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Mut und Liebe 422022 Wurzeln

"...In unseren Schuhen tragen wir unsere Heimat mit uns, unsere Wurzeln, auch unbewusst als spürbares Erbe." (Petra Maria Mühl aka Mia Pelenco). Erinnerung, Wurzeln und Heimat/Heimatlosigkeit sind Themen der Offenbacher Künstlerin Petra Maria Mühl. Das Foto ihrer Installation „kein ort. weiter weg“ auf unserem Titel zeigt Tanzschuhe der 1920er, mit Einlagen aus Landkarten von Böhmen und auf der umgebenden Folie die Handschrift ihrer Großmutter.

"...In unseren Schuhen tragen wir unsere Heimat mit uns, unsere Wurzeln, auch unbewusst als spürbares Erbe." (Petra Maria Mühl aka Mia Pelenco).
Erinnerung, Wurzeln und Heimat/Heimatlosigkeit sind Themen der Offenbacher Künstlerin Petra Maria Mühl. Das Foto ihrer Installation „kein ort.
weiter weg“ auf unserem Titel zeigt Tanzschuhe der 1920er, mit Einlagen aus
Landkarten von Böhmen und auf der umgebenden Folie die Handschrift
ihrer Großmutter.

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MUT&LIEBE / THEMA /<br />

fremde all überall –<br />

versuch einer chronologie von zugewinngemeinschaften,<br />

weder vollständig noch allumfassend<br />

von Thomas Lemnitzer<br />

Gastarbeiter, Migration, Einwanderung, Zuwanderung,<br />

Flüchtlingswelle, Ausländer, Ethnien sind nur<br />

ein kleiner Ausschnitt von Begriffen, die oft sehr<br />

emotional besetzt <strong>und</strong> benutzt werden. Kein W<strong>und</strong>er<br />

ist doch die Historie der Migrationsbewegungen,<br />

wie wir sie heute wahrnehmen, in Mitteleuropa<br />

recht jung. Erst durch die Katastrophe des Zweiten<br />

Weltkrieges <strong>und</strong> Auflösung der Kolonialstaaten mit<br />

den daraus folgenden geopolitischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Verwerfungen ist sie in Gang gekommen. Ursache<br />

sind verheerende Bürgerkriege, Hungersnöte, Vertreibungen<br />

<strong>und</strong> andere „Kollateralschäden“, die Kriege<br />

so nach sich ziehen. Ein weiterer großer Einschnitt<br />

sind die Folgen der Auflösung des Ostblocks <strong>und</strong> der<br />

Kampf um Machtpositionen in Südostasien, dem Mittelmeerraum<br />

<strong>und</strong> Teilen von Afrika. Migrationsströme<br />

dieser Größenordnung sind kein geschichtlicher<br />

Normalfall.<br />

Mal ganz weit zurück: Ein Blick in die Steinzeit<br />

Erste nachweisbare Bewegungen gibt es in Mitteleuropa<br />

vor r<strong>und</strong> 7.500 Jahren, als die Kultur neolithischer<br />

Frühbauern, die vor etwa 12.000 Jahren im Nahen<br />

Osten entstand, auf hier lebende Gruppen von<br />

Jägern <strong>und</strong> Sammlern trifft. Vieles deutet darauf hin,<br />

dass die Ausbreitung der Landwirtschaft durch expandierende<br />

Bevölkerungsgruppen erfolgte, welche<br />

sich zunächst nur wenig bis gar nicht mit den einheimischen<br />

Jäger-Sammler-Gruppen vermischten.<br />

Vor r<strong>und</strong> 5.000 Jahren dringt ein aus dem Osten kommendes<br />

Steppenvolk, die Jamnaja, nach Mitteleuropa<br />

vor <strong>und</strong> löst drastische Veränderungen aus. Die<br />

Jamnaja sind Genpool unserer Vorfahren <strong>und</strong> spielen<br />

sogar eine entscheidende Rolle für unser heutiges<br />

Aussehen. Wie Genanalysen vermuten lassen, haben<br />

wir von ihnen auch unsere Laktosetoleranz (die Fähigkeit<br />

Milchzucker zu verdauen) geerbt. Sie waren<br />

es wahrscheinlich auch, die den kulturellen Wandel<br />

<strong>und</strong> die Entstehung der mitteleuropäischen Schnurbandkeramik-Kultur<br />

vorantrieben. Diese ersten Migranten<br />

können als Fortschrittsmotor der Bronzezeit<br />

angesehen werden. F<strong>und</strong>e von Schnurbandkeramik<br />

<strong>und</strong> vierrädrigen Wagen lassen sich im Offenbacher<br />

Raum nachweisen. Eines sollte dabei nicht ausser<br />

Acht gelassen werden: Dieser Prozess der Zuwanderung<br />

erstreckte sich über den Zeitraum vieler Jahrh<strong>und</strong>erte.<br />

So liegen die F<strong>und</strong>e vierrädriger Wagen<br />

von Mühlheim <strong>und</strong> Rumpenheim (eine Rekonstruktion<br />

kann man im Haus der Stadtgeschichte bew<strong>und</strong>ern) ca.<br />

ein halbes Jahrtausend auseinander.<br />

Ein Einschnitt ist sicher die Besiedlung unserer Gegend<br />

durch die Römer ungefähr 80 bis 260 n. Chr..<br />

Wir müssen aber annehmen, dass es sich dabei nicht<br />

Schnurkeramische<br />

Töpferei, Carl Schuchardt<br />

(1859-1943),<br />

© Public domain, via<br />

Wikimedia Commons<br />

Keltisches Wagengrab,<br />

600 vor Christus,<br />

© J. Baumann<br />

6<br />

MÄRZ / APRIL / MAI 2022

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