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Magazin zum 25. Rheingau Gourmet & Wein Festival
Magazin zum 25. Rheingau Gourmet & Wein Festival
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JÜRGEN DOLLASE<br />
WEIN & SPEISEN<br />
Hummer – Butternut, Grünkohl, Kürbiskern<br />
Die seltene Kombination von Hummer und Grünkohl<br />
ist hier eher mild inszeniert. Es gibt die Hälfte<br />
eines in Gänsefett konfierten Hummerschwanzes,<br />
daneben einen Streifen von Kürbismousse mit<br />
diversen kleinen Elementen obendrauf und zwischen<br />
beiden eine Emulsion von Verjus, die ebenfalls einen<br />
sehr mild schmeckenden Anteil an Grünkohl enthält.<br />
Der Hummer zeigt eine dezent individuelle<br />
Aromatisierung, der im Prinzip ebenfalls milde<br />
Ergänzungen gegenüberstehen. Mit der krossen<br />
Textur der frittierten Grünkohlstücke muss man<br />
im Akkord allerdings etwas vorsichtig sein, weil<br />
sie schnell dominant wird. Es empfiehlt sich eher,<br />
Hummer und Begleitung im Wechsel zu essen, um<br />
alle Nuancen präzise auskosten zu können.<br />
WEIN 1 Ein 2019er Chenin Blanc, Luddite<br />
Wines, Bot River, Südafrika. Serviertemperatur: 10<br />
Grad bei einer Raumtemperatur von 23 Grad. Der von<br />
einem winzigen Gut stammende Chenin blanc wirkt<br />
in der Nase ausgesprochen seriös, mit begrenzten<br />
Spuren seiner acht Monate im Holz. Am Gaumen<br />
zeigt er eine klare Frucht und schmeckt sehr viel<br />
gemüsiger, als anhand der Nase zu erwarten wäre.<br />
Insgesamt ist dies ein wirklich als Chenin blanc entwickelter<br />
Wein und kein Versuch, in irgendwelche<br />
probaten Weißweinmuster zu verfallen. Mit dem<br />
Hummer und etwas Sauce ergibt sich schon in der<br />
Nase ein breiterer, angereicherter Akkord. Mit<br />
den anderen Aromen gibt es eine leichte Blockade<br />
durch die Süße der Kürbismousse. Ein Vollakkord<br />
mit einem großen Hummeranteil und einer um etwa<br />
zehn Sekunden verlegten Kontaktstelle schmeckt<br />
ebenfalls breiter, aber einen Tick weniger elegant<br />
als der Wein allein.<br />
WEIN 2 Ein 2016er As Sortes, Val do Bibei/<br />
Valdeorras von Rafael Palacios, A Rúa, Spanien.<br />
Serviertemperatur: 10 Grad. Dieses Weißwein-Flaggschiff<br />
aus dem Priorat duftet als reiner Rebsorten-<br />
Wein (Godello) deutlich individuell und kräftig. Am<br />
Gaumen verstärkt sich eine mittige Frucht, und das<br />
Holz tritt zurück. Der Wein zeigt im Glas eine weitere<br />
Zunahme der Fruchtnoten und schmeckt dann –<br />
bei aller Anmutung eines großen Weißweins – vor<br />
allem kräftig. Mit dem Hummer und etwas Sauce<br />
ist der Wein eindeutig der kräftigere Partner, der<br />
vom Essen angereichert wird. Die Süße der Kürbismousse<br />
ergibt aber auch bei ihm eine gewisse Verschlankung.<br />
Wenn man im Vollakkord den Mousse-<br />
Anteil reduziert und eine gute Balance zwischen<br />
Hummer und den begleitenden Aromen sucht,<br />
ergibt sich wieder ein gutes, aber nicht unbedingt<br />
spektakuläres Zusammenspiel.<br />
Die Begleitung durch diese beiden interessanten<br />
Weine bringt klar unterschiedliche Schwerpunkte.<br />
Eine Konstante ist allerdings die Reaktion beider<br />
Weine auf die Kürbismousse. Hier empfiehlt sich<br />
ganz einfach, die Masse an Mousse zu reduzieren,<br />
vielleicht auf etwa die halbe Höhe des Streifens. Die<br />
Koordination von Küche und Wein kann es in solchen<br />
Fällen dem Gast leichter machen, der ansonsten<br />
Gefahr läuft, sich einfach ein Stück von dem Aromenund<br />
Texturstreifen abzuschneiden und damit zu viel<br />
Süße für einen optimalen Akkord zu bekommen.<br />
Beide Empfehlungen sind also gut, könnten aber<br />
von etwas mehr Feinabstimmung noch profitieren.<br />
Heilbutt – Topinambur, Spitzkohl, Boudin Noir<br />
Mit dem Heilbutt und seiner sehr feinen Integration<br />
auch rustikaler Aromen wie der Blutwurst und eines<br />
Sauerkraut-Cannelono ist Gorgosilich ein großer<br />
Wurf gelungen. <strong>Das</strong> Filet ist angenehm fest gegart<br />
und hat ein exzellentes Aroma. Die Topinambur-<br />
Emulsion als Sauce schmeckt wie eine Beurre-blanc-<br />
Variante. Die Begleitung hat aromatisch und texturell<br />
eine große Bandbreite, glänzt aber vor allem durch<br />
hervorragend abgestimmte Proportionen, die nachhaltig<br />
beweisen, dass es eben zwischen allen möglichen<br />
Zutaten Schnittstellen gibt – wenn man die<br />
denn durch optimale Dosierung genau triff. Im<br />
Akkord mit den fein dosierten rustikalen Aromen<br />
(die Blutwurstscheiben sind hauchdünn) profitiert<br />
der Fisch von seiner guten Festigkeit. Er bleibt<br />
immer das Hauptprodukt.<br />
WEIN 1 Ein 2017er Macon-Chardonnay »Les<br />
Crays«, Bret Brothers, Vinzelles, Burgund. Serviertemperatur:<br />
11 Grad. In der Nase geht es erst einmal<br />
um eine klare Chardonnay-Fruchtigkeit, nicht<br />
um Holznoten. Der von 35 Jahre alten Stöcken<br />
stammende Wein ist spontan vergoren, entwickelt<br />
am Gaumen aber dennoch nur eine begrenzte Säure.<br />
Die Fruchtnoten zeigen sich anfangs eher als dezente<br />
Kopfnote, nehmen dann aber im Glas in wenigen<br />
Minuten deutlich zu. Mit der Sauce ergibt sich erst<br />
einmal eine sehr schöne Trockenreaktion, bei der<br />
die Frucht reduziert wird und die Noten aus der<br />
spontanen Gärung eine größere Rolle spielen. Mit<br />
dem Fisch und dann auch den rustikalen Elementen<br />
bleibt es in dem »Trockenbereich«, der sich als ein<br />
Mix aus den Noten von Frucht und Gärung ergibt.<br />
Der Wein verändert sich also mit dem Essen.<br />
WEIN 2 Ein 2011er Oestricher Doosberg Riesling<br />
trocken vom Weingut Peter Jakob Kühn, Rheingau.<br />
Serviertemperatur: 11 Grad. Er zeigt eine<br />
leichte Reifenote bei der Farbe und in der Nase,<br />
dort mit einer Art individueller Petroleum-Note.<br />
Am Gaumen beginnt es mit Fruchtigkeit, es folgt<br />
etwas Petroleum und dann eine elegante Süße.<br />
Der Wein wirkt dabei so stabil, dass man ihn wohl<br />
eher angereift als reif nennen muss. Mit der Sauce<br />
ergibt sich für einige Sekunden ein überraschendes<br />
Tabak-Aroma, das wohl im Zusammenhang mit dem<br />
Topinambur-Anteil entsteht. Mit Sauce, Fisch und<br />
den rustikalen Elementen gibt es eine gleichbleibend<br />
schöne Ergänzung, die nicht plakativ wirkt, sondern<br />
sich eher harmonisch in das Gesamtbild einfügt.<br />
Zwei gute Empfehlungen, mit denen man zu<br />
ganz unterschiedlichen Geschmackserlebnissen<br />
kommt, die sich aber jeweils in großer Präzision<br />
und Stabilität einstellen. Der Riesling passt dabei<br />
besser zu den rustikalen Elementen, also zum<br />
eher regionalen Anteil, der Chardonnay mehr zum<br />
französisch-internationalen Bild vom Fisch und der<br />
einer klassischen Beurre blanc ähnlichen Sauce. Die<br />
größere Flexibilität hat der Riesling, auch wenn<br />
der Chardonnay eine eigene, neue Note entwickelt.<br />
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