflügel hier gewinnen.<br />
Dennoch will Peugeot es versuchen – mit<br />
besonderer Gestaltung des Hecks und<br />
einer leicht spitz zulaufenden Fahrerkabine.<br />
In Sachen Antrieb haben sich<br />
die Franzosen für einen Hybridantrieb<br />
entschieden – mit V10-Benziner haben sie<br />
schon zweimal gewonnen, mit V12-Diesel<br />
immerhin einmal. Olivier Jansonne, technischer<br />
Direktor, erklärt: „Der Langstrecken-<br />
Rennsport basiert auf einem Reglement,<br />
das es uns ermöglicht, die Kompetenz von<br />
Peugeot in allen elektrischen Antriebssträngen<br />
unter Beweis zu stellen.“ Der<br />
9x8 ist mit einem 2,6-Liter-V6-Biturbo-<br />
Verbrenner im Heck bestückt, der unterstützt<br />
wird von einem Elektro-Generator<br />
vorne. So treffen 680 (500 kW)-Benziner-<br />
PS auf 270 elektrische – zusammen ergibt<br />
das einen maximal 950 PS starken Allradler.<br />
Dazu Jansonne: „Mit dem Peugeot 9X8<br />
schlägt die Löwenmarke ein neues Kapitel<br />
bei den Hybrid-Sportfahrzeugen auf. Die<br />
Leistung wird elektrischer und leistungsfähiger,<br />
ohne dass wir Abstriche bei der Wettbewerbsfähigkeit<br />
machen müssen.“ Das<br />
Prinzip weist gewollte Ähnlichkeiten zu<br />
Straßenwagen auf – nicht in Sachen Leistung,<br />
aber in Sachen Technik. Zum Beispiel<br />
beim Peugeot 3008 oder 508. Optisch soll<br />
dieser technologische und strategische<br />
Wandel von der Farbgebung unterstrichen<br />
werden – mit „Kryptonitfarben“, wie<br />
Peugeot es nennt. Wer es nicht weiß: Das<br />
fiktive Mineral findet sich nur auf Supermans<br />
Heimatplaneten, und je nach Farbe<br />
und damit Art hat es unterschiedliche<br />
Auswirkungen auf den Helden ...<br />
Neben seiner Form zeichnet übrigens auch<br />
das Lichtkonzept den 9x8 aus. Denn die<br />
Rennwagen kämpfen während der rund<br />
5.400 Kilometer langen Fahrt in Le Mans<br />
viele Stunden in absoluter Dunkelheit um<br />
Zeiten und Plätze, und bislang gab es nur<br />
wenige Markierungszeichen, damit die Fans<br />
Autos problemlos identifizieren konnten.<br />
„Einige Rennwagen sind zwar am Klang<br />
ihrer Motoren zu erkennen, aber an vielen<br />
Stellen beschränkt sich die visuelle Präsenz<br />
der Fahrzeuge auf helle Linien, die in der<br />
Nacht verblassen“, weiß Peugeots Chefdesigner<br />
Matthias Hossann. „Um sicherzustellen,<br />
dass der 9X8 einzigartig ist und von<br />
jedem bei Tag und Nacht leicht erkannt<br />
werden kann, haben wir die Silhouette um<br />
leuchtende Komponenten ergänzt. Für<br />
die markeneigene Lichtsignatur war die<br />
Krallenoptik, die auf all unseren aktuellen<br />
Serienfahrzeugen zu finden ist, die naheliegende<br />
Wahl. Wir hatten keine großen<br />
Schwierigkeiten, die leuchtenden Komponenten<br />
an der Front unseres Hypercar<br />
anzubringen. Aber die Montage am Heck<br />
erforderte viel Arbeit. Wir können es kaum<br />
erwarten, ihre Wirkung auf der Rennstrecke<br />
zu sehen.“<br />
Wie auch immer das berühmte Rennen<br />
in Le Mans für Peugeot und andere am 7.<br />
Juni 2022 ausgeht – einen Sieg hat sich der<br />
9x8 schon jetzt gesichert: Er gewann beim<br />
37. Festival Automobile International den<br />
„Großen Preis für das schönste Hypercar<br />
des Jahres“.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.peugeot.de
60 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> DESIGN / INTERVIEW<br />
PEUGEOT 9x8<br />
HYPERCAR-DESIGNER<br />
MICHAËL TROUVÉ<br />
IM GESPRÄCH<br />
INTERVIEW: R. LÖWISCH<br />
Michaël Trouvé ist ein langjähriger<br />
Peugeot-Gestalter mit Erfahrung im<br />
Rennwagendesign. Mit Peugeot Sport<br />
hat er bereits den Peugeot 208 T16 realisiert<br />
(2012), den 208 Pikes Peak (2013),den<br />
208 Hybrid FE (2013), den 2008 DKR 15<br />
(2014/2015), den 308 Racing Cup (2015),<br />
den 2008 DKR 16 für die Rallye Dakar<br />
(2017/2018), den Rallycross-Boliden 208<br />
WRX (2017) und den 308 TCR 2017/2018.<br />
Nun ist er Design Projekt Manager des<br />
9x8. Aber auch in Sachen Produktionswagen<br />
ist er durchaus bewandert. Als<br />
Interieur- und Exterieur Design Manager<br />
arbeitete er unter anderem am 308 CC<br />
(2009), als Exterieur Design Manager am<br />
208 3/5 door supermini (2012), am 508<br />
und am neuen 308 (2022). Sein Handwerk<br />
lernte er an der École Nationale Supérieure<br />
des Arts & Métiers in Paris (ENSAM,<br />
New Product Design & Development) und<br />
am Institut des Sciences et Techniques de<br />
l’Ingénieur d’Angers (ISTIA, Innovation<br />
Engineering).<br />
<strong>BOLD</strong> sprach mit 9x8 Chefdesigner<br />
Michaël Trouvé über die Projektschritte,<br />
die Gestaltung des Interieurs und die<br />
Chancen des Hypercars, eine Straßenzulassung<br />
zu bekommen.<br />
Herr Trouvé, worin liegt der Unterschied<br />
für einen Designer, ein Straßenauto<br />
für die Serie oder einen Rennwagen<br />
für die Piste zu formen? Und<br />
was macht mehr Spaß?<br />
Der größte Unterschied ist, dass das Designteam<br />
für einen Rennwagen wesentlich<br />
kleiner ist und die Planungsphase viel kürzer<br />
als für ein Produktionsauto. Die größten<br />
Einschränkungen bei Rennwagen gibt das<br />
jeweilige Reglement vor, daran müssen wir<br />
uns natürlich halten. In diesem Falle hat es<br />
uns jedoch Gestaltungsfreiheiten gelassen.<br />
Das war nicht immer so.<br />
Wie sind Sie an das Projekt herangegangen?<br />
Anfangs gab es einen Wettbewerb unter<br />
allen Designern bei Peugeot, das allen viel<br />
Spaß gemacht hat. Dann wurde ein Design<br />
ausgewählt in Zusammenarbeit mit den<br />
Ingenieuren von Peugeot Sport. Die Leistung<br />
des Autos stand im Mittelpunkt, da<br />
sind wir keine Kompromisse eingegangen.<br />
Wegen des neuen Reglements konnten die<br />
Ingenieure den Designern viel Freiraum<br />
lassen, um das Hypercar zu formen. Dann<br />
entstand ein Mock-Up, also ein Modell, und<br />
danach konnten wir dann den Rennwagen<br />
aufbauen.
DESIGN / INTERVIEW<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 61<br />
Designen Sie nur Rennwagen?<br />
Nein. Das letzte Straßenauto, bei dem ich<br />
involviert war, ist der neue 308, der gerade<br />
auf den Markt kommt. Ich habe aber auch<br />
die Chance, mit dem Peugeot Sport-Team<br />
zu arbeiten – das gibt mir wunderbare<br />
Möglichkeiten.<br />
An den Wänden des Designstudios<br />
hingen bei der Entwicklung des 9x8<br />
drei Schlüsselwörter: „ikonisch“, „effizient“<br />
und „emotional“. War das hilfreich<br />
für Ihre Arbeit?<br />
Diese Schlüsselwörter zeigen, wie ambitioniert<br />
das Projekt ist. Bei jedem Schritt<br />
wurden wir daran erinnert, was erwartet<br />
wurde und was das Ziel ist. Schließlich<br />
konnten wir nach Fertigstellung checken,<br />
ob wir diese Ziele alle erreicht hatten. Ich<br />
denke, wir haben das ganz gut gemacht<br />
– das Auto sollte diese Schlüsselwörter<br />
widerspiegeln. „Ikonisch“ ist der Link zur<br />
Einzigartigkeit des Autos mit seiner besonders<br />
geformten Kabine und der fließenden<br />
Silhouette, „effizient“ spiegelt sich in Form<br />
des flügellosen Hecks und der gesamten<br />
Aerodynamik wider. „Emotional“ bedeutet,<br />
dass wir mit dem Auto nicht nur Motorsport-Fans<br />
begeistern wollen.<br />
Normalerweise gibt es zwischen Ingenieuren<br />
und Designern immer einen<br />
Kampf um Essenzielles oder Details.<br />
War das hier nicht der Fall?<br />
Das Design- und das Motorsport-Team<br />
haben von Anfang an eng zusammen gearbeitet.<br />
Für beide war klar, dass das große Ziel<br />
lautete, gleichzeitig ein neues Hypercar und<br />
einen erkennbaren Peugeot zu bauen. Das<br />
Fahrzeug ist ausschließlich in Teamarbeit<br />
entstanden. Natürlich gab es zwischendurch<br />
mal Diskussionen und Herausforderungen,<br />
aber die betrafen meistens die Auslegung<br />
des Reglements. Dessen Vorgaben waren<br />
wirklich nicht immer leicht zu erfüllen, sie<br />
engen manchmal ganz kräftig ein.<br />
Mussten Sie irgendwelche Konzernvorgaben<br />
beachten?<br />
Nein. Motorsport ist eine kraftvolle Art der<br />
Kommunikation, die dafür sorgt, dass die<br />
Marke im Gespräch bleibt. Die neuen Regeln<br />
laden die Hersteller geradezu ein, mehr<br />
Markenindividualität zu zeigen. Also war<br />
für uns klar, dass wir ganz viel von Peugeots<br />
starker Identität in das Auto stecken und wir<br />
uns der Elektrifizierung verpflichtet sehen.<br />
So gab es keine Einschränkungen.<br />
Laut Peugeot sollen sich Innenraum<br />
und Cockpit an Straßenautos orientieren.<br />
Warum?<br />
Stimmt, es war eine Vorgabe, das Interieur<br />
denen unserer Straßenautos anzugleichen.<br />
Auch wenn das Package schon recht unterschiedlich<br />
ist. Wir haben mit großem Erfolg<br />
vor mehr als zehn Jahren ein neues Cockpitdesign<br />
bei unseren Straßenautos eingeführt,<br />
zum Beispiel mit einem kleineren<br />
Lenkrad für besseres Handling und einer<br />
allgemein besseren Ergonomie im Innenraum.<br />
In einer Zeit, wo beim Blick ins Innere<br />
kaum mehr jemand verstehen kann, was<br />
an Instrumenten und Bedienelementen<br />
wofür gebraucht wird, zumal innen auch<br />
nichts mehr von einer bestimmten Marke<br />
zu erkennen ist, war es für uns völlig selbstverständlich,<br />
auch hier eine Beziehung zu<br />
unseren Straßenautos herzustellen. Sogar<br />
in Sachen Colour and Trims.<br />
Was halten Sie persönlich für die Schokoladenseite<br />
des 9x8? Und warum?<br />
Ich mag besonders die Dreiviertelansicht<br />
von hinten. Die ist ganz speziell.<br />
Von hier kann man das besondere Standing<br />
des Autos besonders gut erkennen,<br />
auch mit dem extra nach vorne geneigten<br />
Cockpit. Man kann gut sehen, wie effizient<br />
und flüssig das Heck ohne großen<br />
Flügel wirkt, und von hier kann man das<br />
Auto auch auf den ersten Blick als Peugeot<br />
erkennen.<br />
Haben Sie ein solches Design auch<br />
deshalb realisiert, weil ein vom 9x8<br />
abgeleitetes Supercar für die Straße<br />
denkbar ist?<br />
Klar, wir können uns an manche Wettbewerber<br />
erinnern, die als Ableger ein Straßenauto<br />
aus ihrem Rennwagen gemacht<br />
haben. Aber die Zeiten haben sich geändert,<br />
und heute ist es ungleich schwerer,<br />
einen Rennwagen zu homologieren, der<br />
sich auch als Supersportler für die Straße<br />
eignet. Denken wir nur an Bodenfreiheit,<br />
die Sicht nach außen, Crashsicherheit<br />
und mehr. Trotzdem ist es richtig,<br />
dass wir mit dem 9x8 die bislang so große<br />
Lücke zwischen Le-Mans-Rennwagen
DESIGN / INTERVIEW<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 63<br />
und Straßenwagen etwas kleiner machen.<br />
Ein Hypercar ist für uns die ultimative<br />
Vorstellung eines Performance-Cars – auch<br />
für die Straße.<br />
Also gibt es eine kleine Hoffnung für<br />
ein – in naher Zukunft – straßenzulassungsfähiges<br />
Peugeot-Hypercar?<br />
Wie gesagt – eines vom 9x8 abzuleiten wäre<br />
extrem aufwändig. Wir haben aber stark an<br />
der Formensprache gearbeitet, um den Link<br />
zu unseren Produktionsautos herzustellen,<br />
und wir haben Farben gewählt, die auch für<br />
unsere normalen Auto zu haben sind, wie<br />
zum Beispiel beim Peugeot 508 PSE.<br />
Apropos Farbe: „Kryptonit“ – wenn<br />
jemand weiß, woher der Begriff<br />
kommt, wird er ihn vielleicht immer<br />
mit der Schwächung von Superman<br />
in Verbindung bringen. Warum haben<br />
Sie die Farbsignatur ausgerechnet so<br />
genannt?<br />
Stimmt, das ist ein bisschen geheimnisvoll.<br />
Hier handelt es sich aber weder um ein Gelb,<br />
noch um ein Grün. Die Farbe wirkt kraftvoll<br />
und ist ein Symbol für die elektrifizierte<br />
Performance. Als jemand das Auto zum<br />
ersten Mal sah, sagte er: „Wow, das ist etwas,<br />
das Batman fahren würde ...“ Ich denke, der<br />
9x8 könnte also durchaus ein Auto für einen<br />
Superhelden sein.<br />
Das Design aller neuen WEC-Rennwagen<br />
ist laut Reglement jetzt für<br />
fünf Jahre eingefroren. Denken Sie<br />
trotzdem schon über einen Nachfolger<br />
nach oder ist das von den Ergebnissen<br />
abhängig?<br />
Momentan sind wir ausschließlich fokussiert<br />
auf den 9x8. Das Motorsport-Team arbeitet<br />
zurzeit ausgesprochen hart, und ich glaube,<br />
zwischen dem 9x8 und einem Nachfolger<br />
liegen noch sehr viele andere Schritte. Ich<br />
wäre aber sehr glücklich, könnten wir auch<br />
einen Nachfolger auf die Räder stellen ...<br />
Welchen Stellenwert haben Autorennen<br />
für Sie persönlich? Und welche<br />
Zukunft können Sie sich vorstellen?<br />
Autorennen faszinieren mich. Immer in<br />
Bewegung, immer in Entwicklung, es gibt<br />
immer neue technische und menschliche<br />
Geschichten drumherum. Ich selber bin<br />
groß geworden mit Träumen von einem<br />
Peugeot 205 Turbo 16, und seit 25 Jahren<br />
besuche ich die 24 Stunden von Le Mans<br />
und habe es nicht ein einziges Mal ausgelassen.<br />
Ich denke, wenn sich die Regularien<br />
weiterentwickeln, werden Rennwagen auch<br />
wieder sexy.<br />
Sind Sie den 9x8 schon selbst gefahren?<br />
Leider nein, aber hätte ich gern!<br />
Fehlt dann nicht etwas, um so ein<br />
Projekt abzuschließen?<br />
Ich hoffe, dass man beim Sim-Racing bald<br />
fühlen kann, wie es ist, einen 9x8 zu fahren.<br />
Aber um ehrlich zu sein: Das ganze Projekt<br />
9x8 wäre erst so richtig komplett, wenn das<br />
Auto Geschichte schreiben würde.
VON BLUMEN<br />
UND BLIZZARDS<br />
PORSCHE HERITAGE<br />
EXPERIENCE<br />
AUTOR: R. LÖWISCH
66 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> MOTION / PORSCHE<br />
Alle zwei Jahre zieht Porsche mit seiner „Heritage Experience“ in die Welt, um mehr<br />
über schützenswerte Kulturen zu erfahren und um so die eigene Traditionsarbeit zu<br />
optimieren. Jetzt ging es mit zehn Cabrios nach Hawai’i – und <strong>BOLD</strong> war dabei‘i.<br />
Dass Hawai’i ein Bundesstaat der USA sein<br />
soll, und zwar der 50ste – 1959 dem unersättlichen<br />
Mainland einverleibt, kann man<br />
eigentlich kaum glauben. Denn es ist der<br />
einzige, in dem Englisch nicht die offizielle<br />
Landessprache ist; es ist der einzige,<br />
in dem Kaffee, Bananen und Ananas angebaut<br />
werden (wobei die Ureinwohner<br />
nicht müde werden zu betonen, dass „Toast<br />
Hawai’i“ oder „Pizza Hawai’i“ so gar nichts<br />
mit ihnen zu tun haben, weil die Frucht<br />
hier nie heimisch war, sondern um 1850<br />
und Erhalt von Kulturgut kümmert und<br />
längst nicht nur Autos, sondern Menschen<br />
in den Mittelpunkt stellt, wollen wir künftig<br />
Menschen in ihren uns fremden Kulturkreisen<br />
treffen und von ihnen lernen, wie<br />
sie Arbeit organisieren sowie Wissen und<br />
Traditionen von Generation zu Generation<br />
weitertragen. Dank der Porsche Heritage<br />
Experience können wir solche Kulturen<br />
wortwörtlich ‚erfahren‘ und verstehen.<br />
Denn Lernen kann man immer von allen<br />
und allem.“ Klar, dass die Vehikel dazu vom<br />
fremdbestimmt eingeschleppt wurde); Feinsten sind und für die Fahrt durch Polynesien<br />
es ist der einzige mit einem Königspalast;<br />
und so weiter. Kurz ausgedrückt: kurios<br />
und unbekannt genug, um die Aufmerksamkeit<br />
von Porsche zu wecken. Denn<br />
die Klassik-Abteilung sucht alle zwei Jahre<br />
nach Flecken auf der Erde (möglichst allerdings<br />
in einem der Hauptabsatzmärkte<br />
gelegen), wo sie eher unbekannte Traditionen<br />
kein Dach brauchen: Vom Festland<br />
kommen 911 Turbo Cabrio, 718 Boxster T,<br />
Boxster 718 Spyder, 911 Carrera S Cabrio<br />
sowie Boxster 25 Jahre, aus Deutschland<br />
verschifft werden Porsche 356 Speedster,<br />
914/6, 911 Cabrio Typ 964, 944 Turbo<br />
Cabriolet und ein Boxster der ersten Generation.<br />
Sonne, wir kommen!<br />
und Kulturen kennenlernen können,<br />
um die eigene Traditionsarbeit zu verbessern<br />
und neue Ideen für die eigene Arbeit<br />
zu erhalten.<br />
Denkste. Denn gleich am Anfang lernen<br />
wir, dass die Kanaka Maoli, wie sich die<br />
Ureinwohner Hawai’is nennen, unzählige<br />
Namen für verschiedene Regenarten<br />
Die erste „Porsche Heritage Experience“ haben. Im Deutschen nennt man das, was<br />
führte 2019 nach China. Allerdings wir am ersten Tag erleben, einen Weltuntergangsblizzard:<br />
verhinderte Corona eine kommunikative<br />
Verbreitung über die chinesische Mauer<br />
hinaus. Jetzt also Hawai’i – Alexander Klein,<br />
Leiter Fahrzeugsammlung und Heritage<br />
Experience, erklärt: „Weil sich das Porsche-<br />
Museum ebenfalls um Traditionsarbeit<br />
Querfliegende Regen-<br />
massen scheinen zu versuchen, alle der<br />
berühmten Lavaflüsse auf Hawai’i zu<br />
ertränken – uns wird glaubhaft versichert,<br />
dass an diesem einen Tag mehr Wasser vom<br />
Himmel stürzt als sonst im gesamten Jahr.<br />
Auf dem 4.205 Meter hohen Vulkan Mauno<br />
Kea schneit’s sogar. Die Sicht ist gleich Null,<br />
und somit fallen diverse Programmpunkte<br />
ins Wasser – wie zum Beispiel der Besuch<br />
von Aquakulturen, die sich höchstens im<br />
Kofferraum des 914/6 und im gesamten<br />
Innenraum des nur von Notverdeck und<br />
Steckscheiben geschützten 350.000 Euro-<br />
Speedster ausbreiten. Gut, dass die Museumsjungs<br />
so fit sind, um alle Klassiker<br />
trotzdem mobil zu halten.<br />
Der nächste Tag zeigt sich deutlich freundlicher,<br />
so dass dem Kulturtrip nichts im<br />
Wege steht. Schon die Hauptinsel zu<br />
erkunden, benötigt Zeit – der gesamte<br />
Bundesstaat ist sogar 16.625 Quadratkilometer<br />
groß und 2.451 Kilometer lang.<br />
Zehn Millionen Touristen pro Jahr überfallen<br />
hier rund 1,5 Millionen Einwohner.<br />
Immerhin wächst die Inselkette ständig<br />
durch die Lava, die sich meistens irgendwo<br />
in die Niederungen wälzt. Klima gibt es<br />
hier ohne Ende – auf der gesamten Inselkette<br />
existieren 13 Mikroklimazonen, allein<br />
auf Hawai’i sind es sieben. Wir lernen, dass<br />
die Ureinwohner keine Angst vor Lava<br />
haben, dass sie Navigation durch Gesänge<br />
und Sternenkonstellation beherrschen,<br />
mit den fünf Elementen Feuer, Wind,<br />
Erde, Wasser sowie Spirit leben und ihre<br />
Grundwerte Aloha (Wertschätzung, Liebe,<br />
Zuneigung, Geben, Teilen, aber wörtlich<br />
„Austausch von Atem“), Laulima (Zusammenarbeit),<br />
Malama (Nachhaltigkeit) und<br />
Pono (Rechtschaffenheit) heißen. Wir<br />
erfahren, dass den Hawaiianern 12 Buchstaben<br />
im Alphabet reichen, wie der<br />
Ausdruckstanz Hula funktioniert und
MOTION / PORSCHE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> // 69<br />
wie man traditionelle Blumenkränze zum<br />
Beispiel aus Teeblättern fertigt, damit so<br />
ein „Lei“ vom jeweiligen Leitragenden<br />
an einem für ihn mystischen Ort abgelegt<br />
werden kann. Für viele TV-Gucker ist<br />
Hawai’i aus anderen Gründen ein mystischer<br />
Ort. Hier wurden Kultfilme und<br />
-Serien wie „Verdammt in alle Ewigkeit“,<br />
„Magnum“, „Hawai’i Fünf Null“, „Baywatch“<br />
und „Jurassic Park“ gedreht.<br />
Auch wenn das Porsche-Museum die<br />
alten Autos nur als Vehikel für die eigentliche<br />
Aufgabe sieht – einen 356 Speedster<br />
zwischen jungen und alten Lavafeldern<br />
durch die letztlich auftauchende<br />
Sonne Hawai’is zu pilotieren, gehört zweifellos<br />
zu den Highlights eines Porsche-<br />
Lebens. Abseits der großen Verbindungshighways<br />
ist wenig los, doch die Fahrt<br />
über die „Saddle Road“ wird man nie<br />
mehr vergessen: Das Asphaltband schlängelt<br />
sich nicht nur durch die Landschaft,<br />
sondern wird auch wie eine Holzachterbahn<br />
über Hügel geführt, so dass man erst<br />
im letzten Moment sieht, dass man nicht<br />
auf der anderen Seite einfach herunterfällt.<br />
Die 60 PS des 65 Jahre alten Sportwagens<br />
müssen sich bergauf tatsächlich ein bisschen<br />
mühen, bergab kann man nur dem<br />
handwerklichen Geschick der Porsche-<br />
Mechaniker vertrauen, so eine abenteuerliche<br />
Wirtschaftswunderbremse gut<br />
gewartet zu haben.<br />
Der Boxster der ersten Generation fährt<br />
sich fast noch zu modern, um ihn als alt<br />
zu empfinden. Aber der 944 Turbo, dessen<br />
Motor erst bei 4.000 Umdrehungen auf<br />
Touren kommt, weil er sein Turboloch<br />
noch ernst nimmt, begeistert. Das gilt auch<br />
für den 914/6, der einen geilen Sound hat,<br />
aber sicher nicht perfekt ist. Die Pedale sind<br />
nach rechts versetzt, so dass man immer<br />
ein bisschen schief im Auto sitzt, und die<br />
Schaltung ist übungspflichtig durch die<br />
vielen Umlenkungen der Stangen, bis das<br />
Getriebe bedient wird. Aber letztlich ist es<br />
eine Frage der Gewöhnung – was auch für<br />
die Einstellung des Standgashebels gilt.<br />
Und dann faszinieren Klappaugenautos<br />
wie der 914/6 und 944 Turbo noch besonders:<br />
Sie bieten bei eingeschaltetem Licht<br />
wunderbare Karosserielandschaften vor<br />
dem Auge des Piloten.<br />
Und da ist natürlich noch der ganz speziell<br />
zeitgeistig lackierte 964 – für die einen ein<br />
Traum in Lila, für die anderen ein blindmachender<br />
Alptraum. Aber sonst: fünf Rundinstrumente,<br />
wie es so ein Auto besitzen<br />
muss, das Dach funktioniert elektrisch,<br />
und hinten sägt und röhrt es, wie es nur<br />
ein Porsche 6-Zylinder-Boxermotor kann.<br />
Die Wagen fallen schnell auf – üblich sind<br />
auf Hawai’i eigentlich Allrad-SUV. Denn<br />
viele der Straßen sind tektonisch verworfen<br />
oder haben eine schlechte Oberfläche.<br />
Schnell fahren ist hier sowieso nicht<br />
möglich – mehr als 60 Meilen pro Stunde<br />
ist nirgendwo erlaubt, und wie im Mainland<br />
USA stehen auch hier die Cops gerne<br />
in Seitenstraßen oder Parkbuchten, um<br />
bei Bedarf hervorzubrechen. Einen Kanaka<br />
Maoli ficht das alles nicht an. Er verehrt den<br />
König Kamehameha I., der 1810 die hawaiianischen<br />
Inseln nach Konflikten zu einem<br />
Königreich einte, tanzt den geschichtenerzählenden<br />
Hula. Und Porsche? Ist happy.<br />
Museums- und Heritage-Chef Achim Stejskal<br />
erklärt die Parallelen in Sachen Überleben<br />
von Traditionen zwischen dem<br />
Porsche-Universum und der polynesischen<br />
Kultur. „Ebenso, wie Hawai’is Ureinwohner<br />
versuchen, ihre Traditionen an ihre Nachkommen<br />
weiterzugeben, wollen wir die<br />
Historie von Porsche unverfälscht sicherstellen<br />
und für künftige Generationen<br />
authentisch erlebbar machen. Wir müssen<br />
dafür sorgen, dass unsere Autos nicht nur<br />
rollende Schaustücke sind, sondern dass<br />
wir auch Technikgeschichte, Design, Engineering<br />
und den Erfindergeist erhalten –<br />
Fahrkultur als gepflegte Tradition. Auch<br />
wir müssen für Wissenstransfer sorgen,<br />
wir müssen Leute schulen, es muss auch<br />
künftig jemand einen Vergaser einstellen<br />
können.“ Die Traditionsbasis sichert das<br />
Museum in Stuttgart: mit rund 700 Fahrzeugen,<br />
zwei Kilometern Akten, 2,5 Millionen<br />
Fotos und Dias sowie 4.000 Büchern<br />
und 1.700 Stunden Filmmaterial.<br />
Das Ziel der nächsten Heritage Experience<br />
steht übrigens schon fest: 2023 feiert die<br />
Marke ihr 75. Jubiläum, darum geht es<br />
nach Deutschland. Wir sind gespannt, was<br />
Porsche hier an neuen Kulturen und Traditionen<br />
ausgräbt. Und welches Wetter die<br />
Tour begleitet.<br />
WEITERE INFORMATIONEN:<br />
www.porsche.de
ZEITLOSES<br />
DESIGN<br />
BEGEHRENSWERT<br />
COOL STUFF<br />
AUTORIN: M. MAI<br />
Die Form folgt der Funktion: Das Design der neuen Leica M 11 ist radikal auf<br />
das Wesentliche reduziert. Die vier wichtigsten Aufnahmeparameter können<br />
direkt an der Kamera oder am Objektiv eingestellt werden, ohne dass ein Menü<br />
aufgerufen werden muss: Sensorempfindlichkeit (ISO), Verschlusszeit, Fokus<br />
und Blende. Alle anderen Einstellungen (von denen es viele gibt) werden über<br />
die drei Tasten auf der Rückseite der Kamera erreicht.<br />
Die Leica M11 gehört zu den anspruchsvollsten Kameras, die derzeit auf dem<br />
Markt sind – sowohl mechanisch, elektronisch als auch optisch. Und dennoch:<br />
Wer mit den oben genannten Parametern einigermaßen vertraut ist, für den ist<br />
die manuelle Bedienung kaum anspruchsvoller als das Fotografieren mit einem<br />
Smartphone – und das bei einer unendlich größeren Bandbreite an kompositorischen<br />
Möglichkeiten.<br />
Der einzige Aspekt, an den man sich gewöhnen muss, ist der Messsucher (daher<br />
das „M“), d. h. es gibt keinen Autofokus. Der Fotograf muss zwei Bilder des<br />
Motivs so lange ausrichten, bis sie sich genau überschneiden, um sicherzustellen,<br />
dass die Aufnahme scharf ist. Das erfordert zwar ein wenig Übung, macht aber<br />
jedes Bild zu einem emotionalen Erlebnis: Wer diese Technik beherrscht, taucht<br />
ein in die magische Welt der Leica M.
72 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
COOL STUFF / BEGEHRENSWERT<br />
Metall ist ein Element, das die Menschheit<br />
durch die Geschichte hinweg immer<br />
wieder aufs Neue begeistert. Die im<br />
Licht schimmernden und funkelnden<br />
Minerale sind auch die Inspiration<br />
für die neueste Floorwear-Kreation<br />
von kymo. Die besondere Optik der<br />
neuesten Kollektion von kymo Melting<br />
Lines fasziniert mit ihrer außergewöhnlich<br />
glänzenden Oberfläche. In den<br />
sechs Metalltönen – Gold, Silber, Kupfer,<br />
Lithium, Blei oder Kalium – avanciert<br />
der Teppich zu einem edel changierenden<br />
Schmuckstück im Raum.<br />
Das deutsche Label ist für seine zeitgenössische<br />
Floorwear bekannt. Früher<br />
als DJ-Kollektiv unterwegs, mischen die<br />
Macher von kymo heute die Designkultur<br />
in Deutschland auf und bringen<br />
mit ihren Entwürfen die Musik auf den<br />
Teppich. Im Jahr 2005 gegründet, wird<br />
das Label weltweit in über 50 Ländern<br />
in ambitionierten Design- und Einrichtungshäusern<br />
präsentiert. Zahlreiche<br />
renommierte Marken wie Bugatti,<br />
Mercedes-Benz oder Nespresso nutzen<br />
kymo Floorwear für ihre Produktpräsentationen<br />
und Shop-Projekte.<br />
Designer und Architekt Massimo<br />
Buster Minale startete in einer Garage<br />
in East London, wo er zuerst individuelle<br />
Motorräder für die berüchtigtste<br />
Menge der Londoner Subkultur kreierte.<br />
Nach einer Weile begannen Kunden,<br />
auch maßgeschneiderte Stücke für ihre<br />
Häuser anzufordern, und das Label<br />
Buster + Punch war geboren.
Ceramiche Piemme wurde 1962 in Maranello (Italien) gegründet und hat sich<br />
auf die Produktion von Wand- und Bodenbelägen aus Keramik spezialisiert. Die<br />
eingesetzte innovative „Synchro Digit“-Technologie reproduziert auf den Porzellanfliesen<br />
Wellen, Reliefs und viele andere dreidimensionale und taktile Effekte, die<br />
typisch für den Naturstein sind. Fliesen sind zudem widerstandsfähig gegen Bakterien<br />
und Schimmel, die sich auf Naturstein leichter vermehren. Und, das wissen die<br />
wenigsten: Keramik ist am Ende ihrer Lebensdauer vollständig recycelbar.
HOLLYWOOD<br />
FEELING<br />
FASHION<br />
FOTOGRAF: C. HOPPE<br />
Nachhaltig, farbenfroh und glamourös ist der Mode-Trend<br />
für 2022. Branchenexperten sprechen auch vom Dopamin-Dressing,<br />
weil farbenfrohe Outfits den Gute-Laune-Pegel deutlich heben.<br />
Zur Saison Frühjahr/Sommer 2022 hat das Premiumlabel Marc Cain<br />
seine farbenfrohen Outfits im LEDcave in Mannheim unter filmreifen<br />
Bedingungen produziert. Mit seiner insgesamt über 350 qm LED-Fläche<br />
lässt es sich hier innerhalb kürzester Zeit, immer passend zu den neuen<br />
Looks, in verschiedene Welten reisen.<br />
www.marc-cain.de
82 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> IMPRINT<br />
IMPRINT<br />
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IN JEDER KURVE<br />
Neue Alpine A110 S, Benzin, 221 kW: Gesamtverbrauch (l/100 km) innerorts: 8,6; außerorts: 5,4; kombiniert: 6,8 – 7,0. CO 2 - Emissionen kombiniert (g/km): 153 – 160; Energieeffizienzklasse: E.<br />
Alpine A110 Gesamtverbrauch kombiniert : 6,7 – 7,0; CO 2 kombiniert : 152-160. Energieeffizienzklasse : E-E (Werte nach Messverfahren VO [EG] 715/2007). Abb. zeigt Alpine A110 mit Sonderausstattung.<br />
Die deutschen Alpine Center finden Sie unter: www.alpinecars.com